15.09.2021 Aufrufe

RADAR Magazin Nr. 14: Macht mir ein Buch!

Das Buch macht keinen Lärm. Lesen auch nicht. Das Buch liebt die Stille. Es ist wortreich stumm. Es trotzt der Vergänglichkeit und bleibt. Im Büchergestell für immer, auf dem Nachttisch für den Verzehr oder als Vorwurf. Diese RADAR-Ausgabe soll den Werdegang eines Buches aufzeigen und zugleich, gespiegelt von Beteiligten und Komplizen, Einblick in die Arbeit eines Verlages geben. Natürlich nicht irgendeines Verlages, sondern des Christoph Merian Verlags, Botschafter und Kulturakteur der Christoph Merian Stiftung, der seit seiner Gründung 1976 wunderbare Bücher zu Architektur und Kunst, Kultur und Gesellschaft und zu Basel und seiner Geschichte herausgibt.

Das Buch macht keinen Lärm. Lesen auch nicht. Das Buch liebt die Stille. Es ist wortreich stumm. Es trotzt der Vergänglichkeit und bleibt. Im Büchergestell für immer, auf dem Nachttisch für den Verzehr oder als Vorwurf.
Diese RADAR-Ausgabe soll den Werdegang eines Buches aufzeigen und zugleich, gespiegelt von Beteiligten und Komplizen, Einblick in die Arbeit eines Verlages geben. Natürlich nicht irgendeines
Verlages, sondern des Christoph Merian Verlags, Botschafter und Kulturakteur der Christoph Merian Stiftung, der seit seiner Gründung 1976 wunderbare Bücher zu Architektur und Kunst, Kultur und Gesellschaft und zu Basel und seiner Geschichte herausgibt.

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Das Magazin der Christoph Merian Stiftung

Nr. 14 2021


-

Editorial

Inhalt

Das Buch als Lebensmittel –

Die Kraft des stillen Mediums

Das Buch macht keinen Lärm. Lesen auch nicht. Das

Buch liebt die Stille. Es ist wortreich stumm. Es trotzt

der Vergänglichkeit und bleibt. Im Büchergestell für immer,

auf dem Nachttisch für den Verzehr oder als Vorwurf.

Es steht oder liegt, es bewegt sich nicht. Das Buch

hasst Geschwindigkeit, es ist geduldig und verlangt

Geduld: Lesen ist die Kunst der Langsamkeit. Das Buch

ist analog, es hat eine Physis, einen Körper – aus Papier

und Karton, zum Schutz oft einen Schutzumschlag. Es

hat ein Gesicht – das Cover, und es hat seine Typographie.

Das Buch hat Rückgrat, mal gebunden, mal broschiert.

Und es riecht nach Druckerschwärze, Farben,

Lack. Das Buch lebt in der Diversität. Es kann dick oder

dünn sein, schwer oder leicht, auffällig oder bescheiden,

schön gestaltet oder bloss alltäglich-nützlich, farbig oder

schwarzweiss, mit Lauftext oder illustriert oder mit beidem:

mit Schrift und Bild. So ist das Buch vieles, aber

eines ist es nicht: zeitgemäss. Denn mit all diesen Eigenschaften,

in seiner stoischen Existenz ist das papierne

Buch so ziemlich das Gegenteil von dem, was unsere

Zeit ausmacht. Es ist altmodisch. Aus der Zeit gefallen.

Aber ich liebe es, und ich liebe es vielleicht immer mehr,

gerade weil es aus der Zeit gefallen ist. Weil es sich

darum foutiert, ob es digitalisiert, heruntergeladen und

durchs Internet gejagt wird, ob es als Hörbuch erscheint,

auf CD gebrannt oder gestreamt wird. Es überlebt alle

mediale Konkurrenz und elektronischen Formen. Buch

bleibt Buch. Das wurde uns während der Corona-Vollbremsung

wieder bewusst. Trotz geschlossener Buchläden

lockte der Lockdown die Bücher aus dem Regal.

Das Buch ist ein Lebensmittel. Aber klar: Es ist nicht als

Objekt ein Lebensmittel, sondern seines Inhalts wegen,

weil es zu rationalem Erkenntnisgewinn verhilft oder

belletristisches und ikonographisches Lese- und Schauvergnügen

verschafft. Damit ein Buch geboren werden

kann als Symbiose von Inhalt, Gestaltung und marktfähigem

Produkt, braucht es einen Verlag und Verlegende

mit Hirn und Herz und ja – auch mit kaufmännischem

Geschick. Diese RADAR-Ausgabe soll den

Werdegang eines Buches aufzeigen und zugleich, gespiegelt

von Beteiligten und Komplizen, Einblick in die

Arbeit eines Verlages geben. Natürlich nicht irgendeines

Verlages, sondern des Christoph Merian Verlags, Botschafter

und Kulturakteur der Christoph Merian Stiftung,

der seit seiner Gründung 1976 wunderbare Bücher

zu Architektur und Kunst, Kultur und Gesellschaft und

zu Basel und seiner Geschichte herausgibt.

Viel Vergnügen beim Eintauchen in die Welt der Bücher

und ihrer Macherinnen und Macher.

Dr. Beat von Wartburg

Direktor der Christoph Merian Stiftung

Christoph Merian Verlag

Jährlich erscheinen im stiftungseigenen Christoph

Merian Verlag (CMV) an die 25 Bücher.

Jedes ist anders und besonders. Deshalb ist

eine individuelle und auf die einzelne Publikation

abgestimmte Form der Zusammenarbeit

wichtig: Für jedes Buch das passende Team,

lautet ein Leitspruch des Verlags. Der CMV operiert

nach betriebswirtschaftlichen und branchenüblichen

Grundsätzen, bringt aber auch

nicht gewinnbringende Publikationen heraus.

Der Verlag entscheidet unabhängig, was er

veröffentlichen will.

www.merianverlag.ch

Wolfgang Bortlik

Niemand macht ein Buch allein. Auch kein

Verlag. In diesem RADAR erhalten Sie Einblick

in die Arbeit von zehn Buchmacher:innen, von

der Autorin bis zum Rezensenten. Mit ihnen

gesprochen hat Wolfgang Bortlik. Vielen von

Ihnen dürfte er als Krimi-Autor oder Fussball-

Lyriker bekannt sein. Doch Bortlik ist ein Tausendsassa

im Buchgeschäft: 1981 hat er die

Edition Moderne, den erfolgreichen Schweizer

Comicverlag, mitgegründet. In den folgenden

Jahren war er als Programmleiter, Lektor und

Übersetzer tätig, später auch als Buchhändler,

Vertreter und Rezensent. Wenn er in den folgenden

Gesprächen sein Gegenüber duzt, dann

weil man sich von früher kennt. Heute lebt und

schreibt Wolfgang Bortlik in Riehen, zuletzt

erschien sein Kriminalroman «Allzumenschliches.

Friedrich Nietzsche ermittelt».

Wolfgang Bortlik

im Gespräch mit

Mena Kost

3 Autorin

Doris Tranter

4 Lektorin

Benjamin Mortzfeld

5 Herausgeber

Groenlandbasel

6 Gestalterinnen

Tom Bisig

7 Fotograf

Regine Grammlich

8 Druckerin

Hans Frieden

9 Vertreter

10

11

12

Jens Stocker

Buchhändler

Eveline Wüthrich

Kuratorin

Christoph Dieffenbacher

Rezensent

Aktuelles aus der CMS

13

14

Kultur für alle

Diverser fördern

ELYS Boulderloft

Abenteuer und Action

16 Veranstaltungen

Auf den Bestseller

folgt ein Jugendroman

Autorin Mena Kost denkt schon ans nächste Buch

Mena Kost ist Journalistin und hat vor ihrem jüngsten Buch

schon zwei Kinderbücher verfasst. «Ausleben – Gedanken

an den Tod verschiebt man gern auf später» erschien im

Frühling 2020 und avancierte zum meistverkauften

CMV-Titel des Jahres. Menschen im Alter von 83 bis 111

Jahren geben drin Auskunft über ihr Verhältnis zum Sterben.

Ich treffe Mena Kost in einem idyllischen Gartenrestaurant

gleich bei ihrem Atelier im alten Bahnhof St. Johann.

Meine erste Frage liegt auf der Hand:

Wie bist du auf die Idee gekommen, ein

Buch über das Sterben zu machen?

Vor über zehn Jahren habe ich in der Zeitschrift

Surprise schon einmal alte Menschen über das Sterben

erzählen lassen. Damals habe ich gemerkt, wie

gehaltvoll das Thema ist und wie wichtig es ist, darüber

zu reden. Seither habe ich gewusst, dass ich

ein Buch dazu machen möchte. Irgendwann habe

ich die Fotografin Annette Boutellier angefragt,

mit der ich schon oft zusammengearbeitet hatte,

und sie war sofort dabei.

Ist das nicht ziemlich heikel, mit alten Menschen über ihren

Tod zu reden? Die Menschen, die ich getroffen habe, waren alle

überraschend offen. Trotzdem hat es mich jedes

Mal Überwindung gekostet, über das Thema zu

sprechen. Geholfen hat der Wechsel zwischen Fragen

zum Tod und Fragen zum Leben. So waren die

Gespräche eine Weile schwer und vielleicht auch

traurig, dann kamen wieder leichtere Momente, in

denen wir uns erholen konnten.

Wie hast du ausgewählt und haben dann alle Angefragten

sofort mitgemacht? Ich ging journalistisch an das Thema heran und

wollte möglichst viele unterschiedliche Menschen

aus der ganzen Deutschschweiz treffen: solche vom

Land und solche aus der Stadt, religiöse und nichtreligiöse,

solche mit Kindern und solche ohne und

so weiter. Mitgemacht haben dann eigentlich alle

Personen, die wir angefragt haben. Moment, nicht

alle. Wir wollten unbedingt noch einen reichen

weissen Mann im Buch haben, einen Bankier oder

einen Fussballclubpräsidenten. Das hat nicht geklappt,

da kam ein gutes Dutzend Absagen.

Wie ist dann der Weg von der Idee bis zum fertigen Buch

verlaufen? Für das Buch war ein klares inhaltliches Konzept

vorhanden: Porträt-Texte und -Fotografien. Ich bin

damit auf gut Glück zum CMV gegangen. Dort war

man interessiert. Dann kam die Frage nach der Finanzierung,

es ging immerhin um einen grösseren

Betrag. Das Geldauftreiben war sehr harzig, aber

wir haben schliesslich die Finanzierung mithilfe von

Kulturförderung und Stiftungen doch mehr oder

weniger geschafft. Die Zusammenarbeit mit dem

Verlag und den an der Buchproduktion Beteiligten

hat sich sehr angenehm gestaltet.

