Emanzipationsfalle Kind?
Emanzipationsfalle Kind?
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Feministisches Grundstudium<br />
Lehrgang universitären Charakters<br />
7. Diplomlehrgang<br />
Januar 2010 bis Dezember 2011<br />
<strong>Emanzipationsfalle</strong> <strong>Kind</strong>?<br />
Verfasserin: Christa Käfer<br />
Erstbegutachtung: Dr.in Irmtraud Voglmayr<br />
Zweitbegutachtung: Dr.in Ursula Kubes-Hofmann<br />
Rosa-Mayreder-College<br />
Bundesinstitut für Erwachsenenbildung<br />
Die Wiener Volkshochschulen GmbH
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um einigen Menschen in meinem Umfeld zu<br />
danken.<br />
Marie…<br />
die mich zur Feministin werden ließ.<br />
Herbert…<br />
der mich in meinem feministischen Bemühen unterstützt, mit mir diesen Weg<br />
engagiert partnerschaftlich geht und mich stets an „unser WIR“ erinnert.<br />
Irmi Voglmayr…<br />
für ihre aufmunternde, erfrischende, unkomplizierte Art und Weise bei der Betreuung<br />
meiner Diplomarbeit.<br />
Ursula Kubes-Hofmann…<br />
für die Konzeption des Lehrganges und dem damit verbundenen, wunderbaren<br />
Raum um sich auszutauschen, zu vernetzen und gemeinsam zu lernen.<br />
Und last but not least meiner treuen Freundin Kerstin…<br />
für die Unterstützung in allen Lebenslagen.<br />
2
Code of Honour<br />
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne<br />
fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den<br />
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich<br />
gemacht habe.<br />
Christa Käfer, Bad Vigaun,14. Oktober 2011<br />
3
VORWORT<br />
„Ich denke, es ist Zeit, daran zu erinnern: Die Vision des Feminismus ist nicht eine<br />
‚weibliche Zukunft’. Es ist eine menschliche Zukunft. Ohne Rollenzwänge, ohne<br />
Macht- und Gewaltverhältnisse, ohne Männerbündelei und Weiblichkeitswahn“, sagte<br />
Johanna Dohnal am 22. März 2004 bei einem Gastvortrag an der Technischen<br />
Universität Wien.<br />
Dieser Ausspruch der ehemaligen österreichischen Bundesministerin für<br />
Frauenangelegenheiten steht im Wesentlichen für meinen Zugang zum Thema<br />
Feminismus. Die gleichberechtigte Partnerschaft, ohne Rollenklischees, wird<br />
allerdings in unserer Gesellschaft noch immer nicht flächendeckend gelebt.<br />
Spätestens dann nicht mehr, wenn <strong>Kind</strong>er ins Spiel kommen.<br />
Ich versuche, ein gleichberechtigtes Beziehungsleben zu führen. Es gibt für mich<br />
auch keinen einzigen nachvollziehbaren Grund, warum in meiner Partnerschaft nicht<br />
auch die Haushaltsführung zu 50 % geteilt wird. Daran änderte auch die Geburt<br />
unserer Tochter 2006 nichts. Ich betrachte es auch als selbstverständlich, dass sich<br />
mein Mann und ich die <strong>Kind</strong>erbetreuung partnerschaftlich teilen.<br />
Wir haben daher bereits vor der Geburt des <strong>Kind</strong>es entsprechende Abmachungen<br />
getroffen. Es war vereinbart, dass ich die ersten sechs Monate die <strong>Kind</strong>erbetreuung<br />
übernehme und danach wieder Vollzeit in meinen Job als Verkaufsleiterin einsteigen<br />
werde. Mein Mann beantragte im Anschluss Teilzeitkarenz (30 Stunden / Woche).<br />
Dementsprechend haben wir auch Gespräche mit unseren Arbeitgebern geführt, was<br />
zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt hatte: Mein Dienstgeber war sehr<br />
entgegenkommend und akzeptierte das von mir erarbeitete Konzept meiner<br />
Karenzvertretung. Der Dienstgeber meines Mannes lehnte das Ansuchen auf<br />
Teilzeitkarenz ab.<br />
Unsere Tochter ist mittlerweile fast fünf Jahre alt und wir teilen uns die<br />
<strong>Kind</strong>erbetreuung und Hausarbeit immer noch.<br />
4
Für meinen Mann und mich war es allerdings eine große Anstrengung, unseren Weg<br />
zu gehen. Von allen möglichen Seiten (Freunde, Bekannte, Familie) bekamen wir zu<br />
spüren, dass „etwas nicht stimmt“.<br />
Wenn ich es – gesellschaftlich betrachtet –„richtig“ gemacht hätte, wäre ich<br />
zumindest für zwei Jahre zu Hause bei unserem <strong>Kind</strong> geblieben, weil „ein <strong>Kind</strong> die<br />
Mutter braucht“. Diese auch im 21. Jahrhundert allgemein anerkannte „Wahrheit“ hat<br />
mich sehr beschäftigt und somit über Umwege zum Feministischen Grundstudium<br />
geführt. Letztlich hat mir dieses auch dazu verholfen, zu verstehen, wie sich eine<br />
solche Haltung derart in den Köpfen der Menschen manifestieren konnte.<br />
Insbesondere die Basismodule „Geschichte des politischen Feminismus“ und das<br />
Modul „Frauen und Geschlechterpolitik im internationalen Vergleich“ haben für mich<br />
maßgeblich dazu beigetragen, die strukturellen Benachteiligungen, die mit der<br />
Mutterschaft einhergehen, zu verstehen. Endlich konnte ich die von mir empfundene<br />
„Ungerechtigkeit“ in Worte fassen.<br />
Die Erfahrungen aus meinem persönlichen Hintergrund motivierten mich dann auch<br />
dazu, meine Abschlussarbeit zum Thema „<strong>Emanzipationsfalle</strong> <strong>Kind</strong>?“ zu verfassen.<br />
5
INHALTSVERZEICHNIS<br />
1. Problemstellung ………………………………………………………………. 8<br />
2. Theoretischer Teil ……………………………………………………………. 9<br />
2.1. Historische Begriffsbestimmung …………………………………………… 9<br />
2.1.1. Die Entstehung des Mutterkultes – ein Überblick ………………….... 9<br />
2.1.1.1. „Die natürliche Bestimmung der Frau“ im 19. Jahrhundert ……… 9<br />
2.1.1.2. „Das Mutterkreuz“ – Leitbild für deutsche Frauen im<br />
Nationalsozialismus ………………………………………………….. 11<br />
2.1.1.3. Die 1950er- und 60er-Jahre – Das „goldene Zeitalter“ von Ehe und<br />
Familie ……………………………………………………………….... 13<br />
2.1.1.4. Die 1970er-Jahre bis zum neuen Familienrecht …………………. 14<br />
2.1.1.5. Frau-Sein im 21. Jahrhundert ………………………………………. 16<br />
2.2. Rechtliche Rahmenbedingungen in Österreich für Elternkarenz 2011 26<br />
2.2.1. Das <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld ……………………………………………. 26<br />
2.2.1.1. Modelle der Pauschalvariante ……………………………………..... 27<br />
2.2.1.2. Einkommensabhängiges <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld ………………... 29<br />
2.3. Best Practice Beispiele: Karenzregelungen in Schweden und Finnland 29<br />
2.3.1. Schweden ……………………………………………………………….. 29<br />
2.3.2. Finnland …………………………………………………………………. 30<br />
3. Empirischer Teil ………………………………………………………….….. 32<br />
3.1. Methode: Das Leitfadeninterview …………………………………………. 32<br />
3.2. Datenanalyse und Interpretation ………………………………………….. 33<br />
3.2.1. Interviewpartnerinnen …………………………………………………. 33<br />
3.2.2. Familiäres und berufliches Umfeld ………………………………….. 34<br />
3.2.3. Die Familienplanung ………………………………………………….. 35<br />
3.2.4. Rollenverständnisse …………………………………………………… 35<br />
3.2.5. Karenzzeit und <strong>Kind</strong>erbetreuung …………………………………...... 35<br />
3.2.6. Die Arbeitgeber und der Wiedereinstieg …………………………….. 37<br />
3.2.7. Rollenbilder und Beziehungsmuster …………………………………. 37<br />
3.2.8. Wertschätzung und Zufriedenheit ……………………………………. 38<br />
3.2.9. Drei Wünsche …………………………………………………………… 38<br />
4. Resümee und Ausblick …………………………………………………..…. 39<br />
5. Literatur und Quellen …………………………………………………….…. 42<br />
6. Anhang ……………………………………………………………….……….. 45<br />
6
1. PROBLEMSTELLUNG<br />
Studien – wie etwa der Frauenbericht 2010 – belegen, was mir eigene Erfahrungen<br />
im Freundes- und Bekanntenkreis zeigen: Frauen – gut bis sehr gut gebildet,<br />
etabliert im Beruf, sich selbst sogar als emanzipiert betrachtend – ziehen sich auch<br />
im Jahr 2011 bei der Geburt eines <strong>Kind</strong>es mit völliger Selbstverständlichkeit aus dem<br />
Beruf zurück, um sich ganz auf <strong>Kind</strong>erbetreuung und Haushaltsführung zu<br />
konzentrieren.<br />
So wie ich es persönlich in meinem Umfeld erlebe, ist dieser Rückzug aus dem<br />
Berufsleben und die Konzentration auf das „Mutter-Sein“ für Frauen ein Rückschritt<br />
in die tradierten Rollenbilder und -muster. Die <strong>Kind</strong>erbetreuung und<br />
Haushaltsführung ist dann wieder fest in „Frauenhand“. Der Beruf, die Karriere und<br />
das Geld sind zugleich wieder ausschließlich männlich besetzt. Nach zwei bis drei<br />
Jahren versuchen die Frauen, wieder in den Beruf einzusteigen – sehr oft in Teilzeit<br />
– siehe auch die nachfolgende Tabelle aus dem Frauenbericht 2010:<br />
Abb. 1: Frauenbericht 2010: 171.<br />
In der vorliegenden Arbeit versuche ich, die Motive darzustellen, warum sich gut<br />
ausgebildete und im Beruf etablierte Frauen bei der Geburt eines <strong>Kind</strong>es mit einer<br />
Selbstverständlichkeit aus dem Berufsleben zurückziehen und sich ausschließlich<br />
7
auf ihre Aufgabe als Mutter konzentrieren. Weiters hinterfrage ich, warum diese<br />
Frauen keine aktive Karenzzeit der Väter einfordern.<br />
Beleuchtet wird zudem, wie und wo im partnerschaftlichen bzw. familiären<br />
Zusammenleben nach der Geburt des <strong>Kind</strong>es Realität und Wunschvorstellung<br />
auseinanderklaffen und welche Handlungsspielräume Frauen dann sehen bzw.<br />
nützen. Ein Augenmerk gilt auch der Rolle der Väter sowie der Erwartung der Frauen<br />
an die Männer in dieser Rolle.<br />
Ich gehe in meiner Arbeit von der These aus, dass viele der historischen Ansätze<br />
nach wie vor noch tief in unserer Kultur verankert sind und von den Frauen (bewusst<br />
oder unbewusst) nach der Geburt des ersten <strong>Kind</strong>es entsprechend „gelebt“ bzw.<br />
„umgesetzt“ werden – egal wie gut ausgebildet oder modern diese Mütter ansonsten<br />
in ihrer Lebensführung auch sind.<br />
Im ersten, theoretischen Teil dieser Arbeit gebe ich einen historischen Überblick über<br />
die Entstehung des Mutterkultes ausgehend vom 19. Jahrhundert bis hin zur Stellung<br />
der Frau im 21. Jahrhundert, inklusive einem Überblick über die rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen in Österreich für Elternkarenz 2011. Zudem wird die Wirkung<br />
des in unserer Gesellschaft manifestierten Mutterkultes dargelegt.<br />
Im zweiten, empirischen Teil werden daran anschließend drei qualitative<br />
Leitfadeninterviews, die ich mit Frauen (Müttern) geführt habe, in Hinblick auf meine<br />
Fragestellungen ausgewertet. Ich gehe der zentralen Fragestellung nach, wie tief die<br />
traditionellen Rollenbilder heute noch verankert sind bzw. wie sie „modern“ gelebt<br />
werden.<br />
8
2. THEORETISCHER TEIL<br />
2.1. Historische Begriffsbestimmung<br />
2.1.1. Die Entstehung des Mutterkultes – ein Überblick<br />
2.1.1.1. „Die natürliche Bestimmung der Frau“ im 19. Jahrhundert<br />
Die traditionellen Geschlechterrollen, die wir heute in Österreich und Deutschland<br />
kennen und welche auch gegenwärtig noch tief in unserer Gesellschaft verankert zu<br />
sein scheinen, wurden im 19. Jahrhundert „konstruiert“.<br />
In der Zeit vor der Industrialisierung lebten die Menschen in „Lebens- und<br />
Wirtschaftsverbänden“. Der Lebensmittelpunkt war der gemeinsame Haushalt. Die<br />
Tätigkeiten wurden von allen darin lebenden Personen verrichtet: Männer, Frauen,<br />
<strong>Kind</strong>er, Verwandte, Mägde, Knechte.<br />
Hahn schreibt, dass Erwerbstätigkeit und Arbeit im Haushalt eine räumliche und<br />
wirtschaftliche Einheit waren. Man kann auch sagen, Wohn- und Arbeitsplatz waren<br />
noch nicht getrennt voneinander, ebenso wenig die Herstellung und der Konsum der<br />
Produkte. Es gab daher auch noch keinen abgetrennten, „privaten“ Haushalt unter<br />
der Leitung der Frau im heutigen Sinn (vgl. Hahn 1993: 4).<br />
Vorrangig ging es in diesen Wirtschaftsgemeinschaften um die tägliche<br />
Existenzsicherung und den Erhalt der Generationenabfolge. Persönlichen<br />
Bedürfnissen, Neigungen, Wünschen und Gefühlen wurde wenig Beachtung<br />
geschenkt. Es ging um das Gemeinwohl. Auch die Partnerwahl und die Ehe waren<br />
ein vorwiegend ökonomisches Arrangement und nicht der „schönste Tag im Leben“.<br />
Ähnlich „praktisch“ ausgerichtet war das Verhältnis der Eltern zu ihren <strong>Kind</strong>ern:<br />
<strong>Kind</strong>er wurden gebraucht – als Erben, Arbeitskräfte und zur Altersversorgung der<br />
Eltern.<br />
Festzuhalten ist, dass das Familien-(Wirtschafts)-system als Ganzes im Mittelpunkt<br />
stand und nicht der / die Einzelne.<br />
9
Beck-Gernsheim meint daher, dass Mutterschaft unter diesen Bedingungen<br />
selbstverständliche Bestimmung des Lebens der (Ehe-)Frau ist, weil es eben kein<br />
„eigenes“ Leben gibt, sondern ein von den Interessen der Familiengemeinschaft<br />
bestimmtes Leben (vgl. Beck-Gernsheim 2006: 33). Die Frage nach dem<br />
<strong>Kind</strong>erwunsch schien sich zu erübrigen – die Familienwirtschaft brauchte <strong>Kind</strong>er.<br />
Mit der Industrialisierung vollzog sich ein großer Wandel: Die gemeinsame<br />
„Arbeitswelt“ teilte sich in den häuslichen und außerhäuslichen Bereich. Der Mann<br />
ging immer öfter einer außerhäuslichen Erwerbsarbeit nach, die Frauen wurden<br />
zunehmend auf das Haus beschränkt.<br />
„Mit der zunehmenden Entwicklung der Geldverhältnisse und der allmählichen Auslagerung der<br />
Arbeit des Mannes aus der Familienwirtschaft verliert die gebrauchswertschaffende Arbeit der Frau<br />
immer mehr an Bedeutung“ (Kubes-Hofmann 1993: 45).<br />
Der Aufgabenbereich der Frau verengte sich auf Arbeiten im Haus und gleichzeitig<br />
bekam sie eine Ausweitung ihrer Aufgaben „verordnet“ – dem Dasein für die Familie<br />
und als Hüterin der Moral zu agieren. So entstand eine neue Arbeitsteilung zwischen<br />
Mann und Frau: Er war zuständig für die Außenwelt, den Beruf, die Öffentlichkeit; sie<br />
für Heim, Haushalt, Familie und die Moral.<br />
