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Die «Sarasin-Debatte» im Tages-Anzeiger Wieso die ... - ZHSF

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<strong>Die</strong> <strong>«Sarasin</strong>-<strong>Debatte»</strong> <strong>im</strong> <strong>Tages</strong>-<strong>Anzeiger</strong><br />

Philipp Sarasin: <strong>Wieso</strong> <strong>die</strong> Schweiz so bildungsfeindlich ist (11.10.2011) 1<br />

Rudolf Strahm: «Der Bildungsdünkel ist das Problem» (12.10.2011) 4<br />

Philipp Gonon: Bildungsverachtung oder Bildungsdünkel? (24.10.2011) 7<br />

Patrik Schellenbauer, interviewt von Philippe Zweifel:<br />

«<strong>Die</strong> Schweiz wurde vom Erfolg überrumpelt» (24.10.2011) 9<br />

Johannes Milde, interviewt von Philippe Zweifel:<br />

«Ein Land nur mit Akademikern kann nicht funktionieren» (25.10.2011) 13<br />

Philipp Sarasin *<br />

<strong>Wieso</strong> <strong>die</strong> Schweiz so bildungsfeindlich ist<br />

Historiker Philipp Sarasin plä<strong>die</strong>rt für eine stärkere Förderung der gymnasialen<br />

und universitären Bildung. In der schweizerischen Bildungspolitik<br />

ortet er drei Konzeptfehler.<br />

Wer neue Kampfflugzeuge kauft, hat weniger Geld für anderes. Dass <strong>die</strong> Finanzministerin<br />

auf Forschung und Bildung als mögliche Ziele verschärfter Sparbemühungen<br />

hinweisen musste, scheint <strong>die</strong> politische Mehrheit jedoch nicht zu schrecken. Denn<br />

<strong>die</strong> Förderung von Forschung und höherer Bildung ist politisch nicht prioritär. Unser<br />

Bildungswesen wird von der fixen Idee beherrscht, <strong>die</strong> Schulkarriere der grossen<br />

Mehrheit der Jugendlichen sei möglichst zügig in eine Berufslehre zu überführen –<br />

und dass nur rund 20 Prozent aller jungen Erwachsenen <strong>die</strong> Matura erhalten sollen.<br />

Gymiprüfungen und andere Selektionsinstrumente sorgen dafür, dass <strong>die</strong>se Quote<br />

stabil bleibt. Verändert hat sich seit den 90er-Jahren hingegen <strong>die</strong> Geschlechterproportion:<br />

Weil das Erlernen von sogenannten Frauenberufen wie Pr<strong>im</strong>arlehrerin,<br />

Krankenschwester und neuerdings auch <strong>die</strong> Karriere von Models de jure oder faktisch<br />

an den Mittelschulausweis gebunden sind, sind es gemäss dem eidgenössischen Bildungsbericht<br />

2010 mehrheitlich Mädchen, <strong>die</strong> <strong>im</strong> Gymnasium <strong>die</strong> Schulbank drücken.<br />

Umgekehrt durchläuft ein rekordverdächtig tiefer Anteil von nur 15 Prozent der<br />

jungen Männer das Gymi mit Erfolg. Dass viele <strong>die</strong>ser jungen Leute später nicht an<br />

<strong>die</strong> Universität oder <strong>die</strong> ETH gehen, verschärft das Problem: Der Schweiz fehlen <strong>die</strong><br />

Akademiker, und zwar zunehmend.<br />

*<br />

Ordinarius für Neuere Geschichte am Historischen Seminar der Universität Zürich.<br />

Der Artikel ist <strong>die</strong> leicht gekürzte Version eines Aufsatzes aus dem Buch «Das Gymnasium <strong>im</strong> Land der<br />

Berufslehre» (Veröffentlichungen der Kantonsschule Zug, Herausgeber Andreas Pfister), vgl. unsere<br />

Rubrik tipps.


Rud<strong>im</strong>entäre Bildung<br />

Hinter den Selbstverständlichkeiten unserer Bildungspolitik verbergen sich drei Konzeptfehler.<br />

Der erste besteht darin, dass <strong>die</strong> hohen Eintrittshürden ins Gymnasium als<br />

Instrumente der Qualitätssicherung dysfunktional und ungerecht sind. Denn zum einen<br />

erzwingen sie einen zu frühen Richtungsentscheid, der das gesamte spätere Leben<br />

tief greifend prägt und nur um den Preis verlorener Jahre halbwegs korrigiert<br />

werden kann. <strong>Die</strong> <strong>im</strong> Vergleich deutlich höhere Abiturientenquote in den europäischen<br />

Ländern hat, neben allen sonstigen Gründen, auch <strong>die</strong> Funktion, den Entscheid<br />

über <strong>die</strong> Befähigung eines Jugendlichen für einen akademischen Bildungsweg länger<br />

hinauszuschieben – und damit etwa pubertätsbedingte Entwicklungsschwierigkeiten<br />

gerade bei Knaben abzuwarten sowie den negativen Einfluss eines bildungsfernen<br />

Familienhintergrundes durch eine grössere Anzahl von besuchten Schulstunden ein<br />

Stück weit zu kompensieren.<br />

<strong>Die</strong> grosse Mehrheit der Jugendlichen, <strong>die</strong> mit ihrer Berufsbildung und Berufsarbeit<br />

zum Teil schon weit vor dem zwanzigsten Lebensjahr beginnt, bezahlt dafür<br />

nicht selten den Preis einer bloss rud<strong>im</strong>entären Bildung. <strong>Die</strong> Pisa-Stu<strong>die</strong> von 2000<br />

zeigte, dass am Ende der obligatorischen Schulzeit ein Drittel der Schülerinnen und<br />

Schüler nicht in der Lage ist, einen einfachen Text zu verstehen und zu interpretieren,<br />

und weiteren 20 Prozent <strong>die</strong>s nur ganz knapp gelingt; 16 Prozent der Erwachsenen<br />

gelten als illiterat.<br />

Bessere Integration<br />

Der gerne vorgebrachte Hinweis auf <strong>die</strong> «tiefe Jugendarbeitslosigkeit» hilft nicht weiter:<br />

Zu behaupten, dass Jugendliche, <strong>die</strong> länger und besser ausgebildet würden, <strong>im</strong><br />

Rahmen unserer Gesellschaft und unseres Arbeitsmarktes schlechtere Erwerbschancen<br />

hätten, ist absurd. Warum sollen <strong>die</strong>se sinken, wenn <strong>die</strong> Berufsausbildung mit 20<br />

statt mit 16 begonnen wird – und ein grösserer Prozentsatz als heute nicht um eine<br />

Lehrstelle konkurriert, sondern auf <strong>die</strong> Uni geht?<br />

Zum andern weist der Bildungsbericht Schweiz nach, dass Kinder aus privilegierten<br />

Familien rund doppelt so häufig ins Gymnasium kommen wie Kinder aus benachteiligten<br />

Familien; Benachteiligung misst sich dabei nicht nur in sozioökonomischen<br />

Kategorien, sondern kann durch eine migrationsbedingte kulturelle Alterität<br />

noch verschärft werden. Gerade Jugendliche mit Migrationshintergrund werden vom<br />

heutigen Bildungssystem (nicht selten <strong>im</strong> Verbund mit Vorurteilen gegen höhere Bildung<br />

