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weihnachtsbeilage_sachsen

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2 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

Weihnachten mit Abstand –<br />

wie machen Sie das?<br />

Der Freistaat Sachsen hat<br />

seine Kontaktbeschränkungen<br />

zur Eindämmung<br />

der Corona-Pandemie<br />

Mitte Dezembernocheinmal<br />

verschärft. Auch wenn diese<br />

an den Weihnachtstagen etwas<br />

gelockert sind – die Infektionszahlen<br />

sind nach wie vor besorgniserregend,<br />

die Situation in den<br />

Krankenhäusern bleibt dramatisch.<br />

Daher appellieren Klinikleiter<br />

sowie Chefs kommunaler<br />

Verwaltungen, Weihnachten im<br />

kleinen Kreis zu feiern. Auch<br />

wenn das gerade beim Fest der<br />

Familie besonders schwerfällt.<br />

Wie gehen die Menschen in der<br />

Region damit um?Die Rundschau<br />

hat sich umgehört.<br />

Für Elvira und Gerd Schönfelder,<br />

Rentner ausWeißwasser,blieblange<br />

ein Fragezeichen. Eigentlich<br />

soll ihr Sohn aus Bayern anreisen.<br />

Nun hoffen die Weißwasseraner,<br />

dass erkommt. Nach Berlin zum<br />

Rest der Familie geht es schon<br />

mal nicht. „Da wären wir fünf<br />

Haushalte. Das geht gar nicht“,<br />

sagt Elvira Schönwälder. Auch<br />

wenn es ruhigeWeihnachten und<br />

andere Feiertage als sonst werden,<br />

soll Leckeres auf den Tisch.<br />

Wahrscheinlich wird es Kaninchen<br />

geben. Das Wichtigste sei,<br />

dass alle gesund bleiben, finden<br />

die Senioren. „Und imnächsten<br />

Jahr haben wir diesen Mist hoffentlich<br />

überstanden.“<br />

Werner Stewig aus Hoyerswerda begrüßt<br />

imCorona-Jahr zu Weihnachten<br />

seine Kinder und Enkel<br />

nicht in Hoyerswerda. „Das hat<br />

der Familienrat telefonisch beschlossen“,<br />

sagt der Rentner. Er<br />

wolle verhindern, dass bei dem<br />

Gerdund Elvira Schönwälder aus<br />

Weißwasser werden im kleinen<br />

Kreis feiern.<br />

AdaSommeraus Brieske-Dorf<br />

lädt ihreEnkel zum Weihnachtsessenein.<br />

Treffen auf engem Raum doch einer<br />

den anderen unwissentlich<br />

ansteckt. Werner Stewig verbringt<br />

die Festtage mit seiner<br />

Frau eher ruhig und krönt siemit<br />

dem obligatorischen Weihnachtsspaziergang.<br />

„Angesichts der vielen<br />

Corona-Totensollendie Menschen<br />

vorsichtig sein“, ist sein<br />

Credo.<br />

FOTO: REGINA WEISS<br />

FOTO: HEIKE REISS<br />

Umfrage<br />

Die Lausitzer haben<br />

sich auf die aktuellen<br />

Kontaktbestimmungen<br />

eingestellt.<br />

Sie machen das<br />

Bestedraus und<br />

feiern im kleinen<br />

Kreis mit der Familie.<br />

Die Schülerinnen Nicole Ressel<br />

undJolina Labus feiern wie gewohnt<br />

mit ihren Familien.<br />

FOTO: HEIKE REISS<br />

Kerstin Freidelverbringtdie<br />

Weihnachtstage mit Wohnstättenbewohnern<br />

in Hoyerswerda.<br />

Ur-SenftenbergerPeter Pohlmannsieht<br />

Weihnachten gelassenentgegen.<br />

Er bleibt allein.<br />

Kerstin Freidel aus Hoyerswerda arbeitetinder<br />

Wohnstätte der Lausitzer<br />

Werkstätten inihrer Heimatstadt<br />

Hoyerswerda. Sie wird<br />

in diesem Jahr die Weihnachtstage<br />

mit den Bewohnern verbringen–erstmals<br />

auch den Heiligen<br />

Abend. „Darauf und auf die gegenseitige<br />

Bescherung freue ich<br />

mich, denn so bin ich nicht allein“,<br />

sagt die 52-jährige Hoyerswerdaerin.<br />

Das sonst übliche<br />

Weihnachtsessen mit ihren Kindern,<br />

Geschwistern und den Verwandten<br />

in einer Gaststätte muss<br />

in diesem Jahr coronabedingt ausfallen.<br />

„Die erwachsenen Söhne<br />

bekommen wenigstens jeder ein<br />

Weihnachtspäckchen“, so Kerstin<br />

Freidel.<br />

FOTO: KATRIN DEMCZENKO<br />

FOTO: HEIKE REISS<br />

DerGörlitzer Landrat Bernd Lange<br />

willauf die Stollentour 2020<br />

nicht verzichten.<br />

Werner Stewig aus Hoyerswerda<br />

verzichtet im Corona-Jahr auf<br />

eine großeWeihnachtsfeier.<br />

Bernd Lange, Landrat im Kreis Görlitz<br />

(CDU), will auf eine gelebte<br />

und beliebte Tradition amHeiligen<br />

Abend nicht verzichten: die<br />

Stollentour durch Einrichtungen<br />

des Kreises. „Jetzt erst recht, um<br />

in den Einrichtungen Danke zu<br />

sagen“, so der Kommunalpolitiker<br />

vor einigen Tagen gegenüber<br />

der Rundschau. AmAbend und<br />

FOTO: REGINA WEISS<br />

FOTO: KATRIN DEMCZENKO<br />

über die Feiertage stehen dann<br />

seine Frau und möglicherweise<br />

auch die Kinder im Mittelpunkt,<br />

wenn sie denn kommen.Das Festessen<br />

–den Gänsebraten–nimmt<br />

dann in bewährter Weise ebenfalls<br />

Bernd Lange in Angriff.<br />

Auch in Brandenburg sind am<br />

Heiligabend und anden beiden<br />

Weihnachtsfeiertagen etwas<br />

mehr Kontaktemöglich. Die Lausitzer<br />

machen die Menschen das<br />

Beste draus:<br />

Ada Sommer (69), Rentnerin aus<br />

Brieske-Dorf, kann diese Einschränkungen<br />

nachvollziehen:<br />

„Ich feiere dieses Jahr im erlaubten,<br />

kleinen Rahmen mit meinen<br />

Enkeln und deren Familien, die<br />

auch hier aus der Gegend kommen.“<br />

Ihre Kinder, die in der<br />

Schweiz leben, dürften wohl zu<br />

Weihnachten nicht nach Deutschland<br />

kommen. Die Schweiz ist als<br />

Risikogebiet eingestuft.<br />

Die Schipkauerin Nicole Ressel (14)<br />

und ihreFreundin Jolina Labus (13),<br />

aus Brieske werden Weihnachten<br />

wie gewohnt mit ihren jeweiligen<br />

Familien feiern. „Es können lediglich<br />

meine Tanten und weitere<br />

Verwandte, die weiter weg wohnen,<br />

nicht kommen“, so Nicole<br />

Ressel.<br />

PeterPohlmann (81), Rentneraus<br />

Senftenberg, blickt ebenso ohne<br />

Aufregung auf das diesjährige<br />

Weihnachtsfest: „Für mich ist das<br />

ein Tagwie jederandere auch. Ich<br />

lebe allein und werde daher die<br />

Zeit für mich nutzen. So ist das<br />

eben.“ Coronabedingt müsse er<br />

dabei keine Abstriche machen.<br />

rw/dcz/hrx<br />

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Frohe Weihnacht<br />

und ein gutes neues Jahr<br />

Das wünschen wir von Herzen all<br />

unseren Kunden und Geschäftspartnern<br />

und bedanken uns auf diesem Wege<br />

für die gute Zusammenarbeit<br />

im vergangenen Jahr.<br />

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neuen Jahr wünschen wir allen unseren Kunden,<br />

Geschäftspartnern und Freunden.<br />

Ihr Dachdeckerteam Melchior<br />

wünscht frohe Weihnachten<br />

und einen guten Rutsch<br />

ins Jahr 2021.<br />

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Wir wünschen unseren Kunden<br />

und ihren Angehörigen zu den<br />

bevorstehenden Festtagen<br />

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Ein frohes Weihnachtsfest und<br />

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ein gutes neues Jahr, verbunden mit<br />

dem Dank für das entgegengebrachte <br />

Vertrauen, wünscht den Kunden und <br />

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Jahr möchtenwir uns, das Team vom<br />

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herzlich bedanken. Wirwünschen Ihnen<br />

ein schönes Weihnachtsfest,Zeit zu<br />

entspannen und einen guten Start<br />

ins neue Jahr!


3 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

DasBuschweibel aus Rietschen<br />

liest Lausitzer Sagen<br />

Märchenhaft Marion Kuchrabegeistertsichseit ihrer Kindheit für das Zusammenspiel vonMenschund Natur.<br />

