Quatsch oder Die Quelle der Geschichten - Endfassung - Druck
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„Schon wahr“, brummte <strong>der</strong> Baum, „wenn es stark regnet, dann sprudelt die<br />
<strong>Quelle</strong>!<br />
Doch das wird selten beobachtet. Denn wenn es stark regnet, ist hier auch<br />
niemand zur Stelle …<br />
Nein, nein: Meist sieht man nur Schlamm. Doch <strong>der</strong> ist die Schmiere<br />
im großen Kreislauf des Wassers, ohne den wir nicht hier wären.<br />
Und so, wie wir ihn brauchen, braucht er auch uns,<br />
<strong>der</strong> Wald mit seinen Milliarden Lebensformen speichert und säubert das<br />
Wasser – auch eine Kunst!<br />
Tröpfchen für Tröpfchen, Perle für Perle<br />
tanzt das Wasser um und in und mit uns allen: vom kleinsten Wasserfloh bis<br />
zur größten, mächtigsten Erle.<br />
Und am Anfang ist <strong>der</strong> Schlamm, aus ihm wächst alles hervor,<br />
<strong>der</strong> Fluss und <strong>der</strong> Wald mit seinem Vögelchen-Chor.<br />
Es gäbe uns alle nicht – ohne das bisschen Matsch.<br />
Wir nennen ihn übrigens liebevoll ,<strong>Quatsch</strong>‘.“<br />
Mondschuppe fuhr überrascht zu ihrem Freund herum. Der aber plapperte<br />
verblüfft drauflos: „Aber, aber … <strong>Quatsch</strong> heißt doch auch Unsinn!“ Und etwas<br />
verschämt fügte er hinzu: „Denken Sie etwa an das Schimpfwort<br />
,<strong>Quatsch</strong>kopf‘, lieber Erlenonkel.“<br />
Alnus schmunzelte: „Wir Weisen sagen statt ,quatschen‘ lieber ,dichten‘!<br />
Denn jede <strong>Quelle</strong> ist auch eine <strong>Quelle</strong> von <strong>Geschichten</strong>.<br />
Ohne Wasser kein Leben, aber ohne <strong>Geschichten</strong> wäre das Leben leer.<br />
,<strong>Quatsch</strong>‘ ist die Antwort, da kommt alles her.“<br />
„Wow, deine Eltern haben dich nach <strong>der</strong> <strong>Quelle</strong> benannt!“, rief Mondschuppe<br />
begeistert, nachdem das Orakel verstummt war (man hörte nur noch hingebungsvolles<br />
Schmatzen aus <strong>der</strong> Erde). „Was für ein schöner Name!“<br />
„Und du hast erfahren“, sagte <strong>Quatsch</strong>, „wo alles herkommt. Aus dem Gatsch<br />
da drüben!“<br />
Begeistert schaute er aus dem Wasser. Nun sah er die schmale, silbern glitzernde<br />
Bahn, die sich vom Sengerberg die Schlucht hinunterzog, mit ganz<br />
an<strong>der</strong>en Augen.<br />
„<strong>Quatsch</strong>“, korrigierte ihn Mondschuppe leise.<br />
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