<strong>im</strong> Herkunftsmilieu) einigermassen zuverlässig benachteiligt: <strong>Die</strong> eindeutige<br />

Korrelation zwischen der familiären Herkunft und der Möglichkeit, ein Gymnasium<br />

zu besuchen, zeigt, dass <strong>die</strong> Chancengleichheit <strong>im</strong> Bereich der Sekundarstufe II nicht<br />

gewährleistet ist.<br />

Klassensortierungsanlagen<br />

Kurz: Harsche Selektionsinstrumente <strong>die</strong>nen nicht einmal dazu, dass nur «the best<br />

and the brightest» den Weg zum Gymnasium finden. Es sind vor allem <strong>die</strong> Eltern aus<br />

dem ehemaligen Bürgertum, <strong>die</strong> neuen Reichen und der gehobene, oft zugewanderte<br />

akademische Mittelstand, <strong>die</strong> dank Lernstudios, Privatschulen, Gymi-Vorbereitungs-<br />

2


kursen und schliesslich durch eigenen Nachhilfe-Einsatz dafür sorgen, dass ihre Kinder<br />

den Übertritt ins Gymnasium schaffen. <strong>Die</strong> Selektionsinstrumente und Eintrittshürden<br />

ins Gymnasium sind daher oft schlichte Klassensortierungsanlagen, welche<br />

<strong>die</strong> ehemalige Selbstverständlichkeit, dass man «e Lehr» macht, wenn man zum<br />

«Volk» gehört, technokratisch nachbilden und verstetigen – und damit den Bildungswillen<br />

von vielen Jugendlichen abwürgen.<br />

<strong>Die</strong>s geschieht nicht selten unter sozialdemokratischer Aufsicht. Dass <strong>die</strong> SP zwar<br />

am liebsten den Kapitalismus überwinden möchte, keinesfalls aber <strong>die</strong> Zürcher Gymiprüfung,<br />

zeigt dabei nur an, wie intellektuellenfeindlich und bildungsskeptisch<br />

nicht nur <strong>die</strong> Rechte, sondern auch <strong>die</strong> Linke ist.<br />

Akademikerfeindlichkeit<br />

Der zweite Konzeptfehler in der schweizerischen Bildungspolitik besteht darin, dass<br />

unser Bildungssystem in einseitiger Weise darauf ausgerichtet ist, qualifizierte «Berufsleute»<br />

hervorzubringen, nicht aber Akademiker. Das ist <strong>im</strong> Grunde vollständig<br />

paradox: Spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg ist der Markt der freien Berufe –<br />

Ärzte, Juristen, Architekten etc. – stark gewachsen; zudem stieg <strong>die</strong> Nachfrage nach<br />

Akademikern in der forschungsbasierten Industrie und <strong>im</strong> Bildungswesen, seit einigen<br />

Jahrzehnten auch <strong>im</strong> <strong>Die</strong>nstleistungssektor und in den kantonalen und staatlichen<br />

Verwaltungen. Obwohl Zahlen zum Anteil der Akademiker an der Gesamtzahl der<br />

Beschäftigten bezeichnenderweise nie erhoben worden sind (!), kann man mit Sicherheit<br />

sagen, dass <strong>die</strong>ser Trend einer wachsenden Nachfrage nach Akademikern anhalten<br />

wird.<br />

Doch was geschieht? Es ist regelmässig zu lesen, dass <strong>die</strong> Schweiz viel zu wenige<br />

Ingenieure, Ärzte, Gymnasiallehrer und andere akademisch Qualifizierte ausbildet<br />

und <strong>die</strong>se daher buchstäblich zu Tausenden aus dem Ausland <strong>im</strong>portiert. Ein Land jedoch,<br />

das es sich leistet, nur 15 Prozent der jungen Männer zur Matura zu führen und<br />

zusammen mit dem nur wenig höheren Anteil bei den jungen Frauen einen viel zu<br />

kleinen Pool von möglichen Hochschulabsolventen zu bilden, muss sich nicht wundern,<br />

dass auf ihren ständigen Ruf nach «Arbeitskräften» nicht einfach, wie Max<br />

Frisch noch sagen konnte, «Menschen» zu uns kommen, sondern Ärzte, Professoren,<br />

Manager – und insgesamt: Hochschulabgänger. Das ändern kein noch so schönes duales<br />

Bildungssystem, keine «Brücken» aus der Welt der Berufsbildung und keine<br />

Fachhochschulabschlüsse: Der Chef ist heute schon in der Regel ein zugezogener<br />

Akademiker, während sich <strong>die</strong> einhe<strong>im</strong>ischen Fachhochschulabgänger <strong>im</strong> mittleren<br />

Kader wiederfinden – oder aber zwar in den Leitungspositionen von KMU, jedoch<br />

deutlich weniger in jenen der Finanz- und Grossindustrie und auf den Lehrstühlen der<br />

Hochschulen. Das mag man unerheblich finden; zumindest in dem Masse aber, wie<br />

<strong>die</strong> chauvinistische Rechte daraus politisches Kapital zieht, würde allein schon politische<br />

Klugheit es nahelegen, den Anteil des eigenen akademischen Nachwuchses zu<br />

stärken.<br />

Aber es geht um mehr: Denn <strong>die</strong> Förderung der gymnasialen Ausbildung würde<br />

nicht zuletzt zu einer stärkeren Integration jener bildungsfernen und fremdsprachigen<br />

Jugendlichen in den akademischen Arbeitsmarkt führen, deren Chancen heute durch<br />

3


<strong>die</strong> frühen, hohen Eintrittshürden in den gymnasialen Bildungsweg beschnitten werden,<br />

weil sie <strong>im</strong> falschen Kanton wohnen ? Oder in der Agglo leben und -ic heissen?<br />

Bildungsverachtung<br />

Doch würde mit einer solchen Expansion der akademischen Bildung nicht notwendigerweise<br />

das Niveau gesenkt? Abgesehen davon, dass heute viele Begabte gar nicht<br />

<strong>die</strong> Möglichkeit haben, zu zeigen, dass ihr Einbezug das Niveau vielleicht sogar steigern<br />

würde, lauert hinter <strong>die</strong>sem Verdacht der dritte Konzeptfehler. Denn eine akademische<br />

Qualifikation in Gestalt eines formalen Stu<strong>die</strong>nabschlusses hat nicht Genialität<br />

zu ihrer Voraussetzung. Für eine Gesellschaft, <strong>die</strong> auch für sehr praxisorientierte<br />

Berufe <strong>im</strong> Gesundheitswesen und in der vorschulischen oder Pr<strong>im</strong>arausbildung <strong>die</strong><br />

Matura voraussetzt, <strong>die</strong> für sehr viele Tätigkeiten etwa in der Verwaltung ein Studium<br />

verlangt und <strong>die</strong> jedes Jahr zu Hunderten neue Lehrer, Ingenieure, Juristen, Ärzte und<br />

akademisch gebildete Me<strong>die</strong>nschaffende braucht, ist eine breitere Streuung von Mittel-<br />

und Hochschulqualifikationen keine Bedrohung, sondern existenziell notwendig.<br />