ZurWeihnachtszeit lässtsie als Buschweibel in ihren Erzählungen Gestalten<br />

der Lausitzer Sagenwelt wieder auferstehen. VonHeikeReiß<br />

Die Lausitz ist reich<br />

an Mythen und<br />

Sagen. Die Geschichten<br />

drehen<br />

sich um illustreFiguren wie<br />

Riesen, Zwerge,Schatzgeister,<br />

Nixen oder alte und<br />

neue Zauberer. Marion<br />

Kuchra aus Rietschen kennt<br />

die Lausitzer Sagenwelt wie<br />

keine Zweite: Aufgewachsen<br />

in Kittlitz, einemOrtsteil der<br />

Stadt Löbau, zog essie später<br />

der Liebe wegen nach<br />

Rietschen. „Schon als Kind<br />

habe ich gerne Sagen der<br />

Oberlausitz gelesen. Ich war<br />

fasziniert“, sagt Marion Kuchra<br />

heute. „Ich war auf dem<br />

Stromberg, auf dem Löbauer<br />

Berg und viel inder Natur unterwegs.<br />

Die Landschaften<br />

strahlenfür mich immer etwas<br />

Heimeliges aus.“<br />

Nach der Gründung des Erlichthofes<br />

1990 reifte in ihr die<br />

Idee,als Buschweibel denMenschen<br />

von nah und fern die Sagen<br />

der Region nahezubringen.<br />

Der Begriff Buschweibel<br />

stammt von der gleichnamigen<br />

Figur einer Oberlausitzer Sage,<br />

die in Königshain angesiedelt ist.<br />

„In Kittlitz gibt eseinen Pfarrbusch,<br />

eine dichte Ansammlung<br />

von Haselnusssträuchern. Ich<br />

stelle mir vor, dassdas Buschweibel<br />

dort drinnenlebt“, soMarion<br />

Kuchra.<br />

„In allen Sagenist<br />

Wahrheit drinund<br />

ein bisschen<br />

Wunderbares.“<br />

Seit mehreren Jahren erzählt<br />

sie regelmäßig in der Scheune des<br />

Erlichthofes lokale Sagen. „In allen<br />

Sagen, in allen Märchen ist<br />

Geschichte drin, ist Geografie<br />

drin, ist Wahrheit drin und ein<br />

bisschen Wunderbares. Etwas,<br />

das man nicht erklärenkann“,ergänzt<br />

sie lächelnd.<br />

Zu ihren Auftritten nimmt sie<br />

stets eine Ausgabe des Buches<br />

„Sagen der Oberlausitz“mit. Aus<br />

den 330 Geschichten wählt sie<br />

passend zur Jahreszeit und zum<br />

jeweiligen Publikum aus, welche<br />

Sagensie erzählen wird. Mit Karten<br />

und Begleitmaterialien aus<br />

der Natur,die zumMärchen passen<br />

und vom Publikum in die<br />

Hand genommen werden können,<br />

können sich die Zuhörer in die<br />

Geschichte hineinversetzen.<br />

Dabei seien die Sagen in ihren<br />

ZurWeihnachtszeit erzählt Marion Kuchra:<br />

„Die kleinen Leutevon Swabedoo“<br />

Einst lebten kleine, glückliche Leute auf der Erde, ineinem<br />

Dorf namens Swabedoo. Sie waren fröhlich und<br />

grüßten jeden, den sie trafen. Jeder von ihnen trug über<br />

der Schulter einen Beutel mit kleinen, weichen Pelzchen.<br />

Wenn zwei Swabedoooahs aufeinander trafen,<br />

schenkten sie sich gegenseitig eines der Pelzchen. Es ist<br />

etwas Besonderes, einem Anderen etwas Warmes und<br />

Flaumiges zu schenken. So gaben und bekamen die kleine<br />

Leute von Swabedoo gerne Pelzchen und waren<br />

ohne Zweifel glücklich über diesen Brauch.<br />

Eines Tages traf einer von ihnen auf einen großen, grünen<br />

Kobold. Er streckte ihm ein Pelzchen entgegen,<br />

doch der Kobold wehrte abund sagte: „Gib nicht jedem<br />

eines davon! Sonst gehen dir bald die Pelzchen aus.“<br />

Der Swabedooah war verwirrt. Wenn jeder jedem ein<br />

Pelzchen schenkt, wie sollten sie dann ausgehen? Doch<br />

die Zweifel waren gesät.<br />

Augennicht nur für Kinder interessant.<br />

„Bei den Älteren merke<br />

ich, dass sie im Herzen auch immer<br />

ein Stück weit Kind geblieben<br />

sind. Besondersindiesen Zeiten<br />

helfen uns Geschichten weiter.<br />

Wir brauchen unsere Wurzeln.<br />

Ohne diese schweben wir im<br />

Raum.Zuachten, wasimVergangenen<br />

gewesen ist oder erzählt<br />

Aufdem Erlichthof erzählt dasBuschweibel regelmäßig Sagenaus<br />

der Region.<br />

Archivfoto: Marion Girth<br />

Dem Nächsten, den er traf, schenkte der Kleine kein<br />

Pelzchen mehr. Bald taten dies immer mehr und das<br />

Gleichgewicht geriet aus den Fugen: Es gab Streit darum,<br />

wer wie viele Pelzchen besaß und wie viele Pelzchen<br />

eine Mahlzeit wert sein durften. Das grämte viele<br />

der kleinen Leute. Sie waren nicht mehr fröhlich, gingen<br />

gebückt. Einige wurden krank. Das erschrak den<br />

Kobold, wollte erdoch nicht, dass den kleinen Leuten<br />

ein Leid geschah. Er wolle ihnen nur zeigen, dass die<br />

Welt auch manchmal kalt sein kann.<br />

Aus diesem Grund holte eraus seiner Höhle viele kleine<br />

Beutel mit stacheligen Steinen hervor und verteilte<br />

diese an die Bewohner des Dorfes. So konnten die kleinen<br />

Leute wieder etwas schenken, wenn sie einander<br />

begegneten. Doch die Steine waren kalt und unhandlich.<br />

Sie machten die kleinen Leute unsicher. Man wusste<br />

nicht, ob der Gegenüber die Geste freundlich meinte.<br />

Nicht wenige Dorfbewohner kramten deshalb bald die<br />

Pelzchen unter ihren Betten hervor, lüfteten sie aus und<br />

begannen sie an Freunde, die sie des Weges trafen, zu<br />

verschenken.<br />

Wie leuchteten da die Augen der Beschenkten! Ein weiches<br />

Pelzchen statt der stacheligen Steine. Nicht wenige<br />

eilten unverzüglich nach Hause, holten ihre Pelzchen<br />

heraus und gaben dem Schenkenden eines zurück. Doch<br />

die Steine verschwanden nie gänzlich. Die Welt der<br />

Swabedooah hat sich geändert. Doch wer weiß, vielleicht<br />

bekommst du auch eines Tages ... ?<br />

wurde, spielt für die Zukunfteine<br />

Rolle. Deswegen sind viele der<br />

Geschichten auch heute noch<br />

lehrreich.“<br />

Im Advent erzählt Marion<br />

Kuchra besonders gern die Geschichte<br />

der kleinen Leute von<br />

Swabedoo. Darin verlieren die<br />

Leute durch von außen gesäte<br />

Zweifel den Glauben aneine Gemeinschaft,<br />

in der jeder auf den<br />

anderen achtgibt. Das hat Folgen<br />

für die Dorfgemeinschaft.<br />

Die Rietschenerin verweistauf<br />

das Schlesische Hungertuch. Den<br />

traditionell imBlaudruck gehaltenen<br />

Stoff ziert ein Spruch, der<br />

vorÜbermutaufgrund vonmateriellemBesitz<br />

warnt: „DieArmut<br />

schafft Demut, diese wiederum<br />

den Fleiß, aus Fleiß entsteht<br />

Reichtum“,rezitiert sie. Mit dem<br />

Reichtumkomme jedoch auch eigennütziges<br />

Handeln, das wiederum<br />

zu Krieg und Armut führen<br />

könne, sodass der Kreislauf von<br />

Neuem beginnt. Im Fall vonSwabedoo<br />

ändere dies den Geist der<br />

Gemeinschaft für immer.<br />

„Es ist nicht nur ein Abtauchen<br />

in Märchen, sondern auch eine<br />

Möglichkeit, das Gute in der Welt<br />

zu zeigen und Probleme auf eine<br />

sanfte Weise anzusprechen“, erläutert<br />

Marion Kuchra. „So werden<br />

die Zuhörer zum Nachdenken<br />

angeregt und können selbst<br />

hinterfragen, wassie in ihrem Leben<br />

vielleicht ändern möchten.“<br />

Denn das sei die größte Stärke<br />

der Geschichten: die Welt ein<br />

kleines Stück besser zu machen.<br />

Als Buschweibel nimmtMarionKuchra ihreZuhörer mit aufeinefantastische<br />

Reise.<br />

Foto:HeikeReiß<br />

Foto:Jiri Hera/shutterstock.com<br />

Das Jahr neigt sich seinem Ende zu.<br />

Für uns ist das die Gelegenheit, auf die<br />

vergangenen Monate zurückzublicken.<br />

Wir sehen dabeivor allemauf dasgroße Vertrauen<br />

unddie Treue, die unsunsere Kundenjeden Tag<br />

geschenkt haben. h Dafürmöchten wir uns von Herzen<br />

bei Ihnen bedanken.<br />

Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie ein<br />

schönesFest und entspannte Feiertage.<br />

Kommen Siegut insneue Jahr und starten Sie<br />

mit voller Kraft durch.<br />

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4 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

Weiße Weihnacht istdie Ausnahme<br />

Ein Blick aufsWetter Früher gabeszu<br />

Weihnachten immer Schnee. Mit diesem<br />

Vorurteil räumt Günter Kobelaus Ortrand<br />

auf.Der 93-jährigeHobbymeteorologe<br />

dokumentiert seit Jahrzehnten das Wetter.<br />

VonTorsten Richter-Zippack<br />

ZuWeihnachten 2020 jährt<br />

sich ein kleines Jubiläum<br />

zum zehnten Mal: 2010<br />

waren die Festtage letztmalig<br />

komplett weiß. In der Heiligen<br />

Nacht vom 24. auf den<br />

25. Dezember schneite esinOrtrand<br />

und Umgebung unentwegt,<br />

sodasssichdie bereitsvorhandene,<br />

18Zentimeter starke Schneedecke<br />

am ersten Feiertag auf<br />

24 Zentimeter erhöhte. Am<br />

27. Dezember waren es bereits<br />

36 Zentimeter, tags darauf sogar<br />

40 Zentimeter.<br />

Aufgeschrieben hatdiese Werte<br />

der Ortrander Günter Kobel.<br />

Underweiß nochmehr:„Im Jahr<br />

2010 winterte es in unserer Gegend<br />

bereits Ende November ein.<br />

Am 1. Dezember 2010 lagen schon<br />

17 Zentimeter Schnee, am2.Dezember<br />

bereits 30 Zentimeter.<br />

Der ganze Monat war durch und<br />

durch winterlich.“<br />

Das Jahr 2010 hatte bereitsmit<br />

Schnee und Eis begonnen. Lagen<br />

am Neujahrstag zwei Zentimeter<br />

Schnee in der Pulsnitzstadt, warenesam11.<br />

Januar schon 22 Zentimeter.<br />

Wenige Tage zuvor war<br />

Schneesturm Daisy über die Region<br />

gerast und hatte für zahlreiche<br />

Schneeverwehungen gesorgt.<br />

Auch sonstwar 2010 wettermäßig<br />

rekordverdächtig. Denn in<br />

manchen Wetterstationen der<br />

Lausitz wurden erstmals mehr als<br />

1000 Liter Niederschlag proQuadratmeter<br />

registriert. In Ortrand<br />

warenesimmerhin 868 Liter. Der<br />

statistische Durchschnitt bewegt<br />

sich zwischen 560 und 570 Litern<br />

je Quadratmeter.<br />

Günter Kobel muss eswissen.<br />

Schließlich beobachtet und dokumentiert<br />

der mittlerweile93-Jährigedas<br />

Wetterinder Regionseit<br />

Jahrzehnten. „Seit 28Jahren bin<br />

ich für den Deutschen Wetterdienst<br />

tätig, gebe regelmäßig die<br />

gefallenen Niederschlägedurch“,<br />

sagt der Ortrander. Bereits zu<br />

DDR-Zeiten interessiertesich der<br />

Lehrer für Mathematik und Physik<br />

für das Wetter. Kein Wunder,<br />

dass Kobelander Schwarzheider<br />

Wandelhof-Schule eine Arbeitsgemeinschaft<br />

„Junge Meteorologen“<br />

mit sechs Schülern ins Leben<br />

gerufen hatte.<br />

Letzte weiße Weihnacht 2010<br />

Die weißen Weihnachten haben<br />

Günter Kobel dabei besondersinteressiert.<br />

„Klar glauben viele<br />

Leute,dassesfrüherzuden Festtagen<br />

öfter weiß war als heute.<br />

Aber das stimmt nicht. Keineswegs<br />

gab eszuWeihnachten jedes<br />

Jahr Schnee und Eis.“ 1969<br />

ging dieser Traum inErfüllung,<br />

ebenso 1970,1976, 1981,1986, 1995,<br />

2000, 2001, 2002 und 2009. Und<br />

eben 2010.<br />

Seitdem hat esnicht eine weiße<br />

Weihnacht mehr gegeben. Laut<br />

Deutschem Wetterdienst gibt es<br />

bundesweit statistisch gesehen<br />

nur alle sieben bis acht Jahre ein<br />

weißes Fest. Demzufolge wären<br />

Schnee und Eisvom 24.bis 26. Dezember<br />

also überfällig.<br />

Doch welches Wetter müsste<br />

sich einstellen, dassesinder Lausitz<br />

tatsächlich zum Fest einwintert?<br />

„Wir bräuchten eine nordwestliche<br />

Strömung, die den<br />

Seit 28 Jahren misstGünter Kobel täglichden Niederschlag undgibt die Summe an den Deutschen Wetterdienst<br />

weiter.<br />

Foto:Torsten Richter-Zippack<br />

Schnee bringt“, sagt der Hobbymeteorologe.<br />

„Anschließend<br />

müsste sich eine Nord- oder<br />

Nordostlage einstellen, die polare<br />

Kälte bringt, damit die weiße<br />

Pracht auch liegenbleibt.“Inden<br />

vergangenen Jahren herrschten<br />

zu Weihnachten dagegen stets<br />

westliche oder südwestliche Luftströmungen<br />

vor. Die gab esfrüher<br />

aber auch schon. Beispielsweise<br />

zu Heiligabend 1977. Damals<br />

wurden plus 16 Grad Celsius<br />

gemessen.<br />

„Ich denke, es liegt am Klimawandel,<br />

dass wir heute kaum<br />

mehr weiße Weihnachtenhaben“,<br />

sagt Günter Kobel. „Luft- und<br />

Meeresströmungen verändern<br />

sich durch das Abschmelzen des<br />

Eises am Nordpol“, lautet seine<br />

Begründung. Seit Jahren befasst<br />

sich der Ortrander mit diesem<br />

Phänomen. „Es macht mir Angst“,<br />

gesteht der pensionierte Lehrer.<br />

Um die Veränderungen zu dokumentieren,<br />

misst er trotz seiner<br />

93 Jahre täglich um 7.30 Uhr<br />

den Niederschlag und gibt die Daten<br />

an den Wetterdienst nach<br />

Potsdam weiter. „Falls esbei mir<br />

mal nicht gehen sollte, springt<br />

mein Schwiegersohnein“, erklärt<br />

Kobel. Der Meteorologie möchte<br />

er aber solange treu bleiben, wie<br />

es seine Gesundheit zulässt. „Und<br />

es wäre mein Traum, wenn ich<br />

noch eineweiße Weihnacht erleben<br />

dürfte.“<br />

Verlässliche Vorhersage<br />

nurfür drei Tage<br />

Wetter istein chaotischesSystem.<br />

Deshalb lässt es sich trotz modernsterTechnik<br />

nur so schwer vorhersagen.<br />

Verlässlich isteinePrognose von<br />

maximal drei Tagen. Bis zu acht bis<br />

zehn Tagenkönnen die Vorhersagen<br />

noch eine Trefferquotevon bis zu<br />

80 Prozent aufweisen, sagt HobbymeteorologeGünter<br />

Kobel. Alles, was<br />

darüber hinausgeht,gehört ins Reich<br />

der Spekulation.


