100 Jahre Georgia Augusta - (K)ein Grund zum Feiern
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<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Georgia</strong> <strong>Augusta</strong> Gottingensis<br />
Und mit Lächeln erschien der geflügelte, mächtige Amor,<br />
Flog zu schalkhaften Mädchen, die Venus Stelle vertraten,<br />
Und zu den Söhnen der Musen, ich m<strong>ein</strong>e die Herr’n Studiosen,<br />
Welchen die Flügel jetzt wuchsen, von Hoffnung und Liebe gehoben,<br />
Wie zu den Kindern des Mars, 164 (ihn fing <strong>ein</strong>st Vulcanus im Gitter, 165<br />
Ob wol die besseren Kinder den lockeren Vater beschämen?)<br />
Auch zu den übrigen Männern, die Schönheit und Reichthum hervorhob,<br />
Eilte geschäftig der Knabe, den furchtbaren166 Köcher erschöpfend.<br />
Der Übergang <strong>zum</strong> nächsten Thema, Enthemmung durch Alkohol, ist fließend<br />
– und folgerichtig. Was aber (seltsamerweise) ausbleibt, sind kl<strong>ein</strong>liche<br />
Fehden (17) unter Gelehrten – mit Ausnahme <strong>ein</strong>er Episode, die augensch<strong>ein</strong>lich<br />
doch wichtig genug ist, um Eingang in die Darstellung des „Juvenalis“ zu<br />
finden (17-18):<br />
Niemand belaste mit Pfunden die Schnur der gesungenen Verse,<br />
Nichts Ungeheu’res geschah in Worten, in Mienen und Blicken,<br />
Nur die auffallende Rede des Nachbars zur Linken erwähn’ ich.<br />
Dieser Nachbar ist <strong>ein</strong> Dichter, berühmt durch satyrische Laune (18), also <strong>ein</strong> Dichterkollege<br />
und somit Seelenverwandter, wenn nicht überhaupt s<strong>ein</strong> alter ego. Er<br />
berichtet von <strong>ein</strong>er harten Aus<strong>ein</strong>andersetzung mit vielen und f<strong>ein</strong>en Gelehrten<br />
(18), in die sich die Muse <strong>ein</strong>mengt (sie zensiert aus Angst vor den Rezensenten<br />
ihren Schützling), als er sich gerade – mit durchaus handgreiflichen Absichten<br />
– <strong>ein</strong>mengen will. Die Szene ist <strong>ein</strong>gebettet in <strong>ein</strong>en typisch juvenalischen<br />
Katalog pejorativster Ausprägung (18):<br />
164 i.e. Soldaten.<br />
165 „Juvenalis“ spielt hier auf den von Hom. Od. 8, 267-366 und Ov. Met. 3, 167-189<br />
wenig ernsthaft geschilderten Ehebruch der Venus mit Mars an. Dass er in Verbindung<br />
mit den verliebten Soldaten nicht die heroische Seite des Kriegsgottes<br />
nennt, sondern sich ganz auf die effektvolle Rache des düpierten Ehemannes<br />
(Vulcanus) konzentriert, ist <strong>ein</strong>e im Kontext der Handlung richtige Wahl und fügt<br />
sich in den Duktus des Gesamttextes, der wenig Freiraum für Hehres lässt.<br />
166 Amors Grausamkeit, aber auch die ihm eigene Ambivalenz, die wesentliche Teile<br />
der (antiken) Liebeslyrik prägt, vermag vielleicht Johann Gottfried Herders<br />
Epigramm 5, 24 Der doppelte Pfeil (<strong>ein</strong>e Nachdichtung von Anth. Graec. 5, 97) in<br />
den Nachdichtungen aus der griechischen Litteratur am besten zu illustrieren: Amor <strong>ein</strong><br />
Gott bist du, wenn du mit doppeltem Pfeile | Zwei verwundest; <strong>ein</strong> Schalk, wenn du mit Einem<br />
nur triffst. – Herder, J.G. (1968). Sämtliche Werke, hrsg. von B. Suphan, Bd. 26:<br />
Poetische Werke, Bd. 2, hrsg. von C. Redlich. Hildesheim (Nachdruck der Ausgabe<br />
Berlin 1882), 52.<br />
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