Stadtmagazin Oktober 2022
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© Jana Schrödter<br />
Adlige Hochzeit in Neustrelitz<br />
Neustrelitz. Eine Adelshochzeit wie im Märchen. Herzog Georg<br />
Alexander Michael zu Mecklenburg und Hande Herzogin zu<br />
Mecklenburg, geborene Macit gaben sich vor zwei Wochen in der<br />
Stadtkirche Neustrelitz das Ja-Wort. Es war eine echte Märchenhochzeit,<br />
zu der auch viele Verwandte und Gäste aus Deutschland,<br />
England, der Türkei oder auch Ungarn angereist waren. Der<br />
deutsche Pfarrer Bernhard Szymanski und der niederländische<br />
Pfarrer Sjaak de Boer begleiteten die kirchliche Trauung gemeinsam.<br />
Vor der Kirche warteten trotz Regens zahlreiche Menschen,<br />
um einen Blick auf das berühmte Brautpaar zu erhaschen.<br />
Königlicher Korrespondenz<br />
Die Queen war für ihn wie eine Ersatzmutter<br />
Jesse Voigt hat eine ganze Kiste Briefe der verstorbenen britischen Königin. Auf seinem Balkon<br />
weht die Flagge des Königshauses. Den Tod seiner „Mutter“ empfindet er als persönlichen Verlust.<br />
Neubrandenburg. Queen Elizabeth<br />
II. steht im Flur einer Neubrandenburger<br />
Hochhauswohnung.<br />
Lächelnd streckt sie ihre<br />
Hand zur Begrüßung aus. In der<br />
anderen Ecke des Flurs sitzt mit<br />
etwa einem Meter Abstand und<br />
geradem Rücken der Mieter der<br />
Wohnung. Jesse Voigt, hellgrauer<br />
Anzug und blondierte Schüttelfrisur,<br />
hat seine Wohnung<br />
mit allem geschmückt, was er<br />
zu seinem großen Vorbild ergattern<br />
konnte – darunter auch<br />
die lebensgroße Pappfigur. „Ach<br />
ja, die Queen“, sagt er und blickt<br />
zu ihr auf. „Ich habe geheult wie<br />
ein Schlosshund, als sie gestorben<br />
ist.“<br />
Neubrandenburger erhielt<br />
Briefe vom Königshaus<br />
An den Wänden hängen akkurat<br />
ausgeschnittene Zeitungsartikel<br />
über die verschiedene Königin,<br />
Bilder von ihr und ihrer<br />
Familie – und Briefe. Eine ganze<br />
Kiste voll hat der 20-Jährige<br />
davon. Es sind Antworten, die<br />
ihm die Sekretäre des Königshauses<br />
auf seine Glückwünsche<br />
und persönlichen Nachrichten<br />
geschickt haben.<br />
Als wäre es gestern gewesen,<br />
könne er sich noch an den ersten<br />
Briefumschlag mit dem Siegel<br />
vom Königshaus erinnern.<br />
Jesse Voigt im Flur seiner Hochhauswohnung in<br />
Neubrandenburg. Seinen eigenen „Palast“ hat er mit allem<br />
geschmückt, was er zur britischen Königin ergattern konnte.<br />
Fotos: Pablo Himmelspach<br />
Damals, im Jahr 2017, habe er<br />
der Queen gestanden, dass er<br />
ein großer Fan ist. „Ein echter<br />
Queen-Nerd“, sagt Jesse Voigt<br />
und lacht. Zu dieser Zeit wohnte<br />
er noch bei seinen Eltern, die<br />
ihn erst einkaufen geschickt<br />
hätten, bevor er den Dankesgruß<br />
habe lesen dürfen. Heute<br />
lebt er allein, hat ein Lehramtsstudium<br />
abgebrochen und<br />
macht in Greifswald eine Ausbildung<br />
zum medizinisch-technischen<br />
Laborassistenten. Kontakt<br />
zu seinen Eltern habe er<br />
nicht mehr – stattdessen suchte<br />
er die Nähe zu schillernden Persönlichkeiten.<br />
„Ich dachte nach<br />
der ersten Antwort: Wow, das<br />
klappt, das mache ich öfter“, erinnert<br />
sich der 20-Jährige.<br />
Auch Angela Merkel und<br />
der Papst lassen grüßen<br />
Auch Grußkarten von Angela<br />
Merkel, dem Papst und Ursula<br />
von der Leyen hängen an den<br />
Wänden von Jesse Voigts Wohnzimmer.<br />
Ihn faszinierten Personen,<br />
die Souveränität und Anstand<br />
verkörpern. „Die Queen<br />
war so jemand“, findet er.<br />
Seine Hingabe zu ihr wurzelt in<br />
einer Klassenfahrt nach Großbritannien<br />
vor mehreren Jahren.<br />
Damals habe er sich im Vorfeld<br />
über das Land informiert,<br />
sei auf die Queen gestoßen und<br />
fortan wie im Bann gewesen. Er<br />
tauchte in Elizabeths Lebensgeschichte<br />
ein, schaute Dokumentationen<br />
über sie und durchforstete<br />
Magazine. „Ich habe mir<br />
so viel bei ihr abgeschaut, dass<br />
ich große Teile ihrer Persönlichkeit<br />
angenommen habe“, sagt<br />
Jesse Voigt. Dies äußert sich<br />
nicht nur in seinem Verhalten<br />
mit peniblen Benimmregeln<br />
und genauer Einhaltung des<br />
Fünfuhrtees, sondern ist auch<br />
von außen sichtbar. Auf seinem<br />
Balkon weht die Standarte – die<br />
Flagge des englischen Königshauses.<br />
Gehisst werde die nur,<br />
wenn der „Monarch“ zu Hause<br />
ist, sagt er und lächelt. Jesse<br />
Voigt hat sich seinen eigenen<br />
Palast im zehnten Stock in der<br />
Neubrandenburger Oststadt<br />
eingerichtet.<br />
Einige seiner Bekannten fänden<br />
ihn deshalb etwas komisch,<br />
sagen er sei verklemmt. Doch<br />
den 20-Jährigen stört das nicht.<br />
Für ihn sei die Queen mehr als<br />
nur Schmuck für seine Wohnung.<br />
Er spüre eine tiefe Verbindung<br />
zu ihr. „Sie war wie<br />
eine Mutter für mich“, sagt Jesse<br />
Voigt.