VDV Jahresbericht 2019/2020
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der Regionalisierungsmittel nicht abgeflossene<br />
Gelder in Höhe von 2,8 Mrd. Euro aufgelaufen.<br />
Beibehaltung der Nutzerfinanzierung – Einstieg<br />
in die Drittnutzerfinanzierung<br />
Die notwendigen Investitions- und Angebotsoffensiven<br />
sind dabei nicht zum Nulltarif zu haben.<br />
Öffentliche Mobilität hat einen Wert, den sie auch<br />
behalten muss. Momentan wird jeder Euro für den<br />
Ausbau von Angeboten benötigt – eine weit wirksamere<br />
Maßnahme als Tarifabsenkungen, wie die<br />
Ergebnisse der Modellprojekte sowie das Beispiel<br />
Wien deutlich zeigen. Die Ticketeinnahmen in Höhe<br />
von 13,338 Mrd. Euro sind für die Verkehrsunternehmen<br />
(VU) dabei die wesentliche Finanzierungssäule,<br />
um den Betrieb im ÖPNV zu finanzieren. Daher<br />
führen die landauf und landab geführten Debatten<br />
über die Einführung eines 365-Euro-Tickets und die<br />
damit verbundene Subventionierung eines Großteils<br />
dieser Einnahmen durch Steuermittel unternehmerisch<br />
und verkehrspolitisch auf den falschen Weg.<br />
PBefG – Marktordnung und Pooling<br />
Neben Finanzierungsfragen bildeten die Diskussionen<br />
um die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes<br />
(PBefG) den zweiten großen Schwerpunkt<br />
der verkehrspolitischen Debatten im ÖPNV. Nachdem<br />
es gelungen ist, das Thema Planungsbeschleunigung<br />
im PBefG vorab durch Bundestag und Bundesrat zu<br />
beschließen, verbleiben noch zwei besonders relevante<br />
Fragestellungen für die weitere politische<br />
Diskussion.<br />
Ein Themenkomplex sind dabei die aus der vergangenen<br />
Legislaturperiode offengebliebenen Fragestellungen<br />
rund um die Marktordnung, Sozialstandards<br />
sowie das Thema eines durch den Bundesverband<br />
Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) geforderten<br />
Anspruchs auf allgemeine Vorschrift. Mit dem<br />
Grundsatzurteil vom 10. Oktober <strong>2019</strong> ist indes klar,<br />
dass sich aus dem bestehenden PBefG kein Anspruch<br />
herleiten lässt. In seinem Urteil bestätigte das Bundesverwaltungsgericht<br />
(BVerwG) die Position, die<br />
der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (<strong>VDV</strong>)<br />
schon seit der PBefG-Novelle 2013 vertritt: Die „allgemeine<br />
Vorschrift“ ist ein wichtiges Instrument<br />
zum Ausgleich tariflicher Vorgaben, aber der Aufgabenträger<br />
hat die Wahl, ob er eine allgemeine Vorschrift<br />
erlassen oder einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag<br />
vergeben möchte. Das höchste deutsche<br />
Verwaltungsgericht machte dabei auch deutlich, dass<br />
ein Anspruch weder aus dem Europarecht noch aus<br />
dem PBefG oder gar aus der in Art. 12 Grundgesetz<br />
(GG) niedergelegten Berufsfreiheit folgt.<br />
Der zweite Diskussionskomplex betrifft die Frage,<br />
wie ein Zulassungsregime für Pooling-Verkehre aussehen<br />
kann, das einerseits einen sicheren Rechtsrahmen<br />
für die Implementierung solcher „individuell-öffentlicher“<br />
Verkehrsarten schafft, andererseits<br />
aber die Daseinsvorsorgeverpflichtung öffentlicher<br />
Mobilität insbesondere im ländlichen Raum stärkt<br />
