25.10.2022 Aufrufe

Ingeln - Die Chroniken

Eine Zusammenfassung und Ergänzung aller Chroniken für den Ortsteil Ingeln in der Stadt Laatzen.

Eine Zusammenfassung und Ergänzung aller Chroniken für den Ortsteil Ingeln in der Stadt Laatzen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.


Die Chroniken von Ingeln

– Vorbemerkungen –

N

ach meinen Informationen hat Friedrich Borchers, der erste Lehrer in Ingeln von 1911 bis 1945, die erste

Dorfchronik für die frühere Gemeinde verfasst.

Diese lag mir in 3 gebundenen Exemplaren vor, die offensichtlich – zum Teil wiederholt– mit Fotokopierern

vervielfältigt worden und deshalb teilweise extrem schlecht lesbar sind.

Außerdem stellte ich bei einem Vergleich fest, dass diese Ausgaben zum Teil sowohl inhaltlich wie auch vom

Umfang und in der Reihenfolge einzelner Abschnitte voneinander abweichen.

Den Verbleib des Originals der ersten Dorfchronik konnte ich bis heute leider nicht ermitteln und ich weiß

nicht, ob diese überhaupt noch existiert.

Darüber hinaus gibt es eine Zusammenfassung „Aus der Ortschronik Ingeln & Oesselse“, die aber lediglich

Auszüge enthält sowie zusätzliche Abschnitte, die in der o.g. Fassung nicht enthalten sind.

Unter anderem weil die Qualität und damit die Lesbarkeit bei allen künftigen fototechnischen Kopier-

Vorgängen weiter nachlassen würde, hielt ich es für zweckmäßig, die Ingelner Dorfchronik der Nachwelt –

neben der gedruckten Version – auch in digitaler Form zur Verfügung zu stellen. Somit wird es künftig einfacher

sein, bei Bedarf weitere Exemplare nachzudrucken. Auch Ergänzungen oder Änderungen können so jederzeit

in die Datei eingearbeitet werden; diese ist künftig auch im Laatzener Stadtarchiv hinterlegt.

Soweit in dieser Version Abbildungen aus den Dorfchroniken enthalten sind, lagen mir davon leider kaum

Originale vor. Deshalb habe ich diese zum größten Teil aus den oben genannten älteren Exemplaren kopieren

müssen, was leider die Qualität der Darstellungen mindert.

Einige der in dem vorliegenden Dokument enthaltenen Abbildungen sind so nicht in den o.g. Exemplaren

enthalten, sondern wurden von mir zum Zwecke der besseren Anschaulichkeit eingefügt und jeweils

entsprechend gekennzeichnet.

Ich habe mich bemüht, die oben genannten verschiedenen Versionen nach bestem Können zusammenzufassen.

Die frühere Schreibweise wurde aus Gründen der Authentizität beibehalten; lediglich offensichtliche Tippfehler

habe ich korrigiert.

Über die Epoche 1945 bis 1974 hat der Verein Heimatfreunde e.V. unter Federführung

von Eberhardt Ebeling und Erich Heise eine Chronik erstellt. Diese habe ich

in dieser Zusammenfassung inhaltlich mit aufgenommen.

Im Jahre 2022 habe ich außerdem eine Zusammenfassung der vergangenen 860

Jahre mit vielen Ergänzungen und Fotos aus der jüngeren Zeit in Form eines

„Ingelner Porträts“ erstellt. Dieses befindet sich im letzten Abschnitt dieser

Gesamtausgabe und ist auch als eigenständiges Buch erhältlich.

Ingeln 2022 | Jürgen Schmidt

2


Diese Zusammenstellung

besteht aus 4 Teilen

1. Teil: Dorfchronik von Friedrich Borchers

2. Teil: Aus der Ortschronik Ingeln-Oesselse

3. Teil: Chronik über die Jahre 1945 bis 1974

4. Teil: 1000 Jahre Oesselse – 860 Jahre Ingeln – 48 Jahre Doppeldorf

Seite

Dorfchronik der Gemeinde Ingeln ................................................................................................. 4

Aus der Ortschronik Ingeln - Oesselse .......................................................................................... 88

Chronik über die Jahre 1945 bis 1974 ........................................................................................ 135

1000 Jahre Oesselse – 860 Jahre Ingeln – 48 Jahre Doppeldorf ................................................... 169

Stichwort-Verzeichnis ............................................................................................................... 240

Zusammenstellung:

Jürgen Schmidt

Hauptstr. 9

30880 Laatzen – OT Ingeln

www.schmidt-juergen.de

3


Dorfchronik der Gemeinde Ingeln

DORFCHRONIK

der

Gemeinde Ingeln

Erstellt von Friedrich Borchers,

erster Lehrer in Ingeln von 1911 bis 1945

Vorwort

Es ist für einen Chronisten immer eine ehrenvolle Aufgabe, die Vergangenheit noch einmal

darzulegen und dafür zu sorgen, daß Menschen und Schicksale in das Gedächtnis der Lebenden

zurückgerufen werden.

Plan:

1. Die Dorfgeschichte bis zum Jahre 1933.

2. Die Ortschronik nach dem Jahre 1933.

3. Schicksal und Geschick der Erbhöfe.

Die Chronik der Feldmark.

4. Geschichte einzelner Familien des Dorfes.

5. Dorfeigene Sitten und dorfgemäßes Brauchtum.

Louis Wilhelm Friedrich Borchers (Rufname: Friedrich) wurde am 22.07.1886 in Freiheit (Osterode/Harz) geboren.

Friedrich Borchers heiratete am 24.05.1913 in Ellershausen die Nanny Ludewig, geb. 12.01.1889 in Ellershausen.

Am 30.10.1950 zog das Ehepaar Borchers von Ingeln nach Freiheit.

Der Lehrer i. R. Friedrich Borchers verstarb am 06.01.1951 im Alter von 65 Jahren und fand an seinem Geburtsort

auch seine letzte Ruhestätte.

4


G

Über einige vorgeschichtliche Funde.

eschichte ist das Werden und Wirken eines Volkes, die Entwicklung seiner Kultur. Wollten

wir diese Entwicklung der Kultur des deutschen Volkes verstehen, sein Werden und Wirken,

so müssen wir nach dem Weg suchen, der zu der heutigen Entwicklungsstufe unseres Volkes

geführt hat. Von diesem Weg gibt uns die Geschichte unseres Volkes Aufschluß. Aber die reicht

nur zurück bis Christi Geburt, die deutsche Geschichtsschreibung nur bis 8oo n.Chr. Aber die

Germanen sind ein viel älteres Volk. Sie haben also schon in vorgeschichtlicher Zeit gelebt. Über

diese Zeit berichtet uns die Vorgeschichte. Ihre Quellen sind also nicht Schriften, Akten, Bücher,

sondern alles, was je Menschentum in Stoff formte und was den zerstörenden Vorgängen

getrotzt hat bis auf die heutige Zeit: Werkzeug, Gefäße, Waffen, Schmuckstücke, Wohn- und

Grabanlagen, Wallburgen.

Aus den urgeschichtlichen Funden steht fest, daß der Mensch zur Herrichtung von Waffen und

Werkzeugen zuerst den Stein viele Jahrtausende hindurch benutzte.

In dieser Zeit des Steins lassen sich drei wesentlich verschiedene Abschnitte unterscheiden:

1. Die ältere Steinzeit: 500000 - 12000 v.Chr.

2. Die mittlere Steinzeit: 12000 - 5000 v.Chr.

3. Die jüngere Steinzeit: 5000 - 1800 v.Chr.

Danach lernt der nordeuropäische Mensch durch ältere Kulturen die Bronze kennen, ein Gemisch

von Kupfer und Zinn.

Erst viel später fand auch das Eisen als Werkzeugmaterial Verwendung, etwa um 800 v.Chr.

Deshalb teilt man die ganze urgeschichtliche Kulturentwicklung in 3 Abschnitte:

1. Die Steinzeit,

2. die Bronzezeit,

3. die Eisenzeit.

Daß auch unsere Gegend in ganz frühgeschichtlicher Zeit bewohnt gewesen ist, beweisen die

Funde von Werkzeugen aus jener Zeit, so bei Gleidingen, Döhren etc.

Auch in der heutigen Feldmark Ingeln sind einige Zeugen aus jener Zeit gefunden. Es handelt sich

um 2 Steinbeile, wie sie nebenstehende Abbildungen zeigen.

Das eine Beil besteht aus Feuerstein und stammt wohl aus der älteren Steinzeit. Es weist noch

keine Bohrung auf. Deutlich erkennt man die Absplitterungen, die mittels Druckstock

abgesprengt wurden. Dieses Beil ist bei Arbeiten im Steinbruch an der Bledelnerstraße von dem

Arbeiter Aug. Gast, Ingeln, gefunden worden, etwa um 1890. Es wird in der Schule zu Ingeln, wo

auch das 2.Beil in Verwahrung liegt, aufbewahrt.

Das zweite Beil entstammt schon einer jüngeren Zeit.

Der Herr Prof. Heuer, Geologe an der Techn. Hochschule in Hannover, hat dieses Beil als

Verlierfund angesprochen. Es wurde beim Pflügen „in den Heißackern" von dem Bauer Aug.

Thiemann, Ingeln Nr.19 gefunden.

Außer diesen beiden Funden besitzt die hiesige Schule noch einen Mammutzahn, der ihr vom

obigen Prof. Heuer geschenkt wurde. Er stammt aus dem Kies bei Rethen, Leine.

5


6


7


1. Vor 2000 Jahren

G

Aus der Frühgeschichte unserer Heimat.

(Entnommen dem Büchlein "Go Haßel")

ewiß hast Du schon einmal auf dem Mühlenberge bei Lühnde gestanden, der sich 3o-4o m über seine

Umgebung erhebt. Dein Auge war entzückt über den Anblick der fruchtbaren Felder, der saftigen

Wiesen, der blühenden Gärten und der freundlichen Dörfer.

Ein wesentlich anderes Bild bot sich dem Auge des Wanderers, der 2ooo Jahre früher an dieser Stelle

stand. Keine Straße war vorhanden, unbesorgt dahin-zu-wandern. Vorsichtig hatte er bei jedem Schritt

zugesehen, ob sich ein sicherer Platz für seinen Fuß fand; denn tückisch war der weite Sumpf, den er,

watend oder springend durchquert hatte. Ermüdet von der Anstrengung schaute er zurück. Sein Blick irrte

über die dunsterfüllte Ebene zu seinen Füßen. Wo die gegen den Nebel ankämpfende Sonne einen lichten

Blick gestattete, sah sein Auge nur das Eintönige der Sumpflandschaft. Fern am Himmel verrieten

blinkende Wasserflächen, daß dort, an der Vereinigungsstelle von Innerste und Leine, die Gegend unter

Wasser gesetzt war. . .

Das Bruch, das der Wanderer durchquert hatte, breitete sich weit nach Osten hin aus. Seinen Verlauf

können wir heute noch in dem Bruchgraben erkennen. Im Süden wurde die Sumpflandschaft durch einen

allmählich ansteigenden Höhenzug begrenzt, der mit einem großen Wald bestanden war. (Hildesheimer

Wald). Der Hügel, auf dem der Wanderer stand, gehörte einem Höhenrücken an, dessen höchste

Erhebungen wir heute in den Namen Steinberg, Moorberg, Delmberg, Mühlenberg und Roter Berg

feststellen. Weiter nach Osten hin verläuft die Hügelreihe in einem flachen Höhenrücken, der seine

Ausläufer bis über Klein-Lobke vorstreckt. Nördlich finden wir in der Linie Rethen-Sehnde wieder eine

Senke, die von der Bruchriede durchflossen wird. Unser Wanderer fand sie damals auch von einem Bruch

durchzogen. Noch weiter im Norden bemerken wir eine in etwa gleicher Richtung ziehende Hügelreihe,

die in dem Kronsberg ihren höchsten Punkt erreicht. Nach Osten hin schließt sich ein welliges Gelände an,

das in seinen tiefer liegenden Teilen früher auch von Sümpfen durchsetzt war. Dieses nördliche Gebiet

war von einem großen Walde bestanden, der die Grenze des Ostfalengaues nach dieser Seite hin bildete.

Später führte er den Namen Nordwald.

Über die Höhen nördlich des großen Bruches führte seit der Bronzezeit ein Handelsweg, der am Rhein

seinen Anfang nahm und als Ziel die Elbe hatte.

2. Die Cherusker. Die Ostfalen. Die Go Haßel.

N

ach Berichten römischer Schriftsteller wohnten in der Zeit um Christi Geburt zwischen Harz und Aller

die Cherusker. Ihre Wohnsitze erstreckten sich nach Osten hin bis zur Bode und nach Westen hin bis

zum Teutoburger Walde. Den Römern wäre es fast gelungen, ihre Herrschaft im Cheruskerland zu sichern;

aber zu früh wagte es der römische Statthalter Varus, römisches Recht und Gericht einzuführen. Die Not

einigte die Stämme. In Armin fanden sie einen Führer, der durch mehrjährigen Aufenthalt im römischen

Heere sowohl die römische Kriegskunst als auch welsche Verschlagenheit kennen gelernt hatte. So konnte

das Heer des Varus im Teutoburger Walde vernichtet werden.

Doch die Einigkeit der Sieger währte nicht lange. Schon vor Ausbruch der Feindseligkeiten hatte es im

Cheruskerlande neben der römerfeindlichen auch eine römerfreundliche Partei gegeben. Ihr Führer war

der Schwiegervater Armins, Segest. Auch die übrige Sippe des Befreier Germaniens gehörte ihr zum Teil

an. Als dem Sieger viele Neider erwuchsen, wagten es einige von diesen, Armin durch Mörderhand aus

dem Wege zu räumen. Zum Glück hatten die Römer ihre Truppen hinter den Grenzwall, der vom Rhein

zur Donau ging, zurückgezogen. Das unglückliche Volk der Cherusker vernichtete in den nun folgenden

Kämpfen selbst seine ganze Kraft.

Später drang von Norden, vom Meeresgestade her, der Volksname "Sachsen" immer weiter nach Süden

vor. Ob es sich dabei um ein Eindringen von Eroberern handelt, ob ein neuer Bund germanischer Stämme

gegründet worden war, der auch die Reste der Cherusker umfaßte, wissen wir nicht mit Bestimmtheit. Es

steht nur fest, daß in der 2.Hälfte des 4. Jahrhunderts nach Christi Geburt der Name "Sachsen" soweit

nach Süden vorgedrungen war, daß er auch das frühere Wohngebiet der Cherusker einschloß.

8


Der Teil des Sachsenlandes, der unsere Heimat mit umfaßte, führte den Namen Ostfalen. Er lag östlich

der Weser, im Gegensatz zu Westfalen, das westlich dieses Flusses lag, während zu beiden Seiten des

Stromes die Engern wohnten.

Dem Namen Ostfalen glich der Name für unsern Gau. Er hieß ebenfalls Ostfala. Der Größe nach übertraf

er alle andern benachbarten Gaue. Er reichte von der Leine im Westen bis zur Oker im Osten, vom Rande

des Hildesheimer Berglandes im Süden bis zur Höhe des Warmbücher Moores im Norden. Er umfaßte

mehrere Goe. Unsere Go Haßel war die im Nordwesten liegende.

Das Sachsenvolk war ein Volk mit großer Freiheitsliebe. Dem entsprach auch seine Verfassung. Keinen

Herrscher, keine Volkszusammengehörigkeit gab es bei ihnen. Nur innerhalb eines kleinen Kreises bestand

ein wirkliches Gefühl der Zusammengehörigkeit. Das war die Go.

Aus dieser versammelten sich alle freien Leute mehrmals im Jahre an einem bestimmten Orte, um

ausgebrochene Streitigkeiten zu schlichten und den Göttern zu dienen.

Eine solche ostfälische Gerichts- und Kultusstätte haben wir in dem bei Lühnde gelegenen Haßel zu

suchen.

Heute ist der Name Haßel eine Ortsbezeichnung. Früher dagegen bedeutete er soviel wie "Gerichtsplatz".

Der Name geht auf den Brauch zurück, den Gerichtsplatz mit Haselstäben abzustecken.

Wo lag nun dieser denkwürdige Ort? Nicht das kleine Wäldchen bei Bledeln ist es, das noch heute diesen

Namen trägt. Alte Aufzeichnungen geben nur das eine an, daß er in oder bei Lühnde lag.

Welchen Umfang hatte denn die Go Haßel? Keine Urkunde ist mehr vorhanden, die uns darüber Auskunft

gibt. Wahrscheinlich versammelten sich auf dem Haßel in jedem Jahre mehrmals die Ostfalen, die

zwischen dem Bruch (Bruchgraben) im Süden und dem Warmbüchermoor im Norden, zwischen der Leine

im Westen und einer Linie von Lehrte über Dolgen und Haimar nach Gr. Lobke im Osten wohnten.

3. Die Stände der Ostfalen. Die Bewirtschaftung des Bodens.

D

ie Ostfalen gliederten sich in mehrere Stände. Der hervorragendste war der der Edlen. Ihre Zahl war

verhältnismäßig gering. Sie zeichneten sich durch größeres Besitztum und Ansehen aus. Sie waren

dazu auserwählt, die Volksversammlungen zu leiten, oft auch das Amt dos Priesters zu versehen. Im Kriege

führten sie den Heerhaufen.

Der Zahl nach der bedeutendste Stand, war der der Freien. Er bildete den Kern des Volkes. Er war durch

seine Ehre verpflichtet, in den Krieg zu ziehen, wenn die Volksversammlung einen solchen beschloß. Jeder

Freie konnte durch Vergrößerung seines Besitztums und durch Hebung seines Ansehens unter den

Volksgenossen in den Stand der Edlen eintreten.

Die großen Besitztümer der Edelinge konnten nicht durch die Eigentümer allein verwaltet werden. Daher

gaben die reichen Grundherren einen Teil ihrer Güter an sogenannte Laten aus, die für bestimmte

Abgaben aus den Erträgen des Ackers und der Viehzucht, die Höfe gewissermaßen in Pachtung hatten.

Diese Laten hatten keinen eigenen Besitz. Ihre Zahl war durchaus nicht gering.

Die Fruchtäcker der Feldmark wurden Gewanne genannt. Jede Gewanne führte ihren besonderen Namen.

Diese Flurnamen haben sich z.T. bis in die Gegenwart gerettet.

In der ältesten Zeit wurden die Äcker abwechselnd bestellt. Man bezeichnete diese Form als

Feldgraswirtschaft.

Als die Besiedelung unserer Heimat immer dichter wurde, ging man dazu über, die gesamten Ackerflächen

der Feldmark in drei gleiche Teile zu gliedern: Winterfeld, Sommerfeld und Brachfeld. In jedem dieser

Drittel wurden die benachbart liegenden Gewanne von allen Besitzern gleichzeitig mit derselben Fruchtart

bestellt. Das war die Dreifelderwirtschaft. Das Winterfeld besäte man im Herbst mit Roggen, das

Sommerfeld im Frühjahr mit Hafer, das Brachfeld blieb ungenutzt liegen, damit sich der Boden erholte.

Hier fand nur das Vieh einige Nahrung. Im nächsten Jahre wechselte man: Das Brachfeld wurde zum

Winterfeld, das vorjährige Winterfeld wurde Sommerfeld, und das Sommerfeld des letzten Jahres blieb

als Brache liegen.

Wald, Wiese, Weide und Wasser dienten den Dorfleuten als Allmende, d.h. als gemeinsamer Besitz "aller

Männer". Jedoch richtete sich der Anteil am Allmende nach der Hufenzahl des Besitzes. Eine Hufe umfaßte

9


so viel Land, wie nötig war, um eine Familie zu ernähren. (Etwa 30 Morgen). Von der Morgenzahl der Hufe

lag das erste Drittel im Winterfeld, das andere im Sommerfeld und das dritte in der Brache.

Lag im Bereiche der Feldmark ein Stück Wald, so bildete dieser die Holzmark der Ansiedlung. Diese ist bei

uns im Laufe der Jahrhunderte zu Ackerland gemacht. Nur der große Nordwald blieb erhalten, wenn auch

seine Grenzen von allen Seiten her zurückgedrängt wurden.

Der Nordwald wurde im 17.Jahrhundert in 4 Teile geteilt: Der Steinwedeler Wald - der Köthenwald - das

Bockumer Holz - der Ahltener Wald.

Im Bockumer Holz besitzen noch heute Gleidingen, Rethen, Oesselse, Ingeln und Müllingen

Holzberechtigungen.

4. Die Besiedelung unserer Heimat.

D

ie Siedelungen unserer Heimat haben im allgemeinen ein so hohes Alter, daß über ihre Gründung

keinerlei Aufzeichnungen bestehen. Die genaue Zeit ihrer Entstehung ist also in Dunkel gehüllt.

Zum erstenmal urkundlich erwähnt wurden:

Heisede, Hotteln, Oesselse, Wirringen 1022.

Lühnde 1117 - Sehnde 1147 - Sarstedt 1196 - Ingeln 1162 - Bledeln 1160.

Algermissen 1143 - Delm 1173 - Müllingen 1204 - Wehmingen 1251 - Bolzum 1256.

Die meisten Ortsnamen unserer Heimat führen die alte Endung "hem", "heim", heute meistens "um". Da

uns das Grundwort bekannt ist, so fällt es nicht schwer, das Bestimmungswort zu erklären.

Hotteln, früher: Hottenem= Heim des Hodo, Hoto, Hotto, Otto.

Oesselse, früher: Oslevesem= Heim des Oslev.

Ingeln, früher: Igginleve, Iggenem= Heim des Igo oder Iggo.

Bockum, früher: Bodekehem, Bodeken= Heim des Bodo.

Algermissen, früher: Algrimessen, Alegrimeshom= Heim des Alegrims.

Ummeln, früher: Ummenem= Heim des Ummo, auch Hummo und Umilo.

BoIzum, früher: Boltessen, Boltessem= Heim des Bolzo.

Giften, früher Gifthenem 12o5= Heim des Gibo, Givo oder Giffo.

Bründeln, früher: Brundelen 1237= Heim des Brunold.

Wützum, früher: Wezene 1226= Heim des Wido.

Bledeln, früher: Blithenim= Heim der Blida.

Ausnahmsweise nicht nach ihrem Begründer genannt ist die Siedelung Delm, früher: Dellenem= Siedelung

in der Delle.

Im Allgemeinen kann man sagen, daß eine Einzelsiedelung in den meisten Fällen der Anfang des Ortes

gewesen ist, wie das die große Zahl der "Heimdörfer" bestätigt. Dann folgt die "inge“-Gruppe. Zu den

später entstandenen Siedelungen gehören die mit der Endung "stede", d. i. Stätte.

1303 Ibbenstede, eine Wüstung in der Feldmark Ruthe= Heim des Ibbo.

1240 Nygenstede bei Algermissen= Neue Stätte.

1274 Loppenstedt, früher: Luppenstede= Wohnstätte des Luppo.

Die jüngste Familie unserer Ortsnamen ist die mit dem Grundwort "rode".

Es ist leicht erkennbar, daß es sich um Rodungen in den Wäldern bei Anlegung dieser Siedlungen handelte:

Kirchrode, Bemerode, Wülferode.

10


D

Aus der Zeit Karls des Großen

as von den Sachsen bewohnte Gebiet dehnte sich bis in die Gegend des Rheines aus. Es fehlte aber

an einer natürlichen Grenze zwischen Westfalen und dem Frankenlande. Das verlockte die

Westfalen, von Zeit zu Zeit in das reiche Nachbarland einzufallen, um Beute zu machen. Ein Rachezug der

mächtigen Franken war dann die Folge. So hörten die Grenzkriege nicht auf. Deshalb beschloß der

Frankenkönig Karl der Große, die Sachsen endgültig zu unterwerfen und sie gleichzeitig zum Christentum

zu führen.

In langen, harten Kämpfen ist das Karl schließlich gelungen. Aber von 772 - 804 hat er kämpfen müssen,

ehe das Sachsenland vollständig unterworfen war. Schon im Jahre 780, als Karl nach der Unterwerfung

und Taufe der Ostfalen sein Ziel erreicht zu haben glaubte, hatte er angeordnet, daß im Sachsenlande

Kirchen gegründet werden sollten, die mit dem Besitz eines Hofes und zweier Hufen Landes ausgestattet

werden mußten. Alle Bewohner Sachsens wurden verpflichtet, der neugegründeten Kirche den Zehnten

zu zahlen. In unserem Ostfalen gelang es Karl d.Gr. wahrscheinlich nicht mehr, die christliche Lehre zum

Siege zu führen; denn dann hätte er sein Werk durch die Errichtung eines Bischofssitzes gekrönt. Er hatte

zwar Elze für einen solchen in Ostfalen ausersehen, auch angefangen, eine Kirche zu bauen, doch wurde

das Werk zu seinen Lebzeiten nicht vollendet. Erst Karls Sohn und Nachfolger gründete den Bischofssitz,

aber nicht in Elze, sondern in Hildesheim.

Es ist anzunehmen, daß dann das Christentum endgültig Eingang in Ostfalen fand.

Abschrift des Zeitungsartikels (Herkunft und Datum unbekannt):

11


Das Kreuz verwandelte sich zum Schwert

Ostfalen atmete schwer – Ein trauriges Julfest vor 1200 Jahren

Sommer 772. Über den Gefilden Ostfalens, das sich weithin von der Leine bis an die Oker erstreckt, brütet stechende

Sonnenglut. Friedliche Sachsenbauern sind bei alltäglicher Arbeit, werken im Felde und ordnen im Hofe.

Und ihr Schreck ist gewaltig und ihre Augen sind staunend groß, als ein kleiner Trupp fremder Reiter auf

schweißbedeckten Rossen ins Heimatdorf jagt und böse Kunde bringt:

Unweit Kreiensen, bei dem Dorfe Greene, lagert eine fränkische Kriegsmacht mit ihrem Führer Karl. Im Diemeltale

stürmte sie die Eresburg, splitterte im Haine des Gottes Irmin die geweihte Irminsul 1 und ruht jetzt aus zum

gewaltsamen Vormarsch ins Harzvorland. Banne Ahnungen regen sich in den Herzen der aufhorchenden Männer.

Das Kreuz, das Karl ins Sachsenland trägt, verwandelt sich in seinen unbarmherzigen Händen zum Schwert.

Drei Jahre später ist auf dem Schäferberg bei Ruthe ungewohntes, reges Leben. In bewachtem Lager stärken sich

müde Krieger zu neuem Kampfe. Ihre Pferde sind an die Bäume gebunden und in weitem Kreise stehen die Proviantund

Waffenwagen um das Lager herum. Knechte bewachen eine große Herde Rinder. In die Dörfer der Goh Haßel

schickt Karl seine Kundschafter, und am späten Nachmittage eines schönen Maitags stehen vor Karls Lager die

Bauermeister von Hotteln, Gödringen, Heisede, Gleidingen, Oesselse und den anderen Dörfern und hören Karls

kurze, scharfe Warnungen: Wer meinen Kriegern bewaffnet entgegentritt, der soll des Todes sterben!

Aufbruch der Kolonnen. Voran reitet der Führer. Unter der hohen Stirn leuchten ein paar energische Augen. Ueber

die breiten Schultern fällt ein langer blauer Mantel herab. An der Seite hängt ein breites Schwert, dessen Gehenk

von Gold und Silber glänzt. Die Hauptmacht zieht durch die Leinefurt auf die Höhen nördlich des Bruchgrabens.

Kleinere Abteilungen besetzen die alte Dingstätte 2 bei Lühnde. Haßelleute geloben den Frieden und geben ihre

Frucht und ihr Vieh den unersättlichen Eindringlingen. Aber in ihren Gesichtern liegt verhaltener Zorn. Rache glimmt

in ihren Herzen.

Obrum an der Oker. Zusammengetriebene Ostfalen treten in Gruppen in das Vaddernloch. 3 Auf Geheiß eines

christlichen Priesters tauchen sie unter und erhalten als Zeichen ihrer inneren Belehrung ein Bleikreuz um den Hals.

Zwangsweise getauft! Aber die Treue zu Wodan und Donar ist stärker. Tief eingewurzelt ist der Glaube der Väter.

Als Karl seinen Rückmarsch antritt, da reißen die Männer und Frauen die Bleikreuze ab und werfen sie in die Oker.

Fäuste recken sich empor und Flüche schwirren den Franken nach wie krächzende Raben. Und wie das Heer jenseits

der Leinefurt den Heimweg zurückmarschiert, sieht ihm der Fischer von Ruthe noch lange nachdenklich nach.

Zahlreich sind die freien Männer nach der Volksversammlung auf dem Haßel gekommen. In stürmischer Aussprache

verhandelt man über Unterwerfung oder Verteidigung. Immer wieder muß der alte, weißhaarige Gohgrefe die

Erregung eindämmen, bis schließlich die Augen aller nach drei heransprengenden Reitern sehen. Der erste springt

ab und drängt sich durch die Gohgenossen an den steinernen Verhandlungstisch. Gelassen entfaltet der von König

Karl ernannte Graf eine Papierrolle und liest mit schneidender Stimme die Gesetze des neuen Herrn mit ihrem immer

wiederholten Satz: „Der soll des Todes sterben“. Ostfalen atmet schwer. Auf ihm liegt der Druck des fränkischen

Eroberers. Zorn und Verzweiflung lauern in den zagen Sachsenherzen. Widerwillig gewöhnt sich das Volk an Zins und

Fron.

Eisige Winterstürme fegen über die schneeigen Felder des Landes. In ihren Häusern hocken die Menschen und

denken vergangener Tage. Die Herzen sind finster und kalt. Wintersonnenwende wird in dieser Notzeit nicht

gefeiert, und das heilige Pferd opfern sie nicht mehr; denn gefährlich ist die Treue zu Göttern, es steht Todesstrafe

darauf. Sächsische Edle verlassen die gemeinsame Sache. Fränkische Verwaltung wird auf Ostfalen übertragen, und

herrische Grafen zerbrechen die freie Selbstbestimmung und die freie Selbstregierung eines unterworfenen Volkes.

Schwere Sterbestunde eines ganzen Volkstums! Tot sind Glaube, Freiheit und Nationalität…

Trauriges Julfest! Bei Elze ragen die Grundmauern einer christlichen Kirche aus dem alten Heimatboden.

Hein Brede.

1

Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Eresburg und

https://www.timediver.de/Nordrhein_Westfalen_Obermarsberg_Eresburg.html.

2

Erklärung: https://de.wikipedia.org/wiki/Thing

3

Sachsentaufe der "Nordleute", die am sogenannten "Vaddernloch" bei Ohrum (Oker) stattgefunden haben soll.

12


O

I. Die Dorfgeschichte bis zum Jahre 1933.

riginalurkunden oder Abschriften von Urkunden aus vorreformatorischer Zeit über die Gemeinde

Ingeln sind weder in dem Gemeindearchiv noch in der Pfarr-Registratur vorhanden. Es ist

anzunehmen, dass sie in den Verwüstungen des 30-jährigen Krieges während der Jahre 1625 - 1626 durch

Tillysche Truppen und 1640 - 1641 durch die Schweden vernichtet sind.

In der Pfarr-Registratur ist vorhanden:

Ein geschriebenes Buch aus dem Jahre 1550 betreffend die Gerechtsame und Einkünfte des Amtes

Lessenburg (Coldingen) und ein Buch aus 1542 betr. Holzberechtigungen im Amte Coldingen, sowie einige

Dokumente über Feld- und Holzangelegenheiten aus dem 17. Jahrhundert.

Für die folgenden Ausführungen sind benutzt:

1. Das Kirchspiel Gross- und Kleinlobke in alter und neuer Zeit. P. Propst.

2. Zweites Festbüchlein z.A.a.d. 100jährigen Jubelfest in Wülferode. P. Böttcher.

3. Einige von P. Meier, Wirringen aus Lünzel und a. ausgezogenen Notizen über Ingeln (in der Pfarr-

Registratur).

4. Die Frühgeschichte der Go Hassel, von Fr. Peine.

5. Sagen aus dem Landkreis Hildesheim, zusammengest. von H. Blume.

Vom Bischofssitze Hildesheim wurde zur besseren kirchlichen Versorgung der Umgegend Archidiakonate

oder Mutterkirchen gegründet, deren Bezirk sich mit dem der Gaue zu decken pflegte. Unser Dorf gehörte

zum Gau Ostfala, der sich vom Bruchgraben im Süden bis zur Leine im W., bis Hannover- Lehrte im N. und

etwa bis Algermissen im Osten erstreckte, also ungefähr den jetzigen Landkreis Hildesheim und das

frühere Amt Ilten umschloss. Der grösste Teil dieses Gaues wird Wald gewesen sein, der sich – der

Nordwald genannt – bis zum Bruchgraben im Süden ausdehnte. In diesem weiten Wald bildeten die

einzelnen Gehöfte und kleinen Dörfer blosse Lichtungen. Die Bewohner entnehmen ihren Holzbedarf

diesen Waldungen. Diese Holzberechtigung blieb, auch nachdem später ein Stück des Waldes nach dem

andern ausgerodet war.

Was den letzten Rest jenes grossen Nordwaldes in hiesiger Gegend, das Bockmer Holz betrifft, an dem die

drei Dörfer: Müllingen, Ingeln u. Oesselse teilhaben, so kursiert hier folgende Sage:

„Vor Zeiten soll das Bockmer Holz einmal drei Jungfrauen gehört haben. Eines Tages machten sich die drei

Schwestern auf, ihren Wald zu besehen und sich darin zu vergnügen. So gingen sie immer tiefer in das

dichte Holz, in dem damals noch viele Sümpfe waren. Auf einmal war kein Weg mehr da, sie hatten sich

verirrt. Nun liefen sie zwischen den hohen Bäumen und dunklen Büschen hin und her, und so sehr sie

auch suchten, den Ausgang fanden sie nicht. Bald brach die Nacht an, überall knisterte und knackte es

unheimlich. Im Dickicht heulten die Wölfe, aus einer hohen Eiche schrie der Uhu. Unter einer mächtigen

Fichte sassen die drei Schwestern eng aneinandergeschmiegt die lange Nacht. In ihrer Herzensangst

gelobten sie, ihren Wald dem zu schenken, der sie aus der bösen Wildnis erretten würde. Aber kein

Mensch kam, sie zu erlösen. Als endlich der Morgen anbrach, da hörten sie in der Ferne Glockengeläut.

Freudig und voll neuer Hoffnung nahmen sie die Richtung auf, aus der die Glocke rief. Nach einiger Zeit

wurde es zwischen den Stämmen licht, und dann sahen sie ein Dorf mit seiner Kirche vor sich liegen. Es

war Oesselse wo sie wieder zu Menschen kamen. Die Kirchenglocke hatte die Schwestern gerettet.

Die drei Jungfrauen hielten ihr Gelübde und schenkten „das Bockmer Holz" der Kirche zu Oesselse. Da

aber die drei Gemeinden Ingeln, Müllingen und Oesselse zur Kirche in Oesselse gehörten, erhielten sie

auch Rechte an dem Walde. So kommt es, dass noch heute den drei Dörfern das Bockmer Holz gehört. Es

wird bis auf an den heutigen Tag das „Erbenholz“ genannt.

Noch heute haben die Bauern der drei Dörfer über ihre Forstanteile unumschränktes Verfügungsrecht.

Nur die Forstgrundstücke der Pfarre und Küsterei unterstehen der staatlichen Aufsicht.

Der Sitz des Archidiakonates unseres Gaues wurde Lühnde. Schon im Jahre 1117 wird die Mutterkirche

im Dorfe Lühnde urkundlich erwähnt. Von dieser sind dann die umliegenden Dörfer als Tochtergemeinden

13


abgezweigt, manche erst nach Hunderten von Jahren. So z.B. Bledeln erst 1587, Wirringen-Wehmingen

1667.

Wann die Kirche zu Oesselse gegründet ist, darüber heisst es in dem von P. Brockmann verfassten

Familienbuch für Oesselse-Ingeln: fundiert und dotiert 1466.

Ebenso steht nicht fest, wann Oesselse zum Archidiakonat Sarstedt gekommen ist, das gleichzeitig mit

Lühnde gegründet wurde u. zu dem die westlichen im Leinetal gelegenen Kirchengemeinden gehörten.

1349 wird auch Oesselse neben Hesde, Rethen, Gravestorp, Dörende zum Archidiakonat Sarstedt gezählt.

Jedenfalls war anfangs Lühnde der Sammelplatz der Gläubigen und Getauften, wie der Hassel zwischen

Ingeln und Lühnde, die Ding- oder Gerichtsstätte des Gaues Ostfala, beweist. Unter dem Vorsitz des von

Karl d.Gr. eingesetzten Gaugrafen traten alle Freien des Gaues zu den Gaugerichten zusammen. Um

unberufene von der Gerichtsstätte fern zu halten, wurden Haselstäbe im Kreise eingesteckt und mit

Schnüren umzogen. Daher der Name „Hassel oder Hasel".

Von 1325 an wird das Gaugericht auf dem Hassel urkundlich erwähnt, und im Hasseler Mass werden noch

jetzt Korngefälle an Kirchen, Pfarren und Küstereien entrichtet. Im Jahre 1395 hatte der Bischof von

Hildesheim, welcher als Zehnt- u. Lehnsherr im Gau Ostfala auftrat, den nördlichen Teil: das Ortland, „die

Freien vor dem Nordwalde" an die Herzöge von Braunschweig u. Lüneburg abgegeben. Die Folge davon

war, dass ich schon 25 Jahre später 1419 der Lühnder Gogrefe nennt: „Eck Jordan, Gogrefe to dene Hassle

des Stiftes Hildensen u. unsen gnädyghen Herren von Lüneburg."

Als dann Lühnde und die südlich davon gelegenen Dörfer an das Bistum Hildesheim fielen, wurde das

Gaugericht nach Ilten verlegt. Noch 1574 kommt ein „Dinggreve des Freidings zu Lühnde binnen Ilten“

vor. Später ging das Freiengericht in ein Landesherrliches über. Wie bereits erwähnt, trennten sich die

Parochialkirchen von den Archidiakonat-Kirchen. Es erfolgte dann wiederum die Zerlegung der grösseren

Kirchspiele in kleinere Sprengel, etwa 1200 - 1300.

In diesen Zeitraum fällt wahrscheinlich die Erbauung der Kapelle zu Ingeln, ehedem Iggelev, Ingenem,

später (bis ins 19. Jahrhundert) Ingelem genannt. Im Mauerwerk soll das Jahr 1241 bezeichnet gewesen

sein. Zur Kapelle gehörte auch das Dorf Müllingen. Nachdem dieses Dorf eine eigene Kirche erhielt, wurde

die nach Norden gelegene Müllinger Tür zugemauert. Leider ist über dieses alte Gotteshaus nichts

Urkundliches vorhanden.

1888 musste die Kapelle wegen Baufälligkeit geschlossen werden. Die beiden Nachmittags-Gottesdienste,

die früher am Johannis- u. Michaelisfeste darin abgehalten, wurden in die Kirche zu Oesselse verlegt.

Der kunstvolle Altar mit Holzschnitzereien wurde für Circ. 600 M an die Schlossbauververwaltung zu

Marienburg in Ostpreussen verkauft und in der dortigen Schlosskirche aufgestellt. 1901 wurde die Kapelle

abgetragen. Das Kapellenärar, worüber besondere Rechnung geführt wird, ist durch Ablösung der an die

Kapelle zu entrichten gewesenen Meiergefälle entstanden. Aus Überschüssen des Ärars, teilweise durch

Umlagen der Kapellengemeinde, ist, da man Geläut und Glockenschlag nicht entbehren mochte, auf dem

Grunde der niedergelegten Kapelle ein Turm erbaut, einige Reste (Türbogen u.a.) sind ins neue

Mauerwerk eingefügt.

Der übrige Kapellenplatz wurde für eine eigene Schule reserviert und später für das jetzige Schulgrundstück

eingetauscht.

14


Die frühere Kapelle in Ingeln.

Altar und Altarflügel aus der Kapelle.

Original-Abbildungen durch neuere Bilder ersetzt.

15


N

Berichtigung

über

das frühere Dorf Bodeken oder Bokum. 4

ach einer Handschrift "Ein tausendjähriges Bauerngeschlecht, Die Bödeker Lehnsfamilie" steht über

das frühere Dorf Bokum folgendes fest:

Um 1440 wurde vom bischöflichen Hofe zu Hildesheim angeordnet, zur Erweiterung des Wulferieder

Jagdbezirkes das Dorf Bodeken zu räumen. Die Bewohner wurden zu je drei Familien nach den

benachbarten Dörfern Müllingen, Ingeln und Oesselse umgesiedelt. Dorthin nahmen sie ihre Landlose

mit. Auf der vormaligen Flur von Bokum ward nur die Schäferei gemeinsam verpachtet.

Vier Bauern aus Bodeken verzichteten auf die Umsiedelung, überschritten die Grenze des Stiftes nach den

welfischen Landen und siedelten bei der Dorflage von Lehrte. Hier erhielten sie 600 Morgen Land zu

Lehnrecht gemeinsam als Gevettern Bödeker, so genannt, weit sie aus Bodeken waren, von der Herrschaft

übertragen.

4

Siehe hierzu verschiedene Beiträge in den nachfolgenden Abschnitten, auf die sich Friedrich Borchers hiermit wohl bezieht.

16


W

ie überall in unseren Landen, so sind auch für unsere Gegend die Klöster Hauptförderer christlichen

Glaubens und christlicher Sitte geworden, Pflanzschulen für Landwirtschaft, Viehzucht und

Gartenbau. Für den Gau Ostfala ist neben dem Kloster Marienrode bei Hildesheim das Michaeliskloster in

Hildesheim von grosser Bedeutung gewesen.

Dasselbe wurde von dem Bischof Bernward gestiftet und nicht nur aus dessen eigenem Vermögen,

sondern auch mit reichen Schenkungen aus der weiteren Umgebung ausgestattet. In der Stiftsurkunde

vom Jahre 1022 werden aufgeführt: Hotteln mit einem Meierhof mit 3 Hufen, Hesede 1 Hof mit 4 Hufen,

Oesselse 5 Hufen mit einem Meierhofe.

“Nach Urkunde Nr. 332 des Urkundenbuches des Hochstiftes Hildesheim Bd. I übereignet Bischof

Hermann (Il62-II70) dem Michaeliskloster 5 Hufen zu Ingeln, welche bis dahin Friedrich, Ministerial des

Klosters, zu Lehen gehabt hatte.

Nach Urkunde Nr. 409 übereignet Bischof Adelog (1171 - 1190) dem Michaeliskloster 4,5 Hufen im alten

Dorf, sowie 4 Hufen zu Ingeln. Letztere hatte das Kloster von den damit belehnten bischöflichen

Ministerialen erworben.

Nach Urkunde Nr. 492 nimmt Papst Coelestin das Michaeliskloster in seinen Schutz und bestätigt dessen

Besitztümer und Rechte."

Im 15.Jahrhundert, infolge lange Jahre währenden Streites zwischen den welfischen Herzögen von

Lüneburg-Celle und den Bischöfen von Hildesheim erfolgte eine Teilung des alten Gaues Ostfala. Der nördliche

Teil – Ilten – fiel an Lüneburg, der südliche – Lühnde und Ruthe – an Hildesheim.

Vielleicht steht mit diesen Streitigkeiten im Zusammenhang was Lüntze in seiner Geschichte der Diözese

und der Stadt Hildesheim I.S.295 erzählt:

,,Die von Engelingborstel und die von Münchhausen bedrückten das Bistum. Otto l., Bischof von

Hildesheim 1319 - 1331, stellte sich ihnen entgegen. Bei Osleveshem kam es zum Kampfe. Die Feinde

wurden gefangen oder getötet oder in die Flucht gejagt. Die Gefangenen mussten hohe Lösegelder

bezahlen, welche der Bischof seinerseits zum Besten der Kirche benutzte.“

Vermutlich hat in diesen für unsern Gau unruhigen Zeiten das Dorf Bodeken oder Bokum seinen

Untergang gefunden, also nicht wie hierorts geglaubt wird, in der Hildesheimer Stiftsfehde, die allerdings

so manches Dorf in unserer Gegend verzehrt hat. Dieses Dorf, nach dem unser Wald – Bockmer Holz –

seinen Namen hat, wird noch 1303 als nahe dem ,,Nordwald" gelegen, erwähnt. Nach einem

Güterverzeichnis des Johannishofes zu Hildesheim vom Jahre 1450 wurde die Länderei des

Untergegangenen Dorfes – auch Boken genannt – von den benachbarten Ortschaften Ingeln, Oesselse

und Müllingen bebaut. Wie gerichtliche Akten besagen, zogen 3 Halbmeier u. 2 Köthner nach Oesselse, 3

Halbmeier u. 3 Köthner nach Ingeln, 2 Halbmeier u. 3 Köthner nach Müllingen.

„Mitten in dem Viereck, das von den Dörfern Oesselse, Ingeln, Hotteln und Gödringen gebildet wird,

stehen 5 alte Eichbäume, die man bis heute ,,die Delmschen Eichen" nennt. Etwa 200 m östlich davon ist

eine ergiebige Quelle. An dieser Stelle hat vorzeiten das Dorf Delm gelegen, dessen Name in Urkunden

des 12.Jahrhunderts ,,Dellenem" geschrieben wurde. Aus Dellenem hat der Volksmund Dellnem und

schliesslich Delm gemacht. Wann dieses Dorf verlassen wurde, weiss man nicht, auch kennt man die

Gründe nicht, die die Einwohner von Delm veranlassten, sich anderswo anzusiedeln.

Es ist möglich, dass das Dorf in einer der vielen Fehden am Anfang des 15.Jahrhunderts zerstört worden

ist. Im Jahre 1382 wird der Ort noch genannt.

Von dem Quell bei dem Delm erzählt man: Wer in der Osternacht seinen Kopf in das Wasser steckt, kann

die Glocken von Delm läuten hören.

Die Feldmark die zu Delm gehörte, wird heute von Oesselse, Ingeln, Hotteln und Gödringen beackert. Die

ehemaligen Einwohner von Delm haben sich in diesen Dörfern angesiedelt. Ihre Nachkommen nennen

sich noch heute „Delmsche Bürger", sie wählen sich heute noch einen eigenen Gemeindevorsteher, der

die Feldmark verwaltet, und unterhalten auch heute noch die Wege und Gräben in der Feldmark.

In früheren Zeiten wurde jährlich in Hotteln die Gemeindeversammlung abgehalten, „Kirmess oder

Kirmiss" genannt. Bei dieser Versammlung hatte der Hof in Hotteln, dessen jetziger Besitzer Herr Heinrich

Fuhrberg ist, ein Essen zu liefern, das aus dicken Erbsen und ausgebratenem Speck bestand. Es wird

erzählt, dass immer der Speck oben abgegessen wurde und der Gastgeber immer frisch „überbraten"

17


musste. Ein Hof aus Gödringen – jetziger Besitzer ist Herr Karl Busch – hatte zu diesem Essen einen grossen

Schinken zu liefern, der über 40 Pfund wiegen musste.

Mehrere Jahre, nachdem dieses Essen abgelöst war, wurde einmal unter den Delmschen Eichen ein

Schützenfest gefeiert.

Das Bürgerrecht in der Gemeinde Delm vererbt sich vom Vater auf den Sohn bezw. den Schwiegersohn.

