Interessenverband der Rentner, Behinderten, SozialversichertenInteressenvertretung der Sozialversicherten, behinderten Menschen, Rentner Rat Hilfe Rechtsschutzfür Mitglieder in allen sozialrechtlichen AngelegenheitenSozialverband VdK Niedersachsen-Bremen e.V. • Rechtsschutzabteilung GöttingenMaschmühlenweg 8-10 • Telefon (05 51) 5 85 88 • Telefax (05 51) 4 88 68 39 • ra-goettingen@vdk.dewww.vdk.de/niedersachsen-bremenanzeige.indd 1 23.10.2009 13:17:26
LEBEN [ PFLEGE ]Foto:Seniorenzentrum GöttingenKai Osterhornterentwicklung für die Senioren- undPflegebetreuung. Der intelligente Pflegewagenreicht automatisch Utensilienan, dokumentiert den Verbrauch vonPflegematerial und hilft so bei derLogistik.Na also, werden Sie sagen, das entlastet!Genau. Für nichts anderes sind alldiese technischen Wesen gedacht. FürRoutinearbeiten, für körperlich tatkräftigeUnterstützung, für Zwischendurch-Pausen. Pflegeroboter sind weder ernstzunehmendeGesprächspartner nochersetzen sie menschliche Zuwendungund Berührung. Aber sie sind eine Stellschraube,um den Arbeitsalltag der Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungenzu erleichtern.Aber wie verhält es sich, wenn Menschenzu Hause gepflegt werden? Willman in seiner vertrauten Umgebungeinen Roboter haben? Dorota Dembolecka-Szczepanska,die mit ihrerGöttinger Agentur Hera24 polnischeBetreuungskräfte an Pflegebedürftigevermittelt, sieht das skeptisch.„Die Frage, ob Roboter für die Pflegeeingesetzt werden sollten, lenkt ausmeiner Sicht vom eigentlichen Problemab. Im Moment – und wenn wirnicht gegensteuern auch in Zukunft– haben wir in der Pflege ja in ersterLinie ein Problem bei der Finanzierung.Die staatliche Pflegeversicherungübernimmt zur Zeit einen für vielePflegebedürftige viel zu geringen Teilder Kosten.“Die von Hera 24 vermittelten Betreuungskräftewohnen bei den Betreutenselbst und können deshalb 24 Stundenvor Ort sein. Sie sind bei polnischenPartnerunternehmen sozialversicherungspflichtigangestellt, sorgen mitihrer Tätigkeit in Deutschland deshalbfür ihre Rente vor und sind krankenversichert.Die Kosten für diese Art der häuslichenPflege liegen bei unterschiedlichenVermittlungsagenturen eng beieinander.Der deutsche Mindestlohn sorgtfür gleiche Voraussetzungen bei allenAnbietern. Allerdings sind auch zahlreicheunseriöse Vermittler einfach imInternet zu finden. Diese versprechendie gleiche Leistung wie seriöse Anbieterzu einem Bruchteil des Preises. Diesist jedoch nur möglich, weil die Betreuungskräftehier entweder schwarz oderzu illegalen Dumpinglöhnen arbeiten.„Ich würde mir wünschen, dass seitensder Zollbehörden noch viel stärker gegendiese Anbieter vorgegangen wird“,sagt Dorota Dembolecka-Szczepanska,die das Phänomen seit Jahren beobachtet.Für sie ist auch klar, dass dieUnterfinanzierung der Pflegeversicherungund illegale Pflegeangebote unmittelbarmiteinander zusammenhängen:„Viele Interessenten sagen mir imGespräch offen, dass sie unsere Preisemit den Preisen der illegalen Angeboteverglichen haben und zu dem Schlussgekommen sind, dass sie sich ein legalesAngebot leider einfach nicht leistenkönnen.“Die Kosten für die Pflege in Zukunftdurch den Einsatz von Robotern zusenken, ist für Dorota Dembolecka-Szczepanska jedoch der falsche Weg.„Wer pflegebedürftig ist oder am Endedes Lebens angekommen ist, für denträgt die persönliche Beziehung zu denPflegenden enorm zum Wohlbefindenbei. Pflege lässt sich nicht auf das reinTechnische reduzieren. Es ist ebensowichtig, ein liebes Wort zu hören odertröstlich die Hand aufgelegt zu bekommen.Dies wird ein Roboter niemalsleisten können.“Stellen wir uns den Fakten: Es gibtnicht ausreichend Personal im Pflegebereich.Immer mehr Alte müssen vonimmer weniger Jungen gepflegt werden,die Personaldecke wird damit inZukunft noch dünner. Schon jetzt kehrenaus Überlastung erschreckend vielePflegekräfte ihrem Job den Rücken zuoder sind überdurchschnittlich langekrank. Dies wiederum lässt den dringendbenötigten Nachwuchs zögern.Foto:PrivatDorota Dembolecka-SzczepanskaLösungen müssen her. Eventuellauch mit Hilfe von Pflegerobotern?Noch gibt es Hemmschwellen: DerPreis – die Investitionen gehen in dieTausende; die Zulassung als medizinischesHilfsmittel – es fehlt der wissenschaftlicheNachweis für positiveWirksamkeit.Außerdem ist da das Problem des Datenschutzes.Dieses allerdings dürftesich spätestens erledigt haben, wenndie nächsten Generationen ins Pflegeheimziehen. Denn diese Nachrückerwollen gewiss nicht auf digitaleAnnehmlichkeiten verzichten: Siefinden es lustig, wie Saugroboterfleißig durch die Wohnung surren,programmieren mit dem Smartphoneihr Smarthome, kommunizierenselbstverständlich mit Sprachassistenten,nutzen Apps zum Musikhören,für Podcasts und Streamingdienste,vertreiben sich die Zeit mit Online-Computerspielen und Youtube-Yoga,halten Bordcomputer im Auto für unverzichtbar.Der Schutz persönlicherDaten spielt bei ihnen eine eher untergeordneteRolle.Schauen wir also in die Zukunft undüberlegen: Welche digitalen Möglichkeitenmachen in der Pflege Sinn– und Spaß? Was müsste ein Roboterkönnen? Lassen wir unserer Fantasiedoch einfach freien Lauf, kommenins Gespräch mit Betroffenen, Forscherinnenund Forschern und inspirierenuns gegenseitig. Mischen Siesich ein!Ja, Pflegeroboter sind eine Entlastung.Und eine Chance, um Zeit fürechte Nähe zu gewinnen, die im Alterso wertvoll ist.in39