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Gemeindebote September - Dezember 2021

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gemeinsam

evangelisch

Evangelische Pfarrgemeinde A.B.

Unterschützen

Evangelische Pfarrgemeinde A.B.

Bad Tatzmannsdorf

Foto: Harald Kasper

Verabschiedung von Superintendent

Mag. Manfred Koch – Seite 5

September 2021


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gemeinsam evangelisch

Barmherzig! – typisch Gott!

Barmherzigkeit

ist eines der typischen

Markenzeichen

Gottes. Unser

Gott ist einzigartig.

Er ist uns Menschen

zugewandt.

Er gibt sich uns zu

erkennen. In der

Begegnung mit

Mose gibt er seinen Namen preis:

„Ich bin, der ich bin!“ Oder anders

übersetzt: „Ich bin da“ (2. Mose 3,14-

15). Wenig später beschreibt der Gott

Israels sein eigenes Wesen: „Der Herr,

der Herr, der starke Gott, der barmherzig

und gnädig ist, langsam zum

Zorn und von großer Gnade und Treue

…“ (2. Mose 34,6).

Generationen später erinnert sich

David daran und stellt sich bewusst

in die Geschichte seines Volkes: „Er

hat seine Wege Mose wissen lassen,

die Kinder Israel sein Tun. Barmherzig

und gnädig ist der HERR, geduldig und

von großer Güte. Wie sich ein Vater

über Kinder erbarmt, so erbarmt sich

der HERR über die, die ihn fürchten.“

(Psalm 103, 7-8.13). David erlebte auf

dramatische Weise, dass Gottes Barmherzigkeit

keine Selbstverständlichkeit

ist. Auf dem Höhepunkt seiner Macht

riskiert er seine gesamte Zukunft, indem

er Ehebruch begeht, aber er bekennt

seine Sünde und bittet Gott um

seine „große Barmherzigkeit“ (Psalm

51,3).

Wenn im Alten Testament von

Gottes Erbarmen die Rede ist, dann

steht im hebräischen Text häufig das

Wort racham – sich erbarmen, das

in der Verbindung zum Wort rechem

– Mutterschoß, Gebärmutter, Innereien

und damit

verbunden

auch mit den

Begriffen Mutter,

Mitleid, und

Liebe steht. Die

eindrucksvollste

Vorstellung ist

der große Augenblick

im Leben

einer Mutter,

wenn sie

den Schrei ihres

eben geborenen Kindes hört und es

zum ersten Mal in den Händen der

Hebamme sieht. Diese tiefen Gefühle

werden im Hebräischen rachumrachamim

genannt, zärtlich-herzliche

Barmherzigkeiten. Das sind die starken

Empfindungen, die Gott in seinem

Herzen bewegen, wenn er auf uns

Menschen schaut: zärtlich-herzliche

Barmherzigkeit. „Wie einen, den seine

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Mutter tröstet, so will ich euch trösten.“

(Jesaja 66, 13)

Als Joseph unvermittelt seine Brüder

wiedersieht, wird er von diesen

tiefen Gefühlsregungen ergriffen, dort

heißt es dann, dass sein „Innerstes

aufgewühlt“ (1. Mose 43,30) war.

Jahrhunderte später zeigen sich diese

Charakterzüge Gottes endgültig in

seinem Sohn Jesus. In ihm nimmt das

Erbarmen Gottes Fleisch und Blut an

(vgl. Lukas 1, 50ff.).

Jesus hat Barmherzigkeit in einzigartiger

Weise vorgelebt: „Als er die

Scharen von Menschen sah, ergriff

ihn tiefes Mitgefühl;

denn sie

waren erschöpft

und hilflos wie

Schafe, die keinen

Hirten haben.“

(Matthäus

9, 36). Von tiefem

Mitgefühl

ergriffen heilte

er einen Aussätzigen

(Markus 1,

41), gab er Blinden

das Augenlicht zurück (Matthäus

20, 34), weckte er den einzigen Sohn

einer Witwe vom Tod auf (Lukas 7,

13), veranlasste er, große Menschenmengen

mit Brot zu versorgen und

heilte ihre Kranken (Matthäus 14, 14

ff.). Schließlich malt uns Jesus in der

eindrucksvollen Erzählung vom verlorenen

Sohn das Bild eines liebenden

und vergebenden Vaters vor Augen:

„Als er aber noch fern war, sah ihn

sein Vater und hatte Erbarmen; und

lief, fiel ihm um den Hals und küsste

ihn.“ (Lukas 15, 20).

