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Gemeindebote September-November 2020

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6 gemeinsam evangelisch

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Erwin Schranz:

Woher kommen die Namen unserer Feiertage?

Die Namen unserer großen Feiertage

sind höchst aufschlussreich

für unsere kulturelle, kirchliche und

volkskundliche Entwicklung und Geschichte.

Alle „heiligen drei Zeiten“

– Ostern, Pfingsten und Weihnachten

– sind („erstarrte“) Mehrzahlwörter,

und zwar im dritten Fall Mehrzahl. Im

burgenländisch-hianzischen Dialekt

heißt es immer noch „Za d(ie) Ostern,

za d`Pfingsten, za d´Weihnochtn“. So

lassen sich die Mehrzahlwörter auch

gut mit dem nachgestellten Ausdruck

„Feiertag(en)“ kombinieren, etwa „Za

d´Oster-Feiertag“.

Ostern als das älteste christliche

Fest zur Feier der Auferstehung Christi

hat allerdings wahrscheinlich heidnischen

(Namens-)Ursprung. Nach

Jacob Grimm ist die germanische

Göttin des Frühlings “Austro/Ost(a)

ra“, altindisch „usra“ = Morgenröte,

althochdeutsch Mz. „Ost(a)run“, lateinisch

„aurora“ Pate gestanden. Leicht

erkennbar ist noch der sprachliche

Zusammenhang zur Himmelsrichtung

Osten, wo frühmorgens die Sonne

aufgeht. – Auch eine Ableitung von

den lichten, weißen Gewändern sowohl

der Täuflinge als auch der Priester

an diesem traditionellen Tauf-Tag

ist möglich: lateinisch „albas“ = weißes

Gewand, althochdeutsch „ost(a)run“,

altenglisch „eastron“ = easter. Das

kirchenlateinische „pasca“, von dem

romanische Sprachen ihr Wort für

Ostern beziehen, leitet sich vom hebräischen

Pascha-Fest her, kann aber

auch mit „pascua“ = lateinisch „Weide“

zu tun haben. In Norddeutschland

war lange Zeit „Paschen“ die gängige

Bezeichnung für Ostern.

Die Karwoche wird in etlichen europäischen

Sprachen als „heilige Woche“

bezeichnet, zum Beispiel englisch

„Holy Week“, französisch „semaine

sainte“ oder italienisch „settimana

santa“.

Gründonnerstag ist einer der drei

Kartage während der Karwoche und

erinnert an das letzte Abendmahl

Christi. Da an diesem Tag besonders

gern das erste grüne Gemüse gegessen

wurde, wird – zumindest seit dem

14. Jh. – dieser Tag Gründonnerstag

genannt und ist auch heute noch

oft mit einer fleischlosen Mahlzeit,

wie Spinat mit Spiegelei, verbunden;

außerdem erfolgte um diese Zeit

meist die Frühlingsaussaat und ließ

die Felder wieder grünen. Daneben

gibt es noch drei weitere sprachliche

Deutungsversuche: Die traditionell

am Donnerstag vor Ostern wieder

in die Kirche aufgenommenen Büßer

wurden (nach Lukas 23,31) als

„grünes Holz“ bezeichnet. Die mittelalterliche

liturgische Farbe war in

vielen Gegenden „grün“. Oder das

„Greinen“, althochdeutsch „grinen“,

das Weinen mit Mundverziehen (ins

Lachende) der Büßer, wurde volksetymologisch

in den „Gründonnerstag“

umgedeutet.

Der Karfreitag, der Tag der Kreuzigung,

des Leidens und Sterbens Jesu

und der Freitag vor Ostern in der

Karwoche, leitet sich vom althochdeutschen

Wort „karen“ = wehklagen,

mittelhochdeutsch „kar“ für Trauer

und Klage, ab und ist noch gut aus

dem englischen „care“ für Sorge,

Kummer nachvollziehbar. Allgemein

wird der Karfreitag in vielen Regionen

als „stiller Tag“ betrachtet, an dem

keine Lustbarkeiten stattfinden. – In

der beginnenden Neuzeit erfolgte im

protestantischen Bereich eine gewisse

Umdeutung von lateinischem „carus“

= lieb, gut, teuer zum „guten Freitag“,

der uns den „Sieg über Hölle, Tod und

Grab“ gebracht hat. Im englischen

Sprachraum zeigt sich dies noch im

„Good Friday“.

Der Karfreitag gilt landläufig als

höchster Feiertag der Evangelischen,

doch ist auch für Protestanten genau

genommen Ostern, die Auferweckung

Christi, das höchste Fest, der Karfreitag

allerdings ein ganz besonderer

Feiertag.

Weihnachten als das Fest der

Geburt Christi wird erstmals in der

zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts

als „zu (der) wihen naht“ = heilige

Nacht bezeichnet und ab dem 13.

Jahrhundert heißt es als Mehrzahlwort

„Weihnachten“. Im Gotischen

hieß das Wort „heilig“ weiho, mittelhochdeutsch

wich, was sich für diese

besondere Winternacht bis heute

gehalten hat. Auch im „Weihen“ von

Gegenständen oder Personen kommt

diese heilige Handlung sprachlich

noch zum Ausdruck. Das winterliche

Jul-Fest unserer Vorfahren zur Winter-

Sonnenwende, in Skandinavien noch

immer gefeiert, wurde also mit christlichem

Inhalt versehen.

Pfingsten, das Fest der Ausgießung

des Heiligen Geistes, ist zugleich der

Gründungstag der christlichen Kirche.

Das Wort stammt aus dem griechischen

„pentekosté“, dem fünfzigsten

Tag nach Ostern. In der gotischen

Wulfila-Bibel heißt es „pantekuste“

für den 50. Tag, an dem der Heilige

Geist im Kreise der Jünger zu wirken

begann. Interessant, dass über die

gotisch-arianische Mission Wörter wie

Pfingsten, Pfaffe, Samstag, Taufe oder

Teufel in die deutsche Sprache Eingang

gefunden haben. – Im Althochdeutschen

ist „(fona)fünfchustim“

im 9. Jh. nachgewiesen, mittelhochdeutsch

„phingesten“, und daraus

entstand unser Mehrzahlwort (die)

Pfingsten.

Die Namen unserer großen Feiertage

spiegeln also eine beachtliche kulturgeschichtliche

Vielfalt wider, was

auch zum Wesen Europas gehört. O

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