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Das Magazin Nr.1/22

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Pollini<br />

und Beethoven<br />

Eine schicksalhafte Beziehung<br />

»Meine Entscheidung, ein Stück in mein Repertoire<br />

aufzunehmen, beruht auf der absoluten<br />

Gewissheit, dass ich der von mir<br />

ausgewählten Werke niemals überdrüssig<br />

werde.« In dem 2014 entstandenen Filmporträt<br />

»De main de maître« von Bruno Monsaingeon<br />

berichtet Maurizio Pollini über die Werke, die<br />

er spielt, seinen Werdegang als Pianist und<br />

seine Beziehung zu Komponisten und Musikern.<br />

Pollini, der in diesem Jahr seinen achtzigsten<br />

Geburtstag feiert, wird nicht müde,<br />

immer wieder nach neuen Facetten in denjenigen<br />

Werken zu suchen, die ihn schon sein<br />

ganzes Leben lang begleiten:<br />

»Ein Pianist hat Werke in seinem Repertoire,<br />

die er unter verschiedenen Umständen und in<br />

verschiedenen Städten immer wieder spielen<br />

wird. Er muss sie lernen und wieder lernen, er<br />

muss eine besondere und dauerhafte Verbindung<br />

zu ihnen haben. Eine solche Verbindung<br />

habe ich vielleicht nicht zu Stücken, die nicht<br />

zu meinem Repertoire gehören und die von<br />

anderen sehr schön gespielt werden. Zu diesen<br />

verspüre ich aber nicht die Notwendigkeit<br />

einer besonderen Beziehung, die ein suchendes,<br />

gewissenhaftes und wiederholtes Studium<br />

voraussetzt. Daher halte ich mich an die<br />

Idee, nur Dinge zu spielen, von denen ich sicher<br />

weiß, dass sie mir nie langweilig werden.«<br />

Zu diesen »Lebenswerken« im wahrsten Sinne<br />

des Wortes gehören für Pollini zweifellos<br />

sämtliche Klaviersonaten Ludwig van Beethovens.<br />

Die späten Sonaten des Bonner Meisters<br />

nahm er in den 1970er Jahren erstmals auf, er<br />

legte eine Gesamteinspielung der Sonaten vor<br />

und erst 2020 erschien ein Konzert-Mitschnitt<br />

der drei letzten Sonaten op. 109 – 111 aus dem<br />

Münchner Herkulessaal.<br />

Neben Beethoven bilden Chopin, Schumann<br />

und Brahms seit Jahrzehnten eine Konstante<br />

in Pollinis Repertoire. Doch die Neugier auf<br />

neue und neueste Musik ist ungebrochen.<br />

Pollini hat eng mit Luigi Nono, Pierre Boulez<br />

und Karlheinz Stockhausen zusammengearbeitet<br />

und deren Werke aufgeführt. Dabei<br />

waren ihm die »Progetti Pollini« eine Herzensangelegenheit.<br />

Für diese in den 1990er Jahren<br />

bei den Salzburger Festspielen konzipierte<br />

Konzert reihe stellte der Pianist Programme zusammen,<br />

die den dramaturgischen Verbindungen<br />

von zeitgenössischer Musik und Werken<br />

der Klassik und Romantik nachspürten. Ein<br />

ähnliches Konzept setzte er auch mit den<br />

»Pollini Perspectives« um. Mit diesen Programmen,<br />

die eigens dafür komponierte Auftragswerke<br />

und Meilensteine der Klavierliteratur<br />

miteinander verknüpften, gastierte der Pianist<br />

weltweit.<br />

Sicherlich wäre Pollini auch ohne das aufgehübschte<br />

Zitat berühmt geworden. Nach<br />

dem Wettbewerb machte er international als<br />

Chopin-Interpret Furore, merkte aber schnell,<br />

dass ihn dies nicht erfüllte. »Heute empfinde<br />

ich es als große Ehre, Chopin-Spezialist<br />

genannt zu werden«, berichtet Pollini. »Aber<br />

damals wollte ich viele andere musikalische<br />

Erfahrungen sammeln.« Er nahm sich eine<br />

Auszeit vom hektischen Konzertbetrieb, studierte<br />

mit Arturo Benedetti Michelangeli und<br />

stellte die Weichen für seine »Lebenswerke«.<br />

Pollini und Beethoven haben sich gefunden: In<br />

seinem Kölner Konzert wird er dessen Universum<br />

eine weitere Facette hinzufügen. Auf die<br />

Frage, ob ihm bestimmte Sonaten besonders<br />

nahestehen, antwortete Pollini in einem FAZ-<br />

Interview: »Die späten. Und zwar lebenslang.«<br />

Es muss Schicksal sein. Miriam Weiss<br />

Konzerttermin<br />

Dienstag, 12. April 20<strong>22</strong>, 20:00<br />

Maurizio Pollini Klavier<br />

Ludwig van Beethoven Sonate für Klavier<br />

Nr. 28 A-Dur op. 101<br />

Sonate für Klavier Nr. 29 B-Dur op. 106<br />

»Große Sonate für das Hammerklavier«<br />

<strong>22</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />

Maurizio Pollini<br />

Projekte und Perspektiven: Dies sind sicherlich<br />

Schlüsselworte für Pollinis einzigartige<br />

Karriere. 1960 gewann der 18-jährige Pianist<br />

als erster Italiener den renommierten<br />

Chopin-Wettbewerb. Von Jury-Mitglied Artur<br />

Rubinstein erhielt er sogleich den Ritterschlag.<br />

»Maurizio Pollini spielt technisch besser als jeder<br />

von uns!«, soll der Meister gesagt haben.<br />

Berühmt wurde dieser Satz allerdings unter<br />

Auslassung des entscheidenden Wörtchens<br />

»technisch«, wie Pollini in Monsaingeons Film<br />

schmunzelnd berichtet.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />

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