Barmherzigkeit wird in unserem

Sprachgebrauch leicht mit Nachsichtigkeit

und Nachgiebigkeit verwechselt:

Man ist dem anderen nicht mehr

böse, man nimmt sich die Dinge nicht

mehr so zu Herzen. Schließlich machen

wir alle Fehler. Barmherzig zu

sein heißt nicht, Sünde zu übersehen

und über böse Dinge nicht zu

urteilen. Gottes Barmherzigkeit setzt

seine Gerechtigkeit nicht außer Kraft!

Gott hat einen Weg gefunden, wie wir

Menschen frei werden von Schuld und

allem, was das Leben zerstören will:

„Wo ist solch ein Gott, wie du bist,

der die Sünde vergibt und erlässt die

Schuld denen, die geblieben sind als

Rest seines Erbteils; der an seinem

Zorn nicht ewig festhält, denn er hat

Gefallen an Gnade! Er wird sich unser

wieder erbarmen, unsere Schuld

unter die Füße treten und alle unse-

Evangelisches Pfarramt für Bad Tatzmannsdorf und Unterschützen:

Telefon und Fax: 03352-38194 – E-Mail: unterschuetzen@evang.at

www.rebenamweinstock.at


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gemeinsam evangelisch

re Sünden in die Tiefen des Meeres

werfen.“ (Micha 7, 18-19).

Gottes „Gefallen an Gnade“ hat

einen hohen Preis. Am Ende kommt er

selbst für unsere Übertretungen und

deren Folgen auf, indem er in Jesus

Christus, seinem Sohn, am Kreuz stirbt

und damit seine Vergebung besiegelt.

„Denn also hat Gott die Welt geliebt,

dass er seinen eingeborenen Sohn

gab, auf dass alle, die an ihn glauben,

nicht verloren werden, sondern das

ewige Leben haben.“ (Johannes 3, 16).

Gottes Gnade ist niemals ein Freibrief,

sondern möchte uns zur Kurskorrektur

auf unserem Lebensweg

führen. „Begreifst du nicht, dass

Gottes Güte dich zur Umkehr bringen

will?“ (Römer 2,4). Wenn wir als

Menschen Gottes Barmherzigkeit

erfahren, dann motiviert uns das

nachhaltiger zu Veränderungen als

alle Appelle und Drohungen. Gottes

Barmherzigkeit ist auch der Grund,

warum es in der Geschichte Israels

und der ganzen Welt immer wieder

zu Neuanfängen gekommen ist. „Seine

Barmherzigkeit ist nicht zu Ende;

sie ist jeden Morgen neu, und deine

Treue ist groß!“ (Klagelieder 3, 22-23).

„Seid barmherzig, wie auch euer

Vater barmherzig ist.“ (Lukas 6, 36).

Dieses Wort aus der Bergpredigt begleitet

uns als Losung durch das Jahr

2021. Der Kontext spricht von Gottes

grenzenloser Liebe sogar den „Bösen“

gegenüber und von einer Warnung,

uns selbst als Richter aufzuspielen.

Jesus hat Barmherzigkeit ins Zentrum

seiner Schriftauslegung gerückt: Als

„die wahrhaft wichtigen Dinge des

Gesetzes“ bezeichnete er „Gerechtigkeit,

Barmherzigkeit und Glauben“

(Matthäus 23, 23). Jesus fordert uns

zum Umdenken auf: „Lernt, was das

heißt: „Ich will Barmherzigkeit und

nicht Opfer.“ (Matthäus 9, 13; vgl.

Hosea 6, 6).

Gerade in unserer Zeit – in der die

Liebe in vielen Menschen zu erkalten

droht – brauchen wir geöffnete

Herzensaugen, damit wir die Barmherzigkeit

Gottes sehen, ergreifen

und mit anderen Menschen teilen.

Wir alle sind bedürftig und brauchen

notwendig eine radikale Umkehr und

Gedankenerneuerung, damit unsere

Schritte – selbst in stürmischen Zeiten

– auf den Weg der Barmherzigkeit und

Liebe ausgerichtet sind. Deshalb lasst

uns anhaltend im Gebet Gott um sein

Erbarmen bitten.