Es liegt in der Familie und kann nicht durch Kauf von Land in Delm oder einer Hofstelle in den oben

genannten Ortschaften, deren früherer Besitzer Bürger war, erworben werden. Wird nun ein neuer Bürger

aufgenommen, so wird ihm ein mit einem Kranze von Immergrün geschmückter Teller, auf dem ein Glas

Bier steht, überreicht. Der Gemeindevorsteher nimmt ihn mit den Worten: „Preost, Gesundheit der

ganzen Delmschen Gemeine un usen nieen Bürger eok", in die Gemeinde auf. Darauf erhebt auch das

neue Mitglied sein Glas und sagt: „Preost, Gesundheit der ganzen Delmschen Gemeine un mek as nieen

Bürger eok". Bei einer solchen Aufnahme tranken in früheren Jahren sämtliche anwesende Bürger aus

einem Glase. Leider hat sich diese schöne Sitte, die doch als Zeichen der Zusammengehörigkeit anzusehen

war, nicht mehr in der neuen Zeit erhalten.

Es ist noch zu erwähnen, dass die Gemeindeversammlungen, in denen über die Unterhaltung der Wege

und Gräben gesprochen wird, nur in der Feldmark an Ort und Stelle abgehalten werden. Die erwähnten

Generalversammlungen haben hauptsächlich Rechnungslegung und Wahlen zum Verhandlungsgegenstand.

Sie schliessen heute noch mit einem gemeinsamen Vesper ab. 1928 war Gemeindevorsteher

Herr Heinrich Ebeling aus Ingeln.

Das Dorf Delm wird erwähnt im Urkundenbuche der Herzöge v. Braunschweig u. Lüneburg Bd.VI Urkunde

Nr. IO9: Lehensregister des Bischofs v. Minden 1385 - 97. Darin heisst es:

Bertolt Rembortus in dem Stifte von Hildensem I hone tho Iglem unde eyne worth (ländliche Wohn- u.

Hofstätte) tho Dellen unde eyne Costede tho oslenesen (Oesse]se)......

Die Hildesheimer Stiftsfehde von 1519 - 1523 zwischen Bischof Johann IV. von Hildesheim u. Herzog

Heinrich v. Lüneburg einerseits und den Adeligen des Stiftes und den mit ihnen verbündeten Herzögen

Erich von Calenberg und Heinrich dem Jüngeren anderseits ist dem Hildesheimer Stift sehr verderblich

gewesen. Städte und Dörfer wurden zerstört - allein zwischen Pattensen und Sarstedt sollen 4 oder 5

Dörfer zugrunde gegangen sein. Die fruchtbaren schönen Auen wurden in Wüsteneien verwandelt.

Wieviel unser Dorf darunter zu leiden gehabt hat, ist in Vergessenheit geraten. Im Frieden zu Quedlinburg

fiel das sogen. grosse Stift, bestehend aus den Ämtern: Ruthe, Gronau, Winzenburg, Woldenberg,

Seinbrück, Poppenburg, Bilderlahe, Vienenburg und Schladen teils an Calenberg, teils an Braunschweig.

Amt Ruthe mit unserm Dorfe fiel an Calenberg, und erst nach 120jähriger Trennung 1643 kam es wieder

an Hildesheim.

Von den Delmer Eichen, ursprünglich 5 an Zahl, stehen heute nur noch 3. Eine ist eingegangen. Eine zweite

wurde bei einer Fliegerübung mit Abwehr mutwillig zerstört. Der Platz, auf dem die Eichen stehen, ist auf

Veranlassung des früheren Gemeindevorstehers der Delmer Gemeinde, Heinrich Ebeling, Ingeln, mit einer

lebenden Hecke umgeben. Einige junge Eichen sind wieder angepflanzt. Auf dem Platze liegen mehrere

Findlinge, die mit grosser Mühe herangeschafft wurden. Einer davon ist ebenfalls bei oben erwähnter

Übung gesprengt worden. Dieser Ort war ein Lieblingsplatz des H. Ebeling, dessen Ländereien

vorzugsweise auch in Delm lagen.

Heute führt die Gemeinde Ingeln die Delmer Eichen als Wappen im Gemeindesiegel. Die Delmer Eichen

sind unter Naturschutz gestellt.

18


19


20


S

Aus der Zeit der Reformation.

o genau wir über die Einführung der Reformation in den Städten unterrichtet sind, so wenig wissen

wir davon, wann und wie unser Dorf lutherisch geworden ist. Soviel ist sicher, aus den Städten fand

Luthers Lehre den Weg in unsere Landgemeinden. Allgemein wurde die Reformation im Calenbergerlande,

wozu Amt Ruthe, bis zum Tode Erichs des Jüngeren ja durch den Qedlinburger Frieden gehörte,

durch die Herzogin Elisabeth als Vormunderin ihres unmündigen Sohnes Erich II. unter dem Beistande des

Anton Corvinus durchgeführt. 1542 bestellte sie eine Visitation sämtlicher Pfarren und Schulen ihres

Landes zwecks Durchführung der Reformation. Anton Corvinus, 1541 zum Superintendenten von

Calenberg-Göttingen nach Pattensen berufen, hatte bei dieser Visitation die Oberleitung. Beigeordnete

waren 4 Geistliche und 7 Weltliche.

Am 7. April 1543 wurde in Pattensen für die zu Lühnde gehörenden Gemeinden, am 10. April in Sarstedt

für die dorthin gehörenden Gemeinden - dazu auch Oesselse-Ingeln - verhandelt.

Die Visitatoren sollten nach ihrer Instruktion die Pfarrherrn, Bürgermeister, Rat, Alterleute, auch etwaige

Edelleute der betr. Gemeinde zu sich fordern. Das göttliche Wort sollte bei jedem gefordert und gepflegt

werden, die Pfarrherrn examiniert, die Predigtstühle bestellt, die Gotteskasten aufgerichtet, die Diakonen

erwählt und bestätigt werden. Sie sollten fleissig erkundigen, wie sich die Pastores bisher in das Predigen

und die Kirchenordnung (erschienen 1542) gefunden haben. Die Einkünfte der Pfarren sollen genau

aufgeschrieben werden. Ehrliche, gottesfürchtige Männer sind zu Diakonen zu wählen. Sie sind jährlich

neu zu wählen. Sie haben alle Sonn- und Festtage mit einer Casselen in der Kirche unter der Predigt umher

zu gehen und armen Leuten Almosen einzusammeln.

Die verfallenen Schulen wurden aufgerichtet, wieder gebaut und bestellt. Die Besoldung der Lehrer wird

aus den Gotteskasten oder durch Deputate der Bürger für die Kinder gebessert.

Es ist bekannt, wie Erich II. nach seinem Regierungsantritt versucht hat, das Evangelium zu unterdrücken.

Da er ohne Erben starb, fiel sein Land 1584 an die braunschweigisch-wolfenbüttelsche Linie. In

Braunschweig war Herzog Julius II. ein ebenso eifriger Anhänger der Reformation, wie sein Vater Heinrich

der Jüngere ein fanatischer Gegner derselben war. Sein erstes Werk war die Einführung der Reformation

im ganzen Lande durch eine Generalvisitation und die Veröffentlichung einer Kirchenordnung. Diese

gelangte auch 1584 bei uns als calenbergische Kirchenordnung zur Einführung. Wiederum wurde eine

Kirchenvisitation vorgenommen. Über die Verhandlungen mit jeder Gemeinde wurden besondere

Protokolle aufgenommen. Sie sind noch vorhanden und neuerdings herausgegeben. Leider beschränken

sich ihre Angaben fast allein auf die äusseren Vermögensverhältnisse.

Auch über die Zeit der Gegenreformation und des 30-jährigen Krieges ist ausser einer kurzen Notiz im

Familienbuche der Pfarre „Johannes Dannenberg, introd. 28.1.1610, starb 24.12.1644 vor Schrecken über

die Kriegsbande" nichts überliefert. Wir können aber sicherlich annehmen, dass unsere niedersächsische

Heimat von den Schrecken und Verwüstungen nicht verschont geblieben ist, zumal in den Jahren 1625 -

1627, als Tillysche und Pappenheimsche Heerscharen auch unsere Gegend durchzogen.

21


Ü

Aus der Zeit 1864 – 1871.

ber die folgenden Ausführungen ist nur recht spärlich schriftliches Material erhalten. Was hier

ausgeführt ist, entstammt der mündlichen Überlieferung, teils der Söhne jener Personen bezw.

jüngerer Zeitgenossen.

Teilnehmer des Feldzuges 1864 ist keiner vorhanden gewesen. Conrad Prellberg, Ingeln Nr. 48, ist zwar

eingezogen gewesen und auch eingekleidet und ausgerüstet worden. Sein Regiment hat verladebereit auf

dem Bahnhof gestanden. Da ist in letzter Minute abgeblasen worden. Wie er den Seinen erzählt hat, sollte

damals das Regiment nach der Krim verladen werden. Prellberg diente s.Z. bei den Hann. Garde-Jägern.

Er hat 1866 und 1870 - 71 auch nicht mitgemacht, da er entlassen war und wohl nicht mehr ausgehoben

werden konnte.

Am Feldzuge 1866 hat der Schwiegervater von Herm. Prellberg, Christian Busche, teilgenommen und die

Schlacht bei Langensalza mitgemacht. Außer ihm war auch H. Lüders aus Ingeln ein Langensalzakämpfer.

1870 - 71 haben mehrere Einwohner von Ingeln unter den Waffen gestanden. Als Kriegsteilnehmer sind

zu nennen:

1. Christian Busche, Ingeln Nr. 34 beim Inf.Reg. 79.

2. Aug.Lüders, “ “ 21

3. Heinr. Fuhrberg, “ “ 2

4. Heinr. Stümpel, starb an den Folgen seiner Verwundung.

5. Konr. Kappenberg, Ingeln Nr. 7.

Zur Besatzungstruppe sind eingezogen gewesen:

1. Aug. Gast, Ingeln Nr. 33. V

2. Heinr. Rühmkorf, Ingeln Nr. 25.

3. Heinr. Thiemann, “ “ 9.

Die Besatzungstruppen, soweit sie gebürtige Hannoveraner waren, hatten es in Frankreich sehr gut. Nur

die Preußen taugten nichts. Infolgedessen gaben sich manche Preußen für Hannoveraner aus, um es recht

gut im Quartier zu haben.

Als dann der Krieg beendet war, fanden überall im Reich Friedensfeiern statt. Daß auch in unserm Dorfe

eine solche geplant war geht aus einem Prot. vom 17.3.1871 hervor. Darin heißt es:

„Es wurde der Gemeinde die Besprechungen über die Friedensfeier vorgelegt und in Beratung genommen,

man stimmte allgemein für Anschaffung einer Fahne, übrigens blieb die Sache weiteren Besprechungen

vorbehalten.

Von diesen weiteren Besprechungen ist aber nirgends mehr etwas zu finden. Wahrscheinlich haben sie

gar nicht stattgefunden. Denn in jener Zeit war die Einwohnerschaft von Ingeln noch streng welfisch. Es

gab nur zwei Preußen im Dorf: Aug. Lüders und H. Schwarze.

Die Schulkinder haben jedoch aus sich heraus einen Fackelzug durchs Dorf gemacht. Am Kapellenbrink

wurde gehalten und der alte Vater Lüders hat eine Ansprache gehalten. (Erzählt von Baumeister A. Block,

78 Jahre alt und Herm. Prellberg, 74 Jahre alt.)

Die Eiche, die auf dem freien Platze vor Osterwalds Hof steht, ist keine Friedenseiche. Sie ist 1897 zum

100-jährigen Geburtstage Kaiser Wilhelms I. gepflanzt.

N.B. Zum Feldzuqe 1866 muß noch mitgeteilt werden, daß an demselben noch ein Einwohner aus Ingeln

teilgenommen hat, der uns schriftliche Aufzeichungen über eine Teilnahme an diesem Feldzuge

hinterlassen hat. Es ist Heinrich Christian Thiemann aus Ingeln Nr. 9.

Die folgenden Ausführungen sind seinem kleinen Tagebuch wörtlich entnommen und nur orthographisch

berichtigt. Er schreibt:

"Heinrich Christian Thiemann aus Gödringen, geboren zu Hotteln den 21. September 1845. Als ich aus der

Schule war, da lernte ich die Schuhmacher-Profession bei meinem Vater. Dann war ich zu Haus, bis ich 17

22


Jahre alt war. Von da arbeitete ich in Oesselse bei dem alten Nolle. Dann ging ich nach Pattensen und

arbeitete ein Jahr bei Schuhmachermeister Pardei. Da mußte ich wieder ein halbes Jahr nach Haus

kommen. Dann ging ich nach Sarstedt und arbeitete ein halbes Jahr bei Schuhmachermeister Bähre. Am

6. Juni 1865 ging ich nach Hannover und arbeitete bis 1.April 1866 bei Schuhmachermeister Huplitz. Dann

mußte ich Soldat werden. Am 15.April 1866 machte ich von Haus weg nach Northeim. Ich ging zu Fuß bis

Nordstemmen mit Friedrich Hanne aus Gödringen. Dann fuhren wir nach Northeim. Ich schlief die Nacht

bei meinem Landsmann Heinr. Jasper aus Hotteln in seinem Quartier. Am 16. trat ich ein als Soldat. Weil

ich schon am 13. Januar 1866 bei der Losung in Ruthe für dienstfähig erkannt und die Nr. 315 kriegte, da

wußte ich schon, daß ich Soldat werden mußte. Am 17.April wurde ich der Garde in Hannover zugeteilt

und mußte am 18. dem König von Hannover die Treue schwören. Am 19.April kam ich nach Hannover und

wurde bei der 1. Komp. eingestellt. Mein Komp.-Chef hieß Hauptmann von Linsingen. Wir hatten bei der

Komp. noch den Premier-Leutnant von Büto und die Sek.-Leutnante von Gruben und von Malorti. Mein

Batl.-Kom. war Oberstleutnant von Landesberg, der Regiments-Kom. Oberstleutnant von Alten.

Am 14.Juni 5 Uhr nachm. kriegten wir die Nachricht, um 8 Uhr kriegsmarschmäßig auf dem Platze vor der

Kaserne oder auf dem Waterlooplatze zu stehen. Nun bekamen wir noch andere Gewehre, Brotbeutel

und Kantinen Patronen, alles neu. Die alten Sachen schmissen wir auf die Zeugkammer. Wir hatten nicht

so viel Zeit, um einen Brief nach Hause zu schreiben. Noch dazu mußte ich mein ganzes Schuhmachergerät

dalassen und kriegte nichts davon wieder zu sehen.

Unter vielen Hurras und unter Begleitung von vielen Bürgern marschierten wir vom Waterlooplatz über

den Schloßhof, die Burgstraße, Schillerstraße zum Ernst-August-Platz. Um 9 Uhr fuhr der Zug aus

Hannover ab. In der Nacht vom 15. auf den 16. kamen wir um 2 Uhr in Bovenden an und wurden da

einquartiert.

Am frühen Morgen marschierten wir nach Lenglern, eine Stunde von Bovenden. Hier blieben wir bis zum

20. Juni. Am Abend dieses Tages hatten wir um 10 Uhr noch Appell. Da sagte der Hauptmann: "Um 12 Uhr

steht die Komp. marschfertig auf dem Alarmplatz". Dieser war mitten in Lenglern bei dem Gasthaus zur

Krone. Wir gingen die Nacht nicht zu Bett. Unsere Wirtin kochte uns noch Kaffee und gab uns ein Frühstück

mit. Unser Wirt mußte mit seinen zwei Pferden auch mit und den Komp.-Wagen der 2. Komp. fahren. Wir

marschierten nach Holtensen, da kam das Bataillon zusammen. Nun marschierten wir rechts ab in das

Feld und trafen mit dem 2. Bat. und dem Jägerbat. zusammen. Wir ruhten wohl eine halbe Stunde und

marschierten darauf nach Göttingen weiter. Von da kamen wir nach Reinhausen. Hier mußten wir durch

einen Wald, da ging nur ein Weg durch und an beiden Seiten Berge.

Am 21., morgens um 10 Uhr, gingen wir über die Grenze in die preußische Provinz Sachsen, bis

Heiligenstadt. Hier kamen wir um 2 Uhr nachm. an, fast ganz ermüdet von dem Marsch, weil wir 14

Stunden marschiert hatten. Die Sonne schien recht warm. Wir durften kein Wasser trinken und hatten

kein Brot gegessen. Hier in Heiligenstadt wurden wir einquartiert mit 10 000 Mann. Am 22. rückten wir

um 4 Uhr aus und marschierten nach Mühlhausen. Hier kriegten wir Quartier und gegen Abend rückten

wir ins Biwak. In Mühlhausen wurden wir gut aufgenommen. Als wir unser Biwak bezogen hatten, kam

ein starkes Gewitter und unser ganzes Zeug wurde naß.

Am andern Morgen kamen wir nach Langensalza. Unsere Komp. blieb in Schönstedt eine Nacht. Erst am

andern Morgen, nach einem Marsch von einer Stunde, kamen wir durch Langensalza. Hier erfuhren wir

von einem Friedensangebot zwischen Hannover und Preußen. Wir mußten wieder zurück nach

Schönstedt und blieben da bis abends 8 Uhr. Dann marschierten wir die ganze Nacht durch und waren

morgens auf gothaischem Gebiet angekommen. Wir setzten unsern Marsch auf der Straße nach Eisenach

zu fort, dann machten wir kehrt und kamen zurück bis Zimmern. Hier blieben wir eine Nacht.

Am 26. marschierten wir zurück nach Schönstedt, Großgoltern, dann rechts ab von der Straße und nach

Nordhausen zu. Die Nacht bezogen wir Biwak. Am 27. früh wurden wir alarmiert, kamen bis Kirchheiligen

und hörten hier schießen mit Kanonen. Nach einer halben Stunde hatten wir das Dorf Marksleben

erreicht. Hier war an der Unstrut ein hartnäckiges Gefecht geliefert. Es dauerte von morgens 8 Uhr bis

nachm. 4 Uhr. Da waren die Preußen wieder zurückgeschlagen. Wir Hannoveraner behaupteten das

Schlachtfeld.

23


Am 28. haben wir weiter nichts gemacht. Wir hatten 180 Gefangene, 2 Kanonen, viele Zündnadelgewehre

und Munition. Wir hatten viele Tote und 4 Verwundete. In der Nacht vom 28. zum 29. Juni wurden die

Toten auf dem Kirchhof in Marksleben beerdigt, es waren 250 Mann.

Inzwischen waren 2 Armeekorps Preußen angerückt. Da waren wir zur Kapitulation gezwungen. Wir

setzten die Gewehre zusammen und kamen dann wieder in die Quartiere. Ich muß noch erwähnen, daß

wir am Abend des 27. jeder 3 Taler geschenkt bekamen für die Schlacht.

Wir marschierten dann nach Gotha. Hier mußten wir von Sonntagnachmittag bis Montagmorgen warten,

weil die Bahn nicht frei war. Es regnete die ganze Nacht. Dann fuhren wir über Neudietendorf, Erfurt,

Magdeburg, Braunschweig, Lehrte Zelle und kamen nach Bökerskampf ins Quartier. Hier kamen wir am

Dienstagmorgen 7 Uhr an. 19 Stunden hatten wir im Eisenbahnwagen sitzen müssen. Dann wurden wir

beurlaubt und gingen nach Hause. Ich fuhr von Zelle nach Hannover auf der Bahn. Ich blieb zu Hause bis

zum 10. Dezember 1866.

Nach seinen weiteren Aufzeichnungen ist Th. am 10. Dez. 1866 zum Dienst in der preuß. Armee

eingezogen zu den Gardefüsilieren nach Berlin. Über diese seine Dienstzeit erzählt Th. in seinen

Aufzeichnungen nichts. Es findet sich darin nur ein Register der Wachen, die er gestanden hat.

Am 10. Juni 1869 ist er zu einer weiteren Übung eingezogen.

Als der Krieg 1870/71 ausbrach, eilte auch Th. am 22.7.1870 wieder zu den Fahnen. Am eigentlichen

Feldzug scheint er nicht teilgenommen zu haben, da sich in seinen Niederschriften darüber nichts findet.

Nur die Notiz: "Am 23. Juni 1871 Feldzug in Frankreich" läßt darauf schließen, daß Th. zur

Besatzungstruppe nach Frankreich gekommen ist.

24


1. Kurze Vorgeschichte des Krieges.

D

Kriegschronik

1914 - 1918.

as Emporstreben unseres deutschen Volkes: der gewaltige Aufschwung der deutschen Industrie, das

Emporblühen des deutschen Handels, die Tüchtigkeit des deutschen Handwerks, war ein Dorn im

Auge unserer Feinde. Der Wohlstand unseres Vaterlandes erweckte in ihnen Neid, Groll und Hass.

Unablässig trachteten sie nach einer Gelegenheit, uns vom Weltmarkt zu verdrängen, unseren Wohlstand

zu vernichten.

Ja sie scheuten nicht davor zurück, noch andere Völker gegen uns und unsere Verbündeten aufzureizen.

So benutzten sie denn im Jahre 1914 die österreichisch-serbischen Auseinandersetzungen, um gegen uns

und unsere Verbündeten einen Krieg vom Zaune zu brechen.

Am 28.Juni 1914 werden der österreichisch-ungarische Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, und seine

Gemahlin durch serbische Verschwörer zu Sarajewo in Bosnien ermordet. Die Untersuchung ergibt die

Beteiligung hoher serbischer Offiziere und Staatsbeamten und die Förderung des Verbrechens durch

amtliche serbische Stellen.

Österreich-Ungarn stellt an Serbien am 23. Juli 1914 ein Ultimatum mit folgenden Forderungen:

Ehrliche Untersuchung des Verbrechens vom 28. Juni unter Teilnahme österreichischer Organe, strenge

Bestrafung aller Schuldigen, die Garantie, dass jede weitere gegen Österreich-Ungarn gerichtete Agitation

aufhöre.

Dieses Ultimatum wird von Serbien unbefriedigend beantwortet und in Serbien die allgemeine

Mobilisation angeordnet. Russland erklärt, bei der österreichischen Auseinandersetzung „nicht

indifferent“ bleiben zu können und trifft militärische Vorbereitungen gegen Österreich. Ja, es erklärt zwei

Tage später im Gebiet gegenüber der ostpreussischen Grenze den Kriegszustand.

Gleichzeitig wurden die französischen Manöver abgebrochen. Die Vermittlungsaktion unseres Kaisers mit

England und Russland zwecks Lokalisierung des Krieges und Erhaltung des europäischen Friedens scheitert

an dem Widerstande des Vierverbandes.

Die soeben kurz geschilderte Zuspitzung des europäischen Konfliktes hat sich in den Tagen vom 28.7. -

1.8.1914 ereignet.

2. Der Ausbruch des Krieges

I

nfolge der Mobilisation in Russland, Frankreich und Belgien wird in unserm Vaterland der Zustand des

drohenden Krieges verhängt. Wie ein Alp lag es auf der Seele unseres Volkes. Wie Gewitterschwüle

lagerte es über unserm Vaterlande. Überall herrschte eine gedrückte Stimmung. Erregt besprach man die

Vorgänge, die sich in Bosnien zugetragen hatten und war empört über das schändliche Verbrechen. Auch

in unserer Gemeinde konnte man dieses beklemmende Gefühl vor allem in den letzten Julitagen

verspüren. Wohin man kam, wo man sich traf, sprach man nur von den Ereignissen, die sich zwischen

Serbien und Österreich zugetragen hatten. Gespannt wartete man auf die Zeitung, die neue Nachrichten

über die Verhandlungen brachte. Man sehnte sich nach einem erlösenden Wort, das dieser Ungewissheit

ein Ende machte. – Und es kam!

Am 1. August 1914 erschien nachstehender Kaiserlicher Erlass:

„Ich bestimme hiermit:

Das deutsche Heer und die kaiserliche Marine sind nach Massgabe des Mobilmachungsplanes für das

deutsche Heer und die kaiserliche Marine kriegsbereit aufzustellen.

Der 2. August 1914 wird als erster Mobilmachungstag festgesetzt.

Berlin, den 1. August I9I4.

Wilhelm I. R.

von Bethmann Hollweg."

Damit war die Mobilmachung für das deutsche Reich ausgesprochen und das erlösende Wort gefallen.

Obiger Mobilmachungsbefehl wurde am Sonnabend, den 1. Aug. abends kurz nach 6 Uhr durch Anschlag

an verschiedenen Stellen, so bei Gastwirt Kappenberg (Ostfront des Gebäudes) und bei Hepke (Anschlag

25


am Schuppen) in hiesiger Gemeinde bekannt gemacht. Hierdurch war mit einem Schlage der

niederdrückenden Ungewissheit ein Ende bereitet. Der allgemeinen Beklemmung folgte eine grosse

Begeisterung, daß viele, die zu jung oder zu alt oder zu schwächlich für den Heeresdienst waren sich

schämten, aus dem Hause zu gehen. Entschlossenheit und Zuversicht beseelten das Volk, ein unbedingtes

Vertrauen auf den Sieg der guten Sache schloss alle zusammen.

Auch aus unserer Gemeinde mussten in den ersten Tagen der Mobilmachung eine Anzahl junger Leute zu

den Fahnen eilen und viele andere folgten. Eine Stunde nach Eintreffen des Mobilmachungsbefehles

nahm Herr Heinrich Hinze von uns Abschied. Er hatte sich als Unteroffizier d. R. beim Jägerbatl. Nr. 10,

sofort nach ausgesprochener Mobilmachung bei seinem Batl. zu stellen.

Alle weiteren Kriegsteilnehmer folgen in nachstehender Aufzeichnung:

1. Hinze, Heinrich, Oberjäger, eingezogen: 1.8.14, Jägerbatl. 10, ins Feld gekommen 4.8.14. Vormarsch

durch Belgien bis an die Marne, mit 12 Gefechten und Schlachten. Kämpfe in Flandern 1914:

Zandveorde 26.10. – 11.11.14. St. Yves 5.11. - 30.11.14. Warneton 1.12.14 – 20.5.15.

Kämpfe in Tirol: 29.5. - 14.10.15. Serbien: 29.10. – 1.12.15. Aufmarsch an der griechischen Grenze 2.12 -

3.3.16. Kämpfe dort vom 4.3.16 - 26.3.16. Frankreich: Verdun. Fort Vaux. Rumänien: Verfolgungskämpfe

bis Rimnikul. Italien: Isonzo. Flandern: Kemmel 1918.

Rückzugsgefechte in Serbien bis zum Waffenstillstand.

Verwundet: 8.6.16 bei Douaumont.

Beförderungen: 20.3.15 Vizefeldwebel, 9.12.15: Leutnant d.R. Als solcher Zug -und Kompagnieführer.

Seit Januar 18 Adjutant.

Auszeichnungen: E.K. II u. I. Öster. Militärverdienstkreuz 3. Kl. mit Abzeichen 2.Kl.

2. Wilke, Karl, Unteroffizier d.R. Eingezogen: 3.8.14 beim Artillerie-Regiment Nr. 10. Vormarsch durch

Belgien. An Typhus erkrankt. Versetzt zum Ballonabwehrkommando.

3. Borchers, Friedrich, Unteroffizier d. R. Eingezogen: 31.8.14 beim R.I.R.215, 12. Komp. Staden 19. -

20.10.14. Draibank 22. - 23.10.14. Langemark 30.10.14. Dort durch Kopfschuss verwundet. Verw.

Abzeichen. Am 9.6.15 widerruflich in den Schuldienst entlassen.

4. Hartmann, Heinrich, Luftschiffer.

5. Hartmann, Wilhelm, Ulan, aktiv, Ulanen-Reg. 14.

6. Meier, Hermann, Wehrmann, eingezogen: 6.8.14. R.I.R. Nr. 77. 4.Komp. Mit dem Regiment sofort

ausgerückt. 22.8. Sambre, 23. - 24.9.14 Namur, 29. - 30.8.14. St. Quentin 12.9. - 9.10.14 Reims 10.10.14 -

3.2.15 Aisne. 4.2. - 16.4. Argonnerwald.9.5. - 23.7.15 La Bassee. 24.6. - 26.11.16. Somme. 27.11.16 -

15.3.17. Stellungskämpfe an der Somme. 16.3. - 18.4.17 Kämpfe an der Siegfriedstellung. 9.4. - 20.5.17

Arras. 22.7. - 11.8. Sommerschlacht in Flandern. 15.9.17 - 23.2.18. in Flandern. 17. – 20.3. im Artois.

21.3. - 6.4.18 grosse Schlacht in Frankreich.

Beförderungen: 19.2.17: etatmässiger Gefreiter, 10.12.18 Unteroffizier.

Auszeichnungen: 12.4.17: E.K.2.

7. Gast, Friedrich, Masch.Maat. akt. 2. Werftdiv. Wilhelmshaven. S.M.S. Helgoland u. S.M.S. Cöln.

18.8.14 Seegefecht bei Helgoland. 15.1.15. Grosse Kreuzerschlacht an der Doggerbank. 31.5. – 1.6.16

Schlacht im Skagarak. 23.8.16. Angriff auf Riga.

Beförderungen: 1.9.17. Obermaat.

8. Thiemann, August, Nr.9. Landsturmmann, Artillerie. Eingezogen: 16.8.14. 4. Batt.Landsturm

Fussart.Batl. 10. A.K. Vom 27.12.16 - 19.1.17. Stellungskämpfe in Lothringen. 1.3. - 5.4.17 Stellungskämpfe

an der Aisne. 6.4. - 18.5.17 Doppelschlacht in der Champagne. 19.10. - 21.11.18 zur

Kriegsbesatzung auf Norderney.

9. Wesener, Wilhelm, Landsturmmann, Infantrie, I.F.R.79, 5.Komp. Ist nach Schluss des Krieges an den

Folgen seiner Verwundung gestorben.

10. Tietze, Rudolf, Kanonier. Eingezogen: 1.9.1915. Ins Feld gekommen am 30.10.15 zum R.Feldart.Reg.

70. Vom 31.1.15 – 3.6.17. Stellungskämpfe in den Pripetsümpfen. 12.12.17 - 8.1.18. Kämpfe zwischen

Maas und Mosel. 8.1. - 19.4.18. Kämpfe auf den Maashöhen bei Lamorville. 7.5. - 8.6.18. Kämpfe an d.

Avre und Noyo. 9. - 13.6.18 Schlacht bei Noyon. 18. - 25.7.18 Abwehrschlacht zwischen Soisson und

26


Reims. 8.8. - 3.9.18. Somme und Oise. 4.9. - 19.9.18 Kämpfe an der Siegfriedfront. 18.10.18

Rückzugskämpfe.

Beförderungen: 20.9.17: Gefreiter. 13.6.18: E.K.2.

11. Aue, August, Ldstm. 15.5.15 eingezogen. Rekr. dep. Ers.Batl. R.I.R. 77. Ins Feld gekommen am

3.10.15 zum R.I.R. 77, 6. Komp. Stellungskrieg in Flandern bis 7.3.16. 26.10.16 - 28.1.17. Stellungskämpfe

bei Jakobsstadt. 25.2. - 31.8.17: Stellungskämpfe und Schlacht bei Riga. 6.9. -

24.11.17: Stellungskämpfe an der Düna. 28.11.17 – 20.5.18: Stellungskämpfe in Lothringen. 25.5. –

13.6.18: Noyon. Aug. - Okt. 18. Champagne.

12. Meyer, Karl, Gefreiter, eingezogen zum Husaren-Reg. 17.

13. Kebel, Karl, aktiv, I.R. Nr.79, 8. Komp.

14. Heise, Karl, Jäger, eingezogen am 6.8.14. Ins Feld gekommen: 10.10.14 zum Jägerbatl. 25. 1914:

Rumbeke, Roulers, Mangelare, Langemark. 1915: Offensive bei Loos und La Bassee. 1916: Offensive in

den Karpathen. 1917: An der italienischen Front: Tolmein und Udine.

15. Hattenkerl, Hermann, Wehrmann. Eingezogen: 6.8.14 R.I.R. 77, 10. Komp. 23. - 24.8.14 Nanur.

27.8.14: St. Quentin. 6. - 9.9.14: Petit Morin. 12.9. - 9.10.14: Kämpfe bei Reims. 10.10. - 3.2.15: An der

Aisne 4.2. - 16.4.15: Argonnerwald. 19.5. - 23.7.15: La Bassêe. 24.7. - 24.9.15: Flandern. 25. - 1.10.15: La

Bassêe. 24.6. - 26.11.16: Somme. 27.11.16. - 15.3.17: Somme. Frühjahrsschlacht bei Arras 1917.

Sommer- und Herbstschlacht in Flandern 1917. 21.3. - 24.6.18: Grosse Schlacht in Frankreich. 21. -

29.8.18: Somme.

16. Grone, Heinrich, Ldstm. Eingezogen: 16.5.1915 beim Armierungsbtl. 99. Am 20.5.15 ins Feld

gekommen. Stellungskämpfe in den Pripetsümpfen.

17. Ledderbohm, Wehrmann, Ldw. I.R. 74.

18. Stange, Wilhelm, Kriegsfreiw. Rekt. Dep. 11.10.14 ins Feld gezogen mit R.I.R. 2I5, 12.Komp. Später

M.G.Komp. R.I.R. 84. Staden 19 - 20.1914. 14.12. - 22.10.15: Flandern. Stellungskämpfe bei Noyon.

Lorettohöhe. Somme. Langemark u. Ypern. Arras, Flandern, Kemmel.

Verwundet: 22.10.14. 1. Hand, 29.7.16: r. Untersch, 29.5.18: r. Knie.

Befördert: 17.6.17: Gefreiter, 29.5.18: Unteroff.

Auszeichnungen: E.K. II. und I. Hanseatenkreuz, Baltenkreuz, schwarzes Armeekreuz der eisernen Div.

19. Gast, Karl, Ldstm. Eingezogen am 16.5.15 beim Armierungsbatl. 99. Hat sich vom 20.5.15 - 20.9.15 im

Kriegsgebiet aufgehalten. Stellungskämpfe in den Pripetsümpfen. 2.12.17. – 11.12.18 im Kriegsgebiet

Pinsk.

20. Bartels, August, Gefr. R.I.R. 77.

21. Ebeling, Heinrich, Ddstm. Gefr. Magazin-Fuhrparkkol. 19.

22. Thiemann, Karl, Reserv. Artillerie.

25. Liehe, Heinrich, Kriegsfreiw. Jäger, eingezogen 3.9.14.beim Jägerbtl. 10. Ins Feld gekommen:

26.11.14. zum 22. R.Jägerbtl. Später: Jägerbtl. 6, Sturmbtl. 12. Lodz vom 26.11. – 14.12.14.

Stellungskämpfe an der Ravka: 15.12.14 - 3.5.15. Stellungskämpfe an der Donau: 14.5. - 18.7.15-

Gefechte in Galizien bei Lemberg, Sokal, Kowel, Rokitnosümpfe, Pinsk: 23.7. – 10.10.15 Stellungskämpfe

in den Argonnen bis 31.7.16. Galizien bis: 5.1.17. M.G.Schule Mikulice: 5.1.17 - 4.3.18. Gefechte bei St.

Quentin, La Fere, Rückzugsgefechte bis 10.11.18.

Verwundet: 1.6.16. An Typhus erkrankt: 10.10.15 - 20.1.16. Festungslaz. Warschau.

Beförderungen: 8.4.17: Gefreiten.

Auszeichnungen: E.K. II. am 25.12.17.

24. May, Heinrich, Ldstm. Eingez.: 15.6.1915, 3. Inf.Munitionskol. Ins Feld gekommen: 6.7.15. Schlacht

am Narew. Verfolgungsschlacht Ostrolenka-Narew, Sokolka-Narew. Schlacht bei Wilna. Stellungskämpfe

am Eylau-Bach. Stellungskämpfe im Elsass, in den Vogesen.

25. Michelius, Karl, Ldstm., eingez.: 14.6.15 Ers.Btl. I.R. 74. Ins Feld gekommen am 17.8.15:

Armierungsbatl. 86. 17.8. - 24.9.15 Stellungskämpfe im Artois. 25.9. - 3.10.15 Herbstschlacht bei La

Bassêe und Arras. 14.10.15 - 6.9.16: Stellungskämpfe im Artois. 7.9. - 26.11.16: Schlacht an der Somme.

Bis 15.3.17: Stellungskämpfe an der Somme. Bis 13.5.17 Stellungskämpfe in franz. Flandern.

26. Guggemos, Ludwig, Ldstm., eingez. 15.4.1915 beim Landsturmbtl. II in Hameln. Ins Feld gekommen:

9.10.15 Wachtkom. der Kriegsgefangenen im Westen, Ldstbtl. XX.

27


12.10.15 - 22.9.17: Stellungskämpfe in den Argonen. Bis 17.10.17 Abwehrschlacht vor Verdun. 30.10.18 -

4.11.18 Kämpfe in der Hundingsstellung. Ab 6.11.18: Rückzugsgefechte.

28. Blumenthal, Rudolf, Ldstm., eingezogen am 21.10.16 Ersatzabt. Feldart. 10. Ins Feld gekommen

23.12.16. R. Fussart. 20. 7.1. – 1.3.17 an der Somme. Bis 8.4.17 Siegfriedstellung. Bis 20.5.17 Arras. Bis

16.6.17 im Artois. Bis 19.8. in Flandern. Bis 13.9.17: Grenzschutz Holland. Bis 20.9.17: in Flandern. Bis

9.10.17: Grenzschutz Holland.

29. Blumenthal, Heinrich, Rekrut, eingez. am 1.8.16 Hann. Pionier-Ersatzbtl. 10. Ins Feld gekommen am

16.10.1916. Schlacht an der Somme, Stellungskampf an der Somme. Kämpfe an der Siegfriedfront.

Frühjahrsschlacht bei Arras. Sommerschlacht in Flandern. Herbstschlacht in Flandern. Grosse Schlacht in

Frankreich. Schlacht bei Bapaume. Kämpfe vor der Siegfriedstellung. Kämpfe an der Armentiersfront.

30. Stange, Wilhelm, Ldstm. Rek., eingezogen am 1.12.15 I. Ldst.Inf.Ausbildungsbtl. IV/33. Vom 6.6.16 -

24.4.17 Kämpfe zwischen Maas und Mosel. Bis 16.10.17: Stellungskämpfe in Lothringen, Priesterwald.

Bis 18.3.18: Stellungskämpfe in Oberelsass.

31. Thiemann, August, Ldstm., eingez. 15.5.15. Ldst. Ersatzbtl. 74., später zum Train 10. Ins Feld

gekommen am 1.2.16. Etappenfuhrp. Kol. 255. Vormarsch auf Verdun. Vormarsch in Rumänien. Juni

1916 Gefreiter, Sept. 18 Unteroff.

32. Behmann, Heinrioh, Wehrmann, eingez. 6.8.14. R.I.R.77. Vom 23. - 24.8.14 Namur. 29. – 30.8.14: St.

Quentin. 12. - 17.9.14: Kämpfe bei Reims. Seit 17.9.14 krank. 8. - 23.4.18: Somme. 9. -13.6.18: Schlacht

bei Noyon. 20.6. - 20.7.18: Lothringen. 31.7. - 6.8.18: Reims. 4.9. - 6.10.18: Siegfriedstellung. Bis

17.12.18. Rückzugskämpfe.

33. Block, Karl, eingezogen am 21.6.18. Nachrichtenersatzabt. 10. Ins Feld gekommen im August 18 zur

Div.Fernsprecherabt. 414. 0kt. 18 Rückzugsgefechte über Sedan.

34. Koss, August, Kriegsfreiwilliger 1.6.15 Fussartillerie Reg. 13. Ins Feld gekommen: 1.3.16. Schlachten

des Fussart.Reg. 10/24 im Westen. Verwundet am 7.10.16 in der Schlacht vor Verdun. Höhe 344. E.K. II.

35. Hinze, Arnold, Kriegsfreiwilliger.

36. Stümpel, Heinrich, aktiv, Marine, seit 1.6.16: Deckoff. Ab 26.7.14 auf Helgoland. Sommer 15

Deckoff.-Schule. Skagarakschlacht S.M.S. Kaiserin. 5 Luftangriffe auf England. Aufklärungs- und

Sicherheitsfahrten in der Nordsee. Bei der Verabschiedung zum Leutnant z. See a.D. E.K. II und I.

Oldenburger Friedrich August Kreuz II. Kl.

37. Heise, Heinrich, eingez. 10.5116 beim Inf.Reg. 79. Ins Feld gekommen 22.7.16.zum Inf.Reg. 163. 14.8.

- 23.8.16: Schlacht an der Somme. Bis 28.9.16: Stellungskämpfe in franz. Flandern. Bis 14.10.16: Schlacht

an der Somme. Bis 30.3.17: Stellungskämpfe an der Yser. Bis 1.4.17: Kämpfe an der Siegfriedfront. Ab

2.4.17 Frühjahrsschlacht bei Arras.

38. Behmann, August, eingez. 16.10.15 beim Füsilier-Reg. 73. Ins Feld gekommen: 22.8.1916 zur

M.G.Komp. R.I.R. 232. Kowel, Stochod, Cambrai, Siegfriedstellung, Somme, Arras und Albert, Ancre-

Somme, Schlacht an der Römerstrasse, Maas und Mosel, Argonnen, Rückzugskämpfe.

Gefreiter, E.K. II.

39. Block, Adolf, eingez. 17.9.16. zum Fussart.Reg.13. Ins Feld gekommen am 7.1.1917 Landwehr.

Fussart.Btl. 44. 18.2. - 27.7.17 Stellungskrieg am Putna und Sereth. Bis 5.8.17: ebendaselbst. 6.8.17

Erstürmung des Negrawaldes u. des Dorfes Cinslea. Bis 3.9.17 Durchbruchsschacht am Putna. Bis

24.4.18: in Rumänien. 25.5. - 18.8.18 Stellungskämpfe an der Lys. Bis 2.10.18 – Armentières, Lens. Bis

3.11.18 Schelde. 19.4.18: Gefreiter, 3.7.18: Obergefreiter.

40. Plinke, Hermann, eingez. 4.8.14. Mag.Fuhrp.Kol. 14, X. Armeek. 18.6. - 28.10.14 (?) Aisne. 21.2. -

16.10.16: Verdun. 9.11. – 11.12.16 und 29.12.16 - 29.3.17: Argonnerwa1d. 22.4.16: Gefreiter.

E.K. II. Am 16.8.17: zur Arbeit entlassen.

41. Hepke, Heinrich, Ldstm, eingez. 12.4.17 zum 1. Ldst.Inf.Btl. 0ldenburg X.2. Ins Feld gekommen am

8.7.17: Landwehr-Fussart.Btl. 29, Norderney.

42. Rühmkorf, Wilhelm, eingez. 8.1.17: Königin Elisabeth Garde-Gren.Reg. 3. Ins Feld gekommen

26.2.17. Doppelschlacht am Winterberge. Am 17.4.17 verwundet durch Granatsplitter am L. Oberarm

und Schulter. E.K. II.

43. Crone, Karl, eingez. Am 25.5.18 beim 4. Feldart.Reg. Ins Feld gekommen am 7.8.18. Feldrekrutendep.

28


44. Wehrhahn, Wilhelm, Ldstm., eingez. 1.9.15 beim Landwehr-Inf.Reg. 74. Ins Feld gekommen: 1.11.16

zum Landwehr-Inf.Reg 46. Vom 6.11.16 - 29.8.17: Stellungskämpfe a.d. oberen Tschara. 26.3.17: Angriff

bei Labasy-Darcivo im Mittelwalde. Als herzkrank entlassen.

4. Liebestätigkeit.

U

nmittelbar nach der Kriegserklärung hat im ganzen Deutschen Reiche eine Opfertätigkeit eingesetzt,

die ihresgleichen nicht in der Welt haben dürfte. Staat, Stadt und Dorf, Partei und Privatmann, Reich

und Arm - alles wetteiferte, die Not in der Heimat und im Felde zu steuern und vor allem die Angehörigen

der deutschen Heeresmacht sicherzustellen.

Diese freiwillige Liebestätigkeit fand auch in unserer Gemeinde weitherziges Verständnis. Gleich in den

ersten Wochen wurde eine Geldsammlung zu Gunsten des Roten Kreuzes veranstaltet. Fräulein Olga

Wolter und Fräulein Emmi Hinze hatten sich in den Dienst dieses Liebeswerkes gestellt. Sie konnten am

Schluss der Sammlung den erfreulichen Betrag von 700 Rm dem Roten Kreuz überweisen. Dienstmädchen

gaben ihre Ersparnisse hin und mancher einfache Bürger opferte verhältnismässig mehr als ein

schwerreicher.

Überall regten sich fleissige Hände, um unsern Truppen den schweren Kampf so leicht wie möglich zu

machen. Noch jetzt nachdem bereits 1 1/2 Jahre seit Beginn des gewaltigen Ringens verflossen sind,

zeugen die täglich bei unserer Posthilfsstelle noch in grosser Zahl einlaufenden Liebesgabenpakete,

welche Opferfreudigkeit auch in unsere Gemeinde herrscht. Eine im Dezember 1915 aufgestellte Statistik

über die in unserer Gemeinde ins Feld oder in die Lazarette bezw. dem Roten Kreuz übersandten

Liebesgaben, sei es in barem Geld oder in natura, hat den ansehnlichen Ertrag von M 5000.- ergeben.

Vielfach wurden auch Liebesgaben von Haus zu Haus gesammelt. Das geschah in unserer Gemeinde

hauptsächlich dann, wenn es galt, den Lazaretten zukommen zu lassen. So wurden gleich zu Anfang des

Krieges in den verschiedensten Haushaltungen alle auf dem Garten vorhandenen entbehrlichen Früchte

eingekocht. Diese sollten dem in Sarstedt ins Leben zu rufenden Lazarett überwiesen werden. Da letzteres

aber gar nicht eröffnet ist, wurden die eingekochten Sachen dem Lazarett in Hildesheim übersandt. Auch

jetzt werden noch allmonatlich die von Herrn Gemeindevorsteher Wolters in Empfang genommenen

eingekochten Sachen an das Lazarett in Hildesheim abgegeben.

An einzelnen Tagen wurden auch bestimmte Artikel, z.B. Wollsachen in allen Häusern abgeholt.

Namentlich fand in der Zeit vom 17. - 24.1.15 in ganz Deutschland eine ,,Reichswollwoche" statt. Der

Zweck dieser „Reichswollwoche" bestand darin, für die im Felde stehenden Truppen die in den Familien

noch vorhandenen überflüssigen Sachen und getragenen Kleidungsstücke zu sammeln. Es wurden nicht

nur wollene, sondern auch baumwollene Sachen, sowie Tuche eingesammelt, um daraus namentlich

Überziehwesten, Unterjacken, Beinkleider vor allem aber Decken anzufertigen. Alle Ecken und Winkel,

alte Laden und Schränke wurden ausgekramt. Zu Bergen türmten sich die Sachen auch in unserer

Gemeinde.

Zu den Kriegsweihnachten haben Gemeinde, Kriegerverein und Schule es sich nicht nehmen lassen,

unseren Gemeindegliedern im Felde wie auch in den Lazaretten eine Weihnachtsfreude zu bereiten.

