Kulturfenster Nr. 01|2022 - Februar 2022
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BLASMUSIK
CHORWESEN
HEIMATPFLEGE
in Südtirol
Nr. 1
FEBRUAR
2022
Die Marchingband showband.CH
Singende Buben – Schicksal oder Auftrag?
Heimat – ein umstrittener Begriff
Poste Italiane SpA – Sped. in a.p. | -70% – NE BOLZANO – 74. Jahrgang – Zweimonatszeitschrift
vorausgeschickt
Mundwerbung
ist die beste Werbung
Liebe Leserinnen und Leser,
im Namen des gesamten Redaktionsteams
bedanke ich mich bei Ihnen für das entgegengebrachte
Vertrauen und für die zahlreichen
Rückmeldungen. Sie bestärken
uns in unserer Arbeit und helfen uns, die
Zeitschrift stetig weiterzuentwickeln. Wenn
Ihnen das „KulturFenster“ gefällt, sagen
Sie es weiter. Damit können Sie uns helfen,
unsere Geschichten hinauszutragen,
aus unseren Probe- und Vereinslokalen hinaus
– dorthin, wo sich die Menschen treffen:
im Dorfgasthaus, im Vorzimmer des
Arztes, im Friseursalon oder in der örtlichen
Bibliothek. Mundwerbung ist bekanntlich
die beste Werbung. Deshalb laden wir Sie
ein, die Zeitschrift unter die Leute zu bringen,
damit wir unsere Leserfamilie erweitern
können.
Auch diesmal präsentieren wir wiederum
interessante Themen. Alle drei Verbände
rücken in ihren Berichten die Jugend –
die Zukunft unserer Vereine – in den Fokus.
Den Beginn dazu macht die Blasmusik
mit einem interessanten Porträt der
Marchingband „showband.CH“ aus der
Schweiz mit ihrem erfolgreichen Konzept
in der Jugendarbeit, von dem man sich
auch beim Workshop Ende April in Südtirol
überzeugen kann. Der Heimatpfl egeverband
hat „Heimat und Jugend“ zu seinem
heurigen Jahresthema gemacht und
dazu spannende Initiativen geplant. Und
schließlich präsentiert der Chorverband die
Jugendarbeit in Salzburg. Dort gelingt es,
den Trend des Chorwesens zu brechen und
vermehrt auch Buben und junge Männer
für den Gesang zu motivieren.
Und schließlich darf ich Sie noch auf das
Hauptthema des Heimatpflegeverbandes
hinweisen, mit dem der Begriff „Heimat“
aus mehreren Perspektiven beleuchtet wird,
um diesen auch von seinem ideologischen
Beigeschmack zu befreien: „Wie das Wetter
und der Blick auf die Stadt, so ist auch
der Heimatbegriff nichts Statisches, sondern
etwas Dynamisches.“
Dazu gibt es die gewohnten Rubriken, in
denen die einzelnen Verbände ihre Tätigkeiten
dokumentieren und bereichsspezifische
Themen aufarbeiten. Ich wünsche
Ihnen dazu wiederum eine unterhaltsame,
aber auch informative Lektüre und einen
aufschlussreichen Blick durch unser „KulturFenster“.
Stephan Niederegger
„
Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann
trommle nicht die Männer zusammen
um die Aufgaben zu verteilen, sondern
lehre den Männern die Sehnsucht nach
„
dem endlosen, weiten Meer.
Antoine de Saint-Exupéry
„
Südtirol wäre ein ideales Testfeld für
einen offenen Heimatbegriff, dessen
Realisierung aber werde ich nicht mehr
erleben.
„
Hans Heiss
„
„
Wer auf Instrumenten spielt, muß des
Singen kündig seyn. Also präge man
das Singen jungen Leuten fleißig ein.
Georg Philipp Telemann
KulturFenster
2 01/Februar 2022
Inhalt
In dieser Ausgabe
Blasmusik
showband.CH rüttel Marschszene auf ................................. 4
Workshop mit showband.CH in Südtirol................................ 7
Stabführerin Karin Schuster im Porträt ................................. 8
EUREGIO Jugendblasorchester:
50 Jahre Zweites Autonomiestatut........................................ 9
(K)ein Wertungsspiel 2022 ................................................. 10
Landeswettbewerb „Musik in kleinen Gruppen“ verschoben... 11
Neue Termine für
VSM-Bezirks- & Verbandsversammlungen.......................... 12
Blasmusik im Rundfunk..................................................... 12
Jungbläsertage Passeiertal 2021 ........................................ 13
Die Jugendkapelle der
MK Peter Mayr Pfeffersberg im Porträt ............................... 14
Begeisternde Konzerte des BJBO Bruneck 2021................ 16
Cäcilienkonzert der Musikkapelle Auer ............................... 18
Sepp Thalers musikalisches Erbe – Eine Analyse ................ 19
Zum 80. Geburtstag von Rudolf „Rudl“ Troger.................... 22
Der Komponist Heinrich Unterhofer im Porträt.................... 23
Heimatpege
Warum Heimat eine Einladung an alle ist............................ 40
Heimat in der Klimakrise – Beitrag von Hans Heiss............. 43
Was ist Heimat? – Der HPV-Vorstand antwortet................... 45
Interview:
Heimat – ein Begriff, der sich nicht definieren lässt ............ 46
Ein Positionspapier als Erklärung.........................................48
Im Jahr 2022 steht die Jugend im Mittelpunkt.................... 49
Dinge des Alltags: Der Rucksack........................................ 50
Waale: Immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe als Ziel ........ 51
Kornelkirsche läutet den Frühling ein ................................. 52
Flurnamen aus der Agrargeschichte (6).............................. 54
Säulenbildstock in Lana renoviert ....................................... 55
Gedenkschrift über Heimatforscher
Blasius Marsoner vorgestellt............................................... 56
Großes Interesse am Tag des offenen Denkmals ................. 57
Oskar Mulley – Kunst mit Südtirolbezug.............................. 58
Ein Hauch von Orient auf dem Tiroler Trachtenhut.............. 59
„Cäcilien-Messe“ von Gottfried Veit .................................... 26
Young Stars -
„Die kleine Orchesterschule“ von Willibald Tatzer ............... 26
kurz notiert – Neues von den Musikkapellen....................... 27
Chorwesen
Singende Buben – Ist Salzburg seiner Zeit voraus? ............. 30
Der Südtiroler Chorverband hat eine
neue Mitarbeiterin: Monika Mair......................................... 33
Kinder- und Jugendchor Vahrn im Porträt........................... 34
„Im Leb’n’“ – Hochzeitslied/Volkslied für
gemischten Chor von Helmut Pertl ..................................... 36
Musikpionier Josef „Sepp“ Egger geehrt ............................. 37
kurz notiert – Neues von den Chören.................................. 38
Impressum
Mitteilungsblatt
- des Verbandes Südtiroler Musikkapellen
Redaktion: Stephan Niederegger, kulturfenster@vsm.bz.it
- des Südtiroler Chorverbandes
Redaktion: Paul Bertagnolli, info@scv.bz.it
- des Heimatpflegeverbandes Südtirol
Redaktion: Florian Trojer, florian@hpv.bz.it
Anschrift:
Schlernstraße Nr. 1 (Waltherhaus), I-39100 Bozen
Tel. +39 0471 976 387 – info@vsm.bz.it
Raiffeisen-Landesbank Bozen
IBAN = IT 60 S 03493 11600 000300011771
SWIFT-BIC = RZSBIT2B
Jahresabonnement = 20,00 Euro
Ermächtigung Landesgericht Bozen Nr. 27/1948
presserechtlich verantwortlich: Stephan Niederegger
Druck: Ferrari-Auer, Bozen
Das Blatt erscheint zweimonatlich am 15. Februar, April, Juni, August, Oktober und
Dezember. Redaktionsschluss ist der 15. des jeweiligen Vormonats.
Eingesandte Bilder und Texte verbleiben im Eigentum der Redaktion und werden nicht
zurückerstattet. Die Rechte an Texten und Bildern müssen beim Absender liegen bzw.
genau deklariert sein. Die Verantwortung für die Inhalte des Artikels liegt beim Verfasser.
Die Wahrung der Menschenwürde und die wahrheitsgetreue Information der Öffentlichkeit
sind oberstes Gebot. Der Inhalt der einzelnen Beiträge muss sich nicht mit
der Meinung der Redaktion decken. Nachdruck oder Reproduktion, Vervielfältigung jeder
Art, auch auszugsweise, sind nur mit vorheriger Genehmigung der Redaktion erlaubt.
Sämtliche Formulierungen gelten völlig gleichrangig für Personen beiderlei Geschlechts.
– gefördert von der Kulturabteilung
der Südtiroler Landesregierung
KulturFenster
3 01/Februar 2022
Wo die showband.CH
aufkreuzt, erregt
sie Aufsehen.
KulturFenster
4 01/Februar 2022
präsentiert
Schweizer Leuchtturm-Formation
showband.CH rüttelt Marschmusikszene auf
Raffinierte Formationen aus Musik, Rhythmus
und Tanz überraschen und verzaubern das
Publikum auf nationalen und internationalen
Bühnen. Präzision und beeindruckender Leistungswille
bilden die solide Basis von showband.CH.
Seit 2006 verfolgt showband.CH
die Idee der traditionellen kanadisch-amerikanischen
Marchingbands. Heute ist der
50-köpfige Cast eine Leuchtturm-Formation
für andere Vereine: showband.CH steht
nicht nur jedes Jahr mit einer neuen, dynamischen
Show auf der Bühne, sondern gibt
ihr Wissen und ihre Erfahrung auch weiter.
„Wer isch dä Trend?“ – der Schlachtruf
hallt über den Rasen, bevor die Schweizer
Marchingband showband.CH überhaupt
einen ersten Fuß auf die Auftrittsfläche
gesetzt hat. Und dann geht es Schlag
auf Schlag: in den nächsten Minuten legt
die Marchingband, bestehend aus Blasorchester,
Drumcorps und Tanzcrew, einen
trittsicheren, atmungsaktiven und schlagfertigen
Auftritt hin.
Eine Kombination aus Musik,
Rhythmus und Bewegung
In mehreren Probenwochenenden studieren
die Jugendlichen im Alter zwischen 16
und 25 Jahren moderne Musikliteratur sowie
entsprechende Choreographien ein. Das
Endprodukt: eine Show, in der sich Musik,
Rhythmus und Bewegung optimal ergänzen.
So begeistert showband.CH jedes
Jahr mit einem neuen, populären Repertoire
an Rasen- und Bühnenshows sowie
Paraden. Das sorgt im In- und Ausland für
Auftrittserlebnisse, die bleiben!
Der ursprüngliche Gedanke von showband.CH
war es schon immer, mit kreativen
Choreographien zu modernen Stücken
die Marschmusikszene aufzurütteln
und aus einer neuen Sicht darzustellen.
Auf den Punkt – jeder Auftritt von showband.CH wird zum Highlight.
Das Potenzial, Blasmusik für das Publikum
attraktiv zu verpacken, erkannten die beiden
Initianten Jean-Luc Kühnis und Fabian
Wohlwend schon vor einigen Jahren:
2006 fand sich eine Gruppe junger
Erwachsener zusammen. Mit dem Slogan
„We are the trend“ setzte sich die
Schweizer Marchingband ein hohes
Ziel – mit Erfolg. Gemeinsam wurde
2008 eine Show aufgeführt, wie sie die
Schweiz noch nicht gesehen hatte –
ganz nach den Vorbildern der im Vorfeld
besuchten Marchingbands in Kanada
wurde der Traum umgesetzt. Bis
heute verfolgt showband.CH die Idee
der traditionellen kanadisch-amerikanischen
Marchingbands.
Eine Show, wie sie die Schweiz
noch nicht gesehen hat
Bein- und Kopfarbeit – erfolgreiche Auftritte bedingen ein ausgeklügeltes Trainingskonzept.
KulturFenster
5 01/Februar 2022
präsentiert
Musikalität und Präzision der Bewegungsabläufe vereinen sich in den Marching-Shows von showband.CH.
Wissen und Erfahrung
weitergeben
Heute ist showband.CH eine Leuchtturm-
Formation für andere Marchingbands im
Bereich Parademusik: Sie zeigt, was durch
Ausprobieren und Experimentieren an
neuen Elementen alles möglich ist.
So steht die rund 50-köpfige Marchingband
nicht nur selbst auf der Bühne, sondern
gibt die Erfahrung, die in unzähligen Planungs-
und Probestunden erlangt wurde,
unter anderem in Workshops an Musikvereine
und Tambouren-Sektionen weiter.
Ein wichtiger Schwerpunkt liegt zudem auf
der Nachwuchsförderung: Jedes Jahr im
Herbst findet das beliebte Marchingband
Jugendcamp statt.
Marchingband-Luft
schnuppern
musiziert, hier sammelt man unvergessliche
Erinnerungen und Freundschaften
fürs Leben werden geschlossen. Und oft
trudeln nach der Lagerwoche bereits die
ersten Anmeldungen für die nächste showband.CH-Saison
ein – das Jugendcamp ist
der Nachwuchs von showband.CH und
vergrößert jährlich den Cast.
Saison 2022 abgesagt!
2022 steht für showband.CH ganz unter
dem Motto „There are far better things
ahead than any we leave behind!“ Trotzdem
hat sich der Vorstand von showband.CH
schweren Herzens aufgrund der Entwicklung
der Pandemie bereits im vergangenen
Dezember dazu entschieden, die Saison
2022 abzusagen. Aber sie denken bereits
darüber nach, „wie und wo wir unsere
Füße auf den nächsten Hallenboden setzen
könnten“. Schon jetzt steht ein Jahreshighlight
fest: vom 9. bis zum 15. Oktober
2022 findet in Disentis die 10. Ausgabe des
Marchingband-Jugendcamps statt. Und
auch sonst wartet noch die eine oder andere
Überraschung – stay tuned!
Sina Schmid (Fotos: fotorubin.ch)
Weitere Informationen
finden Sie unter
www.showband.CH und
auf dem YouTube-Kanal
Inmitten der Bündner Berge können Jugendliche
im Alter von 12 bis 22 Jahren
eine Woche lang Marchingband-Luft
schnuppern. Abschluss und Höhepunkt des
Camps ist eine energiegeladene Show vor
Publikum. Nach nur einer Lagerwoche mit
zahlreichen Probestunden und selbstverständlich
ausreichend Lager-Fun sitzt die
Show – die Instrumente verharren noch in
der Luft und man wartet auf den verdienten
Applaus. Hier wird nicht nur gemeinsam
Begeisterung,
die begeistert,
dafür steht
showband.CH.
KulturFenster
6 01/Februar 2022
Blasmusik
Workshop in Südtirol
Anmeldungen innerhalb 31. März
– natürlich ohne Spiel, mit Musik im Hintergrund,
damit wir uns auf die Handhabung
der Instrumente und die Stabführung
konzentrieren können.
Obwohl showband.CH die Saison 2022 abgesagt
hat, ist es gelungen, sie dennoch
für eine Zusammenarbeit mit dem VSM
zu gewinnen. Die Initiative dazu ging von
Verbandsstabführer Klaus Fischnaller aus.
KulturFenster: Wie kam es zur Zusammenarbeit
mit showband.CH?
Klaus Fischnaller: Die Zusammenarbeit ist
aus der Idee entstanden, eine Jungbläserwoche
mit dem Schwerpunkt „Musik in
Bewegung“ anzubieten. Im Internet bin
ich zufällig auf die showband.CH gestoßen
und habe gesehen, dass sie schon
seit längerem Jugendcamps mit dem
Schwerpunkt „Musik in Bewegung“ anbieten
– also genau das, was wir suchen.
Daraufhin habe ich sie direkt kontaktiert.
KF: Welches werden die Inhalte des Workshops
sein?
Fischnaller: Auch wenn ihr Ziel in erster
Linie auf Marchingbands ausgerichtet ist,
so hat mich vor allem ihr Konzept interessiert,
wie sie mit Jugendlichen arbeiten.
Mit unserem Workshop wollen wir nicht
nur die Jugend ansprechen, sondern auch
die Stabführer*innen und alle, die sich
für die Musik in Bewegung interessieren.
Gerade im Bereich der Marschshows haben
wir noch Aufholbedarf, aber auch das
Potential, uns weiterzuentwickeln.
KF: Sollen aus unseren Musikkapellen
Marchingbands werden?
Fischnaller: Nein, auf keinen Fall – das
wäre ein ganz falscher Weg! Wir können
aber immer nur lernen. Es ist klar,
dass wir von einer Showband nicht alles
1:1 übernehmen können – und
auch nicht müssen, aber wir können sicherlich
viele Inputs für unsere zukünftige
Arbeit mitnehmen. Ich möchte mit
diesem Workshop ein Fenster öffnen,
wovon ich überzeugt bin, dass es uns
weiterbringt und dass wir die Musik in
Bewegung auch jugendgerechter gestalten
können.
KF: Welche Schwerpunkte wird es im
Workshop noch geben?
Fischnaller: Mit Sicherheit wird der Workshop
sehr praxisorientiert sein. Abgesehen
von dem Aufbau, der Musikwahl bis
hin zur Show, wird es einen kreativen Teil
geben, wobei wir in Gruppen versuchen,
einige Showelemente zu erarbeiten. Wir
laden die Teilnehmer*innen ein, ihre Instrumente
und den Tambourstab mitzubringen,
damit wir auch versuchen können,
das Erlernte in die Praxis umzusetzen
KF: Dies klingt sehr vielversprechend.
Fischnaller: Ja, das ist es auch. In den
Vorgesprächen mit der Koordinatorin
Sina Schmid – durch sie ist der Kontakt
entstanden – haben wir uns darauf geeinigt,
dass wir uns nicht nur auf eine Musikrichtung
bzw. Show konzentrieren werden.
Die Ideen und Anregungen, welche
die showband.CH mitbringt, sind vielfältig
und reichen vom Aufmarsch über die
Parademusik bis hin zur Show am Platz.
Dasselbe gilt für die Musik, wobei die Einfachheit
und das gute Musizieren im Vordergrund
stehen werden.
KF: Wann fi ndet der Workshop statt?
Fischnaller: Der ganztägige Workshop
findet am 30. April 2022 ab 9 Uhr im
Probelokal der MK Jenesien statt. Dabei
werden mit Kervin Schrag, dem künstlerischen
Leiter der showband.CH, und
seinem Team die einzelnen Schritte einer
Marschshow – von der Planung über die
Probenarbeit bis zum Auftritt – erarbeitet.
Anmeldungen werden über das VSM-
Office innerhalb 31. März angenommen.
Genauere Informationen sind auch auf
der VSM-Homepage abrufbar.
KF: Danke für das Gespräch.
Fischnaller: Danke sagen mein Team
und ich. Die Fachgruppe „Musik in Bewegung“
freut sich, wenn viele dieses
tolle Angebot annehmen und am Workshop
teilnehmen.
Gespräch: Stephan Niederegger
Im jährlichen Jugendcamp können Jugendliche im Alter von 12 bis 22 Jahren eine Woche lang Marchingband-Luft schnuppern.
KulturFenster
7 01/Februar 2022
ewegt
Alle folgen auf Karins Kommando
Karin Schuster geht der Musikkapelle Prags als Stabführerin voran
Die heurige Ausgabe des Frauenkalenders
„Alchemilla“ steht
unter dem Titel „überMut tut
Frauen gut!“ und widmet sich
couragierten Frauen. Dazu hat
Berta Linter in ihrem Beitrag
(S.265) auch in der VSM-Statistik
gestöbert und die „Frauen
im Verband Südtiroler Musikkapellen“
in den Fokus gerückt.
Während eine Frau am
Dirigentenpult oder als Obfrau
bei den Südtiroler Musikkapellen
keine Seltenheit mehr ist, sind
Stabführerinnen noch die Ausnahme – derzeit
ist Karin Schuster von der Musikkapelle
Prags die einzige.
Erste Frauen in den
Südtiroler Musikkapellen
1973 war Helga Huber aus Terlan die erste
Frau, die einer Musikkapelle beigetreten ist.
Als Flavia Crepaz 1983 den Taktstock der
Musikkapelle Morter übernahm, war sie die
erste Kapellmeisterin in Südtirol. Mittlerweile
(Stand: Juni 2021) stehen 14 Kapellmeisterinnen
am Dirigentenpult, 22 Musikkapellen
werden von einer Obfrau geführt und
596 Marketenderinnen marschieren in den
210 Musikkapellen. Derzeit hat aber nur die
Musikkapelle Prags eine Stabführerin. Im
folgenden beschreibt die 34-jährige Karin
Schuster ihren musikalischen Werdegang,
ihre Motivation und ihre Zukunftspläne.
Seit 21 Jahren Musikantin
Seit zwei Jahren ist Karin Schuster Stabführerin
der Musikkapelle Prags.
Foto: Elisabeth "Lissy" Moser
Musik begleitet mich schon seit meiner
Kindheit und ist aus meinem Leben nicht
mehr wegzudenken. Mit dem Erlernen der
Blockflöte begannen meine ersten musikalischen
Erfahrungen. Nach dem Besuch einiger
Musikanten in der Grundschule stand
für mich fest, dass ich Querflöte und später
dann auch das Piccolo erlernen wollte.
So sind es nun schon 21 Jahre, dass ich
bei der Pragser Musikkapelle bin. Durch
mein Studium der Krankenpflege und später
auch durch meine Arbeit in Innsbruck
war ich zwar nicht ständig zu Hause, dennoch
konnte ich mich nicht vom gemeinsamen
Musizieren in der Musikkapelle verabschieden.
Vor ca. sieben Jahren bin ich
schließlich wieder ganz in meine Heimat zurückgekehrt.
Mittlerweile bin ich verheiratet,
wohne in Sexten und habe zwei Jungs im
Alter von ein und vier Jahren. Auch wenn
es mich ständig in verschiedene geografische
Richtungen in meinem Leben gezogen
hat, blieb ich meinem Dorf und seiner
Musikkapelle stets treu. Die netten Kameradschaften,
welche sich in unserer Kapelle
entwickelt haben, bedeuten mir nach wie vor
viel. Deshalb pendle ich so oft es mir möglich
ist von Sexten nach Prags, um an Proben
und Auftritten teilzunehmen.
Das Amt der Stabführerin als
persönliche Herausforderung
Vor rund fünf Jahren besuchte ich den
Grundkurs für Stabführer*innen. Ich bin
ständig offen für Neues. Für mich stand
daher nach kurzem Überlegen fest, dass
ich mich in diese Materie einlernen wollte,
und sammelte so meine ersten Erfahrungen.
Schon nach kurzer Zeit stellte ich fest, dass
das Erlernen des Stabführens einiges an
Können und Übung erfordert. Dies spornte
mich noch mehr an, dieses Amt irgendwann
auch offiziell ausüben zu können. Von Anfang
an war mir klar, dass ich mich in dieser
Männerdomäne zunächst einmal behaupten
musste. Die Akzeptanz war aber von Anfang
an da. Dennoch dauerte es nochmals
weitere zwei Jahre, bis ich
das Amt der Stabführerin gemeinsam
mit meinem Musikkollegen
Alfred übernahm. Zu
diesem Zeitpunkt war ich mit
meinem zweiten Kind schwanger.
Daher beschlossen wir,
dass wir dieses Amt gemeinsam
ausüben wollten, damit
wir uns gegenseitig ersetzen
können, wenn einer ausfällt.
Mit Herzklopfen stand ich
schließlich vor meinem allerersten
offiziellen Auftritt. Tausende Gedanken
schwirrten in meinem Kopf umher, ob
ich die Kommandos und Abfolgen alle richtig
machte, aber schließlich konnte ich diesen
Auftritt gut meistern. Somit legte sich auch
die Nervosität bei den folgenden Auftritten.
Positive Rückmeldungen
und Zukunftspläne
Schön fand ich die vielen positiven Kommentare
und Rückmeldungen aus der Pragser
Bevölkerung. Es erfüllt mich mit Stolz und
Freude, wenn wir mit der Kapelle aufmarschieren
können und das Publikum mit unserem
Auftritt begeistern.
Die Frage, warum es in Südtirol nicht mehr
Stabführerinnen gibt, kann ich leider auch
nur schwer beantworten. Sicherlich braucht
es einiges an Mut und Freude, aber wie bei
vielen Dingen im Leben kann man alles erlernen,
wenn man die nötige Motivation mit
sich bringt. Deshalb wäre es schön, wenn
sich auch mehrere Frauen für das Amt der
Stabführerin begeistern ließen.
Ein kurzfristiges Ziel für die Zukunft ist die
Teilnahme an einem großen Umzug, welcher
situationsbedingt in den letzten zwei Jahren
leider nicht stattfinden konnte. Ein langfristiges
Ziel ist die Teilnahme an einem Marschierwettbewerb.
