Zungenbekenntnisse Wiens Bar-Szene stellt sich Anton Peschkas Herausforderung: Sommerliche Rum-Drinks vonKollegen und Kolleginnen nach Kostschluck nachzumixen. Eine Aufgabeimsensorischen Grenzbereich. Text: Roland Graf SENDEKONZEPT. Bei „Re-Mix“ soll nach einer Kostprobe der Cocktail nachgemixt werden. URHEBER. Mixologe AntonPeschkahat das neue Videoformat ersonnen. ON THE ROCKS. Katharina Schwaller istBarkeeperin in der D-Bar im Wiener Ritz-Carlton. Fotos: Toni Peschka, beigestellt. 34 Schaufenster
Eigentlich sollte Anton Peschka jetzt in Miami sein. Dort würde der Barkeeper aus dem Wiener „Kleinod“ mit Kollegen und Kolleginnen um den Titel des besten Rumcocktails antreten. Doch anstelle des Weltfinales des „Bacardi Legacy“-Wettkampfs, wo die Entscheidung in einer virtuellen Präsentation fällt, richtet er selbst einen Bewerb aus. Live mixen jene Kandidaten und Kandidatinnen, die er –rechtzeitig zum Start der Freiluft-Barsaison –versammelt hat. „Das funktioniert wie Tim Mälzers TV-Sendung ,Kitchen Impossible‘, nur eben mit Drinks“, umreißt Peschka seine Idee, für die es ein Stipendium der Rum-Marke gibt. Dabei stellen sich zwei Barprofis einer einfach klingenden Aufgabe: Der spontan kreierte Cocktail des jeweils anderen ist möglichst gut nachzumixen. Katharina Schwaller (D-Bar im Hotel Ritz-Carlton) und Marcus Philipp (The Chapel) eröffnen das Match, das bei Erfolg als Videoshow inSerie gehen soll. Investment für die Branche. Medienproduktion liegt der Familie offenbar im Blut: Großvater Anton, der früher das Gasthaus Roter Krebs in Eferding führte, bloggt heute mit 87 Jahren übers Kochen, Mutter Karin Peschka ist eine der anerkanntesten Schriftstellerinnen des Landes. Dass der Sohn nun zum Bar- Film lädt, soll aber auch als Signal an die noch immer geschlossene Nachtgastronomie verstanden werden. Wie sie Bacardis Geld verwenden, stand den Finalisten für Miami weitgehend frei. Peschka widerstrebte aber ein „Ego-Projekt“ in Zeiten wie diesen. Stattdessen will er die Wiener Mixologen und Mixologinnen mit seiner ungewöhnlichen Challenge via YouTube-Kanal „Re-Mix“ wieder sichtbarer machen. Der Aufwand, den der Bartender dafür betreibt, ist groß. Das vierköpfige Drehteam besteht aus Profis und hat die Bar „Prunkstück“ in der Bäckerstraße einen halben Tag lang in Beschlag genommen. Die erste Überraschung gelingt „Toni“ Peschka jedenfalls: Die Kontrahierenden aus der sonst eng vernetzten Bar-Community erfahren erst vor Ort, wer ihren Drink vormixt. Täuschen mit dem Shaker. Das Los lässt „The Chapel“-Bartender Philipp den Anfang machen, und er legt die Latte mit einem hellen Sommerdrink mit rotem Farbkern gleich einmal hoch. „Schmutzige“ Tricks gehen sich nebenbei auch noch aus – „ich habe einen nassen Shaker zur Abwasch gestellt, meinen Cocktail aber gerührt“, lacht der Wiener im Gespräch mit der Jury. Die Verwirrtaktik geht auf; Katharina Schwaller greift prompt zum Shaker, und der Drink fällt damit schon optisch komplett anders aus. Wie schwierig die Rezeptur zu entschlüsseln ist, merkt auch die dreiköpfige Wertungsjury im „Prunkstück“. Schnell wird esphilosophisch. Denn gefragt ist bei dieser Aktion genau das Gegenteil eines balancierten Drinks, in dem keine Komponente vorschmeckt. Hier aber sollen aus einem harmonischen Ganzen die Einzelteile rekonstruiert werden. „Du musst die Sensorik praktisch auf PUKASREVIVAL Katharina Schwaller D-Bar im Ritz-Carlton (Wien) Rezept für sechs Personen ZUTATEN 18 cl ........... weißer Rum 12 cl . .......... dunkler Rum 6cl ........... Overproof