18. OKTOBER 2004 - Ihr Einkauf
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GESUNDES LEBEN<br />
von Dr. Ruediger Dahlke<br />
Die weibliche Brust<br />
als Symbol<br />
Männer reagieren unterschiedlich auf verschiedene Brusttypen. Alle Arten<br />
von Brustformen locken bestimmte Männer an – an den Extremen spiegeln<br />
sich dann die jeweiligen Männer-Typen besonders deutlich.<br />
Zu reifen Brüsten neigen eher<br />
reife Männer, aber auch die an<br />
ihrem Mamabild hängen gebliebenen<br />
Buben. An den kleinen<br />
mädchenhaften Knospen bei insgesamt<br />
knabenhafter Figur hängen<br />
mehr die unreifen Typen, die Angst<br />
vor erwachsenen Frauen haben<br />
und eigentlich einen Kameraden<br />
oder Kumpel suchen.<br />
Ganz offensichtlich<br />
lieben Große Brüste<br />
Männer, die auf den verschrecken jene großen<br />
Mond-Archetyp und Buben, die sich dem<br />
damit Mütterlichkeit Weiblichen noch nicht<br />
stehen, große Brü- gewachsen fühlen<br />
ste. <strong>Ihr</strong> Traum, in reifer<br />
Weiblichkeit zu<br />
versinken, kann daher rühren, dass<br />
sie nie wirklich losgekommen sind<br />
von der Mama und weist dann<br />
ebenso auf Unreife hin wie im umgekehrten<br />
Fall, wo sie nie im Leben<br />
genug Mutter bekommen haben.<br />
Die Brüste als Symbol reifer Weiblichkeit<br />
stehen sowohl für Verständnis<br />
und bedingungslose<br />
(Mutter-)Liebe, wie auch für erotische<br />
Verlockung. Die US-Cowboys<br />
zum Beispiel brauchen in ihrer Bubenhaftigkeit<br />
diese Fülle, die Erfüllung<br />
verheißt. <strong>Ihr</strong> Problem wird im<br />
Namen deutlich. Der Junge ist unreif<br />
und auf die Kuh, das klassische<br />
milchspendende Muttersymbol,<br />
bezogen. Die Kuhjungen versuchen<br />
mit entsprechenden Spielen<br />
und Ritualen an Männlichkeit heranzukommen,<br />
um damit jedenfalls<br />
auf der Leinwand kuhäugigen<br />
Blondinen, die ihre Brüste nur gerade<br />
noch gezähmt bekommen, zu<br />
imponieren oder sie noch besser<br />
aus den Fängen des Bösen zu retten.<br />
Buben, die sich unter einer<br />
überbehütenden Mutter nicht entwickeln<br />
konnten, haben allerdings<br />
häufig auch Angst vor solchen Brüsten,<br />
fürchten manchmal geradezu<br />
zwischen ihnen erstickt zu werden,<br />
so wie seinerzeit ihre Lebensimpulse<br />
erstickt wurden. Jede typische<br />
„Superfrau“ kann sie an diese frühkindliche<br />
Gefangenschaft erinnern.<br />
Solche Kindmänner, die sich nur<br />
äußerlich von ihren Übermüttern<br />
gelöst haben, ekeln sich manchmal<br />
so vor mächtigen Brüsten, in denen<br />
sie die eigene Mutter bekämpfen,<br />
dass sie ihre entsprechenden<br />
Partnerinnen zur Operation nötigen.<br />
Natürlich scheitert der Versuch,<br />
auf diesem Weg der Glucke<br />
Foto: IMSI<br />
zu entkommen. Dazu müsste er<br />
schon selbst etwas tun. Im anderen<br />
Fall versucht er die Besitzerin<br />
dieser Brüste stellvertretend für die<br />
eigene Mutter niederzuringen. Andererseits<br />
können große Brüste<br />
auch jene großen Buben im ersten<br />
Moment verschrecken, die sich<br />
dem Weiblichen einfach noch nicht<br />
gewachsen fühlen.<br />
Dabei würden sie<br />
schon mögen wollen,<br />
wenn sie sich<br />
trauen täten.<br />
Ewige Jünglinge<br />
stehen dagegen<br />
wieder auf mütterliche<br />
bedingungslose<br />
Liebe an großen „Theken“. Sie sind<br />
im allgemeinen von ihren Müttern<br />
zu etwas ganz Besonderem „aufgebaut“<br />
worden und wollen weiterhin<br />
entsprechend bewundert und<br />
verwöhnt werden. Und genau das<br />
erwarten sie sich bei reifer Mütterlichkeit.<br />
Natürlich kann „frau“ mit jeder<br />
Brustform gut leben, wenn sie zu<br />
sich und ihren Brüsten steht, so<br />
wie „mann“ auch jede Brust lieben<br />
kann, wenn er die zugehörige Frau<br />
liebt. Auf Seiten der Frauen ist es<br />
im allgemeinen ein Problem des<br />
Selbstwertgefühls, das hier angesprochen<br />
wird und zu den angeführten<br />
medizinischen Aktionen<br />
verleiten kann. Letztlich entstehen<br />
all diese Probleme durch die Orientierung<br />
an der Umwelt und aus<br />
dem Vergleich mit Zeitgeistidealen.<br />
Wenn ein heranwachsendes,<br />
mit schwachem Selbstbewusstsein<br />
ausgestattetes Mädchen für seinen<br />
FRAUEN<br />
großen Busen gehänselt wird, beginnt<br />
es, ihn zu verstecken, was<br />
schließlich bis zu körperlichen<br />
Schäden führen kann. Was sich zuerst<br />
in momentanen Fehlhaltungen<br />
und seelischen Schmerzen<br />