5 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

Weihnachtsvorbereitungen im Haus derBegegnungen in Hoyerswerda: Die Bufdis SilkeSchönert-Strege<br />

und Kristina Fabrizius(v.l.) habeninder Möbelwerkstatt gespendetenWeihnachtsschmuck angeboten.<br />

Leiterin MadlenKrenz zeigthierdie liebevoll in buntes Weihnachtspapier verpackten Geschenke für die<br />

Tafel-Kinder.<br />

Fotos: Katrin Demczenko<br />

ImAdventschreiben oder malen<br />

Kinder Wunschzettel,<br />

basteln Geschenke und warten<br />

sehnsüchtig auf die große<br />

Bescherung unterm Christbaum.<br />

Das stimmt für viele Jungen<br />

und Mädchen, aber einige –<br />

leider auch in Hoyerswerda<br />

–können Weihnachten nicht so<br />

unbeschwert feiern.<br />

Um sieund ihreFamilien kümmert<br />

sich das Team vomHaus der<br />

BegegnungeninTrägerschaftdes<br />

vbff(Vereinbarkeit vonBeruf und<br />

Familie fördern) in der Hoyerswerdaer<br />

Ulrich-von-Hutten-Straße<br />

31. „Jetzt imLockdown ist das<br />

schwierig, aber 2021 wollen wir<br />

wieder durchstarten, sobald wir<br />

dürfen“, sagt Madlen Krenz, die<br />

Leiterin der Einrichtung.<br />

AufGeschenkefür die Kinder<br />

wirdnicht verzichtet<br />

Hilfsbereit In diesemJahr müssen die Mitarbeiter im Haus der Begegnungen in<br />

Hoyerswerda wegender Corona-Pandemie auf vielesverzichten, mit dem sie vorallem<br />

Kindern eine Freude gemachthätten. Trotzdem lassen sie sich nicht entmutigen und<br />

engagieren sich –damit die Kinder und ihreFamilien ein schönesWeihnachtsfesthaben.<br />

VonKatrin Demczenko<br />

Corona schränktAngeboteein<br />

Üblicherweise habe die Kreativgruppe<br />

den Speisesaal geschmückt,<br />

in dem immer inder<br />

letzten Woche vor den Ferien<br />

Schulklassen ihreWeihnachtsfeiern<br />

hatten, berichtet Bärbel Zimmerhackel.<br />

Sie war 2018 als Bundesfreiwilligendienstlerin<br />

(Bufdi)<br />

beteiligt und hatte mit den Kindern<br />

Geschenke gebastelt. „Ach,<br />

das war eine schöne Zeit“, erinnertsie<br />

sich gern zurück. Derzeit<br />

kocht sie als Euro-Jobberin mit<br />

anderen Mitarbeitern Mittagessen<br />

und reicht esden Kunden<br />

durchs Fenster.<br />

IhreKollegin JennyGregorerzählt<br />

von Plätzchen, die die Küche<br />

imAdvent für jene Kinder<br />

und Jugendlichen gebacken hat,<br />

die in der Hoyerswerdaer Tagesklinik<br />

für Psychiatrie,Psychotherapie<br />

und Psychosomatik behandelt<br />

werden. In den Vorjahren haben<br />

diese Patienten im Haus der<br />

Begegnungen Weihnachten gefeiert.<br />

2020 können sie wenigstens<br />

in der Klinik leckeres Gebäck aus<br />

der Küchedes Hauses derBegegnungen<br />

naschen.<br />

Hausder Begegnungen in Hoyerswerda<br />

Im Haus der Begegnungen<br />

desTrägers<br />

vbff (Vereinbarkeit von<br />

Beruf und Familien fördern<br />

in Ost<strong>sachsen</strong> e.V.)<br />

in der Ulrich-von-Hutten-Straße<br />

31 finden Familien,<br />

Frauen sowie<br />

Asylbewerber Unterstützung,<br />

die ihr Leben<br />

neu ordnen wollen. Die<br />

Suppenküche, die Möbelwerkstatt,die<br />

Tafel<br />

sowie die Kleiderkammer<br />

geben HilfeinNotsituationen.<br />

DerJobtreff<br />

unterstützt Arbeitslose,<br />

und die Alltagsbegleiter<br />

kümmern sich um Senioren.<br />

Die Sozialberatung<br />

hilftallen Menschen, die<br />

bei Behörden Anträge<br />

stellen müssen.<br />

Kontakt:<br />

Telefon<br />

03571 609886<br />

Puppentheater muss warten<br />

Im Advent 2019 kamen Kita- und<br />

Hortkinder aus Hoyerswerdaund<br />

Umgebung in das Puppentheater<br />

in der Ulrich-von-Hutten-Straße<br />

31. Auf der Bühne erlebten sie<br />

kreativ veränderte Geschichten<br />

aus Kinderbüchern, berichtet deren<br />

Schöpferin Madlen Krenz.<br />

Mit der Puppenspielgruppe hat<br />

sie die Stücke geprobt, die Kulissen<br />

wurden vonder Kreativgruppe<br />

mit der Hand gemalt. Und<br />

wenn Kita-Kindernicht kommen<br />

konnten, fuhren eben die Puppenspieler<br />

mit einer kleineren Bühne<br />

zu ihnen. Wie Madlen Krenz<br />

erzählt, waren sie schon öfter in<br />

den Einrichtungen in Bernsdorf,<br />

Bluno undimBetriebskindergartender<br />

Firma Pewo in Bergen. Sie<br />

wünscht sich, dass all diese Auftritte<br />

bald wieder möglich sein<br />

werden.<br />

Etwas hat sich dann aber auch<br />

in diesem Corona-Jahr nicht geändert:<br />

Alle Kinder bis zum<br />

zwölftenLebensjahr,deren Eltern<br />

die Tafelnutzen, erhaltenvon den<br />

Mitarbeitern des Hauses ein<br />

Weihnachtsgeschenk.<br />

So können sich 107 Kinderentsprechend<br />

ihres Geschlechtsund<br />

Alters über Puppen, Spiele, Teddys,<br />

spannende Bücher und einen<br />

Schoko-Weihnachtsmann freuen,<br />

zählt Madlen Krenz auf.Sie weiß:<br />

Das wäre ohne freiwillig spendende<br />

Bürger und Firmen aus<br />

Hoyerswerda nicht möglich. Dafür<br />

ein dickes Dankeschön! Die<br />

Eltern haben die Päckchen für<br />

ihre Kinder pünktlich vorm Fest<br />

zur Öffnungszeit der Tafel erhalten.<br />

Kristina Fabrizius, die derzeit<br />

als Bufdi in der Möbelwerkstatt<br />

im Haus der Begegnungen arbeitet,<br />

freutsich für ihren Sohn über<br />

diese Aktion. Er gehört auch zu<br />

jenen 50 Kindern, die einen<br />

Wunschzettel bei der Initiative<br />

„MitmachstadtHoyerswerda“ abgeben<br />

durften.<br />

Projekt„Mitmachstadt“hilft<br />

Dabei erfüllen Hoyerswerdaer<br />

Bürger 200 Kinderwünsche im<br />

Wert von jeweils maximal<br />

20 Euro. Die kleinen Empfänger<br />

haben ihrePäckchen gestern und<br />

vorgestern im Lausitz-Center<br />

vomWeihnachtsmann überreicht<br />

bekommen. Center-Manager DieterHenkehat<br />

dabei streng auf das<br />

Einhalten der Abstände und Hygienevorgaben<br />

geachtet.<br />

Da der Weihnachtsmann im<br />

Advent Hilfe braucht, hatte Madlen<br />

Krenz den Familien die<br />

Wunschzettel indie Briefkästen<br />

geworfen. Kristina Fabrizius<br />

dankt ihr und meint: „Zwei Geschenke<br />

mehr unterm Tannenbaum<br />

sind doch toll.“ Dann zeigt<br />

sie die hübschen Weihnachtskrippen<br />

undChristbaumkugeln, die in<br />

der Adventszeit neben den sonst<br />

in der Möbelwerkstatt erhältlichen<br />

Schränken und Sofasstehen.<br />

All das seien ebenfalls Spenden,<br />

die helfen, dass jede Familie ein<br />

schönes Weihnachtsfest feiern<br />

kann, sagt Kristina Fabrizius.


6 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

Allein zu Haus oder gemeinsam –<br />

wasbringtdas Fest?<br />

Weihnachten im Corona-Jahr Eine Familien-Beraterin erzählt,was siederzeit erlebt und<br />

hält Anregungen bereit für eine Weihnacht in besonderer Zeit. VonBeate Möschl<br />

„<br />

Weihnachten im Corona-Jahr<br />

ist andersals<br />

je zuvor. Wasmacht<br />

das mit uns und dem<br />

Fest? Manuela Werner von<br />

der Ehe-, Familien- und Lebens-Beratungsstelle<br />

der Caritas<br />

in Cottbus berät Menschen mit<br />

Problemen allen Alters, aus Familien<br />

inverschiedenen Situationen,<br />

als Eltern, Großeltern und<br />

auch Alleinstehende.<br />

„Jede Lebens-Form hat ihre eigenen<br />

Herausforderungen, die<br />

sich manchmal zu Weihnachten<br />

zuspitzen“, sagt sie und räumt mit<br />

einer irreführenden Annahme<br />

auf: „DieKontakt-und Reisebeschränkungen<br />

sind ein Einschnitt<br />

für alle, aber nicht allein<br />

die Ursache für unerfüllteErwartungen<br />

zum Fest. Natürlich geben<br />

sich alle Mühe, aber die Probleme,<br />

die das ganze Jahr über bestehen,<br />

sind Weihnachten nicht<br />

plötzlich weg.“<br />

Einschränkungen ein Segen?<br />

So erlebt sie, dass beispielsweise<br />

Patchwork-Familienoft einorganisatorisches<br />

Problem an den<br />

Feiertagen haben,alle Groß- und<br />

Stiefgroßeltern unter einen Hut<br />

zu bringen. Oder dass Alleinstehende<br />

sichfürchten vorden langen,<br />

einsamen Feiertagen, „an denensie<br />

sich besondersallein fühlen“.Auch<br />

vonGroßmüttern weiß<br />

sie zu berichten, die traurig sind,<br />

weil sie doch immer fürihreKinder<br />

da waren, sich nun aber keiner<br />

mehr blicken lässt, und selbst<br />

die Enkelanderes im Sinn haben,<br />

als Weihnachten bei Oma zu verbringen.<br />

Kann essogesehen nicht sogar<br />

sein, dass Ausnahmesituationen,<br />

wie wir sie in diesem Jahr erleben,imZweifel<br />

ein Segen sind?<br />

Weil es den üblichenWeihnachts-<br />

Manuela Werner istpsychologische Beraterin in der Ehe-, Familien-und Lebens-Beratungsstelle der Caritas in Cottbus.<br />