Neben warmen Wollsachen, die Weihnachten 1914 geschenkt wurden, sorgten Kriegerverein und Schule

dafür, dass es auch an Zigarren, Schokolade und anderen Genussmitteln nicht mangelte. Eine wahre

Freude war es, zu sehen, mit welcher Begeisterung unsere Schulkinder bei der Arbeit waren. In wenigen

Tagen war das Geld für die von der Schule ins Feld zu schickenden Pakete gesammelt. Da hiess es nun, die

Liebesgaben besorgen, Packmaterial heranzuschaffen und die Begleitbriefe zu schreiben. War alles bereit,

so ging es ans Packen. Eifrig regten sich die kleinen Hände. Die einen banden die schwarz-weiss-rote

Schleife um das Tannenreis, das als Weihnachtsgruss jedem Pakete beigelegt wurde, andere packten die

Schachteln, wieder andere schnürten sie zu und in gar kurzer Zeit war die Arbeit erledigt. – Welche Freude

gerade die von der Schule ins Feld gesandten Weihnachtspakete mit ihren Begleitbriefen erweckt haben,

davon zeugen die zahlreichen Dankkarten, die aus dem Felde einliefen.

29


5. Das Wirtschaftsleben

I

n der ersten Zeit des Krieges kam es den weiteren Kreisen des Volkes kaum zum Bewusstsein, dass für

Deutschland eine besondere Gefahr aus einem Mangel an Lebens- und Futtermitteln entstehen könnte.

Durch das Eingreifen Englands in den Krieg wurde eine solche Gefahr tatsächlich heraufbeschworen, weil

das heimtückische Albion es besonders darauf abgesehen hatte, durch das Abschneiden der Zufuhr nach

Deutschland die Zivilbevölkerung auszuhungern. Um diesen Plan zu vereiteln, mussten die deutschen

Behörden eine Reihe von Massregeln ergreifen, die anfänglich ziemlich milde waren, dann aber bald eher

einschneidend gestaltet wurden.

In Deutschland, dessen Einwohnerzahl ungefähr 70 Mill. erreicht hatte, ist die Getreideerzeugung hinter

dem Verbrauch zurückgeblieben. Deutschland liefert überwiegend Roggen, in guten Jahren erzeugt es

sogar einen erheblichen Überschuss an solchem, während es etwas über 2/3 des Weizenbedarfs im

eigenen Lande erzeugt. Die deutsche Weizenernte erreicht im Durchschnitt nur für etwa 8 Monate. An

Weizen fehlen etwa 2 Mill., an Gerste etwa 5 Mill. Tonnen, während der Bedarf an Hafer und Kartoffeln

gedeckt wird.

Aus dieser Sachlage ergab sich nunmehr in der Kriegszeit die Notwendigkeit, in der Volksernährung und

in der Viehfütterung eine gewisse Sparsamkeit durchzuführen. Es war von vornherein klar, dass man nur

dann auch bei längerer Dauer des Krieges mit dem Brotgetreide ausreichen würde, wenn

1. jede Verwendung zu gewerblichen und Verfütterungszwecken unterbleibt,

2. der Weizen teilweise durch Roggen, Gerste, Kartoffeln ersetzt wird,

3. eine möglichst sparsame Verwendung durch höchstmögliche Mehlausbeute bei der Vermahlung

stattfindet.

Es zeigte sich aber bald, dass diese Massnahmen nicht hinreichten, so dass die Regierung zur

Beschlagnahme der vorhandenen Bestände schreiten musste. Das geschah durch Verordnung vom 25.

Jan. 15 über die Regelung des Verkehrs mit Brotgetreide und Mehl, die mit dem 1. Febr. 15 in Kraft trat.

Zu der bereits gegründeten Kriegsgetreide-Gesellschaft in Berlin, kam als Ergänzung die

Reichsverteilungsstelle hinzu. Sie hatte dafür zu sorgen, dass die beschlagnahmten Vorräte über das ganze

Reich so verteilt wurden, dass die Versorgung mit Mehl bis zur neuen Ernte gleichmässig gesichert war.

So kam es dann zur Einführung der Brot- und Mehlmarken der dann später eine ganze Reihe anderer

Marken folgten, so für: Zucker, Fett, Seife, Seifenpulver, Brennspiritus, Bezugsscheine für Kleidung und

Wäsche u.s.w.

Auch Kartoffeln und Futtermittel wurden später beschlagnahmt und rationiert. Durch diese Massnahmen

ist es dann auch gelungen, die drohende Gefahr einer Hungersnot von unserm Volke abzuwenden und

den furchtbaren Plan der Engländer uns auszuhungern, zu Schanden zu machen. Allerdings ist die Not in

mancher Goßstadt schlimm gewesen. Es hätte auch in diesen Städten manche Not mehr gelindert werden

können, hätte man auf dem platten Lande noch mehr versucht mit dem auszukommen, was zugeteilt war.

Wir auf dem Lande können wahrlich noch von keiner Not reden. Es ist ja viel geschehen, die Not in den

Städten zu lindern. Auch das Land hat dazu beigetragen. Ich brauche nur daran zu erinnern, wie in diesem

Jahre (1917) viele tausende von Stadtkindern auf das Land hinauszogen, um sich zu erholen. Auch in

unserm Dorfe fanden 18 Kinder aus Hildesheim Unterkunft. Ein ganzes Vierteljahr sind sie von unseren

Bauern unentgeltlich bewirtet und beherbergt. Ja viele von ihnen durften in den Herbstferien wieder zu

ihren Gastgebern zurückkehren.

Folgende Kinder waren hier untergebracht:

1. Wilh. Bayer, Hildesh. bei Grone, Landw. vom: 9.5. - 14.8.17.

2. Gert. Korph, Hildeh. bei Wilke, Vollm. vom: 9.5. - 14.8.17.

3. Hertha Westphal, Hildesh. “ Thiemann, 19. “ “ “

4. Eliese Brothage, “ “ Crone, H. “ “ “

5. Marie Nolte, “ “ Thiemann, 9. “ “ “

6. Thea Schier, “ “ Ebeling, H. “ “ “

7. Henny Lerke, “ “ Kappenberg, W. “ “ “

30


8. Emmy Schöpke, “ “ Kappenberg, A. “ “ “

9. Klara Dröge, “ “ Prüsse, H. “ “ “

10. Helene Dröge, “ “ Hinze, O. “ “ “

11. Martha Trautmann, “ “ Witwe Ruhkopf “ “ “

12. Helene Bulle, “ “ Wolters E. “ “ “

13. Erika Rösner, “ “ Osterwald, H. “ “ “

14. Alice Rösner, “ “ Schwarze, H. “ “ “

15. Dora Dehnenkamp, “ “ Hinze, H. “ “ “

16. Elis. Dehnankamp, “ “ Hinze, H. “ “ “

17. Adelbert Blume, “ “ Osterwald, H., “ “ “

“ “ “ “ Ebeling, H. “ 15.8. - 21.10.17

18. Herm. Mazijewsky, „ “ Hepke, H. “ 9.5. - 14.8.17.

Ferner brauche ich nur zu erinnern an die vielen freiwilligen Gaben, die die Landbevölkerung geleistet hat,

als vom Frühjahr durch den Sommer und Herbst hindurch ungezählte Scharen aus den Städten sich über

das Land ergossen. Eier, Brot, Kartoffeln, Obst, Gemüse waren begehrenswerte Dinge für den Städter. Der

Landbewohner hat davon gegeben, soviel er abstehen konnte.

Bei Erklärung der Mobilmachung trat natürlich eine Stockung im wirtschaftlichen Leben ein. Der

inländische Verkehr beschränkte sich auf die riesigen Militärtransporte. Die Ausfuhr von

Industrieerzeugnissen hörte auf, ebenso die Einfuhr von Rohmaterialien. Ausser der Eisenbahn waren

auch Post, Telegraph und Fernsprecher gesperrt. Die öffentlichen Arbeiten wurden eingestellt, und auch

in vielen privaten Betrieben kamen Unterbrechungen vor.

Dazu stand die reife Ernte auf dem Felde. Hier trat zuerst dem Volke die Notwendigkeit vor die Augen,

auch inmitten der Unruhen der Mobilmachung die wirtschaftlichen Pflichten nicht zu vergessen. Die erste

Hauptsorge war denn auch die rasche Einbringung der Ernte. Willig legten die Handwerker ihre

Werkzeuge nieder und eilten hinaus aufs Feld, um zu helfen. Die älteren Schulkinder mussten noch mehr

als sonst Hand mit anlegen, die Ernte zu bergen.

Im zweiten und den folgenden Kriegserntejahren war dem Mangel an Arbeitskräften schon mehr

gesteuert. In entgegenkommender Weise hat der Kriegsminister zur Frühjahrsbestellung und Ernte

unbedingt nötige Besitzer auf kurze Zeit beurlaubt. Ausserdem standen für landwirtschaftliche Arbeiten

Kriegsgefangene in grosser Zahl zur Verfügung. So war auch in unserer Gemeinde im Sommer 1915 und

1916 ein Gefangenenlager eingerichtet. Auf dem Saale der Kappenbergschen Gastwirtschaft waren die

Gefangenen unter Aufsicht eines Landsturmmannes untergebracht. Im Sommer 1915 waren es russische

Kriegsgefangene, die den Landwirten zugeteilt waren. Allgemein ist viel Klage über dieselben geführt, da

sie oft keine Lust zur Arbeit hatten und sehr unreinlich waren. Im folgenden Sommer kamen

kriegsgefangene Franzosen, die nach Aussage vieler Landwirte sich bedeutend anstelliger und fleissiger

erwiesen. Im Herbst 1916 wurde das Gefangenenlager aufgelöst. Die Gefangenen wurden auf den Höfen,

denen sie zur Arbeit zugeteilt waren, untergebracht.

Ungewöhnlich umfangreiche Aufgaben traten naturgemäss an die Gemeindeverwaltungen heran. An der

Spitze unserer Gemeinde stand Gemeindevorsteher Wolters. Bis zu den kleinsten Landgemeinden

mussten alle Verwaltungen sich in den Dienst des Staates stellen und den neuen Anforderungen

entsprechen.

Zu den Aufgaben der Gemeindeverwaltungen gehören: Die Feststellung und Benachrichtigung der

Wehrpflichtigen, die Hilfeleistung bei der Ausmusterung, die Gestellung von Pferden, Wagen, Automobilen,

die Hilfeleistung bei deren Ausmusterung, die Vermittelung und der Ankauf von Waren,

insbesondere Nahrungsmittel, die Gestellung und Vermittelung von Arbeitskräften. Die weiteren

Leistungen beziehen sich auf die Unterstützung von Kriegerfamilien, die Versorgung der Gemeinde mit

Lebensmitteln u.s.w.

Bei all diesen Arbeiten stand dem Vorsteher der Beigeordnete Otto Hinze helfend zur Seite. Ihm lag vor

allem die regelrechte Verteilung der Brot- und Mehlmarken, sowie der Fleisch- und sonstigen

Lebensmittelmarken ob.

31


6. Der Haushalt

I

n der Kriegszeit hat der Haushalt in vielen Familien insofern eine Änderung erfahren, als weniger

Geldmittel zu Gebote standen, die Lebensmittel aber teurer waren und vielfach sehr knapp wurden.

Was vorerst die Einnahmen betrifft, so waren viele Familien ganz oder teilweise auf die Unterstützung

angewiesen, die sie vom Reiche und von der Gemeinde erhielten. Viele Soldaten schickten aber auch ihre

Löhnung nach Hause. In unserer Gemeinde lagen die Verhältnisse insofern anders, als die Frauen ihrer

Beschäftigung weiter nachgehen konnten. Als Tagelöhner halfen sie bei den landschaftlichen Arbeiten

und konnten so weiter verdienen. Auch die älteren Kinder konnten mithelfen oder ihre jüngeren

Geschwister beaufsichtigen. Unter Nahrungssorgen brauchten diese Familien weniger zu leiden, da die

ganze Familie vom Arbeitgeber versorgt wurde wie in Friedenszeiten.

Der Krieg schlägt tausend Wunden, aber mit tausend milden Händen ist die Liebe bemüht, die Wunden

zu heilen und die Schmerzen zu lindern. Wieviel wird zunächst getan für die Angehörigen, denen Briefe

und Gaben geschickt werden. Dazu kommt die allgemeine Liebestätigkeit, die über den Nächsten

hinausgreift und überall zu helfen sucht wo Hilfe nottut. Jetzt wo die Frau in Abwesenheit ihres Mannes

Vater und Mutter, Erzieherin und Hausfrau in einer Person sein muss, hat sie bei ihrem Einfluss auf die

heranwachsende Jugend auch eine gesteigerte Verantwortung in den Erziehungspflichten. Und es war

keineswegs leicht, diesen immer zu genügen. Zudem mussten die Frauen unserer Gemeinde die Arbeiten

ihrer Männer übernehmen. Aber voll Mut und Ausdauer haben sie das alles auf sich genommen und so

mitgeholfen, den Plan unserer Feinde, uns auszuhungern, zu vereiteln.

7. Die Jugend in der Kriegszeit

S

o wie in den Freiheitskriegen tausende junger Männer freiwillig zu den Waffen eilten, so meldeten

sich auch jetzt viele junge Leute, um die Grenzen des Vaterlandes zu verteidigen. Mit grosser

Begeisterung eilte namentlich auch die studierende Jugend zu den Fahnen, nachdem viele von ihnen noch

in den letzten Tagen eine Notprüfung bestanden hatten.

Auch aus unserer Gemeinde zogen Kriegsfreiwillige hinaus, um dem Vaterlande in seiner grossen Not zu

dienen. Als einer der ersten eilte der Dienstknecht Wilhelm Stange, der damals auf Liehens Hofe diente,

zu den Fahnen. Er wurde sofort angenommen und im Rekruten-Dep. des Inf.Reg. 79 in Hildesheim

ausgebildet. Nach 6 wöchentlicher Ausbildung kam er zu dem 3.Btl. des H.I.R. 215 und hat in der 12.Komp.

dieses Regimentes mit dem Schreiber dieser Zeilen die Oktoberkämpfe in Flandern mitgemacht.

Kurze Zeit nach ihm zog der Dienstknecht W. Schreiber vom Hofe Otto Hinze als kriegsfreiwilliger Jäger zu

Pferde hinaus.

Auch Herr Arnold Hinze, der sich bei Ausbruch des Krieges als Student in Göttingen aufhieIt, unterbrach

seine Studien, um zunächst die Stelle seines älteren Bruders auf dem elterlichen Hofe zu vertreten.

Nachdem dann aber die Ernte geborgen war, eilte auch er als Kriegsfreiwilliger zu den Waffen.

Die Schuljugend unserer Gemeinde zeigte gleichfalls eine grosse Begeisterung. Zwar konnte sie ja nicht

mit hinaus ziehen, um Gut und Blut für das Vaterland zu opfern, desto rühriger aber zeigte sie sich im

Kriegshilfsdienste.

Mehr als sonst wurde die Schuljugend infolge der geringen Arbeitskräfte zur Feldarbeit herangezogen.

Daneben hat gerade die Schuljugend durch ihren unermüdlichen Sammeleifer die verschiedensten

Sammlungen durchführen helfen.

Da galt es Brennnesseln zu sammeln zur Gewinnung der Nesselfaser. Zunächst wurden im Dorfe alle Plätze

aufgesucht, wo diese Pflanzen zu finden waren. Manche Turnstunde sind unsere Jungen mit kleinen

Handwagen hinausgefahren und haben die Nesseln zusammengeholt, während die Mädchen, nachdem

die Pflanzen trocken waren, die Blätter von denselben streiften. Als im Dorf und dessen nächster

Umgebung keine Nesseln mehr zu finden waren, ging es zum Bröhn und den Ellern, wo wir einen grossen

Bestand an Brennesseln antrafen, die der Gemeindediener Wiechers abmähte, während die Kinder

dieselben zusammentrugen und zu grösseren Bündeln banden. Am Abend konnte ein tüchtiges Fuder

heimgefahren werden.

Bei allen Sammlungen haben sich die Kinder durch regen Eifer ausgezeichnet.

32


Folgende Sammlungen wurden durchgeführt:

1. Eisen ………………………………………….15,4O Ctr.

2. Blech …………………………………………...3,00 “

3. Brennessel, grün ………………………..15,00 “

4. Laubheu, grün ………………………….500,35 “ 115,35 trocken

5. Obstkerne, trocken ………………………2,5O “

6. Eicheln, trocken …………………………..2,25 “

7. Bucheckern, trocken ……………………2,9O “

8. Mollerbrot, trocken …………………….1,43 “

Im Handarbeitsunterricht haben unsere Mädchen Strümpfe für die Soldaten im Felde gestrickt.

Besonders eifrig waren die Kinder, wenn es galt, Kriegsanleihe zu zeichnen. Hat doch die kleine Schule von

48 Kindern insgesamt 9565 Mark aufgebracht, so dass im Durchschnitt auf jedes Kind fast 200 Mark

kommen. Allerdings hat nicht jedes Kind zeichnen können.

lm einzelnen kamen auf:

4. Kriegsanleihe …………………………………………...3100 Mark.

6. Kriegsanleihe …………………………………………...1285 “

7. Kriegsanleihe……………………………………….…...1010 “

8. Kriegsanleihe …………………………………………...2170 “

9. Kriegsanleihe …………………………………………...2000 “

9555 Mark.

Die für die einzelnen Anleihen eingezahlten Gelder sind zum grössten Teil bei der Spar- und

Darlehenskasse Hotteln für jeden einzelnen Zeichner auf ein Kriegssparbuch eingezahlt. Für den kleineren

Teil der eingezahlten Summen sind Wertpapiere für Kriegsanleihe erstanden, die den Eltern der betr.

Kinder ausgehändigt sind.

Die von der Schule ins Feld gesandten Liebesgaben wurden bereits oben erwähnt.

Für die schulentlassene männliche Jugend wurde eine Jugendwehr gegründet, deren Leitung in den

Händen des Gendarmerie-Wachtmeisters Schwake, Gleidingen lag. Allwöchentlich wurden eine oder auch

mehrere Übungen abgehalten. Für die Mitglieder der Jugendwehr waren Militarmützen, Armbinden und

Gewehre beschafft worden. Die Jugendlichen von Hotteln, Oesselse und Ingeln bildeten eine Kompagnie.

8. Der schmachvolle Friede

M

it grosser Begeisterung, im Vertrauen auf einen siegreichen Ausgang waren unsere Söhne, Brüder

und Väter hinausgezogen zum Kampf für Volk und Vaterland. Auf unzähligen Schlachtfeldern haben

sie herrliche Siege erfochten. Es war ein Siegeslauf sonder gleichen. Daheim kannte der Jubel keine

Grenzen. Siegesgeläut und Viktoriaschiessen verkündeten den Daheimgebliebenen die herrlichen Taten

unserer Feldgrauen. Wer wollte ob solcher Heldentaten noch kleinmütig sein? Wer wollte noch zweifeln

an dem siegreichen Ausgang unserer gerechten Sache?

Doch wir hatten zu früh gejubelt, zu sehr unserer Kraft vertraut! Der Übermacht der Feinde war auf die

Dauer nicht Stand zu halten. Dazu kam, dass die Kraft des Heeres von der Heimat aus untergraben wurde.

Wir erlebten einen Zusammenbruch, wie ihn die Geschichte noch nicht gesehen! Durch die Revolution,

die am 9. Nov. 1918 ausbrach, sank die deutsche Herrlichkeit in Trümmer. Dann folgte ein Schlag dem

andern. Der Kaiser trat zurück. Auch der Kronprinz verzichtete auf alle Rechte an der Krone. Die deutschen

Landesfürsten legten ihre Krone nieder. Deutschland war Republik! In den grossen Städten tobte der

Bürgerkrieg! Ein Streik folgte dem andern! Ein schmachvoller Waffenstillstand wurde geschlossen unter

grausamen, überaus demütigenden Bedingungen.

Ein noch schmählicherer Friede folgte! Wir sind geknechtet, wie nie ein Volk zuvor. Doch wehe denen, die

einen solchen Frieden über uns gebracht! Auch die deutsche Volkskraft wird einmal wieder erwachen!

33


Über die Ehrentafel für die im Weltkrieg gefallenen Söhne unserer Gemeinde.

A

ls die Kämpfer des Weltkrieges nach Beendigung desselben in die Heimat zurückgekehrt waren,

empfand man das Bedürfnis den Gefallenen der Gemeinde Ingeln ein bleibendes Denkmal zu setzen.

Anfangs plante man dabei ein Zusammengehen mit der Nachbargemeinde Oesselse. Wie aus einem Prot.

vom 3.3.1921. hervorgeht, wollte Oesselse das Denkmal dicht bei das Dorf haben. Dem gegenüber

forderte Ingeln:

1. Das Denkmal kommt nicht an die West-, sondern an die Ostecke der Crone´schen Wiese, dicht

an die Strasse.

2. Die Kosten für das Denkmal werden zu gleichen Teilen aufgebracht.

3. Die zu wählende Kommission setzt sich aus den Herren Block, Wilke und Thiemann Nr. 19

zusammen.

Die Beratungen mit Oesselse haben jedoch zu keinem Ergebnis geführt. Darüber heisst es im Prot. vom

12.3.1921:

Da Gemeinde Oesselse nicht gewillt ist, mit Ingeln in der Errichtung eines Denkmals für die Gefallenen

zusammen zu gehen, so beschliesst die Gemeindeversammlung Ingeln, die Schaffung einer Ehrentafel an

der Nordseite des Schulhauses.

Am 26.3.1921 wird man darüber schlüssig, welche Gefallenen namentlich auf der Ehrentafel aufzuführen

sind:

1. Herbert Crone,

2. Karl Wehrhahn,

5. Heinrich Lücke,

4. Heinrich Alpert,

5. Wilhelm Wesener.

Die Ausführung der Ehrentafel wurde dem Architekten und Bildhauer Küsthardt, Hildesheim übertragen

und dessen Entwurf am 23.4. einstimmig genehmigt. Die Herstellungskosten sollen ungefähr RM 10.000,-

betragen.

Am 27.11.21 fand die Einweihung der Ehrentafel statt. Derselben lag folgendes Programm zugrunde:

1. Gemeinschaftliches Lied: Wir treten zum Beten.

2. Prolog, gesprochen von Fräulein Benny Kappenberg.

3. Lied: Wie sie so sanft ruhn. Gesangverein.

4. Gedicht: O, lasst sie ruhn! (Elfriede Aue)

5. Einweihungsrede. (Lehrer Borchers)

6. Gedicht: So viele Namen. (Heinr. Hattenkerl)

7. Lied: Auferstehn, ja auferstehn.... (Gesangverein)

8. Übergabe der Tafel durch den Denkmalsausschuss. (Maurermeister Block)

9. Übernahme durch den Gemeindevorsteher H. Hinze.

10. Lied: Ich hatt' einen Kameraden. (Gesangverein)

DIE EHRENTAFEL DER GEFALLENEN

34


F

Wie der Schützenverein entstand.

olgende Ausführungen sind zusammengestellt nach Protokollen der Gemeinde und Niederschriften

des Schützenvereins Ingeln.

Nach der Revolution vom 9. Nov. 1918 folgte eine Zeit der allgemeinen Unsicherheit im ganzen Lande.

Spartakus erhob sein Haupt und suchte überall die Macht an sich zu reißen. Selbst auf dem platten Lande

wurde die Unsicherheit immer größer. So mußte unser Dorf es erleben, daß eine Schar jugendlicher

Burschen aus Gleidingen versuchte, in den Besitz unserer Waffen zu kommen. Sie mußten jedoch

unverrichteter Sache wieder abziehen, da mit Alarmierung der Ortswehr gedroht wurde, wenn sie nicht

ebenso schnell wie sie gekommen, das Dorf wieder verlassen würden. (Im März 1920)

Angesichts solch unsicherer Lage entstanden überall Ortswehren. Nach dem Prot. vom 21.5.19 wurde die

Gründung einer Einwohnerwehr für Ingeln beschlossen. Die Mitglieder der Wehr waren gegen Unfall und

sonstige Schäden, die etwa der Dienst mit sich brachte, versichert. Von den Kosten dieser Versicherung

trug lt. Prot. vom 2.10.19 ⅓ die Provinz, ⅓ der Kreis und das letzte Drittel die Gemeinde.

Da hauptsächlich in der Nacht sehr viele Einbrüche verübt wurden, man stahl alles, was man fand, denn

man konnte alles gebrauchen, selbst Schweine wurden abgeschlachtet, richtete die Gemeinde

Nachtwachen ein, wie aus dem Prot. v. 4.12.19 hervorgeht, die später von der Ortswehr übernommen

wurden. Die Ortswehr zählte zu der Zeit 51 Mitglieder.

Aus der Niederschrift des jetzigen Schützenvereins vom 17.5.20 wird mitgeteilt, daß, nachdem in

verschiedenen Dörfern der Umgegend schon Putschversuche wegen Auslieferung von Waffen an die

Spartakisten stattgefunden hatten, nun auch ein solcher auf Ingeln erfolgen sollte. Auf Grund

eingegangener Mitteilungen, sollte die Zahl der Angreifer 2oo – 5oo Mann, ausgerüstet mit 4

Maschinengewehren und einer Anzahl Gewehre, betragen. Ein Widerstand gegen solche Übermacht war

ausgeschlossen. Infolge dessen hatte man am vorhergehenden Abend die Waffen, die sich in der Hand

Bürgerlicher befanden, an die Arbeiter abgegeben, während die Maschinengewehre, 2 an der Zahl, am

folgenden Tage einer durchfahrenden Reichswehrtruppe mitgegeben wurden. Für die kommende Nacht

wurden Wachen gestellt und die Wachmänner ermächtigt, mit etwa eintreffenden Putschisten zu

verhandeln.

Der Angriff auf lngeln unterblieb. Spät abends überbrachten 3 Herren der Ortswehr Gleidingen, die an

einer Versammlung in Sehnde teilgenommen hatten, die Nachricht, daß die Spartakisten dort erklärt

hätten: Wir werden nichts mehr gegen die Dörfer unternehmen.

Nach einer Niederschrift vom 4.5.1920 mußten lt. Verfügung des Innenminister Severing sämtliche

Einwohnerwehren aufgelöst werden. Was sollte nun mit der Ingelner Wehr werden? Ein Antrag des

Mitgliedes Prellberg lautete dahin: Es ist nur der Name zu ändern. Dieser Antrag wurde einstimmig

angenommen und auf Vorschlag des Wehrführers H.Hinze erhielt die Wehr den Namen:

Schützenvereinigung Ingeln.

Patrouillengänge und Wachen sind auch da noch beibehalten und bis 1925 fortgeführt. Die Waffen

wurden nach und nach an den Kreis abgegeben. Zu jedem Patrouillengange wurden vom Gruppen-Führer

4 Mann bestimmt. Wer nicht erschien, hatte 5 M Strafe zu zahlen.

Der Schützenverein beschloß, die früheren Schützenfeste wieder ins Leben zu rufen. Am 11.Sept. 1921

wurde nach langer Zeit wieder ein Schützenfest gefeiert. Seit etwa 1840 sind in Ingeln solche

Schützenfeste gefeiert worden. Damals wurden sie von den jungen Leuten im Dorf veranstaltet, die dazu

ihre Schäffer und Schäfferinnen wählten. Seit dem Bestehen des Schützenvereins hat dieser die

Ausgestaltung des Festes übernommen. Aus der ersten Zeit der Schützenfeste (1863) stammt eine alte

Schwenkfahne, die noch heute dem Schützenfestzug vorangetragen und beim Anbringen der Scheibe am

Haus des Schützenkönigs geschwenkt wird. Auch die Kinder nehmen am Festzuge teil und veranstalten

am 2.Nachmittag des Schützenfestes Spiele und Wettkämpfe, bei denen Preise, die vom Schützenverein

gestiftet sind, zur Verteilung kommen.

35


36


37


P

Über die Feuerwehr von Ingeln

Aus alten Protokollen

rt. 21.9.1872: Der Gemeinde wurde mitgeteilt, dass laut Monita der Gemeinderechnung pro 1871

vom Königl. Amte zur Erwägung gestellt sei, ob nicht die s.g. Feuerkasse mit der Gemeindekasse zu

vereinigen sei, was von Seiten der Gemeinde abgelehnt wurde, mit dem Bemerken, wenn Reparaturen an

der Spritze vorkämen, dass sie aus jener Kasse gedeckt werden könnten.

Daraus ergibt, dass bereits eine Feuerwehr bestand und eine Spritze vorhanden war. An letzterer war

jedoch auch die Gemeinde Oesselse beteiligt. Die Spritze stand auch in Oesselse, was aus dem folgenden

Protokoll hervor geht.

Prt. 5.3.74: Zunächst wurde der Gemeinde mitgeteilt, dass sich die Verhandlungen mit der Gemeinde

Oesselse wegen der Feuerspritze zerschlagen haben, indem die Gemeinde Oesselse das Anerbieten oder

die Forderung der Gemeinde Ingeln abgelehnt habe. Nach weiteren Verhandlungen wurde der Beschluss

gefasst, das Königl. Amt um Vermittelung der Sache zu bitten, dass doch Oesselse auf das Anerbieten der

Gemeinde Ingeln, die Verbindung beider Gemeinden zu lösen nicht eingegangen sei, eine neue Spritze auf

gemeinschaftliche Kosten anzuschaffen, die dann aber in Ingeln stehen solle, und wozu Ingeln das

erforderliche Haus auf eigenen Kosten herzustellen sich verpflichten wolle.

Laut Niederschrift vom 27.3.74 wurde vom Kreishauptmann in einer Versammlung in Oesselse am 24.3.

d.J.an der die Bevollmächtigten beider Gemeinden teilnahmen, eine Einigung versucht, die jedoch nicht

zustande kam. Daraufhin beschloss die Gemeinde Ingeln die Anschaffung einer eigenen Spritze. Doch

konnte dieser Beschluss zunächst nicht ausgeführt werden, da keine Einigung in der Aufbringung der

Kosten erzielt wurde. Die Bauern wollten 2/3 nach der Versicherungssumme der Gebäude, 1/3 nach dem

Grundbesitz aufbringen, während die kleineren Interessenten auf jedes Teil die Hälfte gesetzt wissen

wollten. So wurde der Gegenstand vollends aufgegeben.

Prt. 21.5.74: Auf Aufforderung des Kreishauptmanns erklärt sich die Gemeinde bereit, eine Spritze

anzuschaffen, aber die Verbindung mit der Gemeinde Oesselse zu lösen.

Prt. 28.6.74: Nachdem eine Vereinbarung unter den Gemeinden Oesselse und lngeln stattgefunden,

wonach die Gemeinde Ingeln ihren Anteil für die bisher gemeinschaftlich besessene Spritze für die Summe

von neunzig Thaler an Oesselse abzutreten, und sich verpflichtet hatte, eine eigene Spritze anzuschaffen,

so wurden die nachstehend verzeichneten Gemeindemitglieder gewählt und bevollmächtigt, eine solche

bei dem Spritzen-Fabrikanten Tidow in Hannover contractlich zu bestellen.

In dieser Versammlung wurde auch über den Bau des Spritzenhauses beraten. Die Errichtung desselben

war ursprünglich auf dem Dreieck vor Wilkens Hofe geplant. Später wurde es jedoch auf dem

Kapellenbrinke errichtet. (Näheres darüber berichten die Niederschriften vom 14.7. u. 2.8.74)

Prt. 14.6.75: Gegenstand der Verhandlung war die Besoldung des Spritzenmeisters und Rohrführers,

sowie die Vergütung der Spritzenfuhren, und wurde folgendes darüber beschlossen: Den

Spritzenmannschaften wurde ein Gehalt von 5 Thalern jährlich pro Mann bewilligt, wofür dieselben die

Spritze nach Gebrauch bei Bränden oder den vorgeschriebenen Proben zu reinigen haben.

Ausserdem soll jeder nach einem Brande, wobei die Spritze in Tätigkeit kommt, 2 Thaler erhalten, wird

die Spritze nach einer Brandstelle befördert, ohne dass dieselbe in Tätigkeit tritt, so erhält jeder der

Spritzenmannschaften 1 Thaler. Für die Spritzenfuhren wurden bewilligt nach den vier Nachbarorten:

Müllingen, Wirringen, Bledeln und Hotteln für je zwei Pferde 1 Thaler, für eine Fuhre nach Oesselse soll

nichts vergütet werden. Für eine Fuhre nach Ortschaften von 1-1 ½ Stunden Entfernung soll 1 ½ Thaler

für je 2 Pferde vergütet werden. Bei aussergewöhnlich weiten Fuhren soll die Vergütung weiteren

Verhandlungen vorbehalten bleiben.

Diese Feuerwehr ist höchst wahrscheinlich eine Pflichtwehr gewesen. Ehe eine Feuerspritze vorhanden

war, musste bei Feuersnot jeder Hausbesitzer mit seinen ledernen Feuereimern erscheinen, um das Feuer

bekämpfen zu helfen. Später ist aus dieser Pflichtfeuerwehr die Freiwillige Wehr hervorgegangen.

38


Die freiwillige Feuerwehr von Ingeln ist am 28.Febr. 1902 gegründet. Nach einem alten

Mitgliedsverzeichnis traten damals 41 Einwohner der Wehr bei. Die Führung lag in den Händen des Bauern

H. Crone, während sein Stellvertreter Bauer O. Hinze war.

Am 12.2.1927 feierte man auf dem Saale des Gastwirts Kappenberg das 25-jährige Bestehen der Wehr

mit einem gemeinschaftlichen warmen Essen. Daran nahmen auch die Frauen der Mitglieder der Wehr,

wie auch geladene Gäste teil.

Auf dem Feuerwehr-Vergnügen des folgenden Jahres, das am 14.1.28 stattfand, wurden auch die noch

vorhandenen Gründer der Wehr durch den 2. Vorsitzenden des Kreis-Feuerwehrverbandes Hildesheim,

Kamerad Bartels, Oesselse, ausgezeichnet.

N.B. Über den Dienst und sonstige Angelegenheiten der Wehr berichten die Niederschriften im Protokoll-

Buch derselben.

Das frühere Spritzenhaus in Ingeln (heute: „Pflugplatz“ – Auf der Maine/Hauptstraße).

Freiwillige Feuerwehr Ingeln 1909

Diese Fotos wurden hinzugefügt.

39


A

Der Männergesangverein Ingeln

m 27. Februar 1896 wurde der Männergesangverein Ingeln gegründet. Er zählte damals 30

Mitglieder, die sich zusammentaten, um das deutsche Lied zu pflegen und mit gleichgesinnten und

gleichgestimmten Volksgenossen eine Gemeinschaft zu bilden, die eine edle Kunst pflegen und deutsches

Volkstum hüten will.

Den Vorsitz im Verein hatte Herr E. Wolters inne, der denselben nach einigen Jahren an den Bäckermeister

Hugo Schwarze abgab. Letzterer hat den Vorsitz bis zu seinem Tode im Jahre 1926 innegehabt. An seine

Stelle trat Herr Heinr. Crone. Unter beiden erlebte der Verein eine wesentliche Förderung.

Erster Chorleiter war der Musiker Heinr. Uthoff, Algermissen, der Jahrzehnte den Verein leitete.

Als der Schreiber dieser Zeilen im Jahre 1911 nach Ingeln kam, fanden schon einige Jahre keine

Übungsabende mehr statt. Es fehlte vor allem an dem jugendlichen Nachwuchs. Nur ab und zu wurde

noch mal gesungen, wenn es galt, ein Familienfest eines lieben Mitgliedes zu verschönen, ihm eine

besondere Weihe zu geben.

Der Ausbruch des Weltkrieges machte schließlich auch dem ein Ende.

Erst im März 1921 trat der Verein zu neuem Leben hervor. Leiter der Übungsabende wurde der Lehrer

Borchers, der heute den Verein 18 Jahre leitet.

Am 13. Juni 1926 feierte der Männergesangverein Ingeln sein 30-jähriges Stiftungsfest, zu dem die

benachbarten Gesangvereine geladen und trotz der Ungunst des Wetters zahlreich erschienen waren.

1936 konnte der Verein auf sein 40-jähriges Bestehen zurückblicken. Die Mitglieder desselben hatten sich

daher im Februar d.J. mit ihren Frauen und einigen Ehrengästen: dem Führer der Sängergruppe Sarstedt,

Sangesbr. Beyer, Gleidingen, dem Ortsgruppenleiter der NSDAP Pg. Dollenberg, Gleidingen,

Bürgermeister Behmann, Ingeln, im Vereinslokal zusammengefunden, um diesen Tag festlich zu begehen.

Liedvorträge umrahmten die Feier. Nachdem der Chorleiter in einer Ansprache die edle Sangeskunst

gefeiert, wurden vom Gruppenleiter Beyer im Auftrage des verhinderten Sängerkreisführer Ihde,

Hildesheim, eine Anzahl Sangesbrüder durch die Überreichung der silbernen bezw. goldenen Sängernadel

ausgezeichnet. Die goldene Nadel erhielten:

1. Sangesbr. Aug. Block, Heinr. Hepke, Herm. Prellberg, Rud. Blumenthal.

2. Mit der silbernen Nadel wurden ausgezeichnet: Sangesbr. Aug. Thiemann, Wilh. Behrens, Wilh.

Wehrhahn.

Der Chorleiter Borchers erhielt für 25-jährige Tätigkeit als Dirigent die goldene Nadel.

Immer wenn es gilt, innerhalb der Volksgemeinschaft festliche Stunden zu begehen, fehlt auch der

Gesangverein nicht, um durch seine Lieder die festliche Stimmung zu bereiten, so am: 1. Mai,

Erntedankfest, Winzerfest, Deutscher Abend, Weihnachten etc.

Im Frühjahr 1938 stellte sich der Verein zum ersten Wertungssingen. Er erhielt als Pflichtchor: Vaterland,

heilig Land, als Wahlchor: Ich habe Lust im weiten Feld…

40


D

Wie die Gemeinde Ingeln zu einer eigenen Schule kam!

ie Schule in Ingeln ist im Jahre 1911 erbaut. Als die Schulstelle am 1.4.1911 eröffnet wurde, war der

Grundstein zur Schule erst gelegt. Der Unterricht fand daher in einer grossen Stube des

Stiftungshofes statt, die als Klassenzimmer eingerichtet war. In feierlicher Weise wurde der erste Schultag

begonnen. Die Ingelner waren glücklich, eine eigene Schule zu besitzen.

Ein harter und langer Kampf ist voraus gegangen, ehe dieser Tag für Ingeln anbrach. Schon in den 80ger

Jahren des 19. Jahrhunderts waren Versuche gemacht, eine eigene Schule zu bekommen. Bis dahin

mussten nämlich die Schulkinder von Ingeln nach Oesselse zum Unterricht. Damals scheiterten die

Auseinandersetzungen an den Forderungen der Gemeinde Oesselse.

Erst im Jahre 1907 wurde die Frage nach einer eigenen Schule wieder aufgegriffen. Am 19.7.07 wurde

eine Eingabe zwecks Errichtung einer Schule in Ingeln an die Regierung in Hildesheim gerichtet. Wie aus

dem Prot. vom 5.10.07 hervorgeht, erteilte die Regierung einen abschlägigen Bescheid. Letztere plante

nämlich den Bau einer mehrklassigen Schule zwischen den beiden Dörfern. Vom schulischen Standpunkte

aus gesehen, war das ja auch der einzig richtige Weg. Gebaut musste werden, denn die Schülerzahl war

auf über 100 gestiegen. Diese Gelegenheit wollte Ingeln benutzen, um zu einer eigenen Schule zu

kommen. Die Kinder sollten nicht mehr in Wind und Wetter den Weg nach Oesselse machen.

Am 11.9.08 wurde eine neue Eingabe an die Regierung gerichtet mit der Bitte, die 2. Lehrerstelle für die

3-klassige Schule in Ingeln zu errichten. Ein freier Bauplatz wurde zur Verfügung gestellt, dazu wollte die

Gemeinde die ersten 5000 M der Baukosten allein tragen, ohne dafür den Bauzuschuss zu beantragen.

Doch die Regierung hielt an ihrem Vorhaben fest, geriet aber bald in Schwierigkeiten, da kein Bauplatz für

die 3-klassige Schule zur Verfügung stand. Der Grund und Boden zwischen den beiden Dörfern ist

Grundbesitz von Ingeln. Aber kein Bauer aus Ingeln war bereit, einen Bauplatz dort abzutreten. So kam

Ingeln schliesslich doch zu seinem Willen.

Laut Niederschrift vom 26.11.10 erfolgte die Beschlussfassung über den Bauplatz der Schule. Die

Gemeinde besass ein eigenes Grundstück im sogenannten Kapellenbrink. Doch hier stand die Schule zu

versteckt, sie sollte an der Strasse stehen. Es wurde darum beschlossen, das Haus von dem Kapellen-Meier

anzukaufen, zum Kapellenbrink zu schlagen und das gesamte Grundstück gegen den Obstgarten der Frau

Witwe Hinze, wo einmal der alte Crone´sche Hof gestanden, zu vertauschen. Um einen Gemüsegarten für

den Lehrer zu erhalten, soll das Gemeindegrundstück im Pfingstanger gegen ein der Witwe Crone Nr.26

gehörendes Gartengrundstück vertauscht werden.

So ist das Schulhaus an seinen heutigen Platz gekommen. Zum Bau desselben nahm die Gemeinde eine

Anleihe von 15000 M bei der Sparkasse der Kreise Hildesheim und Marienburg auf.

Mit der Verwaltung der Lehrerstelle wurde von der Regierung in Hildesheim der Lehrer Borchers aus

Freiheit bei Osterode am Harz beauftragt. Derselbe ist auch Schreiber dieser Zeilen und ist am 1.4.39

bereits 28 Jahre in der Gemeinde tätig. (Näheres enthält die Schulchronik)

41


Die Schule in Ingeln

(Abbildungen durch neuere Aufnahmen ersetzt.)

42


A

Der erste Lehrer in Ingeln.

m 29.Juli 1886 in Freiheit Kr. Osterode a. H. als Sohn des Zeugmachermeisters Karl Borchers und

seiner Ehefrau Minna geb. Pöhler geboren, verlebte ich meine Jugendjahre an meinem Geburtsorte

und besuchte dort auch zunächst die Dorfschule, später die Knaben-Bürgerschule in Osterode. Meine

Eltern führten ein glückliches Familienleben und waren uns Kindern, ich besaß noch eine 1 1/2 Jahre

jüngere Schwester, in Liebe zugetan. Zwei ältere Schwestern waren wenige Wochen nach ihrer Geburt

gestorben. Bis zum Jahre 1900 haben wir beide eine sonnige Jugend verlebt.

Am schönsten war es an den Sonntagnachmittagen. Da ging es im Sommer bei schönem Wetter hinaus in

die Berge des Harzes. Vier Familien waren wir, die sich zu gemeinsamem Wandern zusammengetan

hatten. Oft ging es schon morgens hinaus. Das war für uns eine besondere Freude. An regnerischen Tagen

oder im Winter kamen dieselben Familien in ihren Wohnungen zusammen. Nachmittags wurden wir

Kinder auch mitgenommen. Die Männer spielten Karten, die Frauen hatten sich eine Handarbeit

mitgebracht, während wir Kinder meistens auf dem Flur spielten.

Im Januar 1900 traf unsere Familie ein schwerer Schicksalsschlag. Meine Schwester wurde uns nach

schwerer Krankheit durch den Tod entrissen.

Als ich 15 Jahre alt war, kam ich auf die Präparandenanstalt in Alfeld a. d. Leine, da ich mich entschlossen

hatte, Lehrer zu werden. Nach dreijährigem Besuch dieser Anstalt und bestandener Abschlußprüfung

wurde ich dem dortigen Lehrerseminar überwiesen, an dem ich im September 1907 die erste

Lehrerprüfung ablegte.

Am 1. Okt. desselben Jahres erhielt ich meine erste Anstellung an der Volksschule in Ilfeld i. H. Dort wurde

ich mit der Verwaltung der 2. Lehrerstelle beauftragt, mit der auch der Organistendienst an der

Klosterkirche verbunden war. Diese Tätigkeit dauerte 1/4 Jahr. Am 1.1.1908 erhielt ich die

kommissarische Verwaltung der Lehrerstelle an der einklassigen Volksschule in Esebeck bei Göttingen.

Seit dieser Zeit habe ich ununterbrochen meine Arbeit an einklassigen Schulen verrichtet. Nach abermals

1/4 Jahr wurde ich an die einklassige Schule in Ellershausen Kreis Hann. Münden versetzt, wo ich 2 Jahre

tätig war. Im Nov.1909 bestand ich am Seminar zu Alfeld die 2. Lehrerprüfung.

Um meiner Militärpflicht zu genügen, trat ich am 1.4.1910 als Einjährig-Freiwilliger in das 2. Kurhessische

Infanterie-Reg. 82 in Göttingen ein. Man teilte mich der 10. Komp. zu. Am 1.10. zum Gefreiten, am 27.1.11

zum Unteroffizier befördert, wurde ich am 31.3.11 nach bestandener Offiz.-Aspirantenprüfung entlassen

und ab 1.4.11 mit der komm. Verwaltung der Lehrerstelle in Ingeln betraut. Am 1.6.11 erfolgte meine

endgültige Anstellung in Ingeln.

Um mir die Stelle anzusehen und mich vorzustellen, fuhr ich noch im März als Soldat nach Ingeln. Auf

halbem Wege zwischen Oesselse und Ingeln begegnete mir eine Frau in mittleren Jahren. Bei ihr

erkundigte ich mich nach dem Dorfe Ingeln. "Da haben Sie nicht mehr weit. Das Dorf, das vor Ihnen liegt,

ist Ingeln." Wie sich später herausstellte, war die angeredete Person Frl. Festerling, bei der ich 1/2 Jahr

auf dem Stiftungshofe gewohnt habe. Mitten im Dorf begegnete mir ein junger Bauer, der zum Felde

wollte. Es war Herr Heinr. Hinze, mit dem mich später enge Freundschaft verband. Nach kurzer Begrüßung

und Vorstellung fragte ich nach dem Gemeindevorsteher Wolters. "Ja," wurde mir zur Antwort, „den

treffen sie nicht zu Hause. Aber wenn Sie hier in der Wirtschaft vorsprechen wollen, da werden Sie ihn

finden."

Gesagt, getan! Herr Wolters war anwesend und gleichzeitig auch ein 2. Schulvorstandsmitglied, der Bauer

Heinr. Crone Nr.16. Der 3. im Bunde, Schneidermeister Heinr. Lücke, stellte sich auch bald ein, denn die

Ankunft des neuen Lehrers hatte sich bald im Dorf herumgesprochen.

Hier muß ich eine kleine Episode anführen, die ich erst viel später erfuhr. „In Ingeln gab es s.Z. viele junge

Mädchen, die alle ein Auge auf den neuen Lehrer geworfen hatten. Doch als er sich seiner Handschuhe

entledigte, o Schreck, er trug einen Ring, war verlobt. Die Enttäuschung soll groß gewesen sein."

Ein Schulgebäude war in Ingeln noch nicht vorhanden. Bislang hatten die Schulkinder von Ingeln nach

Oesselse zur Schule müssen. Aber der Grundstein zum neuen Schulhaus war gelegt. Darum wurde

43


vorläufig ein Klassenzimmer auf dem Stiftunghofe eingerichtet. Im Oktober 1911 konnte dann das neue

Schulgebäude eingeweiht und bezogen werden, was der Gemeinde Veranlassung gab, diesen Tag festlich

zu begehen.

