Prof. Dr. Werner Sacher: Erweiterte Leistungsbeurteilung ... - ZHSF
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� 2012 <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Werner</strong> <strong>Sacher</strong><br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Werner</strong> <strong>Sacher</strong>:<br />
<strong>Erweiterte</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong> –<br />
Möglichkeiten und Grenzen<br />
Gastvorlesung an der ETH Zürich<br />
im Rahmen des „Didaktischen Kolloquiums Zürich“ des Zürcher<br />
Hochschulinstituts für Schulpädagogik und Fachdidaktik<br />
am 19. April 2012
1. Notwendigkeit einer erweiterten<br />
� 2012 <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Werner</strong> <strong>Sacher</strong><br />
<strong>Leistungsbeurteilung</strong>
Bildungssystem im Umbruch:<br />
• vom Rüttelsieb der Gesellschaft (Fend<br />
1980, S.29) und vom bürokratischen<br />
Zuteilungsapparat (Schelsky 1961, S.158)<br />
• zum Treibhaus der Zukunft (Kahl)<br />
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Begabungen<br />
• nicht mehr nur sortieren und selektieren<br />
• sondern auch entwickeln und fördern<br />
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Förderma rdermaßnahmen nahmen sind dann am<br />
effektivsten, wenn sie an die Kompetenz der<br />
Schüler Sch ler angepasst sind.<br />
individuelle adaptiver individuelle<br />
Diagnose Unterricht Förderung<br />
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<strong>Erweiterte</strong>r Lern- und Leistungsbegriff<br />
• fachlich-inhaltliche Kompetenzen<br />
• methodisch-strategische Kompetenzen<br />
• sozial-kommunikative Kompetenzen<br />
• Kompetenz, die sich im Lernergebnis<br />
zeigt<br />
• Kompetenz, die sich im Lernprozess zeigt<br />
• persönliche Kompetenzen: Konzentration,<br />
Ausdauer, Frustrationstoleranz, Motivation und<br />
Interessen, Selbstkonzept …<br />
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<strong>Erweiterte</strong>r Diagnose-Bedarf<br />
Traditionelle Diagnose:<br />
• Diagnose der Anlagen von Schülerinnen u. Schülern<br />
• Diagnose der Lernergebnisse von Schülerinnen u. Schülern<br />
für vorgreifende und abschließende Selektion<br />
Diagnose für individuelle Förderung:<br />
• umfassende personenbezogene Diagnose: Einstellungen,<br />
Verhalten, Kompetenzen und Lernprozesse der<br />
Schülerinnen und Schüler<br />
• Diagnose von Aufgabenschwierigkeiten<br />
• Diagnose von Unterrichtsarrangements<br />
(Helmke u. a. 2004b)<br />
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2. Schwierigkeiten einer erweiterten<br />
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<strong>Leistungsbeurteilung</strong>
Welchem Förderverständnis verpflichtet?<br />
• Defizitorientierte Förderung:<br />
Förderung der Schülerinnen und Schüler auf der<br />
Grundlage ihrer jeweiligen Voraussetzungen im<br />
Hinblick auf festgelegte Ziele oder Standards<br />
• Umfassende Förderung:<br />
Förderung von Persönlichkeitsentwicklung der<br />
Schülerinnen und Schüler im Sinne einer<br />
umfassenden Ausbildung ihrer Fähigkeiten,<br />
Interessen und ihres Charakters<br />
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Eingriff in den Intimbereich der Schülerinnen<br />
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und Schüler?<br />
• 50% der Schülerinnen und Schüler lehnen individuelle<br />
Förderung als „zu persönlich“ ab.<br />
(Kunze & Solzbacher 2008)
• Diagnostische Kompetenz von Lehrkräften<br />
�Noch am besten erkannt: Leistungs-Rangordnung in der<br />
Klasse<br />
(Hoge & Coladarci 1989; Schrader 1989; Bates & Nettelbeck 2001; Feinberg<br />
& Shapiro 2003; Helmke u.a. 2004a; Striethold & Bos 2006 )<br />
�Weniger gut erkannt: Rangordnungen nach Intelligenz,<br />
Selbstkonzept, Ängstlichkeit u. Lernmotivation<br />
(Spinath und Höfer 2003)<br />
�Unzureichend erkannt: Schwierigkeit von Aufgaben<br />
(Schrader, 1989; Lehmann u.a., 2000; Hosenfeld u.a. 2002)<br />
Kein Bei alledem Unterschied keine nach Unterschiede Klassengröße, nach Klassengröße, Dauer der Dauer<br />
der Klassenführung und und Berufserfahrung (Wild (Wild & & Rost Rost 1995) 1995)<br />
• Zeitaufwand!<br />
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Leistbarkeit einer erweiterten<br />
<strong>Leistungsbeurteilung</strong>?