Wie sah diese Zusammenarbeit aus? Hatte der Verlag ein

Mitspracherecht, was den Inhalt betrifft?

Wir waren sehr frei, und der Verlag hat gut mitgedacht.

Doris Tranter, die der CMV als Lektorin engagiert

hatte, war sehr aufmerksam und nett. Die

Gestaltung von Umschlag und Inhalt geschah in

einer sehr guten, engen Zusammenarbeit mit Karin

Rütsche. Das Buch ist genau so herausgekommen,

wie Annette und ich es uns gewünscht hätten.

Und wie war es, das fertige Buch in der Hand zu halten?

Grossartig und aufregend!

Aus eigener leidvoller Erfahrung stelle ich noch die Frage

nach dem Einfluss von Corona auf das Buch.

Corona hat selbstverständlich einen Einfluss gehabt.

Viele Veranstaltungen konnten nicht stattfinden,

unter anderem ein toller Anlass, für den sich

auch die im Buch Porträtierten angemeldet hatten.

Wir konnten nur ein paar wenige Lesungen abhalten.

Zum Glück konnten wir die Vernissage dann noch

nachholen, das war sehr schön.

Was passierte medial mit dem Buch? Es hat sich dann

doch sehr gut verkauft, ich halte hier schon die dritte

Auflage in der Hand.

Die Medienarbeit, also quasi die Werbung fürs Buch,

haben wir sehr intensiv mit dem Verlag zusammen

gemacht. Es ist ja ein Geschenk für jede Redaktion:

Man kann Vorabdrucke machen, es ist alles digital

aufbereitet, es sind grossartige Fotos verfügbar.

Und nicht zuletzt berührt das Thema die Menschen.

Es gab dann auch viele positive Reaktionen in grossen

Zeitungen und anderen Medien.

Wie geht es weiter mit der Autorin Mena Kost?

«Ausleben» war eine journalistische Arbeit. Mein

nächstes Projekt wird fiktiver Art sein. Ich habe

zwei Söhne im Alter von sechs und neun Jahren, für

die waren schon die beiden Kinderbücher. Jetzt wird

es Zeit für einen Jugendroman.

C C CM

MC

MC

CM

M M

2

3

Y Y YX

XY YX

YZ Z Z

- 7 7 - 7 - - 8 8 8

-

- 9 9 - 9 - - 01

01

- kcalB = kcalB - B = B kcalB = B -

- 21

21

- C = nay C = - nay C = nay C -

- - - 41

41

- M M = atnega = M - atnega M = atnega M -

-

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- - - olle

Y w

= Y w - Y = olle Y w = Y -

-

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- X = - X = X = X -

- 02

02

- Z=Z Z=Z - Z=Z -

- 2

2

-

-

- 32 32 - 32 -

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42

42

- 52 52 - 52 -



-

Doris Tranter lektoriert auf Vertrauensbasis,

mit Sprachgefühl,

Duden und viel Erfahrung

Steht das Konzept,

wird ein Verlag gesucht

Kurator Benjamin Mortzfeld ist auch Herausgeber

Lektorieren bedeutet, Textmanuskripte in Bezug auf Sprache,

Inhalt und Plausibilität zu prüfen. Doris Tranter studierte

Geschichte und Englisch und lektoriert seit rund 40

Jahren freischaffend vor allem wissenschaftliche Texte,

unter anderem auch für den CMV. Wir treffen uns vor einem

Restaurant im St. Johann, das leider geschlossen ist. Dennoch

stellt sich Doris Tranter mit grosser Offenheit meinen

Fragen.

Wie sind Sie zum Lektorieren gekommen

und was hat sich seither verändert?

Mein erstes Lektorat war eine 400-seitige juristische

Habilitation. Das war noch vor der Digitalisierung.

Ich habe dann neben meinem Beruf als Oberlehrerin

für Verlage gearbeitet. Mit dem Computer

ist die Arbeit als Lektorin leichter geworden, wobei

ich feststellen muss, dass es heute viel mehr orthografische

Fehler gibt als früher.

Weil vielleicht aus Kostengründen oftmals

auf das Lektorat und das Korrektorat verzichtet

wird?

Das kann gut sein. Ich befürchte, dass die Textkontrolle

in den letzten Jahren abgenommen hat, natürlich

nicht überall.

Was macht eine Lektorin, wie gehen Sie vor?

Ich bin eine wissenschaftliche Lektorin, das ist ganz

etwas anderes als eine literarische Lektorin. Ich

mische mich selten in den Inhalt ein, ich werde da

nur aktiv, wenn etwas ganz offensichtlich nicht

stimmt. Zum Beispiel bei einer Übersetzung. Ich bin

zweisprachig, englisch und deutsch. Bei Texten spürt

man ganz oft, dass da etwas nicht stimmen kann.

Man weiss nicht, was falsch ist, aber man hat das

Gefühl, da stimmt etwas nicht, Namen zum Beispiel.

Und dem muss man nachgehen. Aber man

muss stets sein Ego zurücknehmen, Lektorieren

setzt ein Vertrauensverhältnis mit den Autorinnen

und Autoren voraus. Ebenso arbeitet man mit der

Grafik und der Gestaltung zusammen.

Kann man das lernen, gibt es eine Ausbildung

zur Lektorin?

Ich habe keine Ausbildung zur Lektorin gemacht.

Die gab es so auch nicht. Ich habe es gelernt, indem

ich es gemacht habe. Ich habe schon früh für Verlage

gearbeitet und dabei viel von den Schriftsetzern

gelernt. Das ist ein Beruf, der jetzt verschwunden

ist. Aber diese Leute hatten ein grosses Wissen,

wie ein Text auszusehen hat. Ausserdem gibt es ja

Regeln, und ein Regelbuch ist der Duden, letzte

Ausgabe. Der definiert die deutsche Sprache. Bei

belletristischen oder lyrischen Werken ist das sicher

anders, da haben der Autor und die Autorin mehr

Möglichkeiten.

Haben Sie nie das Bedürfnis gehabt, einen Roman zu lektorieren?

Ich habe keine Lust, ein literarisches Buch zu lektorieren,

da habe ich auch keine Begabung dazu.

Und da ich ein reiner Textmensch bin, mische ich

mich auch ungern in gestalterische Belange ein.

Wie läuft ein Lektorat ab, gibt es verschiedene Phasen?

Es gibt Lektorat und Korrektorat. Öfters lese ich

Texte schon in einem frühen Stadium. Nachdem der

Text dann fertig gesetzt ist, also nach dem sogenannten

Umbruch, gibt es noch ein Korrektorat:

Da werden Trennungen kontrolliert, letzte Fehler

entdeckt usw.

In manchen Verlagen ist das Lektorat integriert. Wie kommen

Sie freischaffend an Ihre Aufträge?

Ich werde von Autoren weiterempfohlen und von

Buchgestalterinnen. Und ich bin auf der Liste des

CMV. Heute taucht der Name des Lektors oder der

Lektorin meistens auch im Impressum eines Buches

auf. Früher wurde der einfach unterschlagen.

Gibt es öfter mal Probleme wegen Ihrer Korrekturen im Text?

In den 40 Jahren, in denen ich lektoriere, hatte ich

nur ein einziges Mal mit einem Autor Probleme. Sein

Name sei hier aber nicht erwähnt.

Wie war die Zusammenarbeit mit Mena Kost, deren Buch

«Ausleben» Sie auch lektoriert haben?

Die Kooperation war sehr unkompliziert und erfreulich.

Es gab nur wenige Korrekturen, es waren professionelle

journalistische Texte, die mich selbstverständlich

auch sehr berührt haben.

Erleben Sie ab und zu eine sogenannte Deformation

Professionelle, wenn sie zum Beispiel die Speisekarten in

Restaurants studieren?

Selbstverständlich. Das ist nicht immer ganz einfach.

Man will sich ja nicht unbeliebt machen oder

als rechthaberisch erscheinen. Aber es gibt da schon

ganz flagrante Verbrechen an der Sprache.

Eine Sprache, die sich ständig wandelt. Oder verludert, wie

andere sagen. Empfinden Sie das als Fachfrau auch so?

Die Sprache «verludert» in diesem Sinne ständig.

Wortbedeutungen ändern sich laufend, Sprache ist

lebendig. Ich bin gegen Nostalgie. Alle Veränderungen,

die sprachliche Differenzierungen bringen, sind

gut. Und es geht vor allem um Verständigung.

Ich treffe Benjamin Mortzfeld am Eingang der Barfüsserkirche,

dem Hauptbau oder der Kathedrale des Historischen

Museums Basel (HMB). Wir gehen in den Keller, wo

gerade die Ausstellung zum 200. Todestag des verkannten

Revolutionärs und Menschenrechtlers Peter Ochs den letzten

Schliff bekommt. Dazu erscheint zeitgleich eine Publikation

im CMV, ein sogenannter Katalog, herausgegeben

vom HMB und Benjamin Mortzfeld.

Das HMB macht Ausstellungen und manchmal

auch Bücher, wie kommt es dazu?

Wenn wir eine Ausstellung planen, stellt sich für

uns die Frage, ob wir dazu eine Publikation machen

wollen. Dafür müssen wir uns bis mindestens zwei

Jahre vor der Ausstellung entschieden haben: Machen

wir einen Ausstellungskatalog und wenn ja, in

welcher Form und für welche Zielgruppe. Auch über

den Inhalt sollte es schon grobe Vorstellungen geben,

etwa den Anteil Text und den Anteil Bilder.

Wer ist dann verantwortlich für diese Publikation

und was ist zu tun? Wann kommt

der Verlag ins Spiel?

Der Macher, also der Kurator der Ausstellung, ist

auch der Herausgeber des dazu erscheinenden Buchs.

Er macht das Konzept, fragt potenzielle Autorinnen

und Autoren an und kümmert sich ums Bildmaterial.

Steht das Konzept, wird ein Verlag gesucht. Es

kommt selbstverständlich aufs Thema an, aber da

wir zu historischen und regionalen Themen ausstellen,

ist der CMV immer ein valabler Partner. Einigt

man sich auf eine Zusammenarbeit, wird ein Vertrag

abgeschlossen. Dann geht es los.

Sie haben das Bildmaterial angesprochen,

bestimmt ein wesentlicher Punkt. Kümmern

Sie sich auch um die Grafik und Gestaltung

des Katalogs?

Die Gestaltung des Katalogs wird ebenso wie die

Gestaltung der Ausstellung und des Werbematerials

hier im Hause besorgt, Manuela Frey ist unsere

visuelle Gestalterin. Das Cover des Katalogs muss

schon acht Monate vor Ausstellungsbeginn vorliegen,

es dient dann zumeist auch als Motiv für das

Plakat der Ausstellung.

