Von Finnland lernen?! Nach - Perspektive 21
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[ tobias dürr ]<br />
ger Jahren „aufgerappelt und zu einem<br />
soliden Wachstum gefunden“. Dass<br />
<strong>Finnland</strong> auf dem Weg zu diesem Erfolg<br />
einen geradezu diametral anderen<br />
Kurs eingeschlagen hat als Irland, also<br />
eine gänzlich andere strategische Vision<br />
verfolgt und auf völlig andere Instrumente<br />
setzt, bleibt dabei ganz und gar<br />
unberücksichtigt. Doch eben auf diesen<br />
Unterschied kommt es an. Unter den –<br />
oben genannten – Gesichtspunkten der<br />
Anschlussfähigkeit und der Folgerichtigkeit<br />
sozialer und ökonomischer Innovationsprozesse<br />
hat <strong>Finnland</strong> die für<br />
Brandenburg zweifellos weit aufschlussreichere<br />
Strategie gewählt.<br />
Technologie und Seele<br />
In ihrer Studie zum finnischen Modell<br />
legen Castells und Himanen wert auf<br />
den Hinweis, dass ihre Absicht natürlich<br />
nicht darin bestehe, <strong>Finnland</strong><br />
schlechthin als Blaupause für andere<br />
Gesellschaften und Regionen zu beschreiben.<br />
Deshalb nochmals: Unmit-<br />
30 perspektive<strong>21</strong><br />
telbar nachahmen lässt sich der singuläre<br />
Aufstieg <strong>Finnland</strong>s sicherlich<br />
nirgendwo, und bekanntlich ist ein<br />
brandenburgisches Nokia derzeit nirgendwo<br />
auch nur am Horizont zu erkennen.<br />
Sofern der Fall <strong>Finnland</strong> eine<br />
zentrale ermutigende Lehre enthält,<br />
dann diejenige, dass eine benachteiligte<br />
Gesellschaft oder Region auch unter<br />
den Bedingungen von Globalisierung<br />
und Wissensökonomie nicht bloß vor<br />
der Alternative zwischen trostlosem<br />
Weiter-so und rasender Anpassung an<br />
marktradikale Lehren steht. Die Kombination<br />
von inklusiver Gesellschaft,<br />
kultureller Identität, moderner Sozialstaatlichkeit<br />
und rundum wettbewerbsfähiger<br />
Ökonomie – „information<br />
technology with a soul“ (Castells/<br />
Himanen) – erscheint nicht nur möglich,<br />
sondern bedeutet langfristig zweifellos<br />
auch die erfolgversprechendere<br />
Option. Das Unterfangen, eine strategische<br />
Vision für Brandenburg zu entwickeln,<br />
sollte aus dieser Zuversicht<br />
heraus begonnen werden. ■<br />
DR. TOBIAS DÜRR<br />
ist Politikwissenschaftler, Publizist und<br />
Chefredakteur der Zeitschrift „Berliner Republik“.<br />
Dieser Beitrag ist bereits in Heft <strong>21</strong>/22 der perspektive<strong>21</strong> erschienen.