Untermauert wurde dieses Bild durch Wissenschaft, Religion, Dichtung und Literatur.<br />
Die Rolle, wie Frau sein soll bzw. was die „Natur der Frau“ ist, wurde durch<br />
Philosophen als Norm legitimiert. Ein führender Vertreter jener Zeit ist Rousseau:<br />
„ […] so folgt daraus, dass die Frau eigens geschaffen ist, um dem Mann zu gefallen.“ (Rousseau<br />
1991: 386) und weiter „Die ganze Erziehung der Frauen muss daher auf die Männer Bezug<br />
nehmen. Ihnen gefallen und nützlich sein, ihnen liebens- und achtenswert sein, […] sie beraten,<br />
trösten und ihnen das Leben angenehm machen und versüßen: das sind zu allen Zeiten die<br />
Pflichten der Frau, das müssen sie von Ihrer <strong>Kind</strong>heit an lernen.“ (ebd.: 394)<br />
Die Aneinanderreihung von ähnlichen Zitaten aus jener Zeit ließe sich endlos<br />
fortsetzen. Es begann eine Kampagne, in der beschrieben wurde, wie Frauen sein<br />
sollen – Selbstaufgabe als Selbstverwirklichung.<br />
„Für die Frauen konstruieren die Männerphantasien der Philosophen […] einen Kreislauf des<br />
unausweichlichen Dilemmas: wollen sie aufbegehren, rebellieren sie gegen ihren „eigenen<br />
Kulturcharakter“ und erreichen ihre „Bestimmung“ nicht, werden sie ihrer „natürlichen Bestimmung“<br />
gerecht, müssen sie sich selbst aufgeben, auf sich selbst verzichten.“ (Kubes-Hofmann 1993: 59)<br />
10
Neben der Zuschreibung der Geschlechterrollen wurde in dieser Zeit auch die<br />
„Erziehung der <strong>Kind</strong>er“ entwickelt. Bis dahin hatte man der Erziehung nicht wirklich<br />
Beachtung geschenkt. Man begann, das <strong>Kind</strong> als eigenständige Person mit<br />
Wünschen und Bedürfnissen zu sehen. Es entstand eine „bewusste Wahrnehmung<br />
der kindlichen Besonderheit, jener Besonderheit, die das <strong>Kind</strong> vom Erwachsenen,<br />
selbst dem jungen Erwachsenen, kategorial unterscheidet“ (Aries 1978, zit. nach<br />
Beck-Gernsheim 2006: 41).<br />
Der Arbeitsaufwand mit der Erziehungsarbeit erhöhte sich entsprechend, die<br />
Anforderungen und die Erwartungshaltungen an das Gelingen stiegen ebenfalls.<br />
Dem <strong>Kind</strong> als „natürlich“ am nächsten wurde die Mutter definiert und damit auch die<br />
Verantwortung entsprechend delegiert. In einem ärztlichen Ratgeber, erschienen<br />
1794, heißt es:<br />
„Was ist dem kleinen, hülflosen <strong>Kind</strong>e das größte Bedürfnis? Die Liebe und Sorgfalt der<br />
Mutter. – Kann diese Liebe und Sorgfalt der Mutter durch andere Personen ersetzt werden?<br />
Nein, nichts kommt der mütterlichen Liebe gleich. – Warum bedarf es der mütterlichen Liebe<br />
und Sorgfalt? Weil das <strong>Kind</strong> einer so mühsamen Wartung und Pflege, einer so liebreichen<br />
Behandlung bedarf, daß nur die Mutter sie willig und gern erfüllt.“ (ebd.: 43)<br />
Mit der Auflösung der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften aufgrund der<br />
Industrialisierung kam es immer mehr zu einer Entfernung des Mannes zu den<br />
<strong>Kind</strong>ern. Die allgemeinen Versorgungsarbeiten der <strong>Kind</strong>er waren immer<br />
Frauensache, doch die Väter hatten die Verantwortung für den Gehorsam. Da dies<br />
aufgrund der Abwesenheiten immer weniger möglich war, wurde den Müttern die<br />
Gesamtverantwortung übertragen und sie wurden zu den Hüterinnen der Moral.<br />
2.1.1.2. „Das Mutterkreuz“ – Leitbild für deutsche Frauen im<br />
Nationalsozialismus<br />
Mutterschaft wurde als eine der Schlüsselaufgaben von Frauen im<br />
Nationalsozialismus propagiert. Unter anderem wurde das „Hilfswerk für Mutter und<br />
<strong>Kind</strong>“ 1934 etabliert, Hausfrauenkurse und Ehestandsdarlehen wurden angeboten<br />
(vgl. Benz 1993: 28).<br />
11
Mit der Etablierung des Nationalsozialismus kam die erste Frauenbewegung zum<br />
Erliegen. Die erste Frauenbewegung kämpfte unter anderem mit Erfolg für das<br />
Frauenwahlrecht, das Recht auf Bildung und Erwerbstätigkeit.<br />
Das Werk von Olympe de Gouges mit dem Titel „Die Rechte der Frau“ (Les droits<br />
des femmes) aus dem Jahr 1791 mit der „Erklärung der Rechte der Frau und<br />
Bürgerin“ (Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne) , gilt als<br />
Schlüsseldokument in der Geschichte der Frauen, der Frauenbewegung und des<br />
feministischen Denkens (vgl. Bock 2009, 14.10.2011).<br />
Prominente Vertreterinnen der ersten Frauenbewegung waren unter anderen<br />
Marianne Hainisch (1839-1936), Auguste Fickert (1855-1910), Rosa Mayreder<br />
(1858-1938) und Adelheid Popp (1869-1939) (vgl. Demokratiezentrum, 14.10. 2011).<br />
Die Leitlinien über die Rollenzuordnungen von Mann und Frau im NS-Staat wurden<br />
in verschiedensten Reden von Hitler, „Reichsfrauenführerin“ Scholtz-Klink und<br />
anderen proklamiert. Aus einer Rede Hitlers vor der NS-Frauenschaft anlässlich des<br />
NSDAP-Reichsparteitages in Nürnberg am 8. September 1934:<br />
„Das Wort von der Frauen-Emanzipation ist ein nur vom jüdischen Intellekt erfundenes Wort, und<br />
der Inhalt ist von demselben Geist geprägt. […] Wenn man sagt, die Welt des Mannes ist der<br />
Staat, die Welt des Mannes ist sein Ringen, die Einsatzbereitschaft für die Gemeinschaft, so<br />
könnte man vielleicht sagen, daß die Welt der Frau eine kleinere sei. Denn ihre Welt ist ihr Mann,<br />
ihre Familie, ihre <strong>Kind</strong>er und ihr Haus. […] Jedes <strong>Kind</strong>, das sie zur Welt bringt, ist eine Schlacht,<br />
die sie besteht für Sein oder Nichtsein ihres Volkes.“ (Hitler 1934, zit. nach Benz 1993: 42 f).<br />
Bei der Ausstellung „Frau und Mutter – Lebensquell des Volkes“ während des<br />
Reichsparteitages 1939 wurde weiter an diesem Bild gearbeitet. Der Lebenskreis der<br />
Frau war die Familie, sie war die Stätte der liebevollen Erziehung und noch nie<br />
wurde dieses Tun höher gewertet als im Nationalsozialismus. Höchstes Ziel war es,<br />
die Frau und die Familie zu schützen und deren Leben zu erleichtern und somit die<br />
Bildung neuer Familien zu unterstützen (vgl. Benz 1993: 105 f).<br />
Der Höhepunkt des Mutterkultes schien wohl der Erhalt des „Ehrenkreuzes der<br />
deutschen Mutter“ zu sein. Dieses stiftete Adolf Hitler für die Gebärfreudigkeit<br />
deutscher Frauen. Ab dem siebten <strong>Kind</strong> wurde das „Mutterkreuz“ in Gold verliehen.<br />
Mit diesem sollte der Dank des Führers „an die Besten seiner Mütter sichtbaren<br />
Ausdruck finden“ (vgl. ebd.: 108).<br />
12
Der Muttertag am jeweils zweiten Mai-Sonntag wurde 1934 fester Bestandteil des<br />
„NS-Feierjahres“; ab 1939 erfolgte an ihm die Verleihung des „Ehrenkreuzes“.<br />
Vorteile für die Trägerinnen ergaben sich unter anderem durch Bevorzugungen bei<br />
Behördengängen, Eisen- und Straßenbahnfahrten, der Altersversorgung und der<br />
Grußpflicht sämtlicher Mitglieder der Jugendformationen der Partei (vgl. ebd.: 108 ff).<br />
2.1.1.3. Die 1950er- und 60er-Jahre – Das „goldene Zeitalter“ von Ehe und<br />
Familie<br />
Die 1950er und 60er-Jahre gelten in der Familienforschung als das „Golden Age of<br />
Marriage“. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges folgten die Jahre des<br />
Wiederaufbaus – wohl auch getragen von einer Sehnsucht nach Ruhe und Ordnung;<br />
auch innerhalb der Familie (vgl. Beck-Gernsheim 2006: 85).<br />
Der „normale“ Ablauf war: jung zu heiraten (am besten auch kirchlich) und eine<br />
Familie mit vielen <strong>Kind</strong>ern zu gründen – sozusagen als Krönung der Liebe. Die<br />
Geschlechternormen wurden – wenn auch etwas modernisiert – aus dem 19.<br />
Jahrhundert mitgezogen; die normative Kraft kam wieder von Kirche, Wissenschaft<br />
und Politik (vgl. ebd.: 85 f).<br />
Es gab klare Vorstellungen von „männlich“ und „weiblich“, es dominierte das Modell<br />
der „Versorgerehe“. Im Einleitungstext des deutschen Gleichberechtigungsgesetzes<br />
vom 18.6.1957 heißt es:<br />
„Es gehört zu den Funktionen des Mannes, daß er grundsätzlich der Erhalter und Ernährer der<br />
Familie ist, während es die Frau als ihre vornehmlichste Aufgabe ansehen muß, das Herz der<br />
Familie zu sein.“ (vgl. Beck-Gernsheim 2006: 86)<br />
1953 hob die Regierung Adenauer in Deutschland die Familienpolitik in den Rang<br />
eines Ministeriums. In Österreich geschah dies im Jahr 1983. Der erste deutsche<br />
Bundesfamilienminister war Franz-Josef Wuermeling, CDU.<br />
13
Er blieb bis 1962 im Amt. Die Berufstätigkeit der Frau war ständiger Kritik ausgesetzt,<br />
auch durch Bundesminister Wuermeling: "Für Mutterwirken gibt es nun einmal keinen<br />
vollwertigen Ersatz." (vgl. Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und<br />
Jugend, 08.09.2011)<br />
Auf den Punkt gebracht: Es wurde das Hohelied der Familie gesungen. Auf<br />
ideologischer Ebene setzte sich das Bild vom „Mann, der das Geld verdient“ und „der<br />
Frau, die zu Hause bleibt“ als gesellschaftliche Norm durch.<br />
2.1.1.4. Die 1970er-Jahre bis zum neuen Familienrecht<br />
Ab den späten 1960er und den darauffolgenden 1970er-Jahren brachten die<br />
StudentInnen- und Neue Frauenbewegung den Aufstand gegen die traditionellen<br />
Strukturen. Die System-Familie und das Patriarchat wurden öffentlich in Frage<br />
gestellt und es wurde aufgezeigt, was Familie im klassischen Sinn noch sein kann:<br />
ein Ort von alltäglicher Gewalt und Unterdrückung (vgl. Beck-Gernsheim 2006: 90).<br />
Das Familienrecht, das 1970 gültig war, ging im Wesentlichen auf das Allgemeine<br />
Bürgerliche Gesetzbuch von 1811 zurück. Darin wurde der Mann zum "Haupt der<br />
Familie" erklärt. Frau und <strong>Kind</strong>er waren seinem Führungsanspruch unterstellt. Vom<br />
Mann leitete sich der Name der Familie ab. Er bestimmte über den Wohnsitz der<br />
Familienmitglieder und diese hatten ihm gegenüber die Pflicht, zu folgen (vgl.<br />
Familienrechtsform, 08.09.2011)<br />
Der Vater legte die Erziehungsziele und die Berufswahl der <strong>Kind</strong>er fest, die ihm zu<br />
Gehorsam verpflichtet waren. Auch der Vater hatte seine Pflichten: „Er musste für<br />
seine Familie sorgen und einen ‚anständigen’ Unterhalt leisten. Die Frau war ihm<br />
dafür zum Beistand verpflichtet und hatte sich um die Arbeit im Haushalt und die<br />
Pflege der <strong>Kind</strong>er zu kümmern.“ (ebd.)<br />
14
Kritik an diesem Familienrecht bestand seit langem. Am Stärksten forderten immer<br />
wieder die Frauen eine Veränderung. Adelheid Popp und Gabriele Proft, beides<br />
sozialdemokratische Nationalratsabgeordnete, hatten schon im Jahre 1925 „die<br />
Schaffung eines Gesetzes gefordert, das die Gleichstellung der Geschlechter im<br />
Familienrecht herbeiführen sollte und zwei Jahre später – nachdem in dieser Frage<br />
nichts geschehen war – einen beinahe gleichlautenden Antrag eingebracht“ (ebd.).<br />
In den 1970er-Jahren gelang allerdings erst die lang erhoffte Änderung. Die<br />
Familienrechtsreform mit Veränderungen im Ehe- und <strong>Kind</strong>schaftsrecht ergab unter<br />
anderem folgende Neuerungen: „Mit dem BG über die Neuordnung der persönlichen<br />
Rechtswirkungen der Ehe (BGBl 412/1975) wurde die Partnerschaft in der Ehe<br />
verankert, die Stellung des Ehemanns als Oberhaupt der Familie abgeschafft und die<br />
Gleichberechtigung der Frau in der ehelichen Gemeinschaft statuiert.“ (ebd.)<br />
Für die Frauen hieß das, dass ihr Ehemann ihnen die Berufstätigkeit nicht mehr<br />
untersagen durfte. Beide Partner hatten ab sofort gleichermaßen die Pflicht, zum<br />
Unterhalt der Familie beizutragen – mittels Erwerbstätigkeit oder durch die<br />
Hausarbeit. Damit wurde auch die Arbeit im Haushalt erstmals als gleichwertiger<br />
Beitrag zum Unterhalt anerkannt.<br />
Für den Scheidungsfall hieß dies, dass auch das während einer Ehe erworbene<br />
Vermögen geteilt werden musste. Nach partnerschaftlichen Grundsätzen sollten<br />
überdies der Familiensitz und -name festgelegt werden (ebd.).<br />
Zudem wurde mit der Neuordnung des <strong>Kind</strong>schaftsrechts (BGBl 403/1977) die<br />
"väterliche Gewalt" über dessen Söhne und Töchter beseitigt. Vater und Mutter<br />
hatten nun gleiche Rechte und Pflichten gegenüber den <strong>Kind</strong>ern. Im selben Zug<br />
wurde das <strong>Kind</strong> nicht mehr länger nur „Gegenstand elterlicher Bestimmung“, sondern<br />
wurde auch als Träger von Rechten und Pflichten betrachtet (ebd.).<br />
Zum ersten Mal in der Geschichte waren damit in Österreich Frauen und Männer auf<br />
allen Rechtsebenen gleichgestellt.<br />
15
2.1.1.5. Frau-Sein im 21. Jahrhundert<br />
Mittlerweile sind wir im Jahr 2011 angelangt. Zwischen 1970 und 2011 liegen 41<br />
Jahre. Frauen sind zwischenzeitlich so gut ausgebildet wie nie zuvor. Sie sind<br />
berufstätig und geben vor, emanzipiert zu sein. Gleichberechtigung und<br />
Partnerschaft in Beziehungen werden großgeschrieben.<br />
Die Erwerbsquote der Frauen in Österreich stieg von 61,4 % im Jahr 1998 auf 68,6<br />
% im Jahr 2008 (vgl. Familienbericht 2010: 131).<br />
Die Lebensrealitäten dieser Frauen ändern sich allerdings schlagartig, wenn sie<br />
Mütter werden. Dann gewinnt man den Eindruck, sie hätten eine Zeitreise zurück in<br />
das 19. Jahrhundert gemacht und gehen wieder ihrer „natürlichen Bestimmung“ –<br />
nämlich der Mutterschaft – nach.<br />
Aus dem Frauenbericht 2010 geht hervor, dass sich an der geschlechtsspezifischen<br />
Rollenaufteilung nicht viel geändert hat. Beim <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld im Jahr 2008<br />
lag der Frauenanteil bei 96 Prozent, der Anteil der<br />
<strong>Kind</strong>erbetreuungsgeldbeziehenden Männer stieg im Zeitraum 2002 bis 2008 von 1<br />
auf 4 % (vgl. Frauenbericht 2010: 226).<br />