Wohin mich mein weiterer
Weg als Stabführerin führen wird, lass
ich mir noch offen. Da ich nun in Sexten
wohne, würde ich irgendwann auch gerne
Mitglied der dortigen Musikkapelle werden.
Und wer weiß, vielleicht ist es auch dort
möglich, dass ich mein Amt als Stabführerin
nicht ganz an den Nagel hängen muss.
Karin Schuster
KulturFenster
8 01/Februar 2022
VSM intern
50 Jahre
Zweites Autonomiestatut
Uraufführung durch das EUREGIO Jugendblasorchester
Die drei Dirigenten (v. l.) Johann Finatzer (Südtirol), Franco Puliafito (Trient) und Wolfram
Rosenberger (Tirol) des EUREGIO Jugendblasorchesters
Wie bereits in der Oktoberausgabe des
„KulturFensters“ angekündigt (S.49), hat
der Südtiroler Landtag anlässlich des Jubiläums
„50 Jahre 2. Autonomiestatut 1972-
2022“ einen Wettbewerb für eine Komposition
für symphonisches Blasorchester
ausgeschrieben.
VSM-Verbandsjugendleiter Johann Finatzer
wurde als Koordinator des Projektes
und Präsident der Wettbewerbsjury eingesetzt.
Die Siegerkomposition wird im Rahmen
der alljährlichen Feierlichkeiten zum
Europatag am 9. Mai vom EUREGIO Jugendblasorchester
uraufgeführt.
Neben der klassischen Sommerwoche
vom 23. bis zum 31. Juli 2022 in Toblach
mit Konzerten in allen drei Landesteilen
fi nden bereits vom 14. bis zum 16. April
und vom 5. bis zum 8. April zwei Probenwochenenden
des EUREGIO Jugendblasorchesters
in Algund bzw. Bozen statt.
Die Teilnahme an diesem Frühjahrsprogramm
ist kostenlos.
Weitere Informationen zum Kompositionswettbewerb
können auf der Homepage
des Südtiroler Landtags (www.
landtag-bz.org) und des Südtiroler Künstlerbundes
(www.kuenstlerbund.org) eingesehen
werden.
Details zum EUREGIO
Jugendblasorchester
gibt es unter:
www.europaregion.
info/musiccamp
Stephan Niederegger
Medienreferent im VSM
KulturFenster
9 01/Februar 2022
VSM intern
(K)ein Wertungsspiel 2022
Neuer Termin, neue Ausrichtung
Wenn zurzeit Proben auch möglich
sind, so stellt die aktuelle Situation unsere
Musikkapellen doch vor enorme
Herausforderungen.
Steigende Infektionszahlen verunsichern
viele Vereinsmitglieder und an
einen normalen entspannten Probenbetrieb
ist wohl kaum zu denken. Wie
wertvoll und motivierend Wertungsspiele
auch sein mögen, die Rahmenbedingungen
wie regelmäßige planbare Proben
sind wohl eine Grundvoraussetzung,
um an einem Wertungsspiel teilzunehmen.
Gemeinsam mit dem VSM-Bezirk
Schlanders haben wir uns dafür ausgesprochen,
das im kommenden Mai
geplante Wertungsspiel auf den Herbst
zu verschieben. Auch die Ausrichtung
wird eine etwas andere sein. So wird es
nicht ein Wertungsspiel im herkömmlichen
Sinn sein, sondern vielmehr ein
Kritikspiel, bei dem die Musikkapellen bereits
in der Vorbereitungsphase – wenn
es gewünscht ist – eine Unterstützung in
Form eines Coachings erhalten. Auch die
Bewertung wird nicht in Form von Punkten
oder Prädikaten erfolgen, sondern in
Form eines Jurygespräches. Wir möchten
so die Musikkapellen unterstützen und
ihnen ein Ziel anbieten. Dabei soll die
Freude am Proben und gemeinsamen
Musizieren ohne Leistungsdruck im Vordergrund
stehen.
Meinhard Windisch
Verbandskapellmeister im VSM
BLASMUSIK
CHORWESEN
HEIMATPFLEGE
in Südtirol
Aboaktion
Seit Dezember 1948 berichten wir unter dem Titel „Die Volksmusik“, ab September
1953 als „Südtiroler Volkskultur“, ab März 1979 als „Tiroler Volkskultur“ und seit
2008 als „KulturFenster“ lebendig, bunt und vielfältig über die Musikkapellen,
die Chöre, die Heimatpflege, den Volkstanz und das Trachtenwesen in Südtirol -
derzeit in einer Gesamtauflage von rund 3.300 Stück pro Ausgabe.
Sie möchten keine
Ausgabe verpassen?
Dann rufen Sie uns an (Tel. 0471 976 387)
oder schreiben uns eine Email an: info@vsm.bz.it
Sie bekommen das "KulturFenster"
sechs Mal im Jahr direkt nach Hause geschickt.
Weitere Informationen finden Sie im
Impressum auf Seite 3 dieser Ausgabe.
KulturFenster
10
01/Februar 2022
Blasmusik
13. Landeswettbewerb
„Musik in kleinen Gruppen“
… auf den 14. Mai 2022 verschoben
Aufgrund der vorherrschenden Situation
und der Prognosen über die allgemeine
pandemische Lage hat der Verbandsvorstand
beschlossen, den Landeswettbewerb
„Musik in kleinen Gruppen“ vom
ursprünglichen Termin am 12. Februar
2022 in die sicherere warme Jahreszeit
zu verschieben.
Somit findet der Wettbewerb am Samstag,
dem 14. Mai 2022, in der Musikschule
und Aula Magna in Auer statt.
Bereits angemeldete Ensembles und
Gruppen müssen sich nicht erneut
anmelden, für sie ändert sich nur das
Austragungsdatum.
Durch die längere Vorbereitungszeit und
den neuen Termin ist es natürlich auch
möglich, dass sich weitere, bisher noch
nicht gemeldete Ensembles für den Wettbewerb
interessieren. Diese können sich
innerhalb Februar anmelden.
Dem Ensemblespiel im Allgemeinen und
diesem Wettbewerb im Besonderen kommt
eine wichtige Rolle zu – gerade in Pandemiezeiten,
wenn viele Musikkapellen nicht
in der vollen Besetzung proben (können).
Die bereits jetzt überdurchschnittliche Zahl
von mehr als 20 angemeldeten Ensembles
bezeugt dies eindrucksvoll.
Ich bedanke mich ganz persönlich wie
auch im Namen des Verbandes bei Ale-
xandra Pedrotti, der Direktorin der Musikschule
Unterland, und Thomas Rech,
dem Obmann der Musikkapelle Auer. Sie
stellen uns freundlicherweise die Räumlichkeiten
in Auer wie auch bei anderen
Verbandsveranstaltungen zur Verfügung
und waren zudem zuvorkommend und
hilfsbereit bei der notwendigen Terminverschiebung.
Ich freue mich auf viele jung- und junggebliebene
Musikbegeisterte, welche sich
auf den besonderen Moment des musikalischen
Wettstreites einlassen.
Johann Finatzer
Verbandsjugendleiter im VSM
Impressionen vom Wettbewerb 2018
KulturFenster
11 01/Februar 2022
VSM intern
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Neue Termine für Bezirks- & Verbandsversammlungen 2022
MAI
Bereits seit November steht das Jahresprogramm
des VSM für das heurige
Tätigkeitsjahr fest und ist im Jahreskalender
2022 niedergeschrieben.
Mit viel Freude und neuer Hoffnung
auf die Durchführbarkeit hat der Verbandsvorstand
geplant und vorausgeblickt.
Leider hat die Pandemie in den letzten
Wochen wieder derart „Fahrt aufgenommen“,
dass auf Grund der hohen
Inzidenz einige Vorhaben zum
wiederholten Male nicht planmäßig
abgewickelt werden können. In erster
Linie sind die großen Mitgliederversammlungen
der sechs Bezirke
Bozen, Bruneck, Meran, Brixen, Schlanders
und Sterzing betroffen, welche an
verschiedenen Wochenenden zwischen
dem 15. Jänner und dem 5. März 2022
vorgesehen waren. Zudem trifft es auch
die am 12. März 2022 in Bozen geplante
74. VSM-Mitgliederversammlung.
Da in allen Bezirken und im Verband
Neuwahlen anstehen, wollen wir versuchen,
die Versammlungen möglichst in
Präsenz abzuhalten. Um dies zu erreichen,
haben wir als ersten Schritt eine
Verschiebung der Versammlungen ins
Auge gefasst: die Mitgliederversammlung
des Verbandes wird auf Samstag, dem 7.
Mai 2022, verlegt.
Die neuen Termine der
Bezirksversammlungen:
Bezirk Meran - 12. März in Nals
Bezirk Bruneck - 26. März in Reischach
Bezirk Brixen - 26. März in Mühlbach
Bezirk Bozen - 9. April in Gries
Bezirk Sterzing - 23. April in Ratschings
Bezirk Schlanders - noch festzulegen
Wir alle hoffen stark, dass die hohe Inzidenz
der Corona-Pandemie bis dahin
abgeflacht ist und die Zusammenkünfte
zur ordentlichen Abwicklung der vorgesehenen
Tagesordnungspunkte möglich
werden.
Pepi Fauster
Verbandsobmann im VSM
BLASMUSIK IM RUNDFUNK
jeden Montag
von 17 bis 18 Uhr
„Dur und Schräg“
Traditionelle und neue
Blasmusik mit Norbert Rabanser
jeden Freitag
von 18 bis 19 Uhr
„Blasmusik“ mit Dieter Scoz
jeden Samstag
von 18 bis 19 Uhr
„Faszination Blasmusik“
mit Arnold Leimgruber
(Wiederholung
am Sonntag um 10 Uhr)
jeden Freitag
von 18 bis 19 Uhr
„Das Platzkonzert“
mit Peter Kostner
KulturFenster
12 01/Februar 2022
Blasmusik
jung musiziert
..
Jungblasertage Passeiertal 2021
Sieben Musikkapellen und Verein „Guitart“ arbeiten zusammen
40 Jungmusikant*innen aus sieben Musikkapellen nahmen im
Sommer 2021 an den Jungbläsertagen des Passeiertales teil.
Bereits zum 11. Mal wurden im August
2021 die „Jungbläsertage Passeiertal“ abgehalten.
Das Ziel dieser Musiktage war
von Beginn an Jungmusikant*innen aller
Musikkapellen des Tales zu vereinen und
eine gemeinsame musikalische Woche zu
verbringen.
Seit einigen Jahren läuft das Projekt parallel
zum Bandcamp des Vereins „Guitart“;
gemeinsam erarbeiten sich Bandmitglieder
und Jungbläser ein abwechslungsreiches
Konzertprogramm.
Im vergangenen Sommer fanden die Jungbläsertage
Passeiertal vom 23. bis zum
27. August in St. Martin in Passeier statt.
Die Schüler*innen waren jeweils von 9 bis
17 Uhr in der Obhut der Lehrpersonen und
kehrten anschließend wieder nach Hause
zurück. Im Laufe des Tages gab es Unterricht
mit den Instrumentallehrpersonen, Register-
und Tuttiproben und einen Workshop
zu Improvisation, Rhythmus und Harmonie.
Nach dem coronabedingten Ausfall der
Jungbläsertage 2020 konnte man dieses
Jahr 40 Jungmusikant*innen aus sieben
Musikkapellen begeistern. Sieben Lehrpersonen
begleiteten die Schüler*innen durch
die Woche und teilten ihr Wissen mit dem
musikalischen Nachwuchs. Durch die Förderung
der Jugendarbeit des Verbandes
Südtiroler Musikkapellen und durch die Un-
terstützung der Gemeinden St. Martin, St.
Leonhard, Moos und Riffian konnte in dieser
anregenden Woche auch ein Video erstellt
werden. Daniel Felderer begleitete die
Teilnehmer der Jungbläsertage am letzten
Tag und hielt dabei Proben und Konzert in
einem Kurzvideo fest. Das Abschlusskonzert
fand am Freitag, dem 27. August, auf
dem Dorfplatz in St. Martin statt.
Weitere Eindrücke der
„Jungbläsertage Passeier“
sind im Video unter
folgendem Link zu
sehen.
KulturFenster
13 01 Februar 2022
Kleine “
Piezn“ spielen groß auf
Die Jugendkapelle der Musikkapelle Peter Mayr Pfeffersberg im Portait
Beim jährlichen Hüttenlager wird stets fleißig musiziert,
wie auch diese Aufnhame aus dem Jahr 2019 beweist.
und Mahr. Diese gehören allesamt zur Gemeinde
Brixen und befinden sich zwischen
550 und 1450 m ü. d. M. an der Westseite
des Brixner Talkessels. Wir sind eine sehr
junge Truppe, unsere Jungmusikant*innen
sind im Durchschnitt neun Jahre „alt“.
Grundsätzlich dürfen die Kinder bereits
nach dem ersten Lernjahr bei uns einsteigen.
Zur Zeit sind mehr Mädchen als
Buben dabei.
Klein, aber oho! Treffender könnte man die
„Pfeffersberger Piezn“ kaum beschreiben.
Seit nunmehr knapp 20 Jahren musiziert der
Nachwuchs der Musikkapelle Peter Mayr
Pfeffersberg gemeinsam.
Steckbrief
Name: Pfeffersberger Piezn
Musikkapelle: Musikkapelle Peter Mayr
Pfeffersberg
Anzahl der Mitglieder: 19
Musikalische Leitung: Bernhard Reifer
Jugendleiterin: Sabine Leitner Reifer
Im folgenden Gespräch mit Sabine Leitner
Reifer, der Jugendleiterin der Musikkapelle
Peter Mayr Pfeffersberg, wird die Jugendkapelle
vorgestellt.
Bernhard Reifer dirigiert die Bläserklasse
Pfeffersberg (Dezember 2021)
Kulturfenster: Sabine, wann wurde eure Jugendkapelle
gegründet und wie seid ihr auf
diesen ausgefallenen Namen gekommen?
Sabine Leitner Reifer: Unsere Jugendkapelle
wurde im September 2002 gegründet. Unser
damaliger Jugendleiter und heutiger Kapellmeister
Bernhard Reifer hatte diesen besonderen
Namen vorgeschlagen: Er meinte,
ein „Piez“ wäre etwas Kleines, wie etwa ein
Küken, und die Jungmusikant*innen seien
nicht viel größer gewesen.
KF: Woher kommen eure Mitglieder und
wie alt sind sie im Durchschnitt?
Reifer: Unsere Jungmusikant*innen kommen
von den acht Streuweilern des Pfeffersbergs:
Gereuth, Tils, Pinzagen, Pairdorf,
Tschötsch, Tötschling, Untereben
KF: Welche sind die Höhepunkte in eurem
Vereinsjahr?
Reifer: Unser jährlicher Höhepunkt ist
das mehrtägige Hüttenlager im Sommer,
welches wir meistens auf einer urigen Berghütte
verbringen. Dabei haben wir schon einiges
an Abenteuern erlebt: Wir waren auf
Hütten ohne Strom, schliefen im Heu oder
mussten zum Zähneputzen ins Freie zum
Brunnen. Zwischen Unwettern mit herumfliegenden
Zelten und einer Hubschrauberlandung
des Bergrettungsdienstes war alles
dabei. Als wir 2019 auf der Seiser Alm
waren, musste der Rettungshubschrauber
des Aiut Alpin neben unserer Hütte eine
Zwischenlandung machen, da es andernorts
nicht möglich war. Zufällig handelte es
sich beim Piloten um den Vater einer unserer
Jungmusikantinnen.
Was das restliche Jahr betrifft, so beginnt
unsere Probenarbeit in der Regel nach
dem Frühjahrskonzert der Musikkapelle.
Wir versuchen im Laufe des Jahres immer
ein bis zwei Konzerte zu organisieren, auch
in Zusammenarbeit mit Kapellen aus der
Umgebung. So hat beispielsweise bereits
in Teis und in Villnöß ein Jugendkapellentreffen
stattgefunden. Wir waren auch
schon beim Brixner Faschingsumzug mit
dabei. Weiters kommen bei uns außermusikalische
Aktivitäten nicht zu kurz. So hat
es auch öfters einen Kinoabend in unserem
Probelokal gegeben.
KF: Seid ihr im Moment musikalisch aktiv?
Reifer: Im Moment macht unsere Jugendkapelle
eine Pause, dafür haben wir unsere
Kräfte in den letzten Monaten auf ein
anderes Projekt konzentriert, und zwar auf
die „Bläserklasse Pfeffersberg“. Da unser
Tag der offenen Tür bereits zweimal nicht
KulturFenster
14 01 Februar 2022
stattfinden konnte, haben wir einen anderen
Weg gesucht, um neue Jungmusikant*innen
zu gewinnen. Mit Unterstützung der beiden
Grundschulen Tils und Tschötsch, der Musikschule
Brixen und natürlich der Eltern
der Schüler*innen, konnten wir das Projekt
von Anfang Oktober bis Mitte Dezember
durchführen. Insgesamt 44 Kinder im
Alter zwischen sechs und elf Jahren waren
mit dabei und erhielten in der Zweiergruppe
einmal wöchentlich 40 Minuten Unterricht
von ausgebildeten und motivierten
Musikpädagog*innen. Die erste Phase des
Projekts, die noch für alle verpflichtend war,
endete mit einem Abschlusskonzert im Dezember.
Die Mühen haben sich für die Musikkapelle
auf jeden Fall gelohnt: Von den
44 beteiligten Kindern haben sich etwas
mehr als die Hälfte dafür entschieden, ihr
Instrument weiter zu lernen.
KF: Habt ihr auch euer persönliches Lieblingsstück?
Reifer: Unsere Jungs und Mädels spielen
am liebsten Filmmusik. Wir haben zwar kein
Lieblingsstück an sich, möchten den Lesern
zum Abschluss aber den Refrain unserer
eigenen Hymne präsentieren. Die Melodie
entspricht dem bekannten „Zwergenlied“.
Der Text der acht Strophen wird bei jedem
Hüttenlager etwas angepasst.
Ein Piez ist grösser als man glaubt,
ein Piez das Größte überhaupt,
ein Piez spielt immer was er soll,
ein Piez findet die Musig toll!
Jugendleiterin Sabine Leitner Reifer
Zwei Jungmusikantinnen der
Pfeffersberger Piezn“ stellen sich naher vor:
“
Name: Amelie Unterrainer
Alter: 10 Jahre
Ich spiele: Fagott
Darum habe ich mich für mein Instrument entschieden:
Das Fagott hat mir immer schon gefallen.
Das gefällt mir bei der Jugendkapelle am besten:
Das Hüttenlager im Sommer
Mein Lieblingsstück: „Der Herbst“ von Antonio Vivaldi
Ein lustiges Ereignis bei der Jugendkapelle: Als es während einer Gemeinschaftsprobe
beim Hüttenlager regnete, mussten wir die Probe in
die Hütte verlegen - nur die Schlagzeuger mussten von draußen aus
mitspielen, da sie nicht mehr Platz hatten. Natürlich öffneten wir die
Fenster, dass wir uns gegenseitig hören konnten.
Name: Annalena Stockner
Alter: 11 Jahre
Instrument: Klarinette
Darum habe ich mich für mein Instrument entschieden:
Die Klarinette hat mir immer schon sehr gut gefallen. Ich habe mit der
Es-Klarinette angefangen, habe dann auf die C-Klarinette gewechselt
und mittlerweile spiele ich die B-Klarinette.
Das gefällt mir bei der Jugendkapelle am besten:
Mir gefällt es, mit meinen Freunden zusammen zu musizieren und
Spaß zu haben. Ich freue mich schon jetzt auf unser nächstes Konzert.
Mein Lieblingsstück: „Circle of Life“ aus „Der König der Löwen“
Ein lustiges Ereignis bei der Jugendkapelle: Toll ist immer unser Hüttenlager
im Sommer. Unsere Betreuer denken sich immer super tolle
Spiele aus. Einmal haben wir uns mit altem Zeitungspapier unsere eigenen
Kleidungsstücke kreiert und haben dann eine Modenschau
veranstaltet. Unser Hüttenlager ist einfach immer ein tolles Erlebnis.
Interviews: Hannes Schrötter
KulturFenster
15 01 Februar 2022
gehört & gesehen
Das Bezirksjugendblasorchester
rockt den Gustav-Mahler-Saal
Begeisternde Konzerte des BJBO Bruneck in St. Johann und Toblach
Mit der „Hymne für die Gefallenen“ aus dem Film „Der Soldat James Ryan“ und dem festlich gespielten „Schönfeld-Marsch“ bedankte
sich das BJBO Bruneck für den Applaus.
Zu Weihnachten spielte wieder das Bezirksjugendblasorchester
Bruneck. Nach
der Absage im Vorjahr und trotz der sich
dauernd ändernden Coronaregeln haben
die Verantwortlichen im Bezirksausschuss
der Pustertaler Musikkapellen am Projekt
festgehalten – mit Erfolg. Mit traditioneller
Blasmusik und modernen Rhythmen begeisterten
die jungen Musikantinnen und Musikanten
unter der Leitung von Daniel Niederegger
zum Jahresende das Publikum im
Ahrntal und im Hochpustertal.
Eigentlich hätte das Orchesterprojekt bereits
im Vorjahr verwirklicht werden und
gleichzeitig das Diplomkonzert von Daniel
Niederegger sein sollen. Coronabedingt
musste das Vorhaben aufgeschoben werden.
Der junge Musiker, seines Zeichens
Bezirkskapellmeister-Stellvertreter im Pustertal
sowie Kapellmeister der Musikkapellen
von St. Martin/Gsies und St. Jakob/
Ahrntal, hat inzwischen sein Dirigierstudium
abgeschlossen. Er freute sich umso
mehr, dass das Konzertprojekt nun doch
noch verwirklicht werden konnte.
Mit der Rhapsodie „Prevision“ beschreibt
Jan de Haan eindrucksvoll das Aufwachsen
und Erwachsenwerden seines Enkels.
Niederegger hat dieses Werk nicht zufällig
gewählt. Zum einen steht es symbo-
Trotz der unsicheren
Coronalage haben sie
am Projekt des BJBO
Bruneck 2021 festgehalten
(v.l.) - Bezirksobmann
Johann
Hilber, Daniel Niederegger
und Bezirksjugendleiter
Matthias
Kirchler
KulturFenster
16 01/Februar 2022
Redaktionsschluss für
Blasmusik
lisch für die musikalische Entwicklung der
jungen Orchestermitglieder, zum anderen
stand es bereits 2010 auf dem Programm
des Bezirksjugendblasorchesters, als er
selbst als junger Posaunist unter der Leitung
von Friedl Pescoller und Sigisbert Mutschlechner
mitspielte. Mit der 3-sätzigen
Suite „Tirol 1809“ von Sepp Tanzer, die
der Dirigent für seinen Studienabschluss
neu instrumentiert hatte, der schwungvollen
„Emperata Ouvertüre“ von Claude
T. Smith und den norwegischen Impressionen
„Mandålen Landscapes“ von Philip
Sparke begeisterte das junge Orchester
das Publikum am 23. Dezember im
Mehrzwecksaal von St. Johann und am
Stephanstag im Gustav-Mahler-Saal in
Toblach. Die Verantwortlichen rund um
Bezirksobmann Johann Hilber, Bezirksjugendleiter
Matthias Kirchler und den Dirigenten
verstanden es, während der intensiven
Probenzeit seit Mitte Oktober die
Corona-Fragen auszublenden und die 60
Musikantinnen und Musikanten aus 22
Pusterer Musikkapellen für die Musik zu
begeistern. Man habe sich laufend an die
veränderten Situationen angepasst, bestätigte
Kirchler. Seit Anfang Dezember
wurden alle – Geimpfte und Ungeimpfte
– vor jeder Probe und den Auftritten getestet:
„Das ist ein entsprechender organisatorischer
und fi nanzieller Mehraufwand,
aber es lohnt sich allemal.“ Zudem
musste die ursprünglich geplante „Rhapsodie
in Blue“ von George Gershwin, bei
der Prof. Walter Ratzek den Solopart spielen
sollte, kurzfristig wegen der unklaren
„
Die Spielfreude, aber vor allem
auch die Freude, endlich wieder vor
Publikum zu spielen, war bei den
beiden Konzerten förmlich sichtund
hörbar.
„
Stephan Niederegger
und unsicheren Reisebestimmungen gestrichen
werden.
