Anzeiger Ausgabe 1722
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ANZEIGER • Seite 18 Samstag, 30. April 2022
HELFER IN SCHWEREN STUNDEN
Das Grab als Trauerort
Menschen verarbeiten ihre Trauer unterschiedlich.
Viele aber benötigen wissenschaftlichen
Erkenntnissen zufolge dafür
das Grab von Verstorbenen, und zwar
den genauen Beisetzungsort. Dabei gilt
es, zu unterscheiden. Die vom Zukunftsinstitut
mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut
YouGov erstellte Studie
"Trauerkultur der Zukunft" legt nahe: Es
gibt einerseits Grabformen, die für die
Verarbeitung von Trauer geeignet sind
und andererseits solche, die bloße Beisetzungsorte
ohne nennenswerten Beitrag
zu ihrer Bewältigung sind. So
erscheinen vor allem anonyme und halbanonyme
Gräber wie Rasengräber,
Baumbeisetzungen oder gar Seebestattungen
zwar auf den ersten Blick als
praktisch. Zur Bewältigung des Verlustes
geliebter Angehöriger können sie für viele
Trauernde aber kaum beitragen. Denn
dafür sind bestimmte Faktoren nötig, die
dort teilweise oder ganz fehlen.
Die Menschen wollen sich einbringen,
wollen ihrer Trauer am Beisetzungsort
mittels persönlicher Gesten und Rituale
individuellen Ausdruck verleihen. Der Besuch
des Beisetzungsortes erlaubt die
direkteste Form der Verbindung mit dem
Verstorbenen, aber auch eine Auseinandersetzung
mit dem Verlust. Dabei bieten
Handlungen oder Rituale am Ort der Bestattung
eine gesteigerte Chance, das
Bedürfnis der Aufrechterhaltung, Weiterführung
oder 'Neugestaltung der Beziehung'
zu dem Verstorbenen zu erfüllen.
Individuelle Trauerhandlungen können hier
grundsätzlich zu heilsamen Handlungen
werden. Einer Studie zufolge werden individuelle
Handlungen am Grab zu einem
menschlichen Grundbedürfnis, weil sie
eine positive Wirkung auf Trauernde und
für die Trauerbewältigung haben. Erfolgreiche
Trauerarbeit, gelingende Trauerbewältigung,
braucht Identitätsarbeit.
Namen- und zeichenlose Grabstätten eignen
sich nicht dafür.
Gerade bei anonymen und halbanonymen
Beisetzungsformen, wie Rasenfeldern,
Baum- und Naturgräbern, sind
eben diese wichtigen Handlungen, wie
das Aufstellen von Blumen, das Ablegen
von Erinnerungsstücken oder Briefen am
Beisetzungsort nicht gestattet. Die Wahl
der Beisetzungsform sollte daher gut
überlegt sein. Denn für viele ist ein Grab
nur ein guter Trauerort, wenn diese Rituale
erlaubt und möglich sind. Das erfordert
letztlich auch, Friedhöfe konsequent
als Orte für die Lebenden zu denken. Es
gilt, an die tatsächlichen Bedürfnisse der
Hinterbliebenen, nämlich an die Überwindung
des Trauerschmerzes und das Zurechtfinden
in der neuen Lebenswirklichkeit
angepasste Beisetzungsorte zu
entwickeln.
Eine Bestattungsverfügung
kann Hinterbliebene entlasten
Sarg, Blumenschmuck, Trauerfeier - eine
Bestattung kann Hinterbliebene nicht nur
emotional, sondern auch finanziell enorm
belasten.
Der Tod ist ein Tabuthema. Das ist leider
menschlich: Die meisten sprechen nur
ungern über den eigenen Tod, geschweige
denn über Bestattungsdetails.
Dadurch fällt es trauernden Hinterbliebenen
oft noch schwerer, alles bestmöglich
zu organisieren. Nicht nur, dass diese
Aufgabe für die meisten völlig neu ist, oft
kennen sie nicht einmal die Wünsche
und Vorstellungen des Verstorbenen.
Dazu kommt der Zeitdruck: Laut Bestattungsgesetz
muss der Leichnam innerhalb
von acht Tagen beerdigt werden.
Wie kann ich meine
Vorstellungen festhalten?
Angesichts der kurzen Zeit, der anfallenden
Kosten und der seelischen Verfassung
der Familienmitglieder können die
Wünsche des Toten oftmals nicht ausrei-
chend berücksichtigt werden. Eine zu
Lebzeiten selbst verfasste Bestattungsverfügung
kann diese Situation erleichtern:
Hier kann zum Beispiel erklärt
werden, wer sich möglichst um die Bestattung
kümmern, an welchem Ort die
Beisetzung stattfinden oder wie die Grabgestaltung
aussehen sollte. Die aufgewühlten
Hinterbliebenen müssen dann
nicht auch noch kurzfristig Entscheidungen
treffen.
Die Kosten für unterschiedliche Bestattungsarten
wie Urnen- oder Erdgrab variieren
stark. Zudem gibt es erhebliche
Qualitäts- und dementsprechende Preisunterschiede
bei Bestattungsleistungen.
Angefangen mit dem Blumenschmuck
über die Ausstattung des Sargs bis hin
zur Art des Grabsteins. Zudem fallen viele
Kosten an, mit denen man im ersten Moment
gar nicht rechnet: beispielsweise
Porto für Trauerbriefe, Traueranzeigen, die
Aufbewahrung des Leichnams in einer
Kühlzelle, das Totenkleid oder Friedhofsund
Verwaltungskosten.
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