Dieser Rückzug aus dem Berufsleben und die Konzentration auf das „Mutter-Sein“ ist<br />
ein Rückschritt in die tradierten Rollenbilder und -muster. Die <strong>Kind</strong>erbetreuung und<br />
Haushaltsführung sind dann wieder fest in „Frauenhand“, der Beruf, die Karriere und<br />
das Geld sind wieder ausschließlich männlich besetzt. Vor allem auch bei den<br />
weißen „Mittelschichtsfrauen“. Friederike von Tiedemann erkennt darin eine<br />
„unfertige Emanzipation“ (Tiedemann 2011, zit. nach Langeneder 2011: 6).<br />
Handlungsspielräume für Frauen<br />
Noch nie hatten Frauen in unseren Breitengraden ein derart breites<br />
Handlungsspektrum wie in der aktuellen Epoche. Manche Frauen träumen davon<br />
den „Prinzen“ zu finden und ihr Leben ihm und einer großen Familie zu widmen,<br />
andere davon, Beruf und Familie zu vereinbaren und ein wiederum anderer Teil<br />
16
entscheidet sich bewusst gegen <strong>Kind</strong>er und für ein selbstbestimmtes Leben. Wobei<br />
auch Letzteres in unserer Gesellschaft sehr misstrauisch beäugt wird.<br />
Catherine Hakim war eine der Ersten, die sich der Untersuchung dieser Vielfalt<br />
gewidmet hat (Hakim 2000, zit. nach Badinter 2010: 35). Sie unterscheidet demnach<br />
drei Kategorien: home-centered (heimorientiert), adaptive (flexibel, anpassbar) und<br />
work-centred (berufsorientiert). Grob können diese Kategorien nach Hakim (ebd.) wie<br />
folgt beschrieben werden:<br />
� home centered (je nach Land zwischen 10 und 30 % der Frauen):<br />
Familienleben und <strong>Kind</strong>er haben oberste Priorität, die Frauen ziehen es vor,<br />
nicht zu arbeiten – eine Ausbildung wird als intellektuelle Bereicherung<br />
gesehen, ist aber nicht zwingend notwendig.<br />
� adaptiv (je nach Land zwischen 40 und 80 % der Frauen): Diese Frauen sind<br />
eine sehr vielfältige Gruppe. Sie lassen sich eher treiben und planen die<br />
Karriere nicht wirklich, sie möchten Arbeit und Familie verbinden, sie wollen<br />
arbeiten, aber nicht alles der Karriere unterordnen. Ausbildung und Studium<br />
absolvieren sie jedoch mit der Absicht, zu arbeiten.<br />
� work-centred (je nach Land zwischen 10 und 30 % der Frauen): In der Regel<br />
umfasst diese Gruppe die kinderlosen Frauen. Top-Priorität haben Beruf und<br />
Karriere oder vergleichbare Tätigkeiten im öffentlichen Bereich, die berufliche<br />
Entwicklung ist oberstes Ziel. Diese Frauen investieren sehr viel Geld und Zeit<br />
in die Ausbildung.<br />
Für Hakim schafft diese „Heterogenität der Vorlieben und Prioritäten Konflikte<br />
zwischen den verschiedenen Gruppen von Frauen“ (Hakim 2000, zit. nach Badinter<br />
2010: 36). Und das wiederum sei einer der Hauptgründe für das Scheitern des<br />
gleichberechtigten Lebensmodelles, weil im Vergleich zu den Frauen Männer eine<br />
einheitlichere Front bilden und den Fokus klar auf Beruf und Karriere richten (ebd.).<br />
17
Die Familienplanung<br />
Seit der Erfindung der Pille ist „<strong>Kind</strong>erkriegen“ nicht mehr dem Zufall überlassen,<br />
sondern es eröffneten sich neue Optionen für Frauen. Von der gewollten<br />
<strong>Kind</strong>erlosigkeit bis hin zu den <strong>Kind</strong>ern nach Plan (vgl. Badinter 2010: 25).<br />
Ein <strong>Kind</strong> zu bekommen, ist sicher eine der weitreichendsten Entscheidungen, die<br />
Menschen treffen können. Mit der Geburt eines <strong>Kind</strong>es geht man eine Verpflichtung<br />
für zumindest die nächsten 18 Jahre ein – umfassendste Verantwortung inklusive<br />
(vgl. ebd.).<br />
Auf die Frage, warum man <strong>Kind</strong>er bekomme, antworteten in einer Umfrage der<br />
Zeitschrift „Philosophie magazine“ 60 % der Befragten mit „ein <strong>Kind</strong> macht das<br />
tägliche Leben schöner und glücklicher“ (zit. nach Badinter 2010: 22). Es scheint,<br />
dass die Entscheidung für ein <strong>Kind</strong> stark von Emotionen getragen wird, rationale<br />
Gründe dürften in der Minderzahl sein.<br />
Auch das Bild, das in der Werbung vermittelt wird, hat nichts mit dem in der Realität<br />
tagtäglich praktizierten Leben mit <strong>Kind</strong>ern zu tun. Die in der Werbung vermittelten<br />
Bilder spiegeln noch immer die „klassische Familienform“ wider. Mutter, Vater, <strong>Kind</strong><br />
sind glücklich vereint bei gemeinsamen Aktivitäten, keine Wolken in Form von<br />
alltäglicher Routine, körperliche Überlastung oder Tobsuchtsanfällen der Juniors<br />
trüben die Idylle.<br />
Die Psychotherapeutin Friederike von Tiedemann sagt: „Wir unterschätzen, wie sehr<br />
uns diese Bilder unter Druck setzen. Wir meinen, diese Bilder erfüllen zu müssen,<br />
und erleben uns als defizitär, wenn wir feststellen, dass die Realität eine völlig<br />
andere ist.“ (Tiedemann 2011, zit. nach Langeneder 2011: 6)<br />
Badinter ist weiters der Meinung, dass – je freier man in der Entscheidung für ein<br />
<strong>Kind</strong> ist , umso mehr Verantwortung und Verpflichtung empfindet man. Entscheidet<br />
man sich bewusst für ein <strong>Kind</strong>, wandelt sich das „Geschenk“ in eine „Schuld“ (vgl.<br />
Badinter 2010: 25).<br />
18
Dieser „Schuld“ entsprechend, ist es nur „natürlich“, sämtliche Ratgeber der Baby-<br />
und Kleinkindliteratur zu verschlingen. Es gilt, alles „richtig“ zu machen, das <strong>Kind</strong><br />
wird zum „Planungsprojekt“, Frühförderung inklusive.<br />
Die „gute Mutter“<br />
Beim ersten <strong>Kind</strong> ist kaum jemandem die ganze Tragweite bewusst, was es heißt,<br />
Elternteil zu sein. Den Gleichheitsgedanken anwendend, müsste der Nachwuchs als<br />
„gemeinsamer Arbeitsauftrag“ gesehen werden und so käme es zu einer<br />
ausgewogenen Arbeitsteilung zwischen Vater und Mutter in der <strong>Kind</strong>ererziehung.<br />
Allerdings halten 72 % der Österreicherinnen und Österreicher es für „unerlässlich,<br />
dass eine gute Mutter mit ihren <strong>Kind</strong>ern unter drei Jahren möglichst viel Zeit<br />
verbringt“ (Kapella/Rille-Pfeiffer 2007, zit. nach 5. Familienbericht 1999 – 2009: 369)<br />
Abb. 2: 5. Familienbericht 1999 – 2009: 369.<br />
Säuglingspflege ist intensive, kräftezehrende Arbeit. 7 Tage à 24 Stunden<br />
Verantwortung, in der Regel wenig Schlaf, keine bis wenig Erfahrungswerte. Es ist<br />
eine große Umstellung des bisherigen Lebens, in vielen Fällen ist wenig externe<br />
Unterstützung vorhanden. Füttern, wickeln, tragen, spazieren gehen, an-, um- und<br />
ausziehen, baden, das sind auf den ersten Blick monotone Arbeiten, die jeder<br />
Mensch lernen kann (muss), egal welchen Geschlechts.<br />
19
Exkurs<br />
Die kulturvergleichende Forschung hat sich vor allem in der ersten Hälfte dieses<br />
Jahrhunderts in den USA entwickelt. Sie hat sich sehr bald den Problemen der<br />
Geschlechterrollen und der <strong>Kind</strong>ererziehung zugewandt. Die WissenschafterInnen<br />
suchten nach (noch) existierenden, von den modernen Industriegesellschaften<br />
möglichst verschiedenen Kulturen, um dort geschlechtsspezifische Formen der<br />
Arbeitsteilung, geschlechtstypisches Verhalten und entsprechende Macht- und<br />
Einflussstrukturen zu beobachten (vgl. Tillmann 1996: 44 f).<br />
Ein Name, der mit dieser Forschung untrennbar verbunden ist, ist Margaret Mead<br />
(1901 – 1978). Sie besuchte und erforschte in den 1920er- und 1930er-Jahren noch<br />
unbekannte Inselvölker in der Südsee und lieferte mit ihren Arbeiten erstmals<br />
empirisches Kontrastmaterial zu den Lebensformen in modernen<br />
Industriegesellschaften (vgl. ebd.).<br />
Bei den Tschambulis sind die Frauen nicht nur für die häusliche Arbeit, wie Kochen,<br />
zuständig, sondern auch für das Fischen und die Produktion von Schlafsäcken. Die<br />
Männer sind für den Tauschhandel verantwortlich (ein Schlafsack kann schon ein<br />
Kanu einbringen) und sie übernehmen künstlerisch-rituelle Aufgaben, in dem sie<br />
sich schmücken und verschönern (vgl. ebd.).<br />
Auch bei den Manus auf Neu-Guinea nehmen die Väter eine wichtige Rolle bei der<br />
Erziehung der <strong>Kind</strong>er ein. Das erste <strong>Kind</strong> wird im ersten Lebensjahr von der Mutter<br />
versorgt, wenn sich Nachwuchs Nummer zwei einstellt „gehört das erste <strong>Kind</strong> ganz<br />
dem Vater“ (vgl. ebd.).<br />
„Wenn das für gewöhnlich den Frauen zugeschriebenen Naturell – Passivität, Zartgefühl,<br />
Mütterlichkeit – in einem Stamm ohne weiteres als Muster männlichen Verhaltens [...] gelten<br />
können, besteht überhaupt kein Grund mehr, derartige Verhaltensweisen für geschlechtsbedingt zu<br />
halten.“ (Mead 1970, zit. nach Tillmann 1996: 45)<br />
Mead erforschte lediglich ca. zehn Völker, 25 Jahre später wurde eine Studie an 224<br />
Gesellschaften vorgenommen. Die Tschambulis und die Manus waren demnach die<br />
Ausnahme der Regel. Fischen und Jagen waren bei den im Anschluss untersuchten<br />
Völkern „Männersache“. Die Forschung weist aber auch aus, dass Rollen und<br />
Normen variabel sind. Jede Gesellschaft hat ihre Grundprobleme und muss diese<br />
gemeinsam bewältigen (vgl. ebd.).<br />
20
Tillman meint daher, dass es bei den entwickelten Gesellschaften des 20.<br />
Jahrhunderts kein Argument für eine geschlechtsspezifische Arbeitsweise mehr gibt.<br />
Die <strong>Kind</strong>ersterblichkeit wurde reduziert. Dank der Verhütung sind Frauen nicht mehr<br />
ein halbes Leben lang schwanger, Babys werden ohne Stillen groß und aufgrund der<br />
fortschreitenden Technik im Haushalt gibt es auch keinen Grund mehr, dass sich ein<br />
Familienmitglied dauerhaft im Haus aufhält (vgl. Tillmann, 1996: 48).<br />
Und Tillman weiter: „Die Gesellschaft könnte sich genausogut bei einer anderen,<br />
auch bei einer umgedrehten Rollenverteilung reproduzieren.“ (ebd. 48)<br />
Ein Modell der umgedrehten Rollenverteilung dürfte noch nicht bekannt sein.<br />
Vielleicht wäre das auch wieder nur ein Rückfall in „Rollenmuster“, nur mit anderen<br />
Vorzeichen.<br />
Die Beteiligung der Väter – geteilte Elternkarenz<br />
Unbestritten ist, dass viele Männer der jüngeren Generation ein engeres Verhältnis<br />
zu ihren <strong>Kind</strong>ern entwickeln (wollen). Mit den <strong>Kind</strong>ern zu spielen, sie abends ins Bett<br />
zu bringen, die Hol- oder Bring-Dienste zum <strong>Kind</strong>ergarten zu übernehmen, alles das<br />
sehen sie als Selbstverständlichkeit.<br />
Fakt ist aber auch, dass eine Woche 168 Stunden hat. Von diesen ziehen wir ab: 84<br />
Stunden schläft das <strong>Kind</strong>, 30 Stunden wird es fremdbetreut (dies ist in Österreich ein<br />
hoher Wert) und 14 Stunden wird es durch die neuen „Freizeitväter“ versorgt. Die<br />
Mehrheit der Österreicher und Österreicherinnen hält ein Stundenausmaß von ein bis<br />
drei Stunden täglich bei unter 3-Jährigen durch Väter für ausreichend (vgl. 5.<br />
Familienbericht 2009: 377).<br />
Es bleiben 40 Stunden „Nettobetreuungszeit“ pro Woche für den<br />
„hauptverantwortlichen“ Betreuungsteil – meistens die Mutter. Somit ergibt sich eine<br />
Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 65 Stunden für die Frau (wenn man davon<br />
ausgeht, dass sie in den 30 Stunden Fremdbetreuung zumindest einer 25 stündigen<br />
Teilzeitarbeit nachgeht).<br />
21
Auffällig ist, dass <strong>Kind</strong>erbetreuung und Hausarbeit oft nicht als „Arbeit“ gesehen<br />
werden. Wolf-Graaf meint, dass uns hier auch unser Sprachgebrauch verrät, denn<br />
Arbeit wird mit entlohnter Erwerbsarbeit gleichgesetzt (vgl. Wolf-Graaf 1981: 224).<br />
„… daß die Unsichtbarkeit der Hausarbeit nicht so sehr dem Ausschluß der Frauen von der<br />
gesellschaftlichen als ihrem Ausschluß von der bezahlten Arbeit zuzuschreiben ist. Die<br />
Unsichtbarkeit der Hausarbeit ist eine Funktion ihrer Unbezahltheit“ (Bock-Duden 1977, zit. nach<br />
Wolf-Graaf ebd.).<br />
Eine Studie der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA) bestätigt,<br />
dass Väter weiterhin nur selten die Möglichkeit des geteilten <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeldes<br />
in Anspruch nehmen, um sich aktiv um ihre <strong>Kind</strong>er zu kümmern. Der Anteil der<br />
Männer an den Karenzgeld- bzw. <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld-BezieherInnen ist im<br />
Zeitraum von 2000 bis 2010 von 1,9 auf 4,6 % angestiegen (vgl. Pressemitteilung<br />
FORBA 2011, 16.9.2011).<br />
Die AutorInnen der Studie sehen darin aber nicht unbedingt eine höhere Beteiligung<br />
erwerbstätiger Väter an der <strong>Kind</strong>erbetreuung. Vielmehr geht aus den FORBA-<br />
Analysen hervor, dass die Erhöhung des Männeranteils in den letzten Jahren<br />
überproportional auf selbstständige, arbeitslose und studierende Väter zurückgeht.<br />
Die Inanspruchnahme durch unselbstständig erwerbstätige Männer, wie Angestellte<br />
oder Arbeiter, bleibt weiterhin verhältnismäßig gering (ebd.).<br />
Die positive Beurteilung von aktiver väterlicher Beteiligung wird durch Umfragedaten<br />
bestätigt: fast jeder Zweite (46 %), der im Rahmen der österreichischen<br />
<strong>Kind</strong>erfreunde-Studie befragten, werdenden Väter hält es für erstrebenswert, ein<br />
aktiver Vater zu sein (Stampler/Stiller 2004, zit. nach 5. Familienbericht 2009: 376).<br />
22
Abb. 3: 5. Familienbericht 1999 – 2009: 377.<br />
Laut Männerforscher Erich Lehner könnten sich zwei Drittel der Männer vorstellen, in<br />
Karenz zu gehen, drei Viertel wären anscheinend sogar bereit, Teilzeit zu arbeiten<br />
(Lehner 2011, zit. nach Langeneder 2011: 6).<br />
Das „geheime“ Bewusstsein der Männer dürfte sich wandeln, die Realität in Bezug<br />
