Bahnhof und Gastronomie in Ober-Piesting - Waldegg-Aktuell
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Nr.: 2/2011 www.<strong>Waldegg</strong>-<strong>Aktuell</strong>.at Seite 10<br />
<strong>Waldegg</strong>er Chronik<br />
E<strong>in</strong>e Serie von OSR Josef Ml<strong>in</strong>er Fortsetzung von Seite 9 120. Folge<br />
Zwistigkeiten zwischen dem Tataren Khan <strong>und</strong> Kara Mustafa<br />
– machen dieses Netzwerk sichtbar . (4)<br />
Kara Mustafa wurde zwischen 1626 <strong>und</strong> 1636 geboren,<br />
verlor sehr bald se<strong>in</strong>en Vater <strong>und</strong> verbrachte se<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>dheit<br />
<strong>und</strong> Jugend zusammen mit K<strong>in</strong>dern des Großwesirs<br />
Köprülü, mit denen ihn e<strong>in</strong>e echte Fre<strong>und</strong>schaft verband.<br />
(4) E<strong>in</strong>e Tochter des Großwesirs wurde sogar se<strong>in</strong>e Frau,<br />
was ihm e<strong>in</strong>e rasche politische Karriere ermöglichte. Nach<br />
Quellenangaben eignete er sich die Kunst des Lesens <strong>und</strong><br />
Schreibens aber erst an, als er schon zweithöchster Beamter<br />
des osmanischen Reiches war. (1)<br />
Abraham a Sante Clara prangert besonders se<strong>in</strong>e Gier <strong>und</strong><br />
Bestechlichkeit an. In se<strong>in</strong>er Habgier soll er die Erstürmung<br />
Wiens verh<strong>in</strong>dert haben, um die Janitscharen um ihr Plünderungsrecht<br />
zu prellen. Er wollte die Stadt aushungern bis<br />
zur Übergabe, weil dann die ganze Beute ihm geblieben<br />
wäre.<br />
Es heißt auch, er habe es sich mit dem Tataren-Khan mit<br />
der unrichtigen Äußerung verscherzt, se<strong>in</strong>e Tataren würden<br />
verdorbenes Pferdefleisch essen.<br />
Nach dem hohen türkischen Würdenträger Mehmet Aga<br />
habe Kara Mustafa absichtlich auf die Mitnahme schwerer<br />
Belagerungsgeschütze <strong>und</strong> Bombenmörser verzichtet, weil<br />
er dem Sultan das reiche Wien nach e<strong>in</strong>er friedlichen Übergabe<br />
unbeschädigt präsentieren wollte. Nach e<strong>in</strong>er Erstürmung<br />
hätte er nach türkischem Kriegsrecht Wien drei Tage<br />
zur Plünderung freigeben müssen. Ergab sich aber die Stadt,<br />
durfte sich der <strong>Ober</strong>befehlshaber die Beute aussuchen <strong>und</strong><br />
die Soldaten bekamen nur das, was er nicht wollte. (4)<br />
Türkische Chronisten werfen ihm vor, dass se<strong>in</strong>e Taktik vor<br />
Wien jeglicher erfolgreicher Strategie entbehrte. Wenn man<br />
diese Notizen von Zeitzeugen <strong>in</strong> Betracht zieht, wird Kara<br />
Mustafas Taktik bei der Belagerung Wiens viel verständlicher.<br />
Die Stadt sollte im M<strong>in</strong>enkrieg zermürbt <strong>und</strong> durch totale<br />
E<strong>in</strong>kreisung <strong>und</strong> Aushungerung zur Übergabe gebracht<br />
werden. (3)<br />
Se<strong>in</strong>e Hauptangriffsziele waren die Burg- <strong>und</strong> Löwelbastei<br />
(Raum des heutigen Heldenplatzes bis zum Südflügel der<br />
Burg), weil dort das Terra<strong>in</strong> für diese Pläne am günstigsten<br />
war. Dieser M<strong>in</strong>enkrieg brachte den Verteidigern oft große<br />
Probleme. Befestigungen der Basteien wurden gesprengt.<br />
Am 6. September riss e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e gewaltige Bresche <strong>in</strong><br />