Mit diesen Worten grüße ich alle

Leser und wünsche ihnen eine gesegnete

Spätsommer- und Herbstzeit. O

Pfr. Mag. Carsten Merker-Bojarra

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Superintendent Manfred Koch feierlich

verabschiedet

In einem Festgottesdienst in Stadtschlaining wurde Manfred Koch,

Superintendent der evangelischen Diözese Burgenland, durch Bischof Michael

Chalupka am Sonntagnachmittag, 29. August, feierlich von seinem

Leitungsamt entpflichtet.

Koch war seit 2003 Superintendent,

im September tritt er in den Ruhestand.

Ihm folgt der bisherige Pfarrer

von Kufstein, Robert Jonischkeit, nach,

der im März von der Superintendentialversammlung

für eine zwölfjährige

Amtszeit gewählt worden war.

Koch stellte seine letzte Predigt als

Superintendent unter das Bibelwort

„Dienet dem Herrn mit Freuden“,

das ihn von Beginn seiner Tätigkeit

als Vikar, dann Pfarrer in Schlaining,

später als Senior und schließlich als

Superintendent begleitet

habe. „Die Freude hat angehalten,

auch wenn es immer

wieder auch Dämpfer

gegeben hat“, sagte Koch,

aber nicht, weil das Evangelium

nicht gehalten hätte,

sondern „ich dem Evangelium

im Weg gestanden bin“.

Gott habe „nicht locker

gelassen“, die „Freude am

Herrn“ sei „unsere Stärke“

beim Dasein für andere.

Der Mensch mit all seinen

Bedürfnissen stehe im Mittelpunkt,

ihm gelte die Botschaft, „dass ich von

Gott geliebt und getragen bin“.

Bei der Entpflichtung würdigte Bischof

Chalupka Kochs vielfältige Verdienste,

„du hast dein Amt nie als

Herrschaft, sondern immer als Dienst

verstanden“. Heute werde die „Pflicht

von der Schulter genommen, aber die

Freude soll bleiben“. Den scheidenden

Superintendenten, der fast zwei Jahrzehnte

Pfarrer in Stadtschlaining war,

bezeichnete der Bischof als „Geschenk

Rückgabe des Amtskreuzes nach 18 Jahren als Superintendent:

Manfred Koch (li.) und Bischof Michael Chalupka (re.).

Foto: epd/Dasek


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gemeinsam evangelisch

für die gesamte Evangelische Kirche in

Österreich“, Koch möge noch „vielen

Menschen zum Segen werden“.

Segnung des nunmehrigen „Ruheständlers“ durch

Bischof Chalupka

Foto: H. Kasper

die gute Zusammenarbeit und ganz

besonders die persönliche innige

Freundschaft dankte Diözesanbischof

Zsifkovics. Das gemeinsame Zeugnis

für Christus sei „lebendiger Teil der

Vielfalt des Landes“, das heuer sein

100-jähriges Bestehen feiere. Der gemeinsame,

vertrauensvolle Einsatz

„für die Sache Jesu“, insbesondere

für Arme, Notleidende, Verfolgte,

Flüchtlinge und Ausgegrenzte habe

die Zusammenarbeit geprägt. Er, so

der Bischof, sei dankbar, dass die Kirchen

nicht mehr gegen- oder nebeneinander,

sondern „miteinander und

Superintendentialkuratorin Christa

Grabenhofer, die in der Evangelischen

Kirche das weltliche Pendant zum Superintendenten

bildet, konnte zum

Festgottesdienst zahlreiche Vertreterinnen

und Vertreter des kirchlichen

und öffentlichen Lebens begrüßen,

an der Spitze der römisch-katholische

Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics

sowie Landeshauptmann Hans Peter

Doskozil und Landtagspräsidentin Verena

Dunst. Der Dienst am Menschen

habe Manfred Koch ausgezeichnet,

betonte der Landeshauptmann, der

dem Superintendenten den Dank des

Landes aussprach. Die großen Themen

und auch Konflikte der Zukunft

bräuchten eine gesellschaftspolitische

Klammer, „diese Klammer ist mit Sicherheit

die Kirche“, zeigte sich der

Landeshauptmann überzeugt.

Für den „hingebungsvollen Dienst“,

Bischof Michael Chalupka, Diözesanbischof Ägidius

Zsifkovics und Superintendent Manfred Koch (vlnr).

füreinander“ unterwegs seien, das

sei „der burgenländische Weg, der

Vielfalt wahrnimmt, fördert und auch

für die Zukunft erhält“.

