3. Die vier Temperamente
3. Die vier Temperamente
3. Die vier Temperamente
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4. Meine Eigenkompositionen<br />
4.1 Mein Arbeitsprozess im Überblick<br />
Nach meinem gründlichen Einlesen in die <strong>Temperamente</strong>nlehre stellte ich mir für<br />
meine anstehende Kompositionsarbeit die folgende Aufgabe: Jedes Temperament ist<br />
mit den wichtigsten Merkmalen zu charakterisieren. Zu jedem dieser wichtigsten<br />
Merkmale ist eine passende musikalische Umsetzung zu suchen. <strong>Die</strong>s ermöglichte<br />
mir, eine Vorstellung von meinen bevorstehenden Kompositionen zu bekommen.<br />
Genauso wie jedes Temperament mit andern eine Verbindung herstellt, soll dies<br />
auch bei meinen Kompositionen wahrgenommen werden. Dazu machte ich mir folgende<br />
Gedanken: Da die <strong>vier</strong> <strong>Temperamente</strong> ein geschlossenes Ganzes darstellen,<br />
so sollen auch alle meine Kompositionen etwas gemeinsam haben. <strong>Die</strong>se Vorgabe<br />
bezieht sich auf die Instrumentenwahl, das heisst, ein Instrument muss in allen <strong>vier</strong><br />
Kompositionen vorkommen. Hierfür wählte ich das Violoncello. Der Grund dafür ist<br />
einfach: Erstens kenne ich mich bei diesem Instrument am besten aus, und zweitens<br />
ist es vielfältig einsetzbar, womit sich jedes Temperament gut darstellen lässt.<br />
Wie in der <strong>Temperamente</strong>nlehre kurz erwähnt wurde, gibt es zwei natürliche Verbindungen:<br />
Choleriker/Sanguiniker und Melancholiker/Phlegmatiker. <strong>Die</strong>se Verknüpfung<br />
ist auch in der Instrumentenwahl sichtbar. <strong>Die</strong> Kompositionen des Phlegmatikers<br />
und des Melancholikers habe ich für zwei Violoncelli komponiert. Da diese<br />
<strong>Temperamente</strong> beide das Pessimistische und Introvertierte verkörpern, fand ich es<br />
angebracht, die beiden Musikstücke mit den gleichen Instrumenten zu besetzen. Der<br />
Choleriker und der Sanguiniker sind beide optimistisch und extrovertiert. Mit zwei<br />
gleichen Instrumenten wären diese <strong>Temperamente</strong> zu wenig aufgefallen. Ich wollte<br />
ihnen unbedingt noch eine andere, neue Klangfarbe geben. Es sollte ein Instrument<br />
sein, das auch sehr laut werden kann und über einen grossen Ambitus verfügt, am<br />
besten ein Harmonie-Instrument, das die Stücke mit Akkorden unterlegen kann. Hierfür<br />
wählte ich das Kla<strong>vier</strong>.<br />
Meine <strong>vier</strong> Stücke sind nicht an eine bestimmte Tonart gebunden. Tendenziell versuchte<br />
ich, den pessimistischen Melancholiker und Phlegmatiker in einem traurigen,<br />
moll-orientierten Klangraum spielen zu lassen und den optimistischen Sanguiniker<br />
und Choleriker in einem fröhlichen Dur-Tonraum. <strong>Die</strong> Tempi und die Dauer der Stücke<br />
entsprechen dem jeweiligen Temperament. Mit der Dauer konnte ich auch gerade<br />
die sich ergänzenden Verbindungen darstellen: Mir war klar, dass die Kompositionen<br />
des Melancholikers und Cholerikers länger sein müssen als jene der andern<br />
beiden. Beide haben sie einen ausgeprägten Schlussteil, der ihr Durchhaltevermögen<br />
und ihre Zielstrebigkeit repräsentiert. <strong>Die</strong> Mischung sanguinisch/phlegmatisch<br />
neigt dazu, arbeits- und antriebsscheu zu sein. Ihr Durchhaltevermögen ist gering, so<br />
sind auch ihre Kompositionen kürzer.<br />
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