Dass <strong>die</strong> Schweiz glaubt, nicht selbst für <strong>die</strong> Ausbildung all <strong>die</strong>ses Personals sorgen<br />

zu müssen, sondern <strong>die</strong> fehlenden Arbeitskräfte jederzeit und nach Bedarf aus<br />

dem Ausland <strong>im</strong>portieren und dann gegebenenfalls wieder nach Hause schicken zu<br />

können, ist Ausdruck einer ebenso dummen wie zynischen Bildungsverachtung eines<br />

kleinen Herrenvolkes. In ihr trifft sich <strong>die</strong> Ideologie des bodenständigen Mittelmasses,<br />

der «e Lehr» schon <strong>im</strong>mer das höchste Bildungsziel war, mit der neuen Kultur<br />

des individualistischen Hedonismus, dem dank fortwährendem Fun und <strong>im</strong> europäischen<br />

Vergleich sehr guten Löhnen für junge Leute Investitionen in akademische Bildungstitel<br />

schlicht obsolet erscheinen. Dass all das am Schluss auch noch mithelfen<br />

soll, den Altherrentraum des perfekten Kampfflugzeugs zu finanzieren, ist wahrlich<br />

tragisch. Denn für ein Land, das sich als urbane, weltweit vernetzte Wissens-, <strong>Die</strong>nstleistungs-<br />

und Kreativgesellschaft neu erfinden müsste, ist Bildungsverachtung <strong>die</strong><br />

denkbar schlechteste Strategie.<br />

<strong>Tages</strong>-<strong>Anzeiger</strong>, 11.10.2011<br />

Rudolf Strahm *<br />

«Der Bildungsdünkel ist das Problem»<br />

«<strong>Die</strong> Schweiz hat ein Problem mit den Universitäten», schrieb der Historiker<br />

Philipp Sarasin. Rudolf Strahm widerspricht.<br />

Der Geschichtsprofessor Philipp Sarasin hat viele verärgert mit seiner elitären und<br />

abschätzigen Beurteilung des schweizerischen Berufsbildungssystems. Ich bin einverstanden,<br />

wenn er sagt: «<strong>Die</strong> gymnasiale Bildung ist kein Luxus. Sie ist ein wichti-<br />

*<br />

Rudolf Strahm ist Nationalökonom und Chemiker. Er pflegt Lehrtätigkeiten an den Universitäten Bern<br />

und Freiburg und am Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung. Der ehemalige Preisüberwacher<br />

und Nationalrat hat <strong>im</strong> Bereich Bildung das Buch «Warum wir so reich sind» geschrieben.<br />

4


ger Baustein <strong>im</strong> schweizerischen Bildungssystem.» Und noch mehr st<strong>im</strong>me ich seiner<br />

Kritik zu, dass fünf Milliarden Franken für <strong>die</strong> Bildung sinnvoller eingesetzt wären<br />

als fünf Milliarden für den «Altherrentraum von perfekten Kampfflugzeugen».<br />

Zum ersten: Professor Sarasin will mehr Gymnasium statt Berufslehre. Er höhnt<br />

über ein Bildungssystem, das er nicht kennt. Neben den von ihm bedauerten bloss 15<br />

Prozent männlichen Jugendlichen, <strong>die</strong> in der deutschen Schweiz eine gymnasiale Maturität<br />

absolvieren (was zweifellos tief ist), gibt es noch zusätzliche 11 Prozent eines<br />

Jahrgangs, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Berufsmaturität in Verbindung mit einer Berufslehre ablegen. <strong>Die</strong>se<br />

erlaubt einen prüfungsfreien Zugang zu den Fachhochschulen der Tertiärstufe A.<br />

Und was Sarasin nicht zu kennen scheint: Neben den 30 Prozent Jugendlichen eines<br />

Jahrgangs (Männer und Frauen), <strong>die</strong> eine Universität, <strong>die</strong> ETH oder eine Fachhochschule<br />

FH besuchen, absolvieren heute weitere 29 Prozent eine höheren Berufsbildung,<br />

das heisst eine Höhere Fachschule HF oder eine höhere eidgenössische Berufsprüfung<br />

oder Fachprüfung. <strong>Die</strong>se Bildungsgänge auf der Stufe Tertiär B vermitteln<br />

hohes spezifisches Fachwissen, neueste Technologien und liefern <strong>die</strong> mittleren<br />

Kader, <strong>die</strong> das Rückgrat der Wirtschaft bilden. Jeder dritte Lehrabgänger macht heute<br />

– oft später und berufsbegleitend – eine Weiterbildung der Stufe Tertiär B. <strong>Die</strong> Absolventen<br />

der höheren Berufsbildung (Tertiär B) und <strong>die</strong> Fachhochschulabsolventen<br />

(Tertiär A) werden heute <strong>im</strong> Arbeitsmarkt mehr begehrt als <strong>die</strong> meisten Uni-<br />

Absolventen (mit Ausnahme von Medizin und Ingenieurwissenschaften).<br />

Zweitens: Mit seltener Abschätzigkeit beschreibt Sarasin «e Lehr», so bezeichnet<br />

er despektierlich <strong>die</strong> Berufslehre, als «bloss rud<strong>im</strong>entäre Bildung», als Ausfluss einer<br />

«Ideologie des bodenständigen Mittelmasses». <strong>Die</strong>se Aussage vom «Mittelmass»<br />

wurde gerade vor ein paar Tagen Lügen gestraft, als <strong>die</strong> Schweizer Jugendlichen an<br />

den Berufsbildungsweltmeisterschaften in London erneut den ersten Rang aller Europäer<br />

und am meisten Medaillen einbrachten. Tatsache ist: <strong>Die</strong> fünf Länder mit einer<br />

dualen Berufsbildung (das heisst betriebliche Lehre in Kombination mit einer staatlichen<br />

Berufsfachschule; in der Schweiz, Österreich, Westdeutschland, Holland und<br />

Dänemark) haben drei mal tiefere Jugendarbeitslosenquoten, verglichen mit jenen Industriestaaten,<br />

<strong>die</strong> keine Berufslehre und ausschliesslich vollschulische Bildungsgänge<br />

anbieten. <strong>Die</strong> Schweiz hat, <strong>im</strong> Jahreszyklus schwankend, eine Jugendarbeitslosenquote<br />

von 3 bis 5 Prozent. Finnland, das in dem von Sarasin herbeigezogenen Pisa-<br />

Rating stets den europäischen Spitzenplatz einräumt, eine solche von derzeit 23 Prozent.<br />

Finnland hat keine Berufslehre. <strong>Die</strong> Länder mit den hohen Gymnasialquoten,<br />

offenbar Sarasins Vorbilder, legen alle sehr hohe Jugendarbeitslosenquoten von 20<br />

Prozent und mehr an den Tag, so Frankreich, Spanien, England, Italien.<br />

Sarasin spielt <strong>die</strong>se Frage herunter: «Der gerne vorgebrachte Hinweis auf <strong>die</strong> tiefe<br />

Jugendarbeitslosigkeit hilft nicht weiter.» Rückfrage: Ist denn eine tiefe Jugendarbeitslosigkeit,<br />

ist denn <strong>die</strong> Integration der Jungen in <strong>die</strong> Arbeitswelt nicht das entscheidende<br />

gesellschaftliche Plus eines Bildungssystems?<br />

Drittens: Bildungspolitisch völlig auf dem Irrweg ist Sarasin mit seiner Behauptung,<br />