Manfred Koch habe über viele Jahre

die Evangelische Kirche im Burgenland

sichtbar gemacht und ihr

ein Gesicht gegeben, sagte Superintendentialkuratorin

Grabenhofer. Als

Führungsperson habe er dabei immer

Haltung beweisen und auch Unlieb-

Foto: H. Kasper


sames meistern müssen. Koch habe

nicht nur viel initiiert, sondern vor

allem zu den Pfarrgemeinden immer

die Verbindung gehalten und vielen

Menschen dabei „Trost und Ermutigung“

gegeben.

Als Vertreter der burgenländischen

Pfarrerinnen und Pfarrer dankten Senior

Carsten Marx und Senior Joachim

Grössing dem Superintendenten für

seinen Einsatz im Leitungsamt, „für

uns und unsere Anliegen hast du stets

ein offenes Ohr gehabt, manchmal

rund um die Uhr“.

Den Dank aus dem Kreis der Superintendenten

und SuperintendentialkuratorInnen

überbrachten der Kärntner

Superintendent Manfred Sauer und

die niederösterreichische Superintendentialkuratorin

Gisela Malekpour.

Koch habe sich „nie laut in den Vordergrund

gedrängt“, sondern immer

die Bedürfnisse der Pfarrgemeinden

und den einzelnen Menschen im Blick

gehabt, unterstrich Malekpour. Und

Manfred Sauer dankte Koch für den

herausfordernden Dienst ebenso wie

für seinen kollegialen, freundschaftlichen

und besonnenen Umgang in

der gesamtösterreichischen Zusammenarbeit.

Koch selbst dankte abschließend

allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen

und Mitarbeitern aus

den verschiedenen Arbeitsbereichen

für das gute Miteinander über viele

Jahre, insbesonders galt der Dank

aber seiner Frau und der Familie für

gemeinsam evangelisch

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die unerlässliche Unterstützung im

Hintergrund.

Der 1956 in Markt Allhau geborene

Koch hatte 1983 sein Vikariat in Stadtschlaining

angetreten und ab 1984 für

fast zwei Jahrzehnte dort als Pfarrer

gewirkt. 2002 übernahm er nach dem

Rücktritt von Superintendentin Gertraud

Knoll als dienstältester Senior

(stellvertretender Superintendent) die

Geschäftsführung der Diözese. 2003

wurde er zum Superintendenten gewählt,

2014 wiedergewählt. Koch war

darüber hinaus Gründungsmitglied

des in Stadtschlaining angesiedelten

ökumenischen Forums CONCENT-

RUM.

Liturgisch gestaltet wurde der Gottesdienst

vom Schlaininger Pfarrer

Gerhard Harkam, Kurator Herbert

Glatz, Senior Carsten Marx und Senior

1. Reihe v.l.: Kurator Glatz, Pfr. Harkam, Senior Marx,

Senior Grössing, Sup.kuratorin Grabenhofer

Joachim Grössing. Für die musikalische

Gestaltung sorgte Diözesankantorin

Mareen Osterloh an der Orgel.

– epdÖ vom 29.08.2021 –

Foto: H. Kasper


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gemeinsam evangelisch

„(Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.)

Gott helfe mir!“

Luthers Auftritt vor dem Reichstag

zu Worms 1521 und seine Folgen

von DDr. Erwin Schranz

Vor 500 Jahren stand ein 38-jähriger

Mönch am Reichstag zu Worms

allein vor Kaiser und Fürsten und sah

sich ungeheurem psychischen Druck

ausgesetzt: Unterwerfung oder Befolgung

des eigenen Gewissens? Dieser

18. April 1521 war nicht nur ein

Schicksalstag für Martin Luther und

die beginnende Reformation, sondern

auch ein sichtbarer Wendepunkt

im abendländischen Denken. Er wird

sogar als symbolhafte Geburtsstunde

für die kritische Zivilgesellschaft

bezeichnet.

Der denkwürdige

Auftritt Luthers,

dessen Anreise nach

Worms vielerorts

wie ein Triumphzug

ablief, hätte auch

sein letzter sein können.

Gut 100 Jahre

davor hatte Johannes

Hus in Konstanz trotz zugesichertem

freien Geleit des Kaisers sein

Leben in den Flammen des Scheiterhaufens

lassen müssen. Im aktuellen

Fall sollte das Wort des merklich

verstimmten Kaisers aber Geltung

Foto: wikipedia

behalten – schließlich hatte Luther

auch schon unter den Kurfürsten Befürworter.

