Emsblick Meppen - Heft 41 (Dezember 2020/ Januar 2021)

LEBEN
Ärztin und Psychotherapeutin Heidemarie Bode
gibt Tipps gegen den Corona-Blues
Konzentrieren Sie sich
auf positive, einfache
und alltägliche Dinge
Wir befinden uns mitten in der zweiten Corona-Welle und im zweiten
Lockdown. Was aber macht das mit unserer Psyche? Wie belastend
ist die Situation? Ärztin und Psychotherapeutin Dr. Heidemarie Bode
ist Expertin auf diesem Gebiet. Seit 2002 praktiziert sie in Meppen,
zuerst im Haus der Landwirtschaft und seit 2018 in der Deichstraße
1b. Wir haben mit ihr gesprochen und ein paar Tipps gesammelt.
Hat die Corona-Pandemie
Auswirkungen auf Ihre Arbeit?
Das Risiko einer Ansteckung mit Covid-19
ist in meiner psychotherapeutischen Praxis
nicht groß, weil der Abstand eingehalten
und die Räume gut belüftet werden
können. Die Patienten brauchen nicht zu
warten und es kommen nur relativ wenige
am Tag. Der persönliche Kontakt ist unerlässlich.
Der Bedarf an Psychotherapie
ist in der Zeit von Corona noch gestiegen.
Online-Sitzungen sind nicht so einfach realisierbar,
weil viele Menschen nicht über
die nötige technische Ausrüstung verfügen.
Selbstsicherheitstraining in der Gruppe
ist auch ein wichtiger Bestandteil einer
Psychotherapie, wegen Corona verzichte
ich aber darauf bis die Pandemie vorbei ist.
Leidet die Psyche der Menschen
unter der Pandemie?
Die Corona-Krise ist eine große Herausforderung
für die Psyche. Die Auswirkungen
sind bereits in 18 Studien aus China und
Indien mit 80.000 Teilnehmern untersucht
worden. Diese haben eine Zunahme depressiver,
ängstlicher und posttraumatischer
Belastungssymptome sowie Schlafstörungen
im Zusammenhang mit der
Corona-Pandemie ergeben. Menschen, die
dazu neigen, sich viel Sorgen zu machen,
nehmen Corona zum Anlass, sich noch
mehr zu sorgen. In Familien, bei denen
es sowieso schon Probleme gab, die zum
Beispiel keine Gesprächs- und Konfliktlösungskultur
haben, und die auch ökonomisch
nicht gut abgesichert sind, kann
es jetzt in der Krise durchaus schwierig
werden. Es kann zu häuslicher Gewalt
kommen sowie zu verstärktem Alkoholkonsum.
Allgemein befürchtet man, dass
die Suizidversuche zunehmen könnten.
Am meisten gefährdet sind Menschen, die
sich in völliger Isolation befinden.
Wie gelingt der Blick aufs Positive?
Auch wenn der Rat zunächst banal scheint,
versuchen Sie gerade in diesen Zeiten
positive und hoffnungsvolle Nachrichten
bewusst aufzunehmen. Konzentrieren Sie
sich insbesondere auf positive, auch einfache
und alltägliche Dinge in Ihrem Leben,
wie beispielsweise Gespräche mit Ihren
Angehörigen, ein gutes Essen oder auch
angenehme Musik. Akzeptieren Sie, dass
Gefühle wie Angst, Sorge und Unsicherheit
in Krisenzeiten bis zu einem gewissen
Maß normal sind, und gestehen Sie sich
diese auch zu. Nehmen Sie sich aber aktiv
vor, sich davon nicht vereinnahmen zu
lassen. Es kann helfen, sich jeden Tag bewusst
zu machen, was alles Schönes am
heutigen Tag passiert ist, und dies aufzuschreiben
in einem Freudetagebuch.
Welche Tipps geben Sie vor
Weihnachten, um mit eventueller
Isolation fertig zu werden?
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14 | emsblick – Dezember 2020/Januar 2021