stress, enttäuschte Erwartungen,<br />

Kränkungen und Streit vermeiden<br />

hilft, wenn man sich garnicht erst<br />

sieht?<br />

Ein Gedanke, der verbreitet ist,<br />

aber nur scheinbar Charme hat,<br />

wie Manuela Werner deutlich<br />

macht. „Es ist ja nicht nur das<br />

Coronavirus, der das Weihnachtsfest<br />

in diesem Jahr problematisch<br />

macht, sondern die Frage, wie flexibel<br />

der Einzelne mit der Situation<br />

umgeht. Corona wirkt wie<br />

ein Brennglas. Probleme können<br />

sich verdichten oder entspannen.“<br />

Kontaktbeschränkungen könnten<br />

zwar ein willkommener Vorwand<br />

sein, anstrengende Weihnachtsbesuche<br />

bei Eltern oder<br />

Großelternzumeiden. „Aberdie<br />

Mutteroder Großmutter, dieihre<br />

Kinder und Enkel kennt und<br />

weiß, dass sie nie wirklich gerne<br />

kommen, wirdtrotzdem gekränkt<br />

sein, auch wenn die Corona-Auflagen<br />

als Begründung herhalten.“<br />

Andererseits gibt es Großel-<br />

Zwischen Weihnachts-Wunsch-Idylle undRealität<br />

Die Kinder und Enkel<br />

haben „wenig Zeit“ und<br />

Lust,zur Großmutterzu<br />

kommen?Dann fragen<br />

Sie sie doch mal, wassie<br />

gerne essen, spielen<br />

oder sonstsomögen.<br />

Haben Sie es rausgefunden,<br />

überlegenSie gemeinsam,<br />

wie sie das<br />

am besten umsetzen<br />

und einplanen können,<br />

damit alle eine gute<br />

Zeit miteinander verleben.<br />

Kennen Sie sich in<br />

dem Metier Ihrer Enkel<br />

nicht aus, können Sie es<br />

sich vonIhnen erklären<br />

lassen. Bekannte mit<br />

gleichaltrigen Enkeln<br />

können Sie befragen.<br />

Sie sind allein und gar<br />

keiner hat sich nach Ihnen<br />

erkundigt? Gehen<br />

Sie in Vorleistung, rufen<br />

Sie IhreBekannteoder<br />

IhreNachbarin an, von<br />

der Sie wissen, dasssie<br />

auch allein ist. Fragen<br />

Sie, wie es ihr geht.Vielleicht<br />

verabreden Sie<br />

sich ja, den nächsten<br />

Spaziergang zusammen<br />

zu unternehmen oder zu<br />

einem festen Termin<br />

wieder miteinander zu<br />

reden, am Telefonoder<br />

bei einer TasseTee.<br />

Ihnen fehlt eine gute<br />

Idee,wie Sie auf die kritischen<br />

Momentereagieren?GuteIdeen<br />

haben<br />

oftdie guteFreundin,<br />

die Kinder,auch Arbeitskollegen.<br />

Fragen Sie<br />

doch bei Ihnen nach,<br />

wie es ihnen mit Weihnachten<br />

geht,obsie<br />

auch Angst vordem Alleinsein<br />

oder dem Familienbesuch<br />

haben, was<br />

sie tun, wassie lassen<br />

und wassie viel lieber<br />

tun würden.<br />

NächstesJahr wird<br />

allesbesser,sagen<br />

Sie? Glückwunsch! Das<br />

istder ersteSchritt zu<br />

einem richtig guten<br />

Plan. Schreiben Sie auf,<br />

wasIhnen in den Sinn<br />

kommt,und sammeln<br />

Sie, wasdie Familie an<br />

Ideen geäußert hat.So<br />

haben Sie die ersten<br />

Ideen schon griffbereit,<br />

wenn es an die Planung<br />

desnächstenWeihnachtsfestes<br />

geht.<br />

Corona wirkt<br />

wie ein Brennglas.<br />

Probleme können<br />

sich verdichten oder<br />

entspannen.<br />

„<br />

Fürdie<br />

schlimmsten<br />

Momente machen<br />

wir einen<br />

Notfall-Plan.<br />

Foto:Beate Möschl<br />

tern, die sagen, ihnen sei es egal,<br />

ob sie sich mit Corona anstecken.<br />

Ihnen sei wichtig, Weihnachten<br />

in Familie zuerleben.<br />

„Auf der einen Seite ist dieser<br />

Wunsch sehr gut zu verstehen.<br />

Gleichzeitig möchten erwachsene<br />

Kinder ihre Eltern und Großeltern<br />

nicht unnötig gefährden,<br />

weil sie denken, es sich nie verzeihen<br />

zu können, wenn ihreLieben<br />

dann erkranken“, schildert<br />

Manuela Werner aus der Beratungspraxis<br />

und sagt: „Ich glaube,<br />

trotz offizieller Lockerungen<br />

zu Weihnachten wird das zu bedenken<br />

sein, und esmuss eine<br />

Entscheidung getroffen werden in<br />

der Familie.“<br />

Das müsse niemand allein mit<br />

sich ausmachen, sagt sie und<br />

empfiehlt, miteinander zureden,<br />

auszusprechen, was einen bewegt,<br />

und dem anderen zuzuhören,<br />

welche Sorgen und Bedürfnisse<br />

er hat. „So lassen sich gemeinsam<br />

Entscheidungen treffen,<br />

mit denen amEnde jeder gut leben<br />

kann.“ „Wir haben hier viele<br />

Menschen, die Sorgen und Nöte<br />

haben, wenn sie an die Weihnachtsfeiertage<br />

oder Silvester<br />

denken. Oft kennen sie die Momente,indenen<br />

es amschlimmstenwird,<br />

ziemlich genau. Fürdiese<br />

Momente machen wir hiergemeinsam<br />

einen Plan, eine Art<br />

Notfall-Plan, falls es wirklich<br />

schlimm wird“, erzählt Manuela<br />

Werner.<br />

Doch wie sieht so ein Notfall-Plan<br />

aus? „Das ist natürlich<br />

hochverschieden“, sagt Manuela<br />

Werner und erzählt vonder Frau,<br />

die sich für einen besonderen<br />

Weihnachtsspaziergang entschieden<br />

hatund sich dafür ihren Lieblingsmantel<br />

zurechtlegt. „Andere<br />

suchen einen besonderen Ort auf,<br />

der ihnen Kraftgibt oder gute Erinnerungen<br />

schenkt. Auch<br />

DVDs werden gern bereitgelegt<br />

oder ein gutesBuch. Eine Seniorin<br />

hat einfach ihre Freundinnen<br />

gefragt, ob sie sie zu bestimmten<br />

Zeiten anrufen kann.<br />

Die haben sich dann reihum dazu<br />

verabredet. AmEnde haben alle<br />

Freude daran gehabt.“<br />

Kreativ werden<br />

Wasaber, wenn der traditionelle<br />

Gang zur Kirche nicht möglich<br />

ist? „Das kann ein harter Einschnitt<br />

sein“, sagt Manuela Werner.<br />

Sie macht Mut, dann kreativ<br />

zu werden und Spiritualität mal<br />

anders zu leben: „Es gibt viele<br />

Ideen zum Beispiel imInternet.<br />

Viele Kirchgemeinden machen<br />

sich richtig gute Gedanken dazu<br />

und stellen sie zur Verfügung.“ So<br />

kann der unfreiwillige Verzicht<br />

auf den Weihnachts-Gottesdienst<br />

auch inspirierend sein<br />

und einmal mehr bewusst werden<br />

lassen, was wirklich wichtig<br />

ist.<br />

Maurer- &Klinkerarbeiten ·Putzleistungen<br />

Meinen Kunden wünsche ich besinnliche<br />

Weihnachtsfeiertage sowie ein gesundes<br />

underfolgreichesneues Jahr!<br />

Ralf Gebhardt<br />

Pflasterweg7<br />

03130Spremberg<br />

Tel. 03563-34 26 56<br />

Fax 035 63-6 08 09 14<br />

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7 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

Wenn im Spreewald<br />

die Fließezufrieren,<br />

wird gefühlt jeder<br />

Einwohner zum Geheimtippgeber<br />

–oder auch zum<br />

Geheimtipp-Geheimhalter –, was<br />

die besten Stellen für freches Flitzen<br />

auf den Flächen angeht. Jahr<br />

um Jahr warntdie Wasserschutzpolizei<br />

vordem Betreten derFließe<br />

–und das ist gut so, denn um<br />

ordentlich zuzufrieren und sämtliche<br />

Eisprinzessinnen, Puckjäger<br />

und andere Kufenfreunde sicher<br />

zu tragen, braucht es schon ein<br />

paar eiskalte Nächte –und auch<br />

Tage.<br />

Ein Traum aus Eis<br />

Doch wenn die Temperatur ausreichend<br />

lange unter null verharrt,<br />

verwandelt sich die Fließlandschaft<br />

in einen majestätischen<br />

Traum aus Eis. Geeignete<br />

Flächen gibt es viele –von der<br />

überschwemmten Wiese über<br />

den zugefrorenen See bis zu den<br />

flachen Fließen mit dicker Eisschicht,<br />

die man sonst als Wasserweg<br />

fürs Kahnfahren nutzt.<br />

Geheimtipp-Kenner dürfen so<br />

manchen Abschnitt an den knackig-kalten,<br />

sonnigen Tagenganz<br />

für sich (und dann dieses Jahr<br />

auch coronakonform) genießen.<br />

Für Freunde des geselligen Eisausflugs<br />

gab es in den vergangenen<br />

Jahren spontane Anlaufpunkte<br />

mit Glühwein und wärmenden<br />

Leckereien.<br />

Eislaufen in der Historie<br />

Historischgesehen warendie zugefrorenen<br />

Fließe im Spreewald<br />

weniger fürsVergnügen, sondern<br />

für die Arbeit wichtig. Im Lübbener<br />

Stadt- und Regionalmuseum<br />

gibt eseinen ganzen Fundus an<br />

Schlittschuhkufen aller Art, die<br />

unter die Winterschuhe geschnalltwurden.<br />

Die Postkartenbildervon<br />

Heutransporten übers<br />

Eis, manchmal handkoloriert,<br />

sind im kollektivenSpreewaldgedächtnis<br />

ebenso verankert.<br />

Undzwargleich neben der vergnüglichen<br />

Seite, den Spreewäldern<br />

mit ihren Stoßschlitten, Kindern<br />

und –ein besonderer Hingucker<br />

–Frauen der FließlandschaftinTracht.Wer<br />

sie erblickt,<br />

fragt sich unwillkürlich, wie<br />

warm (oder besser: wie kalt) das<br />

ist – immerhin entsteht beim<br />

Schlittschuhlaufen ein gewisser<br />

Fahrtwind. Die Vorstellung lässt<br />

Wenn der Spreewald<br />

zur Eislandschaft wird<br />

Winterzeit Aufschnellen Kufenüberzugefrorene Fließe flitzen, klare<br />

Luft undstille Landschaftgenießen –ein Traum, der sich nicht jeden<br />

Winter erfüllt.Doch wasträgt die Spreewälderin, wenn es kalt wird?<br />

VonIngvil Schirling<br />

So sieht’sbei den Spreewälderinnen unterm Rock aus. Die Steinkirchner Trachtenträgerinnen zeigen, wie<br />

sie sich im Winter warmhalten. Die unbedecktenKörperteiledienendann der Abkühlung,wenn es beim<br />

