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Gebirgsfreund Nr. 1/2018

Eine unabhängige Vereinszeitschrift für Bergfreunde und Naturgenießer. Wir informieren mit einzigartigen Berichten und Aufnahmen und machen Lust auf Natur und das Erlebnis Berg. Vordergründig dabei sind immer die Themen Sicherheit und Naturbewusstsein.

Eine unabhängige Vereinszeitschrift für Bergfreunde und Naturgenießer. Wir informieren mit einzigartigen Berichten und Aufnahmen und machen Lust auf Natur und das Erlebnis Berg. Vordergründig dabei sind immer die Themen Sicherheit und Naturbewusstsein.

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Umwelt & Naturschutz Thema | <strong>Gebirgsfreund</strong><br />

kommt es zum einen oder anderen Konflikt.<br />

Diese Phase ist insofern bedeutend,<br />

als dass dadurch Stärken und Schwächen<br />

einzelner dem gesamten Team bekannt<br />

werden.<br />

In der dritten Phase „Norming“ steigt<br />

die Leistung des Teams auf ein sehr hohes<br />

Niveau, denn nun können Stärken genutzt<br />

und individuelle Bedürfnisse berücksichtig<br />

werden.<br />

In manchen Fällen kann diese Leistung<br />

noch gesteigert werden, dann wird die<br />

höchste der vier Phasen erreicht: „Performing“.<br />

„Wenn‘s läuft, dann läufts“ sagen<br />

dann viele, denn sie erleben, dass sie sich<br />

blind auf ein Top-Team verlassen können:<br />

Engagement, Vertrauen, Zielorientierung<br />

und An-einem-Strang-Ziehen auf höchster<br />

Stufe. Tuckman führte dann später<br />

(1977) noch eine fünfte Stufe ein („Adjourning“),<br />

die die Auflösung eines Teams nach<br />

getaner Arbeit beschreibt.<br />

Im Detail gibt es einige Besonderheiten,<br />

etwa dass kurzfristig eine Phase übersprungen<br />

werden kann, diese allerdings<br />

später vom Team quasi eingefordert wird.<br />

Werden also von einem jungen Team hohe<br />

Anforderungen auf Norming-Niveau erwartet,<br />

können die Leute diese kurzzeitig<br />

erfüllen. Es wäre allerdings ein Fehler anzunehmen,<br />

dass die Stormingphase damit<br />

weggelassen werden kann. Früher oder<br />

später wird es zu Konflikten und Auseinandersetzungen<br />

kommen, die in Summe<br />

für die Entwicklung des Teams nötig sind.<br />

Konflikte sind daher ein Schlüssel für<br />

gemeinsame Entwicklung, und nicht eine<br />

Bedrohung. Bedeutend ist, wie wir mit<br />

Konflikten umgehen und einer negativen<br />

Eskalation frühzeitig offen begegnen. Mit<br />

diesem Wissen im „Hinterkopf“ lassen sich<br />

auch so manche schwierige Situationen<br />

besser relativieren und auflösen. Und vor<br />

allem ist uns damit bewusster, dass auf<br />

dem Weg zum Top-Team mehrere Phasen<br />

durchlaufen werden.<br />

Führung<br />

Sei es beim Leiten einer Gruppe, beim<br />

Familienausflug, oder wenn es darum<br />

geht in Krisen handlungsfähig zu bleiben<br />

– schnell können wir gefordert sein, die<br />

Führungsrolle zu übernehmen. Entscheidende<br />

Untersuchungen zum Thema<br />

Führung und Führungsstile wurden in der<br />

ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angestellt.<br />

Einer der bekanntesten Psychologen<br />

auf diesem Gebiet war Kurt Levin. Er<br />

unterscheidet drei Führungsstile:<br />

Autoritär: Dabei agiert die Leitung mit<br />

eiserner Hand, die Rollenverteilung ist<br />

streng hierarchisch. Mittelfristig führt<br />

dies zu einer starken Trennung zwischen<br />

der Leitung und den anderen Gruppenmitgliedern.<br />

Langfristig entstehen meisten<br />

Vertrauensverlust und Demotivation.<br />