Die Spielfreude, aber vor allem auch die
Freude, endlich wieder vor Publikum zu
spielen, war bei den beiden Konzerten förmlich
sicht- und hörbar. Ein selten gespieltes
Medley der schwedischen Popgruppe
ABBA, aus der Feder von Guido Rennert,
dem Haus- und Hofarrangeur des Musikkorps
Deutschen Bundeswehr, war der fulminante
Abschluss dieses Konzertreigens.
Nach dem Konzert fragte einer der jungen
Posaunisten den Dirigenten, wann
die nächste Probe sei. Ein schöneres Lob
könnte es wohl kaum geben.
Stephan Niederegger
Hörbeispiele
Hymn to The Fallen
Schönfeld-Marsch
Aus der Redaktion
Ihre Beiträge (Texte und Bilder) für die Blasmusikseiten
senden Sie bitte an: kulturfenster@vsm.bz.it
die nächste Ausgabe des
„KulturFensters“ ist:
Freitag, 11. März 2022
KulturFenster
17 01/Februar 2022
hinausgeblickt
bewegt
Musik in Bewegung
Workshop mit der showband.CH
in Jenesien
https://vsm.bz.it
30.04.2022
Cäcilienkonzert der
Musikkapelle Auer
Erinnerung an den 120. Geburtstag von Sepp Thaler
Die Musikkapelle Auer beim Cäcilienkonzert 2021 in der Aula Magna in Auer
Fotos: Peter Simonini
Nach einem Jahr Pause fand am 13. November
2021 in der Aula Magna in Auer wieder
das traditionelle Cäcilienkonzert der
Musikkapelle Auer statt.
Im Gedenken an den 120. Geburtstag von
Sepp Thaler umrahmten zwei seiner Werke
das Konzertprogramm, welches Kapellmeister
Arnold Leimgruber in sehr gelungener
Weise zusammengestellt hatte. So
begrüßten etwa die herrlichen Blechbläserklänge
aus Thalers Werk „Präludium
Heroicum“ die Zuhörer*innen.
Weiter ging es im Programm, hervorragend
moderiert von Maria Magdalena
Graiff-Zwerger, mit Arthur Sullivans Operette
„The Pirates of Penzance“, in einer
Bearbeitung von John Philip Sousa.
Das melodische und gänsehautreife, aber
auch mitreißende Stück „Emperor“ von
Thierry Deleruyelle ließ die Zuhörer endgültig
in die Welt der Blasmusik eintauchen.
Direkt darauf folgte das bekannte
Werk „Gabriel’s Oboe“ von Ennio Morricone.
Die Hauptmelodie wurde dabei bravourös
von der Solistin Anna Sofia Franceschini
interpretiert.
Auch Oliver Waespis dreiteilige Komposition
"Caledonia" überzeugte mit solistischen
Passagen, dynamischen Kadenzen
und ausgewogenen Tutti-Klängen.
Ein sehr bekanntes Stück präsentierte die
Musikkapelle anschließend mit Dimitri Shostakovitchs
„The Second Waltz“, dessen
Melodie in den Ohren des einen oder anderen
Zuhörers vielleicht noch nachhallt.
Mit dem Pasodoble „Puenteareas“ von
Reveriano Soutullo wurde das Publikum
nochmals in die spanische Musikwelt entführt.
Ausgefeilt kontrastierende Piano- und
Fortestellen charakterisieren dieses Werk.
Einen weiteren Ausflug in die Filmmusik
wagte die Musikkapelle Auer am Ende des
Programms mit dem spannungsgeladenen
Medley „At the Movies With Danny Elfman“.
Auf den langanhaltenden Applaus des Publikums
folgten zum Abschluss die beiden
Zugaben „Perfect“ von Ed Sheeran und der
Marsch „Schloss Auer“ von Sepp Thaler,
die das Konzert treffend abrundeten.
Jasmine Oberrauch
KulturFenster
18 01/Februar 2022
persönlich
Sepp Thalers musikalisches Erbe
Eine Analyse von VSM-Ehrenkapellmeister Gottfried Veit
Im „KulturFenster“ Nr. 3/2021 (S.39) hat
VSM-Ehrenkapellmeister Gottfried Veit bereits
an den großen (Blas-)Musikpionier
Südtirols anlässlich seines 120. Geburtstages
am 9. Juni erinnert. Am kommenden
10. März jährt sich zum 40. Mal Sepp Thalers
Todestag. Veit analysiert dazu im folgenden
Beitrag, was von Thalers vielfältigem
musikalischen Erbe geblieben ist.
Kreativität als
„Lebenselixier“
Die deutsche Schriftstellerin Hedwig Maria
Staffa sagte einmal: „Kreativität kennt
weder Monotonie noch Langeweile, sie ist
eine optimale Begleiterin, in guten wie in
schlechten Lebenslagen“. Sepp Thaler war
ohne Zweifel in mehrerlei Hinsicht ein kreativer
Mensch. Dies kommt nicht nur in
seinen über 100 Kompositionen, sondern
auch in seinem Leben immer wieder deutlich
zum Ausdruck.
Um sich ein musikalisches Fundament zu
schaffen, ging Sepp Thaler bereits als Kind
regelmäßig zum damaligen Kooperator Nikolaus
Pfaffstaller in Auer, um Gesangs- und
Klavierunterricht zu nehmen. Da seine Vorfahren
Kaufleute waren, wurde Sepp Thaler
in seinen jungen Jahren in die Handelsschule
nach Feldkirch geschickt. Auch dort
war er kreativ genug, neben der Ausbildung
zum Kaufmann bei Prof. Alois Both Unterricht
in Klavier- und Orgelspiel zu nehmen.
In seine engere Heimat zurückgekehrt, betätigte
er sich – neben seinen Brotberuf als
Kaufmann – spontan und mit größter Begeisterung
auch als Kapellmeister, Chorleiter
und Organist. 1937 trat Thaler als Aktivist
dem Völkischen Kampfring Südtirol
bei. Als ervom damaligen faschistischen
Regime aus politischen Gründen in einem
„Scheinprozess“ vom Tribunal in Trient zu
fünf Jahren Haft verurteilt wurde, setzte er
wieder seine Kreativität ein und gründete
im Gefängnis von Trient mit seinen Leidensgenossen
einen Männerchor, der sogleich
das Südtiroler Heimatlied „Wohl ist
die Welt so groß und weit“ anstimmte. Dies
wurde von der Gefängnisleitung alles eher
als gerne gesehen, aber brachte Licht in
Anm.d.Red.: Zur historischen Einordnung von Sepp Thalers Tätigkeit und Wirken wird auf die im
Universitätsverlag Wagner erschienene Publikation „In Treue fest durch die Systeme“ verwiesen.
diese dunkle Zeit. Als er im Zuge der Option
vorzeitig das Gefängnis verlassen durfte,
jedoch des Landes verwiesen wurde, kam
er nach Innsbruck. In der Tiroler Landeshauptstadt
kam er schon bald in Kontakt
mit Josef Eduard Ploner und Sepp Tanzer,
die zur damaligen Zeit zu den prominentesten
Vertretern des Tiroler NS-Musikbetriebes
zählten. Obwohl Sepp Thaler dort
u. a. auch die Innsbrucker HJ-Kapelle lei-
KulturFenster
19 01/Februar 2022
persönlich
Das „Präludium
heroicum“ mit der
Widmung an den
Lehrer Josef Eduard
Ploner
Im Werk „Die Etsch“
beschreibt Sepp
Thaler mit musikalischen
Ausdrucksmitteln
den Verlauf
des Flusses von seinem
Ursprung bis
zur Mündung.
Der Marsch „Mein
Heimatland“ beinhaltet
im Trio
das bekannte Lied
„Wohl ist die Welt
so groß und weit“.
KulturFenster
20 01/Februar 2022
Blasmusik
Mit spitzem Humor
nimmt Sepp Thaler,
der selbst passionierter
Kartenspieler
war, im „Perlagger-
Lied“ die Kartenspieler
und ihre Weinseligkeit
aufs Korn.
tete, war er wieder kreativ genug, um parteipolitisch
eher im Hintergrund zu bleiben.
Er nützte beispielsweise spontan die
Gelegenheit, beim damals sehr geschätzten
Tiroler Komponisten Josef Eduard Ploner
Unterricht in Harmonielehre und Kontrapunkt
zu nehmen. Als Thaler im Jahre
1943 wieder nach Südtirol zurückkehren
durfte, war seine musikalische Kreativität
natürlich allerorts gefragt. Er leitete
Musikkapellen und Chöre, wurde in Auer
wieder Organist und erhielt auch den Auftrag,
das Blasmusikwesen in Südtirol zu
reorganisieren. Der damalige Höhepunkt
seiner musikalischen Karriere war sicherlich
die Ernennung zum Landeskapellmeister
des Verbandes Südtiroler Musikkapellen
im Jahre 1948. Im VSM hatte er dann
bis 1980 – ganze 32 Jahre lang – die Möglichkeit,
all sein musikalisches Können und
Wissen vielfältig einzusetzen.
Das kreative Schaffen
Sepp Thalers
Denkt man an die Kreativität Sepp Thalers,
so bringt man diese vor allem mit seinen
Kompositionen in Verbindung. Zu seinem
kompositorischen Gesamtwerk zählen die
symphonische Dichtung „Die Etsch“, fünf
Konzertouvertüren, acht festliche Blasmusikstücke,
zwei Suiten, fünf Potpourris,
drei Konzertwalzer, fünf Solostücke mit
Blasorchesterbegleitung, rund 40 Märsche,
acht kirchliche Blasmusikwerke, über 20
volkstümliche Männerchorlieder, drei Singspiele
und eine ganze Reihe Gelegenheitskompositionen.
Sepp Thaler ist zudem auch
Verfasser mehrerer Gedichte.
Zu seinem 40. Todestag ist es legitim, sich
die Frage zu stellen: „Was ist von all seinen
Werken geblieben?“ Für einen Komponisten
ist es ebenfalls legitim zu fragen:
„Welche Werke werden ihn möglichst lange
überleben?“ Bei Sepp Thaler könnten dies
vor allem vier Werke sein: das „Präludium
heroicum“, die symphonische Dichtung
„Die Etsch“, der Marsch „Mein Heimatland“
und das „Perlagger-Lied“.
Blasmusik von
nachhaltigem Wert
Das heldenhafte Vorspiel für Blasorchester
mit dem Titel „Präludium heroicum“ entstand
noch während seiner Lehrzeit bei
Josef Eduard Ploner, erschien aber erst im
Jahre 1961 beim Philipp Grosch-Verlag in
München im Druck. Diese Komposition verarbeitet
vordergründig zwei markante Themen
– beinhaltet u. a. ein ausdruckstarkes
Fugato – und besticht den Hörer auch ohne
falsches Pathos.
Seine umfangreichste Komposition für Blasorchester
„Die Etsch“ bezeichnet Sepp
Thaler als „dreiteiliges Werk“. Es gehört
eindeutig zur Gattung der Programm-Musik
und erzählt mit klanglichen Mitteln den
Werdegang des größten Flusses Südtirols,
von seiner Quelle bis zur Mündung. Erstmals
erklungen ist dieses Blasorchesterwerk
beim Festkonzert anlässlich des ersten
Südtiroler Landesmusikfestes 1951
im Kursaal von Meran. Die Uraufführung
wurde von der Musikkapelle Algund übernommen,
die zu diesem besonderen Anlass
Sepp Thaler selbst dirigierte. Das Notenmaterial
dieser Komposition wurde damals
noch im Lichtpausverfahren von Emil Hornof
vervielfältigt, um es auch anderen Klangkörpern
zugänglich zu machen. Die eigentliche
Drucklegung erfolge erst 18 Jahre
später, als der deutsche Musikverlag Wilhelm
Halter „Die Etsch“ 1969 in sein Verlagsprogramm
aufnahm. Seither erlebte
diese „Originalkomposition für Blasorchester“,
wie man damals mit Nachdruck anmerkte,
zahlreiche Aufführungen.
Von den rund 20 im Druck vorliegenden
und einer ungefähr gleichen Anzahl nicht
gedruckter Märsche aus der Feder Sepp
Thalers sticht vor allem einer hervor: es
ist der Marsch „Mein Heimatland“. Diese
wohl meistgespielte Marschkomposition
Thalers entstand bereits im Jahre 1944,
wurde aber erst 1966 beim Musikverlag
Georg Bauer in Karlsruhe veröffentlicht.
Sie ist bewusst traditionell gehalten, verhältnismäßig
leicht ausführbar und verdankt
ihre Popularität nicht zuletzt jenem
Umstand, dass sie im Trio das allseits beliebte
Südtiroler Heimatlied „Wohl ist die
Welt so groß und weit“ beinhaltet. Dieser
praxisorientierte Marsch, der die Musikalität
der Ausführenden besonders anspricht,
wurde im Laufe der Zeit sozusagen zur inoffiziellen
Hymne Südtirols.
Eine Gasthausepisode wird
zum bekannten Lied
Von den zahlreichen dialektalen Männerchorliedern,
die am Schreibtisch Sepp Thalers
entstanden sind, ist eines besonders
oft zu hören: das „Perlagger-Lied“. Wie
bei allen seinen Männerchorliedern verfasste
Thaler auch bei diesem Lied nicht
nur den Text und die Melodie selbst, sondern
steuerte auch noch einen hübschen,
ins Ohr gehenden, vierstimmigen Satz bei.
Das „Perlagger-Lied“ ist inhaltlich die authentische
Schilderung einer wahren Begebenheit
anlässlich eines Kartenspiels
im Gasthaus „Zur Rose“ in Auer, dem Geburts-
und Wohnort Sepp Thalers. Dieses
mit viel Humor gespickte Lied liegt bereits
seit vielen Jahren beim Musikverlag Carl
Haslinger in Wien gedruckt vor.
Gottfried Veit
KulturFenster
21 01/Februar 2022
hinausgeblickt
EUREGIO JBO
Uraufführung: 50 Jahre
Zweites Autonomiestatut
im Kursaal Meran
https://vsm.bz.it
07.05.2022
Die Blasmusik ist
sein Leben
Zum 80. Geburtstag von Rudolf Troger
Der Jubilar Rudolf Troger mit Erwin Hölzl im Kreise seiner „Goldies"
Vor Kurzem hat Rudolf "Rudl" Troger seinen
80. Geburtstag gefeiert. Da er weit über
Girlan hinaus bekannt ist, trudelten Gratulationen
aus allen Himmelsrichtungen ein.
Bereits am Vorabend des 18. Dezember
überraschte eine Abordnung der
Bürgerkapelle Gries mit Kapellmeister
Georg Thaler den Jubilar mit einem Geburtstagsständchen.
Riesenfreude
Nicht minder freute sich Rudl über den
musikalischen Weckruf am Geburtstagsmorgen,
der ihm vom VSM-Ausschuss des
Bezirks Bozen überbracht wurde, ein Zeichen
des Dankes für die langjährige Tätigkeit
Trogers als Kassier und Obmann
des Bezirkes Bozen.
Man darf getrost sagen, dass der Jubilar
sein Herz an die Blasmusik verloren
hat. Viele Jahrzehnte hindurch war er in
verschiedenen Funktionen für den VSM
tätig. So ist Rudolf Troger Ehrenmitglied
der Bürgerkapelle Gries, Ehrenobmann
des Bezirks Bozen im VSM und Gründer
der Seniorenkapelle „Die Goldies“.
Der Geburtstag war wie aus dem Bilderbuch:
strahlender Sonnenschein und
ein Bläser-Quartett von Freunden empfingen
den Jubilar, die Familie und geladenen
Gäste im Hotel „Holzner“ in Oberbozen
mit klingendem Spiel. Eine Gruppe
der „Goldies“ wartete mit zwei Uraufführungen
auf, die eigens für den Jubilar
komponiert wurden: „Ein Hoch dem Jubilar“
von Konrad Kofler und die „Rudl-
Polka“ von Karl Hanspeter, arrangiert von
Dieter Viehweider.
Organisator und Freund Erwin Hölzl überreichte
Rudolf Troger einen Abzug der
beiden Musikstücke im Bildformat. Von
Musik und Gesang begleitet endete die
überaus gelungene Feier. Erfreut über
viele freundschaftliche Begegnungen und
gut gelaunt verabschiedete der Jubilar
die Geburtstagsgäste mit dem Wunsch,
alle schon bald gesund wiederzusehen.
Veronika Andrich
KulturFenster
22 01/Februar 2022
komponiert
„Elegia Amarcord“
von Heinrich Unterhofer
Eine Nostalgie der Vergangenheit ...
vom Blechbläserquintett zum Blasorchester
Heinrich Unterhofer, ein künstlerisch
begabter wie weltoffener
Südtiroler Musiker mit
Sarner Wurzeln, kann auf eine
ebenso vielfältige wie erfolgreiche
Tätigkeit als Komponist,
Dirigent und Videokünstler
verweisen.
Musikalischer
Werdegang
Heinrich Unterhofer, 1958 in
Sarnthein geboren, erlangte
nach dem Beginn seines Studiums
am Konservatorium
„Claudio Monteverdi“ in Bozen
bei Francesco Valdambrini
(Komposition) und Orgel-Unterstufe
bei Ezechiele
Podavini 1992 sein Diplom
in Komposition bei Maestro
Azio Corghi am Konservatorium
„Giuseppe Verdi“ in Mailand.
1985/86 besuchte er
Kompositionskurse in Siena
an der „Accademia Chigiana”.
1987/88 nahm er am
Kompositionskurs bei Sylvano Bussotti in
Fiesole teil.
Akademische und
didaktische Tätigkeit
Heinrich Unterhofer unterrichtete Harmonielehre
am Konservatorium „Pedrollo" in
Vicenza und Komposition an den Konservatorien
von Bari und Cosenza. Seit dem
Jahr 1992 hat er die Professur für Komposition
am Konservatorium „Claudio Monteverdi“
in Bozen inne. Von 1993 bis 1995
war Heinrich Unterhofer künstlerischer
Leiter der Abteilung Musik im Südtiroler
Künstlerbund (SKB) Bozen. Von 2014 bis
2017 war er Rektor der Hochschule für
Musik „Claudio Monteverdi“ in Bozen.
Zurzeit unterrichtet er dort Komposition
und Komposition für Elektronische Musik.
Für das Jahr 2018/19 hat er einen Lehrauftrag
im Fachbereich Medienproduktion
„Freies Projekt“ an der Hochschule
OWL in Detmold erhalten.
Heinrich Unterhofer
als Komponist
Als wichtige Auftragswerke komponierte
er die Kinderoper „UFO” für den Südtiroler
Sängerbund, das Singspiel „Der große
Mäuseprozess zu Glurns” für die Vereinigten
Bühnen Bozen (VBB), die Kirchenoper
„Genesis Requiem” für das Festival
Musik und Kirche von
Trient, Bozen und Klausen
und für das Kunstfestival
von Sella di Borgo Valsugana.
2004/2005 wurde die
Konzertsaison des Haydn-
Orchesters von Bozen und
Trient mit seinem sinfonischen
Werk „Arcus pulcher
aeteri" eröffnet und
2005 seine Komposition
für Orchester „Francesco e
Chiara D’Assisi“ im Rahmen
der „Incontri di musica Sacra
Contemporanea“ unter
eigenem Dirigat in Klausen
und Rom uraufgeführt. Auch
gibt es mehrere Aufnahmen
und Aufzeichnungen für die
RAI in Bozen und Trient,
für den ORF in Innsbruck
und für das Mailänder Label
M.A.P. Seine Werke wurden
von Rugginenti (Mailand),
Edipan (Rom), Pizzicato
(Udine), Kliment (Wien) und
A. Böhm & Sohn (Augsburg)
veröffentlicht. Sein Liederzyklus
„Polnische Dörfer” zu
Texten von Sepp Mall wurde am ORF Innsbruck
uraufgeführt und verzeichnete bei
der Wiederaufführung durch das „Amarida
Ensemble" großen Erfolg.
Sein Streichquartett „SUDOKU“ wurde
vom Minguett Quartett (Köln) uraufgeführt.
Im April 2014 wurde die Uraufführung
seines Werkes „Canticum Ascensionum
IV“ durch das Haydnorchester von
Bozen und Trient gespielt. Im Mai 2014
wurde seine multimediale Oper „Das
Narrenschiff“, eine Auftragskomposition
für die OWL Biennale mit Einbeziehung
der Wellenfeldsynthese, an der HfM in
Detmold uraufgeführt. 2018 wurde sein
„Amor Requiem“ für Frauenchor, Viola
und Orgel in der Kathedrale San Vitale
in Ravenna uraufgeführt.
KulturFenster
23 01/Februar 2022
komponiert
„Elegia
Amarcord“
Als ich noch ein junger Komponist war, habe
ich mir dieses Stück für ein Blechbläserquintett
ausgedacht. Es blieb in der Schublade,
wie es bei neuer Musik oft der Fall
ist, aber vor Kurzem nahm sich ein gutes
Blechbläserquintett die Mühe es aufzuführen.
Ich persönlich war begeistert und
gleichzeitig auch ein bisschen verlegen,
schließlich war es eine jugendliche Komposition,
und so besuchte ich das Konzert
eher widerwillig. Zu meiner großen Überraschung
war die Aufführung wirklich bewegend
und hatte eine große Wirkung auf
mich und das Publikum.
Nachdem ich das Stück und sein kompositorisches
Potenzial wiederentdeckt hatte,
dachte ich daran, es für ein symphonisches
Orchester zu entwickeln. Also überlegte ich
mir, die Komposition wieder aufzunehmen,
die Idee zu vertiefen und auszuarbeiten.
Das ursprüngliche kompositorische Material
wollte ich aber beibehalten und es erneut
dem Blechbläserquintett anvertrauen, um
es dann mit der großen Textur eines symphonischen
Blasorchesters zu verschmelzen.
Die Herausforderung, die ich anscheinend
gewonnen habe, bestand darin, die
kompositorische Sprache meiner Jugend
mit meiner heutigen künstlerisch-kreativen
Vision zu verbinden.
Der Untertitel „Amarcord", den ich instinktiv
mit dem berühmten Film von Federico
Fellini verbinde, erklärt das Thema, mit
dem ich mich beschäftige: persönliche
Erinnerungen, die Nostalgie der Vergangenheit,
die musikalisch auftaucht und
eine Art Programmmusik hervorbringt,
und von Momenten, die ein Musiker und
Mensch erlebt hat.
Heinrich Unterhofer
Ottavino
Flauto 1-2
Oboe 1-2
Clarinetto in Mib
Clarinetto in Sib 1
Clarinetto in Sib 2-3
Clarinetto contralto in Mib
Clarinetto basso in Sib
Clarinetto contrabbasso in Sib
Fagotto 1-2
Sax contralto in Mib 1
Sax contralto in Mib 2
Sax tenore in Sib
Sax baritono in Mib
Tromba in Sib 1
Tromba in Sib 2
Tromba in Sib 3
Corno in Fa 1-3
Corno in Fa 2-4
Cornetta in Sib 1-2
{
{
°
{
{
Trombone 1
{
Trombone 2
Trombone 3
Trombone basso
Eufonio 1-2
Tuba 1-2
Timpani
Incudine
Triangolo
Campane tubolari
Piatto sospeso
Piatti
Tam-tam
Tambourine
Rullante
Gran cassa
Glockenspiel
Vibrafono
Marimba
Contrabbasso a corde
Con ampio respiro q = 54
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Amarcord
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Edited by: EDIZIONI MUSICALI M.BOARIO & C. S.a.s. C.so Galileo Ferraris, 7- Torino - Italy - Phone +39.3392791793
Copyright 2021 by Edizioni Musicali M. Boario & C. S.a.s. Tutti i diritti riservati - Tous droits réservés - All rights reserved
Printed in Italy - Imprimé en Italie.
E.B. 158
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Heinrich Unterhofer
Ein Ausschnitt aus der Partitur zu “Elegia Amarcord”
und der QR-Link zum Probehören
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In folgenden Links zu Soundcloud und YouTube sind Beispiele des künstlerischen Schaffens von Heinrich Unterhofer zu finden.
https://soundcloud.com/
heinrichunterhofer
https://www.youtube.com/watch?v=ky_DR_VuL1A
https://www.youtube.com/watch?v=Aik3qYmds-I
https://www.youtube.com/watch?v=bjsHdxODtQ8
https://www.youtube.com/watch?v=oqPZZg87PxA
KulturFenster
24 01/Februar 2022
Blasmusik
Medium Film und
Videokunst
Sein Schaffen hat er auf das Medium Film
und Videokunst ausgedehnt. In beiden Disziplinen
ist er sehr erfolgreich, was ihm anlässlich
seiner Auftritte beim Festival „TV
Zero“ (Premio speciale) in Meran, beim
Filmmusikwettbewerb „Rimusicazioni Harlock“
in Bozen (dritter Preis) und beim internationalen
Festival „Religion Today“ in
Trient bestätigt wurde. Sein Werk „Train“
aus seiner multimedialen Oper „Borderline“
wird zunächst exklusiv vom ORF und
anschließend anlässlich des Transart-Festivals,
ausgestrahlt. Seine experimentelle
Musik wird im Rahmen wichtiger Ausstellungen
uraufgeführt,wie u.a. in „Augenmusik“,
„Words Place“ im Museum für
Zeitgenössische Kunst in Genf, bei „Seven
Sins“ und bei „POINT OF LIGHT“,
einer Ausstellung im Museion – Museum
für Moderne und Zeitgenössische Kunst
in Bozen.
