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gefragter Mann<br />
EIN<br />
wo er mit seiner ersten Esse, die er mit zwölf<br />
Jahren bekam, mit Feuer und Rauch und mit<br />
gewaltigen Hammerschlägen stets ein besonderer<br />
Anziehungspunkt ist. Und wenn das<br />
nicht reicht, ist da noch sein Gespür für das,<br />
was man als Schmied künstlerisch umsetzen<br />
kann – zur Hochzeit hat er seiner Frau ein<br />
riesiges Herz aus Hufeisen geschmiedet.<br />
Es gibt nicht mehr viele seiner<br />
Zunft: Andreas Gutekunst aus<br />
Hochdorf ist Hufschmied und<br />
wirbt für seinen Beruf. Auch<br />
wenn der zuweilen hart ist.<br />
Ich bin Schmied mit Leib und Seele“ – man<br />
nimmt ihm ab, was er sagt. Es geht gar<br />
nicht anders, Andreas Gutekunst strahlt eine<br />
Begeisterung für seinen Beruf aus, die mitreißt.<br />
Dabei ist die Bezeichnung Schmied<br />
eher ein wenig einengend, sie spart das lebendige<br />
Zielobjekt des Geschmiedeten aus: Gutekunst<br />
ist Hufschmied, und es sind die Pferde,<br />
die für ihn alles erst zu seinem Traumberuf<br />
werden lassen.<br />
In Hochdorf, einem kleinen Ort zwischen<br />
Nagold und Horb betreibt er eine Schmiede,<br />
und gleich davor parkt seine rollende Werkstatt,<br />
mit der er ständig unterwegs ist. Kein<br />
Zweifel: Gutekunst ist ein gefragter Mann<br />
und mancher „lahme Gaul“ steht dank seiner<br />
auch orthopädischen Kenntnisse wieder sicher<br />
auf vier Beinen. „Das medizinische Wissen<br />
gehört dazu“, macht Gutekunst deutlich,<br />
dass es um mehr als die Herstellung eines<br />
Hufbeschlags geht. „Es hat Auswirkungen<br />
auf Rücken und Bewegungsablauf, ob ein<br />
Pferd richtig beschlagen ist.“ Vorkenntnisse<br />
sind also weit über die Schmiedetätigkeit hinaus<br />
notwendig – auf die bis 2007 vorgeschriebene<br />
Ausbildung zum Metallschlosser<br />
setzte er eine zweite Lehre als Hufschmied<br />
auf und war damals viel mit Tierärzten unterwegs,<br />
konnte gar nicht genug bekommen von<br />
den wissenschaftlichen Grundlagen.<br />
Er ist auch heute immer wieder neu dem Zusammenspiel<br />
von Muskeln, Knochenbau und<br />
Bewegung des Pferdes auf der Spur. Dass es<br />
Ein Herz aus<br />
Hufeisen – das<br />
schenkte der<br />
Hufschmied<br />
seiner Frau<br />
Katharina – hier<br />
mit Töchterchen<br />
Ronja – zur<br />
Hochzeit<br />
mal in diese Richtung gehen würde, hatte<br />
ihm der Großvater bereits vorausgesagt. „Mit<br />
dene Händ kannscht nur Schmied werre“,<br />
ahnte der beim Blick auf den kräftig zupackenden<br />
Enkel, der schon als Dreikäsehoch<br />
ein Händchen für die Alt-Württemberger<br />
der Familie hatte. Die Gutekunsts<br />
besaßen eine der letzten reinrassigen Stuten<br />
der schweren Warmblutpferderasse, die fast<br />
ausgestorben ist. „Das war eine ideale Rasse<br />
für die, die sich damals nur ein Pferd leisten<br />
konnten – leicht genug für die Sonntagskutsche,<br />
schwer genug für den Pflug.“ Heute hat<br />
Andreas Gutekunst mit den unterschiedlichsten<br />
Pferden zu tun. „Vom Umgang her<br />
ist es das Gleiche, nur muss man natürlich bei<br />
den Kleinen feiner und genauer arbeiten.“<br />
MIT DER ESSE AUF<br />
MITTELALTERMÄRKTEN<br />
Als Beweis zeigt er zwei Hufeisen – eins davon<br />
liegt wie eine Miniatur neben dem großen<br />
Exemplar. Das dürfte für ein Kaltblut<br />
bestimmt sein, die mächtigen Vierbeiner sind<br />
„vom Gemüt her anders und für die tägliche<br />
Arbeit gemacht“ und werden oft auch für das<br />
Holzrücken im Wald eingesetzt. Im Hof hinter<br />