Der von Luther ersehnte Disput

am Reichstag fand nicht wirklich

statt. Der 21-jährige „allergnädigste

Kaiser“ sprach gar nicht direkt mit

Luther, sondern nur über Mittelsmänner

und erwartete einzig und allein

Luthers Widerruf seiner bisherigen

Schriften, die aufgereiht auf den Seitentischen

lagen und zu denen sich

Luther ausdrücklich bekannte. Luther

verweigerte also eine Unterwerfung,

betonte, dass auch Papst und Konzile

irren könnten und anerkannte nur die

Heilige Schrift und Gott als einzige

Autoritäten, allein den „Zeugnissen

der Schrift oder offenbaren Vernunftgründen“

wolle er sich besiegt geben.

Die Bedeutung von Luthers historischem

Auftritt liegt in der den

Anlassfall übersteigenden Symbolik

und Wirkkraft und führt zu zeitlosen

Fragen: Was ist mein Gewissen wert?

Welche Rolle spielen Kirche und Autoritäten?

Wieweit ist Widerstand

gegen die Mächtigen erlaubt oder

gar geboten?


Luthers Verhalten vor den Großen

des Reiches wird gelegentlich auch

einfach mit Starrköpfigkeit abgetan.

Das Schlüsselereignis seines öffentlichen

Auftritts im Ringen mit Kaiser

und Gott setzt aber tatsächlich neue

Maßstäbe und wirkt bis in die Moderne

nach. Auch wenn von seinem

heroischen, zum geflügelten Wort gewordenen

Ausspruch vor Kaiser Karl V.

„Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.

Gott helfe mir. Amen.“ nur die letzten

vier Worte verbürgt sind, so ist die Gesamtsituation,

die Weigerung seines

Widerrufs durch ausdrückliche Berufung

auf das individuelle Gewissen

letzten Endes eine Sternstunde der

beginnenden Neuzeit. Bisher hochheilige

Institutionen wie Kaiser und

Papst werden in Frage und damit die

mittelalterliche Ordnung auf den Kopf

gestellt: Nicht mehr Kaiser und Kirche

sind letzte Instanz, sondern der einzelne

Mensch und seine Verantwortung

rücken jetzt in den Mittelpunkt und

stellen sich ohne Zwischenschaltung

anderer Instanzen unmittelbar unter

Gottes alleinigen Richterspruch. Gerade

in Worms wird die sagenhafte

Nibelungentreue von Untertanen auf

die Probe gestellt und das jahrhundertealte

Bündnis zwischen Thron

und Altar einer ersten Zerreißprobe

unterworfen.

Mit seiner Berufung auf das Gewissen

und dem Appell auf die Freiheit

des Geistes versetzt Luther der festgefügten

mittelalterlichen Ordnung

gemeinsam evangelisch

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einen entscheidenden Stoß und lässt

ein starres Weltbild zerbrechen. Als

Fazit bleibt: Theologische, philosophische

und politische Themen können

und sollen nun auch einzelne Menschen

aufgreifen und abhandeln können.

Staat und Öffentlichkeit müssen

sich an kontroversielle Auseinandersetzungen

gewöhnen, Diskussionen

dürfen nicht mehr abgewürgt werden,

sondern sind durchaus erwünscht –

was natürlich auch dem Individualismus

und der Zersplitterung Vorschub

leistet.

Seit dem Thesenanschlag vom 31.

Oktober 1517 gärt es im Volk. Nach

dem „finsteren Mittelalter“ ist nun

ohnehin „mehr Licht“ gefragt; der

Wille zum Mitreden, die Bereitschaft

zum Hinterfragen und zur Aufmüpfigkeit

und, wenn notwendig, der

öffentliche Protest können nicht

länger verleugnet und unterdrückt

werden und führen geradewegs in

Richtung Aufklärung, Hat nicht unser

modernes Weltbild mit (Gewissens-)

Freiheit, Gleichheit, Partizipation und

Emanzipation vor 500 Jahren eine

Initialzündung erfahren – nicht zuletzt

durch den großen, unerhörten Auftritt

eines „kleinen Mönchleins“ (Luther

trat übrigens erst 1524 aus seinem

Orden aus) vor einem Kaiser, in dessen

Reich die Sonne nie unterging?