Ich nehme an, das ist ein ziemlich intensiver

Prozess, was ist dabei zu bedenken?

Die Herausgeberschaft muss sich mit der Gestaltung

einig werden. Oder umgekehrt. Wie soll der

Katalog aussehen? Selbstverständlich beeinflusst

der Inhalt, das Thema, die Gestaltung des Buches.

Es gibt aber auch ganz praktische Fragen: Wo kommen

die Fotos, wo kommt der Text hin? Gibt es

überhaupt genügend Fotos? Ist ein zweispaltiger

Umbruch, also zwei Kolonnen Text pro Seite, nicht

besser, wenn es viel Fotomaterial gibt? Solche Fragen

werden entschieden.

Wir haben im Haus ein eigenes Fotoatelier, das die

Objektfotografie übernimmt.

Wie geht es weiter mit dem Lektorat oder der sogenannten

Ausstattung, wie sieht der Katalog schlussendlich aus,

also Format, Druck, Material, Bindung?

Da kommt dann der Verlag ins Spiel. Gemeinsam

wird ein wissenschaftliches Lektorat gemacht.

Nach mehreren, stets verfeinernden und korrigierten

Umbrüchen wird das Buch bzw. werden die

Druckdaten vier bis sechs Wochen vor Ausstellungseröffnung

dem Verlag zur Genehmigung und

schliesslich der Druckerei übergeben. Die Produktion

dauert etwa vier Wochen. Die Druckerei wird

meistens von uns ausgewählt und liefert nach Fertigstellung

das Buch an den Verlag und das Museum.

Spätestens zur Vernissage muss das Buch vorliegen.

Dann startet der Verkauf, auch im Buchhandel, den

der Verlag beliefert hat.

Wer die Ausstellung im HMB besucht, sollte also auch einen

Katalog kaufen können, um das Gesehene zu vertiefen?

Ja, gerne. Auch deswegen müssen wir Werbung betreiben.

Die Pressearbeit für den fertigen Katalog

läuft parallel von der Marketingabteilung des HMB

wie auch vom Verlag aus. Ein Ausstellungskatalog

hat bei uns je nachdem eine Auflage von 850 bis

1‘500 Stück. Ungefähr die Hälfte davon wird im Museum

verkauft, die andere via Verlag im Buchhandel.

Es gibt selbstverständlich auch sogenannte Freiexemplare

für die Medien und weitere Beteiligte.

Ich halte hier den frischgedruckten Katalog zu Peter Ochs

in der Hand. Die Lektüre erinnert an aktuelle Probleme in

Basel und der Schweiz: das Verhältnis zu anderen Staaten,

verkrustete politische Strukturen, Menschenrechte usw.

Ja, schade, dass Peter Ochs als Staatsmann und

Vertreter sehr aufgeklärter Positionen immer noch

keinen besseren Ruf in seiner Heimatstadt hat. Vielleicht

ändern diese Ausstellung und das Buch etwas

daran.

C C CM

MC

MC

CM

M M

4 5

Y Y YX

XY

YX

YZ

Z Z

- 7 7 - 7 - - 8 8 8

-

- 9 9 - 9 - - 01

01

- kcalB = kcalB - B = B kcalB = B -

- 21

21

- C = nay C = - nay C = nay C -

- - - 41

41

- M M = atnega = M - atnega M = atnega M -

-

61

61

- - - olle

Y w

= Y w - Y = olle Y w = Y -

-

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81

- X = - X = X = X -

- 02

02

- Z=Z Z=Z - Z=Z -

- 2

2

-

-

- 32 32 - 32 -

-

42

42

- 52 52 - 52 -



-

x-mal hin und her, anspruchsvolles

Editorial Design Dorothea Weishaupt

und Sinja Steinhauser von Groenlandbasel

Pixel um Pixel, alle Bilder der Welt

in nur einer Aufnahme

Tom Bisig fotografiert für Buchprojekte

Eine wesentliche Rolle bei der Entstehung eines Buches

spielt die Gestaltung. Sie transportiert und unterstreicht

den Inhalt und schafft idealerweise einen zusätzlichen

Zugang zum Thema. Dorothea Weishaupt und Sinja Steinhauser

von Groenlandbasel arbeiten als visuelle Gestalterinnen

für Museen und Verlage. Ich treffe sie in einem Teil

von Basel, in dem mir scheint, als würde hier gleich das

Pflaster aufbrechen und der Strand darunter sichtbar. Eine

grosse Insel am Rande der Stadt.

Warum heisst Ihre Firma Groenland, hat das

mit diesem Ort zu tun?

Grönland ist die grösste Insel der Welt, reicht das

als Erklärung? Die Agentur wurde in Berlin gegründet,

jetzt ist sie im Kleinbasel situiert und zweigeteilt,

in visuelle Gestaltung und Grafik sowie Architektur

und Szenografie.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie ein Buch gestalten

sollen?

Zuerst ist die Gestaltung eines Buches Teamarbeit

bezüglich Konzept und Entwurf. Für die Umsetzung

und die Kommunikation mit allen Beteiligten aber

übernimmt eine von uns den Lead.

Wollen wir Ihre Arbeit an einem fertigen Objekt

exemplifizieren? Ich habe in meinem

Büchergestell ein Buch gefunden, das Sie

gestaltet haben, die Familiengeschichte der

Basler Familien Stähelin, Staehelin und Stehelin.

Dafür ist der Verlag an uns herangetreten. Wir arbeiten

öfters mit dem CMV zusammen. Es gab ein

Briefing mit dem Kunden und dem Verlag, daraufhin

haben wir eine Offerte gemacht. Das war zwei

Jahre vor Erscheinen des Buchs.

Beteiligt waren als Herausgeber die Angehörigen

der Familie Stähelin. Sie hatten die beiden Textautoren

Tobias Ehrenbold und Urs Hafner beauftragt.

Der Verlag koordinierte die Abläufe und die Finanzierung.

Groenland organisierte, unterstützt vom

CMV, die Herstellung des Buchs. Für uns als Gestalterinnen

war vorderhand wichtig zu wissen, was für

eine Art Buch es werden sollte. Eine Familiengeschichte

sieht anders aus als etwa ein Kunstkatalog.

Wie gingen Sie nach dem ersten Briefing

vor?

Wir machten Entwürfe für den Inhalt des Buches,

für den Text- wie auch den Bildteil. Es sollte ein

Bilder- und ein Lesebuch werden. Deshalb haben

wir beispielsweise die Schrift der Bildlegenden gleich

gross wie die des Textes gesetzt. Die Bilder sollten

auch nicht übers Buch verteilt sein, sondern einen

kompakten Bildteil ergeben. Dieser sollte ein bisschen

an frühere Fotoalben erinnern, in denen ein

dünnes Trennpapier zwischen den Seiten lag. Also

haben wir zwischen die Bilder ein fast durchsichtiges

Papier platziert, auf dem die Bildlegenden stehen.

Ich nehme an, dass es gerade bei einer privaten Herausgeberschaft

auch zu Meinungsverschiedenheiten kommt.

Wie geht man damit um?

Die Herausgeber waren selbstverständlich bei der

Gestaltung involviert. Beim Buchcover etwa gab

es grössere Diskussionen. Der Umschlag ist ja das

Gesicht des Buches. Er ist auch für den Verlag sehr

wichtig, weil er das Buch frühzeitig durch den Vertreter

im Handel anbieten will. Wir wollten auf dem

Umschlag vorne einen Prägedruck, die Herausgeber

jedoch lieber nicht. Daraufhin haben wir versucht,

diese Idee mit einem Siebdruck optisch anklingen

zu lassen. Auch das gelbe Einbandleinen wurde ausgiebig

besprochen.

Ich habe mir das Werk aus historischem Interesse besorgt

und ein kleines Kunstwerk erhalten. So ein schönes Buch

liest sich viel besser. Arbeiten Sie jeweils auch eng mit der

Druckerei zusammen?

Mit dem endgültigen und lektorierten Text konnten

wir alles durchgestalten. Danach sollte es nur noch

Korrekturen in bescheidenem Ausmass geben. Wir

hatten aber auch schon Projekte, da ging das x-mal

hin und her zwischen uns und den Auftraggebern.

Da werden gelegentlich die Nerven schon arg strapaziert.

Als Gestalterinnen bekommen wir von der

Druckerei Andrucke und Proofs der Buchseiten und

Bilder zur Prüfung. Das letzte «Gut zum Druck»

gibt aber der Verlag. Viele Bücher, Kunstbände zum

Beispiel, sind so anspruchsvoll und delikat, dass wir

den Druck noch zusätzlich vor Ort mitbegleiten.

Ist es ein gutes Gefühl, ein fertiges Buch in der Hand zu

halten?

Auf jeden Fall. Mit jedem Buch taucht man in ein

neues Universum ein. Wenn aus all den Ideen und

Entwürfen ein Endprodukt entstanden ist, wird

man immer überrascht. Das ist ein sehr spannender

Vorgang.

Viele Publikationen des CMV sind reich bebildert. Bilder

dokumentieren und veranschaulichen, können emotional

oder künstlerisch wirken und bestenfalls eine Geschichte

erzählen. Tom Bisig ist auf Architekturfotografie spezialisiert.

Man sagt ihm nach, dass er manchmal stundenlang

auf den richtigen Lichteinfall wartet. Ich muss mich gleich

zu Beginn unseres Gesprächs bei ihm entschuldigen, weil

ich ins Fettnäpfchen getreten bin und leichtfertig das Wort

«Fötteli» gebraucht habe. Das hört er nicht so gerne.

Tom Bisig, wie sind Sie zum Fotografieren

gekommen?

Ich habe keine Ausbildung gemacht. Das hat sich

so ergeben. Wenn jemand Architekturfotografie

braucht, dann meldet er sich bei mir. Für den CMV

habe ich beispielsweise die Fotos für den «Architekturführer

Basel» gemacht. Daneben arbeite ich

viel für die Denkmalpflege oder im Kunstbereich für

Ausstellungskataloge.

Ich stelle mir die Fotografie als umkämpften

Markt vor. Wie kommen Sie an Aufträge?

Werbung brauche ich eigentlich nicht, ich habe

auch keine Homepage. Ich fotografiere jetzt seit

25 Jahren professionell, saubere Arbeit machen, das

ist alles. Selbstverständlich habe ich ein Netz an

Kunden und Interessenten. Das Renommee der Auftraggeber

spielt keine Rolle für mich. Ich bin nie

prominenten Namen hinterhergesprungen.

