RZ 36
Gründermagazin
Gründermagazin
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
34
Digitalisierung
Die Herausforderungen der Messe im digitalen Zeitalter
Messe 4.0
Gesehen und gesehen werden – wir sprechen nicht nur von den Reichen und Schönen. Insbesondere
die B2B Unternehmen sehen Messeauftritte als die wichtigste Marketingmaßnahme im gesamten
Marketingbudget. Die Messeauftritte, auf die man das gesamte Jahr hinarbeitet, können
den Geschäftserfolg enorm beeinflussen. Allerdings haben die imposanten Messestände auch
ihren Preis: Anständige Messestände kosten mindestens 5.000 Euro, hierbei wurden der Auf- und
Abbau, die Anfertigung sowie die technischen Kosten noch nicht berücksichtigt.
Für Startup oder Kleinunternehmer sind dies oft utopische
Summen, die sie sich nicht leisten können. Da kommen die
Kosteneinsparungen durch digitale Messen wie gerufen …,
oder? Das Institut für Messewirtschaft von Herrn Prof. Dr.
Martin Fritze an der Universität zu Köln bietet Studierenden
die Möglichkeit, in Kooperation mit der Koelnmesse GmbH,
Lösungen zu aktuellen Messe-Themen zu entwickeln. In
dem Kurs „Service Innovation“ standen die Studierenden in
diesem Jahr vor der Aufgabe, ein digitales Messeprodukt zu
gestalten. Herr Prof. Dr. Fritze ist selbst über seine Forschung
zum Dienstleistungsmanagement, Konsumentenverhalten
und der Digitalisierung zum Messeschwerpunkt gelangt,
denn das sind alles Bereiche, die das Messewesen von
heute sehr stark beschäftigen. Er beantwortet einige
Fragen für den Rheinzeiger und lässt uns an seiner Sicht
der zukünftigen Messeentwicklungen teilhaben.
Prof. Dr.
Martin Fritze
Hochschullehrer
© Lisa Beller
RheinZeiger: Die Messeplanung hat sich seit einem
Jahrhundert nicht geändert. Wie kommt es, dass diese
Form des Marketings immer noch Bestand hat in
unserer Gesellschaft und wie hat sie sich im Zuge der
Digitalisierung in den letzten 10-15 Jahren verändert?
Prof. Dr. Martin Fritze: Das stimmt, denn eine Konstante
ist das menschliche Bedürfnis nach realen sozialen Interaktionen,
welche sich durch die Geschichte des Messewesens
zieht. Zukünftig wird es aber darauf ankommen, dass
Messen diesem Bedürfnis effizient und fokussiert nachkommen.
Das Messeerlebnis hat sich in den letzten Jahren
verändert und ist vor allem digitaler geworden. Dieser
Trend wird zukünftig auch noch anhalten, vor allem beschleunigt
durch aktuelle Entwicklungen rund um die
Corona-Krise. Das heißt zum Beispiel, dass durch den Einsatz
digitaler Technologien unnötige Warteschlangen auf
Messen der Vergangenheit angehören und an deren Stelle
die dynamische Koordinierung von Besucherströmen und
Begegnungen treten.
Und nun in Abhängigkeit von Corona, konnte
man deutliche Wachstumsfelder sehen? Was war
das Überraschendste für Sie?
Prof. Dr. Martin Fritze: Wir beobachten ganz allgemein
neben der Internationalisierung von größeren Messen eine
Spezialisierung von kleineren Messen, und letzteres auch
außerhalb von großen Messestandorten. Gleichzeitig ist zu
erkennen, dass tradierte Messekonzepte, welche sich nur
langsam oder kaum den aktuellen Bedürfnissen anpassen,
zunehmend um Ihre Daseinsberechtigung kämpfen. Dies
trifft auch auf große Messen mit langer Tradition zu. Der
Messemarkt von heute ist kompromissloser und kritischer,
was eine höhere Innovationsfähigkeit erfordert. Digitale
Alternativen erhöhen den Druck auf analoge Messen, ihre
Nutzendimensionen kritisch zu reflektieren.
Die Corona-Krise wirkt wie in vielen Bereichen auch für
diese Entwicklungen wie ein Brandbeschleuniger. Gleichzeitig
eröffnet die Krise für viele Akteure eine Art Blaupause,
um bestehende Geschäftspraktiken zu hinterfragen.
Dies wird den Druck auf die Messebranche erhöhen.