Be a Butcher: Magazin für den Fleischernachwuchs
Februar 2022
Februar 2022
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NACHHALTIGKEIT<br />
INTERVIEW<br />
Aus Lei<strong>den</strong>schaft<br />
Tim Stumpf (25) gewann 2019 <strong>den</strong> norddeutschen<br />
Leistungswettbewerb auf<br />
dem Priwall als bester Fleischer. Daraufhin<br />
wurde er <strong>für</strong> das Auswahltraining<br />
der Nationalmannschaft nominiert und<br />
schaffte es ins Team. Wie das seine Karriere<br />
beeinflusst hat, erzählt er im Interview.<br />
und <strong>Be</strong>rufung<br />
Für Tier und Mensch<br />
Fleischerhandwerk übernimmt Verantwortung<br />
In Sothel, einem Ortsteil der niedersächsischen<br />
Gemeinde Scheeßel, befindet sich<br />
der Hof der Familie Miesner. Einst ausschließlich<br />
landwirtschaftlich genutzt, gehören<br />
heute 25 Hektar Nutzfläche, Stallungen <strong>für</strong><br />
rund 350 Schweine, ein modernes Schlachthaus<br />
samt Produktion und ein vor kurzem<br />
errichtetes La<strong>den</strong>geschäft zum <strong>Be</strong>trieb. „Jeder<br />
der möchte, kann bei uns hinter die Kulissen<br />
gucken: von der Aufzucht der Tiere über die<br />
Schlachtung bis hin zur Herstellung unserer<br />
Produkte“, sagt der Inhaber <strong>Be</strong>rnd Miesner.<br />
„Dadurch, dass wir alles in einem System<br />
haben, bleiben wir nachhaltig. Ich weiß, wo die<br />
Tiere herkommen und wie mit ihnen umgegangen<br />
wurde“, so der gelernte Fleischermeister<br />
und Landwirt. Der respektvolle Umgang mit<br />
Tieren hat <strong>für</strong> die Hausschlachterei Miesner<br />
schon immer höchste Priorität. Das zeigt<br />
sich auch darin, dass umliegende Höfe und<br />
Fleischerkolleg*innen, die selbst nicht mehr<br />
schlachten, Rinder, Schweine und Co. in die<br />
achtvollen Hände von Miesner und seinen<br />
Mitarbeiter*innen geben. Lange Transport-<br />
wege sowie Massentierhaltung sind <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
Familien vater ein absolutes No-Go.<br />
Diese Firmenphilosophie aus Respekt vor der<br />
Kreatur, Transparenz und Regionalität zahlt<br />
sich aus: Schlachtbetrieb und La<strong>den</strong>geschäft<br />
gelten in der Region als „erste Adresse“, viele<br />
Wiederverkäufer wie Fleischabteilungen örtlicher<br />
Supermärkte setzen auf Miesners handwerklich<br />
hergestellte Qualitätsprodukte.<br />
Das Engagement des 54-Jährigen geht allerdings<br />
noch weiter. <strong>Be</strong>rnd Miesner übernimmt<br />
auch eine besondere soziale Verantwortung<br />
<strong>für</strong> seine Angestellten: „Die Arbeit in einem<br />
Schlachtbetrieb mit La<strong>den</strong>geschäft kann körperlich<br />
fordernd sein. Das darf aber nicht auf<br />
Kosten der Gesundheit unserer <strong>Be</strong>schäftigten<br />
gehen.“ Damit das nicht passiert und seine<br />
Leute fit bleiben, tut der Inhaber des Familienunternehmens<br />
eine Menge. Da<strong>für</strong> wurde er<br />
jüngst mit dem Preis „Topfit im Handwerk“ von<br />
der Krankenkasse IKK classic und <strong>den</strong> Unternehmensverbän<strong>den</strong><br />
Handwerk Niedersachen<br />
e.V. (UHN) ausgezeichnet.<br />
Seit dem Leistungswettbewerb<br />
ist einiges passiert: Unter<br />
