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Schleswig (ckb) – „Das hier<br />
sind die Originalgläser, mit<br />
denen der Künstler gearbeitet<br />
hat. Das ist schon etwas<br />
Besonders“, betont Niels Luithardt<br />
und fährt mit seinen<br />
Händen über vier auf dem Kopf<br />
stehende Wassergläser. Gleich<br />
daneben stehen eine Vase<br />
und eine Flasche. Die Objekte<br />
sind nicht zufällig so angeordnet.<br />
Sie sind ein Nachbau des<br />
Ölbildes „Gläserstillleben“<br />
von Christopher Lehmpfuhl (Öl<br />
auf Leinwand, 2014, 30 x 24<br />
cm), das hinter dem Modell an<br />
der Wand hängt. Neben dem<br />
Nachbau befindet sich ein weiteres<br />
Modell mit flacheren, optisch<br />
verschobenen Objekten.<br />
„Hier kann ich die Perspektive<br />
ertasten“, ergänzt er, „und<br />
ganz rechts habe ich noch das<br />
2-D Relief. Alle drei Modelle<br />
zusammen erzeugen ein Bild<br />
in meinem Kopf und helfen dabei,<br />
dass ich mir das Stillleben<br />
vorstellen kann.“<br />
Niels Luithardt engagiert sich<br />
im Deutschen Verein der Blinden<br />
und Sehbehinderten in<br />
Studium und Beruf e. V. sowie<br />
bei Andersicht e. V. Gemeinsam<br />
mit anderen blinden und<br />
sehbehinderten Menschen hat<br />
er, sozusagen als Experte in<br />
eigener Sache, in einer Fokusgruppe<br />
eine Reihe inklusiver<br />
Angebote rund um Christopher<br />
Lehmpfuhls Ausstellung „Farbrausch“<br />
entwickelt.<br />
Weltweit befassen sich Museen<br />
auf unterschiedlichen<br />
Ebenen mit dem Thema Barrierefreiheit.<br />
„Das ist leider<br />
über Jahrzehnte vernachlässigt<br />
worden“, betont Stiftungsdirektor<br />
Prof. Dr. Dr. h.c.<br />
Claus von Carnap-Bornheim.<br />
„Die Stiftung der Schleswig-<br />
Holsteinischen Landesmuseen<br />
stellt sich dieser wichtigen<br />
Aufgabe.“ Dass Barrierefreiheit<br />
nicht nur bedeutet, Schwellen<br />
Wenn im Kopf ein Bild entsteht<br />
zu senken und den Zugang<br />
für Rollstuhlfahrer zu ermöglichen,<br />
hat man auf der Schlossinsel<br />
längst verstanden. Texte<br />
in leichter Sprache, Filme mit<br />
Gebärdensprache beispielweise<br />
sind an vielen Stellen<br />
bereits state of the Art. Das<br />
aber genügt den Museumsmachern<br />
nicht. Sie haben einen<br />
anderen Anspruch – und<br />
der heißt: Design for all. Das<br />
Ziel ist es, Ausstellungen so<br />
zu konzipieren, dass sie alle<br />
Menschen erreicht und für alle<br />
reizvoll ist – für Sehende und<br />
Nicht-Sehende, Hörende und<br />
Nicht-Hörende, Menschen mit<br />
und ohne Handicap. „Wir sind<br />
auf einem guten Weg und arbeiten<br />
seit einiger Zeit an Einzelangeboten“,<br />
erklärt Steffi<br />
Kuthe (Bildung und Vermittlung).<br />
„Das wollen wir immer<br />
weiter professionalisieren.“<br />
Rolf Zacharias ertastet am 3D-Relief Perspektive und räumliche Wirkung<br />
eines Bergpanoramas (Glockner-Duett, 2013 Öl auf Leinwand 180 x 480<br />
cm). Dabei werden Farben durch unterschiedliche Strukturen der Oberfläche<br />
dargestellt.<br />
Öffnungszeiten<br />
der Ausstellung<br />
Die Ausstellung „Farbrausch“<br />
ist noch bis zum 17.<br />
Oktober <strong>2021</strong> in der Reithalle<br />
zu sehen und zu ertasten.<br />
Öffnungszeiten: Dienstag bis<br />
Freitag von 10 bis 17 Uhr<br />
Samstag und Sonntag von 10<br />
bis 18 Uhr.<br />
Weitere Informationen unter<br />
gibt es Im Internet unter<br />
www.landesmuseen.sh. Dort<br />
ist auch der eGuide zu finden.<br />
Fotos: Kleimann-Balke<br />
Mit dem inklusiven Angebot in<br />
Lehmpfuhls „Farbrausch“ ist<br />
ein großer Schritt in diese Richtung<br />
getan.<br />
Neben dem beschriebenen<br />
Tastmodell zum Gläserstillleben<br />
entstanden Mitmach-<br />