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3. Wege einer erweiterten<br />
<strong>Leistungsbeurteilung</strong><br />
und ihre Stolpersteine
Kompetenzmodelle und Operationalisierungen<br />
• Problem der Inferenz<br />
(Bach-Blattner & Bohl 2011, S.182):<br />
�Je konkreter, umso besser beobachtbar und<br />
messbar<br />
�Je konkreter, umso weniger repräsentativ für<br />
die jeweilige Kompetenz im Ganzen<br />
• Problem unterschiedlicher Operationalisierungen<br />
• Zulässigkeit und Möglichkeiten der Beurteilung<br />
von Sozial- und Selbstkompetenz<br />
�Ausweichen auf Lern-, Arbeits- und<br />
Sozialverhalten<br />
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Diagnose der Prozesse<br />
• Diagnose von Qualitäten des Arbeitens und<br />
Lernens, die man an den Ergebnissen meistens<br />
nicht mehr erkennen kann<br />
(nicht Veränderungsmessung!):<br />
�Psychodynamische Komponenten<br />
�Reflexionsniveau und Selbständigkeit<br />
�Soziale Qualitäten<br />
• Vorausgesetzte Kenntnisse der Struktur von<br />
Lernprozessen, z. B. von Abschnitten des Lernens<br />
am Modell (<strong>Sacher</strong> 2009, S.249)<br />
• Grenzen der Lehrer- und Schülerbeobachtung
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Verbreiterung der Datenbasis<br />
• Zusätzliche Datengewinnung<br />
(außer durch Schularbeiten, Abfragen, mündliche<br />
Prüfungen und Mitarbeitsnoten) durch<br />
�Inhaltsanalysen<br />
�Beobachtungen<br />
�Lautes Denken<br />
�Befragungen<br />
�Diagnostische Aufgaben<br />
�Vergleichsarbeiten<br />
• Setzt z. T. sehr gute zwischenmenschliche<br />
Beziehungen voraus.<br />
• Hebt z. T. die Trennung von Lern- und<br />
Leistungssituationen auf.
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Neue Gütekriterien<br />
Traditionelle Gütekriterien:<br />
• Objektivität: Unabhängigkeit vom Diagnostiker<br />
• Reliabilität: Genauigkeit<br />
• Validität: Gültigkeit<br />
Unzureichende Erfüllung durch erweiterte<br />
<strong>Leistungsbeurteilung</strong>!<br />
→ Ergänzung durch neue Gütekriterien:<br />
• Kommunikative Validierung<br />
• Transparenz und Beteiligung<br />
• Gegenstands- und Zielangemessenheit<br />
• Prozesscharakter<br />
• Systemische Passung<br />
(Bohl 2004, S.75ff.; Bach-Blattner & Bohl 2011, S.184f.)
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Neue Gütekriterien<br />
Alter Wein in neuen Schläuchen?<br />
• Gegenstands- und Zielangemessenheit: Korrespondieren<br />
des Bewertungsverfahrens mit Unterrichtszielen und<br />
methodischen Arrangements → Inhaltsvalidität!<br />
• Prozesscharakter: Keine definitive Festlegung des<br />
Unterrichtsprozesses und des Bewertungsverfahren ,<br />
sondern Orientierung am Lerngegenstand und an den<br />
Interessen, Bedürfnissen und Fähigkeiten der Lernenden<br />
→ Validität!<br />
• Systemische Passung: Vereinbarungen innerhalb von<br />
Einzelschulen, passende schulorganisatorische und<br />
schulrechtliche Bedingungen in bildungssystemischer<br />
Hinsicht → Objektivität und Aspekte von Validität:<br />
Testfairness, Inhaltsvalidität!