Tanzen heißwird. DasFotoentstand vordem Lübbener Haus Burglehn.<br />

Foto:privat<br />

Die Tracht,die AlexandraEhrlich<br />

trägt, wärmt allein schon durch<br />

die Stofflagen. Dennoch gibt es<br />

als KälteschutzWollstulpen.<br />

FOTO: PRIVAT<br />

Undlos geht‘s! Mitviel Glück<br />

bietet sich im Winter dieser<br />

Spreewald-Anblick, wenn die<br />

Fließe zugefrorensind.<br />

FOTO: KATRIN KUNIPATZ<br />

AlexandraEhrlichzeigt dieälteste<br />

Tracht in Steinkirchen. Drunterkommt<br />

der Unterrock,andere<br />

tragen spezielle Unterhosen.<br />

FOTO: INGVIL SCHIRLING<br />

schaudern, dass er<br />

am Ende neben Armen<br />

und Beinenwomöglich<br />

auch noch<br />

tiefer liegende<br />

Schichten auskühlen<br />

könnte.<br />

Betrachten wir also nach den<br />

historischen Schlittschuhkufen<br />

die Etage darüber: Wasträgt die<br />

Spreewälderin unterm Rock, damit<br />

sie nicht auskühlt? Eine junge<br />

Frau, diedas wissen mussund<br />

mit ihren Antworten nebenbeibeweist,dassdie<br />

Trachtentradition<br />

im Spreewald nach wie vorgelebt<br />

wird, kommt aus Lübben-Steinkirchen.<br />

Alexandra Ehrlich trägt die älteste<br />

Tracht des Ortsteils der<br />

Spreewald-Kreisstadtund ist Teil<br />

einer aktivenGruppe vonjungen<br />

Leuten, die Fastnacht, Spinte und<br />

andere Höhepunkte feiern –<br />

selbst wenn sie zwischenzeitlich,<br />

vonBerufswegen, weiter wegtätig<br />

sind. Die Tracht wurde von<br />

der Großmutter ihres Freundes<br />

an sie weitergegeben –eine große<br />

Ehreunter Spreewälderinnen.<br />

„Sie passte wie angegossen“,sagt<br />

die Steinkirchnerin, die in der<br />

Spreewald-Info der TKS Lübben<br />

arbeitet. Sie habe nichts ändern<br />

lassen.<br />

AufschnellenKufen<br />

übers Eis flitzen -dieses<br />

Vergnügen gehört zum<br />

Spreewald wie der Zimt<br />

in den Glühwein. Vonder<br />

Historie, die nicht immer<br />

nur mit der vergnüglichen<br />

Seite,sondern auch viel<br />

mit Arbeit zu tunhatte,<br />

zeugtdie<br />

Kufensammlung im<br />

Museum Schloss Lübben.<br />

Foto:Katrin Kunipatz<br />

Die Tracht istwarm<br />

Grundsätzlich wärmt die Tracht<br />

ohnehin durch die vielen Lagen.<br />

„Wir haben lange Unterbuxen“,<br />

sagt AlexandraEhrlich, „aber wir<br />

tragen sie eher, damit man beim<br />

Tanzen, wenn die Röcke fliegen,<br />

nicht zu viel sieht“, sagt sie<br />

schmunzelnd.<br />

Dass diese Buxen zusätzlich<br />

wärmen, ist auf dem Wegzuden<br />

winterlichen Spinte-Veranstaltungen<br />

recht praktisch.<br />

Die Steinkirchnerinnen<br />

machten sich eine<br />

Gaudi daraus, ausnahmsweise<br />

– im<br />

Lübbener Trachtenfestjahr<br />

bei der bedeutsamen<br />

Auftakt-Spinte–mal die Röckezu<br />

heben und Einblick in die blütenweißen<br />

„Unter“-Welten zu geben.<br />

Die Buxeschützt vorkaltem Luftzug<br />

–und für die Beine gibt es<br />

Wollstulpen, die aufwärts der<br />

Fußknöchel bis zu den Oberschenkeln<br />

reichen. Auch die<br />

Arme können derart bedeckt werden,<br />

und für den Oberkörper über<br />

dem Schultertuch gibt es Boleros<br />

oder Blazer.<br />

„Am besten gleich tanzen“<br />

Alexandra Ehrlichs Geheimtipp<br />

ist aber noch ein anderer: „Am<br />

besten schnell einmarschieren<br />

und gleich tanzen“, beschreibt sie<br />

augenzwinkernd die Strategie bei<br />

den Winterveranstaltungen. Das<br />

macht die Wollstulpen schon<br />

überflüssig.<br />

Dass heutzutage junge Frauen<br />

in Spreewaldtracht auf historischen<br />

Kufen ihre Pirouetten drehen,<br />

ist wirklich sehr selten. Vielleicht<br />

zieht, Pandemiefreiheit<br />

vorausgesetzt, mit der Lübbener<br />

Eisbahn solch ein Postkartenmotiv<br />

auf dem Marktplatz ein. Das<br />

wäre historisch.<br />

Bis dahin greift die Spreewälderin<br />

zu dem Mittel, das alle Fans<br />

des Draußenseins im Winter<br />

schätzen: Funktionsunterwäsche<br />

und Thermohose. Der Jagd nach<br />

dem Eishockey-Puck und dem<br />

Ausflug in die Eislandschaft stehen<br />

dann weder Rock noch Luftzug<br />

im Wege.


8 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

Bescherkind gibt Hoffnung und Zuversicht<br />

Wendischer Brauch Die Spreewaldweihnacht im Freilandmuseum Lehde<br />

istindiesemJahr ausgefallen. Dafürlebt der Niederlausitzer Brauch desBescherkindes<br />

