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Antje Roggenkamp | Johannes Wischmeyer: Religiöse Bildung im langen 19. Jahrhundert (Leseprobe)

Der Band beleuchtet Wandlungsprozesse der Religionspädagogik im langen 19. Jahrhundert. Die epochalen gesellschaftlichen Umwälzungen in der Zeitspanne zwischen der Französischen Revolution (1789) und dem Ende des Ersten Weltkriegs (1918) betreffen zentrale Aspekte religiöser Bildung in Europa. Argumente, Narrative und Institutionen stehen auf dem intellektuellen wie politischen Prüfstand und werden neu justiert. Die versammelten Fallstudien bündeln diese Prozesse anhand exemplarisch verdichteter (inter-)nationaler Spannungsfelder, sie suchen u.a. schulische Orte auf, an denen die Veränderungen besonders spürbar wurden, sie zeigen diese Veränderungen an Medien wie Katechismen, Missionsheften oder Schulfibeln auf und weisen auf die Ausbildung neuer Berufsprofile hin. Der Band dokumentiert die Tagung des Arbeitskreises für historische Religionspädagogik im Frühjahr 2021, an der sich Historiker, Pädagogen und Religionspädagogen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligten.

Der Band beleuchtet Wandlungsprozesse der Religionspädagogik im langen 19. Jahrhundert. Die epochalen gesellschaftlichen Umwälzungen in der Zeitspanne zwischen der Französischen Revolution (1789) und dem Ende des Ersten Weltkriegs (1918) betreffen zentrale Aspekte religiöser Bildung in Europa. Argumente, Narrative und Institutionen stehen auf dem intellektuellen wie politischen Prüfstand und werden neu justiert. Die versammelten Fallstudien bündeln diese Prozesse anhand exemplarisch verdichteter (inter-)nationaler Spannungsfelder, sie suchen u.a. schulische Orte auf, an denen die Veränderungen besonders spürbar wurden, sie zeigen diese Veränderungen an Medien wie Katechismen, Missionsheften oder Schulfibeln auf und weisen auf die Ausbildung neuer Berufsprofile hin.

Der Band dokumentiert die Tagung des Arbeitskreises für historische Religionspädagogik im Frühjahr 2021, an der sich Historiker, Pädagogen und Religionspädagogen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligten.

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Konfessionalität und Lehrerbildung in Österreich 41<br />

wurde. 31 Ein deutliches Signal für eine liberale Haltung in Schulfragen. Er macht<br />

zugleich deutlich, dass er radikale Positionen (z.B. eine religionslose Schule) ablehnt:<br />

eine überkonfessionelle Religion ist für ihn zentrales <strong>Bildung</strong>smittel. Vernaleken<br />

ist zu dieser Zeit der erste Direktor der soeben gegründeten Lehrebildungsanstalt<br />

in Wien. Seinen Ausführungen kommt bildungspolitisches Gewicht<br />

zu.<br />

Nach dem Ende seiner beruflichen Laufbahn veröffentlicht Vernaleken eine<br />

Reihe grundsätzlicher Aufsätze zum Thema Religion und Schule. Publikationsort<br />

ist die liberale Zeitschrift Pädagogium von Friedrich Dittes. Ich beschränke mich<br />

auf einige Beobachtungen insbesondere zur zentralen Frage der Schulaufsicht.<br />

In einem Beitrag <strong>im</strong> ersten Jahrgang der Zeitschrift spricht er sich für eine<br />

»confessionsfreie Volksschule« 32 aus. Interessant ist, dass er dieses Schulmodell<br />

seiner Idee nach schon bei Maria Theresia und Joseph II zu finden meint. Durch<br />

die sog. politische Schulverfassung von 1805 seien diese ursprünglichen Konzepte<br />

in ihr Gegenteil verkehrt und erst durch die liberale Gesetzgebung der<br />

1860er Jahre in ihrer ursprünglichen Intention wieder verwirklicht worden. 33 In<br />

einem weiteren Beitrag <strong>im</strong> 2. Jahrgang des Pädagogiums plädiert er für einen allgemeinen,<br />

überkonfessionellen Religionsunterricht. Wenn der Unterricht der<br />

Schule eine staatliche Aufgabe sei, so sollte dies auch den Religionsunterricht betreffen.<br />

Dieser sollte durch staatliche Lehrer für alle Schüler gemeinsam erfolgen.<br />

Eine Einführung in spezielle konfessionelle Inhalte könne dann durch die Konfessionen<br />

außerhalb des Schulunterrichts erfolgen.<br />

»Was wir anzustreben haben ist eine völlig selbstständige, von kirchlichen<br />

Gesichtspunkten unabhängige Volkschule, in welcher der Lehrer auch den Unterricht<br />

in Recht und Sitte ertheilt.« 34 An später Stelle nennt er diesen Unterricht:<br />

»interconfessionellen pädagogischen Religionsunterricht« 35 . Religion soll weiterhin<br />

<strong>im</strong> Zentrum des Unterrichts der Volksschule stehen, aber durch den »weltlichen<br />

Classenlehrer« 36 unterrichtet werden.<br />

6. Zusammenschau<br />

Wir konnten zur Klärung einiger falscher bzw. unklarer Angaben zur konfessionellen<br />

Zugehörigkeit Vernalekens beitragen. Aufgrund der vorliegenden<br />

31<br />

A.a.O., 4. Richter, Emanzipation.<br />

32<br />

Vernaleken, Stellung der Volksschule, 305.<br />

33<br />

Vgl. Vernaleken, S<strong>im</strong>ultanschule.<br />

34<br />

A.a.O., 230.<br />

35<br />

A.a.O., 235.<br />

36<br />

A.a.O., 237.

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