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Neue Gütekriterien<br />
Unverträglichkeit mit klassischen Gütekriterien:<br />
• Kommunikative Validierung: „Über Sprache und<br />
Interaktion wird das Bewertungsverfahren [von Lehrern<br />
und Schülern; W. S.] in einem gemeinsamen Prozess<br />
validiert.“ (Bach-Blattner & Bohl 2011, S.184)<br />
• Transparenz und Beteiligung: Lernende werden beim<br />
Festsetzen des Bewertungsverfahrens mit einbezogen.<br />
Aushandeln mit den jeweiligen Betroffenen verletzt die<br />
Objektivität und erhöht die Verfälschbarkeit (Aspekt von<br />
Konstruktvalidität: Lukesch 1998, S.76ff.)
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Offene Lernsettings<br />
„Ohne eine pädagogische und didaktische Öffnung des<br />
Unterrichts und ohne die Sicherung bestimmter<br />
Rahmenbedingungen bleibt eine Veränderung der<br />
Bewertung meist erfolglos.“<br />
(Brügelmann u. a. 2006, S.4)<br />
„Diagnose-sensibler Unterricht“
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Offene Lernsettings<br />
• Bloßes Ersetzen von Lehrersteuerung durch<br />
Lernersteuerung ist nicht effektiv.<br />
• Die Übertragung „aller Verantwortlichkeiten für das<br />
Lernen auf die lernenden Schüler (ist) keine angemessene,<br />
sondern meiner Meinung nach eine falsche, sogar eine<br />
gefährliche Methode.“ (Weinert 2000, S.5)<br />
• Experimentieren ohne Begleitung ist nicht<br />
effektiv.<br />
Der schülerorientierte Unterricht ist häufig „wenig<br />
individuell fördernd, weil die Lernaktivitäten zu wenig<br />
ergebnisorientiert ausgerichtet und die Lernprozesse zu<br />
wenig begleitet werden.“ (Blossfeld u. a. 2007)<br />
Hattie 2008 u. 2009: Offener Unterricht ist wenig effektiv!
Offene Lernsettings<br />
• Einübung in den Umgang mit offenen Lernumgebungen:<br />
• Formen überdeterminierter Lerneinheiten (<strong>Sacher</strong> 2006, S.132):
Offene Lernsettings<br />
• Einübung in den Umgang mit offenen Lernumgebungen:<br />
• Formen unterdeterminierter Lerneinheiten (<strong>Sacher</strong> 2006, S.127):
Selbstdiagnose der Schülerinnen und Schüler<br />
„Der Koinzidenzpunkt der Verständigung entscheidet<br />
über die Möglichkeit und die Begrenztheit der<br />
erzieherischen Beeinflussung. Jeder Einfluss muss durch<br />
dieses ‚Nadelöhr‘, anders findet er nicht statt.“<br />
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(Grzesik 1994, S.54)
Selbstdiagnose der Schülerinnen und Schüler<br />
• Gefahren einer rückblickenden pauschalen<br />
Selbstbeurteilung<br />
• Schwierigkeiten einer prozessbegleitenden<br />
Selbstbeurteilung<br />
• Ineffektivität einer Einschätzung einzelner<br />
Momente des Lernprozesses<br />
• Gefahr falscher Selbsteinschätzungen:<br />
� TIMSS-III u. Köller u. a. 2000: Tendenz männl. Gymnasiasten zur<br />
Selbstüberschätzung hinsichtlich mathemat. Kompetenzen (Budde<br />
2008, S.24 u. 26)<br />
� In IPN-Videostudie 29% „Unterschätzer“ u. 16% „Überschätzer“!<br />
(Blossfeld u. a. 2007)<br />
� Schweiz: Mädchen haben ein niedrigeres math. Selbstkonzept,<br />
obwohl sich ihre Leistungen von denen der Jungen erst im 8. Jg.<br />
Unterscheiden (Neuenschwander u.a. 2005, S.128)<br />
• Offenlegung einer Selbstbeurteilung vor Anderen<br />
setzt positive Beziehungen zu diesen voraus.<br />
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Schülerselbstbeurteilung als Beurteilung<br />
von Zusammenhängen<br />
1. Ausgangslage<br />
4. Lernergebnisse<br />
Lernkompetenz:<br />
Schülerinnen u.<br />
Schüler steuern<br />
ihr Lernen<br />
2. Lernplanung<br />
3. Lernprozesse
Selbstdiagnose der Schülerinnen und Schüler<br />
• Gefahren einer rückblickenden pauschalen<br />
Selbstbeurteilung<br />
• Schwierigkeiten einer prozessbegleitenden<br />
Selbstbeurteilung<br />
• Ineffektivität einer Einschätzung einzelner<br />
Momente des Lernprozesses<br />
• Gefahr falscher Selbsteinschätzungen:<br />
� TIMSS-III u. Köller u. a. 2000: Tendenz männl.<br />
Gymnasiasten zur Selbstüberschätzung hinsichtlich<br />
mathemat. Kompetenzen<br />
(Budde 2008, S.24 u. 26)<br />
� In IPN-Videostudie 29% „Unterschätzer“ u. 16%<br />
„Überschätzer“! (Blossfeld u. a. 2007)<br />
� Schweiz: Mädchen haben ein niedrigeres math.<br />
Selbstkonzept, obwohl sich ihre Leistungen von denen<br />
der Jungen erst im 8. Jg. Unterscheiden<br />
(Neuenschwander u.a. 2005, S.128)<br />
• Offenlegung einer Selbstbeurteilung vor Anderen<br />
setzt positive Beziehungen zu diesen voraus.