Vielseitiger Dirigent
Neben der vorrangigen Tätigkeit als Komponist
ist Heinrich Unterhofer auch als
Dirigent tätig, wobei das Hauptaugenmerk
auf die Verwirklichung neuer Musikprojekte
für Orchester und Ensembles
gerichtet ist. Sein Dirigatstudium
begann im Jahre 2004 an der Akademie
von Pescara mit Maestro Gilberto
Serembe. 2005 studierte er bei Maestro
Romolo an der Europäischen Akademie
in Vicenza. Im selben Jahr besuchte er
Dirigatkurse für Neue Musik in Monza
bei Maestro Sandro Gorli. Von 2006 bis
2011 studierte er bei Edgar Seipenbusch
in Innsbruck, mit welchem er sich in das
romantische und moderne Repertoire
sowie in das Opernrepertoire vertiefte.
Er dirigierte eigene Werke wie „Borderline”
(1997), “Francesco e Chiara degli
Angeli” mit dem Cantelli-Orchester von
Mailand (2007), König Yu” nach einem
Märchen von Hermann Hesse und die
Kirchenoper „Genesis Requiem” (2012)
sowie eine große Bandbreite klassischer
Werke namhafter Komponisten. Aber auch
Kompositionen junger Komponisten aus
Bozen und Udine brachte er 2013 für
ein Austauschprojekt zwischen beiden
Hochschulen zur Aufführung. Im September
2018 dirigierte er sein „Amor Requiem“
für Frauenchor, Viola und Orgel
in der Kathedrale San Vitale in Ravenna.
Die Komposition „Elegia Amarcord“ für
Blasorchester wurde beim dritten Kompositionswettbewerb
für Symphonisches
Blasorchester „Angelo Inglese“ mit einer
„Menzione Speciale“ ausgezeichnet. Die
Partitur wurde im Verlag M. Boario in Turin
veröffentlicht (https://www.mboario.com/
epages/990428805.sf/it_IT/?ObjectPath=/
Shops/990428805/Products/203).
Andere Uhraufführungen seiner Werke
mussten coronabedingt leider vertagt
werden und kommen daher erst im kommenden
Jahr zur Aufführung.
Heinrich Unterhofer
KulturFenster
25 01/Februar 2022
entdeckt
„Cäcilien-Messe“ von Gottfried Veit
Plenar-Messe für gemischten Chor, Kantor,
Volksgesang und Blasorchester (oder Orgel)
Am Cäcilien-Sonntag 2019 erlebte die
„Cäcilien-Messe“ von Gottfried Veit eine
denkwürdige Uraufführung in der weiträumigen
Heilig-Kreuz-Kirche von Lana. Bei
dieser erstmaligen Darbietung wirkten nicht
weniger als fünf Chöre, ein Kantor, die Bürgerkapelle
Lana sowie das Kirchenvolk von
Lana mit. Die Gesamtleitung lag dabei in
den bewährten Händen von Martin Knoll.
Leider gab es von dieser Messkomposition
coronabedingt bis heute keine weitere
Aufführung mehr.
Diese mit elf Messteilen breit angelegte sakrale
Komposition ist in mehrerlei Hinsicht
eine „Plenarmesse“: zum einen deckt sie
sowohl die Ordinariums- als auch die Propriumsgesänge
ab und zum anderen vereint
sie besetzungsmäßig alle musikalischen
Kräfte einer Dorfgemeinschaft. Sie stellt somit
im wahrsten Sinne des Wortes eine „Gemeinschaftsmesse“
dar. Stilistisch ist diese
neue „Cäcilien-Messe“ zwar streng tonal gehalten,
weist aber mit ihrer etwas neueren
Tonsprache ebenso auch in die Zukunft.
Natürlich können davon auch nur einzelne
Teile, die allesamt eine unüberhörbare Geschlossenheit
aufweisen, aufgeführt werden.
Der Schwierigkeitsgrad der vier Chorstimmen
bewegt sich bewusst in relativ engen
Grenzen. Auch die Instrumentation des Blasorchesters
ist so angelegt, dass sämtliche
Solo-Stellen von sogenannten „Mangelinstrumenten“
in adäquaten anderen Instrumentalstimmen
als Stichnoten aufscheinen. Für
Darbietungen in kleinerer Besetzung kann
das Blasorchester zudem durch eine Kirchenorgel
ersetzt werden.
Die ansprechend und übersichtlich gestaltete
Notenausgabe besteht aus einer Gesamtpartitur,
einer Chorpartitur, Instrumentalstimmen
für großes Blasorchester, einer
Orgelstimme sowie einer Singstimme für
den Gemeindegesang.
Ferruccio Delle Cave
Die „Cäcilien-Messe“ von Gottfried Veit ist
eine Gemeinschaftsmesse, die viel Raum
für aktive Beteiligung bietet.
Erschienen im Tirol Musikverlag
noten@tyrolis.com
Meilstrasse 36, A-6170-Zirl
Tel.: 0043(0)5238/515
Young Stars
„Die kleine Orchesterschule“ von Willibald Tatzer
Sieht man einmal von der Corona-Pandemie
ab, so kann man sagen: Noch nie
haben so viele Kinder und Jugendliche
ein Blas- oder Schlaginstrument erlernt
wie heute. Sowohl im Einzel- als auch im
Gruppenunterricht können derzeit junge
Leute ein beachtliches musikalisches Niveau
erreichen. Neben dieser begrüßenswerten
Aus- und Weiterbildung mangelt es
mancherorts jedoch an der ebenso wichtigen
Pflege des Zusammenspiels. Gerade
die Fähigkeiten im Ensemblespiel sind vor
allem beim Eintritt in eine Musikkapelle
von großer Bedeutung.
Um diesem Manko entgegenzutreten, verfasste
der niederösterreichische Komponist
und Verleger Willibald Tatzer mehrere
einfache Musikstücke in ebenso
einfachen Ton- wie Taktarten und instrumentierte
diese für eine kleine Bläserbesetzung,
in der alle gebräuchlichen Instrumente
eines Blasorchesters vorkommen.
Das Positive dieser Veröffentlichung ist
zweifelsohne die Tatsache, dass alle Instrumente
in einem geringen Tonumfang
und mit einfacher Rhythmik musizieren,
eben nach dem Motto einer "kleinen Orchesterschule".Unter
den ausgewählten
Spielstücken befinden sich zum einen
bekannte Weisen, wie zum Beispiel
„Hänschen klein“ oder „Guten Abend,
gute Nacht“, zum andern zeitnahe Musiknummern
wie „Haki Paki Monster“ oder
„Hipp Hopp Rock“, die der Autor selbst
beigesteuert hat.
Nachdem das Musizieren im deutschen
Sprachgebrauch mit „Spielen“ bezeichnet
wird, können Kinder und Jugendliche
mit dieser Musiksammlung sozusagen
„spielend“ ins „Orchesterspiel“
eingeführt werden.
Gottfried Veit
KulturFenster
26 01/Februar 2022
kurz notiert
kurz notiert –
das neue „Musikpanorama“
… für Nachrichten aus den Musikkapellen
Wenn wieder Proben, Auftritte und
Veranstaltungen von Musikkapellen
möglich sind, laden wir auch wieder
ein, uns Berichte davon zukommen
zu lassen. Im Zuge der Neugestaltung
des „KulturFensters“ ist die
ehemalige Rubrik „Musikpanorama“
in „kurz notiert“ unbenannt worden;
sie soll aber weiterhin als Plattform für
die Berichterstattung aus den Musikkapellen
und damit zu einem regen
Erfahrungsaustausch genutzt werden.
Damit aber alle Artikel Platz fi nden
können, ist es notwendig, dass die jeweiligen
Texte nicht mehr als 1.500
Zeichen (inkl. Leerzeichen) umfassen.
Die Berichterstatter*innen der Musikkapellen
sind gebeten, diese Vorgabe
einzuhalten. Ein aussagekräftiges und
vor allem drucktaugliches Foto – in
entsprechend guter Auflösung und mit
Bildtext – ist ebenfalls immer sehr willkommen.
Bitte auch immer den Redaktionsschluss
beachten!
Wir freuen uns auf viele „kurz notierte“
Meldungen!
Die Redaktion
Musikkapelle Luttach. Projekt Klangspuren
Mit neuen Ideen und Konzepten durch das Krisenjahr 2021
Nichts tun und abwarten war für 60 eifrige
Musikant*innen der Musikkapelle Luttach
auch in Zeiten der Pandemie nie eine Option.
Deshalb galt es, neue Konzepte und
innovative Lösungen für Proben und Auftritte
zu entwickeln. Alle Ideen und Überlegungen
wurden schließlich im Projekt
„Klangspuren“ kombiniert: 6 Ensembles,
12 Stücke, professionelle Ton- und Videoaufnahmen.
Kapellmeister Patrick Künig hat ein umfang-
und abwechslungsreiches Programm
zusammengestellt. Die Bandbreite reichte
von besinnlichen Weisen über stimmungsvolle
Polkas bis hin zu moderner zeitgenössischer
Literatur. Das Probelokal wurde
in ein Tonstudio verwandelt, wo in Zusammenarbeit
mit dem "Newport Studio" aus
St. Lorenzen die Tonaufnahmen entstanden.
Im darauffolgenden Monat fanden
an zwei Drehtagen die Filmaufnahmen
statt, geleitet vom Team von Daniel Demichiel
aus Bruneck. Orte, Hotels sowie Sehenswürdigkeiten
in Luttach und im gesamten
Ahrntal wurden dafür in Szene
gesetzt. Ende August wurden die Stücke
unserem Publikum im Rahmen eines Ensemblekonzertes
in Luttach vorgestellt. Im
Herbst hielten wir dann die fertige CD und
die Videos in Händen; diese gingen nach
und nach auf unserer Homepage und in
den sozialen Medien online.
Zurückblickend können wir mit Stolz behaupten,
dass das Projekt ein voller Erfolg
war. Wir haben vielerlei neue Erfahrungen
gesammelt und viel gelernt, in musikalischer
wie auch organisatorischer Hinsicht.
Das Krisenjahr 2021 hat uns gezeigt, dass
es sich lohnt, neue Wege einzuschlagen,
um so die Motivation und Freude unserer
Musikant*innen am Musizieren weiter zu
fördern und unserem Publikum neue Facetten
der Blasmusik nahezubringen.
Musikkapelle Luttach
Mit Unterstützung der Gemeindeverwaltung und des Tourismusvereins Ahrntal sowie des
Bildungsausschusses von Luttach konnte die Musikkapelle Luttach ein innovatives Projekt
umsetzen – im Bild eine Gruppe bei Filmaufnahmen.
KulturFenster
27 01/Februar 2022
Beim Cäcilienkonzert der Musikkapelle
Auer am vergangenen 13. November wurde
die Gelegenheit genutzt, um neue Mitglieder
offiziell in die Musikkapelle aufzunehmen
sowie einem Mitglied die ihm zugedachte
Ehrung zu überreichen.
Dem ehemaligen Obmann der Musikkapelle
Auer, Manfred Abram, wurde aufgrund
seiner 12-jährigen Tätigkeit als
Obmann (2008 bis 2020) das Verdienstzeichen
in Silber des Verbandes Südtiroler
Musikkapellen verliehen. Insgesamt
war Manfred 26 Jahre im Ausschuss der
Musikkapelle Auer tätig. Bezirksobmann
Stefan Sinn sowie Kapellmeister Arnold
Leimgruber und Obmann, Thomas Rech
gratulierten dem Geehrten herzlich und
dankten ihm für sein verdienstvolles Engagement.
Außerdem freute sich die Musikkapelle,
imRahmen des Konzertes acht Neuzugänge
begrüßen zu können. Sonja Pircher
an der Trompete und Anna Sofia
Franceschini an der Oboe sind beide bereits
seit 2020 bei der Musikkapelle. Sie
wurden jedoch erst beim diesjährigen Cäcilienkonzert
offiziell begrüßt. Neu dazukurz
notiert
hinausgeblickt
Musik in kleinen Gruppen
13. Landesmusikwettbewerb
in Auer – neuer Termin
https://vsm.bz.it
14.05.2022
Neuzugänge und eine Ehrung
bei der Musikkapelle Auer
Großer Dank an Manfred Abram für langjährigen Einsatz
Die Neuzugänge bei der MK Auer: (v. l.) Paul Oberrauch, Emma Kröss, Lena Nones, Noemi Falser, Emma Stenico, Philipp Heinz,
Martin Lintner
Foto: Peter Simonini
gekommen in diesem Jahr sind: Martin
Lintner und Paul Oberrauch (Trompete),
Emma Kröss (Klarinette), Emma Stenico,
Noemi Falser und Philipp Heinz (Saxo-
phon), Lena Nones (Marketenderin). Die
Musikkapelle wünscht allen viel Freude
beim Musizieren.
Jasmine Oberrauch
Ehrung bei der MK Auer: (v. l.) Bezirksobmann Stefan Sinn, die Marketenderinnen Lena
Nones und Claudia Lantschner, Kapellmeister Arnold Leimgruber, der ehemalige Obmann
Manfred Abram, Obmann Thomas Rech (Foto: Peter Simonini).
KulturFenster
28 01/Februar 2022
Blasmusik
Cäcilienfeier der Musikkapelle Welschnofen
Ein Aperitif als Rahmen für die Ehrung verdienter Musikant*innen
Bei der Cäcilienfeier der MK Welschnofen: (v. l.) Ehrenmitglied Ferdinand Kohler, Obmann
Jörg Seehauser, Philipp Pardeller, Johanna Haas, Johann Haas, Mirijam Kohler, Dietmar
Pardeller und Kapellmeister Karl Stuppner.
Am 21. November 2021 feierte die Musikkapelle
Welschnofen den traditionellen
Cäciliensonntag. Nach einem Jahr Pause
konnte diesmal die Feier unter Einhaltung
der geltenden Coronamaßnahmen
durchgeführt werden. Die Ehrungen einiger
verdienter Mitglieder erfolgten bei
einem Aperitif im Pausenhof der Grundschule
Welschnofen.
Neben den Musikant*innen mit deren
Ehepartnern, Marketenderinnen, Altmusikanten,
Ehrenmitgliedern und Patinnen
waren auch Bürgermeister Markus
Dejori, sowie Richard Dejori als Vertreter
der Raiffeisenkasse Schlern-Rosengarten
anwesend.
Der festliche Anlass wurde durch die feierlichen
Eröffnungsklänge der Klarinettengruppe
eingeleitet. Anschließend begrüßte
Obmann Jörg Seehauser alle Anwesenden.
Höhepunkt der Cäcilienfeier waren die Ehrungen,
die von Ehrenmitglied Ferdinand
Kohler durchgeführt wurden. An Philipp
Pardeller und Johanna Haas wurde das
VSM-Ehrenzeichen in Bronze für ihre
15-jährige Mitgliedschaft im Verein verliehen.
Für ihre 25-jährige Mitgliedschaft
erhielten Mirjam Kohler und Dietmar Pardeller
das Ehrenzeichen in Silber. Johann
Haas wurde das Große Ehrenzeichen in
Gold für seine 50-jährige Mitgliedschaft
verliehen. Mit großem Applaus und den
Klängen der „Schrammel“ aus den Reihen
der „Böhmischen“ ließ man zum Geehrten
hochleben.
David Knollseisen
Am 30. November 2021 feierte Josef Oberschmied
seinen 80. Geburtstag. Dazu gratulierte
ihm seine Musikkapelle Reischach
mit einem Geburtstagsständchen und einer
schlichten Feier im „Haus am Anger“.
Josef Oberschmied trat am Josefitag des
Jahres 1955 als 14-jähriger Klarinettist in
die Musikkapelle Reischach ein, wo er immer
noch die 1. Klarinette spielt. Schnell
machte sich Josef Oberschmied als Musikant
und später als Kapellmeister auch weit
über Reischach hinaus einen Namen. 1973
begann er seine Tätigkeit als Kapellmeister
in St. Georgen. 1982 trat er in Reischach
die Nachfolge von Alois Regensberger an
und übernahm das Amt des Kapellmeisters
der Musikkapelle Reischach, das
Zum 80. Geburtstag von
Josef Oberschmied
Die Musikkapelle Reischach gratuliert
ihrem Ehrenkapellmeister
er 27 Jahre lang (1982-1987 und 1991-
2012) ausübte. Neben seiner Tätigkeit in
Reischach leitete er auch über einen längeren
Zeitraum – und teilweise parallel –
die Bürgerkapelle Bruneck und die Musikkapelle
Percha.
Ein ganz besonderes Anliegen war
ihm stets die Jugendarbeit. Unzählige
Jungmusikant*innen fanden in Josef Oberschmied
ihren Lehrer, der sie förderte, motivierte
und in der Ausbildung begleitete.
Seine Tätigkeit als Instrumentallehrer an der
Musikschule Bruneck wird noch heute als
„kleine Revolution“ bezeichnet. Er brachte
nämlich den Aufbau der Holzblasregister in
den Pusterer Kapellen in Gang und trieb ihn
voran. Von 1968 bis 2001 war Josef Oberschmied
in mehreren Funktionen im VSM
Bezirk Bruneck tätig, unter anderem auch
als Bezirkskapellmeister.
Im Jahr 2009 wurde Josef Oberschmied in
der Innsbrucker Hofburg die Verdienstmedaille
des Landes Tirol für besondere Leistungen
im Bereich der Blasmusik verliehen.
2018 wurde er mit dem Verdienstkreuz in
Gold des Verbandes Südtiroler Musikkapellen
ausgezeichnet.
Florian Lahner
Geburtstagsgratulation für den Ehrenkapellmeister:
Kapellmeister und VSM-VerbandsobmannPepi
Fauster, Josef Oberschmied,
Musikobmann Florian Lahner (v. l.)
KulturFenster
29 01/Februar 2022
Für Jugendliche muss
es auf jeden Fall
erstrebenswert sein,
im Chor oder in einem
Ensemble zu singen.
Es soll das Gefühl bei
den jungen Menschen
entstehen, mit ihren
Fähigkeiten gebraucht
zu sein.
KulturFenster 30
01/Februar 2022
hinausgeblickt
Wo sind die singenden Buben?
Schicksal oder ein Auftrag für die Chorleitung
Seit einigen Jahren ist es in Salzburg wieder
selbstverständlich, dass zahlreiche Jugendliche,
vermehrt auch junge Männer, in
Chören singen. Wie ist es möglich, dass
hier der Trend des Chorwesens durchbrochen
wird? Ist hier die Zeit stehen geblieben
oder ist Salzburg seiner Zeit voraus?
Was steckt dahinter – Zufall oder von langer
Hand geplante und strukturierte pädagogische
Arbeit?
Für Jugendliche muss es auf jeden Fall erstrebenswert
sein, im Chor oder in einem
Ensemble zu singen. Es soll das Gefühl bei
den jungen Menschen entstehen, mit ihren
Fähigkeiten gebraucht zu sein.
Das Interesse eines Jugendlichen am Chorgesang
spannt sich zwischen einem sogenannten
Motivationsquadrat: das Interesse
an der Musik und die Literaturauswahl,
Formen der Präsentation, gesellschaftliche
Faktoren und musikfremde Eindrücke.
Die geschickte Literaturauswahl ist die
"halbe Miete", aber auch nicht mehr. Nicht
zu selten überschätzen Chorleiter*innen
bei Jugendlichen das allumfassende Interesse
an Musik. Zwar konsumieren viele
Jugendliche tagtäglich stundenlang Musik,
das heißt aber meist nicht, dass Carl Orff
oder Renaissancemusik über das Handy
wiedergegeben werden. Wie kann ich also
Jugendliche von der groovigen Pop-Nummer
auch zum Beispiel zu Mozarts Requiem
begleiten, ohne hier wertend zu sein.
Es sind dabei also weitere Motivationsfaktoren
zu beachten, und plötzlich
singt eine Schülergruppe im
Linienbus lautstark das Dies Irae.
Was verbirgt sich nun hinter den
anderen Ecken des Motivationsquadrats?
Formen der Präsentation sind im ersten
Moment nicht immer positiv besetzt. Doch
jeder Musiker lebt bekanntlich auch vom
Applaus, von der Rückmeldung des Publikums,
der Freunde oder der Familie. "Gehen
wir hinaus und zeigen, was wir können."
Interessante Spielstätten, Konzerte
und Konzertreihen mit Medieninteresse,
Der SCV bietet auch Singwochen speziell für Jungs an.
originelle Projekte und nicht zuletzt eine
gute PR-Arbeit sind daher unerlässlich.
Gesellschaftliche Faktoren beziehen sich
auf alle Formen von chorübergreifenden
Projekten, Konzertreisen und alle weiteren
Aktivitäten, die das gewohnte
Chorumfeld verlassen.
Zur Person
Über den Tellerrand hinausblicken, heißt
bei chorübergreifenden Projekten, sich
auch in die Karten blicken zu lassen, die
Qualitäten des eigenen Chores und der
anderen Chorleiter*innen erkennen zu
lassen und einen Vergleich in der Chorarbeit
zuzulassen. Auch sämtliche weitere
gemeinschaftliche Erlebnisse außerhalb
Moritz Guttmann unterrichtet Musik, Chor und Vokalensemble
am Erzbischöflichen Privatgymnasium Borromäum
und an der privaten Bildungsanstalt für Elementarpädagogik
(BAfEP) in Salzburg. Außerdem lehrt er Didaktik des vokalen Musizierens,
Stimmbildung, Jugendchorpraktikum und Literatur für Kinder- und
Jugendchor an der Universität Mozarteum und an der Pädagogischen Hochschule
Salzburg. Er leitet zahlreiche Chöre und Ensembles in Salzburg.
2010 wurde er mit dem Erwin-Ortner-Preis für Chorleitung ausgezeichnet.
Moritz Guttmann ist Referent bei diversen Chorleiterseminaren und Juror
bei Chorwettbewerben.
31
KulturFenster 01/Februar 2022
hinausgeblickt
Die Chorleitung darf gerade bei Buben nicht vergessen, dass auch die männliche Identitätsfindung mitberücksichtigt werden muss –
im Bild der Salzburger Chor "Vok Schock".
der Probenarbeit fallen unter diesen Motivationsbereich.
Musikfremde Eindrücke beziehen sich auf
Aktivitäten und besondere Sehenswürdigkeiten
auf Ausflugsfahrten oder den Eindruck
eines besonderen Aufführungsorts.
Fehlt die Spannung an einer dieser Ecken,
werden dies andere Bereiche kompensieren
müssen, was nicht immer möglich
sein wird und der Chor läuft Gefahr, Motivationskraft
und in der Folge Mitglieder
zu verlieren.
Folgende grundlegende Gedanken sind
für das Singen mit Knaben und jungen
Männern wichtig:
Identitätsfindung und Rollenbild
Der singende Knabe und junge Mann
braucht im nicht als besonders männlich
besetzten Feld des Chorsingens eine besondere
Rolle. Es hat auch im weitesten
Sinne etwas mit Prestige zu tun. Was denken
meine Freunde über mich als Chorsänger?
Das reicht von Belächeln bis Bewunderung
mit allen Abstufungen, die
dazwischen liegen. Die Chorpädagog*innen
müssen ich diese Facette im Auge behalten
und diese Prozesse der Peergroup
(Gruppe von etwa gleichaltrigen Kindern
oder Jugendlichen mit gleichen oder ähnlichen
Interessen, die als primäre soziale
Bezugsgruppe neben das Elternhaus tritt)
regelrecht mitplanen.
Berührpunkt Singen
Ein jahrelang gehegter Wunsch aller
Chorpädagog*innen ist das tägliche Singen
in der Schule. Singen ist nicht nur einer
kleinen, talentierten Schar von „Sonderlingen“
vorbehalten, sondern ist das einzige
Instrument, das alle in sich tragen. Der
Schritt von der Rezeption zur Produktion,
vom passiven Erleben zum aktiven Musizieren
steht im Mittelpunkt. Dies ist übrigens
für das gesamte Chorwesen von großer
Bedeutung. Die Grundlage für die Freude
am Singen ist mittlerweile die Schule, früher
war es meist die Familie.