«<strong>die</strong> Förderung der gymnasialen Ausbildung würde zu einer starken Integration<br />

jener bildungsfernen und fremdsprachigen Jugendlichen in den akademischen Arbeitsmarkt<br />

führen». Er möchte «den negativen Einfluss eines bildungsfernen Famili-<br />

5


enhintergrunds durch eine höhere Anzahl von Schulstunden kompensieren». Soll man<br />

denn <strong>die</strong> schulisch Schwachen, oft schulmüden Jugendlichen mit Herkunft Balkan,<br />

Portugal oder Türkei, deren bildungsferne Eltern vor einer Generation von unserer<br />

Landwirtschaft, vom Gastgewerbe und vom Bau als Ungelernte rekrutiert worden<br />

sind, durchs Gymnasium pushen? Jeder Oberstufenlehrer schüttelt den Kopf. Einer<br />

von zehn schafft den sozialen Aufstieg über <strong>die</strong> Schulen. Aber <strong>die</strong> einmalige Stärke<br />

der Berufslehre und der Attestlehre liegt eben gerade darin, dass auch 80 Prozent der<br />

Jugendlichen aus bildungsfernen Schichten, <strong>die</strong> oft eine hohe praktische Intelligenz<br />

mitbringen, dank der berufspraktischen Qualifizierung in den Arbeitsmarkt integriert<br />

werden können. Dadurch gewinnen sie mehr Selbstvertrauen und können sogar beruflich<br />

aufsteigen. Genau <strong>die</strong>se Integration schaffen <strong>die</strong> vollschulischen und gymnasialen<br />

Ausbildungsgänge in den andern Ländern nicht!<br />

Viertens: <strong>Die</strong> Schweiz bildet nicht zu wenig Akademiker aus. Sie hat klar zu wenig<br />

Mediziner, weil <strong>die</strong> Fehlkonstruktion des Numerus Clausus’ drei von vier stu<strong>die</strong>nwilligen<br />

MaturaabsolventenInnen vom Medizinstudium fernhält. Sie hat auch<br />

klar zu wenig Ingenieure, Mathematiker, Naturwissenschafter und Hochschulinformatiker,<br />

weil <strong>die</strong> sprachlastigen Maturitätsverordnungen jenen (meist männlichen)<br />

Jugendlichen, <strong>die</strong> notenmässig mit der Sprachorientierung nicht zurechtkommen, das<br />

Gymnasium verbauen. <strong>Die</strong> sprachlastige Gymnasialbildung wirkt selektiv. Dort sind<br />

<strong>die</strong> Hürden gegen <strong>die</strong> Naturwissenschaften eingebaut. Damit fallen <strong>die</strong> Vorwürfe Sarasins<br />

auf Gymnasium zurück.<br />

Fünftens: <strong>Die</strong> Schweiz hat aber ein Problem mit den Universitäten, nämlich mit<br />

den überfüllten und überlasteten Geisteswissenschaften, in denen <strong>die</strong> Hörsäle erst<br />

noch mit 20 bis 30 Prozent ausländischen Abiturienten zusätzlich bevölkert werden.<br />

Was geschieht mit den tausenden von Historikern, Ethnologen, Politologen, Me<strong>die</strong>nwissenschaftlern,<br />

wenn es von jeder Richtung nur einige Dutzend Fachabsolventen<br />

pro Jahr braucht? Ich frage mich oft: Hat ein Professor, der in der Vorlesung hunderte<br />

von fleissig notierenden Stu<strong>die</strong>renden vor sich sieht, je einen Gedanken darüber verschwendet,<br />

was seine Stu<strong>die</strong>renden nach dem Stu<strong>die</strong>nabschluss beruflich tun? Gewiss<br />

hat <strong>die</strong> allgemeine humanistische Bildung ihren starken Eigenwert. Aber, wer kennt<br />

und nennt <strong>die</strong> he<strong>im</strong>lichen Nöte und Ängste der geisteswissenschaftlichen Stu<strong>die</strong>nabgänger,<br />

<strong>die</strong> hier ein Praktikum, dort ein Hilfskräfte-Stage zu ergattern suchen? Fragen<br />

Sie mal, wie viele be<strong>im</strong> Bund, bei den öffentlichen Verwaltungen und Grossfirmen<br />

auf den Wartelisten stehen!<br />

Gewiss hat <strong>die</strong> Schweiz ein Problem mit der Kompatibilität und der ungerechten<br />

Titeläquivalenz ihres Bildungssystems gegenüber dem Ausland (mit dem ich mich<br />

seit langem befasse). Doch der «Konzeptfehler» liegt viel weniger in einer (angeblichen)<br />

«Bildungsverachtung» der Schweizer, wie Professor Sarasin <strong>die</strong>s nennt, sondern<br />

vielmehr <strong>im</strong> ungebrochen elitären Bildungsdünkel.<br />

<strong>Tages</strong>-<strong>Anzeiger</strong>, 12.10.2011<br />

6


Philipp Gonon *<br />

Bildungsverachtung oder Bildungsdünkel?<br />

Nur gezielte Massnahmen wie eine Stärkung der Berufsmatur hätten<br />

Aussicht auf Erfolg. Das sagt Philipp Gonon, Professor für Berufsbildung<br />

an der Universität Zürich, in einem Gastbeitrag.<br />

Der Artikel von Philipp Sarasin vom 8. Oktober in <strong>die</strong>ser Zeitung hat eine Vielzahl an<br />

Reaktionen ausgelöst. Ihm wird Unkenntnis und Dünkel vorgehalten. Man kann nun<br />

berechtigt stolz auf <strong>die</strong> hiesige Berufsbildung sein und dennoch den Argumenten von<br />

Sarasin einiges abgewinnen – selbst dann, wenn einiges nicht ausreichend dokumentiert<br />

und seine Diagnose der Bildungsverachtung als unausgegoren erscheint.<br />

In der Schweiz besteht ein Fachkräftemangel trotz einem gut ausgebauten Berufsbildungssystem.<br />

<strong>Die</strong>ser auf den ersten Blick überraschende Befund ergibt sich daraus,<br />

dass der Schwerpunkt der Berufsbildung gewerblich-industriell ausgerichtet ist und<br />

ein Mangel an Ausbildungsmöglichkeiten vor allem <strong>im</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsbereich, aber<br />

auch in technischen Berufen besteht. Nicht nur für Mediziner an Universitäten besteht<br />

ein Numerus clausus, auch <strong>die</strong> Spitäler werden mit Anfragen von ausbildungswilligen<br />

jungen Erwachsenen überhäuft, auf <strong>die</strong> sie mit Absagen reagieren müssen. Zulassungsbeschränkungen<br />

sind hierbei nicht das Ergebnis ungenügender Begabungen und<br />

Eignungen, sondern werden gemäss den Aufnahmekapazitäten best<strong>im</strong>mt.<br />

Stagnation auf hohem Niveau<br />

Unser Bildungssystem kennt eine Vielzahl solcher ressourcengesteuerter Zugänge. So<br />

wird <strong>im</strong> Kanton Zürich ein Numerus clausus der Gymnasien zugunsten der Berufsbildung<br />

aufrechterhalten, seit 10 Jahren ist <strong>die</strong> Eintrittsquote mehr oder weniger stabil.<br />

