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Spektrum 43<br />

Spiritistinnen und Spiritisten glauben an die Möglichkeit <strong>der</strong><br />

Kontaktaufnahme mit Verstorbenen und an <strong>der</strong>en Hineinwirken<br />

in die Welt <strong>der</strong> Lebenden. Hellsehen, Gedankenlesen,<br />

Geistheilungen zählen genauso dazu wie <strong>der</strong> sogenannte<br />

Somnambulismus, <strong>der</strong> tranceartige Zustand beson<strong>der</strong>s<br />

sensitiver Personen. Die „Medien“ können in Séancen<br />

angeblich den Kontakt mit Verstorbenen herstellen.<br />

„Man verstand den Spiritismus im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t selbst<br />

als Wissenschaft, die sich mit noch unerforschten Kräften<br />

beschäftigte, die aber mit neuen naturwissenschaftlichtechnischen<br />

Verfahren unbedingt erforscht werden müssten<br />

und könnten“, so die Hagener Historikerin. Immer wie<strong>der</strong><br />

wünschten sich seine Anhängerinnen und Anhänger, dass<br />

sich die etablierte Wissenschaft mit dem Spiritismus beschäftigte.<br />

Jedoch empfanden sie sich von einer „falsch<br />

verstandenen Aufklärung“ spöttisch verächtlich in das<br />

Abseits des Aberglaubens gerückt. In <strong>der</strong> Hoffnung auf<br />

Hilfe durch die Physik und die noch junge Wissenschaft<br />

Psychologie untersuchten sie daher selbst in bürgerlichen<br />

Salons als Versuchslaboren spiritistische Phänomene durch<br />

„wissenschaftliche“ Experimente wie Séancen.<br />

Sehnsucht nach Transzendentem und Sinn<br />

Dieser „seriöse“ Spiritismus reihte sich in eine weit verbreitete<br />

Sehnsucht nach Transzendentem und Sinn ein. Viele<br />

wollten neben dem Materiellen auch wie<strong>der</strong> die Seele entdecken.<br />

Warum sollte nur das relevant sein, was man<br />

messen und wiegen kann? „Der Rationalismus wurde ja<br />

auch als Verengung erlebt“, betont die Historikerin. „Nicht<br />

nur die Spiritistinnen und Spiritisten leisteten Wi<strong>der</strong>stand<br />

gegen den sogenannten Materialismus!“<br />

Nachdem bereits <strong>der</strong> Erste Weltkrieg für Millionen Menschen<br />

eine verunsichernde Zäsur darstellte, dürften auch die folgenden<br />

Jahre „ein guter Nährboden für Weltuntergangsprediger<br />

und an<strong>der</strong>e geistige Erneuerer wie ‚Barfußpropheten‘“<br />

gewesen sein, die alle zumindest okkultistisch inspiriert<br />

waren, so Ochs. So wurden auch in den 1920er Jahren und<br />

später weiter Experimente mit den psychischen Kräften spiritistischer<br />

Medien gemacht. Auch vielen führenden Nationalsozialisten<br />

wird eine Nähe zum Okkultismus nachgesagt.<br />

„Belegen kann man das für Rudolf Hess und für Heinrich<br />

Himmler, <strong>der</strong> abenteuerliche Projekte för<strong>der</strong>te.“ Da<br />

Mehr über das Erstarken<br />

des Okkultismus<br />

im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t:<br />

fernuni.de/<br />

pseudowissenschaft

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