Wie kollaboriert der Fotograf bei einem

Buch? Bespricht er sich mit dem Verlag, der

Autorin oder den Herausgebern, mit der

Gestaltung oder der Herstellung?

Mit der Produktion eines Buches habe ich als Fotograf

ziemlich wenig zu tun. Ich mache einen Vertrag

mit meinem Auftraggeber, dann beginne ich zu

arbeiten. Ich sende dem Kunden üblicherweise keine

Bildauswahl, sondern nur bestellte Fotografien,

allerhöchstens ein paar Varianten davon. Ich habe

normalerweise auch keinen Einfluss auf die Gestaltung.

Wie fotografiert man denn heutzutage?

Wie läuft das ab?

Ich arbeite mit einer digitalen Spiegelreflexkamera,

je nachdem mit speziellen Objektiven wegen der

Perspektive. Weil die Architektur ja nicht davonlaufen

kann und still steht, fotografiere ich mit

einem Stativ. Da hat man Zeit, die man für die

Suche des guten Bildbaus und des richtigen Bildausschnitts

braucht. Man kann alles viel besser

einstellen, auch die Belichtungszeit.

Digital ist immer besser?

Die digitale Fotografie erspart einem das Labor, die

Entwicklung der Fotos, es geht einfach alles viel

schneller. Man hat sofort Resultate. In einem digitalen

Bild sind eigentlich alle Bilder der Welt enthalten.

Wenn man die Geduld aufbringt, dieses Foto

Pixel um Pixel zu verändern, dann kann man so alle

möglichen anderen Bilder erschaffen.

Analoges Fotografieren ist also völlig out.

Ich habe noch ein einziges analoges Fotoprojekt:

Ich fotografiere regelmässig das Atelier des verstorbenen

Künstlers Dieter Roth, um zu dokumentieren,

was sich dort im Laufe der Zeit verändert.

Das neue Projekt des CMV mit Ihnen als Fotograf ist ein

Buch mit dem Titel «Basel ungebaut». Da geht es um nicht

verwirklichte Architektur in Basel. Wie fotografiert man

Gebäude, die es gar nicht gibt?

Gute Frage. Ich weiss es auch noch nicht genau. Ich

habe ein Projekt im Kopf, etwas mit Spiegelungen,

zum Beispiel an der Heuwaage, einem Platz, der

ständig eine Rolle spielt in dieser städtebaulichen

Diskussion. Bilder erzählen ja immer etwas. Ich werde

dieses Projekt ausarbeiten und dem Verlag vorschlagen.

Der wird es akzeptieren oder verwerfen.

Wobei ich schon denke, dass mein Projekt überzeugend

genug ist.

Werden Ihnen ab und zu Fotos gestohlen, also ohne Erlaubnis

oder missbräuchlich gebraucht?

Ja, schon, aber ich habe eigentlich keine Zeit, dem

nachzugehen.

C C CM

MC

MC

CM

M M

6 7

Y Y YX

XY

YX

YZ

Z Z

- 7 7 - 7 - - 8 8 8

-

- 9 9 - 9 - - 01

01

- kcalB = kcalB - B = B kcalB = B -

- 21

21

- C = nay C = - nay C = nay C -

- - - 41

41

- M M = atnega = M - atnega M = atnega M -

-

61

61

- - - olle

Y w

= Y w - Y = olle Y w = Y -

-

81

81

- X = - X = X = X -

- 02

02

- Z=Z Z=Z - Z=Z -

- 2

2

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- 32 32 - 32 -

-

42

42

- 52 52 - 52 -



-

Aus einer Idee und vielen Entwürfen wird

ein Objekt

Regine Grammlich druckt Bücher nach Mass

Hans Frieden betreut 200 Buchhandlungen, seine

Vertretertasche

ist heute leichter

«Schön und wirtschaftlich, für alle Beteiligten eine Freude»,

so beschreibt Regine Grammlich, Geschäftsführerin der

familieneigenen Druckerei Grammlich in Pliezhausen nahe

Stuttgart, um was es beim Druck eines Buches geht. Allerdings

hat sich im Buchdruck in den letzten Jahrzehnten

vieles verändert.

Erzählen Sie uns bitte die aufschlussreiche

Geschichte der Druckerei Grammlich, die

Sie jetzt in dritter Generation leiten!

Unser Grossvater Karl war gelernter Lithographie-

Steindrucker und setzte deshalb bereits 1947 auf

Offsetdruck. Damals bestand eine grosse Nachfrage

nach Büchern. Viele Verlage liessen sich in Stuttgart

nieder und wollten ihre alten Titel neu auflegen.

Den traditionellen Bleisatz konnten sie sich nicht

leisten. Mein Grossvater hat deshalb vorhandene

Bücher abfotografiert und dann in moderner, preiswerterer

Offset-Technologie nachgedruckt. Mittlerweile

gewinnt der Digitaldruck, vor allem im

Inkjet-Verfahren, immer mehr an Profil.

Können Sie uns diese beiden Arten des Druckens

etwas erklären?

Offset ist ein indirektes Flachdruckverfahren, das

auf der Abstossung von Wasser und Öl, also Feuchtwasser

und Druckfarbe, basiert. Für den Farbdruck

müssen vier Druckplatten belichtet und in der

Druckmaschine eingerichtet werden. Dieser Aufwand

ist unabhängig von der gewünschten Druckauflage

immer nötig und entfällt beim Digitaldruck

weitgehend. So kann sogar jeder Druckbogen anders

aussehen. Deswegen ist bei kleineren Auflagen

der Digitaldruck im Vergleich zum Offsetdruck im

Vorteil, weil günstiger. Allerdings ist der Offsetdruck

qualitativ nach wie vor besser.

Ist der digitale Druck demnach eine bessere

Fotokopie?

Das ändert sich momentan gewaltig. Der digitale

Druck, vor allem im Inkjet, holt massiv an Qualität

auf. In unserem Hause gibt es daher das Angebot

Buch.One. Hier werden kleine Auflagen digital gedruckt

und gebunden, «books on demand» in vielfältiger

und massgeschneiderter Version. Wir sind

aber kein besserer Copyshop, sondern kommen mit

unserer ganzen Expertise und technischen Ausstattung

vom schönen Buch her.

Und wie verläuft heute die traditionelle Buchproduktion?

Was sind die Herausforderungen neben dem Druckvorgang?

Ich will das mal so sagen: Konzeptionelle Inhalte

brauchen keine Konfektion von der Stange, sondern

individuell gestaltete, qualitativ hochwertige Kleider.

Wir fragen zuerst, was unsere Kunden anstreben.

Manchmal ist die Umsetzung dann von vornherein

klar. Aber Kunstkataloge etwa können sehr

aufwendige Projekte sein. Da setzt man sich zusammen,

bespricht, konzipiert und diskutiert. Unter

Umständen sind neben dem Verlag auch das

Gestalter-Team und die Herausgeberschaft dabei.

Vieles kann da noch geändert und verbessert werden.

Man schaut gemeinsam, was im jeweiligen

Budgetrahmen machbar und wünschenswert ist.

Wir können einiges bieten, unter anderem haben

wir die Möglichkeit, grosse Bögen bis zum Format

121 x 164 cm zu bedrucken.

Die Verlage lassen heutzutage auch dort drucken, wo es

besonders billig ist. Ist das eine ernstzunehmende Konkurrenz?

Bücher als Massenartikel sind gut aufgehoben bei

einer Druckerei in Übersee. Aber es gibt viele Bücher,

die bei uns am richtigen Ort sind. Ich erinnere mich

gerne an die CMV-Publikation «bildgewaltig», den

Katalog zu einer Ausstellung in der Fondation Beyeler.

Skulpturen aus Afrika und Ozeanien wurden

Gemälden der europäischen Moderne gegenübergestellt.

Dabei gingen wir über das Katalogformat

hinaus, weil es um sehr grossformatige Kunstobjekte

ging. Wir haben sie kostengünstig in Sammelformen

auf unsere grossen Bögen gedruckt, diese

gefaltet und passend in einer Box aus Pappe präsentiert.

Diese Arbeit hat allen Beteiligten grosse

Freude bereitet als gelungenes Beispiel von «schön

und wirtschaftlich».

Nach dem Druck kommt noch die Buchbindung. Machen

Sie das selbst? Es gibt leider nur noch wenige lokale, hochqualifizierte

Buchbinder in der Branche. Aber wir haben

diesbezüglich ein sehr gutes Netzwerk. Wir haben

auch eine kleine Buchbinderei im Hause, die Kleinauflagen

bindet.

Papier wird aus gefällten Bäumen unter dem Einsatz von

Wasser und Energie gemacht. Wie sieht es bei Ihnen mit

Umweltschutz aus? Wir bemühen uns sehr um grösstmögliche Umweltverträglichkeit,

verwenden zertifizierte Papiere,

vermeiden den Einsatz von unnötigen Chemikalien

und gewinnen eigenen Strom mit der Photovoltaik-Anlage

auf unseren Dachflächen.

Zum Schluss eine vielleicht seltsame Frage: Riecht es in den

heutigen Druckereien immer noch nach Druckerei oder

eher so steril wie in Copyshops?

Druckfarben haben einen besonderen Geruch, wenn

auch nicht mehr so eindringlich wie früher. Auch

sie sind umweltverträglicher geworden. Wenn ich

allerdings am ersten Arbeitstag nach den Ferien

abends heimkomme, merkt das meine Tochter: Ich

dufte wieder nach Büchern.

Hans Frieden ist für den CMV unterwegs. Wir treffen uns

in einem Café im Bahnhof Basel SBB. Der Verlagsvertreter

fährt von Luzern, wo er wohnt, in seine deutsche Dependance

in Göttingen und steigt hier um. Die Herbstreise

steht an. Hans Frieden wird in den nächsten Wochen und

Monaten durch Buchhandlungen in Deutschland touren

und dort die neuen Bücher seiner Verlage verkaufen.

Verstehe ich richtig, dass du Bücher verkaufst,

die es noch gar nicht gibt, die vielleicht

erst in zwei, drei Monaten erscheinen?

Ja, das ist im Buchhandel normalerweise so üblich.

Erklär uns doch mal, wie das so läuft, wie

kommen die Bücher in die Buchhandlung?

Im Normalfall macht der Verlag zweimal im Jahr

ein Buchprogramm, im Frühling und im Herbst. Zumindest

meine Verlage machen das so, ich vertrete

keine Grossverlage, sondern kleinere Häuser mit

speziellen Programmen aus Philosophie, Kunst und

Architektur. Bei jedem neuen Programm lädt der

Verlag zur Vertreterkonferenz, an der er die Bücher

vorstellt, die er demnächst herausbringen wird.