Kaum anders lässt sich erklären, warum der Anteil der Gymnasiasten in Genf und seit<br />

einigen Jahren in Basel so viel höher ist als in der Ostschweiz. Aus wirtschafts- und<br />

sozialpolitischer Optik mochte <strong>die</strong>se Einschränkung sinnvoll gewesen sein. Auch aus<br />

der Sicht der aufnehmenden Schulen und Hochschulen ist es verständlich, dass sie<br />

geeignete Kandidatinnen und Kandidaten selektionieren, um ihren besonderen Status<br />

aufrechtzuerhalten, um so, etwa bei der ETH, <strong>im</strong> internationalen Wettbewerb bestehen<br />

zu können. Dennoch fehlen Techniker und Ingenieure, und auch hier stellt sich<br />

<strong>die</strong> Frage, ob Jugendliche nicht allzu früh von einer Wahl von MINT-Fächern (Mathematik,<br />

Informatik, Naturwissenschaften, Technik) abgehalten werden.<br />

Begabungen und fachliche Interessen ergeben sich zwar durchaus auch aufgrund<br />

von natürlichen Veranlagungen und Neigungen, <strong>die</strong> uns in <strong>die</strong> Wiege gelegt wurden –<br />

ein gewisser Spielraum für <strong>die</strong> Förderung von Interessen und Unterstützung besteht<br />

dennoch. Vor allem sozial weniger privilegierte Jugendliche, solche mit Migrationshintergrund<br />

oder aus ländlichen Regionen sind klar unterrepräsentiert in Gymnasien.<br />

Bekannt ist ja, gemäss einem weltweiten Trend, dass in der Regel männliche Jugend-<br />

*<br />

Prof. Dr. Philipp Gonon hat seit 2004 den Lehrstuhl für Berufsbildung an der Universität Zürich inne. <strong>Die</strong><br />

Schwerpunkte seiner Forschung sind vergleichende Bildungspolitik und historische Bildungsforschung.<br />

7


liche in der Schule weniger gut reüssieren als Mädchen. <strong>Die</strong>se kommen mit den fachlichen<br />

und disziplinarischen Vorgaben in der Volksschule besser zurecht.<br />

Sicherlich kann <strong>die</strong> Schweiz nie ihren Fachkräftebedarf vollständig aus eigener<br />

Kraft abdecken. Daher ist sie, wie das seit Mitte der 2000er-Jahre eindrücklich auf<br />

dem Arbeitsmarkt deutlich wird, weiterhin auf den Zuzug von hoch qualifizierten<br />

Hochschulabgängern und qualifizierten Fachkräften angewiesen, wenn sie wirtschaftlich<br />

weiterhin prosperieren will. Andererseits sollte sie aus wirtschaftlichen und moralischen<br />

Gründen nicht einfach fertig ausgebildete Ingenieure, Mediziner und weitere<br />

Fachkräfte aus Deutschland und der Dritten Welt abwerben. <strong>Die</strong> Frage stellt sich<br />

also, ob nicht erneut – wie in den 1960er-Jahren – Begabtenreserven zu mobilisieren<br />

und allenfalls zu kanalisieren wären. Es braucht – und darauf ist zu Recht hingewiesen<br />

worden – nicht einfach eine erhöhte Gymnasialquote, sondern gezielte und differenzierte<br />

Massnahmen.<br />

Erfolgreiche Berufsmatur<br />

Aufseiten der Gymnasien wäre <strong>die</strong> fachliche Privilegierung von Sprachen gegenüber<br />

mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern rückgängig zu machen, um den<br />

MINT-Fächern mehr Gewicht zu verleihen. Neben einem Ausbau und einem klareren<br />

Profil der naturwissenschaftlichen Fächer könnte man auch <strong>die</strong> Forderung mit einschliessen,<br />

dass eine genügende Leistung <strong>im</strong> Fach Mathematik zwingend für das Bestehen<br />

der Matur erforderlich wäre.<br />

<strong>Die</strong> Idee einer universalistischen Bildung mit einem breiten Fächerkanon ist begrüssenswert;<br />

zu überlegen wäre dennoch, ob daneben als zusätzliche Alternative –<br />

wie in anderen Ländern Europas – ein eingeschränkteres Fachprofil, z. B. in naturwissenschaftlichen<br />

Fächern mit einem geringeren Sprachenanteil, für eine allgemeine<br />

Hochschulreife ausreichen würde. In Baden-Württemberg gelang es in den letzten<br />

zehn Jahren etwa durch den Aufbau von beruflichen Gymnasien, <strong>die</strong> ein nach Fachrichtungen<br />

zugeschnittenes Profil aufweisen, den Anteil der Hochschulzugangsberechtigten<br />

deutlich zu erhöhen und für sozial weniger Privilegierte zu öffnen.<br />

Als erste wichtige Forderung aufseiten der Berufsbildung wäre <strong>die</strong> Quote der Berufsmaturanden<br />

weiter markant zu erhöhen. <strong>Die</strong> Berufsmatur, seit den 1990er-Jahren<br />

installiert, hat sich in kurzer Zeit erfolgreich etablieren können. Sie hat beinahe zu einer<br />

Verdoppelung der Abschlüsse mit Hochschulzugangsberechtigung geführt. Sie<br />

stagniert aber seit einigen Jahren auf einem hohen Niveau. Auch <strong>die</strong> Zahl der unmittelbaren<br />

Übertritte an <strong>die</strong> Fachhochschulen ist – gemäss unseren Auswertungen –<br />

rückläufig. In den letzten Jahren hat <strong>die</strong> Berufsmatur, erworben nach der Berufsausbildung,<br />

gegenüber der lehrbegleitenden an Gewicht gewonnen. <strong>Die</strong>s weist darauf<br />

hin, dass offenbar <strong>die</strong> Betriebe mit zusätzlicher Beschulung beziehungsweise einer<br />

längeren Absenz während der Lehrzeit Mühe bekunden. Hier wären weitere Unterstützungsleistungen<br />

vonseiten der öffentlichen Hand in Betracht zu ziehen.<br />

In Österreich gibt es neben der dortigen Berufsmatur auch eine «Lehre mit Matura»,<br />

das heisst <strong>die</strong> Möglichkeit, vier Fächer gemäss gymnasialen Standards zu besuchen,<br />

um dann <strong>die</strong> allgemeine Hochschulreife zu erlangen.<br />

8


Ungenutzte Begabtenreserven<br />

<strong>Die</strong>se Hinweise, <strong>die</strong> nicht gegen, sondern in Ergänzung zu den laufenden Reformen<br />

und Neuordnungen <strong>im</strong> Bereich der höheren Berufsbildung zu sehen sind, markieren<br />

den oberen Bereich der Berufsbildung. Gleichzeitig sollte aber auch ein besonderes<br />

