100 Jahre Georgia Augusta - (K)ein Grund zum Feiern
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<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Georgia</strong> <strong>Augusta</strong> Gottingensis<br />
Ihr Verfasser, welcher zwar nicht Mitglied der Universitäts-Behörden war, jedoch<br />
überall aus sicheren Quellen schöpfen durfte, hat sie in den nächsten Wochen nach<br />
der Säcular-Feier geschrieben; sie ist indeß erst nach der Mitte des J. 1838 gedruckt<br />
worden. 38<br />
Es bedarf k<strong>ein</strong>er besonderen Erklärung, warum die Texte von „Juvenalis“,<br />
Beurmann und Rettberg, all<strong>ein</strong> schon, um den gewünschten Aktualitätsbezug<br />
zu gewährleisten, ungefähr zur selben Zeit geschrieben wurden und zudem<br />
auch inhaltliche Gem<strong>ein</strong>samkeiten aufweisen: Schließlich beschreiben sie dasselbe<br />
denkwürdige Ereignis. Gedankliche Querbezüge findet man allerdings<br />
nur zwischen Beurmanns Prosabericht und der Satire des Anonymus. Dies ist<br />
der für beide Autoren charakteristischen kritischen <strong>Grund</strong>haltung geschuldet,<br />
die der neutral-positiven Rettbergs diametral entgegengesetzt ist. 39<br />
Doch der Beginn des satyrischen Gedichts lässt nicht nur stilistisch aufhorchen,<br />
er ist auch intertextuell nicht unergiebig; Vergleichbares kennt man<br />
aus der römischen ebenso wie aus der österreichischen Literatur. Als lat<strong>ein</strong>i-<br />
scher Vergleichstext ist der Einleitungskomplex zu L. Annaeus Senecas<br />
Apocolocyntosis, der bissigen „Verkürbissung“ des ungeliebten und unglücklichen<br />
Kaisers Claudius (10 v. Chr. – 54 n. Chr.; reg. 41-54) zu nennen: Seneca<br />
hebt s<strong>ein</strong>e satirische Intention mittels <strong>ein</strong>es gekonnten Spiels mit „exakter“<br />
Datierung hervor: Auf den 1, 1 noch <strong>ein</strong>igermaßen konventionell abgesteckten<br />
Zeithorizont (quid actum sit in caelo ante diem III idus Octobris anno novo, initio saeculi<br />
felicissimi) folgt 2, 2 <strong>ein</strong>e nur sch<strong>ein</strong>bare „Präzisierung“, die den nötigen Ernst<br />
vermissen lässt (mensis erat October, dies III idus Octobris. Horam non possum certam<br />
tibi dicere: facilius inter philosophos quam inter horologia conveniet: tamen inter sextam et<br />
septimam erat).<br />
Doch auch <strong>ein</strong> berühmter österreichischer Autor des 20. Jahrhunderts<br />
bietet Ähnliches; in <strong>ein</strong>em anderen Genos zwar, aber doch mit vergleichbarer<br />
Absicht: Robert Musil41<br />
eröffnet s<strong>ein</strong>en monumentalen Schlüsselroman Der<br />
Mann ohne Eigenschaften mit <strong>ein</strong>em Kapitel, das die verstörende Überschrift Woraus<br />
bemerkenswerter Weise nichts hervorgeht trägt und mit <strong>ein</strong>er minutiösen meteo-<br />
38 Rettberg (1838), 1 & n.*. – In Anlage XXI (132-134) druckt er <strong>ein</strong>e Auflistung weiterer<br />
Würdigungen, Jubelschriften u.ä.m. ab, die anlässlich des Centenariums verfasst<br />
wurden, um s<strong>ein</strong>e durchgehend positive Schilderung noch zusätzlich zu unterstreichen<br />
– diejenigen von Beurmann und „Juvenalis“ fehlen aus nachvollzieh-<br />
baren Gründen.<br />
39 Vgl. z.B. 37-38 & 41-42.<br />
40 Giebel, M. ( 52006). Seneca. R<strong>ein</strong>bek bei Hamburg. – Maurach, G. ( 21996). Seneca.<br />
Leben und Werk. Darmstadt. – Sørensen, V. (1984). Seneca. Ein Humanist an<br />
Neros Hof. Aus dem Dänischen übers. von M. Wesemann. München.<br />
41 Berghahn, W. (1963). Robert Musil. R<strong>ein</strong>bek bei Hamburg.<br />
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