auf gleichberechtigte Zuständigkeit bei der <strong>Kind</strong>erbetreuung nicht.<br />
„Väter sehen sich häufig in einer ‚Assistentenrolle’ mit Zuständigkeit für Spiel<br />
und Spaß“ (Procter & Gamble-Väterstudie 2001, zit. nach 5. Familienbericht 1999 –<br />
2009, S. 377). Hauptverantwortlich für die Versorgung der <strong>Kind</strong>er ist demnach für 72<br />
% der befragten Väter die Partnerin (vgl. ebd.).<br />
Im praktischen Verhalten heißt dies, dass österreichische Väter nach wie vor die<br />
Rolle des „Familienernährers” einnehmen und nach der Geburt des <strong>Kind</strong>es bzw. der<br />
<strong>Kind</strong>er wird ihre Arbeitszeit eher erhöht als gesenkt (vgl. Hofinger / Enzenhofer 2006,<br />
zit. nach 5. Familienbericht 2009: 377).<br />
Ein Grund dafür kann sein, dass stabile finanzielle Verhältnisse und ein gesichertes<br />
Einkommen von Männern als Voraussetzung für die Übernahme der Vaterrolle<br />
genannt werden (vgl. ebd.).<br />
23
Mütter und die Berufstätigkeit<br />
Das Bild einer strikt traditionellen Rollenteilung zwischen Mann und Frau hat in<br />
Österreich aber stark abgenommen. Frauenerwerbstätigkeit wird als wesentlich für<br />
die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von Frauen erachtet, und es wird<br />
angenommen, dass auch eine berufstätige Mutter eine liebe- und vertrauensvolle<br />
Beziehung zu ihrem <strong>Kind</strong> haben kann. Dem stimmen 73 % der Männer und 78 % der<br />
Frauen zu; Mütter stimmen sogar zu 87 % zu.<br />
Allerdings sind diese positiven Haltungen zur Erwerbsintegration von Müttern ganz<br />
klar von Ausmaß und Zeitpunkt der mütterlichen Erwerbstätigkeit sowie der<br />
Lebensphase abhängig: 71% der Männer bzw. 62 % der Frauen stimmen<br />
der Aussage zu, „dass ein Vorschulkind vermutlich unter der Berufstätigkeit der<br />
Mutter leidet“ (vgl. 5. Familienbericht 2009: 370).<br />
Abb. 4: 5. Familienbericht 1999 – 2009: 371.<br />
24
Die Psychologin Una Röhr-Sendlmeier untersuchte in den letzten fünf Jahren 5.500<br />
Familien mit insgesamt 14.300 Personen, um herauszufinden, wie sich mütterliche<br />
Erwerbstätigkeit auf die <strong>Kind</strong>er auswirkt (Röhr-Sendlmeier 2011, zit. nach Tenzer<br />
2011: 38).<br />
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass in den Regelklassen der<br />
untersuchten Gymnasien die Mütter überdurchschnittlich oft berufstätig sind<br />
(75 %). Der Anteil von berufstätigen Müttern in den Profilklassen für begabte Schüler<br />
und Schülerinnen mit besonderem Interesse an mathematisch-<br />
naturwissenschaftlichen Themen ist mit 82 % noch höher (vgl. ebd.).<br />
„Ein hoher Schulabschluss der Mutter, verbunden mit Berufstätigkeit, ist der stärkste Einflussfaktor<br />
für die Aufnahme in eine Begabtenklasse“, zieht Röhr-Sendlmeier Bilanz (vgl. ebd.).<br />
Auf die Frage, warum sich mütterliche Berufstätigkeit so positiv auf den Nachwuchs<br />
auswirkt, nennt Röhr-Sendlmeier folgende vier Faktoren: Imitation, Stimulation,<br />
Instruktion und Motivation (vgl. ebd.).<br />
Aktive Eltern vermitteln ihren <strong>Kind</strong>ern ein positives Gesamtverhalten. Die <strong>Kind</strong>er<br />
erleben, wie man viele Aufgaben und Termine so organisiert, dass man sie auch<br />
bewältigt. Berufstätige Mütter geben ihren <strong>Kind</strong>ern auch mehr kulturelle und soziale<br />
Anregungen und diese wirken sich langfristig positiv auf die Schulleistungen aus.<br />
Weiters sei es so, dass – wenn Frauen berufstätig sind – sie sich täglich im Job<br />
beweisen müssen (vgl. ebd.).<br />
Das wiederum bringt Vorteile, wenn intellektuelle Flexibilität gefragt ist. Berufstätige<br />
Mütter könnten den <strong>Kind</strong>ern gut erklären, wie und wo sie an Informationen kommen.<br />
Das Wertschätzen der schulischen Arbeit der <strong>Kind</strong>er und das Interesse an deren<br />
Fortkommen, motiviere <strong>Kind</strong>er optimal – auch hier liegen laut Studienergebnissen die<br />
berufstätigen Mütter vorne (vgl. ebd.).<br />
25
2.2. Rechtliche Rahmenbedingungen in Österreich für<br />
Elternkarenz 2011<br />
2.2.1. Das <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld<br />
Für das <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeldgesetz stehen zwei Systeme zur Auswahl (vgl.<br />
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, 13.9.2011)<br />
� Die Pauschalleistung (vier Varianten):<br />
Die Betreuungsleistung der Eltern wird anerkannt und teilweise abgegolten.<br />
Das pauschale <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld erhalten Eltern unabhängig davon, ob<br />
sie vor der Geburt des <strong>Kind</strong>es eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben.<br />
� Das einkommensabhängiges <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld:<br />
Das einkommensabhängige <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld hat die primäre Funktion,<br />
jenen Eltern, die sich nur für kurze Zeit aus dem Berufsleben zurückziehen<br />
wollen und über ein höheres Einkommen verfügen, die Möglichkeit zu geben,<br />
in dieser Zeit einen Einkommensersatz zu erhalten.<br />
Im Pauschalsystem ist es möglich, bis zu 16.200 Euro jährlich bzw. bis zu 60 % der<br />
Letzteinkünfte aus dem Kalenderjahr vor der Geburt, in dem kein<br />
<strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld bezogen wurde, dazuzuverdienen. Bei der<br />
einkommensabhängigen Variante ist ein Zuverdienst stärker beschränkt, da es sich<br />
dabei um einen Einkommensersatz handelt.<br />
„Mit diesen verschiedenen Modellen der Pauschalvarianten (30 + 6, 20 + 4,<br />
15 + 3, 12 + 2) sowie der einkommensabhängigen Variante (12 + 2) finden Familien<br />
somit ein vielfältiges und flexibles Angebot vor, das möglichst allen Wünschen und<br />
Vorstellungen von ihrer persönlichen Lebensgestaltung entspricht“, heißt es auf der<br />
Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend (ebd.).<br />
„Von diesen Regelungen werden positive Impulse auf das Erwerbsleben der Frauen und eine<br />
partnerschaftliche Betreuung des Kleinkindes erwartet. […] Insgesamt leistet das<br />
<strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld einen wichtigen Beitrag für die bessere Vereinbarkeit von Familie und<br />
Beruf. Insbesondere auch Vätern soll damit die Entscheidung für eine Babypause erleichtert<br />
werden.“ (ebd.)<br />
26
Mütter und Väter stehen fünf Varianten des <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeldes zur Verfügung.<br />
Die Wahl muss bei der erstmaligen Antragstellung getroffen werden. Sie kann nicht<br />
abgeändert werden und bindet auch den zweiten Elternteil (vgl. Bundesministerium<br />
für Wirtschaft, Familie und Jugend, 13.9.2011).<br />
Allerdings können sich Eltern – unabhängig davon, für welche Variante sie sich<br />
entschieden haben – beim Bezug des <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeldes zweimal abwechseln.<br />
In der Praxis heißt das, dass sich höchstens drei Blöcke ergeben, wobei ein Block<br />
mindestens zwei Monate dauern muss. Nicht möglich ist der gleichzeitige Bezug von<br />
<strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld durch beide Elternteile (vgl. ebd.).<br />
2.2.1.1. Modelle der Pauschalvarianten<br />
� Variante 30 + 6<br />
Die tägliche Bezugshöhe beträgt 14,53 Euro bis zur Vollendung des 30.<br />
Lebensmonats des <strong>Kind</strong>es, wenn nur ein Elternteil <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld<br />
bezieht. Beziehen beide Elternteile das <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld, dann<br />
verlängert sich die Bezugsdauer um den Zeitraum, den der andere Elternteil<br />
beansprucht hat – maximal allerdings bis zur Vollendung des 36.<br />
Lebensmonats des <strong>Kind</strong>es. Eine weitere Einschränkung: Ein Elternteil kann<br />
das Betreuungsgeld nicht länger als 30 Monate beziehen (vgl. ebd.).<br />
� Variante 20 + 4<br />
Die tägliche Bezugshöhe beträgt 20,80 Euro bis zur Vollendung des 20.<br />
Lebensmonats des <strong>Kind</strong>es, wenn nur ein Elternteil <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld<br />
bezieht. Nehmen es Vater und Mutter in Anspruch, verlängert sich die<br />
Bezugsdauer um jenen Zeitraum, den der andere Elternteil beansprucht hat,<br />
max. aber bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats des <strong>Kind</strong>es. Zudem: Ein<br />
Elternteil kann es nicht länger als 20 Monate beziehen (vgl. ebd.).<br />
� Variante 15 + 3<br />
Die tägliche Bezugshöhe beträgt 26,60 Euro bis zur Vollendung des 15.<br />
Lebensmonats des <strong>Kind</strong>es, wenn nur ein Elternteil <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld<br />
bezieht. Beim Bezug durch beide Elternteile verlängert sich die Dauer um<br />
27
jenen Zeitraum, den der andere Elternteil beansprucht hat. Längstens gebührt<br />
der Anspruch bis zur Vollendung des 18. Lebensmonats des <strong>Kind</strong>es. Dabei<br />
kann ein Elternteil nie mehr als 15 Monate lang das Betreuungsgeld beziehen<br />
(vgl. ebd.).<br />
� Variante 12 + 2<br />
Die tägliche Bezugshöhe beträgt 33 Euro, also rund 1.000 Euro pro Monat.<br />
Die Bezugsdauer erfolgt bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats des<br />
<strong>Kind</strong>es, wenn nur ein Elternteil <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld bezieht. Bei beidseitiger<br />
Inanspruchnahme durch die Eltern verlängert sich die Dauer um jenen<br />
Zeitraum, den der andere Elternteil bezogen hat. Höchstens gebührt Anspruch<br />
bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des <strong>Kind</strong>es. Ein Elternteil kann<br />
maximal zwölf Monate lang <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld beziehen (vgl. ebd.).<br />
2.2.1.2. Einkommensabhängiges <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld<br />
„Das einkommensabhängige <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld hat die primäre Funktion, jenen Eltern, die<br />
sich nur für kurze Zeit aus dem Berufsleben zurückziehen wollen und über ein höheres<br />
Einkommen verfügen, die Möglichkeit zu geben, in dieser Zeit einen Einkommensersatz zu<br />
erhalten.“ (vg. Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, 19.9.2011)<br />
Das einkommensabhängige <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld (12 + 2) steht bis zur Vollendung<br />
des zwölften Lebensmonats des <strong>Kind</strong>es zur Verfügung, wenn nur ein Elternteil<br />
einkommensabhängiges <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld bezieht. Erfolgt die Inanspruchnahme<br />
durch Vater und Mutter verlängert sich die Bezugsdauer um jenen Zeitraum, den der<br />
andere Elternteil tatsächlich bezogen hat. Die maximale Bezugsdauer gebührt bis zur<br />
Vollendung des 14. Lebensmonats des <strong>Kind</strong>es (vgl. ebd.).<br />
Die Bezugshöhe beträgt 80 % der Letzteinkünfte, maximal jedoch 66 Euro täglich,<br />
also rund 2.000 Euro monatlich. Für den Anspruch muss neben den allgemeinen<br />
Voraussetzungen in den sechs Monaten vor der Geburt des <strong>Kind</strong>es eine tatsächliche<br />
sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit in Österreich ausgeübt werden. Für<br />
das einkommensabhängige <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld gibt es keinen eigenen<br />
Mindestbetrag.<br />
28
Ergibt sich aufgrund der endgültigen Berechnung ein Tagesbetrag unter 33 Euro,<br />
kann auf die Pauschalvariante 12 + 2 à 33 Euro täglich umgestiegen werden (vgl.<br />
ebd.).<br />
Das einkommensabhängige <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld ist eine Art Einkommensersatz.<br />
Ein Zuverdienst ist daher nur im Ausmaß von 5.800 Euro pro Kalenderjahr zulässig,<br />
damit wäre etwa ein geringfügiges Dienstverhältnis zulässig. Berücksichtigung finden<br />
nur die Einkünfte des Elternteils, der das <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld bezieht. Im<br />
gesamten Bezugszeitraum dürfen darüber hinaus keine Leistungen aus der<br />
Arbeitslosenversicherung bezogen werden (vgl. ebd.).<br />
2.3. Best Practice Beispiele: Karenzregelungen in Schweden<br />
und Finnland<br />
2.3.1. Schweden<br />
EU-weit sind die schwedischen Familien am erfolgreichsten in Bezug auf die<br />
Vereinbarung von beruflichen und familiären Pflichten. Die Beschäftigungsquoten<br />
zählen – bei Männern wie bei Frauen – zu den höchsten in der EU. Die <strong>Kind</strong>erarmut<br />
ist am niedrigsten. Die Familienpolitik unterstützt das Modell der Doppelverdiener-<br />
Familie. Es wird dafür gesorgt, dass sowohl Männer als auch Frauen in punkto<br />
Familie und Arbeit gleiche Rechte und Pflichten haben (vgl. Europäische<br />
Kommission, 24.09.2011).<br />
Erfolgsfaktoren sind unter anderem: großzügige Ausgaben für Familienleistungen,<br />
flexible Urlaubs- und Arbeitszeiten für Eltern mit Kleinkindern sowie erschwingliche,<br />
hochwertige <strong>Kind</strong>erbetreuung. Die finanzielle Förderung soll einen guten<br />
Lebensstandard aller Familien mit <strong>Kind</strong>ern ermöglichen sowie die<br />
Entscheidungsfreiheit und Beteiligung der Eltern erhöhen (vgl. ebd.).<br />
Das flexible Elternurlaubssystem ermutigt beide Elternteile, Zeit mit ihren <strong>Kind</strong>ern zu<br />
verbringen. Mutter und Vater haben zusammen Anrecht auf bis zu 16 Monate<br />
bezahlten Urlaub pro <strong>Kind</strong>. Für die ersten 13 Monate davon erhalten sie einen<br />
Ausgleich von 80 % des letzten Einkommens, bis zu einer Obergrenze von etwa<br />
29
424.000 SEK (46.600 Euro) pro Jahr und für die restlichen drei Monate wird ein<br />