äußert, wird mit der Zeit auch zu<br />
einem physischen Problem. Die<br />
Haltung mit weit nach vorn gezogenen<br />
Schultern ist das genaue<br />
Gegenteil des Sich-brüstens. Das<br />
Verstecken der Brust aus Scham<br />
führt auf die Dauer zu Verspannungen<br />
und Verhärtungen im Schulter-<br />
Nackenbereich. Die Betroffene<br />
wird hartnäckig und krumm. Der<br />
Körper bildet ab, wie sie sich unter<br />
der Verhöhnung krümmt und unter<br />
den Nackenschlägen duckt. Sie<br />
kann nicht zu sich und ihrer Erscheinung<br />
stehen, verkriecht sich<br />
gleichsam im Stehen. Hieraus erwächst<br />
– jedenfalls im alten Europa<br />
– nicht selten der Wunsch nach<br />
Brustverkleinerungen im jugendlichen<br />
Alter. Kaum werden solche<br />
Mädchen dann zu Frauen und<br />
kommen an einen entwickelteren<br />
Mann, wird der sich nach ihren ursprünglichen<br />
reifen Formen sehnen<br />
und das nächste Drama kann<br />
chirurgisch inszeniert werden.<br />
Dieser Trend dürfte allerdings<br />
auch bei uns allmählich vom USamerikanischen<br />
Ideal abgelöst<br />
werden: der „um jeden<br />
Preis“ und zu<br />
jeder Zeit großen<br />
Brust. So wie wir jeden<br />
US-Trend aufs<br />
Peinlichste kopieren,<br />
werden wohl<br />
auch hierzulande<br />
bald die Kugelbusen<br />
das Brustfeld beherrschen.<br />
Hinter der Welle der Schönheitsoperationen<br />
steckt letztlich die<br />
Idee des „Mehr scheinen als sein“,<br />
die im europäischem Wertesystem<br />
als durchaus unseriös beleumundet<br />
ist. Was aber hierzulande in der<br />
klassischen Erziehung lange Zeit<br />
verworfen wurde, kommt jetzt als<br />
letzter Schrei aus den USA auf uns<br />
zurück. Insofern könnte man vermuten,<br />
dass dort auch viel europäischer<br />
Schatten gelebt wird.<br />
Wie im Mikrokosmos neigen wir<br />
natürlich auch im Makrokosmos<br />
dazu, vieles unter den Teppich zu<br />
kehren und in Sondermülldeponien<br />
und Zwischenlagern zu verstecken,<br />
was wir an der Oberfläche<br />
nicht ertragen können. Wir versen-<br />
Ewige Jünglinge stehen<br />
auf mütterliche<br />
bedingungslose Liebe an<br />
großen „Theken“<br />
Nr. 20/18-10-<strong>2004</strong><br />
Seite 20<br />
ken im Meer und verbuddeln in<br />
der Erde, den beiden archetypisch<br />
weiblichen Elementereichen, was<br />
der männliche Verstand zwar geschaffen<br />
hat, aber nicht lösen und<br />
nicht konfrontieren kann. Er will es<br />
sich dann wenigstens aus dem Gesichtsfeld<br />
schaffen. Das ist eine Politik,<br />
die auf beiden Ebenen, im Mikro-<br />
wie im Makrokosmos, den Tatsachen<br />
nicht ins Auge schauen und<br />
die Konsequenzen der eigenen Lebenswirklichkeit<br />
nicht ertragen<br />
kann. Aus der Psychotherapie wissen<br />
wir hinlänglich, dass Verdrängung<br />
nichts nützt, sondern im Gegenteil<br />
die Probleme unter der geschönten<br />
Oberfläche nur eskalieren<br />
lässt. Da man es in beiden Fällen<br />
lange nicht merkt, ist das späte<br />
Erwachen dann umso schlimmer.<br />
Die wohl einzig sinnvolle Lösung<br />
zeigt die Psychotherapie: Es<br />
führt auf die Dauer kein Weg an<br />
der Konfrontation der Wirklichkeit<br />
vorbei. Wer das weiß, kann sich<br />
und seiner Welt jeden Aufschub<br />
von vornherein ersparen und damit<br />
einiges an überflüssigem Leid.<br />
Und natürlich lässt sich auch jede<br />
Brustform deuten, wobei hier die<br />
kulturellen Unterschiede gewaltig<br />
sind. Während zum Beispiel archaische<br />
Menschen die hängende<br />
Brust als Ausdruck eines gelebten<br />
Frauenlebens schätzen,<br />
ist sie in moder-<br />
nen Gesellschaften,<br />
die im Rahmen ihres<br />
Jugendkultes gar<br />
kein Frauen- sondern<br />
ein<br />
Mädchenideal haben,<br />
verpönt. So<br />
wird es der modernen Frau naturgemäß<br />
schwer gemacht, zu ihrer<br />
gelebten Figur zu stehen. Trotzdem<br />
wäre das die einzige schlüssige Lösung.<br />
Denn selbst wenn man<br />
äußerlich alles wieder verspannen<br />
lässt vom Gesicht über die Brust<br />
bis zum Po, wird der Inhalt davon<br />
doch nicht verjüngt, sondern die<br />
Kluft zwischen äußerem Schein<br />
und innerem Sein wird größer und<br />
damit auch die Chance auf Krankheit<br />
und Leid. Die eigene Form und<br />
Figur zu deuten und anzunehmen,<br />
ist da der ungleich entwicklungsförderlichere<br />
Weg.<br />
Literatur: „Frauen-Heil-Kunde“,<br />
CD „Frauenprobleme“ (beides<br />
Goldmann Verlag); „Von der Weisheit<br />
des Körpers“ (Knaur Verlag)