Rückzugsbereiche und individuelle Förderung
Die Koedukation, d.h. die gemeinsame
Bildung und Erziehung von Mädchen und
Jungen, hat im musischen Bereich nur bedingt
einen Platz. Für das Singen sollte die
Schule oder der Chor einen musikalischen
Rückzugsbereich für Burschen bieten,
eventuell in Form von getrennten Chorproben,
getrenntem Einsingen und stellenweise
getrenntem Chorprogramm. Vor
allem die Zeit des Stimmwechsels kann
mit diesen Rückzugsbereichen gut begleitet
werden – und die jungen Männer bleiben
uns im Chor erhalten.
Vielleicht können diese Gedanken anregen,
neue Wege im Chorgesang zu gehen, standortbezogene
Strategien zu entwickeln und
sich vor allem vom unentwegten Lamentieren
über die ach so bedauerliche Situation in
Bildung und Gesellschaft zu verabschieden.
Moritz Gutmann
KulturFenster 32
01/Februar 2022
SCV-Intern
Chorwesen
„Ich freue mich auf eine
spannende Zeit!“
Südtiroler Chorverband hat neue Mitarbeiterin
Seit Dezember hat die Geschäftsstelle des
Südtiroler Chorverbands eine neue Mitarbeiterin:
Monika Mair.
Jahrgang 1974 und in Bozen aufgewachsen
zog sie 1994 zum Studieren nach Innsbruck,
wo sie nach ihrem Abschluss einige
Jahre gelebt und gearbeitet hat. 2004
kehrte sie mit ihrem späteren Mann nach
Bozen zurück. Seit einigen Jahren leben
sie mit ihren zwei Töchtern in Mölten. Ihr
Wunsch, sich beruflich neu zu orientieren,
hat sie zum Chorverband geführt.
KulturFenster: Wo liegt Ihr Aufgabenbereich?
Monika Mair: Im Moment unterstütze ich
Helga Huber, die langjährige gute Seele
der Geschäftsstelle in Bozen, bei den Tätigkeiten
im Büroalltag. Ich versuche so
schnell und so viel wie möglich von ihr zu
lernen, um auf längere Sicht ihren Platz
einnehmen zu können. Helga wird in den
wohlverdienten Ruhestand wechseln. Bis
dahin kann ich von ihrem großen Erfahrungsschatz
profitieren und mich einarbeiten.
Es geht darum, die allgemeinen
Büroarbeiten auszuführen, Obmann
Erich Deltedesco und die Mitglieder der
Verbandsgremien sowie Geschäftsführer
Dietmar Thanei in ihrer Arbeit zu unterstützen,
organisatorische Aufgaben bei
den Fortbildungsangeboten und den Verbandstätigkeiten
zu erledigen und Auskünfte
und Hilfestellung bei Fragen der
Mitgliedschöre zu geben.
KF: Und Sie fühlen sich wohl hier beim
Chorverband?
Mair: Ich befinde mich noch ziemlich am
Anfang meiner Zeit beim SCV, aber ich
kann jetzt schon mit Gewissheit sagen,
dass ich den für mich doch sehr großen
Schritt in eine neue Tätigkeit nicht bereue.
Das Team hat mich herzlich aufgenommen,
es ist eine Freude, mit netten Kollegen
zu arbeiten und täglich Neues zu
lernen. Helga ist eine überaus geduldige
Lehrmeisterin und es macht Spaß, jeden
Tag vielfältige Arbeiten zu erledigen. Es gibt
verwaltungstechnische Aufgaben ebenso
wie organisatorische, aber ich kann mich
auch kreativ einbringen und lerne jeden
Tag neue Menschen aus dem weiten Bereich
der Chormusik kennen – dies aufgrund
der momentanen Lage leider noch
meistens telefonisch, aber früher oder
später werde ich sicher auch mal die Gesichter
zu den Stimmen zu sehen bekommen.
Auf alle Fälle freue ich mich auf eine
spannende Zeit.
KF: Haben Sie auch einen persönlichen Bezug
zu Chorgesang und Musik?
Mair: Chorsingen ist mein großes Hobby.
Ich war in meiner Jugend Mitglied einer Jugendband
in unserer Pfarrgemeinde in Bozen
und über zehn Jahre lang beim „Chor
der deutschen Pfarrgemeinde J. Bosco”
(heute „Maria in der Au”), auch während
eines Großteils meines Studiums in Innsbruck.
Schließlich ließ sich das Chorsin-
gen in einem Verein nicht mehr mit meinen
Lebensumständen vereinen und so
musste ich vorläufig pausieren. Doch die
Musik blieb immer ein wichtiger Teil meines
Lebens. Viele liebe Menschen in meiner
Familie sind talentierte Sänger und Musiker,
sodass Musik und Gesang
immer präsent waren
und nach wie vor
sind. Seit 2017 lebe
ich mit meiner Familie
in Mölten. Dort bin
ich natürlich gleich als
erstes in den Kirchenchor
eingetreten.
Interview: Paul
Bertagnolli
Monika Mair, die neue Mitarbeiterin
in der Geschäftsstelle des Südtiroler
Chorverbands. © Athesia/ Martina Jaider
Aus der Redaktion
Ihre Beiträge (Texte und Bilder) für das Chorwesen
senden Sie bitte an: info@scv.bz.it (Südtiroler Chorverband)
Für etwaige Vorschläge und Fragen erreichen Sie uns unter
folgender Nummer: +39 0471 971 833 (SCV)
Redaktionsschluss für
die nächste Ausgabe des
„KulturFensters“ ist:
Freitag, 11. März 2022
33
KulturFenster 01/Februar 2022
Jung+
Stimmgewaltig
Kinder- und Jugendchor Vahrn
Name:
Kinder- und Jugendchor Vahrn
Gründungsjahr: 2020
Mitglieder:
aktuell 11 Kinder (8 Mädchen, 3 Buben)
im Alter von 8 bis 12 Jahren
Unser Motto lautet:
Komm, sing mit!
Wer sind wir, was macht uns aus? Was ist
unsere Motivation?
Der Kinder- und Jugendchor Vahrn ist ein
„Gewächs“ des Vahrner Kirchenchors. Unser
Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen
aus dem Dorf und der Gemeinde das Singen
und Musizieren näher zu bringen. Die
Kinder sollen das schönste Instrument,
die menschliche Stimme, hautnah erleben
dürfen. Uns motiviert auch die Notwendigkeit,
Kinder und Jugendliche in
einer immer technischer und digitaler werdenden
Welt in ihrer ganzheitlichen Entwicklung
unterstützen. Dabei kommt der
musischen Herzensbildung eine wichtige
Rolle zu. Musik selbst zu erleben und zu
gestalten, ist eine gute Investition in die
Zukunft unserer Jugend, die dadurch die
Möglichkeit erhält, das eigene Können
weiterzutragen.
Wie kam es zur Gründung?
Dem Vorstand des Vahrner Kirchenchors
war es schon seit längerer Zeit ein Anliegen,
Kinder und Jugendliche fürs Singen zu
begeistern. Treibende Kraft war dabei Michl
Baur, damals Obmann des Kirchenchors.
Nachdem er Rudi Chizzali als Chorleiter und
Pius Leitner als „Paten“ gewonnen hatte,
erfolgte im Februar 2020 die Gründung.
Der unmittelbar darauf folgende Ausbruch
der Corona-Epidemie und die einschränkenden
Maßnahmen konnten den Enthusiasmus
nicht bremsen, auch wenn die
Tätigkeit nur eingeschränkt möglich war.
Rudi Chizzali schafft es hervorragend, auf
spielerische und einfühlsame Weise, die
KulturFenster
34 01 Februar 2022
Kinder zu begeistern und ihnen den Umgang
mit der eigenen Stimme zu vermitteln.
Welches waren unsere bisherigen
Höhepunkte?
Trotz der widrigen Umstände unmittelbar
nach der Gründung konnte der Kinderund
Jugendchor am Ende des Schuljahres
mit einem Abschlusskonzert glänzen und
die Dorfbevölkerung erfreuen und begeistern.
Im laufenden Schuljahr wirkte er
bei der Gestaltung des Martinsumzugs
und der Kinderchristmette mit.
Was sind unsere Pläne für die Zukunft?
Wenn es die Umstände erlauben, wird
der Kinder- und Jugendchor im Fasching
auftreten und wieder ein Abschlusskonzert
zum Schulende geben, vielleicht in
Form eines Musicals.
Grundsätzlich möchten wir noch mehr
Kinder und Jugendliche fürs Singen und
Musizieren begeistern, sie in ihrer ganzheitlichen
Entwicklung unterstützen und
ihnen die Möglichkeit bieten, die Freizeit
sinnvoll zu gestalten.
Dazu meint Chorleiter Chizzali: „Singen
gehört zum Wesen des Menschen. So wie
das Kind reden lernt, muss es auch singen
lernen, um das Glück, die Gesundheit,
den Reichtum, die Freuden des Lebens
auszuschöpfen.
Wir gehen zusammen
den Weg zur Freude an
der Stimme, wie schön
es ist zu singen.“
Bei uns sind alle Kinder
aus dem Gemeindegebiet
ab der 3. Klasse
Grundschule bis zur 2.
Klasse Mittelschule herzlich
willkommen. Während des Schuljahres
bieten wir wöchentlich eine Stunde
Musikerziehung im Probelokal des Kirchenchors
an.
Wer kann bei uns mitmachen?
Wie kann man bei
uns mitmachen?
Chorleiter
Rudi
Chizzali
Wir suchen EUCH und eure Geschichten!
Ihr seid „jung“ und „stimmgewaltig“?
Ihr seid ein Kinderchor, ein Jugendchor, ein junges Ensemble oder
eine junge Singgruppe? … dann würden wir euch gerne unseren
Leser*innen vorstellen und zeigen, dass es euch gibt.
Wir berichten auch gerne laufend
über eure Konzerte, Projekte und
Aktivitäten.
Schreibt uns einfach eine Mail an
info@scv.bz.it
Wir freuen uns schon, eure
Geschichten zu teilen!
KulturFenster
35 01 Februar 2022
entdeckt
Im Leb'n
Hochzeitslied/Volkslied für gemischten Chor
Dieses Hochzeits-/Volkslied vom österreichischen
Komponisten Helmut Pertl
ist im vergangenen Sommer entstanden.
„Mein musikalischer Bereich liegt
zwar eher in der Blasmusik, aber durch
einige Jahre Chormitgliedschaft konnte
ich auch in dieser Sparte so manche Arrangements
und Lieder verfassen“, erklärt
er: „In der Hoffnung, dass wir alle
bald wieder befreit singen und musizieren
können, wünsche ich dabei viel Freude
mit meinem Lied“.
Die vollständige 4-stimmige Partitur
(SATB) ist kostenlos für Chöre zur Probe
bzw. Aufführung beim Südtiroler Chorverband
verfügbar.
Bei Interesse wird sie gerne per E-Mail
zugeschickt.
Sopran
q = 86
1.Un's
2.Au
re
f'n
3.Wonn de
Im Leb'n
Hochzeitslied/Volkslied für gemischten Chor
Her - zen geh'n
Weg kimp oft
Zeit
a
längst
ge - mein-sam
wos
on - ders,
va - gon - ga,
durch des
ois
ma
uns' re
Leb'n
glab
Kin
Helmut Pertl
des uns ge -
und vi - re -
- der ö - ter
Pertl Helmut
geboren 1969 in Tamsweg
im Lungau, Salzburg.
Er gehörte 1989
bis 1990 der Militärmusik
Salzburg an und absolvierte
1998 bis 2001
das Lehramtsstudium in
Salzburg. Am Johann-
Joseph-Fux-Konservatorium
in Graz studierte
er Blasmusikkomposition
und Direktion bei
Franz Cibulka und Armin
Suppan.
5
9
14
geb'n.
plant.
wer'n.
wor.
Berg.
Leb'n.
Gen -gan
Schritt für Schritt
noch
O - ba moch da koa - ne Sor - g'n,
Gra - e Hoor und a poor Foi - tn,
Wei im Hiaz is
Glei nit auf-geb'n
und
O
Donk-
schea
bun - den
- ba
Donk -schea
sogn
sogn
bis
stringendo . . . . .
oas
in
in
zan
is
un - ser Le - b'n,
ver - zo - g'n,
oh - ne Zwei-fel,
Herr - gott,
Herr-
gott,
Gor - wer'n,
dass
er
dass er
oh - ne
vi
- re, oh - ne
un - ser
zoagn de
soi ma glück-lich
sei
is's
a Liacht des uns
dass ma uns
un -ser'n
Weg
di
is
hoib
no
un -ser'n Weg losst
hin - ter-z'schau'n
wos
Liab'
Johr
va - setzt an
in
be gleit'.
un
im - mer meg'n.
losst geah.
so
-
sern
und z'fried'n. Der -fn
1.2.
geah.
Der fn
San ver
2.Au - f'n
3.Wonn de
3.
18
summen bis *
* singen
schea. m m m m m m m m m m m m m m m San ver-
23
bun
rit.
- den bis zan Gor - wer'n, oh - ne di is hoib so schea.
KulturFenster 36
01/Februar 2022
kurz notiert
Mehr als ein halbes
Jahrhundert für die
Musik in Nals
Musikpionier Josef Egger
Josef Egger
(zweiter von
rechts) wurde
für seine langjährige
Einsatz
für die Musik in
Nals geehrt.
Vorsitzende des Südtiroler Chorverbandes,
und Heinrich Walder, der Vorsitzende des
Verbandes der Kirchenmusik: „Ich weiß,
mit welchem Verständnis und mit welchem
Fachwissen, aber auch mit welchem theologischen
und liturgischen Wissen du an die
Sache herangehst“, sagte Walder in seiner
Laudatio. „Du hast die Tradition gepflegt,
aber dich auch in musikalisches Neuland
gewagt.“ Seinem Dank stellte er voran: „Du
bist eine Institution geworden im Dorf, aber
auch ein Vorbild und Beispiel für alle Chorleiter
in unserem Land. Durch deine Arbeit
mit dem Chor hast du vielen eine Heimat
gegeben, hast die Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit
gefördert und hast viele
vielleicht auch zum Glauben herangeführt.
Du hast einen unschätzbaren Beitrag geleistet
in und für die Kirche, aber auch für
das kulturelle Vereinsleben des Dorfes und
unseres Landes.“
60 Jahre als Musikant
und Kapellmeister
Am Cäciliensonntag haben Kirchenchor und
Bürgerkapelle Nals einen ganz besonderen
Musiker in ihren Reihen ehren können: Josef
Egger leitet seit 50 Jahren den Kirchenchor,
spielt die Orgel und ist eine wichtige Stütze
der Pfarrgemeinde in Nals. Seit 60 Jahren
ist er außerdem Musikant der Bürgerkapelle.
Mit großem Wissen und menschlichem Feingefühl
hat er sein Dorf über Jahrzehnte zum
Klingen gebracht – und tut es auch weiterhin
mit unvermindertem Engagement.
Josef Egger gehört zu jenen Südtiroler Musikpionieren,
deren positiven Einfluss auf
die kulturelle Entwicklung des Landes man
nicht hoch genug schätzen kann. Für viele
Nalser ist „der Seppl“ ein Fixpunkt und bereichert
das Leben in seiner Gemeinde und
darüber hinaus.
„Schon als Ministrant war Seppl fasziniert
vom Chorgesang. Mit den Worten 'Moch du's
weiter' übergab ihm der frühere Chorleiter
Sepp Tarfußer im Jahr 1970 den Taktstock“,
erzählt die Obfrau des Kirchenchores, Marvi
Habicher: „Seppl war der erste Absolvent
des neu geschaffenen Studiengangs der Kirchenmusik
am Bozner Konservatorium bei
Professor Herbert Paulmichl.“
Seine Begeisterung hat Seppl an viele junge
Menschen weitergegeben. „Seppl gehen“
hieß die Nachwuchsschulung einfach, die er
über Jahrzehnte wöchentlich im Pfarrheim
unentgeltlich anbot. Durch seinen großen
Einsatz gelang es ihm auch, das musikalische
Niveau des Dorfchores beständig zu
steigern: Wer Mitglied des Chores werden
wollte, musste bei einer Prüfung beweisen,
was er in Theorie und Praxis gelernt hatte.
„Es war ihm immer wichtig zu zeigen, dass
ein Kirchenchor kein fader Verein ist, sondern
wie lebendig Kirchenmusik ist und wie
viel Freude, Trost und Bereicherung sie uns
schenkt“, hebt die Obfrau hervor.
Tradition gepegt und
Neuland betreten
„Seppl steht auch an der Orgel immer zur
Verfügung, wenn er gebraucht wird. Ihm
ist es zu verdanken, dass unsere wunderbare
Orgel in den 1980er Jahren gründlich
erneuert wurde und daher eines der
besten Instrumente des Landes blieb“, erinnert
Habicher.
Auch in den Zeiten der Pandemie bemühte
sich Seppl, die Gottesdienste mit Orgelklang
und Kleingruppen weiterhin musikalisch zu
bereichern. „Ohne diesen großartigen, engagierten,
nimmermüden Musiker Seppl wären
wir wohl alle um einiges ärmer“, fasst
Habicher zusammen.
Als Zeichen der Wertschätzung, auch über
die Dorfgrenzen hinaus, waren anlässlich
seiner Ehrung am Cäciliensonntag 2021
die Obmänner beider Südtiroler Sängerverbände
anwesend: Erich Deltedesco, der
Bei der Cäcilienfeier wurde Josef Egger auch
von der Bürgerkapelle Nals geehrt: für 60
Jahre als Klarinettist, 25 davon als Kapellmeister
und Stabführer. Allein daran wird offenkundig,
wie groß der musikalische, aber
auch menschliche Einsatz ist, den Egger für
sein Dorf und Südtirol im Allgemeinen leistet.
„Nach seinem Militärdienst bei der renommierten
„Banda dell'esercito“ in Rom war
unser Seppl in den 1970er und 1980er
Jahren im Verband Südtiroler Musikkapellen
(VSM) tätig, zuerst als Bezirksvizejugendleiter,
später als Bezirksjugendleiter
und als Bezirkskapellmeisterstellvertreter.
Seppl unterrichtete auch viele Jahre
beim Kapellmeisterkurs des VSM und erhielt
von seinem Kollegen Peter Wesenauer
2002 als Abschiedsgeschenk eine eigene
Kantate, die „Guiseppl-Kantate“, sagte der
Obmann der Bürgerkapelle Nals, Christian
Mahlknecht. „Seppl setzte auch, als einer
der ersten Kapellmeister, auf die klassischen
Instrumente in der Besetzung der
Kapelle: die Oboe und das Fagott. Legendär
ist wohl das erste Wertungsspiel in
Feldkirch mit nur 30 Musikanten und dem
Resultat 1. Rang mit Auszeichnung.“ Das
Niveau der Kapelle stieg stetig an und die
Kapelle wuchs auch mit den Erfolgen, erinnert
der Obmann: „Seppl führte auch die
ersten Mädchen bei der Kapelle ein. Zur
damaligen Zeit noch eine Sensation.“ Im
Jahr 2000 erhielt Josef Egger für seinen
ehrenamtlichen Einsatz für Dorf und Musik
die Verdienstmedaille des Landes Tirol.
KulturFenster 37
01/Februar 2022
kurz notiert
Die Gaulsänger
Gottesdienstgestaltung in Meran
Am zweiten Sonntag nach Weihnachten,
dem Fest der Hl. Familie, wurde
in der Kapuzinerkirche von Meran ein
feierlicher Gottesdienst gehalten. Die
Messfeier zelebrierte P. Robert Prenner.
Musikalisch gestalteten die Gaulsänger
aus Lana die Messfeier - in Hirtenkleidung
und mit weihnachtlichen Weisen.
Der Andachtsjodler und das zum
Abschluss gesungene Lied "Wir wünschen
euch zum Neuen Jahr" gaben
der Festfeier eine besondere Note. Die
Die Gaulsänger Marlene Platter, Martha
Schrötter, Maria Theresia Rufinatscha,
Alfred Sagmeister, P. Robert Prenner,
Theresia Paris, Maria Sagmeister und
Maria Sulzer (v.l.)
Gaulsänger wurden 1998 in Lana gegründet,
um Theateraufführungen einen
musikalischen Rahmen zu geben.
Seither singt der Chor vor allem alpenländisches
Liedgut und Jodler, sei es
weltliche wie geistliche Werke.
Besondere Ehrungen wurden am Cäciliensonntag
2021 im Pfarrchor Lana vorgenommen.
Der Tag begann mit einem festlichen
Gottesdienst in der Hl. Kreuzkirche
mit der Aufführung der „Kleinen Messe“
von Benedikt Baldauf. Bei der weltlichen
Feier im Pfarrsaal, zu dem auch Dekan
P. Peter Unterhofer OT gekommen war,
wurden langjährige, verdiente Mitglieder
geehrt. Aufgrund der aktuellen Situation
waren alle Teilnehmer*innen mit dem
„Green Pass“ ausgestattet. Albert Ungerer
wurde für seine 50-jährige musikalische
Tätigkeit – unter anderem auch
als fl eißiger und umsichtiger Notenwart
– mit der Ehrenurkunde vom Südtiroler
Dank und Anerkennung
Ehrungen im Pfarrchor Lana
Chorverband und vom Verband der Südtiroler
Kirchenmusik ausgezeichnet und
gewürdigt. Claudia Insam erhielt die Ehrenurkunde
für 15 Jahre Singen im Chor,
zur Ehre und zum Lobpreis Gottes. Dank
und Anerkennung gab es zudem für Ingrid
Rieder Ebnicher. Sie leitet seit über 15
Jahren erfolgreich, mit viel Engagement
und Fachkönnen den Pfarrchor Lana.
Dekan P. Peter. Unterhofer OT, Claudia Insam, Albert Ungerer, Chorobmann Reinhard
Ladurner und Chorleiterin Ingrid Rieder Ebnicher (v.l.)
Cäciliensonntag mit strengen Corona-Regeln
Kirchenchor Nals
Gemeinsam feierten Kirchenchor und
Bürgerkapelle den Cäciliensonntag – unter
Einhaltung strenger Anti-Covid-Regeln
mit Green Pass und Schnelltestmöglichkeit
– bei der Festmesse und anschließend
im Vereinshaus.
Geehrt wurden neben Chorleiter
Josef Egger (siehe Seite 37) die
Sänger*innenMartin Kompatscher (40
Jahre), Martin Egger (25 Jahre), Franz
Ladurner (25 Jahre), Marvi Habicher
(15 Jahre), und die Musikanten Ulrich
Windegger (40 Jahre), Martin Huber (40
Jahre), Sara Stanger (25 Jahre), Werner
Schwarz (25 Jahre), Margit Passler (15
Jahre) und Peter Mathá (15 Jahre). Die
Ehrung für Walter Brugger (50 Jahre im
Kirchenchor) wird zu einem späteren
Zeitpunkt nachgeholt. Auch Seelsorger
Richard Sullmann, Bürgermeister Ludwig
Busetti, der Obmann des VSM-Bezirks
Meran, Andreas Augscheller, das
Ehrenmitglied des Kirchenchores, Hilda
Ebner, der Kommandant der Freiwilligen
Feuerwehr Christian Malpaga und die Direktorin
der Raiffeisenkasse Etschtal, Susanne
Huber, feierten mit.
KulturFenster 38
01/Februar 2022
Chorwesen
75 Jahre Kapuzinerchor Lana
Neue Sänger*innen sind willkommen
Coronabedingt sind im Bild nur vier der Geehrten zu sehen: (von links nach rechts) Dieter
Laner, Martha Rösch Aspmair, Annemarie Gasser Fabi und Luis Hanspeter.
Am Cäciliensonntag 2021 feierte der Kapuzinerchor
Lana sein 75-jähriges Bestandsjubiläum.
Bei der Messfeier verwies Pater
Bruno auf die ehrenamtliche Tätigkeit
des Chores und dankte für die erbauliche
Mitgestaltung der Gottesdienste. Er erinnerte
daran, dass der Chor im Jahre 1946
vom Flüchtlingspriester Anton Radanovic
als Kinderchor gegründet wurde, um die
10-Uhr-Messe aufzuwerten. Ihm zur Seite
stand Kathi Leitgeb als Organistin. Ihre Arbeit
übernahm später Franz Hanspeter bis
1988. Auf ihn folgte Paolo Valenti, der bis
heute den Chor ehrenamtlich auf der Orgel
begleitet. Seit 1978 leitet Frau Erika Pedoth-
Kerschbamer unermüdlich den Chor, und
seit 1998 fungiert Renate Häser-Kaserer als
Obfrau. Im Laufe seines 75-jähriges Bestehens
hat der Chor hauptsächlich an Feiertagen
und Jubiläen in der Kapuzinerkirche
gesungen. Die Messe im Juli am Vigiljoch,
Rorate in der St. Peter Kirche, Maiandachten
in St. Agatha, Helmsdorf und Johanneskirche
durften nicht fehlen. Gerne sang
der Chor mit dem Pfarrchor bei den Prozessionen
und Messen zu Fronleichnam,
Herz Jesu, Maria Geburt und Allerheiligen.