und nicht zu mehr Verkehr oder einer Rosinenpickerei<br />
zulasten öffentlich finanzierter Angebote führt.<br />
Erfreulicherweise ist es gelungen, die Debatte hier zu<br />
versachlichen, verkehrliche Wirkungen sowie Chancen<br />
und Risiken dieser Angebote besser auszuleuchten<br />
und damit auch dazu beizutragen, dass sich in der<br />
politischen Landschaft die Debatte über eine weitgehende<br />
Liberalisierung des PBefG im Bereich des<br />
Mietwagens deutlich abgeschwächt hat. Vielmehr<br />
stehen inzwischen ÖPNV-integrierte Lösungen und<br />
mögliche Beiträge im ländlichen Raum zur ergänzenden<br />
Sicherstellung der Daseinsvorsorge im Zentrum<br />
der Diskussionen.<br />
„Deutschland mobil 2030“<br />
Neben der Arbeit in konkreten Gesetzgebungsvorhaben<br />
auf Bund- und Länderebene ist es gerade in Zeiten,<br />
in denen angefangen wird, den ÖPNV als „Problemlöser“<br />
zu begreifen, wichtig, sich auch in die<br />
entsprechenden gesellschaftspolitischen Debatten<br />
einzubringen und seine eigene Vision von der zukünftigen<br />
Entwicklung des Sektors darzulegen.<br />
Daher haben sich der <strong>VDV</strong>, die kommunalen Spitzenverbände,<br />
der ADAC, die Bauindustrie und der ACE<br />
Auto Club Europa – unterstützt von rund 40 Mitgliedern<br />
des <strong>VDV</strong> – zusammengeschlossen, um die Kampagne<br />
„Deutschland mobil 2030“ aus der Taufe zu heben.<br />
Neben der Zusammenarbeit mit der Frankfurter<br />
Allgemeinen Zeitung (FAZ) und Mobilitätsgipfeln auf<br />
Bundesebene wurde hierbei in fünf weiteren regionalen<br />
Formaten über die Notwendigkeiten der Verkehrswende<br />
und die dafür passenden Rahmenbedingungen<br />
sowie Mobilität in ländlichen Räumen und<br />
Pendlerverkehre diskutiert und kommuniziert.<br />
Die Arbeitgeberinitiative des <strong>VDV</strong><br />
Bis 2030 müssen allein im ÖPNV von ca. 150000<br />
Stellen etwa 74000 Stellen wiederbesetzt werden.<br />
Das heißt, fast 50 Prozent neue Mitarbeiter werden<br />
benötigt, nur um den Status quo aufrechtzuerhalten.<br />
Hinzu kommen rund 50 000 weitere Stellen, wenn<br />
der für die Verkehrswende notwendige Aufwuchs<br />
der Angebote bewältigt werden soll.<br />
Daher müssen sich Branche und Unternehmen als<br />
attraktive Arbeitgeber sichtbarer machen. Nach den<br />
positiven Voten der Mitgliederversammlung war<br />
<strong>2019</strong> das erste Jahr der Arbeitgeberinitiative. Der<br />
Aufbau des Marktplatzes und der dort nutzbaren<br />
Produkte für die Teilnehmer, der Launch der Homepage<br />
und des Stellenmarktes waren dabei die zentralen<br />
Aufgaben, die erfolgreich bewältigt wurden.<br />
Highlight war dabei sicher die Präsentation der Initiative<br />
in den ZDF-heute-Nachrichten und bei der dpa<br />
Deutschen Presse-Agentur, mit der rund acht Mio.<br />
potenzielle Bewerber erreicht werden konnten. Auch<br />
die monatliche Nutzerzahl auf der Homepage von<br />
rund 15 000 Interessierten ist<br />
für eine solche junge Initiative<br />
sicher als Erfolg zu sehen.<br />
Dr. Jan Schilling<br />
Geschäftsführer ÖPNV<br />
t 0221 57979-154<br />
schilling@vdv.de<br />
Verbandspolitik im ÖPNV<br />
<strong>VDV</strong>-<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2019</strong>/<strong>2020</strong> 11