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Juli 2004 - Hanfjournal

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ueberregional<br />

Und schuld sind nur die Russen!<br />

Hanf Journal-Partytest: Die grossstadtsurvivor auf der Fusion<br />

Es war einmal ein kleines Stück Erde im mecklenburgvorpommerschen<br />

Hinterland. Dort wohnten die Einwohner<br />

mehrerer kleiner Dörfer glücklich und bescheiden, bis eines<br />

Tages die Russen kamen. Diese kommunistischen Gesellen<br />

mochten gerade dieses Gebiet besonders gerne, weshalb sie<br />

runde Hänge bauten und mit Atomraketen dieses besagte Stück<br />

Erde schützten. Doch das wurde den Russen irgendwann zu<br />

blöd. Deshalb sind sie wieder gegangen, haben aber<br />

freundlicherweise die Hangars, das Stückchen Erde und den<br />

Kommunismus dagelassen. Das freute die Post-Hippies sehr,<br />

die einige Jahre später dieses nette Stückchen Land für sich<br />

beanspruchten. Dass es etwas Mystisches in sich hatte, merkten<br />

sie sofort und sie blickten in die Zukunft und sahen staubige<br />

Tanzflächen und johlende Menschen.<br />

Heute gehört ihnen dieses Stückchen Land und keiner der<br />

Anwohner, die beim Anblick der alljährlich anrückenden Freaks<br />

gerne mal etwas erschreckt aussehen, kann mehr etwas gegen<br />

dessen viertägige Besetzung unternehmen. Was dieses Land<br />

nun ist? Nun, hier streiten sich die Geister. Die einen behaupten<br />

inständig, es wäre eine neue Galaxie. Astronauten würden mit<br />

einer überdimensionalen Rakete ins All starten. Doch auch<br />

andere Gerüchte, es wäre ein kleines gallisches Dorf oder es<br />

sei wirklich das Auenland, halten sich inständig. Nach<br />

eingehender Untersuchung konnten wir jedoch feststellen, dass<br />

wir es auch nicht wissen.<br />

Dieses Land ist bevölkert von merkwürdigen Gestalten: Zwerge<br />

und Riesen, Engel und Teufel, Drachen und Ritter und natürlich<br />

Freaks, noch krasseren Freaks und grossstadsurvivorn. Die<br />

Bewohner dieses Landes wohnen in kleinen knubbelförmigen<br />

Gebilden, die sich mit Eisennägeln im Boden festkrallen. Bis<br />

zum Horizont erstrecken sich diese Wohnblasen. Manche<br />

Bewohner schlafen auch in ihren Autos und Bussen und manche<br />

schlafen einfach überhaupt nicht.<br />

Achtung!<br />

jeder Missbrauch von<br />

Drogen ist gefährlich!<br />

Wir wollen niemanden<br />

dazu auffordern oder<br />

animieren Drogen zu<br />

konsumieren<br />

Um dies zu schaffen, trinken sie so viel Kaffee, dass man fast<br />

denken könnte, sie hätten Drogen konsumiert. Doch wieder<br />

zurück zum Schlafen. Die Knubbel, in denen sie wohnen, sind<br />

nicht wirklich groß, die Betten darin nicht so bequem und hin<br />

und wieder kommt auch der Regen durch die Decke. Doch das<br />

nennen diese Wesen, dann einfach nur „naturverbunden“ und<br />

freuen sich tierisch drüber, in einer Plastiktüte zu schlafen.<br />

Spätestens am vierten Tag ihres nur vier Tage langen Lebens<br />

(danach bemächtigt sich wieder ein unheimlich spießiger Geist<br />

ihrer Körper und zwingt sie dazu, fünf Tage die Woche einer<br />

geregelten Beschäftigung nachzugehen) stinken diese Wesen<br />

unheimlich stark nach einer Mischung aus allem, was verwesen<br />

kann. Aber das macht ihnen selbst nichts aus. Ihr Geruchssinn<br />