Er beteiligte sich auch immer an Gemeinschaftskonzerten
mit allen Chören und der
Bürgerkapelle. Das letzte Konzert war die
Aufführung der Cäcilienmesse von Gottfried
Veit. Gute Zusammenarbeit pflegt der Chor
auch mit den Bäuerinnen beim „Sträußleinbinden
für einen guten Zweck“ am Hoch-
Unser-Frauentag. Diesmal fiel die weltliche
Cäcilien- und Jubiläumsfeier coronabedingt
aus. Aber Ehrungen gab es trotzdem. Der
Dank für ihre langjährige Tätigkeit zum
Wohle der Kirchengemeinschaft ging an Annemarie
Gasser Fabi (70 Jahre), Dieter Laner
(60 Jahre), Luisl Hanspeter (35 Jahre),
Josef Margesin (35 Jahre), Christian Höller
(30 Jahre), Hans Troger (30 Jahre), Martha
Rösch Aspmair (20 Jahre) und Monika Hintner
Lösch (20 Jahre). Doch der Dank gilt
auch allen anderen Chormitgliedern für ihren
unermüdlichen Einsatz, besonders in
dieser schwierigen Coronazeit. Der Kapuzinerchor,
der sich schon sehr auf ein geregeltes
Vereinsleben freut, lädt alle Interessierten
ein, sich bei ihm zu melden und
Mitglied des Chors zu werden.
Rückblick auf ein gelungenes Adventskonzert
Singkreis Runkelstein
Für Liebhaber alpenländischer Adventsmusik
waren die Konzerte des Singkreis
Runkelstein am vergangenen 27. November
in der Franziskanerkirche in Bozen ein
Geschenk. Chorleiterin Petra Sölva hat es
verstanden, den Stimmen Zartheit, Innigkeit
und Kraft zu entlocken. Das Programm
wurde einfühlsam auf den Advent
wie „Hiatz kimmb a wunderbare Zeit“ sowie
auf die Jahreszeit „Is‘ finster draußt"
und "Still, ganz still is da Winta hiatz keman“
abgestimmt. Auch der darauf folgende
8. Dezember zum Fest Mariä Empfängnis
wurde thematisch durch mehrere
Marienlieder beleuchtet – etwa mit „Maria
ging übers Gebirge“, wobei die erste Strophe
vom Männerchor, die zweite Strophe
mit drei Solostimmen von Frauen, die dritte
Strophe vom gesamten Chor und abschließend
vom Männerchor vorgetragen wurde.
Das Quartett „Holzsound“ vom Ritten unter
der Leitung von Andreas Mair unterstrich
mit dem „Advent Boarischer“ und
anderen Melodien, wie „Es wird ein Stern
aufgehen", die Fröhlichkeit der Adventszeit.
Das Konzert wurde mit dem schlichten
Lied „ An Friedn dafragn“ und dem
Andachtsjodler würdig beendet.
Der Singkreis Runkelstein gestaltete in der Franziskanerkirche in Bozen ein besinnliches
Adventskonzert.
KulturFenster
39
01/Februar 2022
Der Begriff Heimat lässt sich weder
übersetzen noch ersetzen – Heimat ist
etwas ganz Besonderes.
KulturFenster 40
01/Februar 2022
verwurzelt
„Heimat ist eine Einladung“
Versuche einer Begriffsdefinition – Das sagt der Heimatpflegeverband
„Heimat, immer noch? – Zur Dauer und Aktualität
eines Begriffes“ – unter diesem Titel
fand im Dezember 2021 an der Freien
Universität Bozen eine Tagung statt. Die
Veranstaltung ist Anlass für den Heimatpflegeverband,
den nicht unumstrittenen
Begriff, den er in seinem Namen trägt, näher
zu beleuchten. Jeder und jede kann
und sollte sich vielleicht einmal die Frage
stellen: Was ist Heimat? Auf dieser und
den folgenden Seiten gibt es einige Inspirationen
für den ganz persönlichen Heimatbegriff.
Für den Heimatpflegeverband Südtirol
nahm Obfrau Claudia Plaikner an der Tagung
„Heimat, immer noch?“ teil. Aus ihrem
Statement – hier zusammengefasst
– geht klar hervor, was der Begriff Heimat
für den Verband bedeutet, der ihn
namentlich vertritt:
„Heimat ist ein altes Wort: Verwahr ich‘s
oder werf ich‘s fort?“, singt der deutsche
Liedermacher und Folkmusiker Tom Kannmacher.
Dass das Wort nicht weggeworfen
werden kann, ist evident: Es wird von
vielen Menschen mehr oder weniger bewusst
gebraucht. Wissenschaftler*innen,
Politiker*innen und auch Institutionen wie
die Heimatverbände zerbrechen sich den
Wie das Wetter und der Blick auf die Stadt, so ist auch der Heimatbegriff nichts Statisches,
sondern etwas Dynamisches.
Foto: IDM Südtirol/Tina Sturzenegger
Kopf über Definition von Heimat. Man
distanziert sich vom Begriff, weil ideologische
Verstrickungen damit verbunden
sind. Man entleert ihn der alten Konnotationen,
versucht, einen adäquaten neuen
Begriff an seiner statt zu fi nden.
Es gibt auch Symbole, die man unwillkürlich
mit dem Heimatbegriff verbindet.
Foto: E. Runer
Weder über- noch ersetzbar
Heimat ist ein Wort, das schwerlich in
eine andere Sprache zu übersetzen und
schwerlich mit einem adäquaten anderen
Wort zu ersetzen ist.
Wir Südtiroler Heimatpfl eger*innen stehen
ganz klar zu historischer und gesellschaftlicher
Verantwortung, zu einem dynamischen,
inkludierenden Heimatbegriff,
der auch eine durchaus selbstkritische und
dialogische Erinnerungskultur pflegt – so
wie Aleida Assmann das in ihrem Buch
„Die Wiederfindung der Nation“ als wichtigen
integrierenden Bestandteil von Demokratisierung,
Friedenssicherung und Anerkennung
der Menschenrechte definiert.
Erinnerungskultur lässt sich an den zwei
Konstanten von Ort und Zeit festmachen.
Kultur zu pflegen bedeutet laut unserem
Verständnis die Vertiefung des Wissens
über Herkunft, Geschichte, Sozial- und
Kulturformen in einem definierten Umkreis.
Sie widmet sich der wissenschaftlichen
Aufarbeitung derselben und ver-
KulturFenster 41
01/Februar 2022
verwurzelt
Heimatpflege – Pflege der Heimat: Der Schutz und die behutsame sowie verantwortungsbewusste Weiterentwicklung von Natur- und
Kulturlandschaft gehören dazu.
Foto: IDM Südtirol/Dietmar Denger
sucht, daraus Handlungsräume für die
aktuellen Themen und Herausforderungen
zu entwickeln.
Nicht statisch,
sondern dynamisch
Heimat ist nichts Statisches, sondern immer
etwas Prozessuales, Dynamisches.
Der Mensch schafft Heimat als Wahrnehmender
und Agierender, und durch
„
Heimat ist ein Wort, das schwerlich
in eine andere Sprache zu übersetzen
und schwerlich mit einem adä-
„
quaten anderen Wort zu ersetzen ist.
Claudia Plaikner
die Ermöglichung von Partizipation entsteht
Transformation. „Heimat entsteht
aus emotionalen Bindungen und sozialer
Vernetzung in einem persönlichen Handlungs-
und Verantwortungsraum“. Diese
Definition von Heimatverständnis, wie sie
der BHU in Deutschland gibt, erscheint mir
eine durchaus überzeugende und praktikable
Annäherung an diesen so schwer
zu fassenden Begriff zu sein.
Heimat im Plural
Die globalisierte Welt, die Möglichkeit des
fast unbeschränkten Erkundens der Welt,
forciert auf der einen Seite – im besten
Fall – eine intellektuelle und gefühlsmäßige
Öffnung gegenüber anderen Lebenswelten.
Andererseits ruft es ein Bedürfnis
nach Beheimatung oder besser Verortung
hervor. Berufliche Notwendigkeiten
und private Interessen führen dazu, dass
wir im Laufe unseres Lebens häufig mehrere
Heimaten kennenlernen. Wir nehmen
aus diesen Heimaten einiges mit auf die
Reise, einiges lassen wir – freiwillig oder
auch notgedrungen – zurück. „Heimat entsteht
durch das inspirierte Tun vieler, geprägt
vom Mut, sich selbst an kulturelles
und gesellschaftliches Wirken heranzuwagen
…“, schrieb der Bayerische Landesverein
für Heimatpflege 2019 in einem offenen
Brief.
Für den Heimatpflegeverband Südtirol entstehen
konkrete Handlungs- und Verantwortungsräume
im Schutz und in der behutsamen
und verantwortungsbewussten
Weiterentwicklung von Natur- und Kulturlandschaft.
Wir setzen dabei zunehmend
auf Netzwerkarbeit, um durch Partizipation
das Engagement von Einzelpersonen
und Vereinigungen mit zu unterstützen.
Heimat ist in unserem Selbstverständnis
prinzipiell eine Einladung.
Claudia Plaikner
KulturFenster 42
01/Februar 2022
Heimatpege
Neu aufgewärmt?
In folgendem Beitrag beleuchtet der Historiker
Hans Heiss – auch er nahm an der Tagung
der Uni Bozen teil – das Thema „Heimat“
aus verschiedenen Blickwinkeln und
kommt zum Schluss: Südtirol wäre ein ideales
Testfeld für einen offenen Heimatbegriff.
Die Klimakrise hat die Frage der Heimat
wiederum aufs Tapet gebracht und neu
aufgewärmt, im wahrsten Wortsinne. Denn
die klimatischen Veränderungen zielen wie
„Heimat“ auf allgemeine und größere Zusammenhänge,
die in diesem Fall zudem
eine globale Dimension erreichen. Sie erreichen
aber auch die subjektive Dimension,
wenn die Klimakrise die Frage an
uns richtet: Welche Verantwortung willst
du übernehmen?
Heimat in der Klimakrise –
Ein Beitrag des Historikers Hans Heiss
Der Historiker Hans Heiss erklärt, warum
Heimat in direktem Zusammenhang mit der
Klimakrise steht.
Nächstes und Fernstes sind eng verbunden.
Wer sein bislang gewohntes CO 2
-Paket
weiter ungerührt in die Luft bläst, beschädigt
damit nicht nur die eigene Ökosphäre,
sondern auch den Lebensraum von Menschen
und Gesellschaften auf einer anderen
Seite des Planeten und greift ihre
Heimaten an. Damit stehen persönliche
Lebensführung, eigene Werthaltungen
und Raumvorstellungen grundlegend auf
dem Prüfstand. „Heimat“ ist mehr als das
Eigene. Die Klimakrise zerbricht vertraute
Zusammenhänge von Raum und Zeit, von
Aktion, Umgang und Austausch, von Riten
und Gewohnheiten. Und sie stellt drei
grundlegende Fragen: Wo leben wir? Mit
wem leben wir? Wie leben wir?
Beim Versuch einer Antwort auf die drei
einfachen Fragen wird sich bald zeigen, wie
wenig wir darüber wissen. Es geht in der
Klimakrise vorab darum, den eigenen Lebensraum
neu zu bewerten und zu überprüfen,
ob unser Handeln, das eigene Verhalten
verträglich ist, ob sie das Prädikat
„heimatgerecht“ verdienen.
Die identitäre Versuchung
Südtirol ist heute bestimmt vom Spannungsfeld
dreier Pole: zwischen identitärer
Versuchung, ökonomischer Verwertung
und europäischer Verortung, die wir
einer Erklärung zuführen.
Die identitäre Versuchung einer autonomen
und mehrsprachigen Provinz wie
Südtirol liegt darin, das Prinzip des Ethnischen
und des Eigenen als zentrale Logik
zu begreifen. Das Bewusstsein vieler
Bürger*innen, einer Sprachgruppe anzugehören
und der eigenen Ethnie Vorrang
zuzubilligen, ist der jüngeren Geschichte
Südtirols eingeschrieben und
ein Bauprinzip der Autonomie. Die lange
dominante Ethnisierung hat sich aber in
den letzten Jahrzehnten abgeschwächt.
Zum Teil wurde sie übersetzt in den kommunikativen
Prozess eines Miteinanders
und Austausches, überwiegend aber in
ein „Ohne einander“ (Gabiele Di Luca).
Die Kunst vieler Deutsch- oder Italienischsprachiger,
weniger der Ladiner, die jeweils
andere Sprachgruppe zu vermeiden,
hat hohe Virtuosität erreicht, in einer
Form von sanfter Segregation, in der Südtirol
führend ist. Und die Rivalität der traditionellen
Sprachgruppen hat sich auch
dadurch abgeschwächt, dass inzwischen
140 weitere Nationalitäten in Südtirol leben
und die nicht durchwegs geliebte multikulturelle
Realität die Scheidelinie alter
ethnischer Vorbehalte stark relativieren.
Die identitäre Versuchung fühlt sich weiter
hingezogen zu einer Abkehr von Italien, sie
ist aber das Programm einer Minderheit,
„
Es geht in der Klimakrise vorab darum,
den eigenen Lebensraum neu
zu bewerten und zu überprüfen, ob
unser Handeln, das eigene Verhalten
verträglich ist, ob sie das Prädi-
„
kat „heimatgerecht“ verdienen.
Hans Heiss
KulturFenster 43
01/Februar 2022
verwurzelt
die auf Selbstbestimmung, einen Freistaat
oder eine Rückkehr zu Österreich abzielt.
Im Allgemeinen aber überwiegt die pragmatische
Haltung „Wir sind nun halt einmal
bei Italien“. Das Identitäre fi ndet sich
schließlich in starker Betonung des Lokalismus,
im Eigenleben vieler Dörfer, die als
Konsens- und Konfl iktgemeinschaft das
Eigene hingebungsvoll pflegen. Als Ortsgemeinschaft,
vor allem im überaus regen
Vereinsleben und der dialektalen Betonung.
Der stete Bau an Mikroheimaten
ist ein Bauprinzip der Autonomie.
Die ökonomische
Verwertung
„
Die Landschaft gilt als Ziel des Investments
von Bauträgern, die nicht
nur den landeseigenen Wohnbedarf
und maßvolle Profitabilität im Auge
haben, sondern das Anlage- wie Erholungsbedürfnis
einer mobilen
„
Oberschicht.
Hans Heiss
Ein zweites Spannungsfeld liegt in der ökonomischen
Verwertung des Landes. Man
kennt den Leitspruch der IDM, Südtirol
„zum begehrlichsten Lebensraum Europas“
zu erheben. Die Ambivalenz der Devise
ist erhellend, da sie zwar meint, Südtirol
auf den Rang einer hoch begehrten
Destination zu führen. In der Formel des
„begehrlichsten Lebensraumes“ sind aber
auch das eigene Begehren, die eigene Gier
angesprochen. Und in der Tat: Die neben
den Menschen und der Biosphäre wertvollste
Ressource des Landes, die Landschaft,
ist vielfältigen Begierden ausgesetzt.
Sie gilt als Ziel des Investments von
Bauträgern, die nicht nur den landeseigenen
Wohnbedarf und maßvolle Profitabilität
im Auge haben, sondern das Anlagewie
Erholungsbedürfnis einer mobilen
Oberschicht. Und Landschaft gilt als Expansionsraum
touristischen Wachstums,
das trotz aller Bettenstopp-Beteuerungen
ungebrochen ist. Ein Gebirgsraum mit reicher
wie vulnerabler Biosphäre, aber einer
besiedelbaren Fläche von fünf Prozent,
mag begehrenswert sein, erreicht
aber in seiner Belastbarkeit sehr rasch
seine Grenzen.
Die europäische Verortung
Die europäische Verortung Südtirols ist
denkbar, aber nicht realistisch. Südtirol
wäre denkbar als eine Region, die Nähe,
Verbindlichkeit und seine oft gerühmte
Herzlichkeit mit Offenheit verknüpft. Als
ein Ort, der neben 230.000 Gästebetten
auch ein Promille davon für Obdachlose
bereitstellt. Als eine Provinz mit nicht nur
einem einzigen kleinen „Haus der Solidarität“
(in Brixen), sondern die durchgängig
von Solidarität bestimmt ist.
Südtirol als ein Lebensraum, der sich weniger
nach außen abgrenzt, dafür aber innere
Grenzen respektiert: seine begrenzte
ökologische Belastbarkeit, die Vulnerabilität
seiner Natur und Landschaft, deren Vielfalt
stetig abnimmt und als Region, deren
Begabteste jährlich nicht zu Hunderten in
die Welt abziehen, sondern die ihnen als
Ort der Innovation und Qualifikation Chancen
in Fülle bietet.
Kurzum: Südtirol wäre ein ideales Testfeld
für einen offenen Heimatbegriff, dessen
Realisierung aber werde ich nicht
mehr erleben.
Hans Heiss
Südtirols Natur und Landschaft sind
ebenso einzigartig wie verletztlich.
Foto: E. Runer
Aus der Redaktion
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Heimatpflegeverbandes senden Sie bitte an: florian@hpv.bz.it
Für etwaige Vorschläge und Fragen erreichen Sie uns unter
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Redaktionsschluss für
die nächste Ausgabe des
„KulturFensters“ ist:
Freitag, 11. März 2022
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KulturFenster 01/Februar 2022
Heimatpege
Was ist Heimat?
Umfrage unter den Mitgliedern des HPV-Vorstandes
Heimat ist für mich dort, wo mein
Herz sich rundum wohl fühlt.
Heimat ist für mich
... jeden Sommer
aufs Neue
der Duft der blühenden
Edelkastanie.
Johannes Ortner
Agnes Andergassen
Heimat bedeutet
für mich ein
Gefühl der Geborgenheit,
Zugehörigkeit
und Sicherheit.
Heimat gibt in der heutigen
schnelllebigen Welt Orientierung,
die notwendiger denn je ist.
Franz Fliri
Heimat besteht für mich in erfüllenden
emotionalen Bindungen, in
wertvollen sozialen Beziehungen
und verdichtet sich in meinem Engagement
für die Kultur und Natur
unseres Landes.
Claudia Plaikner
Heimat bedeutet
für mich etwas
Wertvolles, das ich
verbinde mit Erinnerungen
und Träumen,
mit Gerüchen und Geräuschen, mit
Landschaft und Natur, mit Sprache
und Musik, aber besonders mit Menschen,
die mir nahe stehen, und Orten,
an denen ich mich mehr oder weniger
zuhause fühle.
Josef Vieider
Heimat bedeutet für mich nicht nur
den Ort, wo man den Heimatschein
erhält, sondern das Land der Ahnen,
der Kindheit und auch des
Sterbens. Kaiser Maximilian hat in
diesem Sinne treffend über Tirol gesagt,
und das teile ich auch: „Tirol ist wie ein
Bauernkittel, er ist rau, aber er hält fest und warm.“
Georg Hörwarter
Heimat verspüre ich, wo ich mich empfangen fühle und einfach sein kann. Heimat
bedeutet für mich kein bestimmter Ort, keine physische Gebundenheit und ist
an keine bestimmte Menschengruppe geknüpft. Die Heimatbezüge sind im ständigen
Wandel und werden in den verschiedenen Lebenssituationen stets neu defi
niert. Heimat sind Orte des Wohlgefühls.
Valentine Kostner
45
KulturFenster 01/Februar 2022
verwurzelt
Weltoffen und in die
Zukunft gerichtet
Vom Versuch, einen ganz besonderen Begriff zu erklären
„KF“: Der BHU vertritt rund 500.000 Mitglieder
mit vielleicht fast ebenso vielen
persönlichen Interpretationen. Wie ist es
gelungen, diese auf einen gemeinsamen
Nenner zu bringen?
Gotzmann: Wir haben unser Anliegen mit
den Landesverbänden, den Fachgruppen,
dem Beirat und natürlich im Vorstand eingehend
diskutiert und zudem eine Tagung
zum Thema „Heimat“ organisiert. Das Ergebnis
dieser Arbeiten wurde zusammengefasst,
erneut in den Gremien behandelt
und schließlich in der Mitgliederversammlung
abgestimmt. Es war ein Prozess von
zwei bis drei Jahren.
Wie aus der Umfrage (Seite 35) ersichtlich,
hat jeder ein ganz individuelles Verständnis
von Heimat. Aber wofür steht Heimat
dann eigentlich? Lässt sich der Begriff
überhaupt defi nieren? Mit diesen schwierigen
Fragen hat sich der Bund Heimat und
Umwelt (BHU) in Deutschland auseinandergesetzt
und ist auf ein spannendes Ergebnis
gekommen, wie Geschäftsführerin Inge
Gotzmann in folgendem Interview erklärt.
„KulturFenster“: Den Begriff Heimat zu
definieren, scheint ein schwieriges Unterfangen.
Der Bund Heimat und Umwelt
(BHU) in Deutschland hat es gewagt. Wie
kam es dazu?
Inge Gotzmann: Als Organisation, die den
Begriff im Namen trägt, kommen wir natürlich
immer wieder in die Lage, uns mit Heimat
auseinanderzusetzen. Und wir stoßen
unwillkürlich auf die unterschiedlichsten Interpretationen.
Problematisch ist aber, dass
Heimat leider immer wieder mit rechtsgerichtet
gleichgesetzt oder zumindest indirekt
so wahrgenommen wird. Dem wollten
wir entgegentreten. Wir wollten öffentlich
erklären, was wir unter Heimat verstehen.
„KF“: Und was versteht der BHU darunter?
Gotzmann: Nun, wir sind uns in den Diskussionen
schnell klar geworden, dass es keinen
Sinn macht, den Begriff mit einem Satz
zu definieren, weil jegliche Definition auf
irgendeine Weise eingrenzend erscheint.
Also haben wir uns dazu entschlossen,
eine Positionsbestimmung zu verfassen
und darin zu beschreiben, wofür Heimat
aus unserer Sicht steht.
„KF“: Laut Duden ist Heimat ein „Ort, wo
man aufgewachsen ist oder sich durch
ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt“. Der
BHU geht in seiner Beschreibung viel weiter.
Warum?
Gotzmann: Wir fanden die Duden-Definition,
die Heimat rein als Ort begreift, nicht
mehr passend. Zum einen, weil unsere
Gesellschaft heute sehr mobil ist, viele
Menschen nicht mehr dort wohnen, wo
sie aufgewachsen sind, und daher vielleicht
zwei oder mehrere Heimaten haben.
Zum anderen ist uns bewusst, dass
vor allem junge Menschen Heimat eher
mit einem Gefühl als mit einem Ort verbinden.
Wenn man sie fragt, bedeutet
Heimat für sie in erster Linie Freunde,
Familie, soziale Kontakte. Ich wage die
These, dass erst mit zunehmendem Alter
bestimmte Orte oder Landschaften
stärker als Heimat empfunden werden,
da sie mit schönen Erinnerungen und
Emotionen verbunden sind. Deshalb haben
wir den Begriff auf das Emotionale
und Soziale ausgedehnt.
„KF“: Sie haben bereits angedeutet, dass
der Heimatbegriff ideologisch belastet ist.
Glauben Sie, dass er dieses Brandmal jemals
loswerden kann?
Gotzmann: Ich fürchte, dass es nicht so
einfach ist, den Begriff von seinem ideologischen
Beigeschmack zu befreien. Dafür
gibt es leider immer noch zu viele Kräfte,
die versuchen, ihn zu instrumentalisieren.
Der BHU sagt allerdings auch ganz klar:
Aufgeben wollen wir den Begriff nicht. Das
ist wichtig, denn wir hören aus dem universitären
Bereich, insbesondere jenem
der Ethnologie die These, Heimat sei nicht
mehr zeitgemäß und sollte daher als Begriff
nicht mehr verwendet werden. Wenn
wir dem folgen, überlassen wir die „Heimat“
tatsächlich den Rechten.
KulturFenster 46
01/Februar 2022
Heimatpege
„
„KF“: Reicht ein Positionspapier aus, um
sich von der rechten Ecke zu distanzieren?
Gotzmann: Ich glaube, es reicht für uns Heimatverbände
nicht, einfach zu sagen: Wir
Heimatverbände verstehen Heimat nicht
als rechtsgerichtet. Vielmehr müssen wir
unsere Haltung offensiv stärken und kommunikativ
damit umgehen, zum Beispiel
mit Veranstaltungen, im Internet, in Kulturzeitschriften.