Pauschalbetrag von 180 SEK (19 Euro) pro Tag gezahlt (vgl. ebd.).<br />
Schwedische Väter nehmen ungefähr 22 % der gesamten Elternurlaubstage. Um die<br />
<strong>Kind</strong>erbetreuung ausgewogener zwischen Müttern und Vätern aufzuteilen und die<br />
Teilnahme der Mütter an der Arbeitswelt zu verbessern, führte die schwedische<br />
Regierung im Juli 2008 den „Bonus für Geschlechtergleichstellung“ als<br />
wirtschaftlichen Anreiz ein.<br />
Den Bonus erhalten Eltern, die den Elternurlaub ausgewogen untereinander aufteilen<br />
- und zwar in Form einer Steuerreduzierung. Diese kann bis zu 13.500 SEK (1.470<br />
Euro) pro <strong>Kind</strong> betragen (vgl. ebd.).<br />
2.3.2. Finnland<br />
Auch die finnischen Eltern schaffen es recht gut, Beruf und Familienleben zu<br />
vereinbaren. Die meisten finnischen Frauen und Mütter arbeiten. Die<br />
<strong>Kind</strong>erarmutsraten gehören ebenfalls zu den niedrigsten in der EU. Dies ist<br />
größtenteils auf umfassende staatliche Unterstützung für Eltern mit Kleinkindern<br />
zurückzuführen (vgl. Europäische Kommission, 24.09.2011).<br />
Alle <strong>Kind</strong>er unter sieben Jahren haben garantiert Zugang zu kostenloser öffentlicher<br />
Tagesbetreuung. Ein großzügiges Familienurlaubs- und Beihilfesystem unterstützt<br />
Eltern dabei, ihre Pflichten zu erfüllen und gleichzeitig ihre Arbeitsstelle zu sichern<br />
(vgl. ebd.).<br />
Dass Frauen aktiv teilhaben am Arbeitsmarkt, hat in Finnland eine lange Tradition.<br />
Die meisten arbeiten sogar Vollzeit. Mit 67,9 % liegt die Gesamtbeschäftigungsquote<br />
für Frauen in der EU an zweiter Stelle. 19 % arbeiten in Teilzeit. Aufgrund der<br />
kostenlosen Tagesbetreuung für Vorschulkinder sind 63,2 % der Mütter von <strong>Kind</strong>ern<br />
unter sechs Jahren berufstätig (vgl. ebd.).<br />
30
Ein umfassendes Urlaubssystem ermöglicht es beiden Elternteilen, dass sie sich um<br />
ihre <strong>Kind</strong>er kümmern. Der Mutterschaftsurlaub beträgt 105 Arbeitstage (ca. 21<br />
Wochen). Weitere 158 Arbeitstage (ca. 32 Wochen) Elternurlaub können zwischen<br />
Mutter und Vater aufgeteilt werden. Die Leistungen sind einkommensabhängig. Die<br />
ersten 56 Tage des Mutterschaftsurlaubs werden zu 90 % des vorangegangenen<br />
Jahreseinkommens bezahlt. Nach dieser ersten Periode des Mutterschaftsurlaubs<br />
sowie während des Vaterschaftsurlaubs wird eine Beihilfe von 70 % des<br />
Einkommens gezahlt.<br />
Während der ersten 30 Tage des Elternurlaubs entspricht die Leistung 75 %, danach<br />
70 % des Jahreseinkommens (vgl. ebd.).<br />
Zudem haben berufstätige Eltern Anspruch auf einen Teilzeit-<br />
<strong>Kind</strong>erbetreuungsurlaub – und zwar nach dem Elternurlaub bis zum Ende des<br />
zweiten Schuljahres des <strong>Kind</strong>es. Dies führt zu kürzeren Arbeitszeiten. Väter und<br />
Mütter können diesen Urlaub im gleichen Zeitraum, aber nicht zur gleichen Tageszeit<br />
nehmen (vgl. ebd.).<br />
31
3. EMPIRISCHER TEIL<br />
In meinem empirischen Teil werden anhand von Leitfadeninterviews (Fragen und<br />
Transskript siehe Anhang) die Lebenssituationen vor und nach der Geburt des<br />
<strong>Kind</strong>es von drei Frauen (Müttern) erforscht, um Aufschluss über die Wirkung des in<br />
unserer Gesellschaft manifestierten Mutterkultes zu erlangen.<br />
Die Auswertung der durch die Befragung gewonnen Daten wird in der<br />
anschließenden Analyse in Kontext mit feministischen Theorien bzw. Studien und<br />
Fachpublikationen gesetzt.<br />
3.1. Methode: Das Leitfadeninterview<br />
Leitfadeninterviews sind eine der methodischen Säulen qualitativer Forschung.<br />
Bezeichnend für diese Interviews ist, dass offen formulierte Fragen in Form eines<br />
Leitfadens zum Gespräch mitgebracht werden. Der Befragte bzw. die Befragte<br />
beantwortet die Fragen frei (vgl. Flick 2010: 221f).<br />
Grundannahme der Methode ist, dass zu standardisierende Abläufe – wann, wie und<br />
in welcher Reihenfolge – den Weg zur Sicht des Befragten / der Befragten eher<br />
verstellen als öffnen. Der Interviewer / die Interviewerin soll im Verlauf des Interviews<br />
entscheiden können, wann und in welcher Reihenfolge er oder sie welche Fragen<br />
stellt. Manche Fragen werden von den Interviewpartnern bzw. den<br />
Interviewpartnerinnen eventuell bereits im Vorfeld beantwortet, bei manchen Fragen<br />
muss detaillierter nachgefragt werden. Aufgrund dieser Spielräume beim konkreten<br />
Interview und beim gleichzeitigen Versuch, bestimmte Themen unbedingt zu<br />
behandeln, wird auch der Begriff des „teilstandardisierten Interviews“ verwendet (vgl.<br />
Flick 2010: 222f).<br />
Der Leitfaden des „teilstandardisierten Interviews“ wird in Themenfelder unterteilt.<br />
Diese werden mit einer „offenen Frage“ eingeleitet (z. B. „Warum ist Ihrer Meinung<br />
nach…?“). Hier kann der Interviewpartner bzw. die Interviewpartnerin mit seinem<br />
bzw. ihrem unmittelbaren Wissen anknüpfen.<br />
32
Ergänzend dazu werden theoriegeleitete, hypothesengerichtete Fragen gestellt die<br />
auf wissenschaftlichen Annahmen beruhen bzw. Vorannahmen des Forschers / der<br />
Forscherin sind (vgl. Flick 2010: 203).<br />
3.2. Datenanalyse und Interpretation<br />
3.2.1. Interviewpartnerinnen<br />
Interviewpartnerin 1 ist zum Zeitpunkt des Interviews 35 Jahre alt und Mutter eines<br />
Sohnes (3 Jahre). Sie schloss eine kaufmännische Lehre ab und arbeitete bis zur<br />
Geburt des <strong>Kind</strong>es Vollzeit. In den letzten Jahren als Assistentin der<br />
Geschäftsleitung in einem mittelständischen Unternehmen. Wohn- und Arbeitsplatz<br />
sind im oberösterreichischen Seengebiet.<br />
Interviewpartnerin 2 wurde 1979 geboren und war zum Zeitpunkt des Interviews<br />
Mutter von zwei <strong>Kind</strong>ern (2 und 4 Jahre). Sie absolvierte eine höhere berufsbildende<br />
Schule, arbeitete im Anschluss mehrere Jahre im Assistenzbereich bzw. im<br />
Verkaufs-Außendienst. Nach mehrjähriger Berufszeit „verordnete“ sie sich eine<br />
Auszeit und begann im zweiten Bildungsweg das Studium der<br />
Kommunikationswissenschaften. Dieses schloss sie auch ab. Zum Interview trafen<br />
wir uns in der Werbeagentur, in der sie nach der Karenzzeit arbeitete. Die Frau lebt<br />
mit ihrer Familie im Zentralraum von Oberösterreich.<br />
Interviewpartnerin 3, 1977 geboren, ist Mutter einer Tochter (2 Jahre) und zum<br />
Zeitpunkt des Interviews schwanger mit Baby Nummer 2. Diese Frau absolvierte<br />
nach der Matura verschiedene Ausbildungen (z. B. <strong>Kind</strong>ergartenpädagogik,<br />
Supervision) und arbeitete bis zur Geburt des ersten <strong>Kind</strong>es als Beraterin in einer<br />
arbeitsmarktpolitischen Einrichtung.<br />
Alle drei Interviewpartnerinnen sind verheiratet. Auch gemeinsam ist ihnen, dass ich<br />
sie seit geraumer Zeit kenne. Ich habe sie deswegen für die Interviews ausgewählt,<br />
weil ich sie persönlich sehr unterschiedlich in ihrer Lebensweise, ihrer Persönlichkeit<br />
und ihren Ansichten empfinde. Und deshalb war ich neugierig, was sie in punkto<br />
„Mutterschaft“ verbindet bzw. trennt.<br />
33
3.2.2. Familiäres und berufliches Umfeld<br />
Meine drei Interviewpartnerinnen wurden zwischen 1976 und 1979 geboren – also<br />
zur Zeit der gesellschaftlichen Umbrüche. Ihre Mütter heirateten noch „das<br />
Oberhaupt der Familie“ und es ist anzunehmen, dass sie als <strong>Kind</strong>er eher die<br />
traditionellen Rollenmuster vorgelebt bekamen.<br />
Alle drei Frauen genossen eine mittlere bis höhere Berufsausbildung und arbeiteten<br />
vor der Geburt des ersten <strong>Kind</strong>es als Assistentin der Geschäftsleitung<br />
(Interviewpartnerin 1), als Beraterin im arbeitsmarktpolitischen Umfeld<br />
(Interviewpartnerin 3) bzw. stieg eine Frau vor der Geburt des ersten <strong>Kind</strong>es aus<br />
dem Berufsleben aus, um im zweiten Bildungsweg zu studieren (Interviewpartnerin<br />
2).<br />
Die Arbeit empfand Interviewpartnerin 1 (in der Folge I1) als „grundsätzlich<br />
angenehm, aber zu monoton“, Interviewpartnerin 3 (I3) als „sehr positiv, ich habe mir<br />
den Beruf ausgesucht, weil er mir Spaß macht“. Interviewpartnerin 2 (I2) wollte eine<br />
„Auszeit“ vom Beruf und absolvierte deshalb ein Studium – schon mit dem<br />
Hintergedanken, in dieser Zeit auch ein <strong>Kind</strong> zu bekommen.<br />
Der prozentuelle Anteil am Haushaltseinkommen lag bei den zwei im Berufsleben<br />
stehenden Frauen bei 35 bis 40 %.<br />
Bei der Aufteilung der Hausarbeit gab es vor der Geburt des ersten <strong>Kind</strong>es<br />
unterschiedliche Konzepte: von „halbe-halbe“ bei I2 (was sich allerdings mit Beginn<br />
des Studiums änderte) bis hin zu einem 30%-igen Anteil von I3 „weil ich<br />
grundsätzlich faul bin, mir liegt da nicht viel dran“. Lediglich I1 gab an, 80 % – und<br />
somit den Großteil der Hausarbeit – zu verrichten.<br />
Bei den Interviews hatte ich den Eindruck, dass sich die Frauen als gleichberechtigt<br />
fühlen und eine ausgewogene Beziehung leben.<br />
34
3.2.3. Die Familienplanung<br />
Die Frauen bekamen im Alter von 28 bzw. 32 Jahren ihre ersten <strong>Kind</strong>er. Allen drei<br />
gemeinsam ist, dass es sich um „geplante Wunschkinder“ handelte.<br />
3.2.4. Rollenverständnisse<br />
Alle drei Interviewpartnerinnen gaben an, im Vorfeld der Geburt Gespräche über die<br />
Veränderung der Lebenssituation geführt zu haben bzw. wie man die Zeit danach<br />
gemeinsam gestalten möchte.<br />
„Es war klar, dass ich die Mutterrolle voll einnehme, das war mein Wunsch“ (I1) oder<br />
„es war immer klar, dass mein Mann derjenige sein wird, der immer arbeiten geht“<br />
(I2) oder „wir haben besprochen, dass wir uns die Karenz teilen“ (I3).<br />
3.2.5. Karenzzeit und <strong>Kind</strong>erbetreuung<br />
Zwei Interviewpartnerinnen (I1 und I2) haben sich für die längste Variante des<br />
<strong>Kind</strong>erbetreuungsgeldes (30 + 6) entschlossen – allerdings ohne Einbindung des<br />
zweiten Elternteiles, sprich des Vaters. Für I1 war der Beweggrund: „so lange es<br />
geht, für mein <strong>Kind</strong> da zu sein“. I2 studierte zu diesem Zeitpunkt noch und wurde<br />
zwei Jahre nach der Geburt des ersten <strong>Kind</strong>es noch einmal Mutter. Bei „Baby<br />
Nummer 2“ wurde überlegt, sich die Karenz zu teilen („interessiert hätte es meinen<br />
Mann, er hat überlegt“), dann wurde jedoch die Entscheidung getroffen, „es zu<br />
lassen“. I2 meinte, es sei „gescheiter, wir lassen es, wie es ist, es ist – männerseitig<br />
gesehen – ein Karrierehemmer“.<br />
Interviewpartnerin 3 hat sich für die Variante 20 + 4 entschieden, „weil wir gesagt<br />
haben, wir fänden es ganz gut, schon in der Zeit ein zweites <strong>Kind</strong> zu bekommen“.<br />
Die Karenz wurde von beiden Elternteilen gedrittelt.<br />
35
Für I1 ist geteilte Elternkarenz in der Partnerschaft „kein Thema, da sind wir uns<br />
einig“. I1 „liebt es, einen Tag pro Woche zu arbeiten“, möchte aber nicht 40 Stunden<br />
arbeiten.<br />
Für I2 wäre eine geteilte Elternzeit grundsätzlich vorstellbar – wenn nicht die Gefahr<br />
des „Karrierehemmers“ für den Ehemann bestünde. Sie selbst ist wieder in den Beruf<br />
eingestiegen, als die zweite Tochter 18 Monate alt war – wobei für sie „Vollzeit kein<br />
Thema ist“ und „30 Stunden das absolute Maximum sind, die ich für mich vertreten<br />
kann“.<br />
I3 lebt die geteilte Elternkarenz und sah die Karenz nie als „Auszeit“, sondern „eher<br />
im Gegenteil, wir nutzen auch die Zeit, um uns weiterzubilden“. Für I3 war es auch<br />
wichtig und klar, sich in der Karenz weiter zu qualifizieren. Auch ihr Mann hat das<br />
gemacht, „weil uns irgendwie beiden klar, dass wir ein berufliches Back-Up<br />
brauchen, um nicht durch die Karenz irgendwie Schaden zu nehmen“.<br />
Die erste Zeit mit dem Baby wurde von allen drei Interviewpartnerinnen als „sehr<br />
schön“ (I3), als „pure Glückseligkeit“ (I2) und mit „totalen Glücksgefühlen“ (I1)<br />
empfunden. Es wird aber auch die „360 Grad Lebensänderung“ (I1) bzw. von I3 „die<br />
Umstellung“ genannt. Körperlich war die erste Zeit (bis zu einem Jahr) für zwei der<br />
Frauen „intensiv“ (I1, I3) und für die Dritte „sehr anstrengend“ (I2).<br />
Alle drei Frauen fühlen sich von ihrem Umfeld sehr unterstützt, vor allem durch die<br />
Väter. Wobei es bei den Betreuungszeiten durch die Väter Unterschiede gibt: Von „5<br />
Stunden pro Woche“ (I1), und „1,5 bis 2 Stunden pro Tag“ (I2) bis zu „ganz ernst<br />
gemeinsam machen“ (I3).<br />
Mit der Beteiligung der Väter sind die Frauen zufrieden .<br />
Die Beteiligung der Hausarbeit hat sich nur bei I1 zu ihren Ungunsten verändert. Sie<br />
übernimmt nun 90 % der Aufgaben.<br />
Eine Fremdbetreuung der <strong>Kind</strong>er ist für die Frauen zu unterschiedlichen Zeitpunkten<br />
vorstellbar:<br />
36
Für I1 ist der <strong>Kind</strong>ergarten ab 4 Jahren ein Thema, die <strong>Kind</strong>er von I2 haben mit 18<br />
Monaten in der Krabbelstube begonnen – <strong>Kind</strong> Nr. 1 vorerst drei Tage pro Woche<br />
halbtags, <strong>Kind</strong> Nr. 2 sofort fünf Tage ganztags. I3 kann sich nicht vorstellen, „um<br />
arbeiten zu gehen“, das zweite <strong>Kind</strong> vor 1,5 Jahren in eine öffentliche<br />
Fremdbetreuung zu geben. Vorstellbar wäre eine Lösung für 10 bis 15 Stunden pro<br />
Woche mit den Großeltern.<br />
3.2.6. Die Arbeitgeber und der Wiedereinstieg<br />
Die beiden im Beruf stehenden Frauen führten Gespräche mit dem Arbeitgeber bzw.<br />
der Arbeitgeberin. In beiden Fällen waren diese sehr offen, flexibel und haben<br />
entsprechende Vorschläge begrüßt. I1 hat von Anfang an festgehalten, die längste<br />