Rum 36 cl .......... Verjus 6cl ........... Agavensirup 1,5 cl .......... *Zitrussirup 18 Spritzer . .... (dash) Angostura Bitters 12 cl . .......... Falernum (Rumlikör) Für die Dekoration: Amarenakirschsaft *Zitrussirup: Limettensaft und Mandarinensaft im Verhältnis 1:1 mit der gleichen Menge Kristallzucker zu einem Sirup verkochen. ZUBEREITUNG Alle Zutaten bis auf den Kirschsaft auf Eis in einem großen Gefäß sehr gut verrühren. Der Amarenakirschsaft bleibtander Seite der Punch-Bowl: Der Gastgeber „floatet“damit jede Portion –eine besondersattraktiveServierart! Dabei wirdder Löffel (mit der „Suppenseite“ nach unten) am Glasrand innen angesetzt und der Kirschsaft langsam darüber eingegossen. null stellen“, formuliert esBert Jachmann, selbst Bartender und Gründer des Cocktail-Festivals Liquid Market. Dort soll „Re-Mix“ imSeptember Filmpremiere feiern. Zusehen wird sein, wie voreilige Annahmen wieder revidiert werden: „Für einen dunklen Rum ist der Drink zu hell.“ War es etwa gar eine Mischung mehrerer Bacardis? Denn anders als die — Teilnehmenden sieht die Jury auch den Warenkorb nicht, der den Barleuten zu Verfügung steht –verkosten als Blindflug! Unkopierbarer Fehler. Die Auflösung überrascht dann ziemlich. In aller Kürze hat Marcus Philipp einen mit Milch geklärten Punch erstellt. Und der geniale Farbeffekt, den alle lobten, ist ihm schlicht passiert. „Ich wollte den Drink mit Likör floaten (die Oberfläche flüssig dekorieren, Anm. d.Red.), der ist aber einfach durchgesackt.“ Letzteres passiert leider auch dem Ähnlichkeitsversuch Katharina Schwallers –zu deutlich entfernt er sich auch geschmacklich vom „Endgegner Nr. 8“, wie der spontan kreierte Milk Punch heißt. Für das Re-Match ist die Hotelbar-Chefin nun doppelt motiviert. „Stark verwirrende Elemente“ sollen ihre Version des Tiki-Drinks „Puka Punch“ unmöglich zu decodieren machen. Schwaller mag den Drink als sommerliches Angebot. Doch gerade seine Balance macht die Aufgabe knifflig. Das beginnt mit einem Mix aus drei Rums und einer Saftmischung, die ebenfalls Spuren verwischt. „Ist das Pfirsich-Bitter? Oder doch der Mandelsirup Orgeat?“, rätselt Juror Jachmann. Die Rummischung zerlegt er vor der Kamera ingenaue Zentiliter-Angaben an weißem und braunem Rum, doch die Ergänzungen sind erneut schwer zuschmecken –„das ist eine gänzlich andere Herausforderung wie an der Bar“. Leichter fällt es schon, die klaren Abweichungen zu erkennen, die sich Marcus Philipp beim Nachmixen erlaubte. Statt Eiswürfeln und Crushed Ice zumixen wie seine Kollegin aus dem Ritz-Carlton, belässt er es bei Würfeleis. Respekt für den Beruf. Es bleibt der einzige Abzug bei der Erstauflage von „Mischen impossible“. Denn der Drink schmeckt offensichtlich recht ähnlich, auch wenn die Säfte etwas herber wirken als im Original. Wie erdie Aufgabe meisterte, fasst Marcus Philipp sozusammen: „Ich nehme mir die markantesten Punkte des Drinks heraus und versuche das mit dem Erreichen der richtigen Farbe zu paaren.“ Offenbar kommt es gar nicht so auf die Details an, wenn der „Spirit“ stimmt. Eine Lehre, die „Re-Mix“-Initiator Toni Peschka interessant findet. Auch wenn er vor allem hofft, dass die Präsentation seines Videos so erfolgreich ist, dass die Bar-Show inSerie geht „Dann können wir noch mehr davon zeigen, wie wir arbeiten. Und wie sehr die Sensorik gefordert ist.“ s Tipp „RE-MIX“. Ein Videoformat will die MischkunstamBartresen hintergründig beleuchten. Ausstrahlung am Liquid Market,2.bis 4. September, Wiener Werkshallen. Schaufenster 35