anderem hast du deinen Meister<br />
gemacht und warst auf Reisen.<br />
Was machst du im Moment?<br />
Seit Juli bin ich wieder zu Hause<br />
– eigentlich nur um mich gegen<br />
Corona impfen zu lassen – und<br />
sammle jetzt Erfahrungen in<br />
der Landwirtschaft. Durch<br />
Zufall habe ich eine Landwirtin<br />
kennengelernt, die ein<br />
Projekt zur Selbstvermarktung<br />
ihrer Mutterkuhherde gestartet<br />
hat. Dabei möchte ich sie<br />
gern unterstützen. Es geht um<br />
<strong>den</strong> Bau eines Schlachthauses<br />
und um das Thema Fleischveredelung.<br />
Im Moment ist es<br />
viel bürokratischer Aufwand,<br />
ab April soll es dann aber mit<br />
der Schlachtung losgehen.<br />
Viele Abiturient*innen wollen<br />
nach dem Abschluss<br />
reisen und die Welt sehen.<br />
Wie war das bei dir?<br />
Ich wollte auch reisen! Um Geld<br />
da<strong>für</strong> zu verdienen, habe ich auf<br />
dem örtlichen Wochenmarkt<br />
bei einer Fleischerei gejobbt. Als<br />
mein Chef mich fragte, ob ich<br />
eine Ausbildung bei ihm beginnen<br />
wollte, hat das 18-jährige<br />
Ich gezögert. Was wür<strong>den</strong> <strong>den</strong>n<br />
die Frauen von mir <strong>den</strong>ken ...<br />
Schließlich habe ich das Jobangebot<br />
dann doch angenommen,<br />
<strong>den</strong>n wie mein Onkel<br />
so schön sagte: „Das ist kein<br />
Entschluss <strong>für</strong>s Leben“. Heute<br />
allerdings sind aus der reinen<br />
Ausübung des <strong>Be</strong>rufs Lei<strong>den</strong>schaft<br />
und <strong>Be</strong>rufung gewor<strong>den</strong>.<br />
Gemeinsam mit Kolleg*innen<br />
setzt du dich in der Nationalmannschaft<br />
<strong>für</strong>s Fleischerhandwerk<br />
ein. Was ist dir<br />
hierbei besonders wichtig?<br />
Am wichtigsten ist mir, das<br />
Thema Fleisch an die Jugend heranzutragen.<br />
<strong>Be</strong>sonders am Herzen<br />
liegen mir hier die Aspekte<br />
Klimaschutz und Nachhaltigkeit.<br />
Viele wissen zum <strong>Be</strong>ispiel gar<br />
nicht, welch großen Einfluss<br />
die Massentierhaltung auf <strong>den</strong><br />
Klimawandel hat und was alles<br />
machbar wäre, wenn ein Großteil<br />
der Verbraucher*innen wieder ins<br />
Fachgeschäft statt zum Supermarkt<br />
gehen wür<strong>den</strong>. Hier gilt<br />
es, Aufklärungsarbeit zu leisten.<br />
Du bist nicht nur Fleischermeister,<br />
sondern auch Fleischsommelier:<br />
Was kann man<br />
sich darunter vorstellen?<br />
Ich vergleiche das gern mit<br />
einer Torte: die Ausbildung<br />
ist die Basis, der Meister ist<br />
das erste Stockwerk und der<br />
Fleischsommelier ist dann<br />
das Sahnehäubchen.<br />
Während des zweiwöchigen<br />
Kurses habe ich viele Denkanstöße<br />
bekommen. Es ging um<br />
vertiefende Einblicke rund um<br />
die Urproduktion, die Geschichte<br />
des Fleischerhandwerks, neue<br />
Zuschnitte und andere Möglichkeiten<br />
der Wertschöpfung. Ich<br />
bin fest davon überzeugt, dass<br />
man sich als moderner Fleischer<br />
immer weiterbil<strong>den</strong> und stetig<br />
weiterentwickeln muss. Die<br />
Fortbildung hat mir hier viele<br />
Anknüpfungspunkte gegeben.<br />
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