Augenmerk auf <strong>die</strong> schulleistungsschwächeren Jugendlichen, wiederum oft mit Migrationshintergrund,<br />

gelegt werden, <strong>die</strong> den Einstieg in <strong>die</strong> Berufsbildung nur schwer<br />

finden. Denn <strong>die</strong>se sind – gerade <strong>im</strong> Lichte der demografischen Entwicklung – als<br />

neue Klientel für <strong>die</strong> Berufsbildung zu gewinnen.<br />

Wir können also für <strong>die</strong> Schweiz insgesamt angesichts des sich klar abzeichnenden<br />

und verschärfenden Fachkräftemangels und angesichts der demografischen Entwicklung<br />

einen Reformbedarf <strong>im</strong> Bildungssystem erkennen und sollten daher auf eine erneute<br />

Mobilisierung von Begabtenreserven hinwirken. <strong>Die</strong>s erfordert Investitionen,<br />

<strong>die</strong> besser in <strong>die</strong> Bildung als in Kampfflieger zu tätigen sind.<br />

<strong>Tages</strong>-<strong>Anzeiger</strong>, 24.10.2011<br />

Patrik Schellenbauer * , interviewt von Philippe Zweifel<br />

«<strong>Die</strong> Schweiz wurde vom Erfolg<br />

überrumpelt»<br />

Ökonom Patrik Schellenbauer über Akademiker-Import sowie <strong>die</strong> Vor-<br />

und Nachteile von Berufslehre und Gymnasium.<br />

Herr Schellenbauer, was raten Sie Jugendlichen, <strong>die</strong> heute vor der Entscheidung stehen:<br />

Gymnasium oder Lehre?<br />

Ein genereller Ratschlag wäre Unsinn. Das hängt von der individuellen Begabung,<br />

aber genauso von der persönlichen Neigung ab. Wissensdurst, wissenschaftliche<br />

Neugier und auch Sitzleder sind Voraussetzung für das erfolgreiche Beschreiten des<br />

akademischen Weges. In der Schweiz können wir uns andererseits glücklich schätzen,<br />

dass für praktisch ausgerichtete Jugendliche auch Berufslehren attraktive Perspektiven<br />

eröffnen.<br />

<strong>Die</strong> Diskussion um Gymnasium oder Lehre ist nicht neu. Warum flammt <strong>die</strong>se Debatte<br />

ausgerechnet jetzt wieder auf?<br />

Das hat mit der demografischen Entwicklung zu tun. Da <strong>die</strong> Jugendjahrgänge vielerorts<br />

schrumpfen, fehlt zunehmend der Berufsnachwuchs. Dafür werden von manchen<br />

<strong>die</strong> Gymnasien verantwortlich gemacht. Allerdings hat <strong>die</strong> Maturaquote der jungen<br />

Männer in den letzten 15 Jahren nicht zugenommen. Der Mangel an Polymechanikern<br />

und Automatikern muss also andere Gründe haben.<br />

*<br />

Patrik Schellenbauer ist Mitglied des Thinktanks Avenir Suisse. Der Ökonom ist einer von zwölf Autorinnen<br />

und Autoren der Publikation «Das Gymnasium <strong>im</strong> Land der Berufslehre». Ausserdem ist er Ko-Verfasser<br />

der Stu<strong>die</strong> «<strong>Die</strong> Zukunft der Lehre», erschienen <strong>im</strong> Auftrag von Avenir Suisse.<br />

9


Welche?<br />

<strong>Die</strong> Anforderungen der hochstehenden industriellen Lehren haben zugenommen. Neben<br />

einem beachtlichen Bildungsrucksack an Mathe und Physik ist etwa auch <strong>im</strong>mer<br />

mehr Sozialkompetenz gefragt.<br />

Man hört <strong>im</strong>mer wieder: Gymnasium und Lehre darf man nicht gegeneinander ausspielen.<br />

Wie sehen Sie das?<br />

Als Ökonom glaube ich an <strong>die</strong> Vorteile des Wettbewerbs. Und <strong>die</strong> gegenwärtige Debatte<br />

zeigt, dass <strong>die</strong> beiden Bildungsrichtungen tatsächlich <strong>im</strong> Wettbewerb stehen, der<br />

jetzt noch demografisch zugespitzt wird. Eine Steuerung über fixe Quoten ist nicht<br />

effizient. Zu diskutieren wäre allerdings über <strong>die</strong> Länge der Spiesse, sprich <strong>die</strong> Finanzierung.<br />

Was schlagen Sie vor?<br />

Ich bin generell gegen jegliche Art von Quoten. Solche werden neuerdings sogar an<br />

den Universitäten gefordert, um den Phil-I-Boom zu bremsen. Stattdessen muss mehr<br />

über Anreize gesteuert werden. Auch weil <strong>die</strong> freie Stu<strong>die</strong>nwahl ein hohes Gut ist,<br />

das nicht ohne Not aufgegeben werden sollte.<br />

Philipp Sarasins Artikel hat viele Leser verärgert, weil er <strong>die</strong> Schweiz «bildungsfeindlich»<br />

nennt. Verstehen Sie <strong>die</strong> Empörung?<br />

Ich verstehe vor allem, dass <strong>die</strong> pauschale Etikettierung der Berufsbildung als Mittelmass<br />

auf Unmut stösst. <strong>Die</strong>se Sicht verkennt, dass viele Berufslehren auf hohem<br />

Niveau sind und vielseitige Ansprüche stellen, durchaus auch kognitive. Wenn <strong>die</strong>se<br />

Lehren noch mit der Berufsmatura kombiniert werden, entstehen Ausbildungen, <strong>die</strong> –<br />

obwohl sie anders sind – den Vergleich mit der Matura nicht zu scheuen brauchen.<br />

Sarasin nennt <strong>die</strong> Eintrittshürden ins Gymnasium Klassensortierungsanlagen. Selektioniert<br />

das Schweizer Bildungssystem zu früh?<br />

Jedes Bildungssystem muss Selektionen vornehmen. Länder, in denen <strong>die</strong> Berufslehre<br />

eine wichtige Stellung hat, selektionieren in der Regel früher und strenger. Denn ein<br />

funktionsfähiger Lehrstellenmarkt braucht auch talentierte und motivierte Junge. Im<br />

Idealfall wird <strong>die</strong> Bildungsweiche aber nicht nur über formale Zugangshürden wie<br />

Prüfungen oder Vornoten gestellt, sondern es entscheiden sich auch potenzielle Gymnasiasten<br />

bewusst für eine Lehre. Daran müssen wir arbeiten. <strong>Die</strong> Forderung, noch<br />

früher mit der Berufswahlvorbereitung in den Sekundarschulen zu beginnen, um den<br />

Berufsnachwuchs zu sichern, halte ich hingegen nicht für zielführend. Gerade <strong>die</strong><br />

Jungs sind mit 13 Jahren noch nicht in der Lage, ihre Neigungen zu erkennen. <strong>Die</strong><br />

Gefahr von Fehlentscheiden steigt.<br />

10


In seiner Replik argumentiert Rudolf Strahm unter anderem mit der tiefen Jugendarbeitslosigkeit<br />

in der Schweiz. Würde <strong>die</strong> Jugendarbeitslosigkeit mit mehr Gymnasiasten<br />

und Akademikern tatsächlich steigen?<br />

Bei einer abrupten und starken Erhöhung der Maturaquote wäre das wohl so. Gleichzeitig<br />

gibt es in der Schweiz kein «Akademiker-Proletariat», <strong>im</strong> Gegenteil: trotz der<br />

massiven Zuwanderung von Hochschulabsolventen ist <strong>die</strong> Arbeitslosenquote der<br />

