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Generalstreik gegen den Faschismus

Kapp-Putsch? General Lüttwitz? Rote Ruhr-Armee? Akademische

Wehr? Da klingelt es auch bei vielen Linken nicht sofort. Auch hier

in Münster nicht. Dabei befinden wir uns an einem historischen Ort

der Arbeiter*innenbewegung. In Erinnerung rufen und durch neue

Recherchen ergänzen möchte das ein neu erschienenes Buch mit dem Titel

»Zerschlagung der Linken – Aufstieg der Rechten. Wie

der Kapp-Putsch die Arbeiterbewegung und die Republik

veränderte.« Norbert Kozicki von der DGB-Geschichtswerkstatt

Herne, der Münsteraner Friedensaktivist und Lokalhistoriker

Hugo Elkemann, Verleger Gerhard Schepper

und Anne Sandner vom DGB Münster in einem Vorwort

kombinieren dabei verschiedene Textformen, um sich dem

komplexen Stoff zu nähern. Wie der Titel bereits vermuten

lässt, besteht der Rote Faden darin, die Ereignisse im März

1920 in einen größeren Kontext zu integrieren. Der damalige

Aufbruch der Arbeiter*innenbewegung im Ruhrgebiet

war eine direkte Antwort auf den Kapp-Putsch. Die

politischen Umwälzungen nach Ende des Ersten Weltkrieges

und die unversöhnlichen Positionen in der deutschen

Gesellschaft hinsichtlich der Konditionen des Versailler

Vertrages und der ersten deutschen parlamentarischen

Demokratie, führten damals zu einer fragilen und explosiven

politischen Lage. Insbesondere die SPD tat sich

schwer damit ihre Rolle als Regierungspartei neu zu

finden. Als reaktionäre Kräfte um General Lüttwitz

und die berüchtigten paramilitärischen, aus ehemaligen

und letztlich aufgelösten regulären Einheiten

hervorgegangenen Freikorps, den Versuch unternahmen

die junge Demokratie zu stürzen und durch

eine autoritäre Militärregierung der »Nationalen

Vereinigung« zu ersetzen, fand die zersplitterte Linke

in ganz Deutschland schnell zusammen und organisierte den größten Streik

in der Deutschen Geschichte. Dieser – gleichzeitig letzte deutsche – Generalstreik

entzog den Putschisten ihre Autorität und die organisatorische Grundlage

um ihren Regierungsanspruch praktisch durchzusetzen. Der Putsch

brach in sich zusammen und die Weimarer Republik war vorerst gerettet.

Wieviel Rezo steckt in der LINKEN?:

Schepper / Kozicki / Elkemann

Zerschlagung der Linken –

Aufstieg der Rechten.

Wie der Kapp-Putsch die

Arbeiterbewegung und die Republik

veränderte.

Welche Antwort bekommt man eigentlich, wenn man heute

junge Menschen fragt, wer den Mächtigen auf die Finger schaut

oder die schärfste Kritik an der Regierung übt? DIE LINKE? DER

SPIEGEL? Die Antworten darauf sind heute wohl vielfältiger als je

zuvor. Unsere Gesellschaft wird immer komplexer, neue Kommunikationsformen

entstehen. Und wenn heute jemand fragt, wer die CDU zerstört, dann

denken alle an Rezo. Der charismatische Youtuber aus Wuppertal sorgt seit

mindestens einem Jahr regelmäßig für Aufsehen und erreicht Millionen Menschen

mit seinem Social Media Content. Aber eben nicht mit Katzenvideos,

Schminktipps, den ‚10 schnellsten Panzern der Welt‘ oder vergleichbarem

seichten Content, der den spätkapitalistischen Lohnarbeiter*innen ihre Freizeit

erträglich gestalten und für die Tristesse im Großraumbüro entschädigen

soll. Stattdessen verschlingen 17 Millionen Menschen regelrecht einen einstündigen

Vortrag zur »Zerstörung der CDU«. Dabei haut Rezo am laufenden

Band gut recherchierte Fakten raus und flechtet diese logisch konsistent

und unterhaltsam in ein Narrativ, das die mächtigste Partei Deutschlands

fassungslos, gedemütigt und reaktionsunfähig zurücklässt. Der Kaiser ist

nackt und Rezo ist das nicht entgangen. Dabei sind die Fakten nicht neu,

die Kritik bekannt und die notwendigen Maßnahmen zur Bewältigung der sozialen

und ökologischen Missstände finden sich auch in jedem Programm

der LINKEN wieder. Linke Kritik auf einmal ein viraler Hit? Aber mit blauen

Haaren, und ohne Partei. Was bedeutet das? Die Feuilletons sind seitdem voll

mit Versuchen sich diesem Phänomen zu nähern.Um besser zu verstehen

welche neuen – auch politischen – Diskursformen sich da in den sozialen

Medien entwickeln, und was für die gerade erwachsen werdende ‚Generation

Doch im entmilitarisierten Ruhrgebiet und in Teilen Westfalens wollten die

Arbeiter mehr. Sie nutzen die Gunst der Stunde und den hervorragenden

Organisationsgrad in den Industrieregionen, um nun selbst nach der Macht

zu greifen und den Weg zum Sozialismus zu gehen. Innerhalb weniger Tage

konnten die Arbeiter im ganzen Ruhrgebiet die Kontrolle übernehmen und

Arbeiterräte etablieren. In Berlin hatte die SPD-geführte Regierung

derweil die Kontrolle nach dem gescheiterten Kapp-

Putsch wiedererlangt und wollte den ‚Ruhraufstand‘ so schnell

wie möglich beenden. Wie bereits ein Jahr zuvor bei der Niederschlagung

des Spartakusaufstandes und der Ermordung von

Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht setzte Reichspräsident

Ebert erneut auf den Einsatz der deutschnationalen Freikorps.