in der Lübbenauer Altstadt auf. VonPeter Becker<br />

DasBescherkindund seineBegleiterin in der LübbenauerAltstadt.<br />

Im Freilandmuseum Lehde<br />

wird alljährlich zur Spreewaldweihnacht<br />

der NiederlausitzerBrauch<br />

des Bescherkindes<br />

gezeigt. Der Heimatverein<br />

Rubisko, der wendische Trachten<br />

und Bräuche pflegt, hat sich dabei<br />

am Jänschwalder Bescherkind<br />

orientiert und die Figur weitestgehend<br />

an das Original angelehnt.<br />

Vereinsvorsitzende Andrea<br />

Pursche: „Wir wollten den Besuchern<br />

des Freilandmuseums etwas<br />

Besonderes, aber auch Authentisches<br />

bieten. Dass dieser<br />

Wegrichtig war, beweist nicht zuletzt<br />

der Andrang der Besucher,<br />

wenn wir durch das Freilandmuseum<br />

schreiten: Sie wollen vom<br />

Bescherkind Trost und Zuversicht<br />

vermittelt bekommen und<br />

freuen sich über die Wünsche<br />

und über die vergoldeteNuss, die<br />

wir jedem als Glücksbringer<br />

schenken.“<br />

Andrea Pursche hatweder Aufwand<br />

nochMühegescheut,diese<br />

Figur über die Jahre zuetablieren.<br />

Sie berichtet, dass sie spüre,<br />

wie sehr sich „die Menschen da<br />

draußen“ nach Glück und Zufriedenheitsehnen.<br />

Abwechselnd mit<br />

anderen Vereinsfrauen stellt sie<br />

das Bescherkind dar oder ist als<br />

Begleitperson dabei.<br />

Sie erleben dabei so ziemlich<br />

alle menschlichen Gefühlsregungen,<br />

von Hoffnung auf Gesundheitbis<br />

hin auf Verbesserung der<br />

persönlichen Lebensbedingungen,<br />

manchmal begleitet vonTränen<br />

in den Augen. Kinder schauen<br />

staunend und vollerErwartung<br />

in das verdeckte Gesicht –und<br />

sind manchmal auch ein wenig<br />

enttäuscht, denn eine Nuss wird<br />

nicht von jedem Kind als Geschenk<br />

angesehen.Hier hilftdann<br />

elterliche Aufklärung über die<br />

erste Betroffenheit hinweg. Es<br />

kommt sogarvor,dassGästeihre<br />

Nuss vomVorjahr mitbringen und<br />

nur eine neue Segnung wünschen.<br />

All das kommtbei den Organisatorengut<br />

an, denn es zeigt, dass<br />

dasBescherkind einen festen und<br />

nicht wegzudenkenden Platz im<br />

Ablauf der Spreewaldweihnacht<br />

hat.<br />

In diesem Jahr finden bekanntlich<br />

keine Veranstaltungen im<br />

Freilandmuseum Lehde statt.<br />

„Aber das Bescherkind soll dennoch<br />

stattfinden –gerade indieser<br />

Zeit, in der wir Menschen<br />

Hoffnung und Zuversicht mehr<br />

denn je brauchen“, sagt Andrea<br />

Pursche.<br />

Im Rahmen des Lübbenauer<br />

Adventskalenders, eine Aktion<br />

der Altstadthändler, öffnete sich<br />

am 9. Dezemberdie Türder Lübbenauer<br />

Touristinfo. Mit Abstand,<br />

gewährleistet durch eine etwas<br />

längereBirkenrute,wünschtedas<br />

Bescherkind inBegleitung von<br />

Foto:Peter Becker<br />

Nadine Feist Ehrerbietung mit<br />

Glück und Segen; das Streicheln<br />

der Wangemusstefreilich entfallen.<br />

Dafür war der Mundschutz<br />

des Bescherkindes überflüssig,<br />

denn das mehrfach bedeckte Gesicht<br />

bot so etwaswie Vollschutz.<br />

Die vergoldete Nuss, überreicht<br />

von der Begleiterin, wurde sehr<br />

dankbar angenommen.<br />

Brauch wirdauch in der<br />

Oberlausitz gepflegt<br />

Auch um Schleifeund Hoyerswerda<br />

wirdder Brauch desBescherkindes<br />

gepflegt.Mehrals zwei Stunden dauert<br />

es,die großeHoyerswerdaer Festtracht<br />

anzulegen. Dazu gehören bis zu<br />

fünf Unterröckeinverschiedenen Farben,<br />

ein plissierter schwarzerÜberrock<br />

und zwei Schürzen, wovondie<br />

obereweiße mit kunstvoller Lochstickerei<br />

versehen ist. VonHoyerswerda<br />

über Neustadt/Spree,Sabrodt bis<br />

Schleifevariieren die Trachten. Beider<br />

Schleifer Trachtgibt es acht Variationen,<br />

weil jedesKirchspiel ein eigenes<br />

sorbischesChristkind hat.Meist werden<br />

die Trachtenteile über Generationen<br />

vererbt.Hauben und Tücher sind<br />

Prachtstücke, besticktund verziert<br />

mit bunten Bändernund Perlen. Zur<br />

Ausstattung gehört ein Glöckchen,<br />

mit dem es sich bemerkbar macht.<br />

In der sorbisch-katholischen Region<br />

der Oberlausitz gibt es diesen<br />

Brauch nicht.Lediglich um Sollschwitz<br />

bei Wittichenau besucht die „Barborka“,<br />

das Abbild der heiligen Barbara,<br />

am Vorabend des4.DezembersFamilien<br />

mit kleinen Kindern. rhf<br />

RenateScharfweiß,wie das<br />

Hoyerswerdaer Bescherkind<br />

richtig angezogenwird.<br />

Archivfoto: T. Richter-Zippack


9 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

365 Tage im Jahr für herrenlose Katzen da<br />

Sie heißen Heike, Martha,<br />

Klein Bärbel oder Wolfgang.<br />

Die Katzen pesen<br />

durch das Haus vonSusanne<br />

Seidler,über Couch, Tisch und<br />

Stühle. Die Herzbergerin betreibt<br />

eine der vielen Pflegestellen des<br />

Tierschutzvereins Tierhilfe Südbrandenburg.<br />

Die Namen, die<br />

auch in den Impfpasseingetragen<br />

werden, hatsie den Katzen selbst<br />

gegeben. „Ich nehme gern etwas<br />

ältereNamen“, sagt Susanne Seidler<br />

und streichelt Klein Bärbel.<br />

350 Tiere, vorrangig Katzen,<br />

habendie Vereinsmitglieder 2019<br />

an neueBesitzervermittelt.Etwa<br />

400,soschätzen sie,werden es in<br />

diesem Jahr sein. Viele dieserTiere<br />

sind durch Susanne Seidlers<br />

Pflege gegangen.<br />

Angefangen hat alles 2015, als<br />

es in Herzberg große Probleme<br />

mit zahlreichen Friedhofskatzen<br />

gab. Der Verein Tierhilfe Südbrandenburg<br />

hatte sich imNovember<br />

zuvorgegründet, wargerade<br />

ein Vierteljahr alt und Susanne<br />

Seidler die ersteVorsitzende.<br />

„Wir haben die Katzen<br />

eingefangen und kastrieren lassen.<br />

Damals haben auch die erstenTiere<br />

bei uns übernachtet.So<br />

nahm dann alles seinen Lauf“, erzählt<br />

sie. InErmangelung eines<br />

Tierheims im Raum Herzberg<br />

wurden wie bei Susanne Seidler<br />

auch bei anderen Vereinsmitgliedern<br />

Pflegestellen eingerichtet.<br />

19 sind esheute insgesamt.<br />

Wenn Menschen nicht wissen,<br />

wohin mit ihren Katzen, oder<br />

wenn sich für die Jungen keine<br />

Besitzer finden, melden sie sich<br />

bei der Tierhilfe Südbrandenburg.<br />

„Wir schauen uns die Tiere<br />

dann vor Ort an. Wenn sie<br />

neun, zehn Wochen alt sind, trennen<br />

wir sie von der Mutter und<br />

sorgenauch dafür,dassdiese kastriert<br />

wird“, berichtet Susanne<br />

Seidler. Sind die Katzen in ihrer<br />

Obhut, kümmert sich die Tierfreundin<br />

darum, dass sie entwurmt,<br />

geimpft,und gechipt werden.<br />

„Wenn die Katzen dann an<br />

neue Besitzer gegeben werden,<br />

sind sie grundimmunisiert und<br />

Weihnachten mit Vierbeinern Ganze19Pflegestellen hat der<br />

Tierschutzverein TierhilfeSüdbrandenburgimHerzbergerRaum.<br />

Eine vonihnen betreut Susanne Seidler.Seit fünf Jahren<br />

kümmert sie sich täglich um Katzen –auchamHeiligabend,<br />

ihrem 50.Geburtstag. VonBirgit Rudow<br />

haben einen guten Start“, erklärt<br />

Susanne Seidler. Etwa dreimal in<br />

der Woche ist sie miteinem oder<br />

mehrerenihrer Schützlinge beim<br />

Tierarzt. Die Kosten dafür trägt<br />

ebensowie für das Futterder Verein.<br />

Ebenso sorgfältig wie bei der<br />

Aufnahme in die Pflegestellen<br />

geht die Tierhilfebei der Vermittlung<br />

der Katzen vor. Das professionelle<br />

Engagement desVereins<br />

hatsichrumgesprochen. Interessenten<br />

kommen nicht nur aus der<br />

näheren Umgebung, sondern<br />

auch aus Dresden, Berlin oder<br />

Meißen und ab und an sogar aus<br />

den alten Bundesländern.<br />

Susanne Seidler informiert<br />

sich genau darüber, wie und wo<br />

Auch KaterWilli warinder Obhut<br />

derHerzbergerTierschützer.<br />

Mittlerweile haterein<br />

neuesZuhausegefunden.<br />

Foto:TierhilfeSüdbrandenburg/<br />

gillmar/shutterstock.com<br />

Seit fünfJahrenbetreut die Herzbergerin Susanne Seidler eineTierpflegestelle desTierschutzvereins<br />

Tierhilfe Südbrandenburg. Am Herzenliegenihr auch krankeoderverletzte Katzen, wieKleinBärbel, die<br />

durch den Katzenschnupfen einAugeverlorenhat.<br />

Foto:Birgit Rudow<br />

die künftigen Besitzerleben,wie<br />

alt sie sind, wie es mit den Familienmitgliedern<br />

funktioniert. „Es<br />

kann schoneine Weile dauern,bis<br />

wir uns für eine Weitergabe entscheiden.<br />

Schließlich soll sowohl<br />

für die Besitzer als auch für die<br />

Katzen alles gutpassen“, sagt sie.<br />

Die neuen Eigentümer müssen<br />

eine Schutzgebühr bezahlen und<br />

erhalten einen Vertrag, in dem<br />

zum Beispiel auch festgelegt ist,<br />

dass Katzen kastriert werden<br />

müssen.<br />

SusanneSeidlerkümmert sich<br />

aber nicht nur um die niedlichen<br />

kleinen Kätzchen undKater,sondern<br />

auch umkranke und alte<br />

Tiere. Und sie wünscht sich natürlich<br />

auch für sie ein liebevollesneues<br />

Zuhause.Wie zumBeispiel<br />

für Klein Bärbel, die mit einem<br />

Katzenschnupfenindie Pflegestelle<br />

kam und wegen der<br />

Krankheit ein Auge verloren hat.<br />

Oder die alte Katze, die sie im<br />

vergangenen Jahr an eine ältere<br />

Dame vermittelt hat –zur besten<br />

Zufriedenheit vonKatze und neuer<br />

Besitzerin.<br />

92 Tiere, darunter auch fünf<br />

Kaninchen,befinden sich zurzeit<br />

in den 19 Pflegestellen der Tierhilfe.<br />

Neun Katzen umsorgt Susanne<br />

Seidler aktuell selbst. Für<br />

die Herzbergerin heißtdas, jeden<br />

Morgen um halb fünf aufzustehen<br />

und sich als erstes den Tieren zu<br />

widmen. Sie macht die Katzenklos<br />

fertig und versorgt die Tiere<br />

mit Futter. Erst dannkümmert<br />

sie sich umsich selbst.<br />

Zum Glück helfen ihr Mann<br />

und ihre Mutter mit, sagt sie.<br />

Denn nach ein paar klärenden Telefongesprächen,<br />

die zumeist<br />

noch anstehen, muss sie zur Arbeit.<br />

„Viele denken, wir machen<br />

das hauptberuflich. Aber das ist<br />

nicht der Fall. Alle Pflegestellenbetreuerinnen<br />

sind auch noch berufstätig,<br />

haben Ehemänner,Partner,<br />

viele auch Kinder. Wir machen<br />

das alles ehrenamtlich. Jeden<br />

Tag, das ganzeJahr.Wenn die<br />

Familien nicht mitziehen würden,<br />

wäre das garnichtmöglich“, sagt<br />

Susanne Seidler.<br />

Wersolch eine Aufgabe übernimmt,<br />

der braucht vor allem eines:<br />

eine besondere Liebe zum<br />

Tier. Und er darf nicht empfindlich<br />

sein, meint dieHerzbergerin.<br />

Denn die Katzen leben praktisch<br />

im Haushalt mit. Sie haben zwar<br />

ihreKatzenzimmer,aber sie brauchen<br />

auch die sozialen Kontakte.<br />

Und obwohl es bei ihren Schützlingen<br />

ein ständigesKommenund<br />

Gehen ist, baut Susanne Seidler<br />

zu jeder Katze eine Beziehung<br />

auf.<br />

Und sie leidet sehr, wenn ein<br />

Tier krank ist und es ihr trotz aller<br />

Bemühungen nicht gelingt,<br />

sein Leben zu retten. Auch das<br />

kommt vor. „Dann bin ich sehr<br />

traurig. Das geht allen in den Pflegestellen<br />

so“, sagt sie. Dafür entschädigen<br />

aber viele schöne Momente.<br />

Zum Beispiel, wenn die<br />

gesamteKatzenfamilie zufrieden<br />

schnurrend vordem Kamin liegt.<br />

Ihr Herz schlägt für die Tiere.<br />

Da macht es ihr auch nicht viel<br />

aus, dass die Familie wegen der<br />

kleinen Wildfänge wohl auch in<br />

diesem Jahr wieder auf den Weihnachtsbaum<br />

verzichten muss.<br />

Unddas, obwohl Susanne Seidler<br />

am Heiligabend Geburtstag hat<br />

und in diesem Jahr auch noch 50<br />

wird. Diese besonderen Anlässe<br />

lassensichaberauch ohneBaum<br />

schön gestalten, sagt sie.<br />

„Wenn die Katzen<br />

an neue Besitzer<br />

gegeben werden, sind<br />

sie grundimmunisiert<br />

und haben einen<br />

gutenStart.“<br />

Einen Wunsch möchte Susanne<br />

Seidler aber anbringen: Werzu<br />

Weihnachten Tiere verschenken<br />

oder sich ein Haustier anschaffen<br />

möchte, der sollte sich sehr genau<br />

überlegen, ob die Voraussetzungen<br />

für das Tier aber auch für<br />

die Besitzer wirklich gegeben<br />

sind, sagt sie. Denn sonst könnte<br />

es sein, dass die niedliche Katze<br />

vomWeihnachtsabend in einigen<br />

Wochen gar nicht mehr soniedlichineiner<br />

der Pflegestellen der<br />

Tierhilfe landet.<br />

DerVerein hat einen eigenen Internetauftritt<br />

tierhilfe-südbrandenburg.de<br />

und istinsozialen Medien wie Facebook<br />

und Instagram sehr aktiv.


10 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

Sovielist klar: Weihnachten<br />

fällt 2020 nicht aus. Auch<br />

nicht wegen Corona. Aber<br />

es wirdein anderes Fest als<br />

sonst. Familien bleiben weitestgehend<br />

unter sich. Übermäßige<br />

Kontakte müssen eingeschränkt<br />

werden, soll die Pandemie bald<br />

vorüber sein. Wieaber wirddann<br />

die Bescherung der Kinder zelebriert?<br />

Wird der Weihnachtsmann<br />

dennoch die Geschenke<br />

bringen?<br />

Reinhard Schwan aus Doberlug-Kirchhain<br />

hat schon imNovember<br />

diese Frage für sich entschieden.<br />

Erwird heute unterwegs<br />

sein. Aber er hat längst<br />

nicht so viele Termine,wie in den<br />

vergangenen Jahren.<br />

Bescherung an der Haustür<br />

Heiligabend in der Pandemie Es istdie Fragealler Fragen am Heiligabend 2020 –mitteninder weltweiten<br />

Corona-Pandemie: Wirdder Weihnachtsmann unterwegssein? Wie soll er bloßdie vielen Geschenkeübergeben?<br />

ReinhardSchwanaus Doberlug-Kirchhain weiß Antworten. VonHeikeLehmann<br />

ReinhardSchwanaus Doberlug-Kirchhainist auch 2020 alsWeihnachtsmann unterwegs.<br />