Akademiker in den letzten 10 Jahren gesunken und liegt heute unter der Quote der<br />

Lehrabsolventen. Obwohl <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>nwahl offensichtlich zu den Geistenwissenschaften<br />

hin verzerrt ist, kommen sogar Germanisten und Ethnologinnen auf dem Schweizer<br />

Arbeitsmarkt irgendwie unter.<br />

In vielen Berufen braucht es heute mehr theoretische Bildung als früher. Hat <strong>die</strong><br />

Schweiz <strong>die</strong>ses Problem mit der Einführung von Berufsmatura und Fachhochschulen<br />

gelöst?<br />

<strong>Die</strong> Einführung der Berufsmatura in den Neunziger Jahren war ein eminent wichtiger<br />

Schritt für <strong>die</strong> Berufsbildung, sowohl inhaltlich als auch prestigemässig. Ohne sie hätten<br />

wir heute viel grössere Probleme. <strong>Die</strong> aktuelle BMS-Quote von rund 12 % ist aber<br />

noch ausbaufähig. Und viele Betriebe fühlen sich in der Zwickmühle, denn <strong>die</strong> Berufsmaturanden<br />

sind länger in der Schule und darum für den Lehrbetrieb (scheinbar)<br />

weniger rentabel. Wir müssen Wege finden, um <strong>die</strong>ses Dilemma zu entschärfen.<br />

Viele internationale Firmen, <strong>die</strong> in <strong>die</strong> Schweiz kommen, anerkennen <strong>die</strong> Diplome aus<br />

unserer Berufsbildung nicht. Trotzdem sagen Sie der Lehre eine erfolgreiche Zukunft<br />

voraus. Ist das kein Widerspruch?<br />

Tatsächlich kommt <strong>die</strong> Lehre von <strong>die</strong>ser Seite unter Druck, und es braucht grosse Anstrengungen,<br />

um <strong>die</strong> Vorzüge unserer Berufsbildungskultur bei internationalen Firmen<br />

bekannt zu machen. Das duale System wird erfolgreich bleiben, wenn es sich<br />

den veränderten Verhältnissen anpasst. Ich bin überzeugt, dass einige anforderungsreiche<br />

Lehren der Industrie und der <strong>Die</strong>nstleistungen in 20 Jahren auf Hochschulniveau<br />

stattfinden werden.<br />

<strong>Die</strong> Schweiz <strong>im</strong>portiert Akademiker <strong>im</strong> grossen Stil. Warum bilden wir <strong>die</strong> nicht selber<br />

aus?<br />

Wir wurden sozusagen vom eigenen Erfolg überrumpelt. <strong>Die</strong> Schweiz ist als Innovations-,<br />

Leitungs- und Denkplatz enorm erfolgreich und funktioniert wie eine kleine<br />

«globale Stadt». Es fehlt aber das weite «Hinterland», das heisst der eigene Talentpool<br />

reicht nicht, um <strong>die</strong> grosse Nachfrage nach Hochqualifizierten zu befriedigen.<br />

Wir werden darum ein Einwanderungsland bleiben.<br />

Braucht <strong>die</strong> Schweiz insgesamt mehr Akademiker oder braucht sie einfach <strong>die</strong> richtigen?<br />

<strong>Die</strong> fehlenden Akademiker sind bloss <strong>die</strong> Spitze des Eisbergs, es fehlen genauso Lehrer,<br />

Pflegepersonal, Polizisten, Schreiner und Metzger. Letztendlich sind wir auch<br />

11


hier in einer Zwickmühle. Extrem zugespitzt müssen wir uns fragen: Importieren wir<br />

Spezialisten und Chefs oder gute Handwerker?<br />

Ist das Reservoir an stu<strong>die</strong>rfähigen Menschen in <strong>die</strong>sem Land bei der jetzigen Maturandenquote<br />

ausgeschöpft?<br />

<strong>Die</strong>se Frage wird überwiegend mit Ja beantwortet. Allerdings gibt es keine schlüssige<br />

Evidenz dafür. In den letzten 30 Jahren ist <strong>die</strong> Maturaquote von 10 % auf 20 % gestiegen,<br />

ich habe aber nicht den Eindruck, dass das Niveau der Matura generell gesunken<br />

ist, auch <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>ngänge sind keineswegs einfacher geworden. Klar ist aber<br />

auch, dass der Begabungspool nicht grenzenlos ist, auch wenn <strong>die</strong> Gesellschaft bildungsnäher<br />

geworden ist.<br />

Nach Strahm sind Fachhochschulabgänger begehrter als Uni-Abgänger.<br />

Das ist ein schwieriger Vergleich, denn Fachhochschulabgänger haben den Berufseinstieg<br />

über <strong>die</strong> Lehre meist schon hinter sich und bewegen sich darum gewandter<br />

<strong>im</strong> Arbeitsmarkt. Viele Universitätsstu<strong>die</strong>ngänge sind hingegen keine eigentlichen<br />

Berufsausbildungen, <strong>die</strong> berufliche Bewährungsprobe steht Ihnen noch bevor.<br />

Manövriert sich das Gymnasium aufs schöngeistige Abstellgleis?<br />

In den Gymnasien ist tatsächlich eine gewisse Aversion gegen Technik und Naturwissenschaften<br />

festzustellen. Das hat auch mit der stärkeren Betonung der sprachlichen<br />

und gestalterischen Profile in der Maturitätsreform von 1995 zu tun, wodurch<br />

<strong>die</strong> Stellung der harten Fächer zurückgedrängt wurde. Persönlich nehme ich in Diskussionen<br />

mit Gymnasiasten oft auch eine Abneigung gegen jedes ökonomische<br />

Denken wahr. Für mich sind humanistisches Bildungsideal und Ökonomie keineswegs<br />

unvereinbar.<br />

Mit welchen Mitteln wollen Sie eine Stu<strong>die</strong>nwahl erreichen, <strong>die</strong> besser auf den Arbeitsmarkt<br />

ausgerichtet ist?<br />

Man könnte <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>nwahlvorbereitung als explizites Fach in den Lehrplan der Mittelschulen<br />

aufnehmen. Ansätze gibt es ja vielerorts, beispielsweise indem Ehemalige<br />

über ihre Erfahrungen an der Uni berichten. Wir werden aber nicht darum herumkommen,<br />

<strong>die</strong> Kostenbeteiligung der Stu<strong>die</strong>renden an den Universitäten zu überdenken.<br />

Erstens spüren <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>renden nicht, welche Kosten sie der Gesellschaft auferlegen.<br />

Problematisch ist <strong>die</strong>s vor allem, wenn <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>ngänge einen hohen «Konsumanteil»<br />

enthalten. Zweitens zahlt der Lehrling seine Ausbildung zu einem grossen<br />

Teil selbst, während den Maturanden bis zum Stu<strong>die</strong>nabschluss fast alles bezahlt<br />

wird.<br />

<strong>Tages</strong>-<strong>Anzeiger</strong>, 24.10.2011<br />

12


Johannes Milde * , interviewt von Philippe Zweifel<br />

«Ein Land nur mit Akademikern kann nicht<br />

funktionieren»<br />

Siemens-CEO Johannes Milde über das Schweizer Bildungssystem –<br />

und wer in seinem Konzern <strong>die</strong> besten Chancen hat.<br />

Herr Milde, wie sehen Sie als Vertreter der Wirtschaft <strong>die</strong> aktuelle Bildungsdebatte?<br />

