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GLOBUS<br />
Amanshausers<br />
Album<br />
Vor Ort<br />
186. Nach Barcelona reisen Frauen und Männer ähnlich.<br />
Die Probleme beginnen erst beianderen Rollenbildern.<br />
von Martin Amanshauser<br />
Frauen und Männer reisen unterschiedlich.<br />
Ich werde nie den mitleidigen<br />
Blick des Kellners in Bosnien vergessen,<br />
als meine Freundin unsere zwei<br />
Bier beglich. Später erzählte mir eine<br />
Frau, wie ein einheimischer Kollege im<br />
Oman, der auf der Autobahnraststätte<br />
kurz ausgetreten war, ihr später im<br />
Wagen heftige Vowürfe machte, weil sie<br />
die Kaffees bezahlt hatte: „Wie stehe ich<br />
jetzt da?“, jammerte er, „ich kann diese<br />
Raststätte nie wieder besuchen, weil du<br />
mich derart lächerlich gemacht hast!“<br />
Um Klarheit zu kriegen, machte ich eine<br />
Umfrage imFB-Freundeskreis –und<br />
diese explodierte geradezu. Unzählige<br />
Frauen, durchaus Vielreisende,<br />
beschrieben ihre belastenden Erlebnisse.<br />
Offenbar fühlt sich das Reisen für<br />
Frauen allzu oft unangenehmer an, als<br />
ich das als Mann weiß. „Ich würde nie<br />
wieder nach Marokko fahren, obwohl es<br />
ein schönes Land ist“, schrieb eine.<br />
Viele berichteten von nordafrikanischen<br />
Ländern und vom Iran. Ich<br />
sprang für die islamische Welt ein: Nach<br />
Dubai fahren sei doch nicht brutaler, als<br />
in die SCS zu fahren? Weit gefehlt! In<br />
der SCS verschwinden keine Menschen<br />
spurlos, und niemand wird dort für eine<br />
erlittene Vergewaltigung eingesperrt.<br />
Ungemütliches berichteten die Frauen<br />
auch aus Mexiko, Kuba, Kroatien oder<br />
Griechenland. Eine meinte, sie wurde in<br />
einer chinesischen Disco auf der Tanzfläche<br />
begrapscht. Und Indien verängstigt<br />
ohnehin manche. Doch auch Schweden<br />
und Norwegen mit ihren „Einvernehmlichkeitsgesetzen“<br />
kamen schlecht<br />
weg.<br />
Wer keine Ehe und keine Kinder hat, gilt<br />
vielerorts als alt und einsam. Manche<br />
Frauen geben sich daher unterwegs als<br />
verheiratet aus und erfinden Nachwuchs,<br />
um sich Ungebetene vom Hals<br />
zu halten. Oft ist die Stimmung nicht<br />
nur lästig wie für Männer, sondern<br />
richtiggehend gefährlich. „Urlaub als<br />
Frau in einem Land, dessen Spielregeln<br />
man nicht verinnerlicht hat“, schrieb<br />
eine Frau, „ist nur die Potenzierung vom<br />
normal anstrengenden Leben als Frau,<br />
in dem man die patriarchalen Gewaltstrukturen<br />
zumindest kennt und die<br />
Abwehr entsprechend trainiert hat.“<br />
Eine andere: „Ich bin noch nie als Mann<br />
gereist. Ich stell mir das lustig vor!“ s<br />
ERFAHRUNGEN.<br />
Nichtbloß eine<br />
Perspektivenfrage,<br />
sondern auch der<br />
Erlebnisse: Der Reisealltag<br />
für Frauen<br />
siehtmanchmal sehr<br />
andersaus als für<br />
Männer.<br />
Klar,will man sich die Stille der Wälder und<br />
Seen und die Einsamkeit abseits der<br />
Zivilisation in Schweden gönnen, ist Camping<br />
eine Lösung, und zwar überall im Land, das<br />
garantiert das Jedermannsrecht. Wald hat<br />
Schweden genug, das Land liegt an 21. Stelle<br />
der waldreichsten Länder der Erde (Österreich<br />
an der 80.) und hat dabei eine Bevölkerungsdichte<br />
von nur 22,5 Menschen (Ö: 1<strong>06</strong>,5). Die<br />
Chance, im schwedischen Waldurlaub auf<br />
genau null Menschen zu stoßen, ist hier ziemlich<br />
groß. Aber: Campen ist nicht das Bequemste.Alternativ<br />
bietet das Label Inforest<br />
(„im Wald“)veritable Hüttenatmosphäre inder<br />
Waldeinsamkeit, drei konsequent nachhaltige<br />
Häuschen aus Holz nahe dem Vätternsee.<br />
Solarzellen und Batterie sorgen auch bei<br />
schlechtemWetterfür Strom, ein Wassertank<br />
versorgt Dusche und Küche, das Abwasser<br />
wird gefiltert, und Schwedens Biotoiletten<br />
Klassiker erlaubt schamfreie Waldsitzungen.<br />
Auch im Winter. www.inforest.se<br />
Musizierende schätzen die Stille wahrscheinlich<br />
am meistenvon allen Berufen,<br />
Stahlarbeiter vielleicht ausgenommen. Ein<br />
studierter Komponist, Dirigent und Musikpädagoge,<br />
der schon die ganzeWelt –vom<br />
Großglockner bis Nepal –kennengelernt hat,<br />
hat seine Eindrücke und Erlebnisse nun gemalt:<br />
mit Worten. Seine imaginären Bilder<br />
tauchen vorden Augen seiner Leserinnen und<br />
Leser auf. Das einzige Foto<br />
ziert das Cover. Macht gar<br />
nichts.<br />
•••<br />
„Die Musik der Stille –Reisebilder“,<br />
Axel Seidelmann,<br />
Bibliothek der Provinz, 18€,<br />
bibliothekderprovinz.at<br />
Im Buch<br />
Texte: mad; www.amanshauser.at; Weitere Kolumnen auf: DiePresse.com/amanshauser Fotos: Inforest, Getty Images.<br />
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