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Die - Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer

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Fokus<br />

Abwasseraufbereitung<br />

Lokale Lösungen <strong>und</strong><br />

lebende Maschinen<br />

Wasser wird im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert zu einem der wichtigsten natürlichen<br />

Ressourcen. Im Bereich der Erfassung <strong>und</strong> Klärung von Abwässern bleibt<br />

Ungarn noch in vielerlei Hinsicht hinter den Verpflichtungen gegenüber<br />

der Europäischen Union zurück, allerdings wird die nachhaltige Versorgung<br />

bereits heute in die Planungen integriert. Das bietet gute Marktchancen<br />

für die Anbieter solcher Technologien.<br />

Wasser wird weltweit ein immer<br />

höherer Wert beigemessen. In<br />

Barcelona <strong>und</strong> Zypern wird<br />

in den knappen Monaten bereits Wasser<br />

importiert. In diesem Zeitraum wird die<br />

Bewässerung mit Trinkwasser mit einer<br />

Strafe belegt. <strong>Die</strong> Klärung <strong>und</strong> Wiederverwendung<br />

von Abwässern wird unerlässlich,<br />

<strong>und</strong> zwar nicht nur in den vom Klimawandel<br />

stark betroffenen Regionen r<strong>und</strong> um<br />

den Äquator, sondern auch in den Ländern<br />

der gemäßigten Klimazone.<br />

Eine effiziente <strong>und</strong> Kosten schonende<br />

Anbindung der von der Kanalisation<br />

noch nicht erschlossenen Gemeinden<br />

wird durch die Siedlungsstruktur Ungarns<br />

nicht begünstigt. Ungarn liegt am Unterlauf<br />

seiner fließenden Gewässer, sodass 96<br />

Prozent des Oberflächenwassers aus dem<br />

Ausland zufließt. Damit wird das Land<br />

immer auf eine besonders aktive Überwachung<br />

<strong>und</strong> gute Bewirtschaftung seiner<br />

Gewässer angewiesen sein. Zur Wendezeit<br />

1990 waren in Ungarn kaum 42 Prozent<br />

der Wohnungen an das Abwassernetz<br />

angeschlossen. Nach den aktuellsten Zahlen<br />

von 2008 liegt diese Kanalanschlussquote<br />

bei zwei Dritteln (67,5 Prozent)<br />

aller Wohneinheiten in Ungarn.<br />

Mit dem Beitritt zur Europäischen<br />

Union hat sich Ungarn verpflichtet,<br />

bis zum Jahr 2015 die Möglichkeit der<br />

Anbindung an das Abwassernetz oder eine<br />

zeitgemäße Art der Abwasseraufbereitung<br />

für 85% der Bevölkerung sicher zu stellen.<br />

Bis dahin müssen Ballungsgebiete mit<br />

einem Abwasseraufkommen über einem<br />

bestimmten Grenzwert mit einem Abwassererfassungssystem<br />

<strong>und</strong> einem mindestens<br />

biologisch arbeitenden Klärwerk (ein sog.<br />

„Klärwerk der Stufe II“) ausgestattet werden.<br />

In Gemeinden mit geringerem Verschmutzungspotenzial<br />

wird allerdings diese<br />

Erschließung von der EU nicht obligatorisch<br />

vorgeschrieben, was jedoch wiederum<br />

bedeutet, dass in einem solchen Fall<br />

auch nicht mit EU-Mitteln für die Abwasserprojekte<br />

zu rechnen ist. Das fachlich<br />

zuständige ungarische Ministerium hält<br />

bis zum Jahr 2015 eine Anschlussquote<br />

von 89% für realisierbar.<br />

Bis 2015 sollen 89% der Bevölkerung<br />

an ein zeitgemäßes Abwassernetz<br />

angeschlossen sein.<br />

Gleichzeitig gibt es selbst in den erschlossenen<br />

Gebieten nach wie vor viele Wohneinheiten,<br />

die wegen der Anschlusskosten<br />

