Von Finnland lernen?! Nach - Perspektive 21
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[ steffen reiche ]<br />
man schließlich von Deutschland gelernt.<br />
Schnell war klar, dass damit<br />
nicht nur von Rochow, Fröbel und<br />
von Humboldt gemeint waren. Gemeint<br />
war vielmehr das (oft sagt man<br />
mit falscher Betonung: einheitliche)<br />
Schulsystem aus DDR-Zeiten.<br />
In <strong>Finnland</strong> <strong>lernen</strong> Kinder länger gemeinsam<br />
und mit besseren Ergebnissen.<br />
Sie <strong>lernen</strong> besser, weil es natürlicher,<br />
menschlicher und individueller<br />
vonstatten geht. Auch die leistungsstarken<br />
Kinder, jene aus den bildungsnahen<br />
und anregungsreichen Elternhäusern,<br />
<strong>lernen</strong> in diesem System besser.<br />
Das kann den konservativen deutschen<br />
Bildungspolitikern nicht oft genug gesagt<br />
werden, die immer noch glauben,<br />
man müsse die Besseren separieren, damit<br />
sie noch besser <strong>lernen</strong>. Ein folgenschwerer<br />
Irrtum, den wir uns um der<br />
Grundschulunterricht im mittelfinnischen<br />
Jyväskylä<br />
48 perspektive<strong>21</strong><br />
Besseren willen nicht länger leisten<br />
können. Aber auch nicht der schwächeren<br />
Schüler wegen. Das sind die<br />
genannten Drop-outs, jene 10 Prozent,<br />
die in Deutschland die Schulen ohne<br />
Abschluss verlassen. <strong>Finnland</strong> konnte<br />
sich das nicht mehr leisten und ist deshalb<br />
den Weg der Integration und Inklusion<br />
gegangen und hat schrittweise<br />
die Sonderschulen abgeschafft. Wir<br />
Deutschen sollten diese Wege ebenfalls<br />
beschreiten. Doch wir gehen sie nicht<br />
schnell und konsequent genug, weil die<br />
Kompetenzen zersplittert sind und die<br />
Mehrheiten dafür fehlen.<br />
Integration statt Auslese<br />
Bis 1990 hatten wir eine gemeinsame<br />
Schule, zweifellos stark reformbedürftig.<br />
Doch leider hat Ostdeutschland<br />
schon damals das Kind mit dem Bade<br />
ausgeschüttet. Der <strong>Nach</strong>wende-Reformzug<br />
sollte ostdeutsche Gleise so<br />
schnell wie möglich verlassen. Dabei<br />
haben viele in der Eile der damaligen<br />
Zeit übersehen, dass die Grundstrukturen<br />
des DDR-Schulsystems – entkernt<br />
um all ihren ideologischen Ballast<br />
– durchaus ein tragfähiges Fundament<br />
für eine bundesweite Reformdiskussion<br />
hätten sein können. Doch der<br />
Kampf für eine Reform der Inhalte<br />
und die zumindest zeitweise Beibehaltung<br />
der 10-jährigen gemeinsamen<br />
Oberschule war ein Kampf gegen<br />
Windmühlenflügel.