In den oben erwähnten 3 Schulvorstandsmitgliedern habe ich Männer gefunden, die sehr viel Interesse

für die Entwicklung der Schule zeigten und mit allen Kräften die Arbeit der Schule zu fördern suchten.

Vom 6.3. - 30.4.13 war ich zu einer 8-wöchigen militärischen Übung einberufen. Für diese Zeit war vom

Schulvorstand ein Vertreter bei der Regierung in Hildesheim beantragt. Diese ernannte den kom.

beschäftigten Lehrer Schmidt aus Gifhorn.

Am 24. Mai 1913 verheiratete ich mich mit Hanny Ludewig, Tochter des Bauern Aug. Ludewig aus

Ellershausen. Zwei Kinder wurden unserer Ehe geschenkt, ein Mädel und ein Junge.

Infolge Mobilmachung am 1.August 1914 wurde ich am 31.8. zum Heeresdienet einberufen und der 12.

Komp. des Res.Inf.Reg. Nr. 215 zugeteilt. Mit obigem Regiment machte ich den Feldzug in Flandern 1914

mit, nahm teil an den Kämpfen bei Staden, 19.-10.14 Draaibank, 22.-23.10 und Langemark, 30.10.14. Hier

wurde ich in den frühen Morgenstunden des 30.10. durch Kopfschuß schwer verwundet.

44


N

Aus dem Dorfgeschehen nach 1933

achdem am 30. Januar 1933 die nationalsozialistische Bewegung und an ihrer Spitze unser Führer

Adolf Hitler die Macht übernommen, traten auch für unser Dorf ruhigere Verhältnisse ein. Die

Anhänger der SPD. und KPD. suchten Unterschlupf und fanden ihn auch, oder aber sie suchten ihre

ehemalige Zugehörigkeit zu jenen Verbänden zu verbergen.

Wie nahe unser Volk damals am Rande des Abgrundes gestanden, beweist am besten der Reichstagsbrand

am 27. Febr. d. J. und der darauf folgende Prozeß gegen die Brandstifter zur Genüge. Doch wagten noch

unverantwortliche Elemente auch in unserm Dorf zu behaupten: "So nahe war die Gefahr noch nicht". Für

diese hätte der Kommunismus nur einen Tag wüten müssen, wenn dann eine Rettung vielleicht nicht

schon zu spät gewesen wäre.

Die Wahlen zum Reichstag am 5.3.33 und der Tag von Potsdam am 21.3.33 zeigten aller Welt, daß das

deutsche Volk, einig in seinen Ständen und Stämmen, aus Schmach und Demütigung neuerstanden ist

und sich nach Jahren unendlicher Trübsal wieder mit Stolz zu dem Worte bekennt: "Nimmer wird das

Reich zerstört, wenn ihr einig seid und treu!"

Der Tag der deutschen Arbeit wurde in diesem Jahre von der ganzen Volksgemeinschaft gefeiert.

Besonders ist aus diesem Jahre noch der Sportmonat hervorzuheben, der im September stattfand. An

diesem ersten Sportmonat arbeiteten die beiden Dörfer Oesselse und Ingeln zusammen. Es entfaltete sich

ein bunt bewegtes Leben auf den neuen Wiesen zwischen den beiden Dörfern. Junge und Alte nahmen

an den volkstümlichen Übungs- und Wettkämpfen teil, die an den Sonntagen abgehalten wurden. An den

Abenden der Wochentage sorgten die Schulkinder durch Vorführung von Spielen und turnerischen

Übungen dafür, daß der Sinn des Sportmonates nicht in Vergessenheit geriet.

1934. Aus dem Zeitlaufe dieses Jahres ist besonders zu erwähnen:

1. Der Tag der nationalen Arbeit am 1. Mai

Dieser wurde unter reger Beteiligung der Gemeindemitglieder gefeiert. Die zur Ortsgruppe Gleidingen

gehörenden Gemeinden feierten zusammen. Um 8 Uhr war gemeinsamer Kirchgang. Danach sammelten

sich alle Verbände auf dem Hofe des Gastwirts Grove in Oesselse, um die Übertragung aus Berlin-

Tempelhof anzuhören. Nach der Übertragung fand ein Festzug durch die beiden Dörfer statt, der größer

noch nicht gesehen wurde. Zahlreiche Festwagen erregten besondere Verwunderung. Ingeln hatte auf

seinem Festwagen "Saat und Ernte" dargestellt.

Nachmittags fand die Feier ihre Fortsetzung in Gleidingen. Den Schluß bildete ein gemütlicher Tanz in den

einzelnen Orten.

2. Der Sportmonat fand auch in diesem Jahre unter reger Beteiligung der Erwachsenen und der

Schuljugend statt. Davon möge das folgende Programm zeigen:

1. Woche: 3.- 9.6.34:

Sonntag: 14.30 Uhr Schießen des Schützenvereins.

Kegeln.

Montag:

Dienstag:

Donnerstag:

Freitag:

Feuerwehrübung.

Ringtennis der Mädchen.

Fußballspiel der Knaben und der SA.

Treibball der Mädchen

Schlagballspiel der Knaben und der SA.

Öffentlicher Singabend des Männergesangvereins im Freien.

2. Woche: 10.-16.6. 34.

Sonntag: Geländesport der Wehrverbände.

Knaben: Handballspiel-Tauziehen-Fußball.

45


Montag:

Dienstag:

Donnerstag:

Freitag:

Mädchen: Reigen-Ball über die Schnur.

Unterstufe: Neckball-Der wandernde Taler.

Schießen der Oberstufe.

Vorübung zu den Mannschaftskämpfen innerhalb der Schule.

Vorübung zu den Mannschaftskämpfen der Jugendlichen

Ausscheidungskämpfe innerhalb der Schule.

Öffentlicher Singabend.

3. Woche: 17.-25.6.34.

Sonntag: Wettkämpfe: Schule, Jugendliche, Männer und Frauen.

Montag:

Sonnabend:

Baden und Schwimmen.

Fest der Jugend: Sonnwendfeier bei den Tongruben.

Daneben Vorbereitungen für das Kriegerfest.

4. Woche: 24.-30.6.34:

Sonntag - Montag: 50-jähriges Stiftungsfest des Kriegervereins.

Sonntag, 1.7.: Abschluß des Sportmonats.

3. Am 24. und 25.6.34 feierte der Kriegerverein Ingeln-Oesselse sein 50-jähriges Bestehen.

Beide Dörfer prangten an diesen Tagen im Festschmuck. Zahlreiche Vereine hatten sich von nah und fern

eingefunden.

Ein Feldgottesdienst leitete das Fest ein, das um Nachmittag sich besonders entfaltete. Nach einem

Festzug durch Oesselse fand auf dem Festplatz die Begrüßung der Gäste, Festansprache und Weihe der

neuen Fahne statt. Daran schloß sich ein Festzug durch Ingeln, dem dann allgem. Volksbelustigungen auf

dem Festplatz und in den Festzelten folgte.

4. Anläßlich der Feuerschutzwoche wirkten die Kinder durch Sprechchöre mit:

Achtung! Achtung!

Der Hausboden ist keine Rumpelkammer!

Jeder Hausbesitzer hat seinen Hausboden zu entrümpeln!

Wagen holen am Mittwoch und Donnerstag alles Gerümpel ab!

Achtung! Achtung! _

Bewahret Feuer und Licht, daß euch kein Schaden geschieht!

5. Im Okt. d.J. ging ein langgehegter Wunsch des Schreibers dieser Zeilen in Erfüllung. Nach jahrelangem,

vergeblichem Bemühen wurde es ihm jetzt möglich, einen Gemischten Chor ins Leben zu rufen. Derselbe

zählte bei seiner Gründung 30 Mitglieder. Da er auch im Gottesdienst mitwirkt, wurden die

Verbandsgelder dankenswerterweise von der Kirchenkasse übernommen, die auch noch einen Betrag von

15,- RM für Heizung des Übungslokales zahlt.

1935 – 1938

Im Laufe dieser Jahre sind als besondere Ereignisse zu erwähnen:

1. Die Rückgliederung des Saarlandes am 1.3.35. In einer Schulfeier-Stunde wurden die Kinder auf die

Bedeutung dieses Tages hingewiesen. Abends fand zu Ehren dieses Sieges ein Fackelzug statt, an dem sich

auch die erwachsene Bevölkerung unseres Dorfes zahlreich beteiligte. Er wurde in Gemeinschaft mit dem

Nachbardorfe Oesselse veranstaltet. Nach einem Marsch durch beide Dörfer unter den Klängen froher

Marschweisen, wurden die Fackel an einem Freudenfeuer zwischen beiden Dörfern zusammengeworfen.

Pg. Poppenhäger-Oesselse hielt eine Ansprache, in der er an den heroischen Kampf des Saarvolkes um die

Heimat erinnerte.

2. Wie alljährlich seit dem Weltkriege fand auch in diesen Jahren am Ehrenmal der Gefallenen des

Weltkrieges eine Gedenkstunde statt, in der wir in Ehrfurcht des großen Opfers unserer Helden

gedachten.

46


Der Tag der Arbeit wurde auch in diesem Jahre wie in den vorhergehenden gefeiert. Nach einem Festzug,

der in Oesselse seinen Anfang nahm und sich durch beide Dörfer bewegte, fand unter dem Maibaum in

Ingeln, der am Abend vorher in feierlicher Weise errichtet war, die Schlußfeier statt. Hierbei wirkten mit:

der Gesangverein und der Gemischte Chor.

Pg. Schünemann feierte in einer Ansprache den Tag der Arbeit. Volkstänze des BDM verschönten die Feier.

Abends fanden die Volksgenossen von Ingeln bei Gastwirt Behrens zusammen, um gemeinsam einige

frohe Stunden bei Musik und Tanz zu verleben. Selbst in diesen Jahren zeigte es sich wieder, daß noch

nicht alle Einwohner von Ingeln den Weg zur Volksgemeinschaft gefunden haben.

3. Zum Erntedankfest fand am Vorabend eine Feier unter der Erntekrone statt, die durch Darbietungen

des BDM und der Schulkinder ausgeschmückt wurde. Eine Anzahl Volksgenossen fuhr auch in diesem

Jahre hinaus zum Bückeberg, um dort das Erntefest zu begehen.

Im Oktober 1935 und auch 1936 veranstaltete die NS-Frauenschaft Ingeln einen Winzerabend unter

Mitwirkung des Gemischten Chores und des Männergesangvereins. Der Reinertrag dieses Abends wurde

dem Winterhilfswerk überwiesen. Außerdem wurden dem WHW. 419 Dosen Gemüse und Obst durch die

NS-Frauenschaft zur Verfügung gestellt.

Am 1. April 1936 beging der Lehrer Borchers sein 25-jähriges Ortsjubiläum, das in aller Stille, infolge

Trauer, begangen wurde. Trotzdem fanden sich aus der Gemeinde zahlreiche Personen ein, die

Blumenspenden überreichten. Viel Freude wurde mir an diesem Tage zuteil, vor allem von der weniger

gut situierten Bevölkerung. Die Gemeinde überreichte durch den Bürgermeister Behmann und den

Beigeordneten H. Thiemann eine Ehrenurkunde und ein weiteres Geschenk.

Aus dem Jahre 1937 sind besonders die Schulungskurse im Luftschutz zu erwähnen, die für Block- und

Hauswarte veranstaltet wurden und 4 Abende in Anspruch nahmen. Im folgenden Jahre schloß sich eine

Schulung sämtlicher Einwohner an.

1939.

Das Jahr 1939 ist insofern von besonderer Bedeutung, als in diesem unser Ort eine selbständige

Ortsgruppe der NSDAP. wurde. Bis dahin waren wir der Ortsgr. Gleidingen angeschlossen. Am 1. April

1939 wurde die Ortsgr. Ingeln-Oesselse gegründet, die 50 Mitglieder zählte. Als erster Ortsgr.-Leiter

wurde Pg. Wehner ernannt.

Am 20. Febr. wird der 50. Geburtstag des Führers besonders festlich begangen. Eine öffentliche

Feierstunde im Saale des Gastwirts Behrens, die sehr stark besucht war, fand lebhaften Anklang.

Der Tag der Arbeit wurde wie in den vorhergehenden Jahren gefeiert.

Am 24.6. veranstaltete die hiesige Ortsgruppe im Verein mit der Hitlerjugend die erste öffentliche

Sonnwendfeier auf dem Hassel, an der ein großer Teil der Einwohnerschaft von Ingeln und Oesselse

teilnahm.

Aus dem Sommer dieses Jahres ist noch besonders zu erwähnen, daß unser Dorf auch an der

Verschönerungsaktion des Kreises teilnahm. Zu diesem Zwecke wurde ein Ausschuß ins Leben gerufen,

der Vorschläge für die Dorfverschönerung zu machen und deren Ausführung zu überwachen hatte. Das

Kehren der Straßen an jedem Sonnabend wurde durch Polizeiverordnung verfügt. Verschiedene

Holzzäune wurden erneuert, Häuser von außen instand gesetzt, zwei Rasen- und Blumenplätze angelegt

und mit niedriger Ligusterhecke eingefaßt. Leider hat der Krieg den weiteren Arbeiten einstweilen ein Ziel

gesetzt.

Gewitterwolken, die den ganzen Sommer 1939 am politischen Himmel sich zeigten, entluden sich am 1.

Sept. d.J., als unsere Truppen die polnische Grenze überschritten.

Aus unserm Dorfe haben gleich in den ersten Tagen eine Anzahl Wehrpflichtiger dem Einberufungsbefehl

folgen müssen. Ihre Zahl hat sich dann im Laufe des Krieges wesentlich erhöht.

47


Heeresdienst leisteten folgende Personen aus Ingeln:

1. Heinrich Alpert, 35. Heinrich Tietze,

2. August Aue, 36. Karl Tietze,

3. Willi Bähre, 37. Karl Wolters, Stalingrad verm.

4. Gustav Blumenthal, 38. Gustav Wehrhahn, verm.

5. Karl Blumenthal, verm. 45 39. Friedrich Wehrhahn, †

6. Willi Blumenthal, 4o. Heinrich Bertram,

7. Karlheinz Brinkmann, 41. Karl Gast,

8. Heinrich Behmann, 42. Ernst Meier,

9. Herbert Brandes, 43. Karl Meier, verm.

10. Karl Dölwes, 44. Friedrich Heise,

11. Heinrich Heise 62, 45. Heinrich Blumenthal 34, jun.

12. Karl Heise 31a, 46. Heinrich Klaus,

13. Heinrich Koch, 48 47. Karl Blumenthal, jun. 45,

14. Erich Krüger, 48. Walter Blumenthal, … 34,

15. August Kretzmann, 49. Otto Meyer 33,

16. Heinrich Langenbartels, … 50. Heinr. Ebeling,

17. Walter Mark, † 51. Fritz Rolf,

18. Hermann Michelius, 52. Heinr. Heise 6,

19. Heinrich Meyer, verm. 53. Karlheinz Cornelius, Stalingrad verm.

20. Karl Plinke, 64 verm. 54. Alfred Thiemann 25,

21. Heinrich Plinke, 64 55. Heinr. Ridderbusch, Bäckerges.

22. Hermann Plinke, 64 † 56. …

23. Walter Plinke, 64 † 57. … Fietje, verm.

24. Heinrich Plinke 33a 58. …

25. Karl Crone, 58. … Bertram 32

26. Hans Cornelius, verm. 59. Heinz Langenbartels, jun.

27. August Rolf, 60. Herm. … verm.

28. Walter Schulz, Gespannf. bei Will 61. Gustav Blumenthal 85

29. August Sandrock, Stalingrad 45 62. Helmut … verm.

30. Hermann Stange, 63. Oskar Schwarze,

31. Hans Thiemann, 19 64. Karl Lücke

32. Heinrich Thiemann, 25 65. Karl Lippel

33. Karl Thiemann, 25 66. Aug. Howind

34. Willi Thiemann, 25 † 67. Heinr. Blumenthal, sen. 34

48


Aus der Vorlage waren manche Namen nicht oder nicht eindeutig zu entziffern.

Deshalb hier noch einmal eine Kopie der vorherigen Seite mit den handschriftlichen Eintragungen.

49


G

leich zu Beginn des Krieges setzte eine Rationierung der Lebens- und Futtermittel, sowie der

Bekleidungsstücke ein. Es gab wieder wie im Weltkrieg Brot-, Fleisch-, Fett-, Zucker-, Marmelade-,

Seifen-, Mahl- und Bekleidungskarten, nur mit dem Unterschiede, daß die Rationierung im Weltkrieg zu

spät kam. Diesmal wollte die Regierung vorbeugen und nicht wieder in die Fehler des Weltkrieges

verfallen. Oben genannte Karten liegen in einer besonderen Mappe an. Durch diese Maßnahmen wurde

von vornherein dem Hamsterwesen ein Riegel vorgeschoben.

Die auf den Kopf der Bevölkerung festgesetzte Menge an Lebensmittel war ausreichend und wurde im

Laufe der Zeit durch Sonderzuteilung wesentlich verbessert. Besonders war für die schwerarbeitende

Bevölkerung durch Zusatzkarten für Schwer- und Schwerstarbeiter gesorgt, so daß manche

Arbeiterfamilie im Dorf mehr Wurst und Fleisch erhielt, als sie früher gekauft hatte.

Zur Deckung der Kriegsausgaben wurde eine Kriegssteuer in Form eines Zuschlages zur Einkommensteuer

erhoben, der 50 v.H. Einkommensteuer betrug. ”

Auch die Gemeinde selber hatte einen monatlichen Kriegsbeitrag zu leisten. Dieser machte 24 v.H. der

Steuermesszahl aus.

Der Krieg gegen Polen war in 18 Tagen beendet. Wie ein Sturmwind waren unsere Truppen über das Land

hinweggebraust und hatten in gewaltigen Vernichtungsschlachten den Krieg entschieden und den Sieg an

ihre Fahnen geheftet.

In diesem Kriege wurde der Unteroffizier H. Plinke aus Ingeln Nr. 33 verwundet und blieb der einzige

Verletzte aus unserem Dorf. Gefallen ist im Polenfeldzug aus Ingeln keiner.

Während dessen stand die Wacht am Westwall, um jeden Einbruch der Franzosen und Engländer zu

verhindern. Als der Führer nach Beendigung des Polenfeldzuges den Feindmächten die Friedenshand

entgegenstreckte, wurde sie von Frankreich und England zurückgewiesen. Der Krieg ging weiter. lm Laufe

des Winterhalbjahres beschränkte er sich vorerst auf örtliche Vorfeldkämpfe zwischen den beiderseitigen

Befestigungszonen.

Wie im Weltkrieg, so setzte auch dieses Mal die Liebestätigkeit in unserer Gemeinde spontan ein. Private,

Vereine und Gemeinde schickten an ihre im Felde stehenden Söhne Liebesgaben mancherlei

Art. Im Jahre 1939 sind von folgenden Organisationen und Vereinen Liebesgaben hinaus an die Front

gegangen:

1. Ortsgruppe Ingeln-Oesselse der NSDAP………………………………..………………….2 mal.

2. Kriegerkameradschaft Ingeln-Oesselse…………………………………..…………………3 mal.

3. Gesangverein Ingeln………………………………………………….……………………………..2 mal.

4. NS.-Frauenschaft und Gemeinde………………………………………………………………1 mal.

5. Feuerwehr Ingeln……………………………………………………………………………………..2 mal.

6. Schützenverein Ingeln………………………………………………………………………………1 mal.

1940.

Der Winter des Jahres 1939/40 ist einer der strengsten und anhaltendsten gewesen, den ich seit meiner

30-jährigen Tätigkeit als Lehrer In Ingeln erlebt habe. Auch die ältesten Einwohner des Dorfes konnten

sich nicht erinnern, jemals einen so andauernden und kalten Winter durchgemacht zu haben. Der Schnee

lag verhältnismäßig hoch und durch den starken Ostwind wurden die Straßen immer wieder verweht. Der

Schneepflug konnte schließlich keine Bahn mehr schaffen. Daher wurden an manchen Tagen die

Dorfbewohner zum Schneeschaufeln an der Landstraße eingesetzt.

Dazu herrschte auch eine gewisse Kohlenknappheit. Die Schulen mußten Wochen hindurch den

Unterricht aussetzen und ihre Kohlenvorräte der notleidenden Bevölkerung zur Verfügung stellen.

Teilweise waren die Schulen aber auch aus Mangel an Heizmaterial gezwungen, Kohlenferien

50


zu machen. Kam eine Kohlenlieferung herein, so waren es immer nur 2-3 Zentner, die auf die Familie

entfielen.

Die Saat auf den Feldern hat durch diesen strengen Winter sehr gelitten. Die Wintergerste mußte fast alle

umgepflügt werden, desgl. auch ein Teil Winterweizen. Von den Obstbäumen in den Gärten und an den

Landstraßen sind viele erfroren. Allein an der Landstraße Hotteln - Ingeln zählte ich 40 Bäume, die so stark

unter dem Frost gelitten hatten, daß sie entweder ganz trocken da standen, oder nur einzelne Zweige

wieder ausgeschlagen waren.

Dazu kam, daß der Frühling verhältnismäßig trocken war. Die Ernteaussichten waren anfangs nicht rosig.

Schließlich kam doch noch Regen zu rechter Zeit, und die Felder erholten sich sichtlich, so daß noch

Aussichten auf eine gute Ernte entstanden. Als dann aber die Erntezeit anbrach, setzte Regen ein. Zwar

konnte der Roggen noch geborgen werden. Weizen und Hafer aber, teils gemäht, teiIs noch auf dem Halm,

blieben im Felde stehen. Die Regenzeit dauerte sieben Wochen, so daß Weizen und Hafer in den Stiegen

und auf dem Boden zu wachsen anfingen. Erst mit dem 25. August änderte sich das Wetter, so daß zu

hoffen ist, daß noch ein Teil der Ernte gerettet werden kann.

Der Krieg weitete sich durch die Schuld der Feinde aus und machte Norwegen zum Kriegsschauplatz. Doch

kamen wir den Feinden zuvor und besetzten dieses Land am 9.4.40. In einem 21-tägigen Ringen

wurden das Land in Besitz genommen, und der Engländer aus Namsos und Narvik vertrieben.

Am 10. Mai begann die Offensive im Westen. In einem einzigen Siegeszug durch Holland, Belgien und

Frankreich wurden die Feinde zu Boden geworfen, die Maginotlinie durchbrochen und zerstört.

Am 25. Juni erfolgte der Waffenstillstand zu Compiègne mit Frankreich. Die stärkste Landmacht Europas

streckte die Waffen.

In diesen Kämpfen im Westen wurden Heinrich Plinke und Willi Thiemann verwundet. Walter Plinke, kaum

an die Front gekommen, fiel am 11. Juni bei Breisach auf dem Felde der Ehre bei einem Fliegerangriff. Er

ist auf dem Friedhofe zu Achkaaren bei Breisach beigesetzt.

Die Opferfreudigkeit der Heimat zeigte sich in den Sammlungen des Winterhilfswerks 1939-40. Folgendes

Ergebnis wurde dabei erzielt:

Der Eintopf ergab:………………………………….285,82 RM,

die Haus- und Straßensammlungen……….407,20 RM,

die Landhilfe………………………………………..1100,00 RM

Insgesamt: 1193,02 RM

Die NS-Frauenschaft Ingeln spendete im Juli 1940 einem Lazarett in Hildesheim:

11 Kuchen, 2 Topfkuchen, 51 Flaschen Himbeersaft und 160 Eier.

An Gemüse- und Obstkonserven wurden von der Zelle Ingeln 700 Büchsen zusammengebracht.

Die Sammlungen für das Hilfswerk des Deutschen Roten Kreuzes in der Zeit vom 1.4.-18.8.40 hatten

folgendes Ergebnis:

1. Sammlung………………..129,95 RM,

2. Sammlung………………..185,85 RM,

3. Sammlung………………..224,70 RM,

4. Sammlung…….………….231,20 RM,

5. Sammlung………………..243,45 RM,

6. Sammlung………………..275,90 RM,

7. Sammlung………………..293,50 RM.

Insgesamt: 1584,55 RM.

Die Führergeburtstagsspende brachte 13 Zentner Altmaterial.

In den letzten Tagen des Monats September 1940 kehrten die siegreichen Truppen der 19. Div. aus

Frankreich zurück, nachdem sie an den Kämpfen in Polen und der Niederwerfung der Westmächte

entscheidenden Anteil gehabt hatten. Auch unser Dorf erhielt eine kleine Einquartierung auf

51


unbestimmte Zeit. Teile einer Veterinärkmp. (etwa 40 Mann mit ebensoviel Pferden) bezogen hier

Quartier. Die Truppe kam aus Frankreich. Durch die Ortsgruppe wurde ihr ein festlicher Empfang bereitet.

Am Westeingang des Dorfes war eine Ehrenpforte errichtet. D.J. - J.M. - und Kindergarten bildeten Spalier.

Bei ihrer Ankunft wurde die Truppe begrüßt und herzlich willkommen geheißen, worauf der Führer der

Truppe dankte. Bei ihrem Durchmarsch durchs Dorf wurden den Soldaten von den Kindern in reichem

Maße Blumen überreicht. Dann gings in die Quartiere. - Drei Wochen hat die Truppe hier gelegen. Die

Komp. war auf die Dörfer Bledeln, Hotteln und Ingeln verteilt.

Inzwischen war die Feldarbeit rüstig vorwärts gegangen, da die Gespanne der Vet.-Komp. einschl. Mann

den Bauern zur Verfügung gestellt wurden. Am 15.10.40 erfolgte der Abmarsch der Komp. nach Bergen

zum Truppenübungsplatz.

1941.

Der Winter des Jahres 1940/41 war ebenfalls streng und lang. Infolgedessen wurde die Bestellung der

Felder im Frühjahr lange hinaus geschoben. Im Juni mußte teilweise noch geheizt werden. Dazu war das

Frühjahr verhältnismäßig naß. Viel Gerste und Weizen waren ausgewildert.

Infolge der Nässe und Kälte war der Stand der Saat nicht gut. Dann setzte Anfang Juni ein warmer

Gewitterregen ein, der auch sehr ausgiebig war. Nun konnte man von Tag zu Tag feststellen, wie sich die

Saat erholte. Nach einigen Wochen hatte sich ihr Stand so gewandelt, daß man mit einer sehr guten Ernte

für dieses Jahr rechnen konnte. Leider ließ das Wetter in der Erntezeit sehr zu wünschen übrig. Durch das

nasse und kalte Frühjahr war die Ernte sehr hinausgeschoben worden. Die erste

Gerste wurde erst um den 20. Juli gemäht. Der Roggen konnte teilweise noch bei gutem Wetter geborgen

werden. Dann setzte aber anfangs August eine Regenzeit ein, die bis Ende des Monats dauerte. Dadurch

haben Weizen und Hafer teilweise sehr gelitten. Doch ist der Schaden nicht so

schlimm geworden, als man anfangs glaubte, sodaß noch mit einer guten Durchschnittsernte zu rechnen

ist. Die Kartoffelernte fiel in diesem Jahre sehr gut aus. Viele kleinere Bauern wissen sie kaum zu lassen.

Durch den früh einsetzenden strengen Frost konnten in manchen Gegenden die Kartoffeln nicht alle

geborgen werden. - Auch Futter ist reichlich gewachsen.

Im Verlaufe des Krieges hatten wir des öfteren unter Fliegeralarm zu leiden. Die Angriffe feindlicher Flieger

richteten sich meistens gegen Hannover, Misburg, Lehrte, Hildesheim und Peine. Sie waren im

allgemeinen nicht von langer Dauer. Den längsten Alarm und den heftigsten Fliegerangriff auf Hannover

erlebten wir in der Nacht vom 10. Zum 11. Februar d.J. Schon um 21.30 Uhr wurde Alarm gegeben, der

bis morgens 4 Uhr anhielt. Bei diesem Angriff wurden auch in hiesiger Gegend viele Brand- und einige

Sprengbomben geworfen, die jedoch nirgends zündeten, da sie meistens ins freie Feld fielen. Unsere

Kinder haben am andern Tage eine ganze Menge solcher ausgebrannten Bomben in der Feldmark

aufgelesen. In Oesselse mußte ein kleiner Brand gelöscht werden, der dadurch entstanden war, daß eine

Brandbombe vor einem Hause auf eine Miste fiel. Hinter der Oesselser Schule sind in einer Entfernung

von etwa 300 m vier Sprengbomben niedergegangen, die einen gewaltigen Trichter hinterließen. Allein

im Landkreis Hildesheim wurden in dieser Nacht 39 Sprengbomben geworfen, die jedoch zum Glück alle

ihr Ziel verfehlten.

Ein weiterer schwerer Angriff erfolgte im August d.J. Dabei wurden Sprengbomben in Hotteln und Bledeln

geworfen, die einige Zerstörungen an Häusern anrichteten. In Bledeln erlitt eine Frau durch einen

Bombensplitter eine Fußverletzung als sie in Begriff war, den Luftschutzkeller aufzusuchen. Ihr wurde der

Fuß abgeschlagen. Sie erlag ihrer Verletzung durch Verbluten, da keine ärztliche Hilfe zur Stelle war.

Kriegswinterhilfswerk 1940/41.

Auch in diesem Jahre war die Opferfreudigkeit für das W.H.W. in unserer Gemeinde groß. Der

Gesamtertrag erfuhr eine wesentliche Steigerung. Sämtliche Sammlungen brachten einen Betrag von RM

1744,76. Die Landwirtschaftsspende ergab RM 1117,-, so daß insgesamt RM 2861,76 abgeführt werden

konnten. Das Hilfswerk für das Deutsche Rote Kreuz erzielte einen Betrag von 1417,42 RM (1941)

52


Ortswachen.

Zum Schutz des Dorfes bestehen seit Ausbruch des Krieges Ortswachen. Alle männlichen Bewohner des

Ortes werden dazu eingeteilt. Es wachen immer zwei Mann, die erste Nr. in der Zeit von 23 – 1.30 Uhr,

danach die zweite Nr. bis 4 Uhr. Diese Wachen sind hauptsächlich gegen Fliegerabwehr eingerichtet.

Auf dem Felde der Ehre gefallen.

Mit rauher Hand griff der Krieg auch in diesem Jahre in unsere Dorfgemeinschaft und riß liebe Kameraden

aus unserer Mitte.

Am 1.7.41 fiel auf dem Felde der Ehre Willi Thiemann, Gefr. in einem Panzerregiment, im Nachtgefecht

bei Ptycza. Er hatte den Auftrag, aus einer gefährdeten Stellung ein Krad zurückzufahren. Dabei ist er auf

russische Kräfte gestoßen, die an einer Stelle durchgebrochen waren. Laut Schreiben seines

Kompanieführers muß ein Kampf stattgefunden haben, denn neben ihm lagen gefallene Russen, bis ihn

der tödliche Kopfschuß erreichte.

Mit seinen 3 Brüdern war er hinausgezogen, um Heimat und Herd zu schützen. lm Feldzuge gegen

Frankreich erwarb er sich das E.K. Eine leichte Verwundung, die er sich in den Kämpfen zugezogen, hätte

ihm die Möglichkeit gegeben, zurückzukommen. Aber er mochte sich nicht von seiner Truppe zu trennen.

Er blieb bei seinen Panzern und kaum war die Wunde einigermaßen geheilt, da finden wir ihn wieder in

der kämpfenden Front. Später kommt er mit seinem Regiment auf den Balkan. Von hier kam er auf den

russischen Kriegsschauplatz, wo er als der jüngste seiner Brüder das höchste Opfer auf sich nahm.

Wie so viele andere, wie auch sein Vater im Weltkriege, hat Kamerad Heinrich Alpert seine Treue und

Liebe zu Führer und Volk mit dem Tode besiegelt. Es war ihm nicht vergönnt, mit der Waffe in der Hand

stürmend sich dem Feinde entgegenzuwerfen. Einem ruchlosen Bombenanschlag fiel er in Jugoslawien

zum Opfer. Am 4.8. erlag er seinen schweren Verletzungen im Kriegslazarett Nisch.

Kriegseinsatz der Schuljugend.

Wie im Weltkriege, so stand die hiesige Schuljugend auch wieder im Kriegseinsatz. Dahin gehört zunächst

ihre Hilfe in der Landwirtschaft.

Beim Rübenverziehen, Krauten, Flachsrupfen, Rübenroden und den übrigen Erntearbeiten war unsere

Schuljugend tätig. Daneben hatte sie allerhand kriegswichtige Sammlungen durchzuführen, die ein

beachtenswertes Ergebnis zeitigten.

Es wurden gesammelt:

A. Arznei- und Heilkräuter:

1. Brennesselblätter……………………………………………………0,655 kg trocken.

2. Brombeernblätter…………………………………………………..0,935 „ „

3. Himbeerblätter……………………………………………………….2,550 „ „

4. Spitzwegerichblätter……………………………………………….0,080 „ „

5. Haselnußblätter………………………………………………………1,420 „ „

6. Kamillenblüten………………………………………………………..1,000 „ „

7. Schafgarbenblätter………………………………………………….4,410 „ „

8. Schafgarbenblüten………………….…………………….………..2,000 „ „

9. Maiblumenblätter…………………………………………………..1,420 „ „

10. Erdbeerblätter………………………………………….……….….1,350 „ „

11. Huflattichblätter……………………………………………………0,780 „ „

Sa. 16,600 kg.

Das ist in grüner Ware das 20-30-fache.

B. Altmaterial.

1. Schrott……………………………………………………………….…3230,50 kg.

2. Lumpen…………………………………………………………………..280,25 kg.

3. Papier……………………………………………………………………..279,- kg.

4. Knochen………………………………………………………………….256,- kg.

5. Staniol u.a. Altmaterial……………………………………………..50,- kg.

Sa. 4095,75 kg.

Diese Ergebnisse wurden bis Ende 1941 erzielt.

53


Die Spinnstoffsammlung im August 1941 brachte als Resultat 12 Zentner alte Stoffe.

Der Winter 1941/42 begann schon Anfang November mit einigen Tagen strengen Frostes, so daß die

infolge längerer Regenzeit noch nicht geernteten Kartoffeln erfroren sind. Danach ließ der Frost nach und

das ganze 1.Viertel des Winterhalbjahrs war recht milde. Erst im Januar 1942 setzte wieder strenger Frost

ein, der nun schon einige Wochen anhält und an manchen Tagen 25 Grad Kälte erreichte. Aus diesem

Vierteljahr sind vor allem folgende Sammlungen hervorzuheben:

1. Die Grammophon und Schallplatten-Sammlung, die in der hiesigen Ortsgruppe 176 Stück

Schallplatten zusammenbrachte,

2. Die Flaschensammlung, die ein Ergebnis von 1500 Stück Flaschen innerhalb der Ortsgruppe erzielte.

3. Die Pelz- und Wollsachen-Sammlung in der Zeit vom 27. Dez. – 11. Jan. 1942 für unsere Soldaten an

der Ostfront. Diese Sammlung hatte das folgende Resultat:

1. Hemden……………………..7 Stck, 9. Handschuhe..................17 Paar

2. Unterhosen………………..8 “ 10. Taschentücher………………2 Stck.

3. Kopfschützer…………....11 “ 11. Lungenschützer…………….9 Stck.

4. Strickwesten………..…..18 “ 12. Leibbinden……………..…..10 Stck.

5. Pulswärmer………………51 “ 13. Filzsohlen………………………1 Paar

6. Muffs………………….………2 “ 14. Ohrenschützer……..……….8 “

7. Pelzkragen………………..18 “ 15. Wolldecken……..……………1 Stck.

8. Strümpfe…………………..51 Paar __

268 Stück 76 Stck.

Zum Arbeitseinsatz waren in der bisherigen Kriegszeit nicht immer die Kräfte vorhanden, die nötig waren,

die landwirtsch. Arbeiten zu bewältigen. Das war vor allem in den Jahren 1939/40 der Fall. Es

wurden daher kriegsgefangene Polen eingesetzt. Wie im Weltkriege, so wurde auch dieses Mal ein

Kriegsgefangenen-Lager auf dem Saale des Gastwirts Behrens eingerichtet. Die Kriegsgefangenen

arbeiteten tagsüber auf den verschiedenen Bauernhöfen. Später wurde das Lager aufgelöst, die

Kriegsgefangenen auf den Höfen als Zivilarbeiter beschäftigt. Sie erhielten einen gemeinsamen

Schlafraum auf dem Grundstück der Stiftung. Die hiesige N.S. Frauenschaft stellte dazu ihren

Frauenschaftsraum zur Verfügung.

Auch einzelne Italiener wurden in diesen Jahren als Landarbeiter hier beschäftigt.

Der frühere Hinzesche Hof, jetzt bewirtschaftet vom Ortsgruppenleiter O. Wehner, beschäftigt

gegenwärtig nur einen deutschblütigen Mann als Großspänner, während außer dem Schweizer alle

anderen 9 Arbeitskräfte Polen sind, darunter eine Familie mit 4 Kindern.

1942.

Wie schon erwähnt brachte der Januar sehr strenge Kälte. Im Interesse der Kohlenversorgung der

Bevölkerung wurden auf Anordnung des Herrn Landrats die Berufs- und Volksschulen des Landkreises

Hildesheim von Mittwoch, den 28. Jan. – 11. Febr. einschl. geschlossen.

Durch Verfügung des Herrn Oberpräsidenten wurde danach die Schließung sämtlicher Schulen

angeordnet.

Anfang Februar ließ die scharfe Kälte nach. Doch 7-9 Grad unter Null zeigte das Thermometer immer noch.

Dabei schneite es sehr viel. Durch den heftigen Ostwind, der vielfach herrschte, entstanden überall

Schneeverwehungen, die den Verkehr empfindlich störten. An allen Straßen lagen Autos, die im Schnee

stecken geblieben waren. Teilweise waren sie am andern Morgen so von Schnee zugeweht, daß nur noch

das Verdeck hervorschaute. Wochenlang fährt kein Postauto. Die Brief- und Paketpost, die von Hannover

kommt, nimmt ihren Weg durch das Holz bis Müllingen. Von dort haben die Dörfer ihre Post durch Boten

abzuholen.

Da die Straßen trotz Schneeschaufeln immer wieder zugeweht sind, nehmen Fußgänger und Schlitten

ihren Weg quer über das Feld. Ende des Monats schien es, als sollte Tauwetter einsetzen. Doch war dieses

nur von kurzer Dauer. Nach zwei Tagen setzte wieder Frost und Schneefälle ein, verbunden mit starkem

Ostwind, so daß heute, am 5. März, solche Schneeverwehungen vorhanden sind, daß nirgends

54


durchzukommen ist. Post und Straßenbahn liegen wieder still. Auch zu Fuß ist nicht fortzukommen. Am

6.3. zeigte das Thermometer wieder -15 Grad. – Seit dem 9.3. taut es, wenn es auch nachts noch friert.

Am 26.1. ab 20.30 Uhr erfolgte wieder ein Fliegerangriff auf Hannover. Auch dieser Angriff richtete sich

nur gegen Wohnviertel und forderte außer einer Anzahl Verletzter 29 Tote. Unsere Gegend hatte dieses

Mal weniger unter dem Angriff zu leiden. Gegen 11 Uhr wurde der Alarm wieder aufgehoben.

Am 15.2.42 erhielt die Familie Hermann Plinke die Nachricht, daß ihr Sohn Karl infolge schwerer

Abwehrkämpfe vor Moskau seit dem 18.12.41 vermißt werde und trotz aller Mühe seiner Kompanie nicht

aufzufinden sei. Man müsse annehmen, daß er in Gefangenschaft geraten sei. – Besonders schwer ist

gerade diese Familie heimgesucht: Der jüngste Sohn fiel am 11. Juni auf dem Felde der Ehre, ein weiterer

wurde im Westfeldzuge schwer verwundet und mußte entlassen werden, der zweitjüngste steht als

Artillerist noch an der Ostfront.

Karl Plinke ist der 2. Angehörige unserer Gemeinde, den dieses Geschick betrifft. Seit dem 10. Jan. 41 wird

der Oberfeldwebel Gustav Wehrhahn, der als Bordfunker einer Fliegerstaffel 75 mal nach England

geflogen ist, vermißt. Bemühungen seiner Angehörigen durch das Rote Kreuz in Genf etwas über seinen

Verbleib zu erfahren, waren bisher vergeblich. Auch seine Staffel hat keine Verbindung mit jener Kette

von 3 Flugzeugen gehabt, die am genannten Tage sämtlich nicht zurückkehrten.

Spät kommt der Frühling. Jetzt ist zu übersehen, welche Schäden der Winter angerichtet hat. Die Gerste

ist vollkommen ausgewintert, desgleichen der Weizen. Nur ganz wenige Weizenfelder sind gutgeblieben.

Selbst der Roggen hat sehr gelitten. Gut die Hälfte desselben muß umgepflügt werden. Auch der Raps ist

ausgewintert.

Teilweise muß die 2. Aussaat auch wieder umgemacht werden, da die Würmer alles zerstört hatten. Ein

schweres Jahr ist angebrochen. Am 15. März, dem Heldengedenktag, wird in schlichter Feierstunde der

Gefallenen des Weltkrieges, der Bewegung, des jetzigen Krieges gedacht. Desgleichen des Geburtstages

des Führers.

Der Sommer ist kalt und feucht. Dadurch wird die Reife des Getreides auf den Feldern zurückgehalten.

Erst Mitte August setzt die Ernte ein. Die Frucht auf den Feldern steht, trotz der späten Bestellung und

der feuchten und kühlen Witterung, gut. Das Sommerkorn verspricht, wenn

Alles so hereinkommt, eine Mittelernte. Auch die Frühkartoffeln haben eine gute Ernte gebracht, obwohl

es auf schwerem Boden infolge der Nässe viele kranke Kartoffeln gab.

Mitte September war die Getreideernte beendet. Vier Wochen hindurch herrschte prächtiges

Erntewetter, das nur von ein paar leichten Gewittern unterbrochen wurde. Der Körnerertrag von

Sommergerste, Hafer und Sommerweizen war über Erwarten gut.

Die Kartoffelernte gab ebenfalls reiche Erträge, auch die Zuckerrübe verspricht gut zu werden.

Am 18.10. hatte die Ortsgruppe Ingeln 60 Verwundete des Reservelaz. Syltekloster Hildesheim zu Gaste.

Um 11.15 Uhr trafen sie mit der Straßenbahn in Gleidingen ein, von wo sie mit Kutschwagen

abgeholt wurden. Bei ihrer Ankunft in Oesselse und Ingeln wurden sie von Jungmädeln mit Blumen

beschenkt und von den Quartierwirten empfangen, bei denen sie zu Mittag aßen. Leider herrschte den

ganzen Tag regnerisches Wetter, und mancher der Verwundeten hatte schon um Morgen geäußert, doch

lieber in Hildesheim zu bleiben. Um 14.30 Uhr fanden sich die Verwundeten sowie fast alle Dorfbewohner

beider Gemeinden auf dem Saale der Gastwirtschaft Behrens in Ingeln ein, wo bei Kaffee und Kuchen,

Musik, Gesang und Spiel ein paar gemütliche Stunden miteinander verlebt wurden. Zu schnell verging die

Zeit! Nun ging es zum Abendessen in die Quartiere. Nochmals kamen die Quartierwirte mit ihren

Verwundeten auf eine Stunde in der Gastwirtschaft zusammen, um einige Abschiedsmollen zu

genehmigen. Inzwischen waren die Wagen wieder vorgefahren. Nun galts Abschied nehmen! Viele

Jugendliche gaben den scheidenden Soldaten das Geleit bis Gleidingen. Ein schöner Tag war beendet, der

so recht zeigte, wie sehr die Heimat sich mit ihren Soldaten verbunden fühlt.

Kuchen war so reichlich gespendet, daß am folgenden Tage noch 16 ganze Kuchen dem Lazarett

überbracht werden konnten, so daß am Nachmittag die ganze Belegschaft in Stärke von 400 Mann zum

Kaffee mit Kuchen versorgt werden konnte.

55


Die im Sommer dieses Jahres durchgeführte Spinnstoffsammlung hat in der Ortsgruppe 495 kg. ohne die

Kleider, Hosen und Jacken ergeben.

Das Winterhilfswerk 1941/42 brachte folgende Ergebnisse:

1. Opfersonntag.............157,35 RM. 1. Straßensammlg...........88,40 RM.

2. “ 155,40 “ 2. “ 152,45 “

3. “ 144,40 “ 3. “ 150,30 “

4. “ 152,40 “ 4. “ 126,10 “

5. “ 144,10 “ 5. “ 98,30 “

6. “ 144,00 “ 6. “ 176,40 “

7. “ 142,70 “ 7. “ 401,05 “

Sa. 1041,15 “ 8. “ 97,65 “

9. “ 217,45 “

10. “ 102,90 “

Sa. 1611,00 RM

Die Landwirtschaftsspende ergab einen Betrag von 1069,50 RM.

Das Hilfswerk f. d. Deutsche Rote Kreuz ergab folgende Beträge:

1. Sammlung………….……239,65 RM 5. Sammlg……………………238,95 RM.

2. “ 240,45 “ 6. “ 226,75 “

3. “ 283,55 “ 7. “ 224,05 “

4. “ 208,10 “ 1661,50 RM

Auch im Jahre 1942 war die hiesige Dorfjugend im Kriegseinsatz tätig. Vor allem galt es, wie in den

vorangegangenen Jahren, Altmaterial und Heilkräuter zu sammeln.

Die Sammlung von Heilkräutern zeitigte folgendes Ergebnis:

1. Huflattichblüten…………………………0,140 kg.

2. Brennesselblätter……………………….2,590 “

3. Brombeerblätter………………………..1,910 “

4. Himbeerblätter…………………………..8,700 “

5. Erdbeerblätter…………………………...1,330 “

6. Hirtentäschelkraut……………………..1,900 “

7. Spitzwegerichblätter..………………..2,890 “

8. Stiefmütterchen…………………………0,240 “

9. Schlüsselblumenblüten………………0,140 “

10. Schafgarbenblätter…………………..4,620 “

11. Maiblumenblätter..………………….1,490 “

12. Kamillenblüten…………………………4,200 “

13. Holunderblüten..……………………..5,120 “

14. Huflattichblätter………………………1,400 “

15. Schachtelhalm………………………….5,830 “

16. Scharfgarbenblüten………………….6,260 “

17. Haselnußblätter……………………….3,410 “

Insgesamt 52,170 kg trockene Ware.

Die Altmaterialsammlung 1942 ergab folgende Erträge:

1. Lumpen………………………………….289,5 kg.

2. Knochen…………………………………115,- “

3. Papier…………………………………….136,- “

4. Schrott…………………………………3054,5 “

5. Gummi……………………………………..50,- “

6. Zinn………………………………………….20,- “

7. Messing……………………………………20,- “

Sa. 3685,- “

56


1943.

Im Januar des neuen Jahres gelang es den eifrigen Bemühungen des Kameradschaftsführers K. Wilke, der

Kriegerkameradschaft Ingeln-Oesselse 22 Freiplätze der Adolf-Hitler-Spende zur Verfügung zu stellen.

Infolgedessen konnten 22 Soldaten Hildesheimer Genesenden-Komp. einen 14-tägigen Urlaub innerhalb

unserer Ortsgr. verbringen. Diese weilten hier in der Zeit vom 25.1. – 8.2.43.