Die Wunschzettelvon Kindernsammelt derWeihnachtsmann in seinem<br />

goldenen Weihnachtsmannbuch.<br />

Fotos: HeikeLehmann<br />

Kann man einenWeihnachtsmann<br />

beschenken?Klar, mit einem<br />

Bilderbuch zum Beispiel.<br />

Eine Kita kamauf die Idee.<br />

Zeichnungen derKinderwurden<br />

darin gebündelt.<br />

Weihnachtsmann seit 1994<br />

Der 62-Jährige zieht seit 1994 als<br />

Weihnachtsmann von Haus zu<br />

Haus. Reinhard Schwan ist der<br />

Älteste von vier Geschwistern<br />

und stammt aus Sonnewalde. Als<br />

sie klein waren, spieltedie Großmutter<br />

ihnen den Weihnachtsmann.<br />

Er selbst ist stets darauf<br />

bedacht, denMythosWeihnachtsmann<br />

nicht zu zerstören. Selbst,<br />

wenn er ungewöhnliche Wege gehen<br />

muss. In Werenzhain kam er<br />

mal nach getaner „Arbeit“ aus<br />

dem Saal, wolltesich, wie ihm geheißen,<br />

in der Bauernstube nebenan<br />

umziehen. Doch erhatte<br />

nicht mit der Neugier der Kinder<br />

gerechnet. Die Pfiffigsten waren<br />

ihm nachgelaufen und harrten<br />

nun vor der Tür, bis der Weihnachtsmann<br />

wieder herauskam.<br />

Er aber stieg durchs Fenster und<br />

benutzte dann die Haupttür wie<br />

jeder andere andiesem Abend.<br />

Es dauert nur einen Moment,<br />

bis aus Reinhard Schwan mit Bart,<br />

Perücke, Brille und Mantel der<br />

Weihnachtsmann wird. Bestellt<br />

man ihn, ist der Weihnachtsmann<br />

1,82 Meter groß und wiegt<br />

103 Kilo. Erhinterlässt Fußstapfen<br />

der Größe 45. Uhr und Ring<br />

sind tabu, denn Kinder sind sehr<br />

aufmerksam.<br />

Zu seinem Markenzeichen gehört,<br />

dass erüber die Kinder, die<br />

er beschenkt, ganz gern ein bisschen<br />

Bescheid weiß. Das macht<br />

Eindruck. Also nimmt erwenige<br />

Tage vorHeiligabendKontakt zu<br />

den Eltern auf.Die Informationen<br />

schreibt oder klebt er–wenn die<br />

Eltern ihm einen Zettel inden<br />

Briefkasten werfen –inein dickes<br />

Buch. „Schließlich ist der Weihnachtsmann<br />

schon ein älterer<br />

Herr. Kein Mensch verlangt von<br />

ihm, dass ersich alles merken<br />

kann“, sagt Schwan.<br />

Das papierne Gedächtnis ist<br />

von großem Vorteil. Er erklärt:<br />

„Ich kann nachschlagen und<br />

manchmal Dinge überEltern,die<br />

schon als Knirpse vor mir saßen,<br />

einfließen lassen.“ Ermag, wenn<br />

Kinder auf seinen Besuch vorbereitet<br />

sind. „Manche setzen sich<br />

sogar für mich ans Klavier“, erzählt<br />

er.<br />

Einmal hat er21Familien am<br />

Heiligabend und den Feiertagen<br />

abgeklappert. Heiligabend bei<br />

Schwans selbst begann nicht selten<br />

erst nach 21 Uhr. Aber auch<br />

ein Weihnachtsmann ist nicht unbegrenzt<br />

belastbar. „Vor einigen<br />

Jahren bin ich amzweiten Feiertagmit<br />

Vorhofflimmern im Krankenhaus<br />

gelandet“, erinnert er<br />

sich.<br />

Dennochist es jedes Jahr das<br />

Gleiche: Die ersteAnmeldung<br />

trudelt ein Jahr vorher ein, obwohl<br />

er gar keine Werbung<br />

macht. Wieabernun umgehen<br />

mit der Pandemie? Hat der<br />

Weihnachtsmann Angst vor Corona?<br />

„Jein“, antwortet er. „Meine<br />

Tochter arbeitet als Rettungsassistentin,meine<br />

Frau in der Altenpflege,<br />

meine andere Tochter<br />

im MedizinhausKröger. Wirhalten<br />

uns an die Bestimmungen.<br />

Mein Bruder hatte sich dennoch<br />

infiziert. Und ich will das nicht<br />

haben.“<br />

Er sagt: „Es wird eine Bescherung<br />

mit Abstand. Und eswird<br />

keine Fotosmit Weihnachtsmann<br />

und Kindern geben. Aber Kinder<br />

verstehen das. Meine Enkeltochter<br />

ist sieben und glaubt noch an<br />

den Weihnachtsmann.Sie hatgesagt,<br />

er kann ja auf der Straße stehen<br />

bleiben und die Geschenke<br />

ablegen und sie bleibt imHausflur.“<br />

Klingt nach einer gutenLösung.<br />

Weiß sie, dass ihr Opa im<br />

Kostüm steckt? „Vermutlich<br />

nicht, sie hatzwarmal gesagt, der<br />

Weihnachtsmann hört sich an,<br />

wie der Opa. Da habe ich geantwortet,<br />

würde er sich wie die<br />

Oma anhören, wäre es ja nichtder<br />

Weihnachtsmann“, erzählt Reinhard<br />

Schwan.<br />

Drückenwir die Daumen, dass<br />

alle Weihnachtsmänner heute<br />

verschont bleibenvom Virus. Sie<br />

sind für uns und unsere Kinder<br />

unterwegs.<br />

Weihnachtsmann-<br />

Ehrenkodex<br />

DerWeihnachtsmann mag prinzipiell<br />

alle Kinder von0bis 100 und älter.<br />

DerWeihnachtsmann strahltGüte<br />

und Harmonie aus. DerWeihnachtsmann<br />

istgroßzügig und freundlich zu<br />

allen. DerWeihnachtsmann istgeduldig<br />

und ruhig, denn er hat Zeit für jeden.<br />

DerWeihnachtsmann kennt Gedichte,<br />

Geschichten und Weihnachtslieder.Der<br />

Weihnachtsmann schafft<br />

eine schöne und frohe Stimmung. Der<br />

Weihnachtsmann flucht nie. Der<br />

Weihnachtsmann isst,trinktund telefoniert<br />

nicht im Kostüm und im Beisein<br />

vonPersonen (mit Ausnahme,<br />

der Anlasserfordert etwasanderes).<br />

DerWeihnachtsmann raucht nicht im<br />

Kostüm. DerWeihnachtsmann ist<br />

stetskorrektgekleidet.<br />

Quelle: www.weihnachtsbüro.de


11 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

Hölzern wirkt Angela<br />

Merkel in Spremberg.<br />

Schließlich hatdie Bundeskanzlerin<br />

derzeit so<br />

manche harte Nuss zu knacken:<br />

Eine Nussknackerin verbirgt sich<br />

dann auch hinter der Figur mit<br />

Mundschutz in der Hausarztpraxis<br />

Rust. Und eine Sprechstundenhilfe<br />

macht bereits amFensterdeutlich:<br />

Hier kuriert ein Arzt<br />

mit Sammlerherz seine Patienten.<br />

Weihnachtsmänner, Könige,<br />

Bergleute, Soldaten mit Pickelhaube,Jäger,Matrosen,<br />

Mäusekönig<br />

neben Hase und Pandabär<br />

und sogar Braut und Bräutigam<br />

im kunstvollen Design tummeln<br />

sich auf dem Wegzum Wartezimmer.<br />

Als Einzelstück darf Kollege<br />

„Herr Doctor“ nicht fehlen.<br />

Im Sprechzimmer hält ein lebensgroßer<br />

Soldat Wache. „Ein<br />

Geschenk zu meinem 50. Geburtstag.<br />

Stünde er nicht auf dem<br />

Sockel, wäre er so groß wie ich:<br />

ein Meterachtzig“, sagt der Hausarzt<br />

und präsentiert stolz die<br />

Großfigur aus Neuhausen bei<br />

Seiffen.<br />

Aber egal. Klein, groß, dick,<br />

dünn. Eine Nussknacker-Parade<br />

aus verschiedenen Farben, Formen<br />

undMaterialienfülltdie Vitrinen.<br />

Mehr als 6000 zählen zur<br />

Sammlung von Gerd Rust, die<br />

wohl in ihrer Art zu den größten<br />

Deutschlands gehört. Dazu kommen<br />

noch mindestens 500 Räuchermännchen.<br />

„Irgendwann<br />

habe ich aufgehört zu zählen“,<br />

sagt der 72-Jährige.<br />

Sammeln beginnt in Siebzigern<br />

Feuer gefangen hat erMitte der<br />

70er-Jahre. In einem Thüringischen<br />

Kunstgewerbeladen erstand<br />

er seinen ersten Nussknacker,<br />

einen aus Holz gedrechselten<br />

Soldaten aus Sonneberg. „In<br />

der DDR warendie Burschen fast<br />

nur mit Vitamin Bzubekommen,<br />

blieben doch kaum acht Prozent<br />

von ihnen im Lande“, erinnert<br />

sich der Arzt. Daseine Leidenschaft<br />

groß war, eroft im Erzgebirge<br />

rund um Seiffen und auf<br />

Märkten unterwegs war, brachte<br />

er es bis zur Wende immerhin auf<br />

150 Exemplare. Danach wuchsen<br />

natürlich die Möglichkeiten. Heute<br />

steigert er auch kräftig imInternet<br />

mit. „Da lässt sich dann<br />

auch schon einmal ein Nussknacker<br />

mit Teigbart entdecken, der<br />

vom Urvater des weltbekannten<br />

Seiffener Nussknackers Wilhelm<br />

Füchtner gedrechselt wurde.<br />

Am liebsten aber nimmt Gerd<br />

Rust die Stückepersönlich in Augenschein:<br />

„Ich sehe vonWeitem,<br />

ob es ein Original ist oder eine<br />

billige Nachbildung aus Asien“,<br />

sagt er. Wobei auch von dort inzwischen<br />

recht interessante Arbeiten<br />

kommen, schränkt erein.<br />

Ein ganz Großer bewacht diePraxis. Ohne Sockel misstder treue Soldat<br />

einen Meterachtzig undist somit genausogroßwie derMediziner,der<br />

ihn zu seinem 50.Geburtstag erhielt.<br />

Sprechstunde<br />

im Reich der<br />

Nussknacker<br />

Sammelleidenschaft DerSprembergerArzt<br />

GerdRustist vonmehr als 6000 grimmigen<br />

Gesellen aus Holz, Metall und Porzellan<br />

umzingelt.Erbesitzt eine beachtliche<br />

Sammlung vonNußknackern.<br />

VonIda Kretzschmar<br />

DerNapoleon ausdem Jahre1820ist dasälteste Stückdes Sammlers.<br />

Fotos: IdaKretzschmar<br />

JahrhundertealteHandwerkskunst<br />

Gerd Rust teilt mit anderen<br />

die Leidenschaft<br />

für diese Handwerkskunst.<br />

Amerikaner sind<br />

verrücktnach Nussknackern,<br />

dort gibt es etwa<br />

1000 Liebhaber.In<br />

Deutschland besitzen<br />

50 bis 60 mehr als<br />

1000 Nussknacker.<br />

Die älteste Nusszange<br />

stammt aus dem<br />

Jahr 400 vorChristus<br />

und istamFundort in<br />

Süditalien zu bestaunen.<br />

Geschnitzte Figuren<br />

tauchen erstmals im<br />

14. Jahrhundert auf.Erste<br />

gedrechselteHolzfiguren<br />

aus dem Erzgebirge<br />

werden auf das Jahr<br />

1870 datiert.Esgab sie<br />

allerdingsdavor bereits<br />

in Bayern und Thüringen<br />

in anderer Gestalt.JacobGrimm<br />

führt die<br />

Entwicklung dieserFigurenauf<br />

Götzenfiguren<br />

zurück, die vonden<br />

Menschen aufgestellt<br />

wurden, um Hausgeister<br />

zu besänftigen.<br />

Im Erzgebirge erlebte<br />

die Nussknacker-Produktion<br />

aus der Not heraus<br />

nach dem Ende des<br />

Bergbaus einen unglaublichen<br />

Aufschwung.<br />

DerinSeiffen<br />

ansässigeZimmermann<br />

Wilhelm Füchtner<br />

(1844–1923) schnitzte<br />

Mitte des19. Jahrhundertsden<br />

ersten Nussknacker<br />

und leitetedamit<br />

die Geburtsstunde<br />

der legendären HandwerkskunstimErzgebirge<br />

ein.<br />

Die Nußknacker-Vitrinen<br />

Nur ein kleiner Teil der Sammlung<br />

ist in der Hausarztpraxis zu<br />

sehen. Daheim hat erfünf Zimmer<br />

für seine dekorativen Gesellenreserviert.<br />

Die eigens im Erzgebirge<br />

angefertigten Vitrinen<br />

stehen inReihen hintereinander<br />

und reichen bis zur Decke.<br />

„Traditionellhabendie Kunsthandwerker<br />

den Nussknackern<br />

die Gestalt der Obrigkeit gegeben,<br />

die sich nun durch das Nüsseknacken<br />

untertan machen<br />

mussten.Essind Karikaturen der<br />

Obrigkeit. Deshalb der grimmige<br />