Trennung von Förder- und Selektionsdiagnose<br />
• Promotionsrelevanz von Sachkompetenz, nicht<br />
aber Selbst- u. Sozialkompetenz<br />
(St. Gallen: Nüesch u. a. 2011)<br />
• Promotionsrelevanz von summativer, nicht aber<br />
formativer Beurteilung<br />
(St. Gallen: Nüesch u. a. 2011)<br />
• Trennung von Lern- und Leistungssituationen<br />
(Weinert 1998)<br />
• Verteilung von Förder- und Selektionsdiagnose<br />
auf frühere und spätere Abschnitte von<br />
Lerneinheiten<br />
• Freistellung bestimmter Jahrgänge und<br />
Schulstufen von der Selektionsdiagnose<br />
• Überprüfung von Abschluss-Qualifikationen<br />
durch externe Examining Boards<br />
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4. Bildungsgerechtigkeit neu denken!<br />
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Ein Dilemma<br />
• <strong>Erweiterte</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong> ist für Selektionszwecke<br />
nur noch bedingt geeignet. Sie setzt eigentlich einen weit<br />
gehenden Verzicht auf Selektion voraus. Wo bleibt dann<br />
die Bildungsgerechtigkeit?<br />
• Beim Festhalten an der traditionellen selektionsorientierten<br />
<strong>Leistungsbeurteilung</strong> bleiben viele Fördermöglichkeiten<br />
ungenutzt. Kann dann Selektion auch nur annähernd fair<br />
sein?
Bildungsgerechtigkeit als Chancengleichheit<br />
• Verbreitetes Verständnis von Bildungsgerechtigkeit:<br />
Lediglich Akzeptieren von Ungleichheiten aufgrund<br />
natürlicher Gegebenheiten, nicht aber aufgrund sozialer<br />
Einflüsse (Giesinger 2007, S.13)<br />
• Aber auch die perfekteste Förderung und Selektion kann<br />
keine vollständige Chancengleichheit herbeiführen: Es<br />
werden immer junge Menschen „zurückgelassen“, die noch<br />
weiter gefördert werden könnten!<br />
Illusion des „No Child Left Behind Act“ NCLB 2002<br />
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Schwellenkonzeption der Bildungsgerechtigkeit<br />
• Schwellenkonzeption von Bildungsgerechtigkeit:<br />
Das Bildungssystem soll jedes Kind zur Teilnahme am<br />
sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Leben<br />
der Gesellschaft befähigen. (Giesinger 2007, S.17)<br />
• Förderung bis zum tatsächlichen Erreichen der<br />
„Bildungsschwelle“ sichert wenigstens allen ein<br />
menschenwürdiges Leben.<br />
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Literatur<br />
Bach-Blattner, T., und Bohl, T. (2011): Leistungsüberprüfung und <strong>Leistungsbeurteilung</strong> im<br />
Kontext der Neuen Lernkultur. In: <strong>Sacher</strong>, W., und Winter, F. (Hrsg.): Diagnose und<br />
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Bates, C. & Nettelbeck, T. (2001). Primary school teachers judgements of reading<br />
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Blossfeld, H. P., Bos, W., Lenzen, D., u. a. / Aktionsrat Bildung (2007):<br />
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Bohl, T. (2004): Prüfen und Bewerten im Offenen Unterricht. 4. Aufl. Weinheim und Basel:<br />
Beltz.<br />
Brügelmann, H., u. a. (2006): Sind Noten nützlich - und nötig? Ziffernzensuren und ihre<br />
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Grundschulverbandes. Zusammenfassung für die Presse. 2006.<br />
http://www.grundschulverband.de/fileadmin/bilder/Publikationen/Mitgliederbaende/NEU_K<br />
URZ_Expertise_.pdf<br />
Budde, J. (2008): Bildungs(miss)erfolge von Jungen und Berufswahlverhalten bei<br />
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http://www.bmbf.de/pubRD/Bildungsmisserfolg.pdf<br />
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Feinberg, A. & Shapiro, E. (2003). Accuracy of teacher judgements in predicting oral<br />
reading fluency. School Psychology Quarterly, 18 (1), 52-65.