Folgende Quartiere waren zur Verfügung gestellt:

1. Wilke, K. Hs-Nr. 17.

2. Wehner, O. “ 12.

3. Kracke, O. “ 24. In Oesselse waren 12 Soldaten untergebracht.

4. Osterwald, H. “ 1.

5. Thiemann, H. “ 9. Am 7.2.43 vereinigte ein Biernachmittag Soldaten,

6. Blumenthal, G. “ 14. Quartierwirte und die Kameraden der Krieger-

7. Crone, K. “ 16. Kameradschaft bei Gastwirt Grove, Oesselse zu

8. Langenbartels “ 43. einem gemütlichen Beisammensein.

9. Bertram, H. “ 54.

10. Borchers, F. “ 61.

Der Winter 1942/43 war milder als seine Vorgänger. Infolge dessen sind an der Saat keine Auswinterungen

vorgekommen. Frühjahr und Sommer waren wieder kühl, so daß die Ernte erst um den 20. Juli beginnen

konnte, obwohl die Frühjahrsbestellung 4 Wochen früher von statten ging. Das Erntewetter war gut, so

daß in etwa 4 Wochen die Getreideernte beendet war und der Segen der Felder in den Scheunen

geborgen. Die Körnerernte ist gut ausgefallen. Auch die Kartoffeln haben hier wieder gute Erträge

gezeitigt. Nur die Rübenernte steht zurück, da die Rüben sehr unter Befall zu leiden hatten.

In der Zeit vom 25. Mai - 12. Juni 43 führte die NSDAP. eine Spinnstoff- und Schuhsammlung durch, die

innerhalb der Ortsgruppe Ingeln folgendes Ergebnis hatte:

Spinnstoffe: 375 kg

Schuhe: 60 Paar.

Durch die NSV. waren der Frauenschaft Ingeln 100 Büchsen für Gemüse zur Verfügung gestellt, die an die

Frauenschaftsschwestern verteilt und gefüllt wurden.

Am 8.8. führten dieselben eine Löffelsammlung für Bombengeschädigte durch. Diese Sammlung war vom

Gauleiter angeordnet. Die Löffel sollten der Kreisleitung für oben genannten Zweck zur Verfügung gestellt

werden. Diese Sammlung ergab in unserm Dorf

95 Stück Eßlöffel,

27 Stück Teelöffel.

Auch bei dieser Löffelsammlung zeigte es sich wie bei allen anderen Sammlungen, daß "kleineren Leute"

für die Volksgemeinschaft mehr übrig haben als die Bessergestellten. So haben große Höfe keinen Löffel

gegeben, sondern den Sammlern geantwortet: „Wir haben keine" und ihnen die Tür vor der Nase

zugemacht, während weniger gut situierte Leute nicht einen, sondern 3, ja selbst ein halbes Dutzend

angeboten haben.– Auch die Antwort: „Wer gibt uns etwas, wenn uns alles kaputt geworfen wird", konnte

man hören.

Am 5.9.43 fand in Ingeln ein Militärkonzert statt, welches von der NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“

veranstaltet wurde.

Ein Mädel schreibt in einem Aufsatz darüber:

„Schon seit Tagen hängt an der Anschlagtafel ein Plakat. Von der Straße aus können wir schon lesen:

Militärkonzert. Das ist für uns Kinder eine riesige Freude; denn alle wollen wir zum Konzert. Aber da

tauchen auch schon die ersten Gerüchte auf: "Kinder dürfen nicht auf den Saal". Das war für uns eine

große Pleite, und unsere Freude war umsonst. Als es ½ 7 Uhr war, faßten wir uns doch ein Herz und

versuchten, auf den Saal zu kommen. Es gelang uns. Wir stellten uns an der Wand auf und bald begann

das Konzert. Zuvor hielt der Ortsgruppenleiter eine Ansprache. Dann folgte ein Musikstück dem anderen.

Als 1 ½ Stunde vergangen waren, wurde eine Pause eingelegt. Der zweite Teil begann. Dieser Teil war ein

57


Wunschkonzert. Es wurde viel Geld gespendet. Jeder durfte sich dafür auch ein Liedwünschen. So

ertönten sehr heitere Lieder. Doch bald war auch dieser zweite Teil beendet.

Als das letzte Lied verklungen war, ertönte ein langes „Aaaah!“ Nun wurde es Zeit, daß die Kapelle

fortkam, denn sie mußte mit der letzten Straßenbahn fort, um wieder frühzeitig in der Kaserne zu nein.

Dieses Konzert war ein ganzer Erfolg. An Eintrittsgeld wurden RM 210,-, im Wunschkonzert 350 RM

aufgenommen.

Terrorangriffe auf Hannover

In den Mittagsstunden des 26. Juli überfiel ein Verband nordamerikanischer Luftpiraten die

Gauhauptstadt Hannover. Trotz einwandfreier Sicht wurden Spreng- und Brandbomben fast

ausschließlich auf friedliche Wohnviertel der Stadt geworfen. Im Stadtzentrum selbst sowie in einigen

Außenbezirken entstanden, besonders in Wohnhäusern, größere Brände, durch die zahlreiche

Volksgenossen obdachlos wurden. Wie in anderen vom feindlichen Luftterror betroffenen Städten des

Reiches wurden im Stadtzentrum wertvolle Kulturdenkmäler angegriffen und vernichtet. So sind das

Opernhaus, die Marktkirche, das Leineschloß und das Wangenheimsche Palais ein Opfer der Flammen

geworden. Es wurden ferner mehrere öffentliche Gebäude getroffen und das weltberühmte Café Kröpke

vernichtet.

Wie nach Abschluß der Bergungsarbeiten nun feststeht, beträgt die Zahl der bei dem Terrorangriff auf die

Stadt Hannover zum Opfer gefallenen deutschen Volksgenossen insgesamt 273.

Hierin einbegriffen sind auch die Gefallenen der Wehrmacht, die ihren Einsatz zur Rettung anderer

Volksgenossen mit dem Leben bezahlten.

In der Nacht von 22.-23.9. erfolgte ein weiterer Terrorangriff auf Hannover. Kurz nach 22 Uhr wurde Alarm

gegeben. Gleich danach setzte auch schon die Abwehr ein. Bel diesem Angriff hat besonders die Südstadt

mit ihren Vororten und die ländliche Umgebung gelitten. Wülferode, Bemerode, Laatzen, Grasdorf,

Rethen, Gleidingen und andere Landgemeinden sind dabei schwer heimgesucht.

Auch das Gebiet unserer Ortsgruppe wurde in Mitleidenschaft gezogen. Zahlreiche Fensterscheiben

gingen entzwei, ja ganze Fensterrahmen wurden herausgerissen. Größere Dachschäden entstanden in der

Schule, der Stiftung, an zahlreichen Scheunen. Die hiesige Scheinwerferstellung wurde von einer Luftmine

getroffen, die alles zerstörte. Ein Toter und zwei Leichtverletzte sind zu beklagen. In Oesselse brannte die

Scheune von Wilh. Hennies infolge Brandbombentreffer nieder. In der Feldmark liegen unzählige

Brandbomben, Blindgänger anderer Bomben, Phosphorkanister zerstreut. Wären die auf die beiden

Dörfer niedergegangen, stände von ihnen nichts mehr. Allein in der Feldmark Oesselse sind 1600

niedergegangene Bomben aller Art gezählt.

Ein weiterer Angriff auf Hannover erfolgte in der Nacht vom 27.-28.9., der vor allem die Nordstadt traf.

Bei diesem Angriff haben unsere Dörfer keinen Schaden erlitten. In Bledeln brannte infolge Einschlagens

einer Brandbombe die Scheune des Bauern Hapke nieder.

Wenige Tage darauf wurde Hannover von einem neuen, schweren Angriff heimgesucht. Es war in der

Nacht vom 8. zum 9. Okt. 1943, als um 1 Uhr Alarm ertönte und die Einwohner unseres Ortes in ihren

Erdbunkern Zuflucht suchten. Auf Anordnung der Behörde hat fast jede Hausgemeinschaft einen

überdeckten Schutzgraben angelegt, da die Keller in den Dörfern nicht widerstandsfähig genug sind.

Hierin sucht jede Hausgemeinschaft mit ihren unentbehrlichsten Habseligkeiten Schutz. Man fühlt sich in

diesen Gräben auch sicherer, als in den Kellern der Häuser.

Bei diesem Angriff ist die hiesige Gegend kaum in Mitleidenschaft gezogen. Hannover jedoch hat schwer

gelitten. Süd- und Mittelstadt sind ein Flammenmeer gewesen. Dreiviertel der Stadt

sind als vernichtet anzusehen. Hunderttausende sind obdachlos geworden. Der Strom dieser vom

Schicksal so schwer getroffenen Menschen fand zunächst in der näheren Umgebung Hannovers

Unterkunft. Auch unser Dorf beherbergte 10 Tage lang 120 Obdachlose die nach dieser Zeit in den

Kreis Rinteln überführt wurden, um für neuen Zugang Platz zu machen, da mit weiteren Angriffen auf

Hannover u. Hildesheim gerechnet wird.

58


Nur einige Familien sind in Ingeln zurückgeblieben und in folgenden Hausgemeinschaften untergebracht:

Familie Hildebrandt bei H. 0sterwald, Ingeln Nr. 1.

" K. Thiemann " H. Thiemann, " " 9.

" Kellner " K. Crone, " " 16.

" Bock u. Frau Fey " K. Wilke, " " 17.

Frau mit Kind " K. Thiemann, " " 25.

Fam. Lindemann " F. Behrens " " 30.

" Holtmann " A. Block " " 58.

" Landwer u. Fam. Peters bei F. Borchers, Ingeln Nr.61.

Zusammenstellung der Schulsammlungen während der Kriegszeit.

A. Altmaterial

1. Schrott, bis Ende 1941 3230,5 kg.

1942 3054,5 kg.

1943

2. Lumpen, bis Ende 1941 280,25 kg.

1942 289,50 kg.

1943

3. Papier, bis Ende 1941 279,- kg.

1942 136,- kg.

1943

4. Knochen, bis Ende 1941 256,- kg.

1942 115,25 kg.

5. Sonstiges Altmaterial 1941 50,- kg.

1942 90,- kg.

1943

B. Arzenei- u. Heilkräuter 1941 16,6 kg. trocken.

1942 54,1 kg. "

Zusammenfassung der Geldspenden für das Winterhilfswerk in der Kriegszeit

A. Winterhilfswerk 1939-40 RM 1793,02

1940-41 RM 2861,76

1941-42 RM 2652,15

1942 Landwirtschaftsspende RM 1069,50

B. Hilfswerk für das Deutsche Rote Kreuz

1940 RM 1584,55

1941 RM 1417,42

1942 RM 1661,50

59


Aus Feldpostbriefen an die Schule

N.B. Veranlassung zu den folgenden Feldpostbriefen gab die Versendung von Bilderzeitschriften an die

Front.

1. Liebe Volksschule Ingeln!

Aus der mir geschickten Zeitschrift habe ich ersehen, daß ihr uns im kalten Winter hier in Rußland doch

nicht vergeßt und sogar für Lesestoff sorgt-. Möchte mich hierdurch vielmals bedanken.

Recht viele Grüße von der Front.

Unteroffz. Friedr. Wehrhahn.

2. Sehr geehrter Herr Borchers!

Gestern erhielt ich von der Volksschule Ingeln die Zeitung „Der Adler“. Ich habe mich sehr gefreut und

sage Ihnen recht vielen Dank dafür. Denn jetzt hatten wir etwas Zeit zum Lesen und Sachen instandsetzen.

Das Weihnachts- und Neujahrsfest haben wir hier den Verhältnissen entsprechend, gut verlebt. Es ist nur

sehr kalt hier. Die größte Kälte war 47 Grad. Wir hoffen, daß es nicht noch kälter wird. Die letzten Tage

war es ein sehr häßliches Wetter draußen, Schneetreiben und sehr starker Sturm. Die längste Zeit wird es

wohl Winter gewesen sein und mal wieder Frühling werden. Im Augenblick haben wir ein gutes, sauberes

Quartier, was sonst meistens nicht der Fall ist. Am ersten Dezember bin ich zum Gefreiten befördert. Die

Post nach hier dauert meistens sehr lange. Mir geht es gut, hoffe dasselbe auch von Ihnen. Hoffentlich

sehen wir uns gesund in der Heimat wieder.

Es grüßt herzlich

Im Felde, den 5.2.42

Heinr. Klaus.

3. Rußland, 22.2.1942.

Liebe Jungen und Mädel!

Nach langer Zeit haben wir mal wieder Post in unsere Feuerstellung bekommen. Ich war sehr erfreut, als

ich einen Gruß von Euch dabei hatte. Recht schönen Dank.

Was wollt Ihr denn nun mal gerne wissen? Die großen Erfolge etc. habt Ihr ja im Radio oder in der Zeitung

miterlebt. Was unsere Infanterie geleistet hat, ist gar nicht zu beschreiben. Einen großen Feind haben wir

nun auch überstanden, das ist der "General Winter". Wenn jetzt wieder gutes Wetter wird, dann muß der

Russe laufen gehen.

Nun etwas von der großen Kultur der Russen. Ihr könnt Euch kein Bild davon machen. In Rußland gibt es

kaum feste Straßen, schlimmer wie unsere Feldwege, in den Dörfern kein Licht, keine Wasserleitung und

Häuser, man könnte sie mit einem alten Zigeunerwagen vergleichen. Wenn eine Granate hereinhaut,

dann bleibt ein kleiner Dreckhaufen über. Manchmal wohnen Menschen und Tiere in einer Stube. Sehr

viele Leute können nicht lesen und schreiben.

Eure Schule ist natürlich viel, viel schöner als die russischen.

Man könnte noch mehr schreiben, aber da müßte ich schon ein dickes Buch haben. Eines möchte ich Euch

noch schreiben: Es gibt kein schöneres Land, als unser liebes Deutschland!

Die besten Grüße aus dem Osten sendet Euch

Alfred Thiemann.

4. Im Osten, den 20.4.42.

Liebe Schüler und Schülerinnen!

Erst heute erlaubt es meine Zeit, Euch mal kurz ein paar Zeilen zu schreiben. Zunächst möchte ich es nicht

versäumen, Euch für die Zeitschrift "der Adler"zu danken. Habe mich sehr darüber gefreut. Auch weiß ich,

daß Ihr mit Euren Gedanken bei uns seid.

Zum Schluß will ich Euch mal kurz das Sowjetparadies schildern. Hier kann man kilometerweit

marschieren, ehe man mal an eine Stadt oder Dorf kommt. Die Häuser sind fast alle aus Lehm gebaut und

mit Strohdächern. Die Hauptstraßen sind hier so, wie bei uns die schlechtesten Feldwege. Hühner und

Schweine haben die Leute in der Küche. Schlafen tun die Leute auf dem Backofen. Betten kennen sie hier

fast gar nicht. Ich kann Euch nur schreiben, daß es nur ein Deutschland gibt.

60


Ich hoffe, daß Euch diese kurzen Zeilen genügen werden und würde ich mich sehr freuen, wenn ich von

Euch mal wieder einen Gruß aus der Heimat erhalten würde. Euer Soldat Erich Krüger.

5. Im Osten, am 19.3.1942.

Liebe Familie Borchers!

Obwohl die Winterstürme, die ja gleichzeitig hier nie Vorboten des Frühlings sind, über das flache Land

fegen, noch dazu mit solcher Heftigkeit und Kältegraden bis zu 38 (gestern gemessen), daß ich lebhaft an

die Schneezeit um die Jahreswende erinnert werde, läßt sich der Frühling nicht aufhalten. In wenigen

Tagen ist Frühlingsanfang, das Osterfest ist nicht mehr weit und alltäglich bekräftigt die Sonne unsere

Hoffnungen, wenn sie mittäglich ihre Kreise höher und höher zieht. Es ist doch ein ganz anderes Gefühl

zu wissen, daß die Macht des Winters gebrochen ist. In diesem Feldzuge sind mir die Augen erst richtig

aufgegangen, und jedem Kameraden wird es ähnlich ergangen sein. Man weiß, was Leben ist, lernt die

Sonne kennen und weiß, was Brot ist. So gibt es noch vieles, was man im alltäglichen Leben noch gar nicht

erkannt und begriffen hat. Kleinigkeiten erhalten hier ganz andere Maße. Welche Freude kann eine Karte,

ein Brief oder ein Päckchen auslösen. Und dann all die guten Sachen darin, sie bedeuten ein

Schlaraffenland. -

Ja, es ist alles wohlbehalten angekommen, wenn auch nach einem Zeitraum von drei Monaten…

Es grüßt Euch vielmals

Euer Wilhelm.

6. Im Osten, am 3.5.42.

Liebe Familie Borchers!

Fast hätte uns der Frühling, wie er sich hierzulande oft seltsam auszutoben scheint, einen weißen Mann

gebracht. Zwei Tage vor dem so vielversprechenden Monat war das ganze Land noch einmal mit einem

weißen Mantel bedeckt. Aber auch diese Erscheinung und die Nachtfröste haben nichts mehr von dem

winterlichen Schrecken an sich. Dafür wechselt dieses Land das Thema und schreibt auf sein Programm

den Kampf mit Schlamm und Wasser. Alles jedoch, was man schon einmal erlebt hat, läßt die Wirklichkeit

nicht so schlimm erscheinen, und so ist es auch gewesen. Ich glaube, wir haben das „dreckigste“ Ende

schon überwunden, und es ist wirklich ganz gut gegangen. Zumindestens war es nicht schlimmer als im

letzten Herbst. – Es ist dies Land ein Land, in dem die Menschen stets ein Gefecht mit der Natur

durchzustehen haben. Nach dieser Zeit kommt die heiße Zeit, auf die wir uns jedoch, wie ihr verstehen

werdet, alle freuen. Endlich Sonne und Luft an den Körper! Sand und Dürre vermögen uns nicht zu

schrecken und dann, das vergessen wir nicht, kommt der Tag der Abrechnung. Der Volksmund sagt: Rache

ist süß. – Die ersten Anzeichen der kommenden Offensive sind schon da. Glaubt mir, wir alle warten schon

auf den Tag. Ob wir wohl wieder dabei sind? –

Es grüßt Euch bei bester Gesundheit

Euer Wilhelm.

7. Im Westen, 13.5.42.

Liebe Schüler und Schülerinnen!

Für Eure Zeitung, die ich gestern erhalten habe, sage ich allen meinen herzlichsten Dank. Jeder Soldat

freut sich, wenn er eine Botschaft aus der Heimat bekommt, zumal, wenn er in Rußland ist. Da wir hier

nicht an Land kommen und auch aus keiner Zeitung etwas aus der Heimat erfahren können, habe ich mich

doppelt gefreut über Eure Zeitung und vor allem über den Ausschnitt aus der Ortsgruppe Ingeln.

Ich stehe hier mitten in der Ausbildung. Diese ist aus irgend welchen Gründen verkürzt. Ich werde wohl

schon Ende Mai hier wegkommen. Richtet Euch bitte danach, wenn Ihr zurückschreiben wollt. Meine neue

Adresse werde ich Euch dann bekannt geben. Durch das Verschicken von Zeitungen an Soldaten tut Ihr

eine gute Tat. Ein Soldat an der Front fühlt sich unwillkürlich stärker mit der Heimat verbunden, wenn er

eine Zeitung bekommt. Meine Zeit ist leider knapp bemessen, so daß ich jetzt schließen muß.

Euer Matrose

Walter Blumenthal.

61


8. Im Norden, den 15.5.42

Sehr geehrter Herr Borchers!

Im Geiste sehe ich meine Heimat im Frühlingskleid, während hier bei uns noch Schnee- und Regenschauer

in schneller Folge wechseln.

Ende April war es schon sehr warm, aber jetzt ist es wieder kalt geworden. Tag für Tag müssen wir noch

tüchtig heizen. Trotzdem sind wir alle froher Laune. Die Tage werden hier schon länger. Ich kann mich gar

nicht daran gewöhnen. Vor allem komme ich mit der Uhrzeit nicht klar. Oft kommt es vor, daß ich

annehme, es sei 20 Uhr, wenn es in Wirklichkeit schon 22 Uhr 30 ist. Kameraden, die schon länger in

Norwegen sind und schon einen dieser komischen Sommer mitgemacht haben, erzählen, daß sie oft des

Nachts um ein Uhr aufgestanden sind und eine Stunde Fußball gespielt, weil sie nicht einschlafen konnten.

Das kann ja heiter werden.

Die allgemeine Lage ist hier dieselbe wie bei meiner Rückkehr vom Urlaub. Der Amerikaner hat ja einen

Versuch unternommen, in Spitzbergen Truppen zu landen. Er hat sein Vorhaben aber schnell aufgeben

müssen, nachdem unsere Luftwaffe ihm einen gehörigen Denkzettel erteilt hat. Somit hat sich wieder

einmalerwiesen, daß dort, wo der deutsche Soldat steht, kein anderer Soldat hinkommt.

Mit den besten Grüßen an Sie und Ihre Frau verbleibt Ihr Heinrich Blumenthal.

9. Im Osten, am 21. Juni 1942.

Liebe Familie Borchers!

Das ist die rechte Zeit, einmal einen Gruß in die Heimat zu schicken. Schon Tage hindurch das gleiche

Wetter: Einer regenschweren Nacht folgt die herrliche Geburt eines neuen Tages mit strahlender Sonne

und schillerndem Himmel. Es währt aber nicht lange, da blasen die Winde helle Wolken vom Westen her

zu uns und bald ist aus einem sonnigen Morgen ein träger Tag geworden, in dem sich Regenschauer und

zerfetze Wolkengebilde sich ablösen. Wenn es dann soweit ist, ziehen wir uns in unser Zelt zurück. Oh,

daß Ihr nicht denkt, solcher Zustand ähnele dem einer Verbannung. Uns kann das Wetter garnichts

anhaben. Unser Zelt ist unser Heim. Einen halben Meter unter der Erde mit Bretterfußboden (bei uns aus

Parkett) und Holzverschalung der Wände, vor der Tür einen kleinen Wald mit Rasenbatzen und einen

feinen wuscheligen Tannenbäumchen. Manchmal, wenn es nicht kracht und immer bullert, könnte man

den Krieg vergessen u. meinen, man sei in einer Sommerfrische. – Versagt uns der Petrus das gute Wetter,

so bleiben wir im Zelt und hören uns das Lied des Regens an, wie eben jetzt, da ich Euch schreibe…

Morgen nun begehe ich ein „Einjähriges“. Dieses Mal eines in Rußland. Ihr könnt Euch denken, daß sich

uns allen eine Frage auftut, nämlich die, wieviel Tage sich an das eine Jahr wohl noch anschließen mögen.

Nun, wir werden ja sehen.

Herzliche Grüße!

Euer Wilhelm.

10. Rußland, den 23. VI. 42

Sehr geehrter Herr Borchers!

Zunächst recht herzlichen Dank für Ihren Brief, den ich vor einigen Tagen erhalten habe. Die Freude war

groß, wieder etwas aus der Heimat zu hören. Zur Zeit haben wir hier herrliches Wetter. Seit einigen Tagen

hin ich wieder bei der Kompanie und habe meinen alten Platz wieder eingenommen.

War zwei Monate bei den Italiern mit einem Leutnant, der dort Verbindungsoffizier war. Habe dort eine

gute Zeit verlebt, die mir ewig in Erinnerung bleiben wird. Aber auch hier bei der Kompanie ist es ruhig,

und ich habe ein gutes Leben. In der Nacht besuchen uns allerdings die Flieger und stören uns durch ihre

Bomben in unserer Nachtruhe, was uns ja nicht mehr erschüttern kann.

Gestern vor einem Jahr hörten wir morgens die ersten Schüsse und manchem wurde etwas anders zu

Mute. Auch bei mir war es so, denn es war erste Feldzug, den ich mitmachen durfte. Nun ist bereits ein

Jahr vergangen, wo wir diesen Zauber mitmachen und manche schwere Stunde hinter uns haben. Wir

wollen hoffen, daß es uns glückt, dieses Jahr den Sieg zu erringen.

Viele herzliche Grüße

gez. Karl Gast.

62


11. Norwegen, 27.7.42

Sehr geehrter Herr Borchers!

Mir geht es noch sehr gut, welches ich wohl auch von Ihnen hoffen darf. Daß da noch alles wohlauf ist

und noch alles seinen geregelten Gang geht, freut mich sehr. Das Wetter ist hier augenblicklich nicht

besonders gut. Es ist sehr abwechslungsreich. Morgens ist es das schönste Wetter und nachmittags regnet

es. Richtig schönes warmes Sommerwetter wie bei uns war hier noch nicht. Augenblicklich bin ich auf

Nachtwache, es ist 2 Uhr. In einer Stunde wird dar Empfänger eingeschaltet und dann wird Presse gehört,

damit wir die neuesten Nachrichten erfahren. Sonst gefällt es mir hier noch sehr gut. Wenn der Wachtörn

zur Zeit auch etwas stark ist, aber was sollen die Kameraden im Osten sagen. Wir wissen noch, wo wir

schlafen, auch haben wir immer noch ein Dach über dem Kopf. Die Kameraden in Rußland, die in einem

zähen Ringen nach Osten vordringen, haben dieses nicht. Um aber am Ende des großen Ringens, wo es

auf das Sein oder Nichtsein ankommt, den Sieg davonzutragen, muß jeder seine Pflicht da erfüllen, wo er

hingestellt wird. Leider muß ich jetzt schließen, denn die Presse wartet nicht auf uns.

Es grüßt herzlich

gez. Karl Blumenthal.

12. Im Osten, 30.7.42

Werte Familie Borchers.

Wir hatten gerade unsern Sport beendet, als die Post ankam. Ja Sport, ist ja schon immer etwas für mich

gewesen, und es macht wirklich Spaß, sich körperlich nach den Winterstrapazen wiederbetätigen zu

können. Manch einer wird nun denken, - na, wenn die du Sport machen können, so dicht hinter der H.K.L.,

dann haben die gar nichts auszustehen! Einesteils stimmt es schon, aber so ruhig ist es ja auch nicht

immer. Wenn sich der Russe da vorn etwas "mausig" macht, werden schnell so etliche "eiserne Portionen"

rüber gerotzt, dann macht er sich wieder ganz klein und häßlich. Im Süden geht es ja wieder ganz schneidig

vorwärts, und man muß sich doch tatsächlich wundern, wo die Russen das ganze Material herbekommen.

Einmal muß es doch zu Ende gehen. Wir warten immer noch darauf, daß auch für uns der Vormarsch

wieder beginnt. Abwarten! Weiter lese ich noch, daß dort die Schulkinder fleißig beim Sammeln sind. Mit

Bestimmtheit kann man behaupten, daß auch gerade durch solche Gaben, ein großes, gutes Stück mit

zum Siege beigetragen wird. Wer darf hier im fernen Osten nicht stolz sein auf seine tapfere Heimat, und

darum fällt uns unsere Aufgabe noch einmal so leicht…

Recht herzliche Grüße an Sie und an die Heimat sendet bei bester Gesundheit

gez. Unteroffz. Wehrhahn.

13. Im Westen, den 5.8.42.

Lieber Herr und Frau Borchers!

Habe mir heute einmal die Zeit genommen, Ihnen einige Zeilen zu schreiben. Sie haben sicher schon lange

auf eine Nachricht von mir gewartet. Mit geht es gut, was ich auch von Ihnen hoffe. Wie ich Ihnen mitteilen

kann, bin ich nach Koblenz zur Flak eingezogen. Aber hier bin ich leider nur 4 Wochen geblieben. Am 18.

Mai sind wir verladen und unserer neuen Heimat in Frankreich entgegengedampft.

Der Dienst war schwer, aber er hat mir viel Spaß gemacht, denn mir sitzt Ja auch nichts im Wege. Hier

hatten wir eine durchschnittliche Wärme von 45 Grad. Das reinste Tropenklima! – Am 15. Juli hatte ich

das 1. Vierteljahr herum. Damit war meine Ausbildungszeit herum, denn dieses ist ja die schlimmste Zeit

von Soldatenleben. – Am 20. Juli ist meine Batterie verladen worden und zum Einsatz an die Kanalküste

gekommen. Wir liegen zwischen Nante und St. Nazaire an der Loire -Mündung. Hier bekomme ich viel zu

sehen. Die Kriegsschiffe laufen ein und aus. In St. Nazaire befindet sich der große Uboot-Hafen. Im Hafen

liegen mehrere Schiffe von 10 000 Tonnen verankert. Nun Können Sie sich ungefähr denken, daß es der

Tommy hierauf abgesehen hat. Jede Nacht Fliegeralarm! Es macht uns einen Heidenspaß, wenn wir den

Tommy mit allen Rohren der Flak bekämpfen können, denn man weiß, warum und wofür es geht und man

seine Pflicht erfüllt. Ob in Rußland oder in Frankreich, ganz gleich wo der deutsche Soldat steht, er wird

kämpfen bis zum Siege und der ist uns gewiß.

Die besten Grüße wünscht Ihnen auf ein gesundes Wiedersehen in der Heimat.

Otto Meyer

63


14. Liebe Familie Borchers!

Seid vielmals bedankt für Euern lieben Brief. - Ich ersehe daraus, daß der Segen unseres Herrgottes auch

in der Heimat nicht ausbleibt, daß die diesjährige Ernte auch trotz des strengen Winters wohl noch gut

reinkommt. Glaubt mir, das ist unserer aller größte Sorge hier draußen. Und die die ersten Fragen, die

einem zurückkommenden Urlauber wohl gestellt werden sind die, wie steht es daheim mit Deinem Acker,

mit Heim, Frau und Kindern. Ein jeder will das wissen, ob alt und lange schon verheiratet oder ob jung und

ledig. Und die Zufriedenheit über die Antworten prägt die ganze Stimmung in der ersten Zeit des

Eingewöhnens in die Reihen der Kameraden. Der Glaube an unsern Sieg wird nur unerschütterlicher und

für diejenigen, die noch auf Urlaub zu fahren haben, ist ein Gefühl der ruhigen Erwartung, an Sorglosigkeit

grenzend, gesichert.

Augenblicklich ist wieder völlige Ruhe in unserem Abschnitte. Ob sie wohl ein Einsehen der Sinnlosigkeit

des Anrennens gegen unsere Linien bedeutet, oder ob sie wohl ein Atemholen zu einem neuen, vielleicht

letzten gewaltigen Schlage bedeutet? - Die Antwort wird wohl nur die Zukunft geben können. Dabei muß

ich erwähnen, daß es sehr harte, zähe Kämpfe im Raume Rschew-Medigen gewesen sind, die härtesten,

die ich überhaupt im Feldzuge erlebt habe. Der Russe hat ungeheure Massen an Material und Menschen

auf die Beine gebracht, um hier sein Schicksal noch einmal zu wenden. Es soll ihm aber nicht gelingen!

Ich glaube: noch ein Jahr, und eine ähnliche Offensive wie diesjährig im Süden, dann liegt der Koloß für

immer am Boden. – Bis dahin ist noch ein Weg voller größter Anstrengungen, das weiß wohl jeder

Deutsche an der Front wie in der Heimat. Aber wie alles, was wir Deutschen tatkräftig anpacken, wird

auch das ein Sieg unseres Volkes sein!

Ich erwidere Eure lieben Grüße ebenso herzlich und wünsche Euch einen recht schönen Ernte-Herbst.

Euer Wilhelm.

15. Im Norden, den 16.8.42

Sehr geehrter Herr Borchers!

Für Ihren Brief, den ich vor längerer Zeit erhielt, danke ich herzlich. Sie müssen entschuldigen, daß ich so

lange mit der Antwort auf mich warten ließ. Durch die Verlegung unserer Dienststelle war ich derart mit

Arbeit überhäuft, daß keine Zeit zum Schreiben mehr übrig blieb. Jetzt, wo alles wieder einen gewohnten

Gang geht, habe ich Gelegenheit, die ganze Post, die sich in der Zeit angesammelt hat, zu beantworten.

Ich freue mich, wenn ich lese, daß die Feld- und Gartenfrüchte gut gedeihen. Da kann ich mich in meinen

Urlaub, der in der nächsten Zeit fällig ist, einmaltüchtig an Obst und Gemüse satt essen. Gerade diese

beiden wichtigen Nahrungsmittel vermisse ich hier sehr. Weit und breit kein Obstbaum zu sehen,

geschweige dann ein Gemüsegarten. Oft denke ich an die Zeit zurück, wo ich in Ebelings Kirschbäumen

saß, und es mir gut schmecken ließ. Das war einmal und kommt nicht wieder, erst recht nicht hier oben.

Kopfschüttelnd blieb ich vorige Woche vor einem Acker stehen, auf dem Gerste wächst. Wer es noch nicht

gesehen hat, macht sich keinen Begriff, wie spärlich das Getreide hier gedeiht. Es wird auch deshalb sehr

wenig angebaut. Kartoffelfelder trifft man schon häufiger an. Heute gab es zum zweiten Mal neue

Kartoffeln. Mutter schrieb mir, daß es in der Heimat schon Ende Juni neue Kartoffeln gegeben hat. Im

allgemeinen sind die Früchte sehr weit im Rückstand. Ich zweifle daran, daß das Getreide überhaupt reif

wird. Es ist noch grasgrün. An Getreide wird angebaut Gerste, Roggen und vereinzelt Weizen. Es kann

sein, daß im Süden des Landes noch Hafer gebaut wird.

Das Wetter war in den letzten Tagen ganz angenehm, aber zum Baden im Fjord hub es doch nicht

hingehauen. Ihnen und Ihrer Frau alles Gute für die Zukunft wünschend, verbleibe ich mit den herzlichsten

Grüßen

Ihr Heinrich Blumenthal.

16. Rußland, den 17.9.42

Sehr geehrter Herr Borchers!

Ein Monat ist nun bereits wieder vergangen, daß ich wieder bei meiner Truppe bin. Habe in diesen vier

Wochen wieder allerlei gesehen und erlebt. Es war am 15.8. als ich meine Truppe weit im Süden erreichte.

An einer Vorausabteilung, die gebildet war, durfte ich gleich teilnehmen. Diese Vorausabteilung war eine

Ausnahme, denn noch nie hatten wir so wenig Feindberührung. Wir sind hunderte von Kilometern

gefahren, durch reiche Dörfer und Weinstädte. Eier, Butter, Hühner und Gänse, kurz gesagt: wir lebten

wie die Fürsten. Eine Zeit, die an Frankreich erinnert. Wie alles Gute, so gingen auch diese Tage der

64


Vorausabteilung schnell dahin. Wir gingen dann weiter nach Süden, nach Mosdok vor. Hier ist es unserer

Division als erste gelungen, den Übergang über den Terek zu erzwingen und einen Brückenkopf zu bilden.

Es war wohl der hartnäckigste von den Russen verteidigte Brückenkopf.

Unter schweren Fliegerangriffen der Sowjets ist es unsern Pionieren, bei starkem Bombenregen gelungen,

eine Brücke zu schlagen. Als erste waren es die Panzer, die herüberrollten, und weiter vorstießen. Der

Brückenkopf wurde erweitert, andere Divisionen so wie der Nachschub rollten über die Brücke. Wir halten

nun den Brückenkopf, sind immer da, wo Panzer gemeldet werden.

Zur Zeit liegen wir auf freiem Felde in einem Kuschelgelände, welches uns einigermaßen Deckung gegen

Sicht bietet, haben Zelte aufgeschlagen so wie Schützen- und Deckungslöcher gegraben. Unsere Aussicht

von hier ist herrlich, denn vor uns zieht sich das Kaukasusgebirge dahin. Am schönsten ist der Anblick am

frühen Morgen, wenn die Sonne aufgeht. Die Kuppen leuchten goldig aus den Wolken zu uns herüber…

Der Kampf um diese Höhen wird noch hart werden. Aber wie immer: Kopf hoch und mit frischem, frohen

Mute wird uns auch das Werk gelingen. Gesundheitlich geht es mir noch immer vom Besten, was ich auch

von Ihnen hoffe.

Mit freundlichen Grüßen verbleibe ich in alter Frische Karl Gast.

17. Schongau, den 27.9.42.

Lieber Herr Borchers!

Habe mir heute einmal die Zeit genommen, Ihnen einige Zeilen zu schreiben. Wie ich Ihnen mitteilen kann,

geht es mir gut, was ich auch von Ihnen hoffe. Ich befinde mich nicht mehr in Frankreich, sondern auf der

Flakartillerie-Schule in Schongau in Oberbayern.

Am 2. Sept. bin ich aus Frankreich abgefahren. Die Fahrt ging über Tours, Paris, Straßburg, im schönen

Neckartal aufwärts, über Ludwigsburg, Mannheim, Stuttgart, Ulm, Augsburg nach Schongau. Es war eine

herrliche Fahrt. Hier in Schongau ist es prima. Eine schöne Gegend. Rundherum eingeschlossen von den

bayrischen Alpen. Von der Schule können wir direkt auf die Zugspitze schauen, den höchsten Berg der

bayrischen Alpen. Der Lehrgang hat am 10.9. begonnen und dauert ein Vierteljahr. Anschließend werde

ich wohl meinen Urlaub bekommen, so daß ich Weihnachten eventuell in Urlaub bin. Der Dienst ist nicht

so schlimm. Er strengt bloß ein bißchen geistig an. Wir werden hier am Kommandogerät für schwere Flak

ausgebildet. Auf der Schule laufen jede Woche zwei Filme, so daß man abends immer etwas Unterhaltung

hat. Letzte Woche habe ich "Wenn der Hahn kräht“ gesehen. Es war prima.

Am letzten Sonnabend, 19.9. hatten wir Fliegeralarm. Der Tommy hat hauptsächlich München

angegriffen. Aber lange wird er das nicht mehr durchhalten, denn jede Sondermeldung ist ein Baustein

für den Sieg. Damit will ich für heute schließen.

Es grüßt Sie auf ein baldiges Wiedersehen in der Heimat Otto.

18. lm Südosten, den 19.10.1942.

Sehr geehrter Herr Borchers!

Zunächst möchte ich mich für die Zeitung bedanken, die ich in Aurich erhalten habe. In Aurich waren wir

ja immer ziemlich gut über die Lage orientiert. Man freut sich aber doch, wenn man mal etwas aus der

engeren Heimat erfährt. Diesen Brief schreibe ich Ihnen vom Schwarzen Meer. Nach 14-tägiger Bahnfahrt

sind wir hier eingetroffen. Wir liegen direkt am Wasser. Als Unterkunft dient uns ein ehemaliges

Strandhotel. Wenn man aus dem Fenster schaut, fällt der Blick aufs Meer. Bei unserer Ankunft nur es noch

sehr warm hier, so daß wir noch im Meer baden konnten. Jetzt ist es etwas kälter geworden.

Auf der Bahnfahrt, die uns durch Ungarn, Kroatien und Serbien hierher führte, hat man allerhand Neues

gesehen. Ich habe nie geglaubt, wenn Sie uns mal von den weiten Steppen Ungarns erzählten, daß ich

dies alles nochmal mit eigenen Augen sehen sollte. Wer weiß, wo der Krieg uns noch überall hinführt!

Es gefällt mir ausgezeichnet. Wenn man an Land geht, dann meint man, es wäre Frieden. Es gibt noch

restlos alles zu haben. Die Bevölkerung ist hier sehr zuvorkommend und freundlich. Unter anderem

gibt es hier sehr viel Obst. Der Wein gedeiht hier vorzüglich. Soviel und guten Wein habe ich noch nicht

gegessen. Direkt neben unserer Unterkunft sind ausgedehnte Weinberge. Denen statten wir öfter einen

Besuch ab. Leider bleiben wir hier nicht mehr lange. In wenigen Tagen geht es hier fort und zwar noch

65


einige hundert Kilometer nach Osten. Der russische Winter wartet auf uns. Das soll uns aber nicht stören.

Wo wir hingestellt werden, da werden wir unsere Pflicht tun.

Für heute will ich schließen. Wir wollen nämlich nochmal an Land schießen. - In der Hoffnung, Ihnen eine

kleine Freude bereitet zu haben, grüßt Sie hochachtungsvoll Ihr Mtr. Walter Blumenthal

19. Am Schwarzen Meer, den 16.12.43

Sehr geehrter Herr Borchers!

Ihren Brief habe ich gestern erhalten. Auch der Heimatgruß ist vor einigen Tagen angekommen. Für beides

sage ich Ihnen meinen herzlichsten Dank.

Daß ich jetzt in Rußland bin, werden Sie wohl schon von meinen Eltern erfahren haben. Es hatte wohl

keiner erwartet, auch ich nicht. Per Bahn habe ich jetzt etwa 3600 km zurückgelegt. Ich war doch ziemlich

froh, als wir am Endziel angelangt waren.

Unsere Unterkunft liegt direkt am Wasser. Wir haben uns erst selbst hier einrichten müssen. Möbeln

nahmen wir uns aus den jüdischen Wohnungen, deren Inhaber schon beim Einmarsch beseitigt worden

sind. So haut unser Quartier ganz gut hin. Auch mit dem Funkdienst werde ich tadellos fertig. Man merkt

allerdings, daß man im Einsatz ist und nicht mehr in der Rekrutenkompanie und auf der Schule. Hier im

„Paradies“ der Arbeiter ist nun nichtviel los. Die halbe Stadt liegt in Trümmer. An Land ist also schon mal

nichts zu machen. Die Bewohner sind ziemlich stur. Sie machen sich nichts daraus, daß ihre Häuser in

Trümmer liegen und die Angehörigen zum Teil tot sind. Man hat den Eindruck, daß sich die Leute unter

unserer Herrschaft ganz wohl fühlen. Wenn man sie länger beobachtet merkt man aber auch, daß sie in

ihrem Innern anders denken wie sie tun. Die Verpflegung der Zivilbevölkerung ist hier ein Problem. Die

Russen haben bei ihrem Abzug alles vernichtet oder mitgenommen. Oft kommt es vor, daß sich ältere

Einwohner einem zu Füßen werfen und einem die Hände küssen, um ein Stück Brot zu erhalten.

Wie ich aus Ihrem Briefe ersehe, sind in letzter Zeit allerhand Kameraden auf Urlaub gewesen. Auf den

Frühling werde ich wohl auch an die Reihe kommen. Ich bin ja erst in den Einsatz gekommen und möchte

erstmal etwas leisten.

Nun wünsche ich Ihnen und Ihrer Frau ein recht frohes Weihnachtsfest und grüße Sie hochachtungsvoll

Ihr W. Blumenthal

20. Rußland, den 2.1.1943

Sehr geehrter Herr Borchers!

Vor einigen Tagen erhielt ich wieder den Heimatgruß, worüber ich mich sehr gefreut habe, denn es ist

doch allerhand Interessantes aus der Ortsgruppe darin zu lesen. Sage Ihnen auch recht vielen Dank dafür.

Das Weihnachtsfest und ein Jahr haben wir wieder hinter uns. Wenn es auch ein schweres und

schicksalsreiches Jahr war, so wollen wir es doch auch wieder vergessen und jetzt mit Hoffnung dem

neuen entgegen sehen, das uns hoffentlich dem Endsieg und den langersehnten Frieden bringt. Dieser

Winter scheint aber nicht so streng zu werden wie der vorherige. Wenn es auch schon mal 30 Grad kalt

war, so ist das auch kein Vergleich mit dem letzten. Aber im voraus wollen wir uns auch noch nicht freuen,

denn es kann noch dick wieder herkommen. Wir werden hier wohl diesen Winter noch in unseren

Quartieren bleiben, wenn nichts dazwischen kommt. Zu Weihnachten bin ich zum Obergefreiten

befördert worden. Mir geht es gut, hoffe dasselbe auch von Ihnen.

Die herzlichsten Grüße sendet Ihnen

Heinrich Klaus.

21. Norwegen, den 6.1.43

Lieber Herr Borchers!

Ihren lieben Brief mit den Zigaretten habe ich dankend und mit großer Freude erhalten. Mir geht es noch

sehr gut, welches ich auch von Ihnen wohl hoffen darf. Das Weihnachtsfest und den Jahreswechsel habe

ich gut überstanden. Augenblicklich ist hier eine strenge Kälte. Aber der Wintersport macht trotzdem

Spaß.

Vor zwei Tagen hatte ich eine kleine Überraschung. Hermann Michelius stand plötzlich bei uns im

Funkraum. Er war Sylvester eingelaufen. Die Freude war natürlich sehr groß. Wir haben uns dann gleich

66


mit Heinr. Blumenthal telefonisch verständigt, und waren am nächsten Tage bei Hermann an Bord. Von

W. Blumenthal habe ich sehr lange keine Post erhalten.

Indem ich Ihnen auch in diesem Jahre alles Gute und Schöne wünsche, verbleibe ich mit freundlichen

Grüßen

Ihr Karl Blumenthal.

22. Im Osten, 11.1.43.

Werte Familie Borchers!

Für die gesandten Zeilen schreibe ich meinen herzlichsten Dank. Insbesondere bedanke ich mich für die

beigelegten Zigaretten. Die vielen Festtage sind nun alle vorüber und gut hinter uns gekommen. Jetzt

gehts in alten Text im neuen Jahre weiter. Was bringt uns 1943? Ja, diese Frage zu beantworten, muß

wohl der Zeit überlassen werden, aber zumindest, - wieder dem Endsiege näher!

Mir selbst geht es bestens. Augenblicklich sind wir dabei, noch ein paar Bunker zu bauen. Bei die diesem

gefrorenen Boden gerade kein all zu großes Vergnügen, aber Befehl ist Befehl! Da wird einfach gesprengt,

und wenn dann die Brocken durch die Gegend fliegen, macht´s Spaß. Der Winter ist uns diesmal etwas

freundlicher zu. Der kälteste Tag war wohl mit 24 Grad, also die Hälfte vom Vorjahr. Da wird niemand

etwas dagegen haben! Im allgemeinen ist es hier verhältnismäßig ruhig. Ich nehme an, daß zum Frühjahr

unsere Rohre wieder etwas mehr in Tätigkeit kommen werden. Nochmals vielen Dank verbunden mit den

besten Grüßen aus dem „Paradiese“.

Unteroffz. Wehrhahn

23. Am Schw. Meer, d. 24.1.43.

Sehr geehrter Herr Borchers!

Ihren Brief vom 29.12.42 sowie die Zigaretten habe ich schon vor längerer Zeit erhalten. Für beides sage

ich Ihnen meinen herzlichsten Dank. Da wir in letzter Zeit einen neuen Wachtörn und dadurch mehr Arbeit

bekennen haben, war es mir nicht möglich, Ihnen früher zurückzuschreiben.

Zunächst vielen Dank für Ihre Gefälligkeit. Es stehen also 49 aktiv dienende Männer unseres kleinen Ortes

unter den Waffen. Das ist schon allerhand. Die Mehrzahl dieser Soldaten wird wohl an

der Ostfront kämpfen. Augenblicklich wird hier im Osten ja ein schwerer, heldenhafter Kampf geführt.

Mein Posten ist ja nicht unmittelbar an der Front, kann es aber über Nacht werden. Unsere tapferen

Infanteristen haben dem ungeheuren Druck der russischen Übermacht nicht standhalten können. Sie

müssen sich langsam zurückziehen. Der Führer selbst leitet hier im Süden der langen Front die Kämpfe.