Variante des <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeldes beziehen zu wollen, arbeitete aber von Anfang<br />
an auf geringfügiger Basis (6 bzw. 15 Stunden pro Woche von zu Hause bzw. nach<br />
der Aufstockung auf 15 Stunden auch einen Tag im Büro). Grund: „Dann bin ich auch<br />
weiterhin im Berufsleben und habe auch noch eine Tätigkeit und eine Aufgabe – ein<br />
wenig Bestätigung, ein wenig Geld, ein wenig noch das alte Leben.“<br />
I3 gibt an, dass die Karenzzeit „recht gut geplant war“. Es gab immer Kontakt zur<br />
Arbeitgeberin. Wobei in dieser Firma die „Karenzfrauen“ immer aktiv mit<br />
eingebunden werden, Krankenstände, Engpässe etc. werden versucht, mit<br />
„Karenzfrauen“ abzudecken.<br />
Bei den Gesprächen hatte ich den Eindruck, dass die Unternehmen sehr<br />
wohlwollend und entgegenkommend waren. Wenn es auch – bis auf die<br />
Arbeitgeberin von I3 – keine Initiativen oder Unterstützungsprogramme für einen<br />
raschen Wiedereinstieg gab. Hier gilt die Devise „selbst ist die Frau“.<br />
3.2.7. Rollenbilder und Beziehungsmuster<br />
Auf die Frage „was unterscheidet Sie als Mutter Ihres <strong>Kind</strong>es vom Vater Ihres<br />
<strong>Kind</strong>es“ geben die drei Frauen ähnliche Antworten. Grundsätzlich sind sie der<br />
Meinung, dass es hier keine geschlechtsspezifischen Unterschiede gibt. Zwei Frauen<br />
sehen sich als „Haupterziehungsperson.“<br />
37
I3 wirft hier den Gedanken „Machtfrage“ ein. Sie beobachtet in ihrem Umfeld, dass<br />
es hier oft zu Machtspielereien kommt, wer etwas besser kann. Sie ist jedoch auch<br />
der Meinung, dass eine Mutter keinen „natürlichen“ Draht zu ihrem <strong>Kind</strong> hat sondern<br />
auch alle Betreuungsaufgaben den Männern zugetraut werden können.<br />
Die Frage nach dem „Mutterinstinkt“ wird von I1 und I2 verneint. Die Frauen waren<br />
sogar etwas verwundert, dass sich dieser nicht einstellte bzw. war es sehr oft der<br />
Vater, der „der gewusst hat, was zu machen ist“. I3 ist der Meinung, dass es „so<br />
etwas wie ein elterliches Gefühl gibt“. Dieses entwickelt sich jedoch wieder mit der<br />
Betreuung des <strong>Kind</strong>es.<br />
3.2.8. Wertschätzung und Zufriedenheit<br />
Allen drei Frauen gemeinsam ist, dass sie sich aufgrund der Mutterschaft von ihren<br />
Partnern zumindest gleich wenn nicht mehr geschätzt und respektiert fühlen. Wenn<br />
auch aus den unterschiedlichen Gründen – z.B. wird von I1 die Partnerschaft<br />
intensiver empfunden weil man sich „mehr miteinander abstimmen muss“. Für I3<br />
deswegen, weil sie meint, dass ihr Mann jetzt noch mehr Respekt und Hochachtung<br />
vor ihr hat, „weil ich durch die Schwangerschaft viel übernehme…“.<br />
3.2.9. Drei Wünsche….<br />
Am Schluss des Interviews stand die „Zauberfrage“ – Sie haben drei Wünsche frei;<br />
Die Wünsche der Frauen beziehen sich in erster Linie auf die eigene Person. Ganz<br />
pragmatischen Wünsche wie „eine Nacht durchschlafen“ und flexiblere<br />
Öffnungszeiten von <strong>Kind</strong>erbetreuungseinrichtungen stehen neben Flexibilität, Glück<br />
und dem Wunsch nach persönlicher Abgrenzung „wenn es um meine ganz<br />
persönlichen Geschichten geht“.<br />
38
4. Resümee und Ausblick<br />
Eine meiner Forschungsfragen war, welche Motive gut ausgebildete Frauen haben,<br />
sich bei der Geburt eines <strong>Kind</strong>es aus dem Beruf zurückzuziehen und warum sie es<br />
nicht als Selbstverständlichkeit betrachten, die Väter aktiv in die Karenzeit mit<br />
einzubinden.<br />
Es ist zu vermuten, dass das jeweilige Hauptmotiv, wie die interviewten Frauen die<br />
Mutterschaft leben, die eigene, individuelle „Vorstellung einer guten Mutter“ ist. Es ist<br />
anzunehmen, dass diese „innere Vorstellung“ ein Produkt der unterschiedlichen<br />
Sozialisierung, der in der Werbung vermittelten Bilder bzw. der eigenen Wünsche<br />
und Sehnsüchte ist.<br />
Verblüffend ist die Tatsache, dass die Vereinbarungen, die getroffen wurden, von<br />
Anfang an fest standen. Es dürfte sich hier um Vereinbarungen handeln, die ganz<br />
stark vom Unterbewusstsein getragen wurden. Interviewpartnerin 3 dürfte die<br />
Balance gefunden haben, wenn sie sagt „ich glaube, dass wir das wirklich ganz<br />
ernst gemeinsam machen.“<br />
Interviewpartnerin 1 ist daher der Kategorie „home-centered“ zuzuordnen, die<br />
Interviewpartnerinen 2 und 3 gehören der Kategorie „adaptive“ an.<br />
In Bezug auf das Rollenverständnis zeigt sich eine große Bandbreite:<br />
Interviewpartnerin 1 gehört der Mehrheit der Österreicher und Österreicherinnen an,<br />
die eben der Meinung sind, dass Mütter mit <strong>Kind</strong>ern unter drei Jahren möglichst viel<br />
Zeit mit ihnen verbringen sollen. Die traditionelle Haltung zeigt sich auch in der<br />
Einstellung, dass eine geteilte Karenzzeit nicht in Frage kommt.<br />
Interviewpartnerin 2 ist die Frau mit der größten Ambivalenz bei diesem Thema. Sie<br />
sieht sich als Hauptbezugsperson, stellt aber in Frage, dass das aufgrund des<br />
Mutterseins ist. Auch eine geteilte Elternkarenz wäre für sie vorstellbar, wenn es<br />
nicht eine „Karrierebremse“ für den Partner wäre.<br />
39
Bei Interviewpartnerin 3 wiederum kommt in dem Gespräch immer wieder ganz klar<br />
zum Ausdruck, dass das <strong>Kind</strong> eine gemeinsame Entscheidung war und die<br />
Betreuung auch partnerschaftlich und nicht geschlechtsspezifisch geteilt wird.<br />
Es scheint auch, dass die Interviewpartnerinnen 1 und 2 sich selbst auf ein gewisses<br />
„erwerbstätiges Arbeitspensum“ reduzieren. Hier kommt, wenn auch unbewusst zum<br />
Tragen, dass – gesellschaftlich betrachtet – Mutterschaft und Berufstätigkeit noch<br />
immer nicht wirklich zusammen passen. Es sei für die <strong>Kind</strong>er besser, wenn Mütter<br />
nicht oder erst möglichst spät und wenig arbeiten gehen, wie auch aus dem<br />
Familienbericht 2010 hervorgeht. Dass diese Befürchtungen unbegründet sind, zeigt<br />
unter anderem die Studie von Röhr-Sendlmeier (2011).<br />
All den drei Frauen gemeinsam ist, dass sie es nicht „als ihre Natur ansehen“, den<br />
Großteil der Betreuungsarbeit zu übernehmen. Interviewpartnerin 1 und 2 sehen sich<br />
als „Hauptbetreuungspersonen“, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Für<br />
Interviewpartnerin 1 ist es ein „Herzenswunsch“ und Interviewpartnerin 2 fürchtet „ein<br />
Karrierehemmnis“ für ihren Mann.<br />
Die persönliche Zufriedenheit hat sich bei zwei Interviewpartnerinnen gesteigert.<br />
Lediglich Interviewpartnerin 2 ist „abgestiegen“, sie ist aber dem größten inneren<br />
Spannungsfeld zwischen Karriere und <strong>Kind</strong> ausgesetzt.<br />
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Gestaltung der Elternschaft eine höchst<br />
individuelle ist, wie auch die drei Interviews zeigen. Trotzdem wird noch immer ein<br />
Großteil der Betreuungsarbeit von den Müttern erledigt, gleichberechtigte<br />
Elternschaft wird nur selten gelebt.<br />
Die Gleichheit der Geschlechter bei der <strong>Kind</strong>erbetreuung ist für mich der Knackpunkt<br />
für die Zukunft. Denn solange die <strong>Kind</strong>erbetreuung derart auf die Mütter zentriert<br />
bleibt, mit allen Gefahren die dieses Modell in sich birgt (Teilzeitarbeit, geringere<br />
Pensionsansprüche, Armutsgefährdung bei Trennung etc.), bleibt die Familie, wie sie<br />
heute noch zum überwiegenden Teil in Österreich gelebt wird, eine<br />
<strong>Emanzipationsfalle</strong> für die Frauen.<br />
40
Um mit Simone de Beauvoir zu sprechen „eine ganz gemeine Falle für die Frauen.<br />
Denn sie tappen hinein, und es gelingt ihnen nur ganz selten, wieder<br />
herauszukommen“ (de Beauvoir 1979).<br />
Bei zwei meiner drei Interviewpartnerinnen kommt zum Vorschein, dass sie noch<br />
stark in geschlechtsspezifischen Rollen „gefangen“ sind. Es bräuchte meiner<br />
Meinung nach eine Familienpolitik, die ganz bewusst – wie z. B. in Schweden und<br />
Finnland – aufzeigt, dass sowohl Männer als auch Frauen in punkto Familie und<br />
Arbeit gleiche Rechte und Pflichten haben und das „Doppelverdiener-Modell“<br />
unterstützt.<br />
Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen und der Absolvierung des feministischen<br />
Grundstudiums werde ich versuchen, an einer entsprechenden<br />
Bewusstseinsveränderung in meinem Umfeld mitzuwirken, meiner Tochter ein<br />
entsprechendes Vorbild zu sein und mich auch politisch und meinungsbildend zu<br />
engagieren, damit meine Vision einer gleichberechtigten, geschlechtsunabhängigen<br />
Arbeitsteilung bei der <strong>Kind</strong>erbetreuung verwirklicht werden kann.<br />
41
5. Literatur- und Quellenverzeichnis<br />
5. Familienbericht, Band 1, Die Familie an der Wende zum 21. Jahrhundert. Wien:<br />
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, 1999 – 2009.<br />
Badinter, Elisabeth. Der Konflikt. München: C.H. Beck, 2010.<br />
Beck-Gernsheim, Elisabeth. Die <strong>Kind</strong>erfrage heute. München: C.H.Beck, 2006.<br />
Benz, Ute. Frauen im Nationalsozialismus. Dokumente und Zeugnisse. München:<br />
C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung, 1993.<br />
de Beauvoir, Simone, Interview geführt von Dr.in Trautl Brandstaller. Simone de<br />
Beauvoir, In: ORF, 2. Mai 1979.<br />
Flick, Uwe. Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Hamburg: Rowohlt Verlag<br />
GmbH, 2010, 3. Auflage.<br />
Frauenbericht 2010, Wien: Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst<br />
im Bundeskanzleramt Österreich, 2010.<br />
Hahn, Sylvia. Frauenarbeit in vorindustrieller Zeit. Hrsg. BMUK/Abt. f. Mädchen- und<br />
Frauenbildung, Wien 1993, Beitrag. In: Reader I Feministisches<br />
Grundstudium.<br />
Langeneder, Julia. Mythos Mutterglück. In: Welt der Frau 9 / 2011: 4 – 9.<br />
Rousseau, Jean-Jacques. Emil oder über die Erziehung. Paderborn: UTB für<br />
Wissenschaft, 1991, 10. unveränderte Auflage.<br />
Tenzer, Eva. Berufstätige Mütter: Schluss mit dem schlechten Gewissen. In:<br />
Psychologie Heute, Juni 2011: 38 – 42.<br />
Tillman, Klaus-Jürgen. Sozialisationstheorien. Eine Einführung in den<br />
Zusammenhang von Geschlecht, Institution und Subjektwerdung. Hamburg:<br />
Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1996, 7. Auflage.<br />
Wolf-Graaf, Anke. Frauenarbeit im Abseits. Frauenbewegung und weibliches<br />
Arbeitsvermögen. München: Verlag Frauenoffensive, 1981.<br />
42
Internetquellen<br />
Bock 2009:<br />
http://www.europa.clioonline.de/site/lang__de/ItemID__410/mid__11428/40208214/default.aspx,<br />
14.10.2011<br />
Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend:<br />
http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Ministerium/geschichte.html, 08.09.2011).<br />
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend:<br />
http://www.bmwfj.gv.at/FAMILIE/FINANZIELLEUNTERSTUETZUNGEN/KINDERBET<br />
REUUNGSGELD/Seiten/DatenundFakten.aspx, 13.9.2011<br />
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend:<br />
http://www.bmwfj.gv.at/Familie/FinanzielleUnterstuetzungen/<strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld/S<br />
eiten/default.aspx, 13.9.2011)<br />
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend:<br />
http://www.bmwfj.gv.at/FAMILIE/ FINANZIELLEUNTERSTUETZUNGEN/<br />
KINDERBETREUUNGSGELD/Seiten/ Einkommenabhängiges<br />
<strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld. aspx, 19.9.2011<br />
Demokratiezentrum:<br />
http://www.demokratiezentrum.org/themen/genderperspektiven/pionierinnen/pionierin<br />
nen-gallery.html, 14.10.2011<br />
Europäische Kommission:<br />
http://ec.europa.eu/employment_social/emplweb/families/index.cfm?id=4&policyId=2<br />
3&langId=de&countryId=16, 24.09.2011<br />
Europäische Kommission:<br />
http://ec.europa.eu/employment_social/emplweb/families/<br />
index.cfm?id=4&policyId=68&langId=de&countryId=4, 24.09.2011<br />
43
Familienrechtsreform:<br />
http://www.demokratiezentrum.org/themen/demokratieentwicklung/1968ff/familienrec<br />
htsreform.html, 08.09.2011<br />
Pressemitteilung FORBA 2011:<br />
http://www.forba.at/data/downloads/file/437-Vaeterkarenz%201Feb2011.pdf,<br />
16.9.2011<br />
44
6. Anhang<br />
Interterviewleitfaden<br />
Transkript Interview 2<br />
45
Interviewfragebogen<br />
Persönliche Angaben:<br />
� Name (geändert) und Alter der Interviewpartnerin<br />
� Familienstand<br />
� Alter des <strong>Kind</strong>es / der <strong>Kind</strong>er<br />
Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung vor der Geburt:<br />
� Berufstätigkeit vor der Geburt (Position / Tätigkeitsbereich)<br />
a) der Frau?<br />
b) des Mannes?<br />
� Wie wurde diese seitens der Frau empfunden?<br />
� Prozentueller Anteil am Haushalteinkommen vor der Geburt der Frau?<br />
� Wie war die Arbeitsaufteilung im Haushalt?<br />
� Warum erfolgte die Arbeitsaufteilung auf diese Weise?<br />
� War die Schwangerschaft von beiden Elternteilen gewollt?<br />
� Welche Gespräche gab es im Vorfeld über dieses Thema (Veränderung der<br />
Lebenssituation und wie man diese gemeinsam gestalten möchte)?<br />
Karenzzeit und <strong>Kind</strong>erbetreuung:<br />
� Welches Karenzmodell wird / wurde in Anspruch genommen und wie kam es<br />
zur Entscheidungsfindung?<br />
� Wurde das Karenzmodell mit dem Partner besprochen?<br />
� Wann wurde es besprochen – vor oder nach der Geburt?<br />
� Standen verschiedene Karenzmodelle zur Diskussion?<br />
Wenn ja welche?<br />
Wenn nein, warum nicht?<br />
� Welche Gespräche gab es mit dem Arbeitgeber?<br />
46
� Gab es Initiativen seitens des Arbeitgebers für eine baldige Rückkehr in die<br />