nicht an die Kanalisation angeb<strong>und</strong>en<br />

sind. <strong>Die</strong> Sorgen <strong>und</strong> Nöte der kleineren<br />

Gemeinden, die von der Abwasserentsorgung<br />

nicht erfasst sind, würden durch<br />

die sog. Einzelanlagen zur Abwasseraufbereitung<br />

gelöst werden – nach dem zu<br />

diesem Zweck eingerichteten Nationalen<br />

Realisierungsprogramm ist mit 590.000<br />

Einzelanlagen zu rechnen. <strong>Die</strong> Durchführung<br />

dieses Entwicklungsprogramms<br />

wird insgesamt 828 Milliarden ungarische<br />

Forint (ca. 3,45 Mrd. Euro, entsprechend<br />

der Preise von 2006) kosten; davon sollen<br />

494 Milliarden Forint für Systeme zur<br />

Erfassung <strong>und</strong> Weiterleitung von Abwässern<br />

<strong>und</strong> 334 Milliarden Forint für Klärwerke<br />

<strong>und</strong> die Klärschlammaufbereitung<br />

verwendet werden.<br />

In den meisten Mitgliedsstaaten der<br />

Europäischen Union wird immer mehr<br />

der schnellere Weg der freiwilligen Einführung<br />

an Stelle der langsameren Vorgehensweise<br />

über Verordnungen für die<br />

Einführung von Umwelttechnologien<br />

bevorzugt, sodass die damit befassten<br />

Unternehmen auf marktwirtschaftlicher<br />

Basis gefördert werden.<br />

Einzellösungen in der<br />

Abwasseraufbereitung<br />

Mit der Ablehnung der diesjährigen<br />

Novelle des im Jahre 2000 eingeführten<br />

Gesetzes über die Regelung des Zustands<br />

des Plattensees, wodurch 43 Gemeinden<br />

ein Moratorium für die wortwörtliche<br />

Bereinigung ihrer Abwassersituation auch<br />

nach 2015 erhalten hätten, müssen diese<br />

Gemeinden wegen fehlender EU-Fördermittel<br />

nach billigeren <strong>und</strong> effizienteren<br />

Systemen suchen. <strong>Die</strong> Organica-Gruppe<br />

<strong>und</strong> die Polyduct AG bieten solche<br />

Lösungen für Kommunen, Privatunternehmen<br />

<strong>und</strong> kleinere Zweckverbände.<br />

<strong>Die</strong> Organica-Gruppe errichtet Klärwerksanlagen,<br />

die zum Beispiel mit der<br />

Technologie der sog. „lebenden Maschinen“<br />

arbeiten, <strong>und</strong> bietet diese zur langfristigen<br />

Miete an, beziehungsweise übernimmt<br />

bei Bedarf auch die Betriebsführung<br />

in nunmehr 16 Ländern. Der Kernpunkt<br />

dieser auf einem lebendigen Pflanzenbiotop<br />

beruhenden Technologie liegt<br />

darin, dass etliche Tausend lebende Organismen<br />

die Schmutzstoffe im Abwasser<br />

neutralisieren.<br />

<strong>Die</strong> Polyduct AG bietet Klärwerkssysteme<br />

für kleinere Ferien- oder Wohngemeinschaften<br />

an, sodass eine Anbindung<br />

an große Abwassernetze vermieden werden<br />

kann. <strong>Die</strong> Gebäude werden dabei an<br />

eine Kläranlage angeschlossen, die nach<br />

einem ähnlichen Prinzip arbeiten, wie die<br />

Großklärwerke. Das hier gereinigte Wasser<br />

kann lokal zur Bewässerung genutzt oder<br />

in natürliche Gewässer eingeleitet werden,<br />

während der Klärschlamm bei den Klärwerken<br />

abgeliefert werden kann.<br />

Ákos Lukács – Ferenc Ligetvári<br />

Abfallwirtschaft<br />

Vom Bring-System zum Abholservice<br />

<strong>Die</strong> Anpassung des Ungarns an die Umweltstandards der Europäischen Union<br />

begann bereits vor dem EU-Beitritt im Jahr 200 – <strong>und</strong> läuft auch künftig<br />