Im Vertrauen auf ihn leisten die Soldaten schier Unmögliches an Widerstand. Bei der ganzen Sache hat

die Witterung auch einen großen Einfluß. Wenn sie erst wieder auf unserer Seite ist, wird sich das Blatt

schon wieder wenden. In jedem Krieg gibt es Ja kleine Rückschläge. Ein Volk, das siegen kann, muß auch

mal einen Rückschlag hinnehmen können. Die Heimat braucht sich darüber keine Gedanken zu machen.

Der deutsche Soldat läßt sich nicht unterkriegen.

Und wenn wir bis an die polnische Grenze zurück müssen, der Krieg ist darum längst nicht verloren. Es

mag sich nur Jeder die Worte des Führers ins Gedächtnis rufen: “Das letzte Regiment auf den

Schlachtfeldern dieses Krieges wird ein deutsches sein“. Das wird auf Jeden Fall wahr werden und wird

der Krieg noch so lange dauern.

In letzter Zeit haben wir oft Fliegerangriffe gehabt. So etwas kann einen Seemann natürlich nicht

erschüttern. Man ist Ja nicht Soldat geworden, damit man spazieren fahren kann.

Ich kann Ihnen nun noch kurz mitteilen, daß ich mit Wirkung von 1. Jan. zum Gefreiten befördert bin.

Darüber freue ich mich natürlich sehr. Als einfacher Matrose hat mich aus der Heimat nun gar keiner

gesehen.

In der Hoffnung bald mal persönlich mit Ihnen sprechen zu können, grüßt Sie

Ihr Walter Blumenthal.

67


24. Im Osten, den 13.4.1943.

Werte Familie Borchers!

Für Ihren lieben Rundbrief, welchen ich heute erhielt, schreibe ich meinen allerherzlichsten Dank.

Insbesondere bedanke ich mich für die beigelegte Rauchware. Mir selbst geht es sehr gut.

Die letzten Tage im vergangenen Monat waren mal wieder sehr hart. Die Frontverkürzung hier in unserem

Abschnitt war fast reibungslos vor sich gegangen, der „Iwan“ kam doch schneller nach wie wir wohl

gedacht hatten. Stur, wie dieses unkultivierte Volk nun einmal ist, rannten sie immer wieder gegen unsere

neue H.K.L., aber – vergeblich. Zu hunderten sind sie gepurzelt. Haben ganz kräftig dazwischen gemöbelt,

was wohl uns der Schußzahl von einem Tage, 1100, zu entnehmen ist.

Die Ohren haben noch Tage nachher geklingelt. 0bwohl es hart war, Spaß hat´s doch auch gemacht!

Jetzt ist es sehr ruhig geworden. Gott sei Dank ist der letzte Schnee nun auch verschwunden!

Es herrscht ein herrliches Wetter. Da ist doch gleich eine ganz andere Stimmung, wenn sich alles ohne

Mantel, Kopfschützer und Handschuhe bewegen kann.

Der Urlaub ist jetzt auch wieder im Rollen, da werden es diesmal bestimmt keine 19 Monate wieder

werden, ehe man die Heimat wiedersieht.

Nun will ich schließen und sende die herzlichsten Ostergrüße aus dem Osten.

Friedrich.

25. Norwegen, den 16.4.43.

Sehr geehrter Herr Borchers!

Für Ihren lieben Brief, den ich vor einigen Tagen erhielt, spreche ich Ihnen meinen herzlichsten Dank aus.

Auch für die Zigaretten und die Ostergrüße haben Sie vielen Dank. Ich hab mich sehr gefreut.

Wie Sie schreiben, geht es Ihnen immer noch gut, ich kann von wir dasselbe berichten. Seit dem 16. März

liege ich im Lazarett. Ein Ausschlag an Halse, den ich schon seit Weihnachten habe, machte eine

gründliche Behandlung erforderlich. Es hat den Anschein, einer Besserung entgegen zu gehen, und ich

denke, in einigen Tagen entlassen zu werden.

Am 12.4. sollte ich auf ein Vorpostenboot abkommandiert werden, welches sich ja nun verzögert hat.

Aber ich denke, daß ich gleich nach meiner Entlassung abkommandiert werde. Sie glauben

nicht, wie meine Freude groß ist, endlich an Bord zu kommen.

Nun wünsche ich Ihnen, wie Ihrer Frau, ein recht fröhliches Osterfest.

Es grüßt sie herzlich

Ihr Karl. (Blumenthal)

26. Rußland, den 29.4.43.

Sehr geehrter Herr Borchers!

Ich habe heute bei bester Gesundheit Ihren lieben Brief erhalten. Man freut sich immer, wenn man mal

einen Brief aus der Heimat bekommt. Man wird wenigstens mal gewahr, wie es in der Heimat aussieht.

Mir geht es noch ganz gut, was ich von Ihnen auch erwarte. Augenblicklich bin ich nicht mehr bei der

Kolonne, bin jetzt wieder auf Kommandierung. Bei so einer Kommandierung habe ich immer noch nicht

schlecht abgeschnitten. Ich hab es wieder ganz gut getroffen. Ich bin in einem Gerätelager. Hier ist ein

Lager, wo so 400 Zivilisten aus der ganzen Gegend zusammengezogen sind. Die arbeiten hier in der

vordersten Stellung, bauen Bunker. Wir haben hier ein prima Leben.

Wir hier an der Front sind uns darüber alle im Klaren, daß wir hier in Rußland nicht mehr angreifen, daß

wir dieses Jahr erst bestimmt den Engländer fertig machen. Der wirft uns sonst die ganzen Städte kaputt.

Hoffen wir das beste!

Nun will ich schließen in der Hoffnung, daß es Ihnen und Ihrer Frau gut geht

Viele Grüße von Ihrem

H. Behmann.

27. O.-U., den 29.4.43.

Sehr geehrter Herr Borchers!

Ihren Osterbrief mit den Grüßen an alle habe ich frühzeitig erhalten. Ich danke Ihnen vielmals dafür! Das

Osterfest habe ich in meinem alten Kommando verlebt. Kurz vorher war ich vom Kubanbrückenkopf

68


zurückgekommen, wie Ihnen wohl schon mein Vater mitgeteilt hat. Die acht Wochen Schlamassel haben

wir mal ganz gut getan. Ich weiß jetzt wenigstens, was anliegt.

Während der Feiertage hatte ich beide Nachmittage frei, die ich dazu benutzte, mal tüchtig auszuspannen.

Das Wetter war sehr schön. Wir hatten schon 25 Grad Wärme. Die Hitze soll sich hier unten bis zu 50 Grad

steigern. Das Wetter ist sehr beständig. Wenn es erst mal warm geworden ist, dann regnet es monatelang

gar nicht.

Hier auf dem alten Kommando ist es ziemlich ruhig. Die paar Fliegerangriffe, dle der Russe ab und zu

unternimmt, können uns gar nicht erschüttern. Auf dem Kubanbrückenkopf dagegen wird schwer

gekämpft. In rollendem Einsatz steigen die Stukas von hier auf und tragen ihre schweren Bombenlasten

dem Feind entgegen. Es ist ein kraftvoller Anblick, wenn man so einige Staffeln Stukas am Himmel ihre

Bahn ziehen sieht. Wir treuen uns nur immer, daß die Bomben nicht uns gelten.

In der Heimat scheint noch alles wohlauf zu sein. Die Arbeit auf dem Lande nimmt die Bauern wohl ganz

in Anspruch? Eine gute Ernte in diesem Jahr, wäre sehr zu begrüßen.

Ich hoffe nun, daß es Ihnen körperlich und auch geistig noch sehr gut gehen wird, was ich auch von mir

behaupten kann, und sende Ihnen vom Schwarzen Meer die besten Grüße.

Ihr Walter Blumenthal.

28. Rußland, den 10. Mai 43.

Sehr geehrter Herr Borchers!

Mit Freude habe ich Ihren Rundbrief erhalten, von Ihnen wieder Neues aus der Heimat, aus Ingeln

erfahren. Für die Zeilen meinen herzlichsten Dank.

Die schönste Zeit des Jahres, und für die Kriegführung wohl von großer Bedeutung, ist wieder gekommen:

Der Frühling, eine große Kraft für unser Ringen. Alles Schwere, was uns der Winter zufügte, ist längst

wieder vergessen. Alle Unebenheiten werden wir in dieser Zeit wieder schlichten.

Jeder Einzelne kämpft mit dem Willen, doch dieses Jahr den Sieg zu erringen.

Das Osterfest habe ich im Kreise meiner Kameraden bei bester Gesundheit gefeiert. Unser Heim ist jetzt

wieder Gottes freie Natur, und die Bunker kühler Raum. Wir sichern die Stellung und warten

auf den Befehl des Vormarsches.

Die besten Sonntagsgrüße!

In alter Frische – Karl Gast.

69


Hofstellenverzeichnis

der

Gemeinde Ingeln.

Der Grundbesitz der Gemeinde Ingeln verteilt sich unter folgende Hofstellen:

3 Vollmeierhöfe,

5 Halbmeierhöfe,

6 Vollköthner,

10 Halbköthner 5

Die Vollmeierhöfe sind:

Halbköthner:

Nr. 12 H. Hinze, Nr. 2 H. Fuhrberg,

Nr. 17 K. Wilke, Nr. 3 W. Steinwede,

Nr. 20 A. Ebeling Nr. 8 H. Grone

Halbmeierhöfe: Nr. 9 H. Thiemann,

Nr. 7 W. Kappenberg, Nr. 10 A. Sievers,

Nr. 16 K. Crone,

Nr. 11 L. Guggemoos,

Nr. 21 H. Lüders,

Nr. 14 G. Blumenthal

Nr. 26 H. Crone,

Nr. 15 H. Hepke,

Nr. 27 C. Ebeling.

Nr. 22 A. Ruhkopf

Nr. 23 H. Aue.

Kleinspänner:

Nr. 4 Hapke, Ausser den aufgeführten Hofstellen

Nr. 5 O. Hinze, sind noch einige Brinksitzerstellen

Nr. 19 A. Thiemann,

vorhanden.

Nr. 28 H. Liehe

Vollköthner

Nr. 1 H. Osterwald,

Nr. 6 Aue, jetzt: A. Thiemann,

Nr. 13 A. Heinecke,

Nr. 18 jetzt K. Wilke gehörig.

Nr. 24 O. Kracke,

Nr. 25 jetzt: K. Thiemann.

Eigenartig ist die Lage der Halbköthnerstellen im Dorf. Es liegen nämlich immer zwei Stellen zusammen

(Siehe Hausnr.)

Auch im Walde liegen die Holzteile zweier Halbköthner nebeneinander. Jede Hofstelle, die

Brinksitzerstellen ausgeschlossen, besitzt 24 Morg. Wald. Nur die Brinksitzer haben 12 Morg. Es teilen sich

nämlich immer zwei Stellen den Besitz, daher auch die Lage nebeneinander.

5

Bauernklassen: Die wichtigste Bauernklasse bildeten die Meier (Ackerleute), die je nach Hofgröße und Nutzungsberechtigung

an der freien Dorfmark in (Groß-)Vollmeier, Halbmeier, Viertelmeier und gar Achtelmeier untergliedert waren.

Vollmeier - Großmeier, Vollspänner, Ackerleute,

Halbhöfe - Halbmeier, Halbspänner,

Köt(h)(n)er - Groß-/Mittel-/Kleinkötner, Kirchhöfer,

Brinksitzer,

An-/Abbauer,

Quelle: https://hgv-hhm.de/cms/front_content.php?idcat=782&lang=1

70


Hof- zu Hausstellen und deren Besitzer um die Jahre 1845 und 1939

a. 1843. b. 1939.

Haus-Nr. 1 Vollköthner Con. Osterwald. Heinr. Osterwald, verp.

“ 2 Halbköthner Christ. Fuhrberg. H. Osterwald Nr. 1 gek.

“ 3 “ Conr. Fründ. Wilh. Steinwede, verpachtet

“ 4 Kleinsp. Christ. Hapke. A. Block gekauft.

“ 5 “ Christ. Aue. Emmy Hinze, verp.

“ 6 Vollk. Conr. Höhlers Erben. Aug. Thiemann Nr. 19

“ 7 Halbm. Heinr. Kappenberg. desgl.

“ 8 Halbk. Christ. Aue. Elsbeth Grone

“ 9 “ Conr. Hartje. Heinr. Thiemann

“ 10 “ Christ. Sievers. H. Thiemann Nr. 9 gekauft

“ 11 “ Heinr. Ebeling. L. Guggemoos, frühere Molkerei

“ 12 Vollm. Heinr. Hinze. Otto Wehner, Pächter

“ 13 Vollk. Heinr. Heinecke. Aug. Heinecke

“ 14 Halbk. Daniel Wellhausen. Gust. Blumenthal

“ 15 “ Heinrich Hepke. Heinr. Hepke

“ 16 Halbm. Heinr. Crone. Karl Crone

“ 17 Vollm. Karl Wilke. Karl Wilke

“ 19 Kleinsp. Conr. Thiemann. Aug. Thiemann

“ 20 Vollm. Heinr. Ebelings Ww. Stiftung!

“ 21 Halbm. Heinr. Lüders. Heinr. Behmann

“ 22 Halbk. Heinr. Ruhkopf. Ww. Wolters, geb. Ruhkopf

“ 23 “ Joh. Heinr. Aue. Heinr. Aue

“ 24 Vollk. Christ. Wolters. Otto Kracke

“ 25 “ Christ. Bartels. Karl Thiemann gek. v. H. Osterwald

“ 26 Halbm. Heinr. Gott. Ww. Köhler, Oesselse

“ 27 “ Conr. Ebeling. Heinr. Ebeling

“ 28 Kleinsp. Heinr. Liehe. Heinr. Liehe

“ 29 Vollbrinks. Friedr. Prüße. A. Thiemann, Wehmingen

“ 30 “ Christ. Kappenberg. Wilh. Behrens

“ 31 Halbbrinks. Christ. Heise. Aug. Gast

“ 32 Vollbrinks. Christ. Grone. Ww. Köhler, Oesselse

“ 31a Halbbrinks. Heinr. Seegers. Aug. Heise

“ 33 “ Friedr. Heise. Friedr. Heise

“ 34 “ Heinr. Grone. Herm. Prellberg

“ 35 …………………………………….. Gemeindehaus

“ 36 Anbauer Conr. Stümpel, Glöckner. Arbeiterhaus, Hof Nr. 12

“ 37 Anbauer Bernh. Brandes. Kohlenbusch, Schlüchtern

“ 38 “ Heinr. Dreyer. Heinr. Klaus

“ 39 “ Christ. Grone. Meta Grone

“ 40 “ Daniel Wißel. Heinr. Stümpel, Ww.

“ 41 “ Ernst Steinwedel. Marie Städler

“ 42 “ Christ. Bennigsdorf. Karl Lücke

43 Heinr. Langenbartels, Bergm.

44 Otto Klaus, Bergmann.

45 Aug. Hoppe, Hannover.

46 Kohlenbusch, Schlüchtern.

47 Aug. Brandes, Arbeiter.

48 Karl Michelius, Arbeiter.

49 Karl Rohrweber, Arbeiter

50 Oskar Schwarze, Kaufmann.

71


72

51 Herm. Heinecke, Schmied.

52 Erich Heise, Schlosser.

53 Aug. Koß, Anbauer.

54 Heinr. Bertram, Bäckerei.

55 Joh. Cornelius, Arbeiter.

56 Herm. Hattenkerl, Landstr. Wärt.

57 Aug. Heise, Friseur.

58 Aug. Block, Baumeister.

59 Aug. Aue, Händler.

60 Glockemann, Heinr. Arbeiter.

61 Volksschule.

62 Heinr. Heise, Bergmann.

63 Aug. Behmann, Schmied.

64 Herm. Plinke, Bergmann.

Heute hat unser Dorf 64 Gebäude und 348 Einwohner. Diese setzen sich zusammen aus: Bauern,

Tagelöhnern, Handwerkern, Bergleuten und Industriearbeitern.

An Handwerkern sind gegenwärtig vorhanden:

1 Schmied: Karl Tietze Nr. 37.

1 Böttcher: Heinr. Hepke Nr. 15.

1 Stellmacher: Heinr. Meyer, Betrieb in Prüßens Schmiede.

1 Schneider: Karl Lücke Nr. 42.

1 Schuhmacher: Aug. Gast Nr. 31.

1 Baumeister: Aug. Block Nr. 58.

7 Schneiderinnen.

1 Bäcker: Heinr. Bertram Nr. 54.

2 Krämer: Heinr. Bertram Nr. 54 und Lina Aue Nr. 59.

Die Industriearbeiter finden auswärts ihre Beschäftigung, so bei den:

Vosswerken in Sarstedt,

Eisenwerk in Wülfel,

Zuckerfabrik in Rethen,

Hohenfels in Wehmingen,

Bergmannssegen in Lehrte,

Glückauf in Giesen,

Friedrichshall in Sehnde.

Höfe, die heute noch in Betrieb sind.

1. Ww. Grone, Nr. 8 Halbköthner.

2. H. Thiemann, Nr. 9 Halbköthner.

3. O. Wehner, Nr. 12 Vollmeier.

4. A. Heinecke, Nr. 13 Vollköthner.

5. G. Blumenthal, Nr. 14 Halbköthner.

6. H. Hepke, Nr. 15 Halbköthner.

7. K. Crone, Nr. 16 Halbmeier.

8. K. Wilke, Nr. 17 Vollmeier.

9. A. Thiemann, Nr. 19 Kleinspänner.

10. H. Behmann, Nr. 21 Halbmeier.

11. H. Aue, Nr. 23 Halbköthner.

12. O. Kracke, Nr. 24 Vollköthner.

13. Ww. Köhler, Nr. 26 Halbmeier, von Oesselse aus bewirtschaftet.

14. H. Ebeling, Nr. 27 Halbmeier.

15. H. Liehe, Nr. 28 Kleinspänner.

16. A. Aue, Nr. 59 Anbauer.


1845 wurden einschließlich der Halbköthner 27 Höfe bewirtschaftet.

Hofstelle Nr. 1

Inhaber: Bauer H. Osterwald, 64 Jahre alt. Hof ist Erbhof. Vorfahren in ununterbrochener Reihenfolge

bekannt bis 1590. Diese Jahreszahl ist errechnet aus einer Urkunde aus dem Erbregister Coldingen! Dort

heisst es von Kurt Osterwald: „Hat den Hof 1 Jhr., ist 30 Jahre alt.”

Ahnentafel.

1. Osterwald, Kurt, geb. 1590

Osterwald, Joachim, …………………………gest. um 1680.

/. Osterwald, Kurt, geb. 1661, verh. 1695, gest. 1754,

Ehefrau: Grete Kommers, geb. 1672, gest. 15.5.1727

Eltern: Michel Remmers, gest. 22.5.1707.

Kinder: Hermann, geb. 12.8.1698

4. Osterwald, Hermann, geb. 12.8.1698, gest. 10.12.1750.

Ehefrau: Margarethe Rath, gest. 14.9.1764

Kinder: 11.12.1720 Gebhard, Hinrich

18.11.1722 Kurt, Daniel

26.6.1724 Johann, Christian

23.12.1726 Anna, Marie

1.12.173(?) Sophie, Margarete und noch mehr.

5. Osterwald, Gebhard, Hinrich, geb. 11.12.1720, verh. 21.9.1756, gest. 23.12.1766.

Ehefrau: Anna Elisabeth Nagel, geb. 7.8.1740, gest. 14.6.1813.

Kinder: Johann Heinrich Daniel, geb. 16.9.1765

Anna Elisabeth Nagel ist vom Kothhof Nr. 25 in Ingeln.

6. Aue, Hans, Melchior, Zwischenwirt, geb.10.2.1737, ver. 2.6.1767, gest. 2.3.1807

7. Osterwald, Johann Heinrich Daniel, geb. 16.9.1765, verh. 28.7.1796, gest. 18.1.1837.

Ehefrau: Marie Eleonore Köhler aus Oesselse, geb. 5.10.1773, gest. 3.10.1835.

Eltern: Ernst Heinrich Philipp Köhler u. dessen Ehefrau geb. Tamme.

Kinder: 20.2.1798 Johanne Engel Sophie Eliese, gest. 21.1.1799.

2.11.1799 Johann Friedrich Conrad

16.8.1803 Marie Katharine Eliese

15.7.1813 Marie Eleonore, gest. 22.2.1816.

8. Osterwald, Joh. Friedrich Conrad, geb. 2.11.1799, 17.9.1835, gest. 30.12.1881.

Ehefrau: Ilse Engel Louise Pohlmann, aus Müllingen, geb. 9.1.1805, gest. 4.6.1887.

Kinder: 25.7.1837 Christian Conrad August

25.4.1839 Johann Heinrich Christian, hat 1869 einen Kothhof in Jeinsen gekauft.

9. Osterwald, Conrad August, geb. 25.7.1837, verh. 29.4.1869, gest. 8.1.1909.

Ehefrau: Marie Sophie Dorette Bartels aus Ingeln.

Stammt aus dem Kothhof Nr. 25 aus Ingeln, hat den Rest des Kothhofes

mitgebracht. Geb. 2.10.1840, gest. 12.7.1928. Eltern: Vollköthner Hennig Christian

Daniel Bartels und der Marie Dorette Menge aus Jeinsen.

Kinder: 16.5.1874 Conrad Heinrich Christian

17.9.1877 Heinrich August Fritz Gustav

10. Osterwald, Konrad Heinrich Christian, geb. 16.5.1874, verh. 16.6.1908 mit Ida Johanna Ebeling aus

Ingeln, geb. 22.3.1874. Keine Kinder!

73


Hofstelle Nr. 2

Auf obiger Hofstelle sitzt gegenwärtig der Landwirt Otto Wehner, der als Pächter den Hof verwaltet.

Letzter Besitzer war der Vollmeier Heinrich Hinze, der im Oktober 1935 verstarb.

Der Vollmeierhof Heinrich Hinze in Ingeln Nr. 12 wird im Quittungsbuch von 1662 und in der Land- und

Wiesenbeschreibung von 1671 als im Besitz des Vollmeiers Heinrich Busche erwähnt, der am 6.2.1689

stirbt. Von diesem geht der Hof auf den Vollmeier Harmen Busche über, der nach der Ehestiftung von

1689 mit Marie Ebeling aus Müllingen verheiratet war. Als Nachfolger des kurz vor Pfingsten verstorbenen

Harmen Busche tritt im oben erwähnten Quittungsbuche der Vollmeier Henny (Henning) Hinze auf,

dessen Frau mit Vornamen zwar nicht bekannt ist, die aber wohl die Witwe des kurz vor Pfingsten 1691

verstorbenen Harmen Busche gewesen sein dürfte. Bereits am 9.9.1692 wird Henny Hinze das 1. Kind

geboren. Der Hof ist also seit 1691 im Besitz des Vollmeiers Heinrich Hinze beurkundet anzusehen.

Ahnentafel.

1. Henny (Henning) Hinze, Vollmeier in Ingeln Nr. 12.

Geb. …….., Gest. Ingeln 5.11.1730. Verh. vor 1701. ………. Geb. ………. Gest. Ingeln 29.3.1746

2. Hans Hinrich Hinze, Vollmeier in Ingeln Nr. 12.

Geb. Ingeln 27.1.1701. Gest. 29.3.1746. Verh. Etwa 1732.

Ilse Magdalene Eicken. Geb. Gross Lobke etwa 1701. Gest. Ingeln 28.10.1755.

3. Franz Sigfrid Ludolph Hinze, Vollmeier in Ingeln Nr. 12.

Geb. Ingeln 13.6.1741. Gest. Ingeln 8.10.1801. Verh. Oesselse 5.11.1767.

Dorothea Magdalene Stümpel, Geb. Ingeln 24.3.1750. Gest. Ingeln 25.10.1808.

Tochter des Vollmeiers Ernst Stümpel und seiner Ehefrau Anna Maria Stümpel in Bledeln.

4. Heinrich Konrad Hinze, Vollmeier in Ingeln Nr. 12.

Geb. Ingeln 24.4. 1771. Gest. Ingeln 25.9.1846. Verh. 12.7.1804.

Marie Dorothee Klöpper. Geb. Bründeln 7.6.1782. Gest. Ingeln 15.8.1865.

Tochter des Vollmeiers Konrad Klöpper und seiner Ehefrau Maria Katharine Wilhelmine geb.

Lauenstein in Bründeln.

5. Johann Heinrich Hinze, Vollmeier in Ingeln Nr. 12.

Geb. Ingeln 9.2.1810. Gest. 23.11.1882 in Ingeln. Verh. in Oesselse 25.7.1844.

Johanne Marie Elisabeth Hennies. Geb. 7.3.1823 in Oesselse. Gest. Ingeln 14.12.1899.

Tochter des Vollmeiers Johann Heinrich Christoph Hennies und seiner Ehefrau Ilse Marie Dorothee

geb. Stümpel in Oesselse.

6. Heinrich Dietrich Konrad Hinze, Vollmeier in Ingeln Nr. 12.

Geb. Ingeln 11.6.1848. Gest. Ingeln 15.7.1892. Verh. Wirringen 25.5.1885.

Lina Dorothee Auguste Ebeling. Geb. Wehmingen 30.8.1861. Gest. Ingeln 18.10.1927.

Tochter des Halbmeiers Heinrich Ebeling und seiner Ehefrau Minna geb. Deister in Wehmingen.

7. Albert August Heinrich Hinze, Vollmeier in Ingeln Nr. 12.

Geb. Ingeln 25.5.1887. Gest. 30.10.1935. Verh. Oesselse 8.7.1920.

Lina Minna Luise Marie Flasbart. Geb. Landringhausen 8.5.1894. Gest. in Ingeln 18.5.1976.

Tochter des Doppelhalbmeiers Fritz Flasbart und seiner Ehefrau Louise geb. Bremer in

Landringhausen.

8. Otto Max Fritz Wehner. Geb. 14.11.1905 in Einbeck. Verh. in Ingeln: 16.9.1937 mit Hanna

Dorothee Luise Anna geb. Kokemüller. Geb. am 29.12.1912 in Dedensen.

Tochter der Olga Kokemüller geb. Hinze. Gest. 8.3.1970 Hildesheim.

9. Georg Hintz.

74


Hofstelle Nr. 17.

Jetziger Inhaber der Hofstelle ist der Bauer Karl Wilke. Die Vorfahren sind urkundlich in ununterbrochener

Reihenfolge nachgewiesen seit 1779.

Ahnentafel.

1. Wilke, Franz Heinrich, geb. 22.3.1779 in Gleidingen, verh. 26.4.1810 mit Marie Dorothea Weber,

verw. Sohns, geb. 16.7.1773 in Klauen. Gest. am 27.6.1830. Seine Frau folgte ihm am 20.9.1837.

2. Wilke, Heinrich, geb. 29.6.1813 in Ingeln, gest. 16.9.1898. Er verheiratete sich am 18.1.1844 mit

Christine Henriette Rühmann, geb. 25.12.1822 in Ohlum als Tochter des Vollspänner Carpar Heinrich

Christoph Rühmann und seiner Ehefrau Sophie Wilhelmine Juliane Henriette Wittneben, geb. am

19.1.1801. Christine Rühmann starb am 11.9.1885.

3. Wilke, Karl Heinrich Wilhelm, geb. 20.4.1849. Er steht jetzt im Alter von 89 Jahren und ist noch

verhältnismässig rüstig. Er verheiratete sich am 4.6.1885 mit Johanne Wilhelmine Köhler, geb. am

16.11.1863 in Oesselse als Tochter des Bauer Heinrich Konrad Christian Köhler und seiner Gemahlin

Charlotte Johanne Dorothea Hennies.

4. Wilke, Karl Heinrich Wilhelm, geb. 13.1.1888 in Ingeln. Er verheiratete sich am 3.11.1925 mit Helene

Rautenberg aus Röddensen b. Burgdorf.

Kleinspänner August Thiemann in Ingeln Nr. 19.

Der heute 56,61 ha große Kleinspännerhof Thiemann in Ingeln Nr. 19 wird in der Land- und Wiesenbeschreibung

von 1671 als im Besitz des Viertelspänners Hans Schrader genannt. In der Land- und

Wiesenbeschreibung von 1769 ist derselbe Hof Ingeln Nr. 19 im Besitz des Johann Hinrich Thiemann.

Hinrich Daniel Thiemann, der im Febr. 1694 heiratete, kann mit Sicherheit als seit diesem Jahr im Besitz

des Hofes angesehen werden.

I. Heinrich Daniel Thiemann, Viertelspänner in Ingeln Nr. 19.

Geb. etwa 1665. Gest. Ingeln 15.10.1722. Verh. Oesselse 11.2.1694. Hans Köhlers Witwe.

II. Henning Christian Thiemann, Viertelspänner in Ingeln Nr. 19.

Geb. Ingeln 4.12.1695. Gest. 27.6.1772. Verh. vor 1724. Gest. Ingeln 27.10.1754.

III. Johann Hinrich Thiemann, Viertelspänner in Ingeln Nr. 19.

Geb. Ingeln 2.3.1724. Gest. Ingeln 1.11.1796. Verh. Barnten vor 1756.

Maria Engel Fuhrberg. Geb. Barnten 5.10.1736. Gest. Ingeln 29.11.1809.

Tochter des Hans Fuhrberg und seiner Ehefrau … in Barnten.

IV. Ernst Konrad Thiemann, Kleinspänner, (Viertelspänner, Ackermann) in Ingeln Nr. 19. Geb. Ingeln

9.4.1762. Gest. Ingeln 5.2.1826. Verh. Adensen 12.4.1801.

Maria Katharina Gercken. Geb. Hallerburg 25.3.1781. Gest. Ingeln 23.12.1854.

Tochter des Halbmeiers Johann Konrad Gercken und seiner Ehefrau Marie Luise Nagel in

Hallerburg.

V. Johann Heinrich Konrad Thiemann, Kleinspänner in Ingeln Nr. 19. Geb. 16.4.1807. Gest. Ingeln

24.3.1895. Verh. Oesselse 16.12.1837.

Dorothee Juliane Aue. Geb. Ingeln 14.4.1813. Gest. Ingeln 16.6.1888.

Tochter des Kleinspänners Hermann Christian Aue und seiner Ehefrau Engel Sophie Eleonore geb.

Hapke.

VI. Ernst Heinrich August Thiemann, Kleinspänner in Ingeln Nr. 19. Geb. Ingeln 24.6.1839. Gest.

Ingeln 13.9.1912. Verh. Oesselse 18.12.1877.

Engel Sophie Dorothee Liehe. Geb. 6.7.1857 in Ingeln. Gest. Ingeln 13.11.1924.

75


Hofstelle Nr. 28.

Jetziger Inhaber: Kleinspänner Heinrich Liehe (29.3.1942).

Der heute 25 ha große Hof Ingeln Nr. 28 gehörte ursprünglich einer Familie Heinemeyer. Dann muß das

Grundstück in das Eigentum des Gebhard Heinrich Zieseniß übergegangen sein, der am 29.11.1721 die

Engel Marie Thiemann aus Ingeln geheiratet hat. Die Witwe des Gebhard Heinrich Zieseniß heiratete am

5.6.1732 Ernst Konrad Lien, der damit der Stammvater der Ingelner Liehe wurde. Durch einen Meierbrief

aus dem Jahre 1732 wird Ernst Konrad Lien mit ½ Hufe Landes von der Witwe Kramer in Hildesheim

bemeiert.

I. Ernst Konrad Lien, Ackermann in Ingeln Nr. 28. Geb. etwa 1703, gest. Ingeln 15.2.1766. Verh.

Oesselse 5.6.1732 mit

Engel Marie Tiemann, Witwe des Gebhard Heinrich Zieseniß. Geb. etwa 1701. Gest. Ingeln

7.2.1768. Tochter des Heinrich Tiemann in Ingeln.

II. Hans Heinrich Lien, Ackermann in Ingeln Nr. 28. Geb. Ingeln 24.4.1739. Gest. Ingeln 14.10. 1814.

Verh. mit Anna Sophie Elisabeth geb. Schapers. Geb. etwa 1743. Gest. Ingeln 22.2.1788.

III. Johann Hinrich Conrad Lien, Ackermann und Kleinspänner in Ingeln. Geb. 3.6.1779, Ingeln. Gest.

13.3.1856 in Ingeln. Verh. Oesselse 6.4.1815.

Sophie Marie Elisabeth Hapke. Geb. Gödringen 11.2.1787. Gest. Ingeln 20.7.1834.

Tochter des Kotsaß 6 und Altarist 7 Ernst Heinrich Hapke und seiner Ehefrau Marie Luise geb.

Lampe in Gödringen.

IV. Hermann Heinrich Konrad Liehe, Kleinspänner und Viertelspänner in Ingeln Nr. 28. Geb. Ingeln

13.2.1816. Gest. Ingeln 24.3.1868. Verh. Bolzum 11.10.1855 mit

Sofie Dorothee Busche. Geb. 3.8.1827. Gest. 12.1.1890, Ingeln.

Tochter des Ackermanns Kaspar Heinrich Ludolf Busche und seiner Ehefrau Engel Sofie Katharine

geb. Busche in Bolzum.

V. Heinrich Gottlieb Christian Liehe, Kleinspänner in Ingeln Nr. 28. Geb. Ingeln 22.10.1865. Gest.

Ingeln 16.7.1916. Verh. Oesselse 2.6.1892 mit

Meta Johanne Dorothee Engel Hennies. Geb. 27.4.1872 in Oesselse.

Tochter des Vollköthners Heinrich Conrad Daniel Hennies und seiner Ehefrau Johanne Christine

Karoline geb. Alves in Oesselse.

VI. Konrad August Heinrich Liehe, Kleinspänner in Ingeln Nr. 28. Geb. Ingeln 21.12.1894. Verh. Gr.

Lobke 23.9.1926 mit

Hilda Harms, geb. Gr. Lobke 21.7.1898.

Tochter des Schmieds und Bauern Louis Harms und seiner Ehefrau Erna geb. Hornburg in Gr.

Lobke.

VI. Hildegard Liehe. Geb. Ingeln 31.10.1927. Tochter des Kleinspänners Heinrich Konrad Liehe und

seiner Ehefrau Sofie Dorothee geb. Busche in Ingeln.

VII. Konrad Heinrich August Thiemann, Kleinspänner in Ingeln Nr. 19. Geb. Ingeln 7.6.1880. Verh.

Oesselse 9.12.1915.

Minna Dorothee Frieda Kappenberg. Geb. Ingeln 25.10.1892.

Tochter des Halbmeiers Ernst Heinrich Wilhelm Kappenberg und seiner Ehefrau Regine Antonie

Sofie geb. Ehlers in Ingeln.

VIII. Hans August Heinrich Wilhelm Thiemann. Geb. Ingeln 23.11.1919.

6

Kötter, Köter, Köthner, Kötner, Kätner oder Kotsassen, auch Kossat(h)en, Kossater oder Kossäten, waren Dorfbewohner, die

einen Kotten (eine Kate) besaßen. Sie hatten nur geringen Landbesitz, aber keinen vollen Anteil an der Hufenflur. Quelle:

https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6tter.

7

Ein römisch-katholischer Priester, der nur die heilige Messe feiert, der aber mit keinen weiteren seelsorglichen Diensten

beauftragt ist.

76


AUS ALTEN AKTEN ÜBER DIE ZEHNTPFLICHTIGEN DER GEMEINDE INGELN:

Bis zum Ende des Jahres 1838 waren die Bauer der Gemeinde Ingeln zehntpflichtig. Sie hatten den Fruchtund

Fleischzehnten zu leisten. Dieser Zehnten wurde aus 627 Morgen 60 Ruthen gezogen, und die

Grundstücke von 45 Verpflichteten waren dem Zehntzuge unterworfen. Er war den Gevettern von

Windheim zu leisten, welche den fraglichen Zehnten von der gräflich v. Schwicheldschen Lehnscurie zu

Lehn trugen.

Die Lehnsberechtigten waren folgende:

1. Der Obristlieutnant Carl v. Windheim zu Osnabrück,

2. der Hauptmann Müller zu Hannover als Vormund des Minderjährigen Danforth v.

Windheim zu Hameln,

3. Der Obervoigt Ernst Fr. v. Windheim zu Salzhemmendorf,

4. der Leutnant Georg Wilhelm v. Windheim zu Ocker bei Goslar,

5. der für den abwesenden Johann Heinrich Ludwig v. Windheim bestellte Curator

Stadtsecretär Brauns zu Hannover,

6. der Particulier Johann Dietrich Hermann v. Windheim zu Hameln.

Laut Ablösungs-Recess vom 27. Apr. 1839 haben die Zehntpflichtigen von Ingeln laut Protokoll vom 20.

März 1837 einstimmig beschlossen, den fraglichen Zehnten gegen Kapitalzahlung anzulösen. Zu

Bevollmächtigten behufs Betreibung und Abschluss der Ablösung werden Christer Wolters und

Ackermann Christian Hapke zu Ingeln bestellt.

Die Zehntpflichtigen sind mit den Zehntherren dahin übereingekommen, dass der gemeldete Zehnte für

die Summe von 15000 Rth „Fünfzehntausend Thaler“ in Golde abgelöst, und diese Ablösesumme am 1.

Juli 1839 bezahlt werden soll.

Zur Zahlung dieser Schuld wurde ein Darlehen in Höhe von 6635 Thalern in Gold von dem Archivrat

Kestner zu Hannover aufgenommen, welches 1842, da es wohl zurückgefordert wurde, von der

Landescredit-Anstalt zu Hannover in einer Höhe von 6057 Thalern übernommen wurde.

Welche Zehntpflichtigen an der Abtragung dieser Schuld beteiligt waren, weist ein Verzeichnis der

Zehntpflichtigen von Ingeln aus, das bei den Gemeindeakten sich befindet.

Laut Schreiben der Landescredit-Anstalt ist das obige Kapital bis zum 31. Dezember 1897 zurückgezahlt

worden, und die Kasse gibt ihre Einwilligung zur Löschung der dafür bestellten Hypotheken.

Wer Genaueres über obige Ablösung erfahren möchte, lese in den bei der Gemeinde vorhandenen Akten

selber nach. Sie finden sich in der Mappe: Zehntregister der Dorfschaft Ingeln.

77


Verzeichnis

der Ablösung des Fleischzehntens mehrerer Interessenten in

der Gemeinde Ingeln.

Nr. Name: Thaler, g. Groschen, Pfg. in Gold.

1. Konrad Osterwald 13 35 -

2. Witwe Schiefer 6 6 4

3. Christian Hapke 12 17 5

4. Friedrich Christian Aue 10 29 7

5. Konrad Köhler 7 9 2

6. Franz Kappenberg 12 15 7

7. Christian Aue 8 10 1

8. Konrad Hartje 8 10 3

9. Christian Sievers 6 10 6

10. Tischler Konrad Ebeling 6 10 6

11. Heinrich Heineke 11 3 -

12. Joh. Heinrich Hepke 6 21 6

13. Konrad Crone 19 3 4

14. Konrad Thiemann 18 25 7

15. Heinrich Lüders 19 1 7

16. Witwe Konerding 7 3 5

17. Christian Wolters 16 16 7

18. Heinrich Liehe 14 - -

Sa. 204 18 5

Verzeichnis

des Ablösungskapitals des Fruchtzehntens der Gemeinde Ingeln

In Gold.

Nr. Name des Zahlungspfl. Thaler, g. Groschen, Pfg.

1. Witwe Ebeling 1781 17 2

2. Konrad Hinze 2222 7 7

3. Heinrich Hilke 2751 11 2

4. Heinrich Lüders 1185 34 3

5. Konrad Crone 632 8 1

6. Konrad Ebeling 145 3 5

7. Heinrich Gott 112 17 2

8. Franz Kappenberg 428 30 4

9. Friedr. Christian Aue 24 16 6

10. Christian Hapke 728 20 2

11. Heinrich Liehe 624 8 5

12. Konrad Köhler 459 3 2

13. Konrad Osterwald 667 2 -

14. Konrad Thiemann 689 29 5

15. Christian Bartels 24 35 1

16. Heinrich Heineke 327 27 -

17. Christian Wolters 350 6 4

18. Christian Aue 55 32 4

19. Heinrich Aue 61 12 1

20. Heinrich Fründ 151 7 7

21. Joh. Heinr. Hepke 4 2 6

22. Tischler Konr. Ebeling 53 18 6

23. Witwe Konerding 4 33 3

78


24. Daniel Wellhausen 4 2 6

25. Christian Sievers 47 2 3

26. Konrad Hartje 42 23 2

27. Witwe Schiefer 36 19 1

28. Konrad Reineke 26 18 2 Müllingen

29. Wilhelm Wolters 54 13 3 “

30. Christian Baumgarte 11 20 - Hotteln

31. Christian Hennies 35 - - “

32. Schuster Baumgarte 1o 13 1 “

33. Hartmann 37 13 6 Bledeln

34. Joh. Hennies 22 15 4 “

35. Christoph Wehrspohn 22 15 4 “

36. Heinrich Tegtmeier 129 17 - Oesselse

37. Heinrich Hennies 69 23 7 “

38. Christoph Baumgarte 27 6 6 “

39. Konrad Aue 21 8 5 “

40. Konrad Hennies 22 9 3 “

41. Christoph Sonnemann 15 22 6 “

42. David Sonnemann 13 9 1 “

43. Friedr. Sander 13 3 - “

44. Heinrich Reineke 13 3 - “

45. Christoph Mönnig 24 16 7 Hotteln

46. Christoph Baumgarte 10 31 4 “

47. Pastor Brauns 388 20 7 Oesselse

48. Kantor Bewie 8 20 7 “ .

Sa. 14594 8 2

Ingeln, den 19. Sept. 1842

gez. H. Gott.

79


D

Über Weideberechtigungen in der Feldmark Ingeln.

Aus dem Jahre 1845.

ie sämtlichen Gemeindeänger dienen dem Viehe, als Pferden, Hornvieh, Schweinen, Gänsen und

Schafen zur Weide, doch in verschiedenen Revieren u. Berechtigungen. So wurde der Pfingstanger

von Martini bis 1. Mai mit den Schafen und Gänsen, dann bis Mitte August mit den Pferden und Kälbern

benutzt und erst um die Mitte August kamen die Kühe hinzu.

Die Marsch wurde das ganze Jahr mit den Schafen und Gänsen beweidet, nur im Herbst kamen auf etwa

4 Wochen die Pferde und das Hornvieh hinzu.

Der Hassel wurde hauptsächlich mit den Pferden beweidet. Das übrige Vieh benutzte den Hassel, sowie

die Felder, wenn solche offen waren.

Alle übrigen in der Feldmark lngeln gelegenen Änger wurden mit allem Vieh gleichzeitig benutzt.

Der Horn wurde von Mitte April bis Mitte Juni von dem Hornvieh allein, die übrige Jahreszeit auch von

den Schafen benutzt.

Der Ruhnewinkel wurde mit den Pferden und dem Hornvieh beweidet.

Der Hottenborn und die Tiefenwiese dienten das ganze Jahr hindurch als Schafweide. Das Hornvieh kam

in Herbst etwa 4 Wochen hinzu.

Die Wachteln, die alten Teilungen und das Hegholz wurden hauptsächlich nur mit den Kühen beweidet,

die Schafe waren etwa nur 14 Tage im Herbst berechtigt, dagegen wurden in diese Forstreviere in Fällen

der Mastnutzung von Martini bis Weihnachten die Schweine eingetrieben.

Die Wiesen wurden mit allem Vieh, die Schweine ausgenommen, beweidet und zwar die zweischürigen

von Michaelis bis 1. Mai, die einschürigen aber ganz wie die Felder.

Die Stoppelweide auf dem Ackerlande wurde von den Viehherden so genutzt, daß das Hornvieh, die

Schweine und die Gänse eine dreitägige Vorhude hatten, dann aber die Schafe hinzukamen und nun eine

gemeinschaftliche Beweidung mit den genannten Vieharten stattfand.

Zur Ausübung der Weide auf der Ingelner Feldmark waren berechtigt:

1. Die Reiheleute, die Brinksitzer, die Anbauer Dreyer und der Glöckner der Gemeinde Ingeln mit

Pferden, Hornvieh, Schweinen und Gänsen.

2. Die Reiheleute der Gemeinde Ingeln mit den Schafen.

3. Die Gemeinde Oesselse mit allem Viehe auf einem Teile der Feldmark.

4. Die Domäne Ruthe mit den Schafen im Herbst, wofür dieselbe in der wüsten Feldmark Delm

abgefunden ist.

Der Viehbestand für die Berechtigten der Gemeinde Ingeln ist wie folgt angegeben:

Pferde 20 Stück, Gänse 240 Stück

Kühe u. Rinder 130 “ Alte Schafe 65 “

Kälber 24 “ Lämmer 200 “

Schweine 32 “

In der wüsten Feldmark Bockum war die Gemeinde Ingeln weideberechtigt mit den Schafen und hat

selbige für diese Berechtigung bei einer früher eingetragenen Verkoppelung der dortigen Grundstücke

eine entsprechende Abfindung erhalten.

80


l

Weideberechtigung in der Feldmark Bockum.

Aus dem Jahre 1845.

m Jahre 1845 gab es noch 15 Mitglieder der Bockumer Gemeinde, die in den Dörfern Müllingen,

Oesselse und Ingeln ansässig waren. Diese unterhielten eine Schäferei von etwa 400 Stück Schafen und

sind mit dieser Herde zur Weide in der gesamten Feldmark Bockum berechtigt;

1. Auf sämtlichen Ländereien, Wiesen und Angern der Bockumer Feldmark.

2. Zur Winterweide im Müllinger, Oesselser und Ingelner Erbenholz.

Es weiden aber gleichzeitig im Holz die Schafherden der drei Gemeinden und auch das Hornvieh

und die Pferde, wenn es die Witterung erlaubt.

Auch die Königliche Domäne Coldingen ist im Erbenholze zur Schafhude und Mastnutzung

berechtigt.

3. Zur Mithude in der Feldmark Bockum sind auch die Gemeinden Müllingen, Oesselse und Ingeln

berechtigt.

Es sind daher 5 Weidebezirke geschaffen, die wie folgt beweidet werden:

1. Bezirk: (der Wehrskamp und die Dröhnen) wird neben der Bockumer Schafherde auch von

Müllingen, Oesselse und Ingeln mit dem Hornvieh und den Schweinen behütet.

2. Bezirk: (lm Wildfelde). Hier weiden neben der Bockumer Schäferei Müllingen, Oesselse und

Ingeln sämtliche Viehsorten.

3. Bezirk: (die übrigen Felder). Die Weide wird hier außer von den Bockumer Schafen, gleichzeitig

von dem Hornvieh und den Schweinen der drei Dörfer ausgeübt. Nur in das Brachfeld dürfen

letztere überall – so lange gehütet wird – nicht kommen.

4. Bezirk: Der Bockumer Anger in Horn ist Bokumer private Schafweide.

5. Bezirk: In den Wiesen hat im Herbst das Hornvieh und die Pferde der drei Gemeinden 10 Tage

Vorhude, dann kommen die Bockumer Schafe hinzu.

Die Weide in den Wiesen beginnt kurz vor Michaelis und dauert bis zum 1. Mai.

Die Stoppelhude ruht von der letzten Hälfte des Septembers bis zum Frost. Dann werden die Bockumer

Schafe mit den Dorfschäfereien vereinigt, um mit diesen die Winterweide im ganzen Felde auszuüben.

Die Winterweide erstreckt sich bis zu der Zeit, wo die Bockumer Schafe wieder in die Hürden kommen.

