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BLICKWECHSEL 2021

Schauwerte. Kultur und Geschichte im Spiegel visueller Medien

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Ausgabe 9 • <strong>2021</strong><br />

SZENE<br />

49<br />

<br />

<br />

Die Postkarten in unserem Bestand wurden nahezu ausnahmslos<br />

von Deutschen gesammelt. Dies hat Auswirkungen<br />

auf die thematische Bandbreite: Es ist überwiegend<br />

die deutsche Perspektive – nicht nur auf Städte und Dörfer,<br />

sondern auch auf den Ersten Weltkrieg. Nationalistische<br />

Parolen finden sich ebenso wie Stereotype. Eine in Posen<br />

gedruckte Feldpostkarte trägt mittig zwischen vier Bildmotiven,<br />

eingefasst von den Flaggen des Deutschen Reiches<br />

und Österreich-Ungarns, die Aufschrift Treudeutsche Grüsse<br />

aus Russisch-Polen .<br />

Beispielhaft für Stereotype ist die von mehreren Postkartenverlagen<br />

produzierte Serie Wie die Russen in Ostpreussen<br />

hausten, von der wir elf Postkarten besitzen . Dargestellt<br />

wird das Ausmaß der Zerstörungen durch russisches Militär<br />

in Städten und Dörfern Ostpreußens im ersten Kriegsjahr des<br />

Ersten Weltkriegs. Insgesamt über 300 Postkarten zu diesem<br />

Thema sind in unserem Bestand vorhanden.<br />

Als Kontrast dazu ist für die Darstellung der deutschen<br />

Kriegshandlungen eine Postkartenserie mit dem Titel Kalisch<br />

in der Kriegszeit beispielhaft. Wir besitzen davon eine Karte<br />

mit einer Abbildung des Rathauses . Drei Viertel der historischen<br />

Stadt Kalisch/Kalisz wurden im August 1914 zerstört.<br />

Dass das deutsche Heer die Stadt verwüstete, wird<br />

auf den Postkarten nicht erwähnt: Diese Tat hat auf den<br />

Postkarten keine Täter. Die Russen »hausen«, die Deutschen<br />

führen »ordentlich« und »gesittet« Krieg. Ein Vergleich mit<br />

russischen Postkarten aus dem Ersten Weltkrieg wäre sicher<br />

interessant.<br />

Erwin E. Habisch<br />

Erwin E. Habisch ist stellvertretender Leiter der Nordost-Bibliothek am Institut<br />

für Kultur und Geschichte der Deutschen in Nordosteuropa (IKGN)/Nordost-Institut<br />

in Lüneburg ( S. 56–58).<br />

Die Postkarten können im Lesesaal der Nordost-Bibliothek eingesehen<br />

werden. Informationen zu den Öffnungszeiten und zu eventuellen<br />

pandemiebedingten Einschränkungen finden Sie unter www.ikgn.de.<br />

Gruss aus Memel, gelaufen<br />

im Juni 1898<br />

Werbepostkarte des Restaurants<br />

»Zum Schwan« am Madüsee/Jezioro<br />

Miedwie, gelaufen<br />

im Mai 1926<br />

Treudeutsche Grüsse aus Russisch-Polen,<br />

um 1914/15<br />

Wie die Russen in Ostpreussen<br />

hausten. Zerstörte Strasse in<br />

Gr. Rominten, 1915<br />

Kalisch in der Kriegszeit<br />

1914/15 – Rathaus, 1915<br />

Alle Abbildungen:<br />

© Nordost-Institut

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