22.09.2020 Aufrufe

VDV Jahresbericht 2019/2020

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Mehr Mobilität statt mehr Verkehr – gelingt der<br />

Einstieg in die notwendige Verkehrswende?<br />

Selten wurde mehr über Klimaschutz im Verkehrssektor diskutiert als <strong>2019</strong>. Langsam wird<br />

dabei deutlich, dass neben der öffentlichen und medialen Debatte auch politisch die Rahmenbedingungen<br />

neu justiert werden. Der Einstieg in eine CO 2<br />

-Bepreisung, die grundlegende<br />

Überarbeitung und Aufstockung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) und die<br />

Neujustierung des Jobtickets sind nur einige der Entwicklungen im Laufe des Jahres, die den<br />

Beginn eines Transformationsprozesses anzeigen. Ermutigende Signale und eine große Chance<br />

für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) als Rückgrat der Verkehrswende, der sich jetzt<br />

unternehmerisch auf eine Angebots- und Investitionsoffensive ausrichten muss. Auch die<br />

Corona-Pandemie in <strong>2020</strong> ändert an diesen Weichenstellungen nichts Grundsätzliches.<br />

Nach Jahren der politisch gewünschten Kostenkonsolidierung<br />

als zentraler Maßstab steht der ÖPNV vor<br />

einem Paradigmenwechsel. Denn der Verkehrsbereich<br />

ist im Kontext des Klimaschutzes das Sorgenkind,<br />

da hier bisher kaum wirkungsvolle Maßnahmen<br />

zur Emissionsminderung umgesetzt wurden<br />

und der CO 2<br />

-Ausstoß steigt statt zu sinken. Kapazitätsausbau<br />

und Angebotsoffensive sind daher die<br />

Schlagworte – sowohl in den wachsenden Ballungsgebieten<br />

als auch im ländlichen Raum, wo das Thema<br />

gleichwertige Lebensverhältnisse und die ständig<br />

ansteigende Zahl der Pendler die Debatten weiter befeuern.<br />

Die Zielsetzung der Branche ist dabei eine deutliche<br />

Steigerung des Modal Split um 30 Prozent gegenüber<br />

dem Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP). Denn<br />

so können die umwelt- und klimapolitischen Ziele<br />

erreicht und kann die Lebensqualität in den Städten<br />

und im ländlichen Raum gesteigert werden.<br />

Eine ambitionierte Aufgabe, die eine strategische<br />

Herangehensweise und einen gemeinschaftlichen<br />

Kraftakt von Politik und Unternehmen voraussetzt.<br />

Klimaschutz und Daseinsvorsorge bleiben auch trotz<br />

der Corona-Pandemie weiterhin auf der Agenda und<br />

sind in ihren Auswirkungen vermutlich auch tiefgreifender<br />

als die Bewältigung der, sicherlich herausfordernden,<br />

Krise. Dies zeigt sich auch an der grundsätzlichen<br />

Ausrichtung der Beschlüssen des Kabinetts<br />

zur Bewältigung von Covid-19, die versuchen Konjunkturimpulse<br />

mit Zukunftsinvestitionen zu vereinen<br />

und an den Beschlüssen von Bund und Ländern<br />

zum ÖPNV-Rettungsschirm.<br />

Novelle des GVFG – Ausbau und Erneuerung<br />

Nachdem im Koalitionsvertrag bereits eine Erhöhung<br />

der GVFG-Mittel von bislang jährlich 333 Mio. Euro<br />

auf 665 Mio. Euro im Jahr <strong>2020</strong> und ab 2021 auf 1<br />

Mrd. Euro verabredet war, wurden im Klimakabinett<br />

im September <strong>2019</strong> eine weitere Erhöhung auf 2 Mrd.<br />

Euro ab dem Jahr 2025 sowie eine jährliche Dynamisierung<br />

von 1,8 Prozent ab dem Jahr 2026 beschlossen.<br />

Aber auch inhaltlich hat sich vieles positiv verändert.<br />

Bislang durften die Gelder des Bundes nur für Neu-<br />

und Ausbau verwendet werden. Neben der Erweiterung<br />

der Fördertatbestände ist insbesondere die –<br />

vorerst bis Ende 2030 befristete – Öffnung des Förderkatalogs<br />

für die Grunderneuerung ein Paradigmenwechsel.<br />

Zudem wurden auch die Förderschwellen<br />

und -quoten angepasst und bspw. für Neu- und<br />

Ausbau auf 30 Mio. Euro abgesenkt, was eine deutliche<br />

Erweiterung bei den förderfähigen Vorhaben<br />

auch für kleinere Projekte mit sich bringt. Auch die<br />

Erhöhung der Förderquote für Neubau auf 75 Prozent<br />

entlastet die Länder in ihrer bisherigen Finanzierungsverantwortung.<br />

Finanzierungshochlauf in den Ländern für<br />

Fahrzeuge und Betrieb<br />

Jetzt sind die Länder und Kommunen gefragt, die<br />

positiven Impulse aufzunehmen und das bewährte<br />

Prinzip der Kofinanzierung in ihrer Zuständigkeit<br />

fortzuführen.<br />

Im Sinne einer kohärenten Finanzierungskulisse bedarf<br />

es jetzt eines synchronen Hochlaufs der Mittel<br />

im Bereich der Fahrzeug- und Betriebsfinanzierung –<br />

für Schienenverkehre, aber gerade auch mit Blick<br />

auf die Busverkehre. Denn über Schnellbussysteme<br />

sowie über die Einrichtung von PlusBussen und<br />

nachfrageorientierte flexible Bedienformen müssen<br />

auch im ländlichen Raum Angebote geschaffen werden,<br />

die zum Umstieg vom Pkw anreizen.<br />

Die notwendigen Spielräume dafür sind vorhanden.<br />

Mit der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs<br />

erhalten die Länder neben den Regionalisierungsmitteln<br />

ab <strong>2020</strong> mehr Umsatzsteuer vom<br />

Bund – etwa auch durch die Nachfolgeregelung zu<br />

den Entflechtungsmitteln. Im Jahr <strong>2020</strong> beträgt die<br />

Kompensation etwa 4 Mrd. Euro, womit das Umsatzsteueraufkommen<br />

der Länder erstmals höher sein<br />

wird als das des Bundes.<br />

Auch bei den Regionalisierungsmitteln hat der Bund<br />

noch einmal nachgelegt und zeitgleich mit dem GVFG<br />

eine weitere Erhöhung beschlossen – bis 2031 erhöhen<br />

sich die Regionalisierungsmittel damit insgesamt<br />

um ca. 5,2 Mrd. Euro. Leider werden diese Einnahmen<br />

durch die Länder nur in Teilen verausgabt – im Zeitraum<br />

von 2008 bis 2016 sind daher nach Angaben<br />

des Bundesrechnungshofes (BRH) allein im Bereich<br />

10 <strong>VDV</strong>-<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2019</strong>/<strong>2020</strong> Verbandspolitik im ÖPNV

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!