Position oder andere Unterstützungsprogramme für junge Eltern?<br />
Falls ja, wie sah diese aus?<br />
Falls nein, haben Sie hinterfragt, warum es keine Initativen seitens des<br />
Unternehmens gibt (Unternehmen sollten ja ein großes Interesse daran<br />
haben, qualifizierte DienstnehmerInnen bald wieder im Unternehmen zu<br />
haben)?<br />
� Wie wurde die erste Zeit mit dem Baby empfunden?<br />
� Welche Unterstützung hat man erfahren (seitens des Partners, der Eltern, der<br />
Freunde etc.)?<br />
� Wie wurde der Wechsel vom Beruf zur <strong>Kind</strong>erbetreuung / Hausarbeit<br />
empfunden bzw wie gestaltete sich dieser?<br />
� Wie teilt sich die Haushaltsführung nach der Geburt des <strong>Kind</strong>es auf?<br />
� Welche Betreuungspflichten übernimmt der Partner?<br />
� Wieviele Stunden pro Tag?<br />
� Ist es für Sie möglich, z. B. ein Wochenende allein zu verreisen und Ihr<br />
Partner kümmert sich um das <strong>Kind</strong>?<br />
� Würde es für Sie grundsätzlich in Frage kommen, geteilte Elternkarenz zu<br />
nehmen?<br />
Wenn ja, warum wird es nicht gemacht?<br />
Wenn nein, warum nicht?<br />
� Planen Sie wieder einen Einstieg in den Beruf?<br />
Wenn ja, wann und in welchem Umfang?<br />
Wenn nein, warum nicht?<br />
� Ab welchem Alter würden Sie Ihr <strong>Kind</strong> „fremdbetreuen“ lassen und in welchem<br />
Umfang (Stunden / Woche)?<br />
� Wie müssten die Rahmenbedingungen der Betreuung sein?<br />
Rollenbilder und Beziehungsmuster:<br />
� Was unterscheidet Sie als Mutter Ihres <strong>Kind</strong>es vom Vater Ihres <strong>Kind</strong>es?<br />
� Gibt es Ihrer Meinung nach einen Mutterinstinkt?<br />
� Wussten Sie „instinktiv“, was Ihr <strong>Kind</strong> braucht?<br />
47
� Wünschen Sie sich mehr Unterstützung bei der <strong>Kind</strong>erbetreuung durch Ihren<br />
Partner?<br />
Falls ja, in welcher Form?<br />
Falls nein, warum nicht?<br />
� Fühlen Sie sich in der Beziehung gleich gleichberechtigt und wertgeschätzt<br />
wie vor der Geburt? Begründen Sie bitte Ihre Aussagen!<br />
� Persönlicher „Zufriedenheitsindex“ – auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 5<br />
(nicht genügend) vor der Geburt bzw nach der Geburt?<br />
� Sie haben drei Wünsche frei...<br />
48
Interview-Transskript<br />
Datum: 21.2.2011<br />
Interviewpartnerin: Nr. 2<br />
Alter: 32<br />
Familienstand: verheiratet<br />
<strong>Kind</strong>er: Tochter M. (2), Tochter A. (4)<br />
Berufstätigkeit vor Geburt: keine Berufstätigkeit; Studium<br />
Ehemann: J. ist vollzeitbeschäftigt<br />
Haben Sie bewusst entschieden, dass Sie während des Studiums <strong>Kind</strong>er<br />
bekommen?<br />
I2: Diese Auszeit war bewusst so entschieden. Ich hab vor dem Studium gearbeitet,<br />
war dann ein Jahr in Bildungskarenz. Die Absicht, eine Auszeit zu nehmen und zu<br />
studieren, war schon auch mit der Absicht gekoppelt, in der Zeit die <strong>Kind</strong>erplanung<br />
abzuschließen.<br />
Prozentueller Anteil am Haushaltseinkommen vor der Geburt?<br />
I2: War marginal. Bildungskarenz ist genauso hoch wie <strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld, wobei<br />
das ja nur für ein Jahr war.<br />
Sind Sie dann in der Bildungskarenz schon schwanger geworden?<br />
I2: Zum Ende der Bildungskarenz hin.<br />
Wenn ich zusammenfassen darf, Ihr Gedanke war, ich nehme mir Auszeit vom Beruf.<br />
Wann war das?<br />
I2: 2005.<br />
Wie lange hatten Sie in Summe gearbeitet gehabt, bevor Sie sich diese Auszeit vom<br />
Beruf genommen haben?<br />
I2: 7 Jahre.<br />
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Also da war dieser Gedanke, ich nehme mir Auszeit vom Beruf, ich mach ein<br />
Studium.<br />
I2: Ja, genau, weil ich mir gedacht habe, ich brauch das. Wobei ich dann in der<br />
Bildungskarenz schon wieder zum Arbeiten angefangen habe. Ein halbes Jahr hab<br />
ich bewusst Auszeit genommen, danach hab ich teilzeitgearbeitet neben dem<br />
Studium. Und dann bin ich zur A. schwanger geworden. Und hab dann mit Ende des<br />
Jahres aufgehört zu arbeiten und war schwanger.<br />
Wie war die Arbeitsaufteilung im Haushalt vor der Geburt?<br />
I2: In der Zeitrechnung, als wir beide gearbeitet haben fifty-fifty, und wie ich dann nur<br />
studiert hab, hab ich einen größeren Teil erledigt. Weil ich einfach mehr Zeit gehabt<br />
hab. Das war für mich auch okay so.<br />
Das Baby haben Sie beide gewollt?<br />
I2: Ja.<br />
Gab es im Vorfeld der Geburt Gespräche über das Thema geänderte<br />
Lebenssituation mit dem <strong>Kind</strong> und wenn ja, welche?<br />
I2: Es hat sicher Gespräche gegeben. Es war immer klar, dass J. derjenige sein wird,<br />
der immer arbeiten gehen wird.<br />
Warum war das klar?<br />
I2 (lacht): Weil ich in die total alte Rolle zurückgefallen bin: Frau kümmert sich um<br />
das <strong>Kind</strong>... (schmunzelt), nein, wir haben das auch – ganz ehrlich – nicht hinterfragt.<br />
Das war einfach so. Vielleicht auch der Grund, weil ich studiert habe und nicht mitten<br />
im Leben gestanden bin. Das mag jetzt auch dazu geführt haben. Weil ich ja im<br />
Studium war, als ich schwanger wurde, und nicht mitten im Berufsleben gestanden<br />
bin. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn ich mitten im Berufsleben gestanden<br />
wäre, das mag schon sein. Aber zu dieser Zeit hab ich im Haushalt gearbeitet und es<br />
ist nicht zur Diskussion gestanden. Es war klar, J. wird derjenige sein, der immer<br />
arbeiten geht. Weil er auch seine Perspektiven in der Firma hat. Und weil ja sowieso<br />
das Studium auch noch hatte beendet werden müssen. So war das auch irgendwo<br />
klar. Vom Finanziellen her haben wir uns keine Gedanken gemacht, ganz ehrlich<br />
gesagt, was vielleicht ganz gut war, weil wir das vor der Geburt von A. schon gelernt<br />
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haben, mit weniger Geld umzugehen. Wir sind einfach vom Selbsterhalterstipendium<br />
ausgegangen, das wir ja nicht bekommen haben...<br />
... weil Sie verheiratet waren....<br />
I2: ... ja, genau. Jetzt war das quasi schon davor, diese eineinhalb Jahre, wo wir<br />
gelernt haben, mit weniger umzugehen. Wobei das für uns sozusagen weniger, aber<br />
trotzdem okay war.<br />
Jaja, ihr habt nicht am Hungertuch genagt, aber es war ein Unterschied, ob beide<br />
verdienen...<br />
I2: ... ja...<br />
... weil Sie haben ja vorher relativ gut verdient. In dem Job, bevor Sie studiert<br />
haben...<br />
I2: ... ja genau.<br />
Wie war das prozentuell aufgeteilt vom Einkommen her als Sie noch voll berufstätig<br />
waren, ungefähr Pi mal Daumen?<br />
I2: Es ist schwer zu sagen, weil J. durch seine Reisen Diäten bekommt und weil wir<br />
das mit den Prämien hatten. Im Schnitt so genau kann ich das nicht sagen, aber ich<br />
glaub, J. hat immer ein bisschen mehr gehabt als ich. Wobei das nicht wahnsinnig<br />
auseinander klaffen wird.<br />
Man kann also sagen, über das Jahr gesehen, Pi mal Daumen 60 : 40?<br />
I2: Wenn man seine Reisen mit einkalkuliert, ist der Sprung bestimmt mehr gewesen.<br />
Weil das eben komplett anders ist.<br />
Es kommt also darauf an, wie viel und wie lang er gereist ist.<br />
I2: Ja, genau.<br />
Welches Karenzmodell haben Sie dann in Anspruch genommen?<br />
I2: Das längste 20 + 6, wobei die Karenzmodelle, zu der Zeit, als A. zur Welt<br />
gekommen ist, noch nicht so vielfältig waren. (Pause) Aufgrund vom Studium und<br />
weil ich sowieso zu Hause war, haben wir das Längste in Anspruch genommen, weil<br />
ich denke, da bekommt man auch das meiste Geld, im Vergleich zu den andern...<br />
... puh, das weiß ich gar nicht...<br />
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I2: ...wir haben das irgendwann einmal gerechnet, ob wir umsteigen können, das<br />
haben wir dann aber übersehen. Wenn du es einfach aufsummierst, steigst du mit<br />
der längeren Variante am besten aus.<br />
Okay und das haben Sie aber vor der Geburt besprochen.<br />
I2: Mhhhm.<br />
Verschiedene Karenzmodelle sind dann nicht wirklich zur Diskussion gestanden?<br />
I2: Genau.<br />
Weil’s auch noch nicht so viele gegeben hat damals?<br />
I2: Genau.<br />
Teilen ist auch nicht in Frage gekommen, weil J. der Alleinverdiener war im<br />
klassischen Sinne?<br />
I2: Genau, bei A.. Bei M. haben wir das überlegt, aber es ist auch – männerseitig<br />
gesehen – eine Karrierebremse.<br />
Hätte es J. grundsätzlich interessiert?<br />
I2: Schon. Also, er hat schon überlegt.<br />
Hat es da das einkommensabhängige Modell schon gegeben?<br />
I2: Bei M. schon, ja. Aber es ist halt dann dieses “machen wir das jetzt, ist das jetzt<br />
schlau” aufgetaucht. Und ich war dann diejenige, die gesagt hat, nein, machen wir es<br />
nicht, es ist gescheiter, wir lassen es so, wie es ist.<br />
Gespräche mit dem Arbeitgeber hat es dann bei Ihnen ja nicht gegeben, weil Sie<br />
keinen Arbeitgeber hatten.<br />
I2: Nein.<br />
Wie wurde dann die erste Zeit mit dem Baby empfunden?<br />
I2: Schön.<br />
War das so, wie Sie es sich vorgestellt haben?<br />
I2: Hmm...<br />
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Also dieser Wechsel vom Studieren und Teilzeitarbeiten zu dem, wie dann das Baby<br />
da war?<br />
I2: Also, bei der Geburt von A. waren das nur schöne, erste neun Monate, weil es<br />
einfach – wo mir nichts gefehlt hat, wo mir arbeitstechnisch was abgegangen wäre,<br />
es war einfach mit der Geburt von der A., für eine gewisse Zeit lang, also so 9<br />
Monate, wirklich komplett. Dann bin ich wieder auf die Uni gegangen und hab<br />
meinen Ausgleich, sozusagen meinen geistigen Ausgleich, meine geistige<br />
Herausforderung auf diese Weise gesucht.<br />
Und welche Unterstützung hatten Sie in der Zeit, in den neun Monaten oder<br />
überhaupt ab dem Zeitpunkt, als das Baby da war?<br />
I2: Grundsätzlich J., klarerweise. Der seine Vaterrolle sehr ernst nimmt. Und auch die<br />
Oma(s?), wobei ich das nicht angenommen habe, weil „mein <strong>Kind</strong>“...<br />
...man kann sagen, bei A. waren es die ersten neun Monate die pure Glückseligkeit,<br />
dann hatten Sie noch den geistigen Ausgleich, weil Sie Ihr Studium betrieben haben,<br />
und dann ist M. auf die Welt gekommen.<br />
I2: Genau, dann ist M. auf die Welt gekommen, aber auch irgendwie so geballt, weil<br />
dann auch schon so der Gedanke im Raum stand, ich will wieder zurück ins<br />
Berufsleben. Und das schon besprochen ist, jetzt haben wir A., ich mach das<br />
Studium fertig, fang dann wieder zum Arbeiten an und dann bekommen wir noch ein<br />
<strong>Kind</strong>...<br />
... sondern ihr wollt’s zwei <strong>Kind</strong>er...<br />
I2: ... ja genau, ich hab das lachhaft gefunden, jetzt geh ich zurück, arbeit ein Jahr ...<br />
..okay...<br />
I2: ... zumindest war das so das geballte, das hat auch gut geklappt. Die M. war zwei<br />
Wochen alt und ich bin auf der Uni gesessen, da war dann das Gefühl nicht mehr so<br />
da. M. ist ein besonderer Mensch, aber das erste <strong>Kind</strong> ist einfach wow, diese Magie,<br />
... dieser Hype...<br />
I2: ... du hast es geschafft, du und dein Partner, irgendwie ist das entstanden. A.<br />
haben wir die ganze Nacht angeschaut und nicht geschlafen, bei M. war das auch<br />
schön, aber nicht mehr so besonders.<br />
Nicht mehr so diese Einzigartigkeit, weil es nicht das erste Mal war.<br />
I2: Ja genau, es ist leichter gegangen, ich war nicht mehr so überfragt, überfordert<br />
von den ganzen, möglichen Dingen, was beim ersten <strong>Kind</strong> ist, wo du bei jedem<br />
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Muckser Habt-Acht vorm <strong>Kind</strong>erbett stehst, ist das beim zweiten alles ein bisschen<br />
entspannter. Ich hab M. auch viel leichter aus der Hand gegeben als A.. Die<br />
Schwiegermama war schon mit auf der Uni und hat auf M. aufgepasst, weil ich ja<br />
gestillt hab, aber es war okay für mich, dass ich auf der Uni gesessen bin und sie ist<br />
spazieren gegangen.<br />
Und Sie glauben, weil das eben das zweite Mal war, dass das der Unterschied war?<br />
I2: Also, ich glaub schon. Ich hab ja auch ein Semester Pause gemacht und bei M.<br />
ist es gleich dahin gegangen wieder.<br />
Da haben Sie nicht so einen Stopp gemacht.<br />
I2: Genau. Also bei A. hab ich mich herausgenommen vom Leben. Ich hab es<br />
einfach genossen, das Schwanger-Sein und das Mama-Sein. Und bei M. ist halt alles<br />
schneller dann wieder normal geworden.<br />
Wie wurde der Wechsel vom Beruf zur <strong>Kind</strong>erbetreuung / Haushalt empfunden bzw.<br />
wie gestaltete sich dieser?<br />
I2: Bei A. war es pure Glückseligkeit, wobei das ja auch wieder so eine Ausnahme<br />
ist, weil mein Einstieg vom Berufsleben zum Daheim-Sein nicht so krass war, wie<br />
das normal der Fall ist. Weil ich ja schon ein Jahr Auszeit gehabt hatte. Diese Krisen,<br />
die man da so kriegt, die hab ich schon vorher gehabt. Jetzt ist man weg vom<br />
Berufsleben. Aber mit der Geburt von A. war das halt einfach fein, das hab ich nicht<br />
hinterfragt. Das war eine Wolke, wir sind da drinnen und schweben durchs Leben. Es<br />
ist alles okay.<br />
Wie teilt sich jetzt die Haushaltsführung nach der Geburt der <strong>Kind</strong>er auf, hat sich das<br />
jetzt nochmals wieder geändert?<br />
I2: Nach der Geburt der <strong>Kind</strong>er?<br />
Also so wie es jetzt einfach ist?<br />
I2: Jetzt auch mit Arbeiten wieder?<br />
Ja, oder vielleicht muss man es unterteilen, wie war es mit einem <strong>Kind</strong>, mit zwei<br />
<strong>Kind</strong>er und jetzt wieder mit der Arbeit, die Sie machen?<br />