weiter. Zum Aufbau einer nachhaltigen kommunalen Abfallwirtschaft stehen<br />

Ungarn von 200 bis 201 0 Mio. Euro EU-Fördergelder zur Verfügung.<br />

Eine Modernisierung der Abfallwirtschaft<br />

ist dringend notwendig, denn<br />

heute werden erst 11% der kommunalen<br />

Abfälle recycelt, der Löwenanteil landet<br />

auf Deponien. Und von diesen erfüllen<br />

gerade einmal 40% die von der EU geforderten<br />

Standards.<br />

Deshalb gewährt die EU auch Beihilfen<br />

für die Nachrüstung von Altdeponien bzw.<br />

für die Errichtung neuer, moderner Deponien<br />

auch in Ungarn – auch wenn Müllhalden<br />

für die EU eigentlich nur die letzte<br />

Alternative sind – nach Recycling <strong>und</strong> Verbrennung.<br />

(Siehe dazu S. 10.) Recycling,<br />

also Wiederverwertung von Abfällen, liegt<br />

in Ungarn bereits in privater Hand <strong>und</strong> wird<br />

daher nicht mit EU-Geldern unterstützt.<br />

Anders als z.B. in <strong>Deutsch</strong>land verfügt<br />

in Ungarn beinah jeder Ort über<br />

seine eigene Müllkippe oder Müllgrube.<br />

In <strong>Deutsch</strong>land hingegen wird die Abfallsammlung,<br />

-verwertung <strong>und</strong> -beseitigung<br />

über die Abfallzweckverbände von den<br />

Kommunen gemeinschaftlich organisiert<br />

wird. Mit den Beihilfen aus Brüssel ist<br />

eine Umstrukturierung nach deutschem<br />

Vorbild auch in Ungarn angelaufen. <strong>Die</strong><br />

Kleindeponien werden zum Teil stillgelegt<br />

<strong>und</strong> in (neuen) regionalen Deponien<br />

zusammengeführt.<br />

Zudem werden für jeden neu geschaffenen<br />

Zweckverband werden Komplettsysteme<br />

errichtet, zu denen neben den Deponien<br />

auch Sammelstellen, Umladestationen<br />

sowie Verwertungs- <strong>und</strong> Entsorgungsanlagen<br />

gehören. Für Umladetechnologien<br />

besteht in Ungarn besonderer Bedarf.<br />

An den Umladestationen wird der Müll<br />

gepresst <strong>und</strong> in Großcontainer umgeladen.<br />

Der Transport wird somit deutlich effizi-<br />

enter. Ein normales Müllfahrzeug könnte<br />

bei Nichtpressung nur einen Bruchteil des<br />

Mülls transportieren.<br />

Nach Transport <strong>und</strong> Sortierung ist<br />

der Müll auch für die Wirtschaft interessant.<br />

Denn aus sortierten Abfällen lassen<br />

sich durch Verwertung <strong>und</strong> Aufbereitung<br />

Rohstoffe gewinnen oder alternative Energien<br />

erzeugen. Dass man mit Wertstoffen<br />

Geld verdienen kann, hat auch das Entsorgungsunternehmen<br />

Remondis erkannt,<br />

das seit 2006 in Budaörs mit einer eigenen<br />

Filiale präsent ist. In Szolnok hat<br />

das ungarische Tochterunternehmen die<br />

getrennte Sammlung von Wertstoffen<br />

vom „Bringsystem“ auf den „Abholservice“<br />

umgestellt. Das Konzept der heutigen<br />

Sammelinseln mit separaten Glas-,<br />

Papier- oder Kunststoffcontainern könnte<br />

nämlich schon bald veraltet sein, kaum,<br />

dass es errichtet wurde. Eine größere K<strong>und</strong>enorientierung<br />

ist gefragt: Getrennter<br />

Müll soll zukünftig bereits direkt von den<br />

Haushalten abgeholt werden.<br />

2008 | 4 Wirtschaft in Ungarn Wirtschaft in Ungarn 2008 | 4 9<br />

Fokus<br />

Agnes Müller

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