Und steht Martin Luther damit nicht,

gewollt oder ungewollt, im wahrsten

Sinn des Wortes gerade für eine kritische

Zivilgesellschaft?

O


10

gemeinsam evangelisch

100 Jahre Burgenland –

Zur Rolle der Evangelischen als das

Burgenland entstand

Das Jahr 1921 war ein geschichtsträchtiges

Jahr, Österreich erhielt ein

neues Bundesland und damit den

einzigen Gebietsgewinn nach dem

Zusammenbruch der Doppelmonarchie

Österreich-Ungarn. Schon 1918

erregten sich die Gemüter über die

Frage: Soll Deutsch-Westungarn wie

schon seit tausend Jahren dem Reich

der „Heiligen Stephanskrone“ die

Treue halten oder den Weg nach Österreich

finden, einem Staat mit gleicher

Sprache und Kultur? Schließlich

wurde das Selbstbestimmungsrecht,

das der amerikanische Präsident W.

Wilson – übrigens ein Pfarrerssohn

und späterer Friedensnobelpreisträger

– Anfang 1918 verkündet hatte,

in ganz Mitteleuropa bejubelt, auch

in Westungarn.

Die neugegründete Republik

Deutschösterreich beanspruchte im

Herbst 1918 die deutschsprachigen

Teile der Komitate Preßburg, Wieselburg,

Ödenburg und Eisenburg – vorerst

erfolglos – für Österreich, doch

kam es ganz anders. Preßburg wurde

besetzt und endgültig der Tschechoslowakei

einverleibt und war damit

trotz deutscher Bevölkerungsmehrheit

für Österreich verloren. Die Städte

Wieselburg, Güns und St. Gotthard

hatten aufgrund der jahrzehntelangen

Magyarisierung inzwischen eine ungarische

Bevölkerungsmehrheit und

kamen daher nicht mehr für Österreich

in Frage, anders als Ödenburg/

Sopron. Ungarn ließ nichts unversucht,

um diese lange evangelisch

Burgenland: Westungarn vor 1918

© Ch. Brandstätter Verlag, Wien, für AEIOU


gemeinsam evangelisch

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dominierte Stadt und vorgesehene

Hauptstadt bei Ungarn zu halten. Ein

erbittertes Ringen entbrannte, Freischärler

aus Innerungarn hielten mit

gewalttätigen Aktionen besonders

im zweiten Halbjahr 1921 das Land

fest im (Würge-)Griff. Das Venediger

Protokoll bestimmte dann als Kompromiss

eine Volksabstimmung in Sopron

und Umgebung, die Ungarn trotz

bedenklicher Manipulationen mit 72,4

% für sich entschied. Die Umlandgemeinden

votierten mit 54,5 % zwar

eindeutig für Österreich, mussten

aber das Schicksal Soprons teilen. Alle

evangelischen Dörfer, wie Agendorf,

Wandorf und Harkau, hatten sich zwar

für Österreich ausgesprochen, doch

mussten sie bei Ungarn verharren.

So gingen nicht nur wichtige wirtschaftliche

Zentren für das neue Bundesland

verloren, auch die Schul- und

Bildungszentren blieben bei Ungarn.

Einzig in Oberschützen gab es damals

ein höheres evangelisches Schulwesen

– 1921 mit der einzigen maturaführenden

Schule des Landes, die der

magyarophil eingestellte Pfarrer G. A.

Wimmer schon 1845 begründet hatte.

Die meisten Pfarrer, ob katholisch

oder evangelisch, zeigten dank ihrer

pro-magyarischen Erziehung eine

unverkennbare Vorliebe für Ungarn;

evangelische Kreise erinnerten sich

auch der mühsam gegen die Habsburger

erkämpften Religionsfreiheit in

Ungarn. Nur zwei von etwa 30 evangelischen

Pfarrern votierten für Österreich

und mussten deshalb fliehen.

Evangelische wirkten aber auch von

Anbeginn in Wort und Schrift und Tat

für die Angliederung des „Heinzenlandes“,

dann des (Vier-)Burgenlandes an

Österreich, wie etwa Ernst Beer als

Berater in der Pariser Friedensdelegation

und dann als Leiter der „Verwaltungsstelle

für den Anschluss“,

der Mühlenbesitzer Karl Wollinger

oder Karl Heger als stellvertretender

Landesamtsdirektor.

Bereits 1924 wurde eine evangelische

Superintendentur, vorerst in

Oberschützen, eingerichtet – übrigens

Jahrzehnte, bevor die katholische

Schwesterkirche selbstständige

Diözese wurde (1960).