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I2: Es war sowohl bei A. als auch bei M. so, dass J. immer mitgeholfen hat. Wieder<br />
mehr, weil ja A. meine Aufgabe war sozusagen. Und jetzt ist es einfach so, wo ich<br />
wieder arbeiten gehe, dass wir uns die Sachen genauso teilen, aber wir haben<br />
Unterstützung, muss man jetzt fairer Weise auch sagen.<br />
Dass jemand kommt und die Reinigung macht und so.<br />
I2: Ja, genau.<br />
Wenn Sie die Betreuungspflichten der <strong>Kind</strong>er hernehmen, diese ganzen<br />
fürsorglichen Tätigkeiten, wie Frühstück machen, ins Bett bringen etc., was<br />
übernimmt davon Ihr Partner im Sinne von wie vielen Stunden pro Tag im<br />
Durchschnitt?<br />
I2: Im Schnitt zwischen 1,5 und 2 Stunden.<br />
Ist es für Sie möglich, dass Sie an einem Wochenende mal alleine wo hinfahren, und<br />
dass J. sich um die <strong>Kind</strong>er kümmert?<br />
I2: Ja, ist es.<br />
Würde es für Sie grundsätzlich in Frage kommen, geteilte Karenzzeit zu nehmen?<br />
I2: Grundsätzlich schon. Aber in unserem Fall ist der Zug abgefahren. Ich steh dem<br />
sehr positiv gegenüber.<br />
Das erste Mal haben Sie es nicht gemacht, weil J. der Hauptverdiener war. Das<br />
zweite Mal war auch, weil J. noch der Hauptverdiener war und diese Überlegungen<br />
im Raum standen wegen der Arbeit...<br />
I2: ... eigentlich ist es ein Karrierehemmer. Was passiert in der Zeit, wenn du weg<br />
bist? Aufgrund seiner jetzigen beruflichen Situation, haben wir einfach empfunden,<br />
es ist nicht schlau, wenn wir das jetzt so machen. Und ich dann eigentlich dem<br />
Ganzen einen Schlussstrich gesetzt habe und gesagt habe, lassen wir es einfach so,<br />
wie es ist.<br />
Einfach auch aus dieser wirtschaftlichen Geschichte heraus, dass man sagt, okay,<br />
das ist zwar nett, jetzt haben wir dann geteilte Karenz, aber wer weiß, was nachher<br />
ist, wenn man den Job nicht mehr hat.<br />
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I2: Nein, nicht, wenn man den Job nicht mehr hat, bei ihm tut sich gerade total viel.<br />
Und es wäre einfach nicht schlau gewesen, wenn er jetzt für ein paar Monate nicht<br />
da gewesen wäre.<br />
Planen Sie wieder einen Einstieg in den Beruf, den Sie ja bereits wieder gemacht<br />
haben, und wenn ja, in welchem Umfang?<br />
I2: Mein Einstieg hat vor einem halben Jahr angefangen, wie M. 18 Monate alt war<br />
und in eine Krabbelgruppe gekommen ist, mit 25 Stunden.<br />
Wie geht es Ihnen damit?<br />
I2: Also ich weiß, dass Vollzeit kein Thema ist für mich. Weil es aufgrund unserer<br />
Konstellation auch einfach nicht geht, weil J. viel weg ist. Vielleicht würde es sich<br />
organisieren lassen, aber ich will das einfach nicht. Ich glaub, dass 30 Stunden für<br />
die nächste Zeit das absolute Maximum sind, die ich für mich selbst vertreten kann.<br />
Diese 30 Stunden sind das Maximum, aber dies ist Ihnen wichtig?<br />
I2: Das ist mir absolut wichtig. Wenn ich jetzt zurück denke, so im letzten Jahr, also<br />
ich bin im Februar mit dem Studium fertig geworden im letzten Jahr, also eigentlich<br />
genau vor einem Jahr, und diese Zeit, wo ich also irgendwie fertig war, war dieses<br />
gute Gefühl, dieser Hype, jetzt bist du fertig geworden, du hast es geschafft, aber so<br />
auch dieses: Was tust du jetzt? Es hat dann so ungefähr ein halbes Jahr gedauert,<br />
bis ich einen Job gefunden habe, weil ich eben nicht in der normalen Karenz war und<br />
zu einem Unternehmen zurück kommen konnte, und das war irgendwie eine<br />
schlimme Zeit. Was heißt schlimme Zeit? Wenn du selbst mit dir nicht zufrieden bist,<br />
dann merkt das dein Partner, merken das deine <strong>Kind</strong>er und mit dem Einstieg in das<br />
Berufsleben ist sozusagen die Welt wieder bunter und wieder heiler.<br />
Ab welchem Alter haben Sie Ihre <strong>Kind</strong>er fremdbetreuen lassen bzw. in welchem<br />
Umfang (Stunden pro Woche)?<br />
I2: Es sind beide <strong>Kind</strong>er mit dem 18. Lebensmonat in die Krabbelstube gekommen.<br />
Vorher war A. behüteter, also es hat länger gedauert, dass A. einmal irgendwo war,<br />
und bei M. war das gleich einmal, dass sie irgendwo übernachtet hat oder dass wir<br />
ohne M. auf Urlaub gefahren sind.<br />
A. war ja neun Monate nur bei Ihnen.<br />
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I2: Fulltime-Service quasi.<br />
Aber mit 18 Monaten waren sie dann beide in der Krabbelstube.<br />
I2: Wobei A. nur drei Tage in Woche angefangen hat bis Mittag, das hat sich dann<br />
erst ein halbes bis Dreivierteljahr später eingependelt, wo sie eine ganze Woche<br />
gegangen ist und dann auch mal länger geblieben ist. Und M. ist von Beginn an fünf<br />
Tage die Woche, ganztags, in die Krabbelstube gegangen.<br />
Hat das irgendwelche Auswirkungen?<br />
I2: Jein. Von der ganzen Entwicklung her, von dem ganzen sozialen Gefüge her, was<br />
sie lernen, was sie spielen, dieses Engagement das Fremdbetreuer haben den<br />
<strong>Kind</strong>ern gegenüber, kannst du als Mama persönlich nie bieten, weil du immer etwas<br />
daneben hast, was du machen musst, sei es im Haushalt oder so. Das tut ihnen<br />
sicher beiden gut. Ab und an hast du als Frau wahrscheinlich auch die Phase, wo du<br />
hinterfragst, ist es richtig, was ich mache. Grad wenn es so Phasen sind, in denen<br />
die <strong>Kind</strong>er krank sind, wenn sie quengeln, so diese Nähe und Nestwärme suchen<br />
und du dich fragst, ist das schon richtig, irgendwie bräuchte sie mich doch noch so<br />
sehr. Aber das ist eine kurze Phase und dann, wenn du mit dir selbst eins bist, passt<br />
das irgendwie. Grundsätzlich nein, dass sie einen Schaden erleiden, wenn sie in<br />
Fremdbetreuung sind. Aber es gibt sicher so Phasen, wo man das selbst irgendwie<br />
hinterfragt, ist das richtig, was ich mache. Aber das ist so ein klassisches<br />
Frauenthema, dass man sich selbst halt immer so als wichtig nimmt und die <strong>Kind</strong>er<br />
brauchen einem.<br />
Was würden Sie sagen, unterscheidet Sie als Mutter vom Vater des <strong>Kind</strong>es?<br />
I2: Ich glaube, diese enorme Bindung, aufgrund der Tatsache, dass die Frauen die<br />
<strong>Kind</strong>er austragen, schon eine engere Bindung zum <strong>Kind</strong> besteht und es so ein<br />
unsichtbares Band gibt, das verbindet. Was jetzt nicht heißt, dass der Papa die<br />
<strong>Kind</strong>er weniger lieb hat. Aber dass doch die Mama die Mama ist aus der ganzen<br />
Entstehung her. Dass die Beziehung schon viel früher aufgebaut wird und dass du<br />
einfach da bist. Oder wie es in unserem Fall war, dass ich diejenige gewesen bin, die<br />
daheim geblieben ist. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn J. daheim geblieben<br />
wäre und ich wäre sofort wieder arbeiten gegangen, das mag schon sein. Ich glaube<br />
auch durchaus, dass das möglich sein könnte. Es verstärkt sich sicher noch einmal,<br />
wenn man die erste Zeit intensiv mit dem <strong>Kind</strong> verbringt, weil man ja jede Neuigkeit<br />
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oder jedes neu Erlernte ja sofort mitkriegt. Und das war für mich so ein Aha-Effekt,<br />
wie ich zum Arbeiten angefangen habe, J. bekommt das eigentlich gar nicht so mit,<br />
was mit den <strong>Kind</strong>ern passiert. Er arbeitet 40, 50 Stunden die Woche, kommt heim,<br />
sieht sie noch kurz vorm Schlafengehen und am Morgen, aber er bekommt den<br />
ganzen Tag, was wir so erleben, gar nicht mit. Und das ist schon auch so ein Punkt.<br />
Vielleicht darf man es nicht nach Mama und Papa definieren, sondern einfach nach<br />
der Hauptbetreuungsperson. Dass einfach die Hauptbetreuungsperson, also die<br />
Person, die einfach die meiste Zeit mit dem <strong>Kind</strong> verbringt, auch das Meiste<br />
mitbekommt. Einfach alle Dinge, die passieren, eingespielt sind. Du schaust das <strong>Kind</strong><br />
an und weißt ganz genau, was los ist.<br />
Weil man sich halt gut kennt. Gibt es Ihrer Meinung nach einen Mutterinstinkt bzw.<br />
haben Sie instinktiv gewusst, was Ihr <strong>Kind</strong> braucht?<br />
I2: Nein, glaub ich nicht. So in der ersten Zeit, also gerade bei A., wo alles neu war,<br />
war J. oft derjenige, der gewusst hat, was zu machen ist. (lacht) Das spricht jetzt<br />
nicht für mich, aber...<br />
... man lernt sich kennen und man lernt das <strong>Kind</strong> kennen, das weiß man dann, aber<br />
Mutterinstinkt, das <strong>Kind</strong> ist auf die Welt gekommen und juhu ich hab sofort gewusst,<br />
das glauben Sie nicht...<br />
I2: ... nein, das glaub ich nicht.<br />
Würden Sie sich mehr Unterstützung bei der <strong>Kind</strong>erbetreuung durch J. wünschen?<br />
I2: Nein. Es passt so, wie es ist.<br />
Warum?<br />
I2: Weil er ein engagierter Papa ist. Es gibt nichts, was er nicht macht. Jetzt im<br />
Freundesvergleich. Er wickelt, er putzt die Sachen weg, er füttert, er tut, er spielt. Es<br />
gibt nichts, wo er sagt, das ist Frauenarbeit oder so.<br />
Die Verantwortlichkeit ist wie aufgeteilt, also von Planen und Organisation und von<br />
der Hauptbetreuung?<br />
I2: Das ist so aufgeteilt, dass ich diejenige bin, die sich hauptsächlich darum<br />
kümmert.<br />
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Hauptsächlich sind 90 Prozent?<br />
I2: Ja, 90 Prozent.<br />
Fühlen Sie sich in der Beziehung gleichberechtigt und wertgeschätzt wie vor den<br />
<strong>Kind</strong>ern?<br />
I2: Ja, ich mein, man rückt schon zurück, einfach weil da jemand da ist, der dich<br />
braucht, der Bedürfnisse hat nach einer Mama, nach einem Papa. Also es ist sicher<br />
so, dass die Beziehung nicht mehr so ist, wie sie vorher war. Gerade in der ersten<br />
Zeit.<br />
Wenn Sie mehr so Ihr Verhältnis zu J. grundsätzlich betrachten, ist das von gleicher<br />
Wertschätzung und Gleichberechtigung?<br />
I2: Das schon. Ich würde das nicht minder oder besser beurteilen. Das ist gleich.<br />
Wenn Sie einen persönlichen Zufriedenheitsindex von 1 (Sehr gut) bis 5 (Nicht<br />
genügend) aufstellen müssten – vor den Geburten und nach den Geburten. Wie<br />
würde der ausfallen?<br />
I2: Die Ausschlagungen waren wo anders. <strong>Kind</strong>er geben definitiv was zurück, was<br />
man vorher nicht gehabt hat. Aber genauso rauben sie auch Dinge, die man vorher<br />
zur genüge gehabt hat. Ich glaube, dass im Schnitt vor dem <strong>Kind</strong> es wahrscheinlich<br />
schon besser war. Aber jetzt nicht extrem besser, aber doch eine Spur besser. Sie<br />
wollen jetzt ein Zahl zwischen 1 und 5 von mir hören. Ich sag jetzt einmal vorher 1<br />
bis 2 und jetzt dümpeln wir halt bei 2 bis 3.<br />
Wenn Sie jetzt drei Wünsche frei hätten, was wäre das, wenn Sie so Ihre aktuelle<br />
Situation anschauen bzw. noch ein wenig in die Zukunft?<br />
I2: Auf mich persönlich bezogen?<br />
Ja, auf Sie persönlich bezogen und auch auf die Familie als solche. Was sind die<br />
Themen, wo es hakt auf eine Art und Weise. Wenn man schon so einen Zauberstab<br />
hätte, das tät ich ändern.<br />
I2: Einen Wunsch würde ich total schnell verprassen, indem ich sage, ich würde ganz<br />
gerne die Nacht für mich haben – ohne <strong>Kind</strong>er. Das wäre ein ziemlich schnell<br />
verprasster Wunsch in der momentanen Lebenssituation. Wenn man dann<br />
weiterdenkt, ist es irgendwie – ich hab mir darüber noch nie Gedanken gemacht, ich<br />
muss jetzt einfach ein wenig überlegen... weil es grundsätzlich passt, wie es ist. Ich<br />
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in versorgt mit den Omas und Opas. Ich hab alle Fangnetze. Schlau wäre es sicher,<br />
wenn es flexiblere <strong>Kind</strong>erbetreuungseinrichtungen geben würde, also von den Zeiten<br />
auch her. (überlegt) Und dass das Bild der Frau, wenn du <strong>Kind</strong>er hast, wirst du nicht<br />
mehr als ganz so vollwertig eingeschätzt, wenn man auf das Berufliche hingeht, hast<br />
du halt einfach <strong>Kind</strong>er. Und so lange <strong>Kind</strong>er betreuungsintensiv sind, schaut die Welt<br />
halt einfach für denjenigen, der sich um die <strong>Kind</strong>er kümmert, halt nicht so rosig aus.<br />
Was jetzt im Beruflichen ist. Aus meiner Sicht gesprochen, weiß ich halt, ich will und<br />
kann nicht mehr als 30 Stunden arbeiten, weil die restliche Zeit – vielleicht wär sie<br />
abgedeckt – aber (überlegt) es ist schwer, es ist echt schwer, wenn man sich...<br />
... ja, es ist so wie es ist und im Prinzip ist es auch so, dass Sie sagen, Sie haben es<br />
sich eh so gerichtet, dass es passt, so vom Gesamtkonzept her.<br />
I2: Wir leben mit dem so und es haut auch hin, so wie es ist. Es gibt bestimmt viele<br />
Dinge, die man ändern kann, das sind dann wahrscheinlich gesellschaftliche<br />
Themen, das man sagt, okay man bietet so und solche Familienbeihilfe und<br />
<strong>Kind</strong>erbetreuungsgeld-Varianten an, und nachher wenn ich diese Variante nehme,<br />
was tust du mit den <strong>Kind</strong>ern dann, dass da auch viel nicht zusammenpasst, aber ich<br />
glaub trotzdem, dass es im Grunde immer bei einem selber liegt, was man daraus<br />
macht. Es ist sicher auch davon abhängig, wie ist die familiäre Situation, hat man<br />
jemanden, wo man die <strong>Kind</strong>er hingeben kann, hat man einen Partner, der einem<br />
unterstützt dabei – und wenn diese Faktoren alle zusammenspielen, glaub ich, kann<br />
man sich an alle möglichen Gegebenheiten irgendwie anpassen. Das macht es<br />
sicher leichter, aber es funktioniert halt auch irgendwie.<br />
Danke!<br />
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