A

Weideberechtigung einiger Wülferoder Bauern.

uf dem Hinterberge des Bockumer Holzes besaßen einige Bauern aus Wülferode Weideberechtigung,

sowohl auf dem Oesselser als auch auf dem Ingelner Hinterberge. Diese Weideberechtigung wurde

auf Antrag der Wülferoder in Gold abgefunden.

Laut Protokoll vom März 1881 fand diesbezüglich eine Versammlung der Interessenten in der Heniesschen

Gastwirtschaft in Oesselse statt. Die Ingelner Interessenten wurden dabei vertreten vom Vorsteher Crone,

Vollmeier Heinr. Wilke, Halbmeier Heinr. Lüders und Halbköthner Heinr. Ruhkopf.

Zwischen der Gemeinde Oesselse und den Anwesenden aus Wülferode wurde vereinbart, die Abfindung

mit Grund und Boden vorzunehmen, und zwar mit 5 Morgen. Dem widersetzten sich jedoch die Vertreter

von Ingeln, die eine Abfindung in barem Gelde leisten wollten. Da der Morgen abgeforsteter Grundbesitz

zu jener Zeit zu 500 RM angenommen wurde, betrug die Abfindungssumme für Ingeln 1500 RM. Sämtliche

Anwesenden behielten sich vor, die Gültigkeit dieser Abfindung von der Zustimmung der nicht

erschienenen Interessenten abhängig zu machen.

Es wurde daraufhin eine neue Versammlung auf den 4. März 81 anberaumt. In dieser nehmen die

Wülferoder die Vereinbarung zurück, sich mit barem Gelde entschädigen zu lassen, sondern verlangten

Grundbesitz und zwar von beiden Gemeinden in einer Fläche. Oesselse hingegen wollte jetzt mit keinem

Grundbesitz, sondern ebenfalls mit barem Gelde abfinden. Nach weiteren Verhandlungen einigte man

sich schließlich in Anbetracht der großen Schwierigkeiten, die eine Abfindung mit Grundbesitz veranlassen

würde, für eine Entschädigung in barem Gelde.

So wurde die Weideberechtigung der Wülferoder auf dem Hinterberge gegen eine Zahlung von 1500 RM

pro Gemeinde abgelöst.

81


H

Herrschaft und Gesinde in früheren Zeiten.

errschaft und Gesinde bildeten eine grosse Familie. Es war keine Schande, wie ja Gott sei Dank heute

auch nicht mehr, Knecht oder Magd zu sein. Im Gegenteil, die zweiten Söhne der Bauern gingen als

Knechte zu den andern Bauern. Die Herrschaft arbeitete aber auch voran, was heute in dem Masse nicht

mehr geschieht. Die Tagesarbeit begann schon früh. So mußte zum Beispiel während der Frühjahrs- und

Herbstbestellung der Großknecht um 2 Uhr aufstehen, um mit der Schneidelade den Häcksel für die

Pferde mit der Hand zu schneiden. Es war Ehrensache unter den Großknechten, sauberen, kurzen Häcksel

zu schneiden. Ja, die Knechte kontrollierten sich selber, wer den besten Häcksel schneiden konnte. Der

Nachtwächter mußte jede Nacht die Großknechte wecken. Dafür durfte er sich zu Weihnachten vom

Bauer Lebensmittel holen. lm Winter wurde täglich mit dem Flegel gedroschen, was auch schon morgens

4 Uhr begann. Nach dem Abendbrot versammelte sich die ganze Familie mit Knechten und Mägden in der

Stube, um zu spinnen. Mägde und Knechte, außer dem Großknecht, mußten spinnen. Es war für jenen

einzelnen festgesetzt, wieviel er am Tage zu spinnen hatte. Eine besondere Geschicklichkeit gehörte zur

Anfertigung der „Dieße“, dem Aufbringen des Flachses auf den Wocken.

Jedes Kind mußte Spinnen lernen, gleichviel ob Mädchen oder Junge. Schon als Schulkind wurde damit

begonnen. Die Bauern spannen für ihren eigenen Bedarf. Auf den Höfen wurde viel Leinen

gebraucht. Außerdem erhielt jede Magd 2 Stiege=40 Ellen, jeder Knecht 1 Stiege=20 Ellen Leinen, die in

den Lohn mit eingerechnet waren.

Zur Ernte erhielt jeder Hofarbeiter 1 Paar Handschuhe, die aus neuem Leinen angefertigt waren. Waren

die Disteln zu arg, wurden die Handschuhe angezogen.

Es bestanden auch in unserm Dorfe sogen. Spinntrupps oder Rotts, in denen die gleichaltrigen Mädchen

und Burschen zusammenkamen. Sie wechselten ihre Spinnabende und waren heute hier und morgen

dort!

Waren die Pferde versorgt, so stellten sich auch die Knechte ein, und beim Schnurren der Räder und

Klappern des Haspels wurde manches Lied gesungen, begleitet von der Mund- oder Ziehharmonika und

mancher Scherz getrieben.

Der Großknecht, den ja nicht um Spinnen teilnahm, hatte Stricke zu drehen.

Auch in den Häusern der Tagelöhner wurde fleißig gesponnen. Jeden Sonnabend brachte dann die

Tagelöhnerfrau ihr Garn zum Krämer und kaufte dafür ein, so beim Krämer Köhler (heute Bertram]

und der alten Frau Kappenberg, die neben der Wirtschaft noch einen Kramladen führte.

Die Krämer setzten wieder bei den Leinewebern ab.

Das meiste Garn wurde von Ingeln nach Sarstedt geliefert. Doch auch in Ingeln gab es eine Anzahl

Leineweber:

Haus-Nr. 4: Grote

1 Webstuhl.

“ 40: H. Dreyer 2 Stühle.

“ 41: Steinwede 3 Stühle, Meister, Geselle, Lehrling.

“ 43: K. Heise 1 Stuhl.

“ 45: E. Hoppe 1 Stuhl.

“ 46: Hapke 1 Stuhl.

“ 48: K. Prellberg 3 Stühle.

Man fertigte Handtücher, Bettzeug, Drell für Jacken und Hosen, bunte Tischdecken an. Zum Färben

brachten die Ingelner Weber ihr Leinen in die Färberei nach Pattensen. Auch in Sarstedt bestand eine

solche.

Der Dienstantritt des Gesindes geschah immer Martini. Auch die Abrechnung mit demselben wurde

Martini vorgenommen. Zu damaliger Zeit wechselte das Gesinde nicht so oft seine Stelle wie heute.

Oftmals diente eine Magd von ihrer Konfirmation bis zu ihrer Verheiratung an einer Stelle. Die

Großknechte hatten ihre Stelle oft bis ins hohe Alter inne. Sie waren voll und ganz mit dem Hofe

verwachsen.

82


Sitten und Brauchtum im Jahresring.

Teil: I (10.11. – 6.1.)

1. Martinstag (10. Nov.)

An diesem Tage finden Heischezüge von Kindern statt. Mit einem kleineren oder grösseren Beutel

versehen ziehen die Kinder von Haus zu Haus, um ihre Martinsäpfel sich zu ersingen. Gewöhnlich ziehen

die kleineren Kinder in einem Trupp für sich. In Jedem Hause singen sie:

Marten, Marten, Mären, Appel un ne Beeren, Nötte mag eck gären. Lat meck nich sau lange

stan, denn eck mott noch henn na Bolzen. Bolzen iss ne grote Stadt, krieget alle Kinder watt.

Krieget en Stücke Speck, smietet se in Dreck, krieget en Stücke Schinken, könnt se gut na

drinken.

Es folgt nun die Austeilung der Äpfel, die meistens auf die Diele geschüttet wurden, worauf die Kinder

darüber herfielen.

Gab es in einem Hause nichts, so zogen die Kinder mit folgendem Liede ab:

Witten Twern, schwarten Tweer, ole Hexe gifft nich gern.

2. In den Wochen vor Weihnachten geht der Nikolaus um.

Frauen und Mädchen wollen ihre Weihnachtsarbeiten fertig haben, darum heisst es abends öfter: Willt

mal owersitten!!

3. Die Zwölften (24.12. – 6.1.)

Über diese Tage gehen folgende Redewendungen:

Keine Schuhe schmieren! Keine grosse Wäsche halten! Keine Wäsche hängen haben! Keinen

Pflug im Felde stehen lassen! Da lüttjet de Voss inne! Keine Hülsenfrüchte kochen, danach gibt

es Geschwüre! Keine schweren Arbeiten machen!

Am ersten Weihnachtsmorgen gab es in früheren Zeiten ein besonderes Frühstück:

Kaltschalen: Sie waren bereitet aus Honigkuchen, Weissbier und 3 Löffel Schnaps. Dazu wurde

Wurst und Brot gegessen.

Dieses Frühstück gab es nur auf den Höfen. Auch am Neujahrsmorgen wurde es gereicht.

Die Weihnachtsbescherung findet am heiligen Abend nach der Christkirche statt.

Sylvester gab es obige Kaltschalen mit Wurst und Brot bei freien Getränken in der Gastwirtschaft. An

diesem Abend sang in früheren Zeiten auch der Nachtwächter. Sobald es 12 Uhr schlug betrat er die

Wirtschaft mit den Worten:

Gratuleere jöck alle taun nieen Jahre, dat je alle gesunnd und munter bliebet in düssen ganzen

nieen Jahre!

Nun bekam er vom Wirt ein Glas Schnaps und sammelte danach in seiner Mütze Spenden von den

Anwesenden ein. Dann zog er im Dorf von Haus zu Haus und sang unter den Fenstern:

Das alte Jahr vergangen ist.

Am anderen Morgen gratulierte er von Haus zu Haus und erhielt dafür: Getrocknetes Obst, Brot und

Wurst.

Sitten und Brauchtum im Jahresring.

Teil: II Lichtmess – Lätare.

Zu 4. Lichtmess (2. Febr.)

Über diesen Tag sind hier einige Wetterregeln bekannt:

1. Lichtmess hell und klar, gibt ein gutes Kornjahr.

2. Lichtmess dunkel, ward de Bur en Junker.

Zu 5. Petri Stuhlfeier (22. Febr.)

Betr. Viehaustrieb!

Ob gerade an diesem Tage der Schweineaustrieb begann, mag dahingestellt bleiben. Fest steht, dass vor

der Verkoppelung auch hier die Schweine ausgetrieben wurden, und auf die Weide im Walde (Bockmer

Holz). Der Schweinehirte hatte zum Austrieb ein besonderes Schwein, das stets bei ihm blieb, das

83


sogenannte „Quieckschwein“. Er brauchte es nur anzufassen, so schrie es ganz entsetzlich. Daraufhin

öffneten dann die Schweinebesitzer ihre Ställe und liessen ihre Tiere heraus. Auch Kühe, Pferde und

Schafe sind damals ausgetrieben. Der Austrieb der Schafe erfolgte zum 1. Mai.

Am Charfreitag gingen die Schäfer hier zum Abendmahl, da sie anders keine Zeit hatten.

Zu 6. Matthiastag (24. Febr.)

An diesem Tage wurden die Spinnstuben, die es hier heute nicht mehr gibt, geschlossen, da die Abende

nun merklich kürzer wurden.

Die jungen Burschen eilten an diesem Abend zur Schmiede, um Blei zu giessen. Entstand ein Ring, so

verlobte sich der betr. Bursche. Erschienen zwei menschliche Figuren, die zusammengeschmolzen waren,

so heiratete er in dem Jahre sein Mädel. Ein wie ein Sarg aussehendes Gebilde bedeutete den Tod.

Zu 7. Fastnacht

Die Sitte, Fastnacht zu feiern, ist hier noch Brauch. Man feiert acht Tage vor dem eigentlichen

Fastnachtstage. Schon einige Wochen vorher versammeln sich die jungen Burschen, um Fastnacht

auszumachen und die nötigen Vorbereitungen zu treffen. An diesem Abend werden auch die Dorfschönen

verkauft. Jeder junge Bursche kauft sich sein Mädel. Junge und hübsche Mädel erzielen die höchsten

Preise, während ältere schon für niedrigere Preise erobert wenden. Mit dem gekauften Mädel muss der

betr. Bursche am Fastnachtstage den ersten Tanz tun.

Am Tage vor Beginn der Fastnacht sagt der Gemeindediener dieselbe an. Dabei erhält er auf jedem Hofe

einen Korn eingeschenkt.

Fastnacht beginnt mit der Tanzmusik, die 3 Uhr nachm. eröffnet wird. Die Musikanten stellen sich vorm

Kruge auf und spielen einen Tanz. Damit ist die Fastnacht eröffnet.

Am ersten Nachmittag war auch Gemeindeversammlung, die auch heute noch stattfindet. In dieser

Versammlung wird das Gras von den Gemeindewegen verkauft. Früher wurde auch über erforderliche

Wegearbeiten beraten. Der Nachtwächter, der heute nicht mehr vorhanden ist, wurde wieder gedungen.

Dabei wurde er ermahnt, sich zu bessern. Dann antwortete er gewöhnlich, da er schon etwas tiefer ins

Glas geguckt hatte: Ji krieget ne noch nich slechter weer! Oder: Nach mir kommt kein besserer!

Am Morgen des 2. Fastnachtstages verkleideten sich die jungen Burschen. Dieser Brauch ist in den letzten

Jahren nicht mehr geübt.

Als Bärenzieher, Zigeuner, mit Planungen von Hasen gezogen, trieben sie unter lautem Peitschenknallen

im Dorf ihr Wesen.

Einige Verkleidete zogen von Haus zu Haus und sammelten Würste auf einem Gabelstub oder Eier in

einem Korbe. Oftmals erhielten sie auch Geld. Die Dorfjugend war natürlich hinter ihnen, musste jedoch

auch oft vor den Peitschen weichen.

Junge Mädchen wurden mit dem „Fuhstruss" an den Beinen gekitzelt und mussten sich durch ein Pfand

in Form eines seidenen Bandes lösen. Dieses wurde am „Fuhstruss“ befestigt, der oft bunt von Bändern

war. Er wurde beim Umzug mit durchs Dorf getragen. Zum „Fuhstruus" wurde ein besonderer Strauch

benutzt. Hülschenstrauch wird er hier genannt. Es ist ein Strauch mit lederartigen, stacheligen Blättern.

Da er im Bockmer Holz nicht wächst, wurde er schon rechtzeitig vom Deister besorgt.

Die beim Umzug gesammelten Würste und Eier wurden in Kruge verzehrt, wo für die Verkleideten ein

Vesper gegeben wurde.

84


Aus einer Eheverschreibung des Jahres 1713:

Betr. Brautschatz.

Erwähnenswert ist die Mitgift einer Bauerntochter um Tage ihrer Hochzeit.

D

ie Tochter des Henning Hintze, Ilse Dorothee heiratete am 5. Juli 1713 Hennig Ebeling aus Bledeln.

Laut Eheverschreibung besteht ihr Brautschatz aus:

250 Thalern, wovon bereits 50 Thaler erlegt sind und die restlichen in jährlichen Terminen mit je 25

Thalern beglichen werden müssen. „Einem Pferd nächst dem Besten", einer Kuh, einem Rind, 2 Schweinen

auf den Kofen (soll bedeuten: auf dem Stall zum Mästen), 2 Schweinen, „auf die Dehl“ (fette, die

geschlachtet werden können), 2 Seiten Specks, 6 milchen Schafen.

Zur Hochzeit die Hälfte Gegenteil am Essen, gleich am Trank, 6 Tonnen Brauhahn, ein Ehrenkleid, Kisten

und Kasten, Betten und Bettgewand „ihrem Stande gemäß“.

Im Brautkleid.

Um: 1800. 8

Brautpaar im Jahre 1912.

Foto hinzugefügt!

Der Kleidungsstil ist aber ähnlich wie der auf den Fotos in der Kopie der Original-Chronik. Die darin enthaltenen drei

Abbildungen eignen sich wegen der schlechten Qualität leider nicht mehr für weitere Kopien.

Quelle: https://www.heimatjahrbuch-vulkaneifel.de/VT/hjb2006/hjb2006.99.htm

8

Anmerkung: Um 1800 gab es noch nicht die Möglichkeit des Fotografierens. Vermutlich handelt es sich hierbei um einen

Tippfehler, und es ist stattdessen wohl das Jahr 1900 gemeint.

85


Historischer Kopfschmuck einer Braut.

W. Reimann 1939

86


Spinngeräte.

In der Chronik werden zu dieser Abbildung erwähnt:

Zweiteiliges Spinnrad, Spinnstuhl, Haspel.

Bild von 1883.

Doppelflügeliges Bockrad (Hochzeitsrad).

Die farbigen Abbildungen wurden zur Veranschaulichung eingefügt.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Spinnrad

87


Aus der Ortschronik Ingeln - Oesselse

A

uf den vorherigen Seiten hat Friedrich Borchers die Geschichte und seine Erlebnisse bis etwa 1943

geschildert.

Der folgende Teil dieses Dokuments ist offensichtlich erst nach dem II. Weltkrieg entstanden und enthält

die den Ortsteil Ingeln betreffenden Seiten aus einer Zusammenfassung, die von der Stadt Laatzen

herausgegeben worden ist.

Die den Ortsteil Ingeln betreffenden Beiträge stammen laut Impressum von

• Landwirt Heinrich Liehe, Ingeln und

• Alfred Thiemann, Ortsbürgermeister von Ingeln-Oesselse.

Bilder: Archiv der Stadt Laatzen und Moudry.

Das Jahr der Herausgabe ist leider nicht angegeben; aus verschiedenen Textpassagen kann man aber

entnehmen, dass diese Beiträge im Zeitraum der Jahre 1974 bis 1980 verfasst wurden.

Manche Kapitel im nachfolgenden Teil behandeln die selben Epochen wie im ersten Teil, insbesondere

wenn es um die Frühgeschichte von Ingeln geht. Deshalb ähneln sich manche Kapitel oder überschneiden

sich mit den vorstehenden. Andere dagegen sind in der ersten Chronik nicht enthalten.

In diesem zweiten Teil sind auch einige Abschnitte aus der geschichtlichen Entwicklung mehrfach und

weitgehend gleichlautend beschrieben; der Grund dafür ist vielleicht, dass verschiedene Autoren Beiträge

in das Gesamtwerk eingebracht haben.

Im Sinne einer möglichst vollständigen und authentischen Wiedergabe habe ich trotzdem darauf

verzichtet, diese zu bearbeiten, zusammenzufügen oder Teile davon herauszuschneiden.

Lediglich Kapitel, die in der Vorlage komplett identisch waren, habe ich nicht doppelt übernommen.

Ingeln 2022 | Jürgen Schmidt

88


Aus der Ortschronik Ingeln – Oesselse

89


N

WAPPEN DER GEMEINDE INGELN

AUF SILBERNEM GRUNDE DREI GRÜNENDE EICHBÄUME

MIT GOLDIG GLITZERNDEN EICHELN. WIE STÄMMIGE GRENADIERE

STEHEN SIE, DEN BESCHAUER GRÜSSEND, IN EINER REIHE. IN INGELNS

NÄHE LAGEN EINST ZWEI BLÜHENDE DÖRFER, GEN NORDEN BOKUM, AUCH

BODEKEN GENANNT, GEN SÜDEN, DELM. ÖFTER AUCH DALLUM ODER DALLENEM

GEHEISSEN. ALS SIE UNTERGINGEN, ZOG EIN TEIL IHRER BEWOHNER NACH

INGELN UND BRACHTE DER FELDMARK VON INGELN DURCH IHRE ÄCKER

NICHT GERINGEN ZUWACHS. DIE DÖRFER VERSCHWANDEN, DOCH IHR AN-

DENKEN LEBT DURCH DIE JAHRHUNDERTE FORT. ES WURDE BESONDERS

DURCH ZWEI EICHENGRUPPEN GEPFLEGT, DIE SICH WIRKSAM AUS DER

FLUR HERAUSHEBEN UND EINEN SCHMUCK DER FRUCHTBAREN FELDER BILDEN.

EIN EICHENPAAR IM NORDEN HÜTET, WACKEREN KNAPPEN GLEICH, DIE

STÄTTE DES DORFES BOKUM. DIE FÜNF "DELMER EICHEN" IM SÜDEN

HALTEN AUF URALTEM DELMER GRUNDE WACHT. WAR ES NICHT DER

MÜHE WERT. IM SCHILDE DIE TREUEN HÜTER DER VERGANGENHEIT.

DIE ZEUGEN LÄNGST ENTSCHWUNDENER TAGE, FESTZUHALTEN?

ES STEHEN EICHEN IN EINSAMER FLUR

UND FLÜSTERN VON URALTEN TAGEN,

VON BOKUM UND DELM, DIE, DER FRUCHTBARKEIT BILD.

GEN MITTAG UND MITTERNACHT LAGEN.

VON IHNEN SINGT NUR NOCH DER EICHEN GRÜN.

DU ABER, LIEB INGELN, SOLLST WACHSEN UND BLÜHN!

Ingeln - Heim des Igo

ahe dem "Hassel", der geschichtlichen Malstätte des einstigen Gaues Astfala, liegt im Nordwestteil

des Altkreises Hildesheim-Land, 6 km nordöstlich von Sarstedt entfernt, das Dorf Ingeln.

Die Landstraße Gleidingen-Lühnde führt durch den Ort, in dessen Bezeichnung wohl der Name Igo oder

Iggo steckt. So lauten die ursprünglichen Namensformen für das Dorf zwischen 1181 und 1190

Iggenem, ebenso 1193, zwischen 1243 und 1252 Yngenem, desgleichen 1257, Igkenem 1299, um 1360

Ignem, 1374 Ingelem. Als Heim oder Stätte eines Igo kann demnach Ingeln gedeutet werden.

Nicht weit davon lagen zwei andere blühende Dörfer; gegen Norden Bockum, auch Bodeken genannt,

gegen Süden Delm, oftmals auch Dallum oder Dallenem geheißen. Als sie untergingen, zog ein Teil ihrer

Bewohner nach Ingeln und brachte der Feldmark dort durch ihre Äcker nicht geringen Zuwachs. Die Dörfer

verschwanden, doch ihr Andenken lebte durch die Jahrhunderte fort. Es wurde besonders durch zwei

Eichengruppen gepflegt, die sich wirksam aus der Flur hervorheben und einen Schmuck der fruchtbaren

Felder bilden. Ein Eichenpaar im Norden hütet, wackeren Knappen gleich,

die Stätte des Dorfes Bockum. Die fünf "Delmer Eichen" im Süden halten auf uraltem Delmer Grunde

Wacht.

Diese Zeugen längst entschwundener Tage und Hüter der Vergangenheit hielt die Gemeinde Ingeln 1931

in ihrem Wappenschilde und Siegel fest. Auf silbernem Grunde stehen drei grünende Eichbäume mit

golden glitzernden Eichen.

Erstmals wird das Dorf urkundlich 1162 genannt. Der Bischof Hermann (1161-1170) übertrug damals dem

Michaeliskloster 5 Hufen in Ingeln. Weitere 4 Hufen erwarb dieses Kloster daselbst unter Bischof Adelog

(1171-1190). Der Zehnte gehörte 1243 dem Kreuzstifte. Als sonstige Grundherren treten 1277 auf der

Domdechant, 1283 das Magdalenenkloster mit zwei Hufen, der Dompropst mit einer Hufe. Ein Allodium

besaß 1299 das Domkapitel in Ingeln, desgleichen 1313 der Bischof. Das Michaeliskloster erwarb 1333

dort nochmals eine Hufe und 1357 einen Hof mit drei Hufen.

90


Als bischöfliches Vorwerk erscheint 1346 das Dorf. Es lag vor dem sogenannten Nordwalde, wozu das

Bockumer Holz gehörte. Neben Ingeln waren auch Össelse und Müllingen daran beteiligt. Diese

Holzgerechtsame gingen auf eine Urkunde vom Sonntage Lätare (16. März) 1550 zurück. Die Ländereien

des untergegangenen Dorfes Bockum wurden bereits 1450 zum Teil von Ingeln aus bewirtschaftet, wohin

3 Halbmeier und 3 Kötner aus Bockum ihre neuen Wohnsitze verlegt hatten. An das einstige Dorf erinnern

noch die Flurnamen "Der Bockumer Weg" und die "Bockumer Trift".

Die Land- und Wiesenbeschreibung des Amtes Ruthe vom 15.7.1671 gibt für Ingeln 30 Hofstellen an,

darunter einen Vollspänner, 4 Halbspänner, 3 Viertelspanner, 10 Kötner und 6 Brinksitzer.

Weiter heißt es zusammenfassend:

"Summa aller vor Ingeln belegenen Ländereien 691 Morgen, 7/8 Vorly, ab Pfarrland, Opferland,

Kapellenland, Vogtland 18 Morgen, 1 7/8 Vorly, bleibt 672 Morgen.

Wiesen: 6 Morgen, 1 1/4 Vorly, die "Neue Wisch" = 3 Morgen." Ein noch vorhandener Meierbrief weist

aus, daß 1732 der Reichsgraf von Plettenberg den Ernst Conrad Liehen mit einer halben Hufe belehnte.

Das Hildesheimer Verzeichnis von 1758 führte an:

"Die Dorfschaft Ingeln hat 22 bebaute und eine wüste Stelle, dabei ist eine Feldmark von etwa 36 Hufen.

Der Zehnte gehört Herrn von Windheim."

Genannt werden 3 Ackermänner, 6 Halbspänner, 3 Viertelspänner, 10 Kötner mit insgesamt 66 Pferden.

In der Land- und Wiesenbeschreibung des Amtes Ruthe von 1769 stehen verzeichnet 3 Vollspänner, 5

Halbspänner, 3 Viertelspänner, 7 Vollkötner, 7 Halbkötner, 2 Brinksitzer und ein Halbbrinksitzer. Dazu

kommen die "Gemeinheiten": Kapellenland 5 Morgen, Rottland 1 Morgen Wiesen 3 Vorly, sowie 15

Morgen "Ausland" (von Leuten aus Müllingen bewirtschaftet).

Nach einer Häuserliste von 1845 gab es in Ingeln 46 Wohnhäuser mit 292 Einwohnern, worunter 2

Katholiken waren.

Die Grundsteuer-Mutterrolle 1861 führt 65 Steuerpflichtige auf. Diese gliederten sich in 6 Vollmeier, 7

Halbmeier, 3 Ackerleute, 4 Kleinspänner, 6 Vollkötner, 15 Halbkötner, 3 Vollbrinksitzer, 4 Halbbrinksitzer,

11 Anbauer und 4 Häuslinge. Hinzu kommen die Gemeinde und die Pfarre Össelse. Im Manual des

gesamten Grundeigentums der Wüstung Delm 1862 erscheinen 64 Namen von Grundbesitzern aus

Heisede, Össelse, Ingeln, Hotteln und Gödringen. Durch Reskript der Königlichen Landdrostei Hildesheim

vom 4. Juli 1862 wurden diese gesamten Grundstücke von 608 Morgen, 18 Quadratruten zur Feldmark

Ingeln gelegt.

Die Einwohnerzahl stieg von 219 im Jahre 1785 bis 1910 auf 313. Trotz des Strukturwandels, der um die

Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzte, war mithin nur ein geringer Zuwachs der Bevölkerung von 94

Personen zu verzeichnen. Der bäuerliche Grundcharakter des Dorfes hatte sich unvermindert erhalten. In

der Feldmark Ingeln lagen 1859 zur Zeit des Vorstehers C. Fuhrberg 1312 Morgen, 108 Quadratruten, 247

Morgen, 40 Ruten in der wüsten Feldmark Delm, 247 Morgen, 56 Ruten in der wüsten Feldmark Bockum

und 575 morgen im Erbenholze. Nach einer Tabelle der Hannoverschen "Höferrolle" vom 12.9.1894 gab

es in Ingeln 22 eingetragene Höfe. Zur Gemarkung gehörten 1925 insgesamt 367 ha. Davon entfielen auf

Haus, Hof und Wege 35 ha. An Ackerland verblieben also 332 ha. Die Viehzählung 1934 zeitigte folgendes

Ergebnis: 70 Pferde, 291 Stück Rindvieh, 37 Schafe und 367 Schweine.

Seit altersher war Ingeln eingepfarrt nach Össelse. In seiner kleinen Kapelle wurde nur zweimal im Jahre,

Johannis und Michaelis, Nachmittagsgottesdienst gehalten. Erwähnt ist dieselbe 1543 in den

Visitationsakten. Ein Eckstein an der Kapelle zeigte die Zahl 1242. Wegen Baufälligkeit mußte die Kapelle

1888 polizeilich geschlossen werden. Ihr Abbruch aber wurde nicht gestattet mit Rücksicht auf ihren

kunstgeschichtlichen Wert. Sie lag an der Südostecke der südlichen Nebenstraße des Dorfes als

romanischer Bruchsteinbau, gotisch erneuert im 15. Jahrhundert. In die Zeit des gotischen Umbaues

gehörten eine Tür auf der Nordseite und das große, zweiteilige Spitzbogenfenster im Ostteil der Südwand.

Das Maßwerk ist heute in der Lüftungsöffnung am Abort der Schule eingemauert. Besonderen Kunstwert

hatte in der Kapelle ein Altarschrein mit Teilen eines spätgotischen Klappaltars. Der Minister bot 200 M

Beihilfe an zur Reparatur der Kapelle, wenn die Gemeinde Ingeln die dauernde Unterhaltung übernähme,

91


was diese ablehnte. Der Kapellenvorstand hoffte, mit seinem alten Altarschrein ein Geschäft zu machen.

Das Provinzialmuseum in Hannover ging aber darauf nicht ein. Dann bot der Kapellenvorstand den

Altarschrein dem Bischof von Hildesheim für 600 M an, der das Angebot annahm, vorbehaltlich der

Genehmigung des Ministers. Diese Genehmigung wurde versagt. Auf Veranlassung des Ministers erwarb

den Altarschrein 1892 die Schloßbauverwaltung Marienburg in Westpreußen für 600 M. Zur

Instandsetzung der alten Kapelle bewilligte 1901 der Minister 150 M. Der Konsistorial-Baurat erklärte

jedoch die Kapelle nicht mehr reparaturwürdig, weshalb diese jetzt abgebrochen wurde. Die Glocke aus

der Mitte des 14. Jahrhunderts mit vier Reliefs auf der Flanke erhielt später ihren neuen Platz im

Dachreiter des Schulhauses.

Um den Bau desselben bedurfte es von 1888/89 heran langwieriger Verhandlungen mit Össelse, wohin

die Kinder aus Ingeln zur Schule gingen. Da sich ihre Zahl bedeutend erhöhte, verlangte die Gemeinde

Ingeln statt der Anstellung eines zweiten Lehrers in Össelse die Einrichtung einer eigenen Schule. Ihr zähes

Festhalten an dieser Forderung führte schließlich doch zum Ziele. Ein vorläufiges Schulzimner wurde 1911

eingerichtet. Am 30. Oktober 1911 konnte das neue Schulhaus bezogen werden. Bereits zum 1. Juni 1911

war die endgültige Anstellung des Lehrers Friedrich Borchers erfolgt, der 44 Kinder in der neuen

einklassigen Schule unterrichtete.

Durch Testament vom 8.10.1908 hatte der aus Ingeln gebürtige Rentier August Ebeling den nach

Absetzung mehrerer Legate verbleibenden Rest seines Vermögens zur Gründung einer Ebelingschen

Krankenhausstiftung bestimmt. Diese bestand aus zwei Höfen, Nr. 20 und 21, mit etwa 300 Morgen

Ländereien. In dem Krankenhause sollten Arme und Bedürftige zunächst aus Ingeln unentgeltlich

verpflegt und ärztlich behandelt werden. Daneben konnten aber auch entsprechende Personen aus der

Umgegend von Ingeln und dem Landkreise Hildesheim Aufnahme finden. Die Verwaltung der Stiftung

übernahm ein Kuratorium, welches aus dem jeweiligen Landrat des Kreises Hildesheim, dem jeweiligen

Gemeindevorsteher aus Ingeln und einer, von der politischen Gemeinde zu wählenden dritten Person

bestehen mußte. Der Krankenhausbau ist wohl infolge gewichtiger Gründe unterblieben. Er wäre auch

sicher unter den heutigen Verhältnissen überholt. Ein Kuratorium aber verwaltet fernerhin die Stiftung,

deren Mittel für allgemeine Wohlfahrtszwecke bestimmt sind. So wirkt sich die von edler Gesinnung

zeugende, wahrhaft christliche Tat segensreich für die Dorfbevölkerung aus.

Im Jahre 1925 betrug ihre Zahl 345. Die Volks- und Betriebszählung am 16. Juni 1933 ergab 85

Haushaltungen, davon 63 landwirtschaftliche und 10 gewerbliche mit insgesamt 345 Einwohnern. Der

Stand war mithin völlig gleich geblieben. Die Aufnahme von Heimatvertriebenen und Evakuierten hatte

nach dem zweiten Weltkriege eine Zunahme der Einwohnerzahl fast um das Doppelte zur Folge. 1953

betrug sie 641, ging dann aber bis 1957 auf 606 zurück. Die Volkszählung am 6. Juni 1961 erbrachte nur

noch 530 Einwohner. Am 30.6.1968 waren es 540. Dieser Rückgang erweist sich durchweg in allen

verkehrsreichen ungünstig gelegenen Ortschaften hauptsächlich als Folge der wirtschaftlichen

Entwicklung. Der Drang ist nach der "Stadtumland-Region" gerichtet, wo bessere Arbeits- und Berufsmöglichkeiten

vorhanden sind.

Das Dorf wird seinen bisherigen ländlichen Charakter behalten, wie er schon im äußeren Erscheinungsbild

zum Ausdruck kommt. Noch immer gibt es hier eine Reihe schmucker Fachwerkhäuser. Der Beigeordnete

Bauer Liehe hat 1935 auf 9 Grundstücken 19 Inschriften feststellen können, von denen die ältesten aus

den Jahren 1729 und 1740 stammen.

92


N

Aus der Chronik von Ingeln

ach 900 erbaute die Sippe Igo oder Iggo sein Heim.

Nachdem ein geeigneter Platz gefunden war, wurden Bäume gefällt und als Pfosten in die Erde

getrieben. Durch Flechtwerk aus Zweigen wurden die Pfosten verbunden und mit Lehm beworfen. So

entstand ein großer Raum, der Wohn- und Schlafstätte und Küche zugleich war. Die Feuerstelle, kantig

aus Feldsteinen war in der Mitte des Raumes. Zum Abzug des Rauches wurde im Dach ein Loch gelassen.

Es entstand ein Haus nach dem andern. Der Boden wurde urbar gemacht und bestellt. Viel später wurden

Fachwerkhäuser gebaut. Diese Bauweise, Wohnung mit breiter Diele und Stallung unter einem Dach

findet man noch bei ganz alten Höfen im Ort. Hof Otto Hinze erbaut 1769, Hof Thiemann Nr. 25 erbaut

1796 und Hof Liehe erbaut 1786 (Haus Liehe abgerissen 1971.)

Ingeln liegt an der Kreuzung zweier belebter Landstraßen (Gleidingen-Algermissen und Sarstedt-Sehnde)

ganz in der Nähe des alten Godingsitzes "Der Hassel". Der Name geht auf den Brauch zurück, den

Gerichtsplatz mit Hasselstaben abzustecken. Wir dürfen annehmen, daß der Hassel die

Versammlungsstätte der Ostfalen unserer Umgebung für Gericht und Götterverehrung war. Die

Versammlungen auf dem Hassel wurden regelmäßig zu festgesetzten Zeiten oder bei besonderen

Anlässen abgehalten. Unfreie waren ausgeschlossen. Jeder Freie erschien in Wehr und Waffen, ein Edeling

führte den Vorsitz. Als Zeichen des Rechts über Leben und Tod legte er das Schwert auf den Tisch und sein

Schild hängte er an einen Baum. Dann wurde das Gericht durch Frage und Antwort eröffnet. Der Kläger

brachte selbst oder durch einen Fürsprach die Klage vor. Das Urteil wurde von den Umstehenden

gefunden. Die Versammlung gab ihr Einverständnis durch Waffengeklirr und ihr Mißfallen durch Murren

(Schelten) kund. Danach wurde das Urteil rechtskräftig oder es wurde berichtet. Die Strafen bestanden

meistens in Bußen an dem Gut des Beschuldigten; nur bei Feigheit im Kriege, Bruch der Ehre einer Freien

in Todesstrafe.

Nach der Gerichtsverhandlung wurde den Göttern gedient.

Der Hassel steht unter Naturschutz.

Nach der bisherigen "Feldgraswirtschaft" lernten unsere Vorfahren die "Dreifelderwirtschaft" kennen,

wonach im dreijährigen Wechsel Winterfrucht (Roggen), Sommerfrucht (Hafer) und Brache auf einander

folgten. Außer den Äckern wies die Feldmark bereits Anger- und Weideflächen auf.

Zu ihnen führten breite Wege, auf denen man das Vieh trieb. Sie wurden darum als "Triften" bezeichnet.

Die großen Besitzungen der Edlen konnten nicht durch die Eigentümer allein verwaltet werden. Daher

gaben die reichen Grundherrn einen Teil ihres Landes ab. Dafür mußten Abgaben entrichtet werden. Als

jährliche Abgabe galt der Zehnte. Man unterschied den großen, den kleinen und den Blutzehnten. Der

große Zehnte wurde von dem Getreide gegeben und zwar als Garben- oder Sachzehnte. Der kleine Zehnte

bestand in Flachs, Wein und Obst. Der Blutzehnte betraf das Jungvieh, das zehnte Kalb, Schwein, Schaf,

Huhn gehörte dem Landgeber. Auch Eier, Honig und dgl. wurden verzehntet.

Ingeln ist ein altes Dorf. Der Ort heißt 1162 Ingenleve, 1190 Iggenem, 1245 Ingenem, 1299 Igkenem, 1360

Igenem, 1371 Ingelheim, 1374 Inglem, 1409 Inghellen, 1565 Inglen und 1645 Inglem. Als Heim oder Stätte

eines Igo kann demnach Ingeln gedeutet werden.

In diesem Jahr zählte es außer 3 Vollmeierhöfen noch 17 Hausstellen. Die Feldmark umfaßte damals 798

Morgen. 1661 zählte das Dorf 22 Höfe und 945 Morgen, 20 Morgen Wiese, 57 Pferde, 16 Fohlen, 91 Kühe,

34 Rinder und 46 Schweine. Daß damals die Schafzucht in besonderer Blüte stand, beweist eine Notiz aus

dem Jahre 1646, nach der Ingeln 392 Schafe und 231 Lämmer hatte, wofür 26 Thaler Schafschatz gezahlt

werden mußten.

Nicht weit von Ingeln lagen zwei blühende Dörfer. Gegen Norden Bokum, auch Bodeken genannt, gegen

Süden Delm, oftmals Dallum oder Dahlemen genannt. Als sie untergingen, zog ein Teil ihrer Bewohner

nach Ingeln und brachte der Feldmark guten Zuwachs. Die Dörfer verschwanden, doch ihr Andenken lebt

durch die Jahrhunderte fort. Es wurde besonders durch zwei Eichengruppen gepflegt, die sich sichtbar aus

der Flur hervorheben und ein Schmuck der fruchtbaren Felder sind.

93


Ein Eichenpaar im Norden hütet, wackeren Knappen gleich, die Stätte des Dorfes Bokum. Die fünf "Delmer

Eichen" im Süden halten auf uraltem Delmer Grund Wacht.

Diese Zeugen 18 längst entschwundener Tage und Hüter der Vergangenheit hielt die Gemeinde Ingeln

1931 in ihrem Wappenschilde und Siegel fest. Auf silbernem Grunde stehen drei grünende Eichbäume

und goldglitzernde Eichen. Die "Delmer Eichen" stehen unter Naturschutz.

Erstmalig wird das Dorf urkundlich 1162 genannt. Bischof Hermann (1161-1170) übertrug damals dem

Michaeliskloster 5 Hufen in Ingeln. Weitere 4 Hufen erwarb dieses Kloster daselbst unter Bischof Adelog

(1171-1190). Der Zehnte gehörte 1243 dem Kreuzstifte. Als sonstige Grundherren treten 1277 auf: der

Domdekanat, 1283 das Magdalenenkloster mit 2 Hufen, der Domprobst mit einer Hufe. Ein Albodium

besaß 1299 das Domkapitel in Ingeln, desgleichen 1313 der Bischof. Das Michaeliskloster erwarb 1333

dort nochmals 1 Hufe und 1357 einen Hof mit 3 Hufen. Als Bischöfliches erscheint 1346 das Dorf. Es lag

vor dem sogenannten Nordwalde, wozu das Bokumer Holz gehörte. Neben Ingeln waren auch Oesselse

und Müllingen daran beteiligt. Diese Holzsame gingen auf eine Urkunde vom 16. März 1550 zurück.

Die Länderen des untergegangenen Dorfes Bokum wurden bereits 1450 zum Teil von Ingeln aus

bewirtschaftet, wohin 3 Halbmeier und 3 Kötner aus Bokum ihre neuen Wohnsitze verlegt hatten. Die

Land- und Wiesenbeschreibung des Amtes Ruthe vom 15.7.1671 gibt für Ingeln 30 Hofstellen an, darunter

1 Vollspanner, 4 Halbspänner, 3 Viertelspanner, 10 Kötner und 6 Brinksitzer. Weiter heißt es

zusammenfassend: alle vor Ingeln belegenen Ländereien 691 Morgen, 7/8 Voly, ab Pfarrland, Opferland,

Kappenland, Vogtland 18 Morgen 1 7/8 Voly bleibt 692 Morgen. Wiesen 6 Morgen 1 1/4 Voly, die Neue

Wisch = 3 Morgen. Ein noch vorhandener Meierbrief sagt aus, daß 1732 der Reichsgraf von Plettenberg

dem Ernst Conrad Liehen mit einer halben Hufe belehnte.

Das Hildesheimer Verzeichnis von 1758 führt aus:

Die Ortschaft Ingeln hat 22 bebaute und eine wüste Stelle, dabei ist eine Feldmark von 36 Hufen. Der

Zehnte gehört Herrn v. Windheim. Genannt wurden 3 Ackermänner, 6 Halbspänner, 3 Viertelspänner, 10

Vollkötner, 2 Bringsitzer mit insgesamt 60 Pferden. In der Land- und Wiesenbeschreibung des Amtes

Ruthe von 1769 stehen verzeichnet: 3 Vollspänner, 5 Halbspänner, 3 Viertelspanner, 7 Vollkötner, 7

Halbkötner, 2 Bringsitzer und 1 Halbbringsitzer. Dazu kommen die Gemeinheiten: Kappenland 5 Morgen,

Rottland 1 Morgen, Wiesen 3 Vorly, sowie 15 Morgen "Ausland“ (von Leuten aus Müllingen

bewirtschaftet).

Nach einer Häuserliste von 1845 gab es in Ingeln 46 Wohnhäuser mit 292 Einwohnern. Die

Grundsteuermutterrolle 1861 führt 65 Steuerpflichtige auf. Diese gliedern sich in 3 Vollmeier, 7

Halbmeier, 3 Ackerleuten, 4 Kleinspänner, 6 Vollkötner, 15 Halbkötner, 3 Vollbringsitzer, 4

Halbbringsitzer, 11 Anbauer und 4 Häuslinge. Hinzu kommen die Gemeinde und die Pfarre Oesselse. Im

Manual des gesamten Grundeigentums der Wüstung Delm 1862 erscheinen 64 Namen von

Grundbesitzern aus Heisede, Oesselse, Ingeln, Hotteln und Gödringen. Durch Reskript der königlichen

Landdrostei Hildesheim vom 4. Juli 1862 wurden diese gesamten Grundstücke von 608 Morgen und 18

Ruten zur Feldmark Ingeln gelegt. Die Einwohnerzahl stieg von 219 im Jahre 1785 bis 1910 auf 313. Trotz

des Strukturwandels, der um die Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzte, war mithin nur ein Zuwachs von

90 Personen zu verzeichnen. Der bäuerliche Grundcharakter des Dorfes hatte sich erhalten. In der

Feldmark Ingeln lagen 1859 zur Zeit des Vorstehers C. Fuhrberg 1312 Morgen und 108 Ruten, 247 Morgen

und 40 Ruten in der wüsten Feldmark Delm, 247 Morgen 56 Ruten in der wüsten Feldmark Bokum und

575 Morgen im Erbenholz. Nach einer Tabelle der "Hannoverschen Höferolle" vom 12.9.1894 gab es in

Ingeln 22 eingetragene Höfe. Zur Gemarkung gehörten 1925 insgesamt 367 ha. Davon entfielen auf Hof,

Haus und Wege 35 ha. An Ackerland verblieben 332 ha. Die Viehzählung 1934 hatte folgendes Ergebnis:

70 Pferde, 291 Stück Rindvieh, 37 Schafe und 367 Schweine.

Ingeln gehörte in mittelalterlicher Zeit, genau wie die übrigen Ortschafen nördlich des Bruchgrabens zum

Amt Ruthe. Seine Einwohner leisteten jahrhundertelang jede Woche 2 Tage Hand- und Gespanndienst für

das Amt. Es war für jede Hofstelle ein großer Fortschritt, als am 1. Mai 1822 dieser Dienst aufgehoben

wurde und an seine Stelle die Zahlung eines Dienstbefreiungsgeldes trat.

94


In den Jahren, die der 1824 gesetzlich festgelegten Gemeinheitsteilung folgten, die General- und

Spezialteilung umfaßte, wurden die Besitzverhältnisse aller Höfe beträchtlich verändert. Die Hüte- und

Weideteilung zwischen den Orten Müllingen, Oesselse, Ingeln, Wülferode und Gleidingen fand bereits

1825 statt. Die erste Verkoppelung begann 1843 bei der wüsten Feldmark Bokum und endete 1863 bei

dem Orte Ingeln. Nach Abschluß der Verkoppelungen wurde mit dem Ausbau von Dränagen (Röhren

legen) begonnen.

1874 wurde in Rethen/Leine eine Zuckerfabrik gebaut. Die Ingelner Landwirte mußten Aktien erwerben

und sich verpflichten, Rüben zu liefern.

Die Dorfeiche wurde am 22. März 1897 gepflanzt.

In kirchlicher Beziehung gehört Ingeln zu Oesselse. Es war nicht immer so. Ingeln hat heute noch seinen

Kirchplatz, den sogenannten Kapellenbrink. Dieser Platz und ein im Nebengebäude der Schule (erbaut

1911) angebrachte gotisches Spitzbogenfester und die Glocke über dem Klassenzimmer der Schule

erinnern an die verschwundene Ingeler Kapelle.

Als sie 1242 erbaut wurde, soll die Lühnder Mutterkirche schon 200 Jahre älter sein. Die Kirche in Oesselse

wurde erst 1466 gebaut. Schon mit der Einführung der Reformation war Ingeln, ebenso wie Müllingen,

eine Filiale von Oesselse.