Literatur<br />
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Grzesik, J. (1994): Unterricht: Der Zyklus von Lehren und Lernen. München: Stuttgart und<br />
<strong>Dr</strong>esden.<br />
Hattie, J. A. (2009): Visible learning. A synthesis of over 800 analyses relating to<br />
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http://www.uni-landau.de/vera/downloads/Kurzbericht_Zentralstichprobe.pdf<br />
Helmke, A.; Hosenfeld, I., und Schrader, F.-W. (2004b): Vergleichsarbeiten als Instrument<br />
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(Hrsg.), Schulmanagement und Schulentwicklung. Hohengehren.<br />
http://www.uni-due.de/fischer/mix/AGFischer.1394.jXAku.pdf<br />
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naturwissenschaftlicher und überfachlicher Kompetenzen. Zeitschrift für Pädagogik, 45.<br />
Beiheft (S. 65-82). Weinheim.
Literatur<br />
Kahl, R. (2004): Treibhäuser der Zukunft. Wie Schulen in Deutschland gelingen. Weinheim<br />
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Köller, O.; Daniels, Z.; Schnabel, K. U.; Baumert, J. (2000): Kurswahlverhalten von<br />
Mädchen und Jungen im Fach Mathematik. In: Zeitschrift für pädagogische Psychologie, 14.<br />
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Kunze, I.; Solzbacher, C. (Hrsg.) (2008): Individuelle Förderung in der Sekundarstufe I und<br />
II. Baltmannsweiler: Schneider.<br />
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Lukesch, H. (1998): Einführung in die pädagogisch-psychologische Diagnostik. 2. Aufl.<br />
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Neuweg, G. H. (1998): Könnerschaft und implizites Wissen. Zur lehr- und lerntheoretischen<br />
Bedeutung der Erkenntnis- und Wissenstheorie Michael Polanyis. Münster: Waxmann.<br />
Nüesch, H.; Bodenmann, M., und Birri, T. / Kanton Solothurn, Amt für Volksschule und<br />
Kindergarten (2011): Fördern und fordern. Schülerinnen- und Schülerbeurteilung in der<br />
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<strong>Sacher</strong>, W. (2009): Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen. Bewährte und neue<br />
Wege für die Primar- und Sekundarstufe. 5. Aufl. Bad Heilbrunn: Klinkhardt
Literatur<br />
Schelsky, H. (1961): Anpassung oder Widerstand? Soziologische Bedenken zur<br />
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Schrader, F.-W. (1989). Diagnostische Kompetenzen von Lehrern und ihre Bedeutung für<br />
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Spinath, B. & Höfer, R. (2003). Akkuratheit der Einschätzung von Schülermerkmalen durch<br />
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Strietholt, R., & Bos, W. (2006): Sind zentral administrierte Leistungstests ein geeignetes<br />
Mittel, um die Diagnosekompetenz von Lehrkräften zu stärken? Erkenntnisse aus IGLU<br />
2006.<br />
Weinert, F. E.(1998): Neue Unterrichtskonzepte zwischen gesellschaftlichen<br />
Notwendigkeiten, pädagogischen Visionen und psychologischen Möglichkeiten. In: Wissen<br />
und Werte für die Welt von morgen. Bildungskongress des Bayerischen Staatsministeriums<br />
für Unterricht und Kultus. München, S.101–125.<br />
Weinert, F. E. (2000): Lehren und Lernen für die Zukunft - Ansprüche an das Lernen in der<br />
Schule. Vortrag am 29. März 2000 im Pädagogischen Zentrum in Bad Kreuznach.<br />
http://gymnasium.bildung.hessen.de/gym_sek_ii/entwicklung/pool/weinert_2000-03-29.pdf<br />
Wild, K. P.; Rost, D. H. (1995): Klassengröße und Genauigkeit von Schülerbeurteilungen.<br />
Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 27, S.78-90