23.12.2012 Aufrufe

Abrechenbare Arztzeit bleibt begrenzt, aber mehr Spielraum für ...

Abrechenbare Arztzeit bleibt begrenzt, aber mehr Spielraum für ...

Abrechenbare Arztzeit bleibt begrenzt, aber mehr Spielraum für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

BDI aktuell<br />

Trotz tausendjähriger Erfahrung eine kritische Frage<br />

Was ist dran an der traditionellen chinesische Medizin?<br />

Frage<br />

Ist die traditionelle chinesische<br />

Medizin (TCM) eine<br />

anerkannte und praktisch<br />

bewährte alternative medizinischeBehandlungsmethode?<br />

Für welche Indikationsgebiete<br />

wird ihre Anwendung<br />

empfohlen? Gibt es<br />

Studienergebnisse zu ihrem<br />

Wirkungsnachweis?<br />

Antwort<br />

Die traditionelle chinesische<br />

Medizin hat sich über <strong>mehr</strong><br />

als 1000 Jahre entwickelt. Sie<br />

ist nur auf der Basis der chinesischen<br />

Theorien und<br />

Denkmodelle zu verstehen.<br />

Sie umfasst innere Anwendungen<br />

mit Einnahme chinesischer<br />

Kräutermedizin und<br />

äußere Anwendungen mit<br />

Akupunktur, Moxibustion,<br />

Wärmebehandlungen, Tui-na-<br />

Massage, Schröpfung und<br />

22 BDI aktuell 05-2004<br />

Kräuterbädern oder -umschlägen.<br />

Es handelt sich nicht um<br />

eine einheitliche Behandlungsmethode,<br />

viel<strong>mehr</strong> existieren<br />

verschiedene Richtungen<br />

und Schulen. Bis vor wenigen<br />

Jahren wurde die traditionelle<br />

chinesische Medizin<br />

rein empirisch eingesetzt,<br />

ohne Überprüfung ihrer<br />

Grundlagen und ohne klinische<br />

Prüfung nach wissenschaftlich<br />

anerkannten Kriterien.<br />

Erst mit ihrer rasch zunehmenden<br />

Verbreitung auch<br />

im Westen sind Ergebnisse<br />

zahlreicher klinischer Studien<br />

publiziert worden, in erster<br />

Linie allerdings konzentriert<br />

auf Akupunktur.<br />

Ernst (1), Ramey und Sampson<br />

(2) haben die Evidenz der<br />

Wirksamkeit von Akupunktur<br />

in systematischen Übersichtsarbeiten<br />

zusammengefasst (vgl.<br />

Tabelle).<br />

Viele Patienten und auch Ärzte<br />

„schwören“ trotz dieser<br />

insgesamt enttäuschenden Ergebnisse<br />

auf die traditionelle chinesische<br />

Medizin, besonders in<br />

der Schmerztherapie. Meine<br />

Erfahrung als Onkologe ist <strong>aber</strong>,<br />

dass Akupunktur bei chronischen<br />

Tumorschmerzen keine<br />

wesentliche Hilfe bringt, wohl<br />

dagegen bei Übelkeit und<br />

Brechreiz.<br />

Die von Meng (3) postulierte<br />

günstige Wirkung auf die<br />

Lebensqualität sowie auf die<br />

Verminderung der Nebenwirkungen<br />

der Chemotherapie<br />

ist unbewiesen. Ein beträchtlicher<br />

Teil der von<br />

Therapeuten und Ärzten erlebten<br />

Wirkung der Akupunktur<br />

und anderer TCM-Methoden<br />

dürfte auf Plazeboeffekten<br />

beruhen, was nicht<br />

negativ zu werten ist.<br />

Zusammenfassend ist festzuhalten,<br />

dass die wissenschaftliche<br />

Basis und die<br />

Evidenz der Akupunktur sowie<br />

anderer TCM-Methoden<br />

noch sehr dürftig sind –<br />

Wirksamkeit der Akupunktur in systematischen Übersichtsarbeiten (nach Ernst [1])<br />