Dann unterhält man sich über Chancen und Möglichkeiten

im Handel, ab und zu auch über Buchumschläge

oder Titel.

Danach gehe ich auf die Reise, stelle in den Buchhandlungen

die Novitäten vor und schreibe im Idealfall

Bestellungen auf, die nach Erscheinen von der

Verlagsauslieferung an den Buchhandel geliefert

werden. Du bist ein besonderer Vertreter, weil du

ganz Deutschland bereist. Soviel ich weiss,

wird das Gebiet normalerweise aufgeteilt

in sieben, acht Regionen exklusive Spezialfällen

wie etwa grossen Warenhäusern.

Ich habe 1987 angefangen, für Schweizer Verlage

zu reisen, die sich gemeinsam einen Vertreter für

den Besuch ausgewählter Buchhandlungen leisten

wollten. Einige dieser Verlage waren vorher nur so

nebenbei im Handel angeboten worden. Das hat

sich mittlerweile geändert, jetzt stammt etwa die

Hälfte der 25 von mir vertretenen Verlage aus der

Schweiz, der Rest ist aus Deutschland.

Ich betreue heute rund 200 Buchhandlungen. Bei

etwa 80 davon findet die Beratung digital oder per

Telefon statt. So bleiben rund 120 Buchhandlungen,

die ich leibhaftig besuche. Nicht alle Buchhandlungen

bestellen dann direkt bei mir. Sie können auch

über den Grosshändler, das sogenannte Barsortiment,

Bücher beziehen. Entscheidend ist, dass die

Bücher in den Buchhandlungen ausliegen!

Ich kann mich als ehemaliger Buchhändler an mehr Männer

als Frauen mit gewaltigen Aktentaschen erinnern, die

als Vertreter in den Laden kamen und von ihrem Angebot

begeistert waren, aber auch gut einschätzen konnten, was

davon verkäuflich war. Was macht eine gute Vertreterin,

einen guten Vertreter aus?

Ich habe in meiner buchhändlerischen Ausbildung

schnell gelernt, dass ein Verlagsvertreter gut zuhören

können muss. Und er muss der Buchhändlerin

gegenüber ehrlich und differenziert sein. Sie

weiss schliesslich, wen sie als Kunden hat. Und sie

hat meistens Kundinnen auch für die abseitigsten

Bücher. Meine Vertretertasche ist übrigens nicht

mehr so schwer wie früher.

Die Hauptinformation erledigt die Verlagsvorschau,

das grafisch oft sehr aufwendig gestaltete Programm

der neuen Bücher, das ich den Buchhandlungen

vorab zuschicke. Da ich eher ein Spezialprogramm

vertrete, werde ich nicht von allen

Buchhandlungen empfangen. Umso wichtiger ist

meine Beratung für diejenigen, die mich willkommen

heissen.

Was verkaufst du beispielsweise vom CMV, der unter

anderem viel Basler Lokalgeschichte verlegt?

Vor allem Architektur und Kunst sowie Fotogeschichte.

Auch das Buch von Mena Kost ist gut gelaufen,

nachdem es in der deutschen Presse besprochen

wurde.

Bist du mit jedem der Bücher glücklich, die du verkaufst?

Ich bin Verlagsvertreter. Die Entscheidung, ob ein

Buch gedruckt wird oder nicht, liegt beim Verlag

und nicht bei mir. Da ich aber das Glück habe, mit

Verlagen zusammenzuarbeiten, deren Programme

mir grundsätzlich gefallen, bin ich nur sehr selten

mit einem Titel unglücklich. Bei den wissenschaftlichen

Büchern kann es zudem vorkommen, dass

ich sie nicht so richtig verstanden habe. Dafür aber

gibt es auf jeder Reise Neuheiten, die mich begeistern

und für die ich mich dann besonders engagiere.

Wie hat sich deine Arbeit in den Zeiten von Covid-19 verändert,

ist alles ohne persönlichen Kontakt abgelaufen?

Fast, im Frühjahr 2021 hatte ich einen einzigen Termin,

den ich persönlich wahrnehmen konnte. Bei

allen anderen Terminen behalf man sich telefonisch

und digital. Das ging zwar überraschend gut, allen

Beteiligten war aber klar, dass es sich um eine Ausnahme

handeln müsse. Und jetzt, im Sommer 2021,

geht es erst mal wieder richtig los. Zum Glück!

C C CM

MC

MC

CM

M M

8 9

Y Y YX

XY

YX

YZ

Z Z

- 7 7 - 7 - - 8 8 8

-

- 9 9 - 9 - - 01

01

- kcalB = kcalB - B = B kcalB = B -

- 21

21

- C = nay C = - nay C = nay C -

- - - 41

41

- M M = atnega = M - atnega M = atnega M -

-

61

61

- - - olle

Y w

= Y w - Y = olle Y w = Y -

-

81

81

- X = - X = X = X -

- 02

02

- Z=Z Z=Z - Z=Z -

- 2

2

-

-

- 32 32 - 32 -

-

42

42

- 52 52 - 52 -



-

Buchhändler Jens Stocker ist zuversichtlich,

das Buch wird bleiben,

es ist gut für die Seele

I never read, I just look at pictures

Eveline Wüthrich erfindet die Kunstbuchmesse

jedes Jahr neu

Ich steige in den ersten Stock der grössten Buchhandlung

Basels und warte auf Jens Stocker, den vielbeschäftigten

Mitinhaber und Geschäftsführer von Bider & Tanner. Es ist

viel los. Ich habe hier schon Buchvernissagen gemacht und

kenne Jens Stocker als aufgeschlossenen und innovativen

Buchhändler. Meine erste Frage bietet sich daher an.

Dem Buch wurde schon oft das Verschwinden

und der baldige Tod vorhergesagt. Besteht

diese Gefahr wirklich?

Nein, das glaube ich nicht. Das Buch ist gut für die

Seele. Es ist ein Träger von Wissen und ein traditionelles

und schönes Geschenk. Und wer möchte

schon ein Kunstwerk aus Inhalt und Form durch

einen Bildschirm ersetzen? Überdies sind etwa 90

Prozent bei den Verkäufen immer noch richtige Bücher

und nur etwa 10 Prozent davon E-Books. Ich

glaube, es gibt bereits eine digitale Übersättigung.

Und ich bin der festen Meinung, dass E-Books der

Tod der gesamten Branche wären.

Du betreibst ein Kulturhaus, da gibt es auch

eine Musikabteilung, zudem kann man Veranstaltungstickets

beziehen. Und ich habe

soeben am SBB-Schalter im 1. Stock eine

Tageskarte für mein Velo gelöst. Wie bleibt

Bider & Tanner dennoch eine traditionelle

Buchhandlung?

Wir empfangen alle Vertreter:innen der wichtigsten

deutschsprachigen Verlage und wir studieren begierig

die Vorschauen der Verlage. Je nach Abteilung,

ob Literatur, Sach- oder Kinderbuch, beschäftigen

sich alle Mitarbeitenden mit den Novitäten.

Dabei informieren wir uns auch digital.

Was macht den guten Buchhändler, die

gute Buchhändlerin aus?

Man muss immer auf alle Wünsche der Kundschaft

vorbereitet und zuvorkommend sein. Als Buchhändlerin

wird man nicht reich, aber es ist ein schöner

Beruf. Man hat einen Inhalt fürs Leben, für das

Gemüt und die Seele.

Was bewirkt denn gute Verkäufe? Besprechungen

und Hinweise in den Medien?

Das Fernsehen ist wichtig, etwa Sendungen wie

Markus Lanz oder Anne Will. Wenn da ein Sachbuchautor

über sein neues Werk redet, dann wollen die

Leute das am nächsten Tag kaufen. Selbstverständlich

merkt man im Laden auch, wenn Kultursendungen

wie der Literaturclub ein Buch vorstellen.

Man muss also immer informiert sein. Die Kundschaft

muss im Idealfall das Buch, das im Fernsehen

gezeigt wurde, am anderen Tag in der Buchhandlung

vorfinden.

Wie sieht es beim CMV aus, welche Bücher verkauften sich

besonders gut? Der CMV-Bestseller bei uns waren eindeutig die Tagebücher

von Bruno Manser. Auch «Ausleben» von

Mena Kost ist gut gelaufen. Früher war es das Basler

Stadtbuch, das jetzt nur noch digital erscheint.

Es ist schön, dass der CMV diese Bücher machen

kann. Stiftungen wie die CMS sind von unschätzbarem

Wert für das kulturelle Leben der Stadt.

Es gibt ja unendlich viele Bücher und sehr viele Verlage.

Kriegt man als Buchhändler wirklich mit, was alles erscheint?

Ist jeder Wunsch der Kundschaft erfüllbar?

Unmögliches dauert ein bisschen länger. Aber da

hat die Digitalisierung schon sehr geholfen. Man

kommt an alle relevanten Informationen – und der

Kunde auch, etwa über unsere Homepage.

Noch kurz zu einem Streit in der Branche. In der Schweiz

ist der feste Buchpreis aufgehoben worden. In Deutschland

nicht. Da kostet das Buch überall gleichviel. Was meinst

du dazu? Als Marketingfachmann war mir die Buchpreisbindung

schon immer ein Dorn im Auge. Beim Marketing

ist der Preis einer der wichtigsten Faktoren.

Wäre die Aufhebung des Buchpreises in der Schweiz

kein Segen gewesen, gäbe es nicht mehr so viele

Buchhandlungen. Ein und dasselbe Buch kann und

darf an Orten, wo die Kaufkraft höher ist, mehr

kosten. Die Buchhändler:innen sind dank der aufgehobenen

Buchpreisbindung zum Kaufmann respektive

zur Kauffrau gereift.

Wer verdient denn wie viel an einem Buch, gibt es einen

verbindlichen Schlüssel?

Der Verlag bestimmt einen empfohlenen Verkaufspreis,

10 Prozent davon erhält der Autor, 40 Prozent

die Buchhandlung, 20 Prozent gehen an Vertretung

und Zwischenbuchhandel, der Rest bleibt beim Verlag,

grob gerechnet und mit vielen Ausnahmen.

Kommen wir zum Schluss noch zu etwas, das unter Corona

arg gelitten hat: Veranstaltungen in der Buchhandlung,

haben sie dir gefehlt?

Buchvernissagen und Lesungen sind immer «nice

to have», aber damit verdient man bei all dem Aufwand

eigentlich kein Geld. Aber es sind schöne und

interessante Anlässe, das Publikum kommt und geniesst

den direkten Kontakt.