seinem Haus – „hier mache ich Homeoffice“<br />
– baut der Hufschmied gerade einen Notstand<br />
für Kaltblüter – mit diesem Hilfsmittel<br />
„haben sie dann beim Beschlagen nicht so<br />
viel Gewicht auf den Beinen“. Guttun dürfte<br />
das auch Gutekunst selbst – der Beruf geht<br />
kräftig auf den Rücken: „Mal schauen, wie<br />
lange ich das durchhalte.“<br />
Die Alternative hat er schon: Nicht nur den<br />
Notstand, auch sein Werkzeug stellt der Hufschmied<br />
selbst her – und im Nachschmieden<br />
mittelalterlicher Messer und Holzbearbeitungswerkzeuge<br />
nach historischem Vorbild<br />
hat er sich einen solchen Ruf erworben, dass<br />
bereits Aufträge eintreffen –für einen arabischen<br />
Säbel beispielsweise. „Man muss immer<br />
was Neues machen, darf nie stehen bleiben“,<br />
motiviert er sich selbst und meint damit<br />
auch die Teilnahme an Mittelaltermärkten,<br />
Fotos: privat, Gabriele Meyer, Adobe Stock/elnavegante<br />
DEN PFERDEWAGEN BAUT<br />
DER HUFSCHMIED SELBST<br />
Tatkräftig ihm zur Seite steht Ehefrau Katharina,<br />
die er auf einem ebensolchen Markt<br />
kennen gelernt hat – und die genau wie er die<br />
Pferde liebt. Ohne das wären die zwei wohl<br />
kaum zusammengekommen. Verständnis ist<br />
gefragt bei einem, der seinen „Job lebt“ und<br />
auch als Jugendvorstand des Unternehmensverbandes<br />
Holz und Metall, Fachgruppe<br />
Hufbeschlag, viel unterwegs ist. Denn Werbung<br />
und Aufklärung über den Beruf tut not.<br />
„Wir haben einen Riesenmangel an Hufschmieden<br />
in Deutschland. Jedes Jahr fallen<br />
100 weg und nur 60 kommen nach“, sagt Gutekunst.<br />
Zwei der Gründe: „Man ist selbstständig,<br />
und der Job ist körperlich extrem<br />
hart. Das führt dazu, dass 80 Prozent der<br />
Auszubildenden die Lehre abbrechen.“<br />
Ihn macht der Beruf glücklich – und wenn<br />
Glück gesteigert werden kann, dann sorgen<br />
neben Ehefrau Katharina der dreijährige<br />
Wieland und die vier Monate alte Ronja dafür.<br />
Und auch der riesige Leonberger „Fellow“,<br />
ein furchteinflößender Rüde mit dem<br />
Gemüt eines Lämmchens, der immer dabei<br />
und auf allen Pferdehöfen ein gern gesehener<br />
Gast ist, gehört fest zur Familie. Die wird in<br />
absehbarer Zeit gemeinsam im Pferdewagen<br />
Urlaub machen – kein Problem für Andreas<br />
Gutekunst, der den Kutschenführschein besitzt.<br />
Den Wagen baut er – keine Frage –<br />
selbst. Der Plan liegt fertig auf dem Tisch<br />
und das Holz in der Scheune. Ein großes<br />
Stockbett ist angedacht – „die Kinder unten,<br />
wir oben“ – und ein Ofen soll für Wärme im<br />
„Gipsy-Waggon“ sorgen. So wie er die Dinge<br />
anpackt, wird es schnell gehen, dass man unterwegs<br />
sein kann: „Es gibt richtig schöne<br />
Strecken für so einen Urlaub mit Pferden.“<br />
Hufeisen, die als Glückssymbol gelten, sollte<br />
man übrigens immer mit der Öffnung nach<br />
unten über die Tür hängen. Andreas Gutekunst<br />
weiß warum: „Glück muss in das Eisen<br />
reinfallen und sich dort sammeln. Über der<br />
Tür aber muss es über das Eisen nach unten<br />
und ins Haus gleiten.“ Gabriele Meyer<br />
Eine Art<br />
fahrbare<br />
Schmiede: Fast<br />
alle Werkzeuge,<br />
selbst einen<br />
Amboss, hat<br />
Andreas<br />
Gutekunst in<br />
seinem Wagen<br />
untergebracht<br />
Sein Glück hat der Hufschmied bei den Pferden gefunden. Mit der rollenden Werkstatt<br />
ist Andreas Gutekunst ein gefragter Mann.<br />
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