Gesamthaft positiv Noch unklar Gesamthaft negativ<br />

Zahnschmerzen, Asthma, Rückenschmerzen, Sucht, Raucherentwöhnung,<br />

Übelkeit (vor allem Fibromyalgie, Migräne, Nacken- Gewichtsverlust<br />

postoperativ) schmerzen, Arthritis, Rheuma,<br />

Hirnschlag, Spannungskopfschmerzen<br />

Pharma-Information<br />

„Zum großen Teil Junk-Mail“<br />

Ärzte in Praxis und Klinik brauchen<br />

einen besonders großen<br />

Papierkorb. Die darin landenden<br />

Werbeprospekte verdienen<br />

überaus häufig diese Endlagerstätte.<br />

Diese alte Erkenntnis bestätigen<br />

T. Kaiser et al. im arznei-telegramm<br />

2/2004. Sie nahmen<br />

die pharmazeutischen Werbeprospekte<br />

hinsichtlich der benannten<br />

Belegbarkeit der<br />

Aussagen unter die Lupe. Kaum<br />

eine Ärztin oder ihr Kollege werden<br />

von der Schlussfolgerung<br />

der Autoren überrascht sein:<br />

„Unsere Ergebnisse belegen,<br />

dass gut ein Drit-<br />

tel des Werbematerials<br />

der Pharmaindustrie, das<br />

in ärztlichen Praxen abgegeben<br />

wird, nicht durch<br />

öffentlich zugängliche<br />

und auffindbare wissenschaftlicheQuellenangaben<br />

belegt wird. Mehr als<br />

70% der Materialien enthalten<br />

mindestens eine<br />

nicht überprüfbare medizinische<br />

Aussage. Insgesamt<br />

sind 58% aller<br />

Aussagen in den Prospekten<br />

mangels Literaturangaben<br />

nicht überprüfbar.<br />

(…)<br />

Von den aufgrund der Quellenangabennachvollziehbaren<br />

Informationen decken<br />

sich die meisten Werbeprospekte<br />

und die darin enthaltenen<br />

Aussagen nicht mit der<br />

zugrunde gelegten wissenschaftlichen<br />

Originalliteratur.<br />

Insgesamt werden die Informationen<br />

in 94% der Werbeprospekte<br />

der pharmazeutischen<br />

Industrie nicht<br />

durch valide wissenschaftliche<br />

Untersuchungen nachvollziehbar<br />

belegt.“<br />

Aus: T. Kaiser, H. Ewers, A.<br />

Waltering, D. Becwermert<br />

was ihrer Popularität <strong>aber</strong><br />

keinen Abbruch tut.<br />

Literatur<br />

1. Ernst E. The Desktop Guide to Complementary<br />

and Alternative Medicine. Edinburgh: Mosby;<br />

2001<br />

2. Ramey WD, Sampson W. Review of the<br />

evidence for the clinical efficacy of human<br />

acupuncture. Sci Rev Alt Med 2001; 5: 195<br />

3. Meng A., Klassische Akupunktur in der Onkologie,<br />

Schweiz Z Ganzheitsmed 2002; 14: 158<br />

W. F. Jungi, St. Gallen<br />

Aus: intern. prax. 44, 168-169 (2004)<br />

Hans Marseille Verlag GmbH<br />

München, Telefax: 089 290 46 43<br />

E-Mail: marseille-verlag@t-online.de<br />

www.marseille-verlag.com)<br />

Nachsatz der BDI-aktuell-<br />

Redaktion:<br />

Die Anerkennung und explosionsartige<br />

Verbreitung der<br />

Akupunktur in deutschen Praxen<br />

fallen zeitlich zusammen mit<br />

der extrabudgetären Erstattung<br />

durch die Krankenkassen.<br />

Zuvor hatte über 3000 Jahre<br />

weitgehend Ruhe an dieser Therapiefront<br />

geherrscht. Der abrechnungstechnische<br />

Härtetest<br />

droht der Methode, wenn sie<br />

nicht <strong>mehr</strong> extra bezahlt, sondern<br />

in den EBM der gesetzlichen<br />

Regelversorgung aufgenommen<br />

wird. Die Krankenkassen<br />

streben das zu ihrer Entlastung<br />

über diverse Studien an.<br />

(BY)<br />

C. Jennen und P. T. Sawicki:<br />

„Sind die Aussagen medizinischer<br />

Werbeprospekte korrekt?“<br />

a-t Berlin, 2/2004<br />

Anmerkung der<br />

Redaktion:<br />

Das viel bedeutendere Feld<br />

der gesponserten „Redaktionsartikel“<br />

in den Zeitschriften und<br />

Zeitungen wurde nicht untersucht.<br />

Sie <strong>aber</strong> bilden die wesentlich<br />

effektiveren Werkzeuge<br />

<strong>für</strong> die Verkaufsbelebung.<br />

(BY)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!