Wer so lange im Geschäft ist, hat sicher noch eine Anekdote

aus der weiten, wilden Welt des Buchhandels auf

Lager, erzählst du uns eine?

1942 eröffnete Theo Tanner seine Buchhandlung in

Basel. Er war ein Mensch des Buches und empfand

einen geradezu körperlichen Ekel vor Bargeld. Nach

einem einträglichen Verkaufstag in der Weihnachtszeit

war sein Abscheu so gross, dass er die Tageseinnahmen

hinter einer Reihe Bücher im Regal versteckte,

um das Bargeld nicht mit nach Hause

nehmen zu müssen.

Eine Buchmesse bietet Verlagen die seltene und höchst

willkommene Gelegenheit, ihr Publikum vor Ort kennenzulernen,

sich persönlich vorzustellen und über das Programm

auszutauschen. Sie bietet Raum und Ambiente,

um neue Kontakte zu knüpfen, Ideen zu entwickeln, Projekte

zu lancieren. Die Kerngruppe der I Never Read, Art

Book Fair Basel besteht aus der Kunsthistorikerin und Kuratorin

Eveline Wüthrich, dem Künstler Johannes Willi und

dem Architekten Thomas Keller. Eveline Wüthrich, wie seid ihr auf die Idee

gekommen, eine Kunstbuchmesse zu veranstalten?

Die Gründung von I Never Read, Art Book Fair Basel

war vor genau zehn Jahren und ziemlich spontan.

Eine Plattform speziell für Kunstpublikationen parallel

zur Art Basel fehlte während der Messewoche.

Wir hatten zudem einen Offspace und damit die

Location, die Sterne standen richtig. Schon im zweiten

Jahr hatten wir doppelt so viele Aussteller:innen.

2021 soll die Art Book Fair wieder parallel zur

Art Basel, sogar am selben Ort in einer Messehalle,

stattfinden. Vorausgesetzt, das Virus

hat nichts dagegen. Wie ist die Messe

letztes Jahr abgelaufen?

Unsere Flexibilität und die Möglichkeit, auf neue

und veränderte Umstände zu reagieren, haben erlaubt,

dass wir trotz der Pandemie stattfinden

konnten. Wir waren Gast im Schaulager und darüber

besonders glücklich. Dort gab es viel Platz, um

Abstände einzuhalten, und wir konnten die vorhandene

Infrastruktur nutzen. Die Ausstellertische bauten

wir beispielsweise aus dem Stellwandsystem des

Schaulagers. Solche Partnerschaften einzugehen

und ganz besonders die Nähe und inhaltliche Verbindung

zu anderen Kunstinstitutionen sind uns

sehr wichtig.

Wer darf teilnehmen? Sind es vor allem

Kunstverlage oder Galerien, die Kataloge

und Künstlerbücher produzieren? Und wie

viele Teilnehmende habt ihr pro Jahr?

Wir sind sehr integrativ und wollen möglichst breit

aktuelles Kunstbuchschaffen zeigen. Ausstellerinnen

und Aussteller können sich bewerben, andere

Initiativen laden wir ein. Die Kosten für einen Messestand

sind relativ bescheiden, um möglichst niemanden

auszuschliessen. Der CMV ist einer von

unseren treuen Ausstellern, von Anfang an dabei

und Garant für lokale Verankerung. Grosse Kunstbuchverlage

gehören ebenso dazu wie kleine Magazine,

Fanzines und Künstlerinnen und Künstler.

In den letzten Jahren hatten wir jeweils zwischen

70 und 100 nationale und internationale Aussteller:innen.

Hat die Buchmesse jeweils ein Schwerpunktthema?

Ja, die Messe hat alljährlich ein besonderes Thema,

2019 waren das Muscheln, 2020 nicht existierende

Bücher. Der Fokus für 2021 wird aus den Erfahrungen

der Corona-bedingten Einschränkungen zwischen

digital und analog wechseln. Wir machen ein Jubiläumsbuch,

in dem man mithilfe einer App Kurzvideos

fürs Handy aufrufen kann, zum Beispiel von

Aussteller:innen, die nicht nach Basel kommen können.

Du hast gesagt, dass du etwa die Hälfte des Jahres für die

Organisation von I Never Read arbeitest. Das ist ein massiver

Aufwand. Woran liegt das? Ist es nicht nervig, dass

ihr keinen fixen Standort habt?

Nein, im Gegenteil, Neuerungen und Änderungen

halten einen aktiv und machen es spannend. Das

gilt für mich als Organisatorin ebenso wie für unsere

Ausstellerinnen und Aussteller und das Publikum.

Gerade die Frage der Location hat grossen

Einfluss auf die Messe. Die Vertiefung in ein Fokusthema

und die Kommunikation mit allen Involvierten

machen die Arbeit sehr abwechslungsreich. So

kann ich die Geschichte immer wieder neu erfinden.

Lokal seid ihr gut vernetzt. Habt ihr vor, die Messe auszubauen

oder andere Aktivitäten der Vermittlung zu starten?

Ja, wir wollen in Zukunft neben den Messe-Tagen

das ganze Jahr über vermehrt präsent sein. Als Beispiel

sind wir mit dem Kunstmuseum Basel im Gespräch,

um gemeinsame Formate zu entwickeln.

Damit wollen wir neue Leute dazuholen und neue

Kreise öffnen. Die lokale Vernetzung ist naheliegend

und sinnvoll. Aber wir sind auch international gut

eingebunden und pflegen viele Kontakte weit über

die Grenzen hinaus.

Und schliesslich mache ich jetzt noch etwas Werbung:

Vom 20. bis 26. September 2021 findet I Never Read, Art

Book Fair Basel im Mezzanin der Messehalle 1 Süd statt.

Der Eintritt ist gratis, ein Besuch ist nur zu empfehlen.

C C CM

MC

MC

CM

M M

10 11

Y Y YX

XY

YX

YZ

Z Z

- 7 7 - 7 - - 8 8 8

-

- 9 9 - 9 - - 01

01

- kcalB = kcalB - B = B kcalB = B -

- 21

21

- C = nay C = - nay C = nay C -

- - - 41

41

- M M = atnega = M - atnega M = atnega M -

-

61

61

- - - olle

Y w

= Y w - Y = olle Y w = Y -

-

81

81

- X = - X = X = X -

- 02

02

- Z=Z Z=Z - Z=Z -

- 2

2

-

-

- 32 32 - 32 -

-

42

42

- 52 52 - 52 -



-

Die Rezension als kritische

Vermittlung Christoph Dieffenbacher

bespricht keine schlechten Bücher

Es gibt viele Wege, wie Leser:innen zum Buch kommen: auf

Empfehlung von Bekannten etwa oder über die ansprechende

Auslage einer Buchhandlung. Oftmals hören oder

lesen sie aber davon in der Zeitung, am Radio, im Fernsehen

oder auf einem Blog. Pressearbeit ist daher für einen

Verlag unerlässlich, um seine Bücher einer breiten Öffentlichkeit

vorzustellen. Christoph Dieffenbacher rezensiert

als freier Journalist für diverse Medien und bespricht gelegentlich

auch Bücher des CMV. Ich freue mich, dich kennenzulernen, Christoph,

du hast auch meinen letzten Roman

positiv besprochen. Stellst du dich kurz vor?

Ich bin 1958 in Göteborg in Schweden geboren und

in Schaffhausen aufgewachsen. Studiert habe ich

unter anderem in Berlin Germanistik (Arno Schmidt,

mittlere Phase), Geschichte und Kunstgeschichte.

Dann arbeitete ich als Journalist, unter anderem

bei der SDA, war im Pressedienst des Nationalfonds

und habe daraufhin längere Zeit für die Universität

Basel das Wissenschaftsmagazin betreut. Dort

habe ich als Redaktor über Wissenschaftsthemen

geschrieben und Texte von Forschenden bearbeitet.

Danach bist du nebenberuflich zum Rezensenten

geworden?

Ja, vor etwa fünf Jahren. Ich geniesse diese Art des

freien Schreibens, weil ich dabei mehr von mir selbst

einfliessen lassen kann. Für die Besprechung von

Büchern studiere ich meist Verlagsvorschauen und

melde mich dann für Rezensionsexemplare. Die Verlage

sind immer sehr kooperativ – es ist natürlich

in ihrem Interesse, dass ihre Bücher in den Medien

besprochen werden.

Wie kommst du als freier Journalist an Aufträge,

um deine Rezensionen unterzubringen?

Manchmal mache ich Vorschläge für Beiträge in

den Medien, für die ich schreibe. Aber ich bekomme

auch feste Aufträge. Meine Interessen sind ziemlich

vielseitig. Doch leider wird der Platz für die Kultur

in den Medien immer knapper, gerade auch in Sachen

Rezensionen.

Du kennst sicher das Gedicht von Goethe,

das so endet: «Schlagt ihn tot, den Hund!

Er ist ein Rezensent.»

Da scheint der junge Dichter aus einer gewissen

Eitelkeit vor nichts zurückgeschreckt zu sein – und

dabei hat Goethe im hohen Alter selbst noch Rezensionen

geschrieben.

Es gibt mittlerweile auch andere Formen von Kritik und

Rezension, etwa Literaturblogs und andere digitale Formate.

Was hältst du persönlich davon?

Im besten Fall können solche Formen ein neues, junges

Publikum ansprechen, um es für Bücher zu interessieren.

Ich selbst nutze sie eher wenig. Da

braucht es wohl ein digitales Verständnis, eine gewisse

Übersicht und einen regelmässigen Aufwand.

Du berichtest von Kulturpreisverleihungen, Jazz-Konzerten,

Theaterabenden und Ausstellungen, du rezensierst Romane

und Sachbücher – deine Bandbreite als Kulturjournalist

ist beeindruckend. Was muss für dich eine Buchkritik beinhalten?

Was ist für dich wichtig genug, um es der Leserschaft

mitzuteilen?

Ich sehe die Rezension eines Buches vor allem als

eine Art kritische Vermittlung. Da ist zuerst einmal

die Beschreibung dessen, was einen bei der Lektüre

erwartet, ohne allzu viel vom Inhalt zu verraten.

Dann versuche ich zu beschreiben, was der Anspruch

eines Autors, einer Autorin ist – und dann, ob und

wie er auch eingelöst wird. Dazu kommen meine

Eindrücke von der Atmosphäre, der Stimmung bei

einem Konzert, einem Buch, einer Ausstellung. Zusätzlich

recherchiere ich oft, was da noch ist, was

es zu einem Thema zu erfahren gibt, um dann alles

innerhalb der Rezension in einen Kontext, einen Zusammenhang

zu stellen.

Macht es Spass, auch mal ein Buch so richtig zu verreissen,

es in Grund und Boden zu stampfen?

