August 2001 - Endokrinologie - DGE
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NOTIZEN<br />
porose und Diabetes mellitus betreut. Schon jetzt ist jeder<br />
dritte 70-jährige Patient, der den Internisten aufsucht,<br />
ein Patient mit einer Störung des Glukosestoffwechsels.<br />
Dieser Aufgabe will sich die sowohl in der<br />
Deutschen Gesellschaft für <strong>Endokrinologie</strong>, als auch in<br />
der Deutschen Gesellschaft für Diabetologie verankerte<br />
Arbeitsgemeinschaft „Gerontoendokrinologie“ stellen<br />
und in diesem Symposium diesbezügliche Themen aus<br />
der Forschung und der Klinik ansprechen.<br />
Eine Grundfrage hinter der Assoziation Diabetes und<br />
Alter ist immer wieder die Frage „Warum?“ Üblicherweise<br />
wird dies mit der „thrifty gene hypothesis“ erklärt, d.h.<br />
Insulinresistenz als Teil des metabolisches Syndroms,<br />
gesehen als Chance, Zeiten der Nahrungsknappheit zu<br />
überleben. Dazu gibt es neue Daten:<br />
Ein Modellsystem des Genetikers ist der Nematode C.<br />
elegans. Dieser besitzt einen Rezeptor mit dem Namen<br />
DAF-2. Dieser ist dem Insulinrezeptor homolog und wird<br />
eine inaktivierende Punktmutation in diesem Rezeptor<br />
eingeführt, tritt der Wurm ein den Zustand „Dauer“ ein<br />
(d.h. er lebt länger), daher der Name „Dauer Aktivierender<br />
Faktor“ (DAF). In seltenen Fällen wird genau an der<br />
gleichen Aminosäure beim Menschen auch diese<br />
Punktmutante gefunden, die dann zum metabolischen<br />
Syndrom führt. Dies bedeutet, daß in diesem primitiven<br />
Modellorganismus Insulinresistenz an erhöhte Fettanlagerung<br />
im Darm, Bewegungsarmut, reduzierte Fruchtbarkeit<br />
und Langlebigkeit gekoppelt ist. Es gibt also genetische<br />
Programme für die Lebensverlängerung, für<br />
den C. elegans die Möglichkeit z.B. in Zeiten der Überpopulation<br />
oder der Nahrungsknappheit seine Vemehrung<br />
auf spätere (bessere?) Zeiten zu verlagern. Diese<br />
Erkenntnisse führten dazu, daß gefragt wurde, ob denn<br />
Langlebigkeit und endokrinologisch-metabolische Veränderungen,<br />
die über den Insulinrezeptor und seine<br />
Signaltransduktion gekoppelt sind von allen Zellen gleichermaßen<br />
reguliert werden. Wolkow und Mitarbeiter<br />
konnten kürzlich zeigen (Science 290:147, 2000), daß<br />
intakte Insulinsignaltransduktion ausschließlich im Nerven<br />
die normale (kurze) Lebensspanne, Fruchtbarkeit<br />
und Fettgehalt des Verdauungstraktes in einem C. elegans<br />
ohne Insulinrezeptor wiederherstellt, hingegen die<br />
alleinige Einführung der normalen Insulinsignaltransduktion<br />
im Muskel dies nicht erreicht. Dies bedeutet,<br />
daß Insulinresistenz im Nerven eine zentrale Bedeutung<br />
für Langlebigkeit und Metabolismus (ähnliche Daten<br />
liegen für die Insulinresistenz auch in der Maus vor)<br />
hat. Als Erklärung dient die Beobachtung, daß DAF-2<br />
einen anderen Faktor mit dem Namen DAF-16 hemmt.<br />
Fällt diese Hemmung in den „insulinresistenten“ Larven<br />
weg, kann DAF-16 in neuronalen Zellen die Transkription<br />
von Superoxiddismutase und CTL-1 (einem Katalase<br />
ähnlichem Enzym) induzieren. So kann über den „Insulinrezeptor<br />
DAF-2“ und Kontrolle der Wirkung reaktiver<br />
Sauerstoffspezies, die Integrität der Neuronen und<br />
der neuroendokrinen Signale, von denen einige die Lebensspanne,<br />
andere den Metabolismus kontrollieren,<br />
reguliert werden.<br />
Reaktive Sauerstoffspezies führen, ebenso wie die Hyperglykämie<br />
zur Bildung von AGE-Proteinen (AGE =<br />
Advanced Glycated Endproducts). Bildung einiger Untergruppen<br />
von AGE-modifizierten Proteinen ist nicht<br />
nur induziert durch freie Sauerstoffradikale oder „Carbonylstress“,<br />
sondern bei ihrer Bildung und auch Interaktion<br />
mit der Zielzelle werden extrazellulär und intrazellulär<br />
Radikale freigesetzt. AGE-Proteine akkumulieren<br />
im Alter, ihre Bildung korreliert mit der Lebensspanne.<br />
Hemmung der AGE-Bildung durch Nahrungsrestriktion<br />
oder Aminoguanidin verlängert die Lebensspanne<br />
von Säugetieren. Ein Vortrag des Symposiums (Barzilai,<br />
New York) wird sich der Thematik der Kalorienrestriktion<br />
und der Verlängerung des Lebens auch bei Säugern zuwenden.<br />
Herr Barzilai hat über Jahre Studien zum Metabolismus<br />
und Alterungsprozess mit Hundertjährigen<br />
durchgeführt. Er wird uns dazu neueste Daten vorstellen.<br />
Therapeutische Interventionen, die eine Zunahme<br />
des viszeralen Fettanteils verhindern, sollten eine erfolgreiche<br />
Strategie zur Verbesserung des Glukosestoffwechsels<br />
im Alter darstellen.<br />
Einen weiteren Bezug zwischen Glukosemetabolismus<br />
und dem Alterungsprozess stellt ein der ß-Glukosidase<br />
homologes Enzym mit dem Namen „Klotho“ her. Ein Defekt<br />
der Klotho Expression in der Maus führt zu einem<br />
beschleunigten Alterungsprozess, inklusive Osteoporose,<br />
Arteriosklerose, Endothelzelldysfunktion, Alterung<br />
des Haarkleides und verkürzter Lebensspanne (Nature<br />
390:45,1999). Dies belegt, wie eng die verschiedenen<br />
Alters-assoziierten Erkrankungen miteinander verknüpft<br />
sind.<br />
Frau PD Dr. Kellerer aus Tübingen wird sich der Frage<br />
zuwenden, ob denn tatsächlich beim Menschen auch<br />
das höhere Lebensalter mit der Insulinresistenz vergesellschaftet<br />
ist und Prof. Scherbaum aus Düsseldorf<br />
wird das für den praktisch Tätigen wichtige Thema der<br />
spezifischen Aspekte der Qualitätssicherung für die älteren<br />
Diabetiker vortragen<br />
Für weitere Auskünfte steht Herr Prof. Dr Nawroth zur<br />
Verfügung.<br />
120 <strong>Endokrinologie</strong> Informationen 25 (<strong>2001</strong>) 4