Stadtgespräch Das Magazin der - Stadtwerke Essen AG
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„ Fracking bedeutet<br />
jede Menge Risiken“<br />
6<br />
Diplom-Geologe Ulrich Peterwitz, Geschäftsführer <strong>der</strong> Arbeits-<br />
gemeinschaft <strong>der</strong> Wasserwerke an <strong>der</strong> Ruhr e. V. (AWWR),<br />
erläutert im Interview die möglichen Risiken von Fracking und die<br />
For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Wasserversorger.<br />
Welche Gefahren gehen von Fracking im Ruhrgebiet aus? Welche<br />
Folgen könnte eine Genehmigung für die Menschen vor Ort<br />
haben?<br />
Peterwitz: Wir haben es hier mit einer Menge Risiken zu<br />
tun. Von <strong>der</strong> Gefahr für die Trinkwasserqualität abgesehen muss<br />
beispielsweise mit Erdbeben und unkontrollierten Methanaustritten<br />
gerechnet werden. Ebenso kann das Fracking, bei dem etwa<br />
15.000 Kubikmeter Wasser pro Bohrung benötigt werden, mengenmäßig<br />
in Konkurrenz zur Versorgung von Menschen und Landwirtschaft<br />
treten. Um unkonventionelles Erdgas zu erschließen,<br />
sind <strong>der</strong> Flächenbedarf und die Anzahl <strong>der</strong> nötigen Bohrungen<br />
deutlich höher als bei konventionellen Vorkommen. Selbst wenn<br />
die Bergung vergleichsweise ungefährlich wäre: Kein technischer<br />
Prozess ist frei von Fehlern.<br />
In vielen Län<strong>der</strong>n wird durch dieses Verfahren seit Jahren erfolg-<br />
reich unkonventionelles Erdgas geför<strong>der</strong>t. Liegt <strong>der</strong> Fall in NRW<br />
an<strong>der</strong>s?<br />
Peterwitz: Beson<strong>der</strong>s intensiv setzen die USA das Verfahren<br />
ein. Vor einem Jahr waren wir vor Ort und haben die Bohrplätze<br />
besucht. Viele davon würden in Deutschland gar nicht erst genehmigt<br />
werden, da bei uns an<strong>der</strong>e und höhere Anfor<strong>der</strong>ungen gelten.<br />
Zudem ist NRW viel dichter besiedelt. Daraus ergeben sich noch<br />
einmal an<strong>der</strong>e Voraussetzungen und Risiken. In den USA sind<br />
bereits viele Fälle von unkontrollierten Gasaustritten bekannt.<br />
Bei unserem Besuch haben wir beispielsweise einen ehemaligen<br />
Trinkwasserbrunnen gesehen, <strong>der</strong> nun durch Methanausströmungen<br />
nicht nur unbrauchbar, son<strong>der</strong>n auch gefährlich ist.<br />
Welche For<strong>der</strong>ungen stellt die AWWR an ein Fracking in NRW?<br />
Peterwitz: Die Gefährdung von Mensch, Natur und Trinkwasser<br />
muss ausgeschlossen werden können, die eingesetzten<br />
Chemikalien müssen bekannt und risikofrei sein. Darüber hinaus<br />
brauchen wir innerhalb <strong>der</strong> Claims Ausnahmeregelungen für Wasserschutzgebiete<br />
und die Wassergewinnung, Naturräume sowie<br />
dichte Siedlungsbereiche. Hier muss das Bergrecht entsprechend<br />
angepasst werden. Ebenso wollen wir, dass die wasserwirtschaft-<br />
lichen Fachbehörden einbezogen werden, auch in die Zulassungsverfahren.<br />
Zentral ist für uns aber vor allem eine verpflichtende<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für jedes Vorhaben, also<br />
jede einzelne Bohrung. Nur so kann <strong>der</strong> Schutz von Trinkwasser<br />
und Natur gewährleistet werden. Auch das Abwasserproblem ist<br />
noch nicht gelöst – dass es einfach versickert, ist keine Antwort.<br />
Im Fracking-Wasser sind viele <strong>der</strong> genutzten Additive enthalten,<br />
sodass es mit technischen Verfahren aufbereitet werden muss,<br />
bevor es wie<strong>der</strong> in den Kreislauf gelangt.<br />
Noch sind lediglich Probebohrungen in 200 bis 300 Metern<br />
Tiefe im Gespräch, vor 2015 schließen die Unternehmen echte<br />
Bohrungen aus. Macht man sich hier zu früh Sorgen?<br />
Peterwitz: Nein, jetzt ist <strong>der</strong> richtige Zeitpunkt, um vorsichtig<br />
zu sein. Als wir Ende 2010 von möglichen Fracking-Einsätzen in<br />
NRW erfuhren, haben wir uns gleich an die Arbeit gemacht. Beim<br />
Trinkwasserschutz gilt: vorbeugen statt warten, bis Schaden entstanden<br />
ist. <strong>Das</strong> heißt, dass wir im Vorhinein klären müssen, was<br />
in Wasserschutzgebieten geht und was nicht. Alles, was zu gefährlich<br />
ist, darf nicht durchgeführt werden. Und Fracking gehört dazu.<br />
Ob sich die För<strong>der</strong>ung unter verschärften Sicherheitsauflagen, mit<br />
<strong>der</strong> Ausnahme einzelner Gebiete und <strong>der</strong> Lösung des Abwasserproblems<br />
allerdings noch wirtschaftlich umsetzen lässt, kann ich<br />
nicht beantworten. n<br />
Die AWWR in Zahlen:<br />
Mitglie<strong>der</strong>: 19 Wasserversorgungsunternehmen,<br />
die Wasser aus <strong>der</strong> Ruhr zu Trinkwasser<br />
aufbereiten<br />
Versorgung: Mit 32 Wasserwerken werden<br />
5 Millionen Menschen, Gewerbe und<br />
Industrie im Ruhrgebiet, Münsterland<br />
und Sauerland versorgt.<br />
Gesamtproduktion: 260 Millionen Kubikmeter Trinkwasser<br />
pro Jahr