Heute bekennen sich wohl alle

Burgenländer nach einer schweren

Geburt ihres Bundeslandes und einer

wechselvollen Geschichte (mit

Vertreibungen und nach 40 Jahren Eisernem

Vorhang) zur Republik Österreich

und unserem demokratischen

Rechtsstaat. O

– DDr. Erwin Schranz –


12

gemeinsam evangelisch

Kurz notiert ...

... in Unterschützen

Kurz notiert ...

... in Bad Tatzmannsdorf

Taufe

Muntendam Aaron, geboren am

28.08.2020, getauft am 3. Juli 2021

in Unterschützen

Eltern: Dr. DI(FH) Gudrun Koch und

Dr. Remco Muntendam

Geburtstage

65 Jahre:

Portschy Hans

Krautsack Adolf

80 Jahre:

Kaippel Johann

90 Jahre:

Grabenhofer Johann

92 Jahre:

Kaippel Gustav

93 Jahre:

Grabenhofer Hilda

93 Jahre:

Zapfel Theresia

Kurz Gisela

Beerdigungen

Kurz Gisella, Beerdigung am

12.08.2021 auf dem Friedhof in Unterschützen

Jany Robert, Beerdigung am

27.08.2021 auf dem Friedhof in Unterschützen

O

Jubilare

Seit der letzten Ausgabe von gemeinsam

evangelisch begingen folgende

Gemeindeglieder einen „Jubiläums-Geburtstag“:

60 Jahre:

Hofer Ulrike

Karner Ernst

Zumpf Reinhard

65 Jahre:

Gamauf Gustav

70 Jahre:

Halla Hartwig

Absenger Helga

75 Jahre:

Drobits Anna

80 Jahre:

Karner Isabella

Strohriegel Hannelore

85 Jahre:

Hutter Herbert

Beerdigung

Musser Herbert, Urnenbeisetzung

am 27. August 2021 auf dem Friedhof

in Bad Tatzmannsdorf O


gemeinsam evangelisch

13

Goldene und Silberne Konfirmation

in Unterschützen und Bad Tatzmannsdorf

Am Sonntag, 29.8.2021, wurden

im Rahmen der Gottesdienste in Unterschützen

und Bad Tatzmannsdorf

die Goldenen und Silbernen Konfirmanden

gesegnet. In seiner Predigt

über Psalm 103 erinnerte Pfarrer

Merker-Bojarra die Jubilare an Gottes

Segen, den sie in den letzten 50

oder 25 Jahren erfahren haben und

lud sie ein, ihr Vertrauen in guten wie

in schlechten Zeiten auf Gottes Liebe

und Kraft zu setzen. In einer Segenshandlung

wurde den Jubilaren noch

einmal das Bibelwort zugesprochen,

das sie vor 50 oder 25 Jahren bei ihrer

Konfirmation bekommen hatten.

Im Anschluss an den Gottesdienst

in Unterschützen fand vor dem Pfarrhaus

eine Agape statt, zu der alle

Gottesdienstteilnehmer eingeladen

waren.

An dieser Stelle möchte ich mich

im Namen der Pfarrgemeinde Unterschützen

herzlich bei allen bedanken,

die zum Gelingen des Gottesdienstes

und der Agape beigetragen haben.

Vielen Dank für eurer Engagement!

Goldene Konfirmanden Unterschützen:

• Christine Benedek geb. Postmann

• Christine Kaippel

• Ulrike Schwarz geb. Arthofer

• Silvia Schwarz geb. Kuch

• Ernst Graf

• Gottlieb Simon

Silberne Konfirmanden Unterschützen:

• Dieter Jany

Goldene und Silberne Konfirmanden in Unterschützen

Silberne Konfirmanden Bad Tatzmannsdorf:

• Sonja Fellinger geb. Neubauer O

– CMB –

Foto: Ulrike Rehling

Foto: Manuela Plank


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gemeinsam evangelisch

UNSER

Buchtipp

FÜR SIE:

Doreen Virtue, Von der Engelkönigin zur Königstochter

In ihrem Buch gibt die Autorin schonungslos ehrliche Einblicke in ihr Leben

und Wirken als Esoteriklehrerin und -therapeutin.