Nein. Ich schreibe ehrlich gesagt lieber keine als

eine schlechte Rezension, also jedenfalls keinen

Verriss. Ich finde, es gibt schon zu viele schlechte

Bücher. Da halte ich es für besser, sie nicht noch

zusätzlich zu erwähnen. Und wenn Kritik, dann

versuche ich sie zu begründen oder auch mal zwischen

den Zeilen durchscheinen zu lassen.

- 7 - 7 - - 8 8

-

- 9 - 9 - - 01 01

- kcalB - = B kcalB = B - - 21 21

- C = - nay C = nay C - - - -

41 41

- M = - atnega M = atnega M - -

61 61

12

C C M MC

Y Y X YX


Diversität und Teilhabe

Zugang zu Kultur –

(k)eine Selbstverständlichkeit

Die Begriffe Diversität und Teilhabe sind in den letzten Jahren zu Schlüsselbegriffen

in der Kulturförderung geworden. Dort bezeichnen sie das

Anliegen, dass alle Menschen nicht nur Zugang zu Kultur haben, sondern

gleichberechtigt und aktiv am kulturellen Leben teilnehmen und es mitgestalten.

Die Christoph Merian Stiftung (CMS) hat diese Grundsätze in

ihrem Leitbild und in ihrer Strategie 2021–2024 festgehalten und richtet

ihre Fördertätigkeit verstärkt danach aus.

Ein bedeutender Teil unserer Gesellschaft nimmt nicht

oder nur unter erschwerten Bedingungen an Kultur teil.

Das kann physische Gründe haben, weil bauliche Hindernisse

bestehen. Oder es fehlen Informationen zum

hindernisfreien Zugang. Ein weiterer Grund kann sein,

dass die Angebote zu bestimmten Tageszeiten stattfinden,

die beispielsweise für ältere oder in Institutionen

lebende Menschen schwierig in den Tagesablauf

zu integrieren sind. Auch sprachliche Barrieren können

die Ursache sein, weil nur in einer Sprache kommuniziert

wird, oder wenn die Inhalte in einer schwer

verständlichen Komplexität präsentiert werden. Die

Gründe sind vielfältig. Dass nicht immer alles für alle

gleich interessant und zugänglich ist, liegt in der Natur

der Sache und ist im Einzelfall kein Problem. Aber sobald

über längere Zeit und regelmässig dieselben Zielgruppen

keinen Zugang finden, liegt eine strukturelle

Schwelle vor, die hinterfragt werden sollte – gerade,

wenn öffentliche oder gemeinnützige Fördergelder im

Spiel sind.

Anspruch und Realität in der Kulturförderung

In der Kulturpolitik des Bundes ist die Stärkung der kulturellen Teilhabe

seit 2016 eines von drei strategischen Handlungsfeldern. In der

aktuellen Kulturbotschaft 2021–2024 werden diese Handlungsfelder

beibehalten und weiterentwickelt, zum Beispiel hinsichtlich grösserer

Chancengleichheit der Geschlechter in allen relevanten Bereichen

des Kulturbetriebes. Massgebend ist aktuell die Publikation «Kulturelle

Teilhabe» des Nationalen Kulturdialoges, die konkrete praktische

Handlungsansätze für die Kulturförderung vorstellt.

Auch der Kanton Basel-Stadt hält in der kulturpolitischen

Strategie für die Jahre 2020–2025 in seinen

Leitsätzen den wesentlichen Auftrag fest, «die kulturelle

Vielfalt der Bevölkerung» zu berücksichtigen und

«sich für die Zugänglichkeit des Kulturangebots und

die aktive Teilhabe der gesamten Bevölkerung am Kulturleben»

einzusetzen. Insbesondere in der Kultur sollte

es eine Selbstverständlichkeit sein, dass möglichst

viele Menschen daran teilnehmen können, unabhängig

davon, ob sie wenig oder viel verdienen, immer

schon da waren oder neu zugezogen sind, mit oder

ohne Behinderung leben, eine akademische Ausbildung

oder eine Lehre absolviert haben.

Die Realität ist eine andere, und hier kommt

die Kulturförderung ins Spiel. Gerade kulturelle Teilhabeprojekte

haben oftmals Mühe, Fördergelder zu

erhalten, weil sie weder als kulturelles noch als soziales

Anliegen in die Bereiche vieler Förderstiftungen

passen.

Die CMS engagiert sich für die Teilhabe und Entfaltung

aller Menschen und hält dies im Leitbild und

in der Strategie 2021–2024 fest. Was bedeutet das für

die Kulturförderung der Stiftung und was für das Veranstalten

von Kulturanlässen?

Pilotprojekt mit dem Verein Wildwuchs

Seit 20 Jahren setzt sich der Verein Wildwuchs intensiv mit Teilhabe

und Diversität auseinander. Das erste Wildwuchs Festival zeigte

künstlerische Produktionen von Menschen mit Beeinträchtigungen

und ermöglichte neue Begegnungen von Menschen mit und ohne Behinderungen.

Damals gab es in der Schweiz in Theater, Tanz und Musik

kaum professionelle Kompanien, die inklusiv arbeiteten. Mittlerweile

stehen Menschen aus verschiedenen benachteiligten sozialen

Zusammenhängen im Fokus von Wildwuchs und immer mehr auch

von anderen Kulturakteuren. Für diese Projekte ist es aber immer

noch schwer, die Unterstützung von Kulturförderern zu bekommen,

da sie als gesellschaftskritische und -motivierende

Kunst am Rande eines klassischen Kunstverständnisses

agieren. Auch haben viele Kulturfördernde oftmals

wenig Erfahrung mit der Lebensrealität dieser Menschen.

Vor zwei Jahren hat die CMS mit Unterstützung

von Wildwuchs das Projekt «Zugang zu

Kultur» ins Leben gerufen. Im Rahmen

dieses Projekts arbeitet sie mit geförderten

Kulturveranstaltern und mit anderen

Förderinstitutionen zusammen.

Zudem überprüft die CMS ihre eigene

Förderarbeit.

Sieben Projekte und Veranstalter

wurden ausgewählt, um neue Zugänge

zu Kultur und zur Kulturförderung

zu schaffen. Ziel ist, sich intensiv mit

Zugangsfragen zu Kulturangeboten für

unterschiedliche Zielgruppen auseinanderzusetzen

und Aktivitäten zu planen, damit Zugangsfragen bei

jedem künstlerischen Projekt von Beginn an mitgedacht

werden. Bereits das Suchen und Führen des Dialogs

führte zu spannenden Lerneffekten für alle Beteiligten.

Im Dialog mit Geförderten wurde evaluiert,

was die Kulturveranstalter hinsichtlich Zugänglichkeit

bereits tun und in welchen Handlungsfeldern Neues

umgesetzt werden könnte. Konkrete Massnahmen

wurden in Vereinbarungen festgehalten.

Ein Beispiel ist der Verein für die Förderung der

Begeisterung am bewegten Bild (VFBbB), Veranstalter

des Gässli Film Festivals in Basel. Zu den konkreten

Massnahmen zählt die Prüfung auf Teilzugänglichkeit

des Filmhauses und des Festivalgeländes, die Teildeskription

der Filme, die Überarbeitung der Webseite

(z.B. die Integration einer Vorlesefunktion) oder die

Anpassung ihres Aufrufes für freiwillige Helfer mit direkter

Ansprache von Menschen mit Behinderungen.

Ein anderes Beispiel: Die Blasphemic Reading

Soirées veranstalten eine Reihe von Lese- und Diskussionsveranstaltungen

zu queer-feministischen Themen

und haben für das Programm 2021/22 den Fokus

auf Zugänglichkeit und Diversität gelegt,

um inklusiver zu agieren und mehr

Menschen anzusprechen. Dazu hat sich

die Organisation neu aufgestellt und

übergibt die inhaltliche Gestaltung an

ein neues, divers aufgestelltes Gremium.

Die vielen Erfahrungen teilte

die CMS mit anderen Kulturförderern

und veranstaltete im März 2021

gemeinsam mit Wildwuchs und in

Koordination mit IntegrART_21 (Migros-Kulturprozent)

die Webinar-Reihe

«Zugang zu Kultur». An vier Tagen

diskutierten über 50 Vertreterinnen und Vertreter

der Kulturförderung aus der ganzen Schweiz, warum

es wichtig ist, kulturelle Teilhabe bewusst zu fördern,

für wen und wie Zugang geschaffen werden

muss, wie Projektausschreibungen und -eingaben

angepasst werden müssen und was die Förderung

von Teilhabe für die Schnittstelle Kultur und Soziales

bedeutet. Expert:innen aus den Bereichen Stiftungsmanagement,

Diversity, Gleichstellung und Kulturmanagement

gaben wertvolle und praxisorientierte

Einblicke in ihre Strategien und Tätigkeiten.

Die CMS möchte mit diesem Vernetzungsangebot

zur Verbesserung der Kulturförderung, zur Auseinandersetzung

mit der gesellschaftlichen Realität und

zur Öffnung für die vielfältigen, ungenutzten Potenziale

beitragen. Auf der Webseite der Webinare (www.

zugangzukultur.online) sind Protokolle, Projektideen

und Blogbeiträge zu finden.

Im Herbst wird es ein weiteres Arbeitstreffen geben.

Ziel ist der Aufbau kleiner Netzwerke, die sich zu

Themen rund um den Zugang zu Kultur austauschen,

Neues ausprobieren, entwickeln und dokumentieren.

Für die CMS steht eine Überprüfung der eigenen

Arbeitsweise an. Wie fördert sie Kultur? Was braucht

es, damit die Informationen lesbar und verständlich

sind? Wie beurteilt sie die Qualitäten von inklusivem

Kulturschaffen? Wie motiviert und unterstützt sie die

geförderten Partner dabei, für die Zielgruppen neue

Zugänge zu schaffen? Es sind wichtige Fragen, denn

es geht um eine Öffnung des Kulturschaffens für Menschen,

die auf verschiedenste Weise benachteiligt sind.

Und in Aussicht steht ein vielfältiges kulturelles Angebot

mit neuen Begegnungen, prägenden Erlebnissen

und exzellenten künstlerischen Leistungen.

Theresa Gehringer, Projektleiterin Kultur CMS

Christoph Meneghetti, Projektleiter Kultur CMS

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Förderprojekt ELYS Boulderloft

Förderprojekt ELYS Boulderloft

Weil es gruselig ist und

man sit Nix.

