Leitlinien für den Bau und die Ausgestaltung von - Deutsches ...
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1.4 Ort der Begegnung <strong>und</strong> der Feier<br />
Die Kirche als <strong>von</strong> Christus gerufene Glaubensgemeinschaft realisiert<br />
sich wesentlich in ihren regelmäßigen gottes<strong>die</strong>nstlichen Versammlungen.<br />
Schon im Vorgang <strong>die</strong>ses Zusammenkommens geschieht eine zweifache<br />
Begegnung, <strong>die</strong> Begegnung miteinander <strong>und</strong> mit Gott. In <strong>den</strong> liturgischen<br />
Feiern erreicht <strong>die</strong>se Begegnungsdimension ihren Höhepunkt.<br />
Der gottes<strong>die</strong>nstliche Raum soll dem Menschen <strong>die</strong>se doppelte Begegnung<br />
ermöglichen <strong>und</strong> erleichtern. Ein nach dem Verständnis heutiger<br />
Liturgie konzipierter Kirchenraum wird also auf Kommunikation hin<br />
angelegt sein; er wird <strong>die</strong> Menschen zu einer Gemeinschaft zusammenschließen<br />
<strong>und</strong> sie zugleich auf Gott hin ausrichten.<br />
Dem Miteinander der Menschen in einer festlichen Liturgie entspricht am<br />
ehesten auch ein festlicher Raum, der einerseits vom Maßstab des<br />
Menschlichen geprägt ist, der aber andererseits auch <strong>die</strong> menschliche<br />
Dimension auf <strong>die</strong> überweltliche Größe <strong>und</strong> Herrlichkeit Gottes hin öffnet.<br />
Wie in der Liturgie, so sollten auch im Kirchenraum <strong>die</strong> Würde des<br />
Menschen <strong>und</strong> das Wirken Gottes zum Ausdruck gebracht wer<strong>den</strong>: nicht<br />
belehrend, sondern aufrichtend; nicht verkopft, sondern spielerisch<br />
gelöst; nicht verzweckt, sondern dem Mysterium Raum gebend. Die Gemeinschaft<br />
sollte gefördert wer<strong>den</strong>, ohne dass der Anspruch des Individuellen<br />
eingeebnet wird.<br />
1.5 Raum der Ehrfurcht<br />
Beim Kirchenbau be<strong>die</strong>nen sich Architekten <strong>und</strong> bil<strong>den</strong>de Künstler kaum<br />
anderer Materialien als bei anderen <strong>Bau</strong>ten. Die Materie ist <strong>die</strong>selbe, aber<br />
sie wird in einen neuen Sinnzusammenhang gestellt. In ihrer architektonischen<br />
<strong>und</strong> künstlerischen Gestalt wer<strong>den</strong> <strong>die</strong> Dinge zu Trägern <strong>von</strong><br />
Bedeutungen, <strong>die</strong> über das vordergründig Materielle hinausweisen. Als<br />
gestaltete Umwelt machen sie <strong>den</strong> gläubigen Menschen <strong>die</strong> Welt auf Gott<br />
hin transparent. Die materielle Welt erhält so <strong>für</strong> <strong>den</strong> Gläubigen ihren<br />
letzten Sinn als Schöpfung Gottes. Die Dinge wer<strong>den</strong> im Licht des Evangeliums<br />
gedeutet <strong>und</strong> bedeutend. Es handelt sich dabei nicht um eine<br />
„Sakralisierung“ im Sinn <strong>von</strong> Absonderung, sondern um ein Sichtbarmachen<br />
der Spuren des Schöpfers in <strong>den</strong> Dingen. Erst der sinnwidrige Gebrauch<br />
verwischt <strong>die</strong>se Spuren.<br />
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