ist, ebenso wie der Sehsinn und das Gehör, extrem<br />

unempfindlich. Deshalb sind überall auf dem Gelände schwarze<br />

Türme aufgebaut, die unaufhörlich mächtige Basswellen über<br />

das Gelände schicken und den nebelsichtigen Bewohnern damit<br />

eine gewisse Orientierung ermöglichen. Prinzipiell scheinen<br />

diese Wesen eher auf auditive Signale zu reagieren als auf<br />

optische. So kann es oft vorkommen, dass zwei Wesen zwei<br />

Stunden nebeneinander stehen und sich nicht bemerken. Geleitet<br />

von den durchdringenden Bassweisern, wuseln diese<br />

Geschöpfe, die auch von manchen als Vier-Tages-Tanzer (für<br />

alle die den Witz nicht kapiert haben: Ein-Tags-Fliege) bezeichnet<br />

werden, durch das ganze Stück Erde, hopsen dabei, manche<br />

springen sogar – aber wieso?<br />

Na, es müssen wohl die übersphärischen Gutelaune-Wellen<br />

sein, die überall wie feine Nebelfäden über dem Gelände<br />

hängen. Zahlreiche Gutelaune-Wellen-Empfänger sind<br />

unterwegs und offerieren ihre Beute überall, sodass niemand<br />

leer ausgehen muss. Aber es mag auch einfach die Atmosphäre<br />

sein. Denn im Auenland ist alles möglich und alles erlaubt. Es<br />

gibt nur die allernötigsten Regeln. Quasi wie im Paradies<br />

(übrigens: Dass das Paradies auf Dauer nicht funktionieren<br />

würde, merkt man spätestens am dritten Tag an den zugekackten<br />

Gehwegen).<br />

Doch ein Jahr haben nun kleine Elfen Zeit, die Kacke<br />

wegzuräumen und sich wieder viele kleine, filmige und<br />

wunderliche Dinge auszudenken. So mag zwar der eine den<br />

Lichterwald vermisst haben oder auch vom Freakfrachter<br />

enttäuscht gewesen sein, so freute sich der andere über den<br />

neuen Feuerring, den Zauberwald oder die vielen Monde des<br />

Stückchens Erde. Einige freuten sich auch einfach über sich<br />

selbst. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal<br />

erzählt werden.<br />

Verwirrend war dieses Land – wir können gar nicht sagen wie.<br />

Denn als eclipse das E wieder fand, war es tatsächlich nur<br />

noch ein Buchstabe.<br />

Sehr oft kam es auch vor, das einen der Erinnerungssauger,<br />

der hoch auf einem Hangar thronte, mit seinem Laserstrahl<br />

erwischte und sämtliche Erinnerungen der letzten fünf Stunden<br />

auslöschte. Auch Menschen, die eine halbe Stunde lang nur<br />

drei Schritte nach rechts und nach links gingen, machten uns<br />

nicht gerade schlauer.<br />

Und viel zu schnell vorbei war’s natürlich wieder (woran<br />

vermutlich auch der Erinnerungssauger nicht ganz unschuldig<br />

war). Das schmeckt uns natürlich gar nicht. Aber wies ja so<br />

schön heißt: Nach der Fusion ist vor der Fusion.<br />

Ach ja, eines noch: Eigentlich durftet ihr das hier ja gar nicht<br />

lesen. Hochoffiziell wurde das Hanf Journal im Vorfeld des<br />

wahrscheinlich schönsten Festivals der Welt gebeten, von<br />

Berichterstattung abzusehen. Und tatsächlich: Wir waren brav.<br />

Unsere Leserschaft hatte keine Ahnung, dass es so was wie<br />

die Fusion überhaupt gibt. Anders als die der Raveline. Deren<br />

Hype bescherte uns vielleicht auch die ganzen Prolls und<br />

Raver. Aber wahrscheinlich haben das auch nur die Russen<br />

eingefädelt!<br />

Eure grossstadtsurvivor

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