Der Gottesdienst, wie 1542, 1572 und 1588 berichtet, wurde abwechselnd in den drei Gemeinden

abgehalten. Später schied Ingeln aus dem Kirchspiel aus: bis 1887 wurde in der Ingelner Kapelle jährlich 2

mal gepredigt; am Hagelfeiertage und Michaelis. Die Kapelle stand bis 1901. Damals wurde sie wegen

Baufälligkeit abgerissen. 1888 war die Kapelle bereits polizeilich geschlossen. Ihr Abbruch wurde damals

noch nicht gestattet mit Rücksicht auf ihren kunstgeschnitzten Wert. Besonderen Wert hatte in der

Kapelle ein Altarschrein. Der Minister bot 200 Mark Beihilfe an zur Reparatur der Kapelle, wenn die

Gemeinde die dauernde Unterhaltung übernähme, was diese ablehnte. Der Kapellenvorstand hoffte mit

seinem Altarschrein ein Geschäft zu machen. Das Provinzialmuseum Hannover ging aber darauf nicht ein.

Dann bot der Kapellenvorstand den Altarschrein dem Bischof von Hildesheim für 600 Mark an

vorbehaltlich der Genehmigung des Ministers. Diese Genehmigung wurde versagt. Auf Veranlassung des

Ministers erwarb den Altarschrein 1892 die Schloßverwaltung Marienburg in Westpreußen.

Um den Bau einer neuen Schule bedurfte es aber 1889 langwieriger Verhandlungen mit Oesselse, wohin

die Kinder aus Ingeln zur Schule gingen. Da sich ihre Zahl bedeutend erhöhte, verlangte die Gemeinde

Ingeln statt der Anstellung eines zweiten Lehrers in Oesselse die Einrichtung einer eigenen Schule. Ihr

zähes Festhalten an dieser Forderung führte schließlich doch zum Ziele. Ein vorläufiges Schulzimmer

wurde 1911 auf der Ebelingschen Stiftung eingerichtet. Am 30. Oktober 1911 konnte das neue Schulhaus

bezogen werden. Bereits zum 1. Juni 1911 war die Anstellung des Lehrers Borchers erfolgt, der 44 Kinder

in einer einklassigen Schule unterrichtete.

95


Abschrift

Verhandelt in der Gemeindeversammlung 2. 8. 1874.

In der heutigen Gemeindeversammlung, welche wie der Unterzeichnete Gemeinde-Vorsteher damit

bekannt gemacht und die hier neben verzeichneten Gemeindemitglieder erschienen waren, wurden

folgende Beschlüsse gefaßt:

1.) Bezüglich eines Bauplatzes für das Spritzenhaus wurde von seiten der Gemeinde davon abgesehen,

dasselbe auf der Ecke der Gemeinheit zwischen der Landstraße und dem Lühnder Weg zu bauen und

wurde für dasselbe ein geeigneter Bauplatz auf dem sog. Kappenbrink in Aussicht genommen.

2.) Der Koppelweg durch die Koppel des Vollmeiers Wilke, vor dessen Hofe von der Landstraße bis zum

Lühnder Weg 5 Rth. haltend wurde an denselben für 5 rch pro Rth verkauft und von demselben bezahlt.

3.) Die in Anlage 2 Seite 43 des Rezesses bezeichneten Ausfahrten vor den Höfen des Vollmeiers August

Ebeling, Vollmeier Heinrich Wilke, Halbmeier Heinrich Lüders, Halbmeier Heinrich Gott, Halbmeier Conrad

Ebeling und Kleinspänner Conrad Liehe nach dem Rezess angeblich 40 Rth, jedoch nach der Vermessung

des Geometers Busche in Lühnde auf der Originalkarte nur 20 1/2 Rth haltend sind an die vorbezeichneten

anliegenden Interessenten für 2 rch pro Rth verkauft.

Da nach stattgefundener Verhandlung die obrigkeitliche Genehmigung erfolgt ist, so wurden die einzelnen

Parzellen von den anliegenden Interessenten bezahlt und denselben als Eigentum überwiesen.

Vorgelesen und genehmigt.

Siegel der Gemeinde

Ingeln

gez. C. Crone

Vorsteher.

A. Ebeling

Hinze

Wilke

Lüders

Grone

Ebeling

Walters

Aue

Fründ

Hepke

Kappenberg

H. Aue sen.

H. Thiemann

Sievers

Köhler

Lücke

H. Crone

Ruhkopf

Prüße

Wolfes

Fr. Steinwede

Dreyer

Fr. Brandes

H. Aue jun.

96


I

Die Ebelingsche Stiftung.

m Jahre 1898 verunglückte der einzige Sohn des Vollmeiers Ebeling, Ingeln Nr. 20, tödlich. Der Hof

wurde verpachtet und Herr und Frau Ebeling zogen nach Hannover. Ebelings hatten je 1 Haus in der

Schläger- und Röselerstraße. Nachdem Frau Ebeling verstorben war, machte Herr Ebeling sein 3.

Testament. Als er dann 1908 verstorben war und das Testament geöffnet wurde, war die Gemeinde als

Erbe des Hofes eingesetzt.

100 Jahre soll es ein Ebelingscher Hof bleiben. Kapital soll zum Kapital geschlagen werden und im Garten

des Hofes Nr. 20 ein Krankenhaus gebaut werden. Verwaltet wird alles durch ein Kuratorium, bestehend

aus dem Landrat des Kreises Hildesheim, dem Gemeindevorsteher von Ingeln und eine von der Gemeinde

Ingeln zu wählende Person. Nach längerer Debatte in einer Gemeindeversammlung hat die Gemeinde das

Erbe angenommen. In dem Krankenhause sollen Arme und Bedürftige unentgeltlich zunächst aus Ingeln

behandelt werden. Daneben können auch Personen aus dem Landkreis Aufnahme finden. Durch die

Inflation im Jahre 1923 konnte ein Krankenhaus nicht mehr gebaut werden.

In den nächsten Jahren hatte sich wieder Kapital gebildet und 1926 wurde eine Schwesternstation

geschaffen und im Hause Nr. 20 untergebracht. 3 Wannenbäder in der Waschküche beim Haus Nr. 20

eingerichtet. 1934 wurde die kleine Scheune umgebaut und ein Kindergarten geschaffen; desgleichen ein

großes Zimmer für die Hitlerjugend. 1935 erfolgte die Umwandlung der Ebelingschen Krankenhausstiftung

in eine Ebelingsche Stiftung.

Der Regierungspräsident erteilte die Genehmigung. 1951 wurden im Garten des Hofes Nr. 20 ein

Einfamilienhaus und drei Doppelhäuser gebaut. Da lt. Testament nicht verkauft werden durfte, wurde der

Grund und Boden den Erbauern auf Erbpacht gegeben. Es müssen gezahlt werden: 20 Jahre 3 Pfennig. 30

Jahre 4 Pf. und 50 Jahre 5 Pf. pro Quadratmeter.

Da der sogenannte Schillgarten im Bebauungsplan einbezogen war, gab der Bauer Otto Wehner im Jahre

1954 4 Morgen Bauland ab und bekam im Tauschwege von der Stiftung 6 Morgen Ackerland im

Pfingstanger wieder.

Es wurde mit dem Bau von Siedlungshäusern im Schillgarten begonnen, Grund und Boden auf Erbpacht

vergeben.

1947/48 wurde ein Klassenzimmer eingerichtet, 1963 wird ein alter Viehstall abgerissen und die große

Scheune umgebaut als Viehstall. Ferner ein Zimmer als Gemeindebüro eingerichtet. Stiftung kauft von

Bauer Ebeling Ländereien in der Wachtel und auf dem Horn.

97


I

m Jahre 1925 betrug die Einwohnerzahl 345. Die Volks- und Betriebszählung am 16. Juni 1933 ergab 85

Haushaltungen, davon 63 landwirtschaftliche (einschl. Ziegenhalter) und 10 gewerbliche Betriebe.

Durch die Gärten von Frau Wolters, Heinrich Aue, Otto Kracke, Heinrich Ebeling und Heinrich Liehe führte

ein offener Graben.

1926 wurden durch Mauermeister August Block 40er Rohre hineingelegt. Die Kosten für die 250 m

betrugen 2.500,-- RM. Da das Wasser von der Stiftung eingeleitet wurde, bezahlte die Stiftung 500,-- RM.

Der Rest von 2.000,-- RM wurde bei der Kreissparkasse Hildesheim geliehen. Die Anlieger zahlten die

Hälfte, die Gemeinde ein Viertel und die Stiftung ein Viertel an Zinsen und Amortisation. 1932 hatte

Deutschland 6 1/2 Millionen Arbeitslose. Die Gemeinde mußte die Arbeitslosen beschäftigen.

Zu diesem Zwecke wurde auf der Höhne ein Feuerlöschteich gebaut. Die Besitzer mußten ihre lange nicht

mehr benutzten Flachsrotten unentgeltlich zur Verfügung stellen. Das Arbeitsamt Hildesheim zahlte für

jeden Arbeitslosen pro Tag 3,-- RM zu.

Am 1. 12. 1936 wurde die Molkerei in Ingeln durch die NSDAP geschlossen und die Milchlieferanten

wurden der Molkerei Wirringen überwiesen.

1943 bekam die Gemeinde eine Motorspritze für die Feuerwehr.

Großangriff feindlicher Bomber am 23. September und 9. Oktober 1943 auf Hannover. Obdachlose

Einwohner von Hannover wurden nach Ingeln evakuiert. Nach Beendigung des 2. Weltkrieges 1945

wurden die Einwohner jenseits der Oder-Neiße-Linie (polnisch verwaltetes Gebiet) ausgewiesen. Die

Gemeinde mußte Leute aufnehmen und die Einwohnerzahl kam über das Doppelte.

Einwohnerzahlen:

1900 = 301,

1939 = 338,

1945 = 462,

1947/48 = 792,

1956 = 604,

1958 = 581,

1960 = 546,

1961 = 530 und

1968 = 550.

Das Dorf hat bislang seinen ländlichen Charakter behalten, wie es in seinem äußeren Erscheinungsbild

zum Ausdruck kommt. Noch immer gibt es hier eine Reihe schmucker Fachwerkhäuser.

Der Beigeordnete Bauer Heinrich Liehe hat 1935 auf 9 Grundstücken 19 Inschriften feststellen können. Im

Winter 1934/35 beschriftete der Beigeordnete das Ehrenbuch der Gemeinde und klebte 44 Bilder hinein

der Kriegsteilnehmer und Gefallenen des 1. Weltkrieges.

Zum Andenken der Gefallenen des 1. Weltkrieges wurde an der Schule eine Gedenktafel angebracht und

jedes Jahr am Heldengedenktag findet eine Feier statt.

Unter der Besatzungsmacht wurde 1946 der erste Gemeindebeamte als Gemeindedirektor neben dem

Bürgermeister gewählt.

1954 bekam die Gemeinde Dorfbeleuchtung. Leitungswasser von der Sösetalsperre gab es ab 1955.

Es wurde eine Jagdgenossenschaft gebildet. Das Jagdgeld wird nicht ausgezahlt, sondern zum Wegebau

verwendet. Das jährliche Jagdessen findet im Februar statt.

1956 wurde der offene Graben bei den Grundstücken Ebeling, Liehe, Klaus und Osterwald mit 70er Rohre

und bei Schwarze mit 80er Rohre zugelegt.

98


M

Autobahn Ingelner Feldmark

it dem Bau der Autobahn wurde 1960 begonnen, nachdem lange Verhandlungen gewesen waren.

Die Ingelner Bauern wollten für das abgegebene Land zur Autobahn wieder Land haben. Das

Neubauamt Hildesheim kauft die Ländereien der Hofstelle Nr. 3 in Ingeln. Es wird mit der Stiftung Land

getauscht. Der Gemeinderat Ingeln stimmt mit 6 zu 3 Stimmen zu. Das sogenannte Meer neben der

Autobahn wird mit ca. 50.000 cbm Bodenmasse zugefahren und es kommen ca. 40 cm Mutterboden

darauf. Mit Müllingen zusammen wurde vereinbart, die Auffahrt zur Autobahn ins Holz zu verlegen (die

heutige Linie), weil sonst in der Feldmark Müllingen zu viel Land verloren geht. Auf dem Brinke wurde für

den Bau Kies gebaggert. Der Feldweg zum Hassel wurde von der Autobahn durchschnitten. Der Bau einer

Brücke war nicht möglich. Die Autobahn baute der Gemeinde eine 3 m breite Schwarzdecke von der

Straße Ingeln – Bledeln über den Hassel bis zur Kreisgrenze (Langes Feld).

Lt. Vertrag vom 29. 3. 1961 verpflichtet sich die Autobahn, 2 Steinbrüche am Meerberg mit Bodenmasse

aufzufüllen und mit 40 cm Mutterboden aufzufüllen. Zu gleicher Zeit nimmt die Autobahn ca. 150 000

cbm Stein- und Bodenmasse zu 0,20 DM je cbm zur Befestigung der Dammfüllung in der Feldmark Hotteln

– Algermissen. Betroffen sind Köhler, Oesselse, Aschemann, Stiftung, Szonn, Thiemann 19 und Fabien-

Ingeln.

Die Ländereien mußten mit Erde gefüllt und ca. 40 cm Mutterboden kam darauf. Es mußten

Ernteentschädigung gezahlt werden. Neue Bodenbewertung erfolgte. Der Ausbau der Drainage erfolgte

erst 3 Jahre später, da sich der Boden erst gesetzt haben mußte.

1963 erfolgte neben der Autobahn Aufbringen der Gräben im Walde und die Wege bekamen eine

Kiesdecke. Das Autobahn-Neubauamt hat den Wegebau bei der Autobahn der Fa. Roth in Alfeld

übertragen. Gebaut wurden der Weg hinter dem Meerberge westlich der Autobahn, ferner östlich der

Autobahn beim Land von Aschemann im Langenfelde bis zur Landstraße Ingeln-Müllingen und westlich

des neuen Ingelner Holzweges vom Ingelner Holze bis zur Steinstelle.

Am 7. Juli 1962 kurz vor 11 Uhr waren die vielen Kraftwagen aufgefahren. Auf der Brücke über die Strecke

Ruhrgebiet – Berlin war ein mit frischem Grün geschmücktes Rednerpult aufgebaut worden. Weiße Binder

sperrten die Fahrbahnen der Nord-Süd-Linie. Nachdem die Reden gehalten waren, überreichte ein kleines

Mädchen ein rotes Kissen mit Schere an die Herzogin Viktoria-Luise. Das weiße Band teilte sich. Bereits

wenige Minuten später setzte sich die Autokolonne von ca. 200 Fahrzeugen in Bewegung. Vorne war

Bundesverkehrsminister Seebohm. Ingeler Bürger hatten sich auf der Brücke Ingeln-Bledern versammelt,

um die Fahrt zu sehen.

D

urch den Zuzug von Einwohnern wuchs auch in entsprechender Weise die Schulkinderzahl, und zwar

1939 = 44,

1947 = 136.

1949 mußte der Lehrer Lucks sogar 141 unterrichten. Am 1.12.1947 wird die Errichtung einer 2.

Lehrerstelle beschlossen. Es vergingen noch 2 Jahre, bis ein Klassenraum in der alten Scheune der

Ebelingschen Stiftung eingerichtet werden konnte.

Am 1. 4. 1953 wird der zweite Lehrer Hofmann versetzt. Seine Nachfolgerin wird Frau Mönnich; wird

abgelöst von Frau Amsberg (1954).

Bis 1950 hält sich die hohe Schülerzahl, dann

1954 = 124,

1955 = 60,

1962 = 55 + 60.

1961 baut Gleidingen eine Mittelpunktschule, und zwar 10-klassig mit Turn- und Schwimmhalle. 7 Kinder

haben Ostern 1962 dort das 9. Schuljahr gemacht.

Im Jahre 1968 wurde an der Schule neben der Tafel für die Gefallenen des 1. Weltkrieges noch 2 Tafeln

angebracht mit den Namen der Gefallenen des 2. Weltkrieges. Auch die Namen der Flüchtlinge und

Heimatvertriebenen sind darauf.

1970 baut die Feuerwehr Ingeln ein Unfallauto zu einem modernen Löschfahrzeug um. Bauer Hans

Thiemann stellt seinen Kuhstall zur Verfügung zur Unterbringung.

99


Am 30. 6. 1970 werden alte Bande mit Patenschaft besiegelt. Mit Gesang, Blasmusik, Ansprachen und

Austausch großer Urkunden wurde die Patenschaft besiegelt, die zwischen der Gemeinde Ingeln und der

1. Kompanie des mittleren Instandsetzungsbataillons 410 aus der Ohnsacker-Kaserne in Ahrbergen

geschlossen wurde. 30.9.1970 werden 400 Rekruten auf dem Sportplatz vereidigt.

Nach der Pensionierung des Lehrers Lucks 1968 kam Lehrer Dieter Pade nach Ingeln und unterrichtet

39 Kinder des 3. Schuljahres aus Ingeln und Oesselse (1974).

Durch den Zuzug nach Ingeln verändert sich laufend die Kinderzahl und auch der Unterrichtsplan.

Durch die Regierungszeit der NSDAP von 1933 bis zum Kriegsende wurde die Landwirtschaft gefördert.

Da die eigene Landwirtschaft Deutschland versorgen sollte, wurde ein Vierjahresplan aufgestellt

(Hermann Göring).

Dieses waren schon Vorbereitungen für den Krieg, der dann am 1. September 1939 ausbrach.

Durch den Einsatz der Trecker mit den dazu nötigen Geräten und der ersten Mähdrescher, die die

Selbstbinder hauptsächlich nach dem Kriege ablösten, überschlug sich die Entwicklung. Nachdem in der

Bundesrepublik immer mehr Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft zur Industrie gingen, wurden die

Maschinen immer größer und technisch vollkommener. Die Rüben konnten mit Vollerntemaschinen

gerodet werden. Die Pflegearbeiten sind vereinfacht (Einzelkorn, Spritzung) so daß heute keine

Zusatzkräfte mehr gebraucht werden.

Ein Betrieb hat noch Reitpferde. Zwei Höfe haben etwas Schafe. Schweinemast wird nur noch in geringem

Umfange betrieben (1974). In drei kleinen Betrieben wird noch Milchvieh gehalten.

Durch die Nähe der Großstadt hat sich der Marschallplan schnell verwirklicht. Es entstanden zwei weitere

Neubaugebiete (Holzweg, Kleikamp, Neue Wiese), so daß das Dorf z.Z. 900 Einwohner hat.

Das ist sicher kein Spiegelbild für die allgemeine Entwicklung eines Bauerndorfes. Es sind heute (1974)

vorhanden:

1 Gebrauchtwarenhändler,

1 Schlosserei mit Tankstelle,

1 Lebensmittelgeschäft,

1 Malermeister,

1 Schuhmacher,

1 Polsterei,

1 Gastwirtschaft und

1 Posthilfsstelle.

Diese Zusammenstellung zeigt deutlich die Veränderung während der letzten Jahrzehnte.

Die größte Gruppe der Einwohner im Ort sind die Pendler. Ingeln ist schon lange kein Bauerndorf mehr.

Die Probleme werden nicht weniger, vielleicht noch größer.

Im 2. Weltkrieg wurde die Glocke in der Kirche von Oesselse abmontiert. Erst 1973 konnte eine neue

Glocke gekauft werden. Pfingsten 1973 war die Einweihung.

Am 1. Dezember 1973 wird die Sporthalle und zwei Klassenräume eingeweiht unter Beteiligung der

Behörden und der Einwohner von Ingeln und Oesselse.

Im Februar 1974 wird die Schmiede abgerissen und auch das Spritzenhaus. Köhler – Oesselse hat in Ingeln

Scheune und Stallung von seinem Hofe Nr. 26 abgerissen. Das Haus wurde verkauft und ein Privat-

Altersheim „Tannenhof“ geschaffen. Der Garten wurde verkauft und 12 Einfamilienhäuser gebaut.

Am 21. 12. 1973 werden die Grenzveränderungsverträge unterzeichnet.

Durch die Gebietsreform gehört Ingeln seit 1. März 1974 nicht mehr zum Landkreis Hildesheim-

Marienburg, sondern ist Ortsteil der Stadt Laatzen (Landkreis Hannover).

100


Text aus dem abgebildeten Zeitungsartikel vom Februar 1974:

Hannover-Gesetz verabschiedet

Laatzen. Die Gemeindereform in Niedersachsen ist beschlossen. Mit den Stimmen der SPD-Mehrheit im

Landtag wurde das Hannover-Gesetz in der vor zwei Monaten vom Innenausschuß festgelegten Fassung

ohne jede Veränderung verabschiedet. Im Zuge der jetzt abgeschlossenen Neugliederung ist die Zahl der

Kommunen von 4 090 auf rd. 425 verringert worden. Gleichzeitig werden 12 der bisher 60 Landkreise

aufgelöst und verloren 5 von 15 kreisfreien Städten ihre Kreisfreiheit. Aus den Landkreisen Hannover,

Burgdorf, Neustadt und ca. der Hälfte des Landkreises Springe wird ein Landkreis Hannover mit rd. einer

halben Million Einwohner entstehen. In diesem Ringkreis werden 201 Gemeinden – zum Teil führen sie

die Bezeichnung Stadt – zu 21 Gemeinden zusammengefaßt. Aus dem nach zehnjähriger Vorbereitung

und bewegten Diskussionen verabschiedeten Hannover-Gesetz ergeben sich auch für die Stadt Laatzen

weitreichende Konsequenzen.

101


Der Stadt Laatzen werden die Gemeinden Rethen, Gleidingen, Oesselse und Ingeln zugeordnet und die

Einwohnerzahl wird sich von zur Zeit 19 500 auf ca. 28 000 Einwohner erhöhen. Das Gebiet der neuen

Stadt Laatzen wird sich mehr als verdoppeln. Schmerzlich ist jedoch die Ausgliederung des Messe-

Geländes und des Südkronsberges aus dem Stadtgebiet. Der Rat der Stadt Laatzen hat in mehreren

Entschließungen zu diesem Thema eindeutig Stellung genommen und die im Bereich des

Siedlungsgebietes Laatzen-Mitte entstandenen Fakten, die die Besiedlung des Südkronsberges durch die

Stadt Laatzen einbezogen, werden eingehende Gespräche mit der Stadt Hannover über die zukünftigen

Lösungen nicht zuletzt auch im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen für die Stadt Laatzen notwendig

machen.

Die neue Gemeindegrenze ist aus der vorstehenden Skizze zu entnehmen.

In weiten Bereichen sind die Vorbereitungen für den Zusammenschluß der Gemeinden bereits auf

freiwilliger Basis zwischen den beteiligten Partnern getroffen worden. Ziel der Gemeindereform und

akzeptierte Aufgabe der Stadt Laatzen wird es sein, den Belangen aller Bürger der neuen Stadt Laatzen

gerecht zu werden.

Über die Auswirkungen in den einzelnen Bereichen des kommunalen Lebens unserer Stadt wird in den

nächsten Ausgaben von „Unsere Gemeinde" berichtet werden.

Straßennamen

Da der Ort durch die Neubaugebiete 180 Häuser hat, war es erforderlich, den Straßen Namen zu geben.

Diese lauten: Am Holztor, Am Kleikamp, Am Schillgarten, Auf der Maine, Delmweg, Hasselweg,

Hauptstraße, Höhneweg, Hubertusweg, Hoher Weg, Lerchenweg, Schulstraße, Pfingstangerweg,

Stiftungsweg. Eine Straße bekam den Namen Friedrich-Borchers-Straße. Borchers war über 30 Jahre in

Ingeln Lehrer, Gemeinderechungsführer, Chorleiter des Gesangvereins und Leiter der Nebenstelle der

Kreissparkasse Hildesheim.

Flurbereinigung

Da es immer noch unbekannt war, ob die Autobahn in der Feldmark Ingeln, Oesselse oder Müllingen

gebaut wurde, mußte die Flurbereinigung immer wieder hinaus geschoben werden. Erst 1969 war es

soweit.

Vorher haben viele Versammlungen stattgefunden. Der Ausbau der Feldwege begann. Gräben wurden

neu gezogen. Mit Kunststoffrohren wurden die Äcker drainiert. Die Zusammenlegung der Felder erfolgte

so, daß die Besitzer nur noch 3 – 4 Parzellen hatten. Die Übergabe erfolgte am 1. September 1974.

Neue Grundschule Ingeln-Oesselse

Nachdem durch den Zuzug von vielen Einwohnern auch die Zahl der Kinder ständig zunahm, war es jetzt

die Aufgabe, die Schulmisere zu beseitigen. Bislang waren die Kinder von Ingeln und Oesselse in

verschiedenen Klassenräumen untergebracht. Neben der Sporthalle wurde ein vierklassiger Schulpavillon

gebaut mit einem Verbindungstrakt zu den vorhandenen Räumen. Die Einweihung der Schule fand 1975

statt unter Mitwirkung des Rates der Stadt Laatzen und der Ortsräte Ingeln und Oesselse, sowie Eltern

und Kindern, den Vertretern der örtlichen Vereine und weiteren Personen des

öffentlichen Lebens.

Am 30. Mai 1975 besteht das Patenschaftsverhältnis zwischen der ehemaligen Gemeinde Ingeln und der

1. Komp. Instandsetzungsbat. 410 Ahrbergen 5 Jahre. Soldaten bestellten Spielplatz-Geräte aus Holz für

die Jüngsten der Gemeinde Ingeln.

Mit einem abwechslungsreichen Sportprogramm wurde der Sportplatz für Ingeln und Oesselse nach

Erweiterung unter Beteiligung der Behörden und der Vereine der Öffentlichkeit übergeben.

102


Das Ortsbild von Ingeln ist weiter verschönert worden. Auf dem Platz neben der Dorfeiche steht ein alter

Pflug. Den alten Pflug stiftete ein Ingelner Landwirt. In vielen freiwilligen Stunden wurde der Pflug

entrostet, gesandstrahlt, grundiert und schwarz und braun gestrichen. Der Baubetriebshof der Stadt

Laatzen erstellte für den Pflug einen Sockel aus Naturstein auf dem der Pflug befestigt wurde. Dieser Pflug

soll daran erinnern, daß Ingeln einmal ein Bauerndorf war und zum anderen soll die Zierde erreichen, daß

sich die Einwohner auch heute noch mit der Scholle verbunden fühlen.

Ingeln-Oesselse eine Ortschaft

Die Entwicklung ist nur logisch, weil viele Gemeinschaften der beiden Nachbarn seit Jahr und Tag die

Voraussetzungen geschaffen haben. Dabei waren die Vereine Vorreiter.

Der TSV Ingeln - Oesselse und der Reichsbund Ingeln-Oesselse arbeiten reibungslos zusammen. Die beiden

Gemeinden haben ihre Planungen eng aufeinander abgestimmt und durch den gemeinsamen

Bebauungsplan "Mittelpunkt" mit dem Schul- und Sportzentrum wichtige Voraussetzungen für die Einheit

geschaffen. Die Schule steht auf der Nahtstelle der beiden früheren Ortschaften.

Am 1. November 1976 wurde die Posthilfsstelle Ingeln aufgelöst und nach Oesselse verlegt.

Da das nach Ende des 1. Weltkrieges erbaute Spritzenhaus in Oesselse zu klein war, wurde die Scheune

neben der früheren Schule an der Gleidinger Straße umgebaut für die Unterstellung des Fahrzeugs und

der Geräte und die Bereitstellung eines Mannschaftsraumes. Die Einweihung war am

30. April 1977.

Vom 10. - 12. Juni 1977 war die 75-Jahrfeier der Ortsfeuerwehren Ingeln und Oesselse. Die Ortsfeuerwehr

Ingeln bekam eine Standarte.

Februar 1978 - Die beiden Ortsfeuerwehren bilden eine Wehr.

Durch den Zuzug vieler Einwohner war der Friedhof in Oesselse zu klein geworden. Es wurde zur

Vergrößerung Land angekauft.

In der Gemarkung Oesselse "Die Dorfäcker" wurde mit dem Bau von Häusern begonnen.

Am 1. Mai 1978 hatte der Ort Ingeln-Oesselse 2893 Einwohner.

103


I

Ebelingsche Stiftung

m Herbst 1978 wurden im Garten der Stiftung 3 Häuser gebaut.

In Erinnerung an das Leben und Wirken des Stifters August Ebeling ist der neue private Weg mit "August-

Ebeling-Weg" benannt worden. Durch ein Zusatzschild wird der Stifter in besonderer Weise gewürdigt.

Da die Gebäude auf der Gleidinger Ziegelei leer standen, wurde beschlossen, einen Schlachthof zu bauen.

Die Wasserzufuhr geschah folgendermaßen:

Es folgt eine Leitung von der Soseleitung (Landstraße Ingeln – Bledeln) durch die Feldmark Ingeln -

Oesselse und Gleidingen. Vom Höhneweg wird ein Abzweig nach Ingeln gelegt.

Februar 1979

SPD bleibt bei Ortsumgehungsstraße. Während die SPD die vorhandene Kreisstraße 12 im Hinblick auf die

zukünftige Belastung als nicht ausreichend bezeichnete und die Umgehungsstraße für erforderlich hielt,

war die CDU völlig anderer Meinung. Ihrer Auffassung nach durchschneidet das Projekt beste

landwirtschaftliche Nutzfläche.

1. Mai 1979 - Einwohnerzahl 2943.

Am 22. September 1979 wurde der Grundstein für das neue Gemeindehaus der St. Nicolai-

Kirchengemeinde gelegt. Pastor Hundrieser verlas den Text der Urkunde, die ins Hattule versenkt und

eingemauert wurde.

Der Gebrauchtwagen-Markt wurde nach Rethen (Leine) Industriegebiet verlegt.

Nachdem an freiwilligen Spenden der Betrag von DM 60.000,-- da war, wurde am 30. April 1980 der

Grundstein für die neue Friedhofskapelle gelegt.

Einwohnerzahl 1. Mai 1980 - 3024.

104


Ebeling'sche Stiftung

Linke Bildhälfte: Der Stiftungshof.

Foto hinzugefügt.

Foto ersetzt. Quelle: Stadtarchiv Laatzen.

105


A

m 8. Oktober 1908 wurde das Testament des früheren Landwirts August Ebeling aus Ingeln eröffnet.

In diesem Testament war folgendes bestimmt:

§ 2

Ich setze hierdurch die Politische Gemeinde Ingeln zu meiner Erbin ein.

§4

Mein gesamter Nachlaß, welcher nach Abzug vorstehender Legate bzw. Vermächtnisse übrig

bleibt, soll unter dem Namen "Ebeling'sche Krankenhausstiftung" durch ein Curatorium

verwaltet werden, welches aus dem jeweiligen Landrate des Kreises Hildesheim als

Vorsitzender, der jeweiligen Gemeindevorsteher von Ingeln und einer von der politischen

Gemeinde in Ingeln zu erwählenden dritten Person besteht bzw. ist dieser Stiftung von meiner

Erbin dieser Nachlaß auszuhändigen.

Meiner Erbin bzw. der Ebeling'schen Krankenhausstiftung lege ich jedoch folgende Verplichtung

auf:

Die zu meinem Nachlaß gehörigen in Ingeln belegenen Höfe Nr. 20 und 21 nebst etwa 300

Morgen Ländereien sollen niemals veräußert werden.

Sobald die jährlichen Aufkünfte aus meinem Nachlasse, welcher der Ebeling'schen Stiftung

zufällt, 20.000 Mark betragen, wünsche ich, daß in dem zu seinem Hofe Nr. 20 in Ingeln

gehörigen Garten ein Krankenhaus errichtet wird und sollen dann alle Einkünfte aus meinem

Nachlaß zu Zwecken des Krankenhauses verwandt werden.

Ich bestimme ferner, daß Arme und Bedürftige in dem zu errichtenden Krankenhause

unentgeltlich verpflegt, ärztlich behandelt werden und Arzenei erhalten, soweit die Mittel hierzu

vorhanden sind. Es sollen hierbei solche aus der Dorfe Ingeln den Vorzug haben, jedoch auch

solche aus der Umgebung von Ingeln und dem Landkreise 13 Hildesheim unentgeltlich

aufgenommen werden können. Minderbemittelte Einwohner von Ingeln sollen billigere Sätze im

Krankenhaus zahlen, als auswärtige Kranke.

Die näheren Bestimmungen über alle diese Punkte überlasse ich jedoch dem Ermessen des

Curatoriums. Dasselbe soll über alle Einzelheiten allein entscheiden, die Krankenhaustaxen

festsetzen, sie nach den Zeitverhältnissen ändern, das Personal, Pfleger und Pflegerinnen sowie

Ärzte anstellen und die gesamte Verwaltung des Krankenhauses führen.

Eine Nichte (90 Jahre) erhält heute noch jährlich eine Zuwendung von 500 DM lt. Testament. Ebenso ist

die Grabstelle des E. in Hannover zu pflegen.

Ebeling hat das Testament im Jahre 1905 verfügt. Es soll daraus entstanden sein, daß sein einziger Sohn,

der noch Schüler war, während der Ferien beim Reiten verunglückt ist.

Er ist mit dem Fuß in Steigbügel hängengeblieben, das Pferd hat ihn auf der Straße von Ingeln nach

Gleidingen zu Tode geschleift.

Das Curatorium der Stiftung hat nach dem Tode von Ebeling den Hof und die Ländereien an die Landwirte

in Ingeln verpachtet und die Einnahmen angesammelt, um ein Krankenhaus zu errichten.

Durch die Inflation nach dem 1. Weltkrieg ging das angesammelte Vermögen verloren.

Da sich im Laufe der Jahre herausstellte, daß ein Krankenhaus in Ingeln nicht zu erstellen war, wurde im

Jahre 1942 eine Satzung erlassen mit der Zweckbestimmung, die öffentliche Gesundheitspflege,

Jugendpflege und Jugendfürsorge zu fördern und bedürftigen Personen Unterstützung zu geben, und evtl.

ein Alters- oder Pflegeheim in Ingeln zu errichten.

Die Satzung war auf die Belange der damaligen NS-Zeitverhältnisse abgestellt.

Die inzwischen angesammelten Geldbeträge gingen durch die Währungsreform im Jahre 1948 wieder

verloren.

Am 7. März 1946 wurde eine neue Satzung beschlossen, die heute noch Gültigkeit hat. Sie wurde durch

einen Beschluß des Curatoriums vom 28. August 1965 wie folgt ergänzt:

Hauptzweck der Stiftung: Unterhaltung und Betreuung einer Schwesternstation auf dem Stiftungshof in

Ingeln.

106


Da bis zum Jahre 1940 kaum bauliche Unterhaltungen auf dem Stiftungshof durchgeführt waren, wurde

in den Nachkriegsjahren erst einmal der bauliche Zustand des Hofes und der Gebäude verbessert. Es

waren mehrere Überlegungen angestellt, den Stiftungszweck entsprechend zu erfüllen.

Geplant war, ein Wohnheim für schwer erziehbare Mädchen zu errichten. Dieser Plan konnte aber auch

nicht verwirklicht werden.

Soweit die Gebäude nicht landwirtschaftlich genutzt wurden, wurden in einem Gebäude eine Schulklasse

und der Kindergarten eingebaut sowie das Gemeindebüro eingerichtet.

In die Scheune wurde ein Stall eingebaut, da der alte Stall baufällig war und abgerissen werden mußte.

Im Obergeschoß des Wohnhauses befindet sich die Schwesternstation. So ist der heutige Stand.

Das Curatorium hat mit der Kirchengemeinde Ingeln-Oesselse eine Vereinbarung geschlossen, wonach die

Schwesternstation von der Kirchengemeinde betrieben und durch das Kirchenrentamt verwaltet wird.

Die frühere Schwester – Ordensschwester aus dem Henriettenstift – war über 40 Jahre dort tätig. Es gab

keine Personalkosten, so daß sich die Sache gut trug.

Die Ländereien der Stiftung sind an Landwirte aus Ingeln und Oesselse erneut auf 12 Jahre verpachtet.

Das Flurbereinigungsverfahren in Ingeln kommt jetzt zum Abschluß, so daß auch die Ländereien der

Stiftung nur noch in einigen Großparzellen liegen.

Die Einnahmen aus den Verpachtungen decken nicht mehr die laufenden Ausgaben, bedingt durch die

laufende Steigerung der Personal- und Sachkosten. Bereits in den abgelaufenen Jahren mußte aus dem

Vermögensbestand jährlich zu den laufenden Ausgaben Kapital entnommen werden.

Die Einnahmen belaufen sich für dieses Jahr auf rd. 30.000,-- DM, während die zwangsläufigen Ausgaben

bei 46.000,-- DM liegen; 1975 werden sich die Einnahmen infolge der Neuverpachtung der Ländereien um

etwa 10.000,--DM erhöhen.

Ich bin davon überzeugt, daß auch das Curatorium mit dem neuen Vorsitzenden sowie die Stadt Laatzen

mit dem Ortsteil Ingeln weiterhin einen Weg finden werden, um den Stiftungszweck annähernd zu

erfüllen.

Für den Oberkreisdirektor hat KOA Schmidt seit 1951 die Geschäftsführung der Ebeling'schen Stiftung

wahrgenommen.

Ortsbürgermeister Thiemann übt die Aufsicht über den Hof aus und ist für die örtlichen Belange zuständig.

Die Kasse wird von dem Ratsherrn Rüter verwaltet. Die Jahresrechnung habe ich jährlich durch mein

Rechnungsprüfungsamt prüfen lassen. Die bauliche Unterhaltung wurde von meinem Kreisbauamt, KOA

Böger, wahrgenommen, so daß insgesamt für die Verwaltung der Stiftung jährlich nur etwa 2.000,-- DM

angefallen sind und somit alle Einnahmen, soweit sie nicht für Steuern, Abgaben, Versicherung,

verwendet wurden, voll dem Stiftungszweck zugeflossen sind.

107


Zu den Urschriften sind je 1,50 M. Stempel in Marken entwertet.

Erste Ausfertigung stempelfrei,

Hannover, den 17. Oktober 1908.

Gez. Froböse

Gerichtsschreiber Königlichen Amtsgerichts 3 D.

__________________

Ausfertigung

der Testamente des Rentier Heinrich Ebeling Hannover 9

Königliches Amtsgericht

Hildesheim, den 8. Oktober 1908.

Gegenwärtig:

Amtsgerichtsrat Bracht

als Richter,

Refrendar Hecker

als Gerichtsschreiber

__________________

Es erschien

der Justizrat Förster von hier als Testamentsvollstrecker.

Der Erschienene ist dem Richter bekannt.

Die Hinterlegungsscheine über die unter No. 4286. und 4823. des Verwahrungsbuchs eingetragenen

Verfügungen von Todes wegen sowie die Sterbeurkunde, nach welcher der Erblasser am 23. September

1908 verstorben, befinden sich bei den Akten.

Die nach den Hinterlegungsscheinen am 12. August 1905 gegebenen Testamente des Rentiers August

Ebeling in Hannover waren aus der Verwahrung entnommen.

Die Testamente waren mit je einen Lackabdruck des Notariatssiegels des Justizrats Förster hier

vorschlossen.

Es wurde festgestellt, dass der Verschluss unversehrt war.

Hierauf wurden die Testamente geöffnet und einschliesslich der Protokolle über die Errichtung dem

Erschienenen verkündet:

Der Erschienene erklärte:

Den Wert des Nachlasses werde ich noch angeben.

Das mir nach dem Testament übertragene Amt als Testamentsvollstrecker nehme ich an.

Vorgelesen, Genehmigt.

gez. Förster.

unterschrieben.

Beglaubigt

gez. Brecht.

Hecker.

Die Uebereinstimmung der Vorstehenden Abschrift mit der Urschrift wird bezeugt.

Hildesheim, den 8. Oktober 1908.

Der Gerichtsschreiber Königlichen Amtsgerichts I.

gez. Brecke.

Rechnungsrat.

(L. S.)

Kuvert

__________________

1,50 M. Stempel in Marken V. B. 4286.

entwertet. Eing. 12./8. 05.

9

Merkwürdigerweise ist hier „Heinrich“ als Vorname eingetragen, obwohl es sich eindeutig um das Testament von

August Ebeling handelt – vermutlich einfach ein Schreibfehler, der dann übersehen wurde…

108


Gez. Brecke, Obersekretär.

Hierin befindet sich das von mir aufgenommene Protokoll vom. 11. August 1905, No. 668. des Notariats-

Registers über die vor dem Rentier August E b e l i n g aus Hannover, Ostermannstr. No. 5. errichtete

letztwillige Verfügung, welche in dessen und

… (hier fehlt ein Teil des Textes.)

Patenkind meiner weiland Ehefrau - viertausend Mark zahlbar 6 Monate nach meinem Tode.

6. An den Hofbesitzer Ferdinand Bartels in Oesselse, zu dem ich Pate bin, viertausend Mark zahlbar 6

Monate nach meinen Tode.

7. Meine Erbin bezw. die später erwähnte Ebeling;sche Krankenhausstiftung soll ferner verpflichtet sein,

aus meinem Nachlasse an die am 2. März 1865 in Brunkensen bei Alfeld geborene Auguste Festerling,

welche seit 20 Jahren bei mir in Stellung ist und diese Stellung zu meiner grössten Zufriedenheit

ausgefüllt hat, eine lebenslängliche jährliche Rente von dreihundert Mark zu zahlen. Diese Rente ist von

einem Todestage an gerechnet in halbjährlichen Raten im voraus zu zahlen, frei am Wohnorte der

Empfängerin. Die Auguste Festerling erhält diese Rente aber nur, wenn sie bis zu meinem Tode bei mir

bleibt.

8. Meine Erbin bezw. die später erwähnte Ebeling;sche Krankenhausstiftung, soll auch verpflichtet sein,

das von mir für meine Familie auf dem Engesoder Friedhofe zu Hannover erworbene Erbbegräbnis

dauernd in Ordnung zu halten, evtl. Reparaturen vornehmen zu lassen und ein neues Denkmal setzen zu

lassen bezw. das vorhandene zu erneuern.

Mein gesamter Nachlass, welcher nach Abzug vorstehender Legate bezw. Vermächtnisse übrig bleibt,

soll unter den Namen Ebeling;sche Krankenhausstiftung durch ein Curatorium verwaltet werden,

welches aus dem jeweiligen Landrate des Kreises Hildesheim als Vorsitzender, dem jeweiligen

Gemeindevorsteher von Ingeln und einem von der politischen Gemeinde in Ingeln zu erwählenden

dritten Person besteht bezw. ist dieser Stiftung von meiner Erbin dieser Nachlass auszuhändigen.

§ 4.

Meiner Erbin bezw. der Ebeling;schen Krankenhausstiftung lege ich jedoch folgende Verpflichtung auf:

Die zu meinen Nachlasse gehörigen in Ingeln belegenen Höfe No. 20 und 21. nebst etwa 300 Morgen

Ländereien sollen nie mals veräussert werden.

Sobald die jährlichen Aufkünfte aus meinem Nachlasse, welcher der Ebeling;schen Stiftung zufällt 20,000

Mark betrogen, wünsche ich, dass in dem zu meiner Hofe No 20 in Ingeln gehörigen Garten ein

Krankenhaus errichtet wird und sollen dann alle Einkünfte aus meinem Nachlasse zu Zwecken des

Krankenhauses verwandt werden.

Ich bestimme ferner, dass Arme und Bedürftige in dem zu errichtende Krankenhause unentgeltlich

verpflegt, ärztlich behandelt werden und Arzenei erhalten, soweit die Mittel hierzu vorhanden sind. Es

sollen hierbei solche aus der Dorfe Ingeln den Vorzug haben, jedoch auch solche aus der

Umgegend von Ingeln und dem Landkreise Hildesheim unentgeltlich aufgenommen werden können.

Minder bemittelte Einwohner von Ingeln sollen billigere Sätze im Krankenhause zahlen, als auswärtige

Kranke.

Die näheren Bestimmungen über alle diese Punkte überlasse ich jedoch dem Ermessen des Curatoriums.

Dasselbe soll über alle Einzelheiten allein entscheiden, die Krankenhaustaxen festsetzen, sie nach den

Zeitverhältnissen ändern, des Personal, Pfleger und

Pflegerinnen sowie Aerzte anstellen und die gesamte Verwaltung des Krankenhauses führen.

§ 5.

Für den Fall, dass ich mich wieder verheirate und bei meinem Tode Kinder von mir vorhanden sind, ist

meine Erbin verpflichtet meinen gesamten Nachlass an diese, meine Kinder, herauszugeben.

In diesem Falle fallen auch die in den §§ 3 und 4 dieses Testaments festgestellten Legate und

Vermächtnisse fort.

109


§ 6.

Zu meinem Testamentvollstrecker ernenne ich hiermit den Herrn Justizrat Joseph Förster zu Hildesheim.

Derselbe soll befugt sein alle Handlungen vorzunehmen, welche zur Ausführung dieses meines letzten

Willens oder sonst erforderlich sind.

Für den Fall, dass der Justizrat Förster vor mir verstirbt oder die Testamentsvollstreckung nicht

annehmen kann, ernenne ich an dessen Stelle den Hofbesitzer Ferdinand Bartels in Oesselse

zum Testamentsvollstrecker.

Zur Urkunde dessen habe ich diesen meinen letzten Willen zwar nicht selbst geschrieben, aber

eigenhändig unterschrieben.

Hannover, den 10. August 1905.

Gez. August Ebeling.

__________________

Kuvert.

1,50 M. Stempel in Marken entwertet.

V. B. 4823.

Es wird gebeten den Hinterlegungsschein und die Kostenrechnung dem J. N. Förster zuzusenden.

gez. Brecke R. Rat.

Hierin befindet sich das von mir aufgenommene Protokoll vom 21. Juli 1908 No. 705 des Notariats-

Registers über die von dem Rentier August Ebeling zu Hannover Ostermannstr. 5. da selbst als Nachtrag

zu seinem Testament errichtete letztwillige Verfügung,

Der Wert wurde von den Erblasser auf 6000 M. angegeben.

Hannover, den 21. Juli 1908.

gez. Joseph Förster Notar.

Justizrat in Hildesheim wohnhaft.

Rückseite

1 Notariatsiegel.

__________________

Geschehen zu Hannover den 21. Juli 1908. im Hausa Ostermannstr, No. 5. daselbst.

Auf Ersuchen des Rentiers Ebeling zu Hannover Ostermannstr. No. 5. wohnhaft hatte ich, der Königliche

Notar Justizrat Joseph Förster zu Hildesheim mich heute hierher begeben, um mir eine Verfügung von

Todeswegen übergeben zu lassen.

Es wurden von mir zu der Verhandlung als Zeugen zugezogen:

a. Herr Architekt Heinrich Wegener aus Hannover.

110


N

Die drei Jungfrauen im Bockmer Holz

ördlich von Oesselse liegt das Bockmer Holz. Sein Name erinnert an das Dorf Bodeken, das in alter

Zeit in seiner Nähe gelegen hat.

Es finden sich in dem Walde noch zahlreiche Hügelgräber, das sind Grabstätten der Menschen, die in der

Bronzezeit hier wohnten. (In der Bronzezeit, die um das Jahr 1000 v. Christi Geburt war, hatten die

Menschen Waffen und Schmuckstücke, die aus Bronze waren, daher hat die Zeit ihren Namen).

Das Bockmer Holz ist ein Rest von dem großen Walde, der einst das ganze Land zwischen Hannover und

Braunschweig bedeckte. Es wird erzählt, daß ein Eichhörnchen zwischen diesen beiden Städten hin- und

herreisen konnte, ohne den Erdboden zu berühren.

Vor Zeiten soll das Bockmer Holz einmal drei Jungfrauen gehört haben. Eines Tages machten sich die drei

Schwestern auf, sich ihren Wald zu besehen und sich darin zu vergnügen. So gingen sