Oberpfalz DIE PERLEN DES NAABTALS Man braucht nicht lange, um sich in das kleine Kallmünz im Mündungs winkel zwischen Naab und Vils zu verlieben. Eigentlich ist man sofort hin und weg. So ging es im Sommer 1903 auch Wassily Kandinsky und seiner Schülerin Gabriele Münter, die hier ihre heimliche Verlobung gefeiert haben. Text: Marc Peschke Über die Naab in Kallmünz führt die „Steinerne Brücke” aus dem 16. Jahrhundert.
Oberpfalz Das „Haus ohne Dach” in Kallmünz. Schloss Stefling über dem Fluss Regen. Bestens erhalten: Burg Wolfsegg. Fotos: Marc Peschke (2), Verwaltungsgemeinschaft Kallmünz, Birgit Feicht (2), Stefan Hanke (1) Seit dem Aufenthalt der beiden Künstler hat sich in Kallmünz nicht so viel verändert. Der Blick von der Burgruine hinab auf die Naab-Brücke und den pittoresken Ort mit seinen knapp 3 000 Einwohnern ist beinahe noch derselbe. Noch immer ruht Kallmünz unter einem massiven, über 100 Meter hohen Kalksteinplateau – eine romantische, wilde Lage. Und noch immer drängen sich die kleinen Häuser im Ort, ungewöhnlich farbenfroh, viele mit Wandmalereien, Bayerische Zwiebelturmromantik, ein Nepomuk auf der Brücke, urige Bierstuben, wo man das heimische Zoigl trinkt, das hausgebraute, ungefilterte Bier. Das ist Kallmünz! Künstler verfallen dem Liebreiz So war Kallmünz auch schon 1903. Sie hatten es alle so lieb, die Künstler aus München, Kandinsky und seine Malklasse inklusive Münter. Schon zwei Jahre zuvor war Charles Palmié hier, ein Münchner Landschafts- und Stillleben- Maler, der den Ort die „Die Perle des Naabtals“ nannte und der in der „Roten Amsel“ große Künstlerfeste feierte. Kallmünz wurde eine kleine Künstlerkolonie und die Amsel das „Künstlerheim“, das von verschiedenen Münchner Malern ausgestaltet wurde. Wunderbare Arbeiten von Kandinsky und Münter entstanden hier und zeigen das schlichte, schöne Leben in Kallmünz und dem ganzen Umland. Sie waren nicht die letzten Künstler, die hier arbeiteten: 1936 etwa wirkte Karl Schmidt- Rottluff mehrere Wochen in Kallmünz. Und bis heute sind viele Künstler da. Kleine Galerien und Ateliers, wohin man auch blickt. Einer von ihnen, der bekannteste Künstler aus Kallmünz, ist Ludwig „Wigg“ Bäuml, der hier im historischen Bertholzhofener Schlösschen den Kunstraum Atelier Wigg betreibt. Das Atelier des ehemaligen Kirchenmalers ist gleichermaßen auch Ausstellungs- und Veranstaltungsraum und künstlerische Begegnungsstätte. Doch nicht nur Kunstliebhaber kommen in die Marktgemeinde Kallmünz. Ein großes Wegenetz durch die „bayerische Toskana“ und den Bayerischen Wald lockt Wanderer und Radler. Die Burgen und Ruinen im Naabtal bilden eine einzigartige Kulisse über den weiten Flussauen. Hier entlang führt auch der knapp 100 km lange Naabtal-Radweg. Und natürlich kann man hier in Ostbayern auch gut essen. Beim „Bürstenbinder“ sollte man den Oberpfälzer Fleischstrudel oder die „Bauchstechala“ versuchen. Im Felsengarten der „Münter Stuben“ gibt es „Picknick & Mehr“. Beim „Goldenen Löwen“ geht es regional, aber noch etwas feiner zu, doch auch hier steht ganz bald ein frisches Zoigl auf dem Tisch. Ach ja, das Zoigl. Das untergärige, unfiltrierte Bier der Oberpfalz! Der Zoigl stern vor dem Gasthaus sagt uns, dass gerade frisch gebraut wurde – und zwar nicht in herkömmlichen Brauereien, sondern in gemeinschaftlich von Privatpersonen betriebenen Kommunenbrauhäusern. Deshalb schmeckt jedes Zoigl anders. Burgen an der Naab Doch wenden wir jetzt den Blick wieder nach oben. Steigen hinauf auf die Burgruine über Kallmünz. Sie ist eine von ehemals rund 80 Burgen und Festungen rund um Regensburg. Eine der schönsten ist die spätmittelalterliche Höhenburg Wolfsegg. Nie zerstört, strahlt hier die gotische Architektur in ungewöhnlicher Reinheit – vor allem der Rittersaal aus dem 15. Jahrhundert fasziniert. Burg Wolfsegg ist Station des Burgensteigs, der von Nittendorf über Wolfsegg nach Kallmünz führt. Zwei weitere bedeutende Burgen der Region seien hier nur genannt: Burg Wernberg und Burg Lengenfeld. 25