Hier geht es um das Wesentliche: unsere Zukunft und <strong>die</strong> Fähigkeit, weiterhin innovativ<br />

und mit Schweizer Qualität Massstäbe in vielen Branchen zu setzen und unseren<br />

Wohlstand zu sichern – insbesondere, weil Versäumnisse <strong>im</strong> Bildungswesen sich<br />

erst über Generationen hinweg auswirken.<br />

Was raten Sie den heutigen Jugendlichen: Gymnasium oder Lehre?<br />

Je nach ihren Fähigkeiten und Interessen. Wenn ein Jugendlicher aber nicht sicher ist,<br />

ob er den theorielastigen Weg über das Gymnasium und <strong>die</strong> Universität mag und dafür<br />

geeignet ist, dann rate ich auf jeden Fall zur Berufslehre und all den Möglichkeiten,<br />

<strong>die</strong> sich in der Schweiz über Berufsmatura, Fachhochschule bis zur Universität<br />

bieten. <strong>Die</strong>ser Weg bietet den Jugendlichen auf jeder Stufe Abschlüsse, mit denen sie<br />

bereits ihre Existenz sichern können, auch wenn sie nicht den ganzen Weg gehen<br />

wollen oder können. Ein Land nur mit Hochschulabgängern kann nicht funktionieren.<br />

Aber Abgänger von Universitäten haben bei Ihnen letztlich doch grössere Chancen.<br />

Alle Fachkräfte in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und<br />

Technik haben sehr gute Chancen. Insbesondere Industriefirmen wie wir benötigen<br />

den richtigen Mix an Abgängern: Berufsleute, Techniker, Fachhochschul-Ingenieure<br />

und Ingenieure mit Universitätsabschluss.<br />

Ist <strong>die</strong> Ausbildung über Fachhochschulen nicht ein Scheinerfolg – weil der Chef dann<br />

doch ein <strong>im</strong>portierter Akademiker ist?<br />

<strong>Die</strong> Frage, wer Chef wird, hängt in der Industrie viel stärker von der Persönlichkeit,<br />

den sozialen Fähigkeiten, dem Engagement, den Führungsfähigkeiten und seinem<br />

Leistungsausweis ab als von der Frage, welche Grundausbildung ein Mitarbeiter hat.<br />

Das gilt sowohl für <strong>die</strong> Fachrichtung als auch für den Level des Hochschulabschlusses.<br />

* Dr. Johannes Milde ist CEO der Siemens Building Technologies. Dem promovierten Informatiker unter-<br />

13<br />

stehen 28 000 Mitarbeiter.


<strong>Die</strong> Wirtschaft und ihre Bedürfnisse entwickeln sich nicht gradlinig. Kann man heute<br />

überhaupt sagen, welche Qualifikationen in zehn Jahren gefragt sein werden?<br />

Wichtig ist hier <strong>die</strong> Bereitschaft, sich ständig weiterzuentwickeln und sich weiterzubilden<br />

– sowohl <strong>im</strong> technischen Bereich, aber auch bezüglich der Kunden, der Märkte,<br />

der Zusammenarbeit in internationalen Teams. Das gilt übrigens für alle Qualifikationsstufen.<br />

Wir können heute aber auch bereits sagen, dass wir in Zukunft unbedingt<br />

mehr <strong>die</strong> menschliche und emotionale Kompetenz der Frauen entwickeln und nutzen<br />

müssen. Frauen sind heute sehr gut ausgebildet, sie interessieren sich aber noch viel<br />

zu wenig für <strong>die</strong> faszinierende Welt der technischen Berufe und der Industrie. Damit<br />

fehlt uns auch der notwendige Nachwuchs für Frauen in Führungspositionen.<br />

Welches Wissen und welche Fähigkeiten erachten Sie als zentral, um auf dem Arbeitsmarkt<br />

erfolgreich zu sein?<br />

Erst einmal eine solide Grundausbildung in einem Bereich, denn ich bin kein Freund<br />

von Generalisten, <strong>die</strong> von allem gehört haben, aber nichts richtig können. Dann <strong>die</strong><br />

Fähigkeit, sich weiterzubilden und in neue Themen einarbeiten zu können.<br />

Inwiefern zeigen sich bei Siemens Entwicklungen, <strong>die</strong> <strong>im</strong> Bereich der Qualifikationsanforderungen<br />

typisch sind für <strong>die</strong> ganze Schweiz?<br />

Ich würde mich auch freuen, wenn mehr Schweizer Mitarbeiter <strong>die</strong> Möglichkeit des<br />

Konzerns wahrnehmen würden, eine Zeit <strong>im</strong> Ausland und in anderen Bereichen zu<br />

arbeiten. Das ist eine Voraussetzung dafür, bei uns Karriere auf höherer Ebene zu<br />

machen. Ein allgemeiner Trend ist <strong>die</strong> steigende Nachfrage an Informatikern, da<br />

Computer und intelligente Prozessoren unsere gesamte Welt weiter durchdringen. Sie<br />

sind heute in jedem Auto, in jedem Telefon, in jeder Maschine und in jeder Heizungs-<br />

und Lüftungsanlage. Ansonsten sind wir wie <strong>die</strong> meisten Firmen in der Schweiz darauf<br />

angewiesen, einen grossen Teil unserer Stellen mit ausländischen Mitarbeitern zu<br />

besetzen, da nicht genügend Schweizer zur Verfügung stehen.<br />

Lernt man <strong>im</strong> Schweizer Bildungssystem noch das Richtige oder sind Anpassungen<br />

nötig?<br />

Für unsere Bedürfnisse lernt man <strong>im</strong> Schweizer Bildungssystem das Richtige. <strong>Die</strong><br />

Ausbildungsangebote sind auf einem hohen Niveau, und insbesondere das duale System,<br />

bei dem wir eine vollständige Durchlässigkeit von der Berufslehre bis zur Hochschule<br />

haben, führt zu Mitarbeitern, <strong>die</strong> nicht nur <strong>die</strong> Theorie kennen, sondern auch<br />

<strong>die</strong> Praxis, um Entwicklungen in Produkte und Lösungen umzusetzen – wir benötigen<br />

nur mehr <strong>die</strong>ser gut ausgebildeter Mitarbeiter. Obwohl schon auf einem guten Stand,<br />

sollten wir <strong>die</strong> berufsbegleitende Ausbildung weiter ausbauen und insbesondere den<br />

Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf fördern.<br />

14


Kann es sich <strong>die</strong> Schweiz leisten, in einem globalisierten Umfeld auf ihrem System<br />

der Berufsbildung zu beharren?<br />

<strong>Die</strong> Berufsausbildung ist eines der grössten Assets der Schweiz, und wir sollten nicht<br />

nur darauf beharren, sondern wir sollten sie zum Exportschlager für Entwicklungsländer<br />

machen.<br />

<strong>Tages</strong>-<strong>Anzeiger</strong>, 25.10.2011<br />

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