WB 104 Welche Zukunft wollen wir haben? - IZT
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Gaßner/Steinmüller <strong>Welche</strong> <strong>Zukunft</strong> <strong>wollen</strong> <strong>wir</strong> <strong>haben</strong>? Zwölf Szenarios <strong>IZT</strong> Seite: 38<br />
Lern-<br />
Mentoren,<br />
hoch<br />
angesehen<br />
Vom Arbeitszeitkonto<br />
auf<br />
das Bildungszeitkonto<br />
Tim, der ihn zum Mentor gewählt hat, raten? Erst Praxis oder erst<br />
Studium oder beides zugleich? Tim darf von ihm erwarten, dass er<br />
Stellung bezieht. Ein guter Mentor sollte wohlüberlegte und mög-<br />
lichst fundierte Ratschläge geben. Und es <strong>wir</strong>d allmählich Zeit:<br />
Tim muss sich in den kommenden Wochen entscheiden. Also ist<br />
Markus gefragt. Er hat bereits die einschlägigen Informationsange-<br />
bote durchforstet und auch in verschiedenen Bildungsforen nachge-<br />
sehen. Heute hat er sich sogar den Nachmittag frei geben lassen;<br />
Mentorentätigkeit ist hoch angesehen und sein Chef hat deshalb<br />
auch nur kurz genickt: Klar, du machst das. Nun sitzt Markus da-<br />
heim an seinem Schreibtisch und hält die Liste mit den Personen in<br />
der Hand, mit denen er sich noch einmal kurzschließen will: Eltern,<br />
Lehrer, andere Mentoren...<br />
An wen soll er sich zuerst wenden? Vielleicht an seinen eigenen<br />
Mentor, Gustav, immerhin war er es, der vor inzwischen fast einem<br />
Jahr den Stein dafür ins Rollen gebracht hat, dass Markus Mentor<br />
wurde. Doch Gustavs Nummer ist besetzt... Als wäre es erst gestern<br />
geschehen, sieht Markus Gustav vor sich, vierschrötig und jovial,<br />
wie er ihm auf die Schulter klopft und in seiner etwas betulichen<br />
Art meint: „Wird Zeit, dass du dich auch selbst mal um jemand<br />
jüngeren kümmerst. Ist oft die beste Weiterbildung. Bringt dir als<br />
Persönlichkeit wahrscheinlich im Moment mehr, als weitere Quali-<br />
fikationen in deinem Beruf anzusammeln.“ Gustav musste damals<br />
nicht extra hinzufügen, dass es auch für Markus‘ Bildungszeitkonto<br />
Punkte bringen würde. Zu häufig hatte Markus bislang Überhänge<br />
aus seinem Arbeitszeitkonto lieber abgebummelt, anstatt sie 1 zu 2<br />
seinem Bildungszeitkonto gutschreiben zu lassen und damit attrak-<br />
tive Weiterbildungen in Anspruch zu nehmen, die sein Arbeitgeber<br />
ansonsten nur anteilig finanzieren muss.<br />
Markus hatte also einen Mentoren-Fernkurs belegt, mehrere<br />
Wochenenden in die Präsenzphasen investiert, in einer Lern-Com-<br />
munity vorgestellte Beratungsfälle diskutiert und an etlichen Men-<br />
tor-Schüler-Rollenspielen teilgenommen. Zu guter Letzt hatte er<br />
das Zertifikat in der Tasche. Aber was bedeutet so ein Schein schon,<br />
wenn sich an die Fortbildung keine weitere Praxis anschließt!