Darunter Auch die ‚Akademische Wehr Münster‘, ein Freikorps

das hauptsächlich aus Münsteraner Studenten bestand und

der Deutschnationalen Volkspartei nahe stand. Gemeinsam

mit regulären Reichswehreinheiten und koordiniert von Münster

aus, marschierten die Freikorps von Norden und Osten

aus in das Ruhrgebiet ein. Dem konnten die Arbeiter militärisch

nicht genug entgegensetzen und so endete der kurze Aufbruch

zu einem sozialistischen Ruhrgebiet in den ersten Apriltagen

1920 mit Standgerichten und Massenerschießungen von Arbeitern.

Danach haben es die unterschiedlichen linken Kräfte

in der Weimarer Republik nicht noch einmal geschafft

ihre Spaltungen zu überwinden. Viele Mitglieder der

Freikorps machten später Karriere als Nazis. Kozicki,

Elkemann, Schepper und Sandner betonen jeweils die

Lehren, die für die Linke heute daraus gezogen werden

können. Sei es die Partei, die Gewerkschaften oder

außerparlamentarische Aktivist*innen, seit den Ereignissen

der Weimarer Republik müssen wir Spaltungstendenzen

in der gesellschaftlichen Linken noch ernster

nehmen und dürfen nicht vergessen, dass eine Schwächung der Arbeiter*innenbewegung

den Weg für Rechte Kräfte freimacht. Hier gilt der alte Appell:

»Wehret den Anfängen!«

André Groß

Z‘ bereits Normalität ist, lohnt wie so oft der Blick in die USA. Spätestens

seit dem Wahlkampf 2016 zwischen Donald Trump und Hillary Clinton spielt

sich dort ein erheblicher Teil der politischen und kulturellen Auseinandersetzungen

in den sozialen Medien ab. Ob auf Youtube, Twitter, Facebook,

Twitch oder neuerdings TikTok: Das scheinbare Chaos der politischen Influencer

ist dort kaum zu überblicken. Nicht Wenige behaupten, dass Trump die

Wahl nicht ohne seine – teilweise kultische – Anhängerschaft von hoch versierten

digitalen Influencern gewonnen hätte. Ohne dafür bezahlt zu werden

und mit einer gewissen Hemdsärmeligkeit waren sie dem gigantischen, aber

auf tönernen Füßen stehenden, PR-Apparat der Demokratischen Partei um

Clinton immer ein paar Schritte voraus. Zwischen etwa 2015 und 2018 war

die konservative bis reaktionäre Dominanz in den sozialen Medien der USA

tatsächlich erschreckend. Zumindest aus linker Sicht. Im Internet war es

plötzlich cool rechts zu sein und weder das liberale Establishment noch die

gesellschaftliche Linke hatte dem etwas entgegenzusetzen. Aber mittlerweile

haben wir dazugelernt und den Spieß umgedreht. ‚Wir‘, also diejenigen die

den gleichen Kampf führen, überall auf der Welt. Für Soziale Gerechtigkeit,

die Rettung des Klimas, Feminismus, und gegen Krieg und Faschismus. In

den USA ist das heute nicht in erster Linie die Demokratische Partei, sondern

Kyle Kulinski, Hasan Piker, TYT, Michael Brooks, Vaush, Contrapoints,

hbomberguy… um nur einige zu nennen. Ganz viele Rezos? In gewisser Weise

ja. Und vielleicht die Zukunft des politischen Diskurses? Vielleicht. Auf jeden

Fall der Beweis, dass linke Themen genau so viele Klicks bringen können, wie

Katzenvideos.

André Groß

AM 13. SEPTEMBER

DIE LINKE WÄHLEN! ■

Impressum

Herausgeber: Die Linke. Kreisverband Münster,

Achtermannstraße 19, 48163 Münster,

www.die-linke-münster.de

V.i.S.d.P. Katharina Geuking,

Redaktion: Johanna Wegmann / Jonas Freienhofer / Kira Sawilla / Oliver Krieg /

Hubertus Zdebel / Patrizia Schinke / Max Siekmann

Layout: Oliver Krieg

Coverdesign: Oliver Krieg

MEHR ZUM THEMA

Die Studie "Von Influencer*innen lernen - Youtube & Co

als Spielfelder linker Politik und Bildungsarbeit" der Rosa-

Luxemburg-Stiftung findet ihr Online unter:

https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/

Studien/Studien_7-19_Influencer_innen_web.pdf

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