die Löwelbastei <strong>und</strong> der folgende Ansturm der Osmanen<br />
konnte nur mit großer Mühe zurückgeschlagen werden.<br />
Anfang September kam es <strong>in</strong> Wien zum Ausbruch e<strong>in</strong>er<br />
Ruhrepidemie. Am 9.9. wurde auch Bürgermeister Liebenberg<br />
ihr Opfer. (3)<br />
E<strong>in</strong> weiteres Problem brachte der Lebensmittel- <strong>und</strong> Munitionsmangel,<br />
aber nicht nur für die Verteidiger, sondern<br />
auch für die Angreifer. Da die Tataren das Wiener Umland<br />
verwüstet hatten, stockte die Versorgung der osmanischen<br />
Armee. Ja sogar die Diszipl<strong>in</strong> der Truppe bereitete dem<br />
Großwesir zunehmende Sorgen. Nach E. Katzer berichtet<br />
der Zeremonienmeister der Hohen Pforte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Tagebuch,<br />
dass „vom türkischen Lager vor Wien aus Beutezüge<br />
bis tief <strong>in</strong>s Land h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> unternommen wurden.“<br />
Es waren also nicht die „Tataren“ alle<strong>in</strong>, die raubten <strong>und</strong><br />
plünderten. (4)<br />
Auch die Janitscharen, e<strong>in</strong>e<br />
Kerntruppe der Belagerer, zeigte<br />
große Unlust, weil sie nach<br />
e<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong>barung nur 40 Tage<br />
vor e<strong>in</strong>er Festung liegen sollten<br />
<strong>und</strong> die Belagerung schon seit<br />
dem 13. Juli dauerte.<br />
Der geflohene Leopold I war <strong>in</strong><br />
Passau <strong>und</strong> später <strong>in</strong> L<strong>in</strong>z nicht<br />
untätig. Er brauchte Geld. Papst<br />
Innozenz XI. stellte über e<strong>in</strong>e<br />
halbe Million Gulden zur Verfügung. Portugal, Spanien, die<br />
Toskana <strong>und</strong> Genua machten e<strong>in</strong>e weitere Million flüssig.<br />
(4) Der polnische König Sobieski war gegen e<strong>in</strong>e Bezah-<br />
lung von 500.000 Gulden bereit, mit 18.000 Mann an der<br />
Rettung Wiens teilzunehmen.<br />
Gegen Ende August sammelten sich zwischen L<strong>in</strong>z <strong>und</strong><br />
Krems etwa 35.000 Bayern, Sachsen, Brandenburger, Hannoveraner<br />
<strong>und</strong> Würtenberger. Die österreichische Feldarmee<br />
unter Herzog Karl von Lothr<strong>in</strong>gen bestand aus 21.000<br />
Mann.<br />
Als die Polen bei Krems die Donaubrücke passierten, sah<br />
der beleidigte Tatarenkahn tatenlos zu. „Jetzt soll er (Kara<br />
Mustafa) erfahren, was es heißt, ohne die Tataren kämpfen<br />
zu müssen.“ (4)<br />
So konnte sich das Entsatzheer ungeh<strong>in</strong>dert vere<strong>in</strong>igen <strong>und</strong><br />
ihre Bereitstellungen beziehen. Die Tataren sahen tatenlos<br />
zu.<br />
Am 12. September griff nun das Entsatzheer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stärke<br />
von 140.000 Mann an. (4)<br />
Literatur:<br />
1.) Harald Lacom, „Österreich brennt!“, Verlagsbuchhandlung Stöhr,<br />
Wien 2009<br />
2.) Walter Maria Neuwirth, „Im Schatten <strong>und</strong> Glanz des goldenen Apfels“<br />
ISBN 3-900433-01-1<br />
3.) Ernst Katzer, „Tatarene<strong>in</strong>fall 1683“, <strong>in</strong> Unser Neustadt Nr. 2,3,4/1983,<br />
1/1984, 3/84 u. 1/85<br />
4.) R.F. Kreutel, Kara Mustafa vor Wien 1683 aus der Sicht türkischer<br />
Quellen, 1982<br />
Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg<br />
Die Fortsetzung folgt <strong>in</strong> der nächsten Ausgabe