Kooperativ: Hier werden die Gruppenmitglieder<br />

in Entscheidungen eingebunden<br />

und Meinungen gehört. Gemeinsam<br />

wird beraten, welches Ziel wie verfolgt<br />

werden soll. Die Gruppenleitung lenkt, die<br />

Leute im Team erhalten ein hohes Maß an<br />

Eigenkontrolle. Verständnis und Motivation<br />

werden so meist am besten gefördert.<br />

Laissez-faire: „Einfach laufen lassen“ ist<br />

hier die Devise. Die Gruppenmitglieder<br />

haben dabei volle Freiheit über die Ziele<br />

und die Art und Weise wie Ziele erreicht<br />

werden sollen. Dieser maximale Spielraum<br />

der Einzelnen verlangt aber auch maximale<br />

Eigenverantwortung aller Beteiligten.<br />

Extrem hohes Verantwortungsbewusstsein<br />

aller ist daher nötig, sonst entsteht<br />

meist Desorientierung oder Chaos.<br />

Spontan würden wir sagen: „Der kooperative<br />

Führungsstil ist doch anzustreben,<br />

da so die besten Ergebnisse bei hoher<br />

Motivation erreicht werden.“ In manchen<br />

Situationen können aber auch die beiden<br />

anderen Führungsstile von Nutzen sein.<br />

In Krisen ist es beispielsweise nicht<br />

ratsam, kooperativ zu handeln. Im Notfall,<br />

nach einem Unfall, bei schwierigen<br />

Umweltbedingungen, oder wenn es um<br />

Sicherheit geht, helfen klare Anweisungen,<br />

diese Krisen zu bewältigen. Gezielte Aufgaben<br />

wie zum Beispiel: „Bitte setzt jetzt<br />

die Helme auf!“, „Du machst das Schlusslicht,<br />

damit uns niemand verloren geht“,<br />

„Du bleibst bei der verletzten Person und<br />

sprichst mit ihr!“ geben dem gesamten<br />

System Sicherheit und Stabilität.<br />

Bei sehr erfahrenen Leuten und Personen<br />

mit hohem Verantwortungsbewusstsein<br />

hilft der Laissez-faire-Führungsstil, die<br />

persönlichen Stärken maximal zu entfalten.<br />

Geht es also darum, neue kreative<br />

Wege zu gehen oder Strategien zu entwickeln,<br />

und sind die richtigen Personen<br />

involviert, ist nicht unbedingt eine strenge<br />

Leitung nötig. Hilfreich ist es dennoch,<br />

wenn eine Person die Moderationsrolle<br />

übernimmt und in diesem Sinne „primus<br />

inter pares“ ist. Denn eines hat Levin noch<br />

festgestellt: irgendeine Leitung ist meist<br />

besser als keine Leitung.<br />

Auf unseren Touren werden wir vermutlich<br />

mit dem kooperativem Verhalten die<br />

schönsten Zeiten erleben und oftmals<br />

spüren, wie aus Fremden Freunde und aus<br />

Gruppen Teams werden. Hoffen wir, dass<br />

es uns gelingt, Konflikte in bestmögliche<br />

Ergebnisse zu wandeln. Und vor allem,<br />

dass wir nur wenige Krisen zu managen<br />

haben, diese aber mit Gespür und Übersicht!<br />

Swen Gamon<br />

Zum Autor<br />

DI Swen Gamon leitet seit ca. 20<br />

Jahren Gruppen in der Erwachsenenbildung<br />

und seit 14 Jahren Outdoortrainings<br />

sowie Aus- und Weiterbildungen<br />

für TrainerInnen. Er verfügt<br />

über umfangreiche Erfahrungen und<br />

Wissen zu Teamentwicklung, Kommunikationsstrukturen<br />

und Konfliktmanagement.<br />

Er ist erfahrener<br />

Persönlichkeitsbildner und versteht<br />

es, Indoor- und Outdoor-Seminare<br />

mit einem hohen Lern- und Erinnerungswert<br />

zu gestalten. Darüber<br />

hinaus ist er begeisterter Outdoorsportler,<br />

alpiner Kletterinstruktor und<br />

langjähriges Mitglied des Gebirgsvereins.<br />

www.outdoorpartners.at<br />

<strong>Nr</strong>. 1 / <strong>2018</strong> | <strong>Gebirgsfreund</strong> | 9

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