Gesichtsausdruck, der bei jedem<br />

etwas anders ist“, erklärt der<br />

Sammler. In seiner Stube hängt<br />

ein Wandbild, deren elektronische<br />

Stimme das Lied der Nussknacker<br />

nach Heinrich Hoffmann<br />

von Fallersleben (1809-1894) anstimmt:<br />

„Doch die Schalen, ei, die<br />

schmeiß ich Lieber andern hin,<br />

weil ich König bin …“<br />

Zu schade zum Nüsse knacken<br />

Zum Nüsse knacken sind dem<br />

Arzt seine Gefährten zu schade.<br />

„Einigen sieht man an, dass sie<br />

früher durchaus hart arbeiten<br />

mussten. Undmanche sind so stabil<br />

gefertigt, dasssie das auch gut<br />

können“, weiß er. Erselbst benutzt<br />

eine ererbte Metallzange.<br />

Nussknacker aus Messing bewahrt<br />

er ebenso inseiner Sammlung<br />

wie Raritäten aus Meißner<br />

Porzellan, die alle um die 100 Jahre<br />

alt sind. Sie gehören zu seinen<br />

wertvollsten Lieblingsstücken.<br />

Wie auch sein ältester Nussknacker<br />

–ein Napoleon aus Holz und<br />

Pappmaché aus dem Jahre 1820.<br />

Seinem dreijährigen Enkel Moritz<br />

haben es vor allem die Nussknacker<br />

mit Spieluhr angetan.<br />

Jetzt rückt GerdRust die Weihnachtsmänner<br />

und Bergleute<br />

nach vorn. Die Jahreszeit spielt<br />

für ihn dennoch kaum eineRolle.<br />

Täglich sucht erdie Gesellschaft<br />

seiner Nussknacker. Von ihnen<br />

umzingelt, fühlt er sich wohl. Nur<br />

aus dem Schlafzimmer sind sie<br />

vonseiner Frau verbannt worden.<br />

„König Nussknacker, so heiß<br />

ich.Harte Nüsse, die zerbeißich.<br />

Süße Kerne schluck ich fleißig.“<br />

Dabei folgt die scheinbar bunt<br />

durcheinander gewürfelte Truppe<br />

durchaus einer strengen Ordnung.<br />

Sieist nach Herstellern sortiert.<br />

Eigentlich sollten viele seiner<br />

Nussknacker jetzt in Doberlug-Kirchhain<br />

ineiner Ausstellung<br />

stehen. Corona hat das verhindert.<br />

„Einerseits ist es<br />

traurig, weil es schon viel<br />

Arbeit gemacht hat, sie einzuordnen<br />

und einzupacken.<br />

Andererseits bin ich froh,<br />

dass meinen Gefährten<br />

nichts passieren kann“,sagt Gerd<br />

Rust. Auch der Treff der SammlergemeinschaftimNussknackermuseum<br />

Neuhausen musste im<br />

Mai ausfallen.<br />

Aufder Spur der Holzkerle<br />

Während er die Holzkerle wieder<br />

aus den Kistennimmt,fallenihm<br />

Geschichten ein. Alle wesentlichen<br />

Hersteller wollteerpersönlich<br />

kennenlernen. So fährt er<br />

nach der Wende auch in den<br />

Odenwald, um sich bei Lothar<br />

Junghänel umzusehen, dessen geschnitzte<br />

Kreationen weltberühmtsind.<br />

„Ich bin ein Sammler<br />

aus Spremberg“, stellt er sich vor<br />

und fügt hinzu: „Das werden Sie<br />

nicht kennen.“ Von wegen! Es<br />

stellt sich heraus, Junghänel<br />

wuchs am Fuße des Erzgebirges<br />

auf.„Auspolitischen Gründen hat<br />

er in Cottbus imKnast gesessen,<br />

bevor die Familie in die Bundesrepublik<br />

abgeschoben wurde“, erfährt<br />

Rust. Nach dem Toddes Vaters<br />

übernimmt Sohn Hanno allein<br />

die Werkstatt. Junghänels<br />

Nussknacker überqueren noch<br />

immer den Atlantik.<br />

Einmal vor zwölf Jahren kam<br />

ein Paket aus den alten Bundesländern.<br />

Eine gebürtige Sprembergerin<br />

schickte Rust einen geschnitzten<br />

Rübezahl. „Sie werden<br />

schon Verwendung finden“,<br />

schrieb sie. Und ob.<br />

Aber was ist nun mit der hölzernen<br />

Kanzlerin? Rust verrät<br />

nicht, wo sie herkommt. Nur so<br />

viel: „Sie ist aus Holz gefertigt,<br />

aufgeschnitten und wieder<br />

verleimt, umsie stabiler zu machen<br />

–und eine Seltenheit.“<br />

Eine ungewöhnliche Sprechstundenhilfeinder Hausarztpraxis von<br />

GerdRustinSpremberg. Sie begrüßtdie Patienten meistbereitsam<br />

Fenster.


12 WEIHNACHTEN 2020 Donnerstag, 24. Dezember 2020<br />

Christmettekommt ins Wohnzimmer<br />

Tradition Weil die Menschen wegender<br />

Corona-Einschränkungen nicht in die Kirche<br />

kommen, geht der traditionelle musikalische<br />

Gottesdienstzuden Menschen. Dabei<br />

macht moderne Technik auch einen Ausflug<br />

in die Geschichtemöglich.<br />

VonBirgit Keilbach<br />

Hans-Jürgen Kayser hat historische Mitschnitte vonChristmetteund<br />

anderen Gottesdiensten sowie Konzerte Bandfür Band digitalisiert.<br />

Minutefür Minuteder ChristmettehabenPfarrer Martin Meyerund<br />

Jugendleiter Marco Bräunig (l.) für das Videozusammengestellt.<br />

Wenn sich die Heilige<br />

Nacht ihrem Ende<br />

zuneigt, wird in<br />

Luckau eine Tradition<br />

zelebriert, deren Ursprünge<br />

bis ins Mittelalter zurückreichen.<br />

In der ausschließlichvon Kerzen<br />

erleuchtetenHallenkirche wirdin<br />

der Frühe des ersten Weihnachtstagesdie<br />

Christmette nacheinem<br />

überlieferten Ritual gefeiert. Aus<br />

der ganzen Region und weit darüber<br />

hinaus strömen etwa<br />

1000 Menschen heran, um ab<br />

sechs Uhr diesen besonderen und<br />

in Brandenburg einmaligen Gottesdienst<br />

zuerleben.<br />

Dieses Weihnachten wird die<br />

Kirche leer bleiben. Corona<br />

macht eine Aufführung der<br />

Christmette unmöglich. Doch<br />

ganz auf das Erlebnis verzichtet<br />

werden muss nicht. Die Christmette<br />

wirdals Videogottesdienst<br />

im Internet gezeigt.<br />

Das Material dafür haben PfarrerMartin<br />

Meyer,Mitglieder der<br />

Kirchengemeinde und weitere<br />

Luckauer zusammengetragen, bearbeitet<br />

und zusammengestellt.<br />

„Beim Aufräumen im Lager der<br />

Kantorei habenwir ein altes Tonbandgerät<br />

und Bänder mit Aufnahmen<br />

von der Christmette gefunden“,<br />

sagt Hans-Jürgen Kayser.<br />

Die Aufnahmen seien 1956,<br />

1975 und vor allem in den<br />

1960er-Jahren entstanden.<br />

Wiebereits seine privatenTonbänder<br />

digitalisierte erauch die<br />

historischen Aufnahmen der<br />

Christmetten. „Die Aufnahmen<br />

habeich so authentisch gelassen,<br />

mit den Nebengeräuschen inder<br />

Kirche.“ Gut drei Wochen lang<br />

setzte er sich im November<br />

abends hin und überspielte die<br />

Bänder.<br />

Um die Tausend Kerzen erleuchten die großeHallenkirche St.Nikolai<br />

in Luckau zur Christmette. Während desQuempas-Singens bewegen<br />

die Besucher zahlreiche Lichterscheren.<br />

Fotos: Birgit Keilbach<br />

AlteAufnahmen wieder belebt<br />

Ausschnitte davonwerden im Video<br />

von der Christmette ebenso<br />

zu hören sein wie weitereTonaufnahmen<br />

ab1964. Private Videos<br />

aus den Jahren nach 1990 und<br />

zahlreiche Fotos von der Mette<br />

gingen nach einem Aufruf im<br />

Pfarrbüro ein.<br />

Auch das Archiv des Niederlausitz-Museums<br />

erwies sich als<br />

ergiebige Quelle für historisches<br />

Material. „Das ältesteBildist von<br />

1961 und zeigt die dreiSternevor<br />

dem Hochaltar, die für die Heiligen<br />

Drei Könige stehen“, sagt<br />

Pfarrer Meyer. Gemeinsam mit<br />

Jugendleiter Marco Bräunig fügte<br />

er Tonund Bilder sowie Videos<br />

vor der großen Leinwand im<br />

Haus des CVJM zusammen. Minute<br />

für Minute brachten sie Musik<br />

und Bilder stimmig inEinklang.<br />

„Wir haben viele Bilder bekommen<br />

und brauchen sie auch<br />

alle, um die ganz besondere Atmosphäre<br />

der Christmette authentisch<br />

im Video erlebbar zu<br />

machen“, erläutert der Pfarrer.<br />

Der musikalische Gottesdienst<br />

am Weihnachtsmorgen wird in<br />

Luckau schon seitfast 300 Jahren<br />

gefeiert. „Die gesamte organisatorische<br />

Vorbereitung liegt in den<br />

Händen der Kantorei“, sagt Helga<br />

Tucek. Die ehemaligeLeiterin<br />

des Niederlausitz-Museums in<br />

Luckau besucht die Christmette<br />

seit 1974 injedem Jahr und singt<br />

seit vielen Jahren im Kantoreichor.<br />

Zahlreiche spezielle Kerzenständerbestücken<br />

die Sänger<br />

üblicherweise mit Wachslichtern,<br />

darunter 54 Lichterscheren.<br />

Diehistorisch überlieferteBeleuchtung<br />

hatte Kantor Horst<br />

Schinke, der von 1950 bis 1992 an<br />

der Nikolaikirche wirkte, wieder<br />

belebt und sich insgesamt sehr<br />

um die Christmettenkultur verdient<br />

gemacht. Er forschte inalten<br />

Schriften und fand die originale<br />

Handschrift der Luckauer<br />

Christmettenkantate. Siewar 1736<br />

erstmals aufgeführt worden.<br />

Komponiert habe sie Andreas<br />

Müller, von 1726 bis 1775 Kantor<br />

in Luckau. Weil Müller kurz vor<br />

Weihnachten verstarb, wurde<br />

„Festo Nati Christi“ vermutlich<br />

ihm zu Ehren seitdem zum festen<br />

Bestandteil der Christmette.<br />

Aus dem Mittelalter stammt<br />

die Tradition des Quempas-Singens.<br />

An vier verschiedenen Stellen<br />

in der Kirche stehen die Chöre<br />

und singen abwechselnd jeweils<br />

eine Zeile der zwölf Strophen<br />

des Quempas: der<br />

Kantoreichor auf der Orgelempore,<br />

der Altarchor vor dem Hochaltar,<br />

der Soldatenchor auf der<br />

Südempore,der Schusterchor auf<br />

der Nordempore. Dazu bewegen<br />

Chöre und Besucher die Lichterscheren.<br />

Es sei ein erhalten gebliebener<br />

heidnischer Brauch, mit<br />

dem böse Geister vertrieben werden<br />

sollen. Die mit brennenden<br />

Kerzen bestückten Scheren wirkten,<br />

als bewege sich eine Feuerschlange.<br />

300 JahrealteTradition<br />

Eine Stunde dauert die Christmette<br />

mit immer gleichem Ablauf.<br />

Danach gehen die Luckauer<br />

nicht gleich auseinander,sondern<br />

treffen sich inder Familie, mit<br />

Freunden und Bekannten zum<br />

Weihnachtsfrühstück. Auch das<br />

wird indiesem Jahr ausfallen.<br />

„Ich kann es mir noch garnicht<br />

richtig vorstellen, wie es dieses<br />

Jahr ohne Christmette in der Kirche<br />

sein wird“, sagt Hans-Jürgen<br />

Kayser.Auch in Kriegszeiten soll<br />

die Christmette nie ausgefallen,<br />

allerdingsmit verhangenen Fenstern<br />

gefeiert worden sein.<br />

Helga Tucek: „Die Christmette<br />

ist der Höhepunkt des kirchlichen<br />

Lebens in Luckau und der<br />

Inbegriff fürdas Weihnachtsfest.“<br />

Deshalb werden am Weihnachtsmorgen<br />

wie immer die Glocken<br />

der Nikolaikirche läuten. „Zugleich<br />

wird das Christmette-Video<br />

auf dem Youtube-Kanal unserer<br />

Kirchengemeinde freigeschaltet“,<br />

sagt Pfarrer Meyer.

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