Ihren Anhängern versprach sie jahrzehntelang Liebesglück,

Gesundheit und Reichtum, während sie

selbst zunehmend unter Ängsten, innerer Leere,

übermäßigem Alkoholkonsum, wechselnden ungesunden

Beziehungen und verschwenderischem

Umgang mit Geld litt, bis sie im Alter von 58 Jahren

eine Begegnung mit Jesus hatte und ihr altes Leben

radikal hinter sich ließ. Dieses Buch handelt auch

von Schuld und zeigt dadurch eindrucksvoll auf, dass

für Gott kein Mensch zu verwirrt, verirrt oder zu weit entfernt ist, um

ihn nicht doch noch mit der Wahrheit seiner Liebe und der Kraft seiner

Freiheit erreichen zu können.

Nachdem Doreen Virtue zum christlichen Glauben fand, studierte sie

Theologie. In ihrem Buch kann sie deshalb ein solides Fundament legen,

auf dem sie klar die Unterschiede zwischen Esoterik und christlichem

Glauben darlegt. Es ist spannend zu lesen und sehr aufschlussreich.

€ 18,50€

Buchhandlung „Büchertraum“, Joseph-

Haydn Platz 1 in Bad Tatzmannsdorf:

Mo- Fr 9-12, 15-18 Uhr

Tel. 03353/25409,

office@buechertraum.at

Online-Shop: www.büchertraum.at


gemeinsam evangelisch

15

Gottesdienste – Unterschützen

Datum Uhrzeit Informationen zum Gottesdienst

05. 09. 2021 09.00 Hl. Abendmahl

12. 09. 2021 09.00

19. 09. 2021 09.00

26. 09. 2021 09.00

03. 10. 2021 09.00

Erntedankfest

Hl. Abendmahl

10. 10. 2021 09.00 Konfirmation

17. 10. 2021 09.00

24. 10. 2021 09.00

31. 10. 2021 09.00 Reformationsfest

Montag

01. 11. 2021

19.00 Ökumenisches Friedensgebet am Kriegerdenkmal

07. 11. 2021 09.00 Hl. Abendmahl

14. 11. 2021 09.00

21. 11. 2021 09.00

28. 11. 2021 09.00 1. Sonntag im Advent

05. 12. 2021 09.00

2. Sonntag im Advent

Hl. Abendmahl

12. 12. 2021 09.00 3. Sonntag im Advent

Impressum:

Medieninhaber und Herausgeber: Evangelische Pfarrgemeinden Bad Tatzmannsdorf/Unterschützen.

Für den Inhalt verantwortlich: Pfr. Mag. Carsten Merker-Bojarra. Alle: Evang. Pfarramt, 7400 Unterschützen 2

Layout: Harald Kasper — Druck: Schmidbauer, Oberwart

Wir verarbeiten alle personenbezogenen Daten nach den Datenschutzbestimmungen des DSGVO.


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gemeinsam evangelisch

Gottesdienste – Bad Tatzmannsdorf

Datum Uhrzeit Informationen zum Gottesdienst

05. 09. 2021 10.00

12. 09. 2021 10.00

19. 09. 2021 10.00

26. 09. 2021 10.00 Hl. Abendmahl

Taufe im Gottesdienst

Vorstellung der neuen Konfirmanden

03. 10. 2021 10.00 Erntedankfest mit Hl. Abendmahl

10. 10. 2021 10.00 Lobpreisgottesdienst

17. 10. 2021 10.00

24. 10. 2021 10.00 Lobpreisgottesdienst

31. 10. 2021 10.00

Montag

01. 11. 2021

07. 11. 2021 10.00

Reformationsfest

Hl. Abendmahl

18.00 Ökumenisches Friedensgebet am Kriegerdenkmal

14. 11. 2021 10.00 Lobpreisgottesdienst

21. 11. 2021 10.00

28. 11. 2021 10.00

1. Sonntag im Advent

Lobpreisgottesdienst mit Hl. Abendmahl

05. 12. 2021 10.00 2. Sonntag im Advent

12. 12. 2021 10.00

3. Sonntag im Advent

Lobpreisgottesdiens

Impressum:

Medieninhaber und Herausgeber: Evangelische Pfarrgemeinden Bad Tatzmannsdorf/Unterschützen.

Für den Inhalt verantwortlich: Pfr. Mag. Carsten Merker-Bojarra. Alle: Evang. Pfarramt, 7400 Unterschützen 2

Layout: Harald Kasper — Druck: Schmidbauer, Oberwart

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