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Lars Charbonnier | Antje Pech | Franziska Woellert: Familienorientierung stärken (Leseprobe)

Wir leben in einer Zeit mit weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen. In der Arbeitswelt 4.0 werden lange wirksame Glaubenssätze von Führung und Organisationskultur, von Beruf und Karriere, vom Wert der Arbeit und ihrem Sinn infrage gestellt. Auch die Kirche muss sich den Veränderungen stellen, die aus der wachsenden Komplexität ihrer nicht nur rechtlichen Rahmenbedingungen sowie angesichts schrumpfender Mitglieder und schwindender Ressourcen resultieren. Dabei sollte Kirche – und mit ihr die Diakonie – aus ihrem Selbstverständnis heraus sichtbar und hörbar sein, wenn es darum geht, den gesellschaftlichen Wandel aktiv zu gestalten. Vorbilder schaffen, Werte leben und Veränderung gestalten – dies sind auch wesentliche Aspekte für das evangelische Gütesiegel Familienorientierung. Familienorientierte Personalpolitik hat sich als zentraler Ansatzpunkt zur Förderung einer zeitgemäßen Organisations- und Führungskultur bewährt. Diese Publikation gibt Einblick in aktuelle Entwicklungen und erste Erfahrungen im Umgang mit diesen Ansprüchen. Mit Beiträgen von Regina Ahrens, Lars Charbonnier, Cornelia Coenen-Marx, Ute Gerdom, Bettina Hollstein, Margrit Klatte, Ulrich Lilie, Maria Loheide, Antje Pech, Gert Pickel, Steffen Schramm, Kathrin Wallrabe und Franziska Woellert.

Wir leben in einer Zeit mit weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen. In der Arbeitswelt 4.0 werden lange wirksame Glaubenssätze von Führung und Organisationskultur, von Beruf und Karriere, vom Wert der Arbeit und ihrem Sinn infrage gestellt. Auch die Kirche muss sich den Veränderungen stellen, die aus der wachsenden Komplexität ihrer nicht nur rechtlichen Rahmenbedingungen sowie angesichts schrumpfender Mitglieder und schwindender Ressourcen resultieren. Dabei sollte Kirche – und mit ihr die Diakonie – aus ihrem Selbstverständnis heraus sichtbar und hörbar sein, wenn es darum geht, den gesellschaftlichen Wandel aktiv zu gestalten.

Vorbilder schaffen, Werte leben und Veränderung gestalten – dies sind auch wesentliche Aspekte für das evangelische Gütesiegel Familienorientierung. Familienorientierte Personalpolitik hat sich als zentraler Ansatzpunkt zur Förderung einer zeitgemäßen Organisations- und Führungskultur bewährt. Diese Publikation gibt Einblick in aktuelle Entwicklungen und erste Erfahrungen im Umgang mit diesen Ansprüchen.

Mit Beiträgen von Regina Ahrens, Lars Charbonnier, Cornelia Coenen-Marx, Ute Gerdom, Bettina Hollstein, Margrit Klatte, Ulrich Lilie, Maria Loheide, Antje Pech, Gert Pickel, Steffen Schramm, Kathrin Wallrabe und Franziska Woellert.

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Prof. Dr. Bettina Hollstein<br />

zessen dargestellt. Modernisierung der Gesellschaft besteht<br />

in dieser Perspektive in der Verknüpfung von Prozessen der<br />

zunehmenden Individualisierung, Säkularisierung und Ökonomisierung.<br />

Verdeutlicht wird dieser Wandel durch die<br />

Veränderung der Begriffe, mit denen dieses Phänomen beschrieben<br />

wird. Die altruistischen, normen- beziehungsweise<br />

wertorientierten Ehrenamtlichen werden zu eigennutzorientierten<br />

aktiv Engagierten.<br />

Tatsächlich kann man in Deutschland für das 20. Jahrhundert<br />

einen Zerfall von sozio-moralischen Milieus beobachten,<br />

etwa der religiösen – katholischen wie evangelischen – Milieus<br />

oder des Arbeitermilieus. Diese sozialen und weltanschau -<br />

lichen Gemeinschaften, in die die Menschen hineingeboren<br />

wurden, die ihre Sinnsysteme und ihre Weltbilder prägten<br />

und eine Orientierung in der Lebensführung boten, haben<br />

sich seit den 1970er Jahren aufgelöst. Menschen sind nicht<br />

mehr an ihr Ursprungsmilieu gebunden und können andere<br />

Lebenswege einschlagen. Damit ist auch ein Zugewinn an individueller<br />

Freiheit verbunden, da diese Milieus nicht nur Sicherheit<br />

in einer Gemeinschaft boten, sondern auch beengend<br />

und einschränkend wirken konnten.<br />

Ein Ausgangspunkt für diese These des Strukturwandels<br />

des Ehrenamts ist die Diagnose einer allgemeinen Individualisierung<br />

von Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim 4 . Individualisierung<br />

wird hier verstanden als Abbau traditionaler<br />

Bindungen an Milieus und Weltanschauungen und Entstehung<br />

einer Multioptionsgesellschaft in Bezug auf Lebensfüh-<br />

4<br />

»Individualisierung meint zum einen die Auflösung vorgegebener sozialer<br />

Lebensformen [...]« (Beck/Beck-Gernsheim 1994: 11). »Individualisierung,<br />

so gesehen, ist eine gesellschaftliche Dynamik, die nicht auf einer freien<br />

Entscheidung der Individuen beruht.« (Beck/Beck-Gernsheim 1994: 14).<br />

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