Stationen, an denen man sich<br />
buchstäblich an Farbe herantasten<br />
und sie sogar riechen<br />
kann. Für die bessere Orientierung<br />
und die Möglichkeit,<br />
sich auch als Mensch mit Sehbehinderung<br />
die Ausstellung<br />
selbstständig zu erschließen,<br />
sorgen ein Bodenleitsystem<br />
sowie ein taktiler Lageplan. An<br />
der Kasse liegen Begleithefte<br />
in Großschrift und Braille bereit.<br />
Auch die Ausleutung der<br />
Werke und die Schriftgröße der<br />
Bildbeschilderung wurde an<br />
die Bedürfnisse Sehbehinderter<br />
angepasst. Ein webbasierter<br />
eGuide bietet zusätzliche<br />
Audiodeskriptionen zu jedem<br />
Themenbereich. Sie entstanden<br />
in enger Zusammenarbeit<br />
mit der preisgekrönten Filmbeschreiberin<br />
Hela Michalski:<br />
„Mir ist es wichtig, dass meine<br />
Beschreibungen schnell in den<br />
Kopf hineingehen und ich die<br />
Vorstellung richtig lenke“, erklärt<br />
sie, „häufig ist es dabei<br />
wichtig, wie man beginnt. Es<br />
ist für einen blinden Menschen<br />
ein großer Unterschied, ob es<br />
in der Beschreibung heißt „Ein<br />
Haus steht in einem Garten“,<br />
oder „In einem Garten steht<br />
ein Haus“. Früher, so erzählt<br />
Hela Michalski, waren Museumsbesuche<br />
für sie sinnlos –<br />
man konnte nichts anfassen.<br />
Das sich das auf der Schlossinsel<br />
bereits geändert hat, ist<br />
zu einem großen Teil der Fokusgruppe<br />
zu verdanken, die<br />
sich mit viel Sachverstand dem<br />
Thema Barrierefreiheit im Museum<br />
gewidmet hat. Nun geht<br />
es darum Erfahrungen zu sammeln<br />
und das Angebot weiterzuentwickeln<br />
– denn da sind<br />
sich alle einig, Barrierefreiheit<br />
und Inklusion werden auch im<br />
Masterplan für die Schlossinsel<br />
von großer Bedeutung sein.<br />
Mit Hilfe der Tastmodelle kann sich<br />
Niels Luithardt das Gläserstillleben<br />
von Christopher Lehmpfuhl gut<br />
vorstellen.<br />
SEITE 3<br />
Schleswig/<strong>Angeln</strong> - 2. Juni <strong>2021</strong> - Seite 3<br />
Sonntagsfrühschoppen und<br />
Glücksmeditationen<br />
Schleswig (mm) – Der Offene<br />
Garten bietet allen Interessierten<br />
in Zukunft feste<br />
Termine, um in zwangloser,<br />
inspirierender Atmosphäre<br />
neue und alte Bekannte<br />
leichter treffen zu können.<br />
Zum einen findet in Zukunft<br />
jeden Sonntag ab 11 Uhr ein<br />
Frühschoppen/Brunch im<br />
Garten statt, zu dem jeder<br />
Gast etwas mitbringt. Im<br />
Vordergrund steht zwanglose<br />
Geselligkeit und die<br />
Möglichkeit, dabei auch<br />
neue Menschen von nah<br />
und fern leicht kennen zu<br />
lernen.<br />
Hörerlebnisse<br />
Des weiteren finden jeden<br />
2. und 3. Dienstag im Monat<br />
ab 10:30 Uhr kleine Glücksmeditationen<br />
und Hörerlebnisse<br />
statt. Lässt sich Glück<br />
wirklich atmen? Der Offene<br />
Garten lädt ein, hierzu die<br />
Probe aufs Exempel zu machen,<br />
sich eine eigene Meinung<br />
zu bilden und sie mit<br />
den anderen TeilnehmerInnen<br />
anschließend zu diskutieren.<br />
Vorkenntnisse sind<br />
nicht erforderlich.<br />
Unterstützung<br />
Zu den kostenlosen Treffen<br />
kommt man spontan vorbei.<br />
Auf die Einhaltung bestehender<br />
Coronaregeln wird<br />
geachtet. Bei regnerischem<br />
oder sehr kühlem Wetter<br />
entfallen die Termine.<br />
Bei dieser Gelegenheit<br />
weist der Offene Garten darauf<br />
hin, dass er für geeignete<br />
kleine, nicht gewerbliche<br />
Outdoor-Veranstaltungen<br />
gerne kostenlos Raum und<br />
Unterstützung gibt. Interessierte<br />
können sich jederzeit<br />
mit ihren Ideen per Email<br />
unter OffenerGarten@t-online.de<br />
melden.<br />
Foto: J. Thaysen