Das Magazin Nr.1/22
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Titel<br />
Sünde und<br />
Tugend,<br />
Schmerz und<br />
Jubel<br />
Magdalena Kožená,<br />
das London Symphony Orchestra und<br />
Sir Simon Rattle<br />
Bert Brecht, Kurt Weill? Dreigroschenoper! Die Assoziation<br />
drängt sich auf, doch über den sensationellen Erfolg dieses<br />
einen Stücks aus dem Jahr 1928 vergisst man oft, dass Dichter<br />
und Komponist auch zuvor und danach sehr fruchtbar zusammenarbeiteten.<br />
Etwa im Fall des Songspiels und der Oper<br />
»Mahagonny« oder bei den Kantaten »<strong>Das</strong> Berliner Requiem«<br />
und »Der Lindberghflug« – um nur einige ihrer Projekte<br />
zu nennen. Eine letzte Gemeinschafts arbeit entstand 1933<br />
in Paris, wo beide auf der Flucht aus dem nationalsozialistischen<br />
Deutschland Station machten. »Die sieben Todsünden«<br />
hieß sie – der Titel bezieht sich auf die sieben Hauptlaster<br />
nach christlicher Lehre, die von den materialistischen, nach<br />
Aufstieg strebenden Kleinbürgern des Stücks kurzerhand zu<br />
Tugenden umgedeutet werden.<br />
Sir Simon Rattle<br />
Protagonistin der Geschichte ist Anna, die sich schizophren als<br />
Anna 1 und Anna 2 wahrnimmt und von ihrer Familie in die weite<br />
Welt geschickt wird: Sie soll Karriere als Tänzerin machen und<br />
so das Geld für ein »kleines Haus in Louisiana« verdienen. <strong>Das</strong><br />
Stück erzählt ihre Odyssee in sieben Stationen, die jeweils mit<br />
einer der »Todsünden« Faulheit, Stolz, Zorn, Völlerei, Unzucht,<br />
Habsucht und Neid in Verbindung stehen. Im Grunde folgt jede<br />
Episode dem gleichen entlarvenden Muster: Anna »sündigt« in<br />
den Augen ihrer heuchlerischen Familie gerade dann, wenn sie<br />
ihrem Gewissen folgt und versucht, das Richtige zu tun. Brecht<br />
und Weill konzipierten ihr kapitalismuskritisches Werk als »Ballett<br />
mit Gesang«, doch mittlerweile hat es sich auch als eine Art<br />
Kantate auf den Konzertpodien durchgesetzt. Zwischen Oper<br />
und Varieté, Sinfonik und Songstil pendelt die Musik – Mezzo-<br />
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