Wie aus Kinderträumen neue

Begegnungsorte entstehen

Finlay träumt von einem bunten Boden. Lilly wünscht sich ein Höhlenlabyrinth

mit unterschiedlich grossen Gängen und gemütlichen Nischen. Am

besten mit einer Rutschbahn oder Schanze, ergänzt Lasse. Oder einem

Schaumstoffbecken zum Reinspringen, spinnt Laurin weiter. Hauptsache,

es entsteht ein Ort, der viel Abenteuer und Action verspricht, da sind sich

die vier einig. Diese und ähnliche Wünsche äusserten die Kinder letzten

Herbst an einem Mitwirkungsprozess des Kinderbüros, bei dem es um die

Planung der Bewegungslandschaft Felsly ging. Im Frühsommer wurde sie

nun im ELYS Boulderloft in der Bewegungslandschaft eröffnet. Gingen die

Wünsche in Erfüllung?

Kurz vorneweg: Ja, gingen sie. Aber fangen wir von

vorne an und beginnen mit der Frage, wie es überhaupt

zu diesem Mitwirkungsprozess gekommen ist.

Im Gebiet Volta Nord auf dem Lysbüchel-Areal werden

derzeit bis zu 3’000 neue Arbeitsplätze und Wohnraum

für rund 2’000 Personen geschaffen. Im neuen, noch

nicht mit der Stadt vernetzten Quartier entstehen öffentliche

Grünflächen, Naturschutzflächen und ein

grosser Quartierplatz. Während der Grossteil des Areals

abgerissen wird, bleibt die alte Coop-Lagerhalle an der Elsässerstrasse

215 als kulturelles Herzstück bestehen. In dieser Liegenschaft

entstand unter anderem eine 1’300 Quadratmeter grosse Boulderhalle,

die «ELYS Boulderloft».

Neben der sportlichen Nutzung der Halle wollte der

Verein Felsly auf 350 m 2 im Vorbereich der Boulderhalle

einen generationenübergreifenden Begegnungsort

schaffen, die «Bewegungslandschaft Felsly». Sie soll

die Bewegung und Gesundheit von Kindern im Kindergarten-

und Primarschulalter fördern und einen urbanen

Bewegungs- und Begegnungsraum insbesondere

für Familien im neuen Quartier schaffen.

Auf Empfehlung der Christoph Merian Stiftung, die

das Projekt mit CHF 500’000 förderte, hat der Verein

die Bewegungslandschaft gemeinsam mit Kindern

entwickelt. Dies geschah in einem vom Kinderbüro

Basel geleiteten Mitwirkungsprozess, in dem die verantwortlichen

Mitarbeitenden des Vereins Felsly beim

Planen der Kinderbeteiligung begleitet wurden. Die

Planung geschah in Form von Beratungen wie auch

über die Erarbeitung von passenden Methoden. Kinder

im Primarschulalter wurden aktiv von der Planung

bis zur Umsetzung miteinbezogen. Während der Planungswoche

war eine Mitarbeitende des Kinderbüros

vor Ort und unterstützte den Verein.

Gemeinsam mit einer Gruppe junger Expertinnen

und Experten wurden während einer Herbstferienwoche

verschiedenste Spielangebote in der Region

Basel getestet und bewertet, dann auf diesen Erfahrungen

basierend Modelle gebaut. Die Erkenntnisse

waren vielfältig: Die Kinder wünschten sich einen Ort,

wo sich Freundinnen und Freunde treffen, wo sie sich

gemeinsam bewegen, entdecken und austauschen

können, wo sie Neues lernen und sich untereinander

messen können. Ein Ort, der von allen genutzt werden kann und

kostenlos zugänglich ist. Auch die Ansprüche an die Bewegungslandschaft

waren breit gefächert: Sie sollte mehrere Levels und Schwierigkeitsstufen

haben, Labyrinthe, Gänge und Nischen aufweisen,

und es sollte dunkle und helle Ecken geben. Eine Zipline, eine Rutschbahn

und Schanzen wurden erwähnt. Es sollte klettern, balancieren,

springen, schwingen, fallen, bauen und zerstören möglich sein.

Die erhobenen Daten wertete das Kinderbüro aus und verfasste

einen Empfehlungsbericht zuhanden des Planungsbüros. Aus

diesen Daten entstand ein Planentwurf, den Kinder

und Planungsfachpersonen gemeinsam diskutierten.

Nach der definitiven Zusicherung der Kinder erteilte

der Verein Felsly erste Aufträge für den Bau.

Mit der Entwicklung und dem Aufbau dieser adaptiven

Bewegungslandschaft – von Kindern für Kinder – nahm

der Verein Felsly im vergangenen Herbst eines seiner

wichtigsten Projekte in Angriff. Am 4. Juni war es so

weit: Die Bewegungslandschaft eröffnete unter dem

Motto «Wald und Fels». Das neue Angebot bietet einen

Identifikationspunkt für das entstehende Quartier

Volta Nord, vernetzt es mit der Stadt Basel und leistet

einen wertvollen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt.

Es ist ein Ort entstanden, wo sich Kinder mit verschiedensten

Hintergründen begegnen, bewegen und weiterentwickeln.

Ein Ort mit viel Abenteuer und Action,

bunt und erlebnisreich. Genauso, wie es sich die Kinder

gewünscht haben.

Sandra Engeler

Projektleiterin Abteilung Soziales CMS

Weiterführende Informationen: www.felsly.ch



Aktuell

Die britische Comic-Pionierin

Posy Simmonds im Cartoonmuseum

Basel

Posy Simmonds fasziniert mit präzisen psychologischen Porträts und

nimmt die Unzulänglichkeiten der Mittelschicht und der Kulturszene

aufs Korn. Der Ursprung ihrer Arbeit und beissenden

Gesellschaftskritik ist ein vielschichtiges Engagement

für die Frauenrechte.

Posy Simmonds (*1945) ist die bedeutendste britische

Karikaturistin und Zeichnerin: Sie zeichnet seit

über 50 Jahren Comicstrips und Cartoons für den linksliberalen

«The Guardian» und hat die erste britische

Graphic Novel sowie Kinderbuchklassiker geschaffen.

Einige ihrer Graphic Novels sind auf raffinierte Weise

mit literarischen Vorlagen verwoben – und wurden zu

Grundlagen von Spielfilmen.

Mit «Posy Simmonds. Close Up» zeigt das Cartoonmuseum

Basel bis zum 24. Oktober 2021 die bis

anhin umfassendste Retrospektive der Comic-Pionierin.

Ihre Originale sind zum ersten Mal überhaupt

im deutschsprachigen Raum zu sehen. Die Ausstellung

umfasst Originalzeichnungen aus allen Graphic

Novels, Cartoons und Illustrationen für Magazine und

Zeitungen, Zeichnungen aus ihren Kinderbüchern und

unveröffentlichte Vorarbeiten.

Das HeK feiert sein

zehnjähriges Jubiläum

und lädt zur Ausstellung

«Radical Gaming» ein

Kaum zu glauben – 2021 Jahr feiert das HeK (Haus der

elektronischen Künste Basel) bereits sein zehnjähriges

Bestehen! Seit einer Dekade gehört das Kompetenzzentrum

für Medienkunst der Schweiz zu den Pionieren

auf dem Dreispitz, mit dem Shift – Festival der elektronischen

Künste als Vorläufer. In Videointerviews

lässt das HeK Akteurinnen, Akteure und Partnerinstitutionen

zum Impuls der Gründung zu Wort kommen,

aber der Fokus liegt auch auf Zukünftigem. Kürzlich

wurde das neue Format «Medienkultur A-Z» gestartet.

In diesem werden Begriffe aus der Mediennutzung für

ein breites Publikum zugänglich gemacht, wie beispielsweise

die aktuell vieldiskutierten «NFTs». Im

Herbst lädt das HeK zur Ausstellung «Radical Gaming.

Immersion Simulation Subversion». Die künstlerische

Auseinandersetzung im kulturprägenden Format der

Computerspiele steht dabei im Zentrum. Eine junge

Generation von Künstler:innen nutzt das populäre

Genre, um jenseits einer kommerziell geprägten Game-

Industrie spielerisch neue Welten zu erschaffen, die

Raum bieten für Weltentwürfe ausserhalb stereotyper

Identitäten und Handlungsstrukturen.

HerbstGartenZeit –

der inspirierende Pflanzenmarkt

in den Merian Gärten

Leere Beete im Winter? Das muss nicht sein. Im Herbst ist nochmals

Pflanzzeit – für Beeren, Stauden, Kräuter, Bäume und winterharte

Gemüsesorten. ProSpecieRara und die Merian Gärten laden am

26. September 2021 zur fünften Ausgabe des Pflanzenmarkts Herbst-

GartenZeit ein. Anbieterinnen und Anbieter aus verschiedenen Regionen

bringen ihr Sortiment nach Basel. Lassen Sie sich vor Ort inspirieren

und beraten. Fachleute der Merian Gärten erklären Ihnen, wie

Sie Kübelpflanzen für das Winterquartier vorbereiten,

Pfingstrosen pflanzen, Stauden und Gehölze pflegen

sowie den Boden richtig bearbeiten. Nutzen Sie den

Pflanzenmarkt, um sich mit Obstbäumen, Gemüseund

Kräutersetzlingen, Blütenstauden sowie Beerensträuchern

einzudecken. Auf dem Markt finden Sie

seltene ProSpecieRara-Sorten – meist in Bio-Qualität.

HerbstGartenZeit

Sonntag, 26. September 2021, 10–17 Uhr

www.herbstgartenzeit.ch

Redaktion: Carlo Clivio, Elisabeth Pestalozzi, Matylda Walczak, Kommunikation CMS

Texte Bund 1: Wolfgang Bortlik

Texte Bund 2: Sandra Engeler, Theresa Gehringer, Christoph Meneghetti

Gestaltung: BKVK, Basel — Moritz Eggmann, Sarah Wolfsberger, Ladina Ingold

Korrektorat: Rosmarie Anzenberger, Basel

Druck und Bildbearbeitung: Gremper AG, Basel/Pratteln

Dieses RADAR wurde klimaneutral gedruckt: www.climate-label.com/53229-2108-1006

Auflage September 2021: 3'500 Exemplare; erscheint dreimal jährlich

Bildnachweis: Kathrin Schulthess (Titelbild, Porträts Bund 1, S. 14/15; S. 16 oben rechts), Verein Felsly (S. 14/15),

Posy Simmonds, «Cassandra Darke», 2018 (S. 16 oben links), Simone C. Niquille, «Elephant Juice», HeK 2000,

Foto: Franz Wamhof (S. 16 unten)

St. Alban-Vorstadt 12

Postfach

CH-4002 Basel

T + 41 61 226 33 33

kommunikation@cms-basel.ch

www.cms-basel.ch

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