Wir sollten den Begriff zudem
aktiv nutzen, ihn gestalten. Auch das
Positionspapier des BHU ist nicht in Stein
gemeißelt. Es kann eines Tages auch weiterentwickelt
und der Zeit angepasst werden.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Die Gestaltung
unseres Positionspapieres liegt in
etwa vier Jahre zurück. Die Zeit war damals
vor allem in Deutschland sehr stark von der
Flüchtlingsbewegung geprägt. Deshalb haben
wir an manchen Stellen im Papier besonders
betont, dass es auch Menschen
gibt, die ihre Heimat verlieren, und dass
es darum geht, offen zu sein für alle, die
ankommen und hoffentlich hier bei uns
Heimat fi nden. Diese Betonung hätte es
früher vielleicht nicht so gegeben.
„
Problematisch ist, dass der Begriff Heimat leider immer
wieder mit rechtsgerichtet gleichgesetzt oder zumindest
indirekt so wahrgenommen wird.
Ich wage die These, dass erst mit zunehmendem Alter
bestimmte Orte oder Landschaften stärker als Heimat
empfunden werden, da sie mit schönen Erinnerungen und
Emotionen verbunden sind. Je mehr sich die Menschen bewusst
werden, was Teil ihrer Heimat ist, sei es Materielles oder
Immaterielles, desto wertvoller wird diese Heimat.
„KF“: In seiner Definition gibt der BHU der
Heimat viel Spielraum. Können Sie einige
wesentliche Punkte hervorheben?
Gotzmann: Ich glaube schon, dass Heimat
auch als Ort eine wichtige Rolle spielt. Wesentlich
sind aber auch die sozialen Beziehungen.
Im Positionspapier haben wir versucht,
deutlich zu machen, dass es auch
um das persönliche Engagement geht. Man
sollte vernetzt, Teil einer Gesellschaft sein.
„KF“: Es fällt auf, dass auf die Partizipation,
also die Teilhabe, Wert gelegt wird. Warum?
Gotzmann: Je mehr sich die Menschen bewusst
werden, was Teil ihrer Heimat ist,
sei es Materielles oder Immaterielles, desto
wertvoller wird diese Heimat – und damit
auch die Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen,
sie zu gestalten oder
zu erhalten.
„KF“: In Südtirol ist Heimat sehr eng mit
Tradition verstrickt. Wie wichtig ist Tradition?
Gotzmann: Es ist interessant, dass in gewissen
Gebieten wie Südtirol, Bayern, Österreich,
aber auch in Schleswig Holstein
Bund Heimat und Umwelt in Deutschland
Inge Gotzmann
Der 1904 gegründete Bund Heimat und Umwelt
in Deutschland (BHU) ist der Bundesverband
der Bürger- und Heimatverbände in Deutschland
– vergleichbar mit dem Heimatpflegeverband
in Südtirol, jedoch auf gesamtstaatlicher
Ebene. Über seine 18 Landesverbände vertritt
er rund 500.000 Mitglieder und ist damit die
größte kulturelle Bürgerbewegung dieser Art in
Deutschland.
oder Mecklenburg Vorpommern Heimat
stark mit Traditionen wie Tracht, Tanz und
Musik verbunden ist. Wir hier in Bonn –
der Sitz des BHU ist in Nordrhein-Westfalen
– verbinden Heimat im Vergleich weniger
mit diesen traditionellen Themen.
Insofern ist das ein weiterer Aspekt, der
beweist, dass Heimat ganz unterschiedlich
wahrgenommen wird.
„KF“: Wie könnte man Ihrer Ansicht nach
junge Menschen dazu animieren, sich mit
dem Heimatbegriff auseinanderzusetzen
und also auch mit den Themen der Heimatverbände?
Gotzmann: Jugend ist für unseren Verband
ein Dauerthema, wohl auch deshalb, weil
es nicht so einfach ist, jüngere Generationen
mit unseren Ideen zu erreichen. Es
gibt eine ganze Reihe von Initiativen, deren
Erfolg aber sehr von den Personen abhängt,
die mit den Kindern und Jugendlichen
in Kontakt stehen. Ebenso ist es bei
den Schulprojekten, die nur dort gut gelingen,
wo das Engagement und Interesse
von Direktoren oder Lehrpersonen entsprechend
ist. Leider sind Lehrpersonen stark
an Vorgaben gebunden und haben kaum
die Möglichkeit, den Unterricht frei zu gestalten.
Ich bin mir aber sicher, dass mit
zunehmendem Alter auch das Interesse
an Heimat steigt.
„KF“: Die gute alte Heimatkunde wieder
als Schulfach …?
Gotzmann: Ich bin mir nicht sicher, ob das
die Lösung ist. Kritische Stimmen sagen,
dass es dann zur Pflicht würde, und wir
wollen ja eigentlich die Begeisterung, das
ehrliche Empfinden für den Wert der Heimat
stärken. Vielleicht ist es sinnvoller, Angebote
zu machen, die freiwillig sind und
jungen Leuten Spaß machen.
„KF“: Der BHU hat seine Haltung zum Begriff
„Heimat“ auf seiner Internetseite veröffentlicht.
Wie reagieren Menschen, Organisationen,
die Politik?
Gotzmann: Es gibt eigentlich kaum offizielle
Reaktionen. Was uns aber aufgefallen
ist, dass sich junge Menschen, die sich bei
uns auf eine Stellenausschreibung bewerben,
im Internet über uns erkundigen und
wissen wollen, was wir überhaupt machen,
wofür wir stehen, ob wir womöglich rechtsgerichtet
sind. Sie sind dann meist positiv
überrascht, wenn sie den Inhalt des Positionspapiers
lesen, weil sie merken, welch
weltoffene und in die Zukunft gerichtete
Haltung wir haben.
KulturFenster 47
01/Februar 2022
verwurzelt
Emotional, sozial, persönlich
Auszüge aus der Positionsbestimmung des BHU in Deutschland
➤ Heimat entsteht aus emotionalen Bindungen
und sozialer Vernetzung in einem
persönlichen Handlungs- und Verantwortungsraum.
➤ Heimat bedeutet Verortung, die materiell
und räumlich, virtuell oder in anderen
Formen ausgebildet ist. Ankerpunkte
für Heimat können die Landschaft, die
Stadt, das Dorf oder die Nachbarschaft
sein, das Natur- und Kulturerbe, aber
auch Arbeit und Gemeinschaft, geteilte
Überzeugungen, gemeinsame Interessen
und vielfältige Weisen des realen
und virtuellen Austausches von Menschen.
Heimat ist dynamisch, weil es
im Leben der Menschen viele Ankerpunkte
geben kann.
➤ Wenn Menschen sich verankert und
gestärkt fühlen, empfinden sie ihr Lebensumfeld
als Heimat, denn Heimat
betrifft den Menschen als soziales Wesen.
Als persönlicher Verantwortungsraum
umspannt Heimat Lokales und
Globales. Geschichtsbewusstsein und
die Suche nach Erklärungen dafür, warum
die Dinge so – geworden – sind, wie
sie heute sind, gehören zur Aneignung
von Heimat. Freude am Mitwirken und
Ideen für die Zukunft sind weitere wichtige
Triebfedern, wenn es darum geht, individuelle
und gesellschaftliche Lebensqualität
zu erhalten und zu gestalten.
➤ Heimat zu fi nden, ist auch ein Vernetzungsprozess,
der den sozialen Zusammenhalt
stärkt. Die Grundlage dafür ist
die Kommunikation, eine entscheidende
Voraussetzung ist die Möglichkeit der
Teilhabe und der Teilnahme für alle.
➤ Um Heimat zu pflegen und zu gestalten,
braucht es das Engagement der
Zivilgesellschaft, der Bürgerinnen und
Bürger. Heimat-, Geschichts- und Bürgervereine
sowie viele neu entstandene
Formen von Engagement haben große
Bedeutung für das soziale Leben, im
ländlichen Raum ebenso wie in den
Städten. Mit ihrer Arbeit tragen diese
engagierten Menschen zur Stabilität der
Gesellschaft bei, zum Beispiel in Zeiten
neuer Ideale des Wirtschaftens und Zusammenlebens
sowie im Spannungsfeld
staatlicher Hoheit und privatisierender
Partizipation ist ein wichtiges Schlagwort. „Das Recht auf Mitgestaltung der Heimat …
soll allen Menschen zugestanden werden“, heißt es im Positionspapier. Foto: BHU
Tendenzen. Das Recht auf Heimat ist
ein Menschenrecht; auch das Recht auf
Partizipation verstehen wir so.
➤ … Heimat endet nicht an politischen
Grenzen: So mobil die Menschen sind,
so mobil ist auch Heimat geworden.
Heute leben und agieren viele Menschen
nacheinander an mehreren, oft
weit voneinander entfernten Orten, die
sie als Heimat bezeichnen. Sie haben
also mehrere Heimaten. Eine wichtige
Aufgabe unserer Zeit ist es, Menschen
den Erwerb emotionaler Bindungen an
weitere Heimaten zu ermöglichen. …
Aus der Überzeugung, dass Heimat
dynamisch ist und den Zusammenhalt
im größeren Rahmen braucht, fordern
wir, dass die europäische Zusammenarbeit
nicht auf wirtschaftliche Zusammenhänge
verengt wird, sondern die in
Europa beheimateten Bürgerinnen und
Bürger in den Mittelpunkt des Handelns
stellt. Deswegen müssen die Menschen,
ihre Gefühle und Bedürfnisse immer im
Blick behalten werden.
Um Heimat zu pflegen und zu gestalten, braucht es das Engagement der Zivilgesellschaft.
Foto: E. Runer
KulturFenster 48
01/Februar 2022
informiert & reektiert
Heimat und Jugend
Das Jahresthema 2022 stellt die jungen Menschen in den Mittelpunkt
Der Heimatpflegeverband
Südtirol setzt im
laufenden Jahr den Fokus
seiner Arbeit auf die
Jugend. Spannende Initiativen
sind geplant.
Junge Menschen sind sehr wohl zu begeistern
und für wichtige Themen zu
bewegen.
Foto: Pixabay
Die Tätigkeiten des Heimatpflegeverbandes
sind
sehr breit gefächert, geht
es doch um die Kulturund
Naturlandschaft in
Südtirol. Deshalb hat der
HPV auch die Fokussierung
auf ein Jahresthema
in sein Programm aufgenommen.
2021 lautete
das Schwerpunktthema
„Baukultur“, das mit Tagungen,
Info-Veranstaltungen,
Ortsbegehungen
und Medienberichten behandelt
wurde.
2022 soll im Zeichen der
Jugend stehen: Die Kinder
und Jugendlichen von heute sind die Erwachsenen
und Entscheidungsträger*innen
von morgen. Deshalb erscheint es uns
wichtig, sie so früh wie möglich für viele
gesellschafts- und kulturrelevante Themen
zu sensibilisieren. Es bietet sich hier eine
große Auswahl an Themen an, die wir als
Heimatpfleger*innen auch behandeln.
Über das Kennenlernen unserer Heimat
wird die Wertschätzung und in der Folge
im besten Fall der persönliche Einsatz für
Natur und Kultur angestoßen.
Schule als Partnerstruktur
An welcher Stelle kann man bei Kindern
und Jugendlichen ansetzen? Neben der
Familie ist es vor allem die Schule, in der
man junge Menschen erreichen und aktivieren
kann. In Zusammenarbeit und Absprache
mit erfahrenen Pädagog*innen, mit
dem Katholischen Südtiroler Lehrerbund
(KSL) und der Pädagogischen Abteilung
des Landes Südtirol gab es bereits Vorgespräche,
um zu eruieren, welche Themen
und Methoden sich am besten eignen, um
junge Menschen zu sensibilisieren, welche
Partner*innen man hierzu braucht und für
welche Themen die Erarbeitung von didaktischem
Material notwendig ist.
„
Die Kinder und Jugendlichen von
heute sind die Erwachsenen und
Entscheidungsträger*innen von
morgen. Deshalb erscheint es uns
wichtig, sie so früh wie möglich für
„
viele gesellschafts- und kulturrelevante
Themen zu sensibilisieren.
Claudia Plaikner
Da junge Menschen täglich sehr viel Zeit
in der virtuellen Welt (Smartphone, Computer
…) verbringen, erscheint es sinnvoll,
sie wieder vermehrt zu einer bewussten,
„realen“ Wahrnehmung ihres Lebensumfeldes
zu bewegen, um „mit Kopf, Herz
und Hand“ (Johann Pestalozzi) über das
kognitive Wissen, die emotionale Beteiligung
und die konkrete Aktivität möglichst
ganzheitlich der Welt zu begegnen und
sie mitzugestalten.
Geplante Projekte
Der Heimatpflegeverband möchte u. a.
das Projekt „Erkunde den Ort, an dem
du lebst“ angehen, einen „Heimatkoffer“
bzw. eine „Heimatmappe“ in Zusammenarbeit
mit pädagogisch-didaktischen
Fachleuten erarbeiten sowie im Rahmen
des fächerübergreifenden Lernbereichs
„Gesellschaftliche Bildung“ – zu dem u.
a. Kulturbewusstsein und Nachhaltigkeit
gehören – in den Schulen Angebote an
Lehrpersonen und Schüler*innen in den
genannten Bereichen machen.
Junge Menschen sind sehr wohl zu bewegen
und zu begeistern – man denke an die
Bewegung „Fridays for Future“. Wir möchten
sie darin unterstützen, durch die Aneignung
von Kenntnissen und durch die
Auseinandersetzung mit den Entwicklungen
in unserem Land verantwortungsbewusste
Gestalter*innen ihrer Heimat zu werden.
Claudia Plaikner
KulturFenster 49
01/Februar 2022
informiert & reektiert
Der Rucksack
Mit dem Leinen- oder Lederrucksack auf
den Markt – früher war das ein alltägliches
Bild.
Dinge des Alltags
aus Geschichte und
Gegenwart
Ein Rucksack gehört heute zum Alltag
und zur Freizeit vieler Menschen dazu.
Bereits die Kleinsten gehen mit einem
Säckchen auf dem Rücken in den Kindergarten.
Schulkinder verstauen in ihrem
Rucksack Bücher und Hefte, Erwachsene
nutzen ihn für den Transport
von Laptop und anderen Geräten. Paketzusteller,
die in den Städten durch die
Straßen und Gassen fl itzen, verwenden
ihn sowieso. Aus den Freizeitaktivitäten
ist der Rucksack erst recht nicht mehr
wegzudenken. Er hat es zum Universaltransportmittel
geschafft.
Während gegenwärtig ständig neue Modelle
und gerade für Sport- und Freizeitzwecke
immer leichtere Materialien auf
den Markt kommen, waren Rucksäcke ursprünglich
aus Leder oder starkem Leinen
gemacht. Neben dem großen Beutel hatten
sie zum Teil auch Außenfächer mit Riemen
und Schnallen.
Wann und wo der Rucksack entstanden
ist, ist nicht bekannt. Im Reclam-Kostümlexikon
wird er als „beutelförmige Tasche
mit zwei Gurten“ beschrieben. Zur Verwendung
steht Folgendes: „Bereits seit der
Bronzezeit, u. a. zum Transport von Salz aus
Bergwerken, erhielt er sich besonders bei
Jägern und Wanderern“. Die Liste der einstigen
Träger*innen ließe sich stark erweitern.
So waren Rucksäcke fester Bestandteil
der Ausrüstung von Soldaten. Auch Bauern,
die auf einen Markt gingen, oder Handwerker
auf der Stör trugen einen Rucksack
auf dem Rücken.
Neben diesen Funktionen als Tragegerät
war ein Rucksack aber noch weit mehr.
Der Inhalt des Sackes, gefüllt mit Wäsche
und persönlichen Dingen, war oft alles, was
ein Mensch besaß. So fand das Hab und
Gut von Dienstboten, die an den Schlenggeltagen
ihren Arbeitsplatz wechselten, im
Rucksack Platz. Im Vintschger Museum in
Schluderns ist ein Exemplar aus Leinen ausgestellt,
weil „ein Rucksack und ein Wanderstab“
oft das Einzige waren, das Schwabenkinder
bei sich hatten, als sie ihre Heimat
verließen und sich auf den Weg machten.
Im Etschtal und am Tschögglberg wurde für
den Rucksack der Begriff „Schnurfer“ verwendet.
Diese Bezeichnung mag vom Wort
schnurfen (einziehen, schrumpfen) kommen.
Barbara M. Stocker
Rucksäcke trugen auch Frauen, die in
der Stadt einkauften oder ihre Waren
verkauften.
Fotos: Erika Groth-Schmachtenberger,
Archiv SVM/ Inv.-Nr. 241 und 5296.
50
KulturFenster 01/Februar 2022
Heimatpege
Immaterielles
UNESCO-Weltkulturerbe als Ziel
Waale im Obervinschgau auf nationaler Liste des immateriellen Kulturerbes
Die Wiesenbewässerung auf der Malser
Haide ist eine jahrhundertealte Kulturtechnik,
die bis heute nichts von ihrer Effizienz
und Faszination eingebüßt hat. Davon ist
auch das Landwirtschaftsministerium in Rom
überzeugt und hat die Praktik der traditionellen
Bewässerung im Obervinschgau auf
die nationale Liste für landwirtschaftliche
Praktiken und traditionelles Wissen gesetzt.
Knapp 400 Hektar werden auf der Malser
Haide noch traditionell über Waale bewässert,
indem sie nach einem streng geregelten
Zeitplan, der sogenannten „Road“, in
regelmäßigen Abständen überflutet werden.
„Die Kulturtechnik der Überflutung
hat keinen musealen Charakter, sondern
ist eine effiziente Technik, die heute nach
wie vor so angewandt wird wie vor Hunderten
von Jahren“, erklärt Verbandsobfrau
Claudia Plaikner. „Aus diesem Grund
sind wir der Meinung, dass sie auch eine
Zukunft haben sollte.“
Auf Bedeutung der Waale
aufmerksam machen
Der Heimatpflegeverband arbeitet zusammen
mit der Bauernbund-Ortsgruppe Burgeis,
der Gemeinde Mals, dem Heimatpflegeverein
Mals und dem Wirtschaftsdienstleister
IDM daran, die traditionelle Bewässerung im
Obervinschgau über Waale zum internationalen
immateriellen Weltkulturerbe zu machen.
Damit soll der Öffentlichkeit der Wert
und die Bedeutung dieser Kulturtechnik vor
Augen geführt werden, aber auch welcher
Aufwand damit verbunden ist. Gleichzeitig
wären damit auch neue Projekte und Fördermittel
zugänglich, um die traditionelle
Bewässerung attraktiv zu halten.
Nun wurde mit der positiven Bewertung des
Ansuchens und der Aufnahme in das nationale
Register eine erste wichtige Etappe
erreicht.
Nächster Schritt: Aufnahme
in die Welterbe-Liste
Mehrere Interessensgruppen in Deutschland,
der Schweiz, Belgien, Niederlande,
Luxemburg und vor allem in Österreich stellen
in Kürze ein gemeinsames Ansuchen
für die Aufnahme der traditionellen Bewässerung
über Kanäle in die internationale Liste
des immateriellen Weltkulturerbes. Nun
steht fest, dass auch Südtirol dabei ist. Die
italienische UNESCO-Kommission hat Mitte
Jänner 2022 der Teilnahme an der internationalen
Bewerbung zugestimmt.
HPV
„
Die Kulturtechnik der Überflutung
hat keinen musealen Charakter, sondern
ist eine effiziente Technik, die
„
heute nach wie vor so angewandt
wird wie vor Hunderten von Jahren.
Claudia Plaikner
Als immaterielles Weltkulturerbe
könnten die Waale mehr Aufmerksamkeit
erhalten.
Die Kulturtechnik der Überflutung mit
Hilfe von Waalen ist alt, aber dennoch
modern und hocheffizient. Fotos: HPV
KulturFenster 51
01/Februar 2022
informiert & reektiert
Die Kornelkirsche (Cornus mas)
Natur-, Kultur- und Namensgeschichte eines besonderen Strauches
„A blianete Granellschtaud hinter der Kirch“ in Vilpian
Nach den kalten Wintertagen läuten die
Blüten der Kornelkirsche in vielen Teilen
Südtirols den Frühling ein. Grund genug,
um die Kornelkirsche vorzustellen.
Die Kornelkirsche (auch Gelber Hartriegel)
gehört zur Familie der Hartriegelgewächse.
Mit seinen schwefelgelben, vor
dem Laub erscheinenden Blüten, läutet
der Strauch Ende, mitunter sogar Mitte
März bis Anfang April den Frühling auf
unseren Mittelgebirgsterrassen ein.
Das Hauptverbreitungsgebiet der Kornelkirsche
erstreckt sich von Ostösterreich
über den gesamten Balkan bis nach
Kleinasien, den Kaukausus und die Krim,
sie kommt aber auch in Italien und Frankreich
vor. Die Nordgrenze bildet Mitteldeutschland.
Der anspruchslose Strauch
liebt sonnige Hänge, Waldränder, ist kalkhold
und wird bis zu 100 Jahre alt. Einzelexemplare
erreichen mitunter ein Alter von
250 Jahren. Das größte bekannte Exemplar
ist die „Sigrid-Dirndl“ in Michelbach
(Niederösterreich) mit einem Stammumfang
von 1,8 Metern.
Woher die
Bezeichnung kommt
Der Name Kornelkirsche ist eine Entlehnung
aus dem lateinischen cornus
„Hartriegel“ (hart wie ein „Horn“), woraus
sich die Diminutivform cornolium entwickelte,
Ausgangspunkt für das im 11. Jh.
belegte althochdeutsche churniboum bzw.
chuirnilboum. In den verschiedenen Tiroler
Mundarten wird der Strauch mit den
schmackhaften roten Früchten durchwegs
Granellschtaud, Garnelln, Grinelln
oder Ganelln genannt. In Bayern, Salzburg,
Kärnten, der Steiermark und Böhmen
kennt man ihn als Dirnbaum oder Diandl;
in Süd- und Mitteldeutschland wird
er Dirlitz, Horlitze bzw. Herlitze genannt.
Orts- und Flurnamen
Von der mundartlichen Form Granell leiten
sich zahlreiche Flurnamen ab, wie
z’Garnella in Stilfs, Garnelln in Kaltern,
Garnell in Latzfons oder der Garnellbühl
in St. Oswald/Kastelruth. Im milden Westen
und Süden Südtirols stößt man häufig
auf den Hof- und Geländenamen Karnol
(Goldrain, Naturns, Grissian, Andrian,
Aldein, St. Andrä), der mundartlich oft zu
KulturFenster 52
01/Februar 2022
Heimatpege
Ginoal verschliffen wurde. Karnol ist eine
Entlehnung aus dem Alpenromanischen
*kornj la (area) „Gelände mit Kornelkirschenbewuchs“.
Es gibt noch weitere Namen,
in denen die Kornelkirsche steckt:
Kornell in Siebeneich, Karnod in Völs und
der Ort Karneid. Letzterer könnte auf ein
romanisches Mengensuffix *cornēdu
„Kornelkirschen-Bestand“ zurückgehen.
Ein Eisenholz
Die häufigen Flur-, Hof- und Ortsnamen
setzen voraus, dass die Kornelkirsche früher
häufig angepflanzt wurde – aus einem
ganz bestimmten Grund: Es handelt sich
um das härteste in Europa vorkommende
Holz, das zu den sogenannten Eisenhölzern
zählt. Ein Schlag auf den Stamm
dieses Strauches genügt. Erstaunlich ist
auch, dass das dichte Holz im Wasser
nicht schwimmt.
Das „Eisenholz“ ist technologiegeschichtlich
bedeutsam. Es wurde dort eingesetzt,
wo man beanspruchte Holzteile brauchte,
also für die Herstellung von Messergriffen,
Hammerschäften, Zahnrädern in Mühlwerken,
Klüpfeln in der Bildhauerei, hölzerne
Schusternägel, Kämme oder mathematische
Instrumente. Vor allem aber
benötigten Drechsler und Rädermachern
das harte Holz zur Herstellung der Radspeichen.
Feste Spazierstöcke wurden
und werden nach wie vor aus „Granellenholz“
geschnitzt.
Ein Strauch für harte
Männer...
Einen abgehärteten Mann nennt man in
Kastelruth und Völs heute noch einen
„Granellenen“, die lateinische Artkennzeichnung
„mas“ bedeutet „männlich“
im Sinne von „hart, beständig“.
