Bruder Klaus · Niklaus von Flüe in den Zeugnissen seiner ...
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Der schwermütige Schultheiß <strong>von</strong> Luzern<br />
Januar 1474<br />
Mit der Schwermut verhält es sich oft wie mit e<strong>in</strong>er Law<strong>in</strong>e, nur e<strong>in</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e falsche Anschuldigung, und sie kommt <strong>in</strong>s Rollen. Dann kommt<br />
e<strong>in</strong>es zum anderen, schließlich vers<strong>in</strong>kt der betroffene Mensch, se<strong>in</strong><br />
Lei<strong>den</strong> hat ke<strong>in</strong> Ende mehr.<br />
Solches geschah mit He<strong>in</strong>rich <strong>von</strong> Hunwil, dem Bürgermeister <strong>von</strong><br />
Luzern. Im Alter <strong>von</strong> sechsundzwanzig Jahren begann für ihn 1449<br />
e<strong>in</strong>e glänzende politische Karriere, und se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fluß <strong>in</strong> der eidgenössischen<br />
Politik nahm schnell zu, bis er dann 1473 verdächtigt wurde, er<br />
würde unehrliche Machenschaften betreiben. Er begann unter diesem<br />
Verdacht zu lei<strong>den</strong>. Und se<strong>in</strong> Lei<strong>den</strong> wurde zu e<strong>in</strong>er psychischen Erkrankung.<br />
Obwohl er unterdessen gerichtlich freigesprochen wurde,<br />
beschuldigte er sich selbst der größten Staatsverbrechen und me<strong>in</strong>te,<br />
der Rat der Stadt trachte ihm nach dem Leben. Es kam zu großen<br />
Bewußtse<strong>in</strong>sveränderungen, schließlich starb er am 18. August 1474.<br />
Im Januar hoffte er noch auf Hilfe <strong>von</strong> <strong>Bruder</strong> <strong>Klaus</strong>. Er g<strong>in</strong>g aber nicht<br />
selbst <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ranft, der Leutpriester <strong>von</strong> Horw tat das für ihn. Als der<br />
Priester ihn nach se<strong>in</strong>em Gang <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ranft gesehen hatte, schien<br />
bei ihm zunächst alles wieder <strong>in</strong> Ordnung zu se<strong>in</strong>, doch dann brach<br />
der Verfolgungswahn völlig durch. Er suchte noch mehrmals nach<br />
Hilfe und machte <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Leutpriestern <strong>von</strong> Horw und <strong>von</strong> Kriens<br />
Geschenke. Das zeigt, daß er im religiösen Bereich L<strong>in</strong>derung oder<br />
Erlösung <strong>von</strong> se<strong>in</strong>em Lei<strong>den</strong> suchte.<br />
Historisch gesehen liegt hier das erste Zeugnis, daß e<strong>in</strong> Kranker<br />
so großes Vertrauen <strong>in</strong> <strong>den</strong> heiligen Mann im Ranft hatte, daß er bei<br />
ihm Hilfe suchte. Es bleiben allerd<strong>in</strong>gs Fragen offen: Hat der Seelsorger<br />
<strong>von</strong> Horw die Situation nicht falsch e<strong>in</strong>geschätzt? Hätte er nicht dem<br />
Kranken sagen müssen, er solle selber <strong>Bruder</strong> <strong>Klaus</strong> aufsuchen? Hätte<br />
ihm so nicht besser geholfen wer<strong>den</strong> können, da ja <strong>Bruder</strong> <strong>Klaus</strong> aus<br />
eigener Erfahrung wußte, was Schwermut ist?<br />
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