Aus der Geschichte weiß man, dass die
Wurfspeere der Antike, wie die sechs Meter
hohen Lanzen der mazedonischen Phalanx,
vorzugsweise aus dem Holz der Kornelkirsche
bestanden. „Er schwang die
mit Erz vorblinkende Last der Kornelle“,
dichtet Ovid in den Metamorphosen und
umschreibt metaphernreich den Speer.
Der Dichter Pausanias überliefert, dass
das Trojanische Pferd aus Granellenholz
gezimmert war, um die menschliche Last
in seinem Inneren zu tragen. Dass der
Bogen des Odysseus aus dem Holz der
Kornelkirsche bestand, versteht sich von
selbst. Selbst seine in Schweine verzauberten
Gefährten wurden mit Eicheln,
Bucheckern und Granellen gemästet.
Auf dem römischen Palatin stand der
Überlieferung nach ein uralter Kornelkirschenbaum,
der wieder austrieb, als
Romulus und Remus ihre „kornellene“
Lanze als Grenze in den Boden stießen.
Früchte und Destillate
Die in überreifem Zustand wohlschmeckenden
Früchte werden Anfang September
geerntet und zu Marmeladen, Kompotten
und Fruchtsäften verarbeitet. In
Albanien und in der Türkei wird daraus das
Erfrischungsgetränk „Scherbet“ hergestellt.
Am Balkan sind die Früchte im Herbst allgegenwärtig
und bis heute ein Grundnahrungsmittel
geblieben. Eine Spezialität ist in
Niederösterreich der Dirndlbrand – ideal,
um auf den Frühling anzustoßen.
Johannes Ortner
Schneaglögglen
Ban Mühlbachl untn,
die Schneaglögglen, die zortn,
kennens foscht nimmr drwortn.
Tians Köpfl gonz gwundrig zan Himml reckn;
dr Winter isch long gnua gwesn,
wou sie sich hom gmiaßt vrsteckn
und iatz tuat sie der erschte worme Sunnenstrohl weckn.
Olt und jung, olle hom drmit a Freid,
wenns draußn wiedr griant und treib,
dr Langes isch nimmer weit!
Maria Sulzer
KulturFenster 53
01/Februar 2022
informiert & reektiert
Quadra, Fascha und Gebreite
Serie: Flurnamen aus der Agrargeschichte (6)
Fascha
Im „KulturFenster“ Nr. 06/2021 wurde
das weite Themenfeld der Rodungsnamen
abgeschlossen. In dieser und in den folgenden
Ausgaben werden nun historische
Flurnamen in Bezug auf Acker- und Feldbau
vorgestellt.
Quadra
Fascha, Matsch;
Franziszeischer Kataster 1855–1861
Bei Quadres in Mals ist der
quaderartige Flurblock (bestehend
aus 8 Grundparzellen)
noch gut zu erkennen.
Franziszeischer Kataster 1855–1861
Die Gebreite (mda. Gipraate)
in Oberolang
Franziszeischer Kataster 1855–1861
Im Obervinschgau, im Tiroler Oberland
und in Graubünden stößt man immer wieder
auf den Flurnamentyp „Quadra“. Ein
Beispiel: die Groß- und Klein-Quadra in
Burgeis. Goswin von Marienberg erwähnt
im Urbar von 1394 allein für Burgeis eine
Quadraprada, eine Quadra de cruce und
eine Quadra abbatisse). Jeweils eine Quadra
ist in Schleis, Prämajur, Taufers i. M.
und in Glurns zu verzeichnen, auffälligerweise
jeweils bei den frühmittelalterlichen
Eigenkirchen St. Jakob in Söles sowie St.
Lorenz. Weitere Beispiele: Quadres in Mals
und in Matsch, jeweils eine Quadrella in
Taufers i. M. und in Laatsch. Ableitungen
zu Quadra kennt auch das bereits früher
eingedeutschte Burggrafenamt: Quadrat
(mda. Ggo-drëgg) bei Partschins und vermutlich
auch Gratsch bei Meran, das sich
von alpenromanisch *quadratšja ableiten
könnte. Im Puster-, Wipp- und Eisacktal
ist „Quadra“ unbekannt.
Der Begriff „Quadra“ ist lateinisch und bedeutet
in etwa „Flurblock, ausgemessener
Flurteil“. Bei den Quadra-Fluren handelt
es sich um die Altackerareale einer Gemeinde
von ausgezeichneter Bodenqualität.
Diese Gunstlagen des Getreidebaus
wurden im Theresianische Kataster dann
auch relativ hoch besteuert.
Der ungeteilte Quadra-Block wurde ursprünglich
gemeinschaftlich bebaut. Erst
in der Folge wurde er in Streifen parzelliert,
ähnlich wie die Gewanne in Mitteldeutschland
im Rahmen der Dreifelderwirtschaft.
Lange und schmale Ackerparzellen waren
beim Pflügen erwünscht, gerade in
alpiner Hanglage. Dies hatte den Vorteil,
den Pflug samt Zugtieren an den Ackerrändern
selten wenden zu müssen.
Im romanischen Vinschgau wurden die
Ackerzeilen „Fascha“, „Faschen“ oder
„Pfasch“ genannt, zu romanisch *faša
„Binde, Streifen“. Auffallend ist, dass sich
die „Faschen“ manchmal genau neben
einer Quadra befinden... A Långs und a
Geproats könnte man in Abwandlung einer
bekannten Tiroler Redensart fast sagen...
In Taufers im Münstertal, Schlinig (hier
als Verkleinerung „Faschetta“), Schleis,
Laatsch (1419 Fäsch, 1669 in Fäsches),
Matsch und Prämajur gibt es jeweils Fluren
dieses Namens. „Pfaschen“ fi nden sich
vinschgauabwärts in Prad, Tschengls,
Morter, Tschars und Tabland.
Gebreite
Im kaum romanisch unterschichteten Südtirol
gibt es eine genaue Entsprechung zu
den rätoromanischen Quadrafluren, nämlich
die „Gebreite“ bzw. „Gebreitige“ (mda.
Geproaten, Proatn). Im langobardisch geprägten
Oberitalien gibt es den entsprechenden
Flurnamen „Braida“.
Gebreiten sind – wie der Name schon aussagt
– „breite“ Flurkomplexe mit gutem
Heu- und Kornertrag. Ganz ähnlich wie
bei der Quadra hat jede Gemeinde immer
nur eine auf diese Weise benannte Flur.
Beispiele quer durch Südtirol: Es gibt jeweils
eine Gebreite in Riffian, Gratsch, Schenna,
Völlan, Nals, Latzfons, Feldthurns, Pinzagen,
St. Andrä, Karnol (Hofname Gebreitner,
der bereits 1268–1280 als Gepraite
belegt ist), Valgenäun, Stilfes, Lüsen, Rodeneck,
Terenten, Pfalzen, Montal, Gais
(hier „Giproatige“), Stefansdorf, Reischach,
Olang, Antholz und in Niederdorf.
Johannes Ortner
KulturFenster 54
01/Februar 2022
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Heimatpege
Säulenbildstock beim
Burgerhof renoviert
Heimatschutzverein kümmert sich um Erhaltung
Am 16. August 2021 zog ein heftiges Gewitter
mit Sturm über Lana hinweg. Dabei wurde
der 1930 errichtete neugotische Säulenbildstock
beim Burgerhof am alten Braunsberger
Weg am Frigeleberg umgeworfen und zerbrach
in mehrere Teile.
Beim Lokalaugenschein von Simon Terzer
und Albert Innerhofer vom Heimatschutzverein
Lana mit Regina Verdorfer und Peter
Holzner vom Burgerhof wurde vereinbart,
diesen Bildstock wieder herzurichten
und aufzubauen. Dabei sollten vor allem die
wertvollen Fresken vom Maler und Restaurator
Cassian Dapoz (1874–1946) erhalten
und zudem renoviert werden. Mit Hilfe von
Architektin Annemarie Mitterhofer, die hierfür
auch alle bürokratischen Arbeiten für
das Bauamt erledigte, gelang es, eine Baufirma
zu finden, die wichtige Arbeiten ausführte.
Die Lananer Firma Carlucci rückte
mit einem Kranauto an, um die Teile des
zerstörten Bildstocks zu bergen und in die
Werkstatt zu bringen.
Aufwändige Arbeiten …
Die Gebrüder Michele und Marco Carlucci
begannen nun, den unteren, total zerstörten
Säulenschaft neu in Beton zu gießen. Der
gesamte Säulenbildstock wurde statisch
wiederum vollständig hergestellt. Der wertvollste
obere Teil mit den Fresken wurde aufgesetzt
und am Schaft integriert. Auch das
mit Mönch-und-Nonne-Ziegeln eingedeckte
Zeltdach musste neu errichtet werden.
Restaurator Hubert Mayr aus Percha reinigte
anschließend die drei in Secco-Malerei
ausgeführten Bilder Christus auf dem
Thron (Herz Jesu), Maria und der hl. Josef.
Die Malschicht wurde gefestigt, die Untergründe
wurden demineralisiert und die
neuen Zementteile geätzt. Die schadhaften
und fehlenden Stellen wurden ergänzt, die
roten Umrahmungen an den Kanten erneuert.
Ein rechteckiges Feld zeigt an der
Säule eine Totenbahre, die ebenfalls erneuert
wurde. Dies ist ein Hinweis auf die dortige
ehemalige Totenrast.
… und aufwändiger Transport
Nun transportierte die Firma Gufler Baustoff
aus Burgstall den erneuerten Säulenbildstock
in die Ultner Straße und stellte diesen
noch rechtzeitig vor dem Wintereinbruch
Ende November mittels eines großen Krans
dort auf, wo zuvor ein neues Fundament
gegossen worden war. Dank gebührt dabei
der Firma Gufler für die unentgeltliche Bereitstellung
des Kranautos mit Fahrer. Der
Dachaufsatz mit Kugel und Kreuz wurde
noch vom Spengler Günther Husnelder
aus Lana erneuert und ergänzt. Die Kosten
für die Erneuerung dieses Säulenbildstocks
übernahmen die Familie vom Burgerhof
sowie der Heimatschutzverein Lana.
Dazu kamen ein Erlös aus dem Frigeleberg-
Fest sowie eine Spende von Veronika und
Hannes Herz. Am Dreikönigstag bedankten
sich Regina Verdorfer und Peter Holzner
bei einem Umtrunk bei den Sponsoren
und den Nachbarn.
Albert Innerhofer
Der zerstörte …
… und nun wieder erneuerte Säulenbildstock
beim Burgerhof Fotos: Simon Terzer, Albert Innerhofer
KulturFenster 55
01/Februar 2022
hinausgeblickt
Heimatforscher
Blasius Marsoner
Gedenkschrift vorgestellt
Blasius Marsoner (1924 –1991)
Zum 30. Todestag des Heimatforschers, Lyrikers
und Essayisten Blasius Marsoner aus
St. Pankraz wurde am 24. September 2021
im Kultursaal von St. Pankraz eine Gedenkschrift
vorgestellt. Herausgegeben wurde
das Werk vom Verein für Kultur und Heimatpflege
St. Pankraz in Zusammenarbeit
mit dem Südtiroler Künstlerbund.
Diese Gedenkschrift ist ein Versuch, Marsoners
Leben und Werk zwischen zwei Buchdeckeln
festzuhalten und seine literarischen
Leistungen zu würdigen. Im Rahmen einer
schlichten Feier mit musikalischer Begleitung
wurde zunächst in kurzen Streiflichtern
anhand von Bildern das schicksalhafte
Leben Marsoners aufgezeigt.
Fast 20 Jahre hat Blasisus Marsoner der
Übersetzung der „Divina Commedia“ von
Dante Alighieri gewidmet.
Fast 20 Jahre hat Marsoner der Übersetzung
der „Divina Commedia“ von Dante
Alighieri gewidmet, einem der bedeutendsten
Werke der Weltliteratur. Marsoner hatte
ein ausgezeichnetes Sprachgefühl. Neben
dieser Übersetzung ins Deutsche hat
Marsoner auch mehrere „Gedichte“, eine
„Geschichte des Ultentales“ und eine 200
Seiten umfassende Abhandlung „Meine
Weltanschauung“ verfasst.
Besonders am Herzen lag Marsoner die Erhaltung
echter Werte in seinem Heimattal.
Er hat oft den moralischen Zeigefinger erhoben,
wurde aber vielfach nur belächelt.
Darunter hat er sehr gelitten.
Ferruccio Delle Cave, ein Kenner der
Südtiroler Literaturlandschaft, hob bei
der Feier Marsoners literarische Leistungen
hervor und zeigte die Besonderheiten
dieser einmaligen Übersetzung
der „Divina Commedia“ auf. Es ist die
einzige deutsche Übersetzung im gesamten
Alpenraum.
In der öffentlichen Bibliothek St. Pankraz
können sämtliche Texte Marsoners in kopierter
Form eingesehen werden. Die Gedenkschrift
ist in der Bibliothek kostenlos
erhältlich.
Luis Egger
Verein für Heimatpflege St. Pankraz
KulturFenster 56
01/Februar 2022
Heimatpege
Kapelle und Gasthaus
mit Geschichte
Beispiele für gelungene Renovierungen beim Tag des offenen Denkmals
Im Zeichen zweier vor kurzem sanierter und
renovierter Objekte am Gries in Oberlana stand
der 18. Tag des offenen Denkmals. Der Heimatschutzverein
und der Bildungsausschuss
Lana hatten zur Besichtigung von Gasthaus
und Kapelle in der Metzgergasse sowie zur
Segnung der letzteren eingeladen.
Der Tag des offenen Denkmals war von einer
ehrenamtlichen Arbeitsgruppe vorbereitet
worden, die fast drei Jahre daraufhin gearbeitet
hatte. Coronabedingt hatte die Veranstaltung
2020 nicht abgehalten werden können.
Umso erfreulicher war es daher, als am
25. September 2021 Albert Innerhofer, Obmann
des Heimatschutzvereines, zahlreiche
Gäste begrüßen konnte. Er umriss die seit
2004 andauernden Bemühungen des Vereines,
die Wiesmair-Kapelle, die seit 1990
eine Denkmalschutzbindung aufweist, zu
restaurieren. Mit einem Eigentümerwechsel
vor wenigen Jahren konnte das Vorhaben
umgesetzt werden. Unter Aufsicht des
Denkmalamtes erfolgten Innen- und Außenrestaurierung,
wobei u. a. die barocke Fassung
mit Architekturmalerei und ein qualitätsvolles
Fresko des hl. Antonius von Padova
zum Vorschein kamen (einen ausführlichen
Bericht dazu gibt es im „KulturFenster“ Nr.
3/2020). Albert Innerhofer dankte allen, die
zur Aufwertung dieses Kulturdenkmales beigetragen
hatten.
Authentische Gastround
Hotelkultur
Die Wiesmair-Kapelle wurde von Diakon Hubert Knoll gesegnet.
Nach der Segnung der Kapelle durch Diakon
Hubert Knoll luden Martina und Andreas
Heinisch, die Betreiber des Gasthauses
„Reichhalter“, zu einem Umtrunk. Gertrud
Margesin, Obfrau des Bildungsausschusses,
sprach Begrüßungsworte, bevor Kapelle und
Gasthaus mit Führungen den ganzen Tag
über besichtigt werden konnten.
Eva Gadner, Christoph Gufler und Simon
Terzer erklärten den knapp 100 Interessierten
nicht nur die Geschichte beider Objekte,
sondern auch Wissenswertes zu den
Renovierungen und Revitalisierungen. Besonders
das Gasthaus „Reichhalter“ konnte
nach langjähriger Führung durch die bekannte
Wirtin Balbina Geiser Peintner und
folgendem Eigentümerwechsel in ein inzwischen
weltweit bekanntes Boutiquehotel
unter Führung von Klaus Dissertori umgewandelt
werden. Mit viel Gespür für eine
authentische Gastro- und Hotelkultur haben
Architekt Zeno Bampi und Einrichtungsarchitektin
Christina Biasi von Berg das ortsbildprägende
Gebäude wieder zu einem inte-
Fotos: Patrick Schwienbacher
ressanten Begegnungsort gemacht. Gerade
an der Wiesmair-Kapelle und am Gasthaus
„Reichhalter“ zeigte sich in bester Weise,
was der Tag des offenen Denkmals schon
seit der Begründung durch Altbürgermeister
Christoph Gufler bezweckt, nämlich auf
wertvolle Baudenkmäler aufmerksam zu
machen und dadurch beispielgebend deren
Erhaltung und Renovierung zu fördern.
Simon Terzer
Heimatschutzverein Lana
Authentisch und ortsprägend:
das Gasthaus
„Reichhalter“ in
Lana, hier beschrieben
von Christoph
Gufler.
KulturFenster 57
01/Februar 2022
hinausgeblickt
Südtiroler Motive für hohe Kunst
Buchtipp: Der Kunstmaler Oskar Mulley und seine Werke
Oskar Mulley (1891–1949) war ein bekannter
Kunstmaler mit interessantem Südtirol-
Bezug. Sein Urenkel und Nachlassverwalter
Herbert Ascherbauer hat nun ein Buch
über Mulley herausgegeben.
Oskar Mulley kam in Klagenfurt zur Welt.
Schon in der Realschule war das Zeichnen
und Malen seine große Leidenschaft.
Nach Abschluss der Kunstakademie trat
der akademische Maler seinen Präsenzdienst
an. Ende 1914 erfolgte die Einberufung
in den Krieg, der ihn 1916 an die
Südwestfront nach Südtirol führte. Dort
lernte er das Hochgebirge und die obersten
Siedlungen der Bauern kennen. Seine
Eindrücke hat er später in zahlreichen Bildern
verarbeitet.
Während des Ersten Weltkrieges erregte
Mulley erstmals auch im Süden Tirols
Aufmerksamkeit. Im Bozner Merkantilgebäude
gab es eine „Galerie heimischer
Kunst“. Dort war ein „äußerst gediegenes
Gemälde von Schloß Runkelstein“ ausgestellt,
das Ende Oktober 1917 mit einem
Artikel in der „Bozner Zeitung“ sowie in der
Zeitung „Der Tiroler“ (Innsbruck) gewürdigt
wurde. Im gleichen Jahr 1917 heiratete
Mulley Luise Staudacher aus Bruneck,
die er an ihrem Arbeitsplatz in der Bozner
Sparkasse kennengelernt hatte.
Zu Kriegsende 1918 wurde Mulley zum
Bei seiner Arbeit ließ sich der Künstler von der Südtiroler Landschaft inspirieren.
Stationskommando nach Kufstein versetzt,
wo er sich mit seiner Frau niederließ. Bald
schon konnte er sich als Künstler etablieren
und die materielle Existenz seiner Familie
– er hatte zwei Töchter – sichern.
„Egger Lienz der Landschaft“
Ab 1920 waren Mulleys vom Wiener Secessionismus
inspirierten Bilder in zahlreichen
Ausstellungen zu sehen. 1925 entstanden
die ersten Bilder hochalpiner Landschaften,
bei denen die mit Pinsel und Spachtel
dick aufgetragene Farbe geradezu in
Materie des Dargestellten übergeht. Einige
Mulley-Bilder wurden ausgezeichnet.
Auch wurde der Maler in die Künstlervereinigung
„Wiener Secession“ aufgenommen.
Die Presse bezeichnete ihn mitunter
als „Egger-Lienz der Landschaft“.
Mit der 1933 vom Deutschen Reich gegen
Österreich verhängten „1.000 Mark-
Sperre“ war Mulley von seinen deutschen
Kunsthändlern abgeschnitten. Schweren
Herzens verließ er deshalb das ihm zur
geliebten Heimat gewordene Land Tirol
und übersiedelte nach Garmisch in Bayern.
Dort widmete er sich fortan in feiner
Pinselmalerei und kleineren Bildformaten
Motiven des Alpenvorlandes.
Oskar Mulley verstarb im Jänner 1949.
Seine Bilder erzielen bis heute im Kunsthandel
und bei Auktionen beachtliche
Preise. Zwei Bilder sind in den Bergmuseen
von Reinhold Messner in Bruneck
und Bozen zu sehen.
Unlängst erschien ein Buch über Oskar
Mulley. Es ist über Buchhandlungen erhältlich
bzw. bestellbar, kann aber auch
per E-Mail (mulleybuch@gmail.com) um
35 Euro erstanden werden. Weitere Infos
dazu sind unter www.mulley.eu abrufbar.
Oskar Mulley um 1930
KulturFenster 58
01/Februar 2022
getragen
Leuchtend gelbe Immortellen
Ein Hauch von Orient auf Tiroler Trachtenhut
Sarner Trachtenhut mit Ewigkittar
Foto: KUADRAT – aus: „Die Sarner Tracht“,
Orientalische Strohblume
Foto: Wikimedia
Trocknen der Blütenstände
Foto: Internet
2011, S.103, Folio-Verlag
Bei der Männertracht spielt der Hut eine
wichtige Rolle. So ist es nicht verwunderlich,
dass man seit jeher versucht, durch
unterschiedlichstes Zierwerk den Blick ganz
besonders auf ihn zu lenken. Von Bändern
bis Kordeln, von Federn bis Flitterwerk, von
Schnallen bis Quasten findet man so ziemlich
alles, was einen Trachtenhut verschönern
kann. Ein besonderer Hingucker ist
dabei der Blumenschmuck, der sogar einen
ganz einfachen Hut gebührend aufhübschen
kann.
Blumen am Hut
Es ist bei uns Brauch, dass je nach Jahreszeit
und Anlass eine frische Blume auf
den Hut gesteckt wird. Naturblumen wie
die klassische Brennende Liab oder eine
rote Nelke mit etwas Geranienblatt, Asparagus
oder auch Eichenlaub verleihen
den Hüten erst ein festliches Aussehen.
Je nach Gegend kommen noch andere
Blumen zum Einsatz. Auch farblich ist so
ziemlich alles mit dabei. Bei Beerdigungen
allerdings wird auf Blumenschmuck verzichtet
und nur ein Fichtenzweig, etwas
Buchs oder Efeublatt am Hut getragen.
Ewigkittar
Mancherorts, wie zum Beispiel im Sarntal,
fallen goldgelb leuchtende Trockenblumen-Sträußchen
neben der roten Nelke
am Hut auf. Kleine, halbkugelige gelbe
Blüten ziehen unweigerlich die Blicke auf
sich. Ewigkittar, Ewigkeitsbuschn, Ewigkeitln,
Immortellen – alle Bezeichnungen
drücken letztendlich dasselbe aus: Diese
getrockneten Blümlein halten für immer,
bleiben immer gleich schön leuchtend gelb.
Orientalische Strohblume
„Helichrysum orientale“ – so lautet der
wissenschaftliche Name dieser Pflanze
aus der Familie der Korbblütler. Die Orientalische
Strohblume stammt ursprünglich
aus dem warmen Süden und hat von der
Westtürkei über die griechischen Inseln
der Ägäis ihren Weg in den mediterranen
Raum gefunden. Nässe liebt sie nicht. Am
wohlsten fühlt sie sich in der Vegetationszone
der Macchia. Interessant ist dabei die
Tatsache, dass sie trotz allem auch bei uns
an sonnigen, geschützten Stellen strenge
Winter mit bis zu minus zwölf Grad überstehen
kann. Wie sonst hätte sie wohl den
Weg auf unsere Trachtenhüte geschafft?
Trocknen der Blütenstände
Der immergrüne Halbstrauch ist in Südtirol
eher selten anzutreffen. Er wird bei
uns auch nur 20 bis 30 Zentimeter hoch.
Die mehrjährige Pflanze hat silbergraue,
an der Unterseite behaarte, rosettenartige
Blättchen. Die kleinen, doldenförmigen
Blüten erscheinen von Ende Juli
bis September an langen dünnen Stängeln.
Die Blüten dürfen nicht zu weit, aber
auch nicht zu wenig geöffnet sein, wenn
sie geschnitten, gebündelt und kopfunter
hängend im Schatten getrocknet werden.
Nur dann nämlich behalten sie für immer
ihre leuchtendgelbe Farbe.
Agnes Andergassen
Arge Lebendige Tracht
KulturFenster 59
01/Februar 2022
09.04.2022
Termine
72. Jahreshauptversammlung
des Heimatpflegeverbandes Südtirol
Ort: Bürgerhaus Tramin
Infos unter:
https://hpv.bz.it
07.05.2022
NEUER TERMIN: 74. Vollversammlung
mit Neuwahlen des VSM
im Waltherhaus Bozen – Beginn: 14 Uhr
Infos unter:
https://vsm.bz.it
21.05.2022
NEUER TERMIN: 73. Vollversammlung
mit Neuwahlen des SCV
im Vereinshaus Nals – Beginn: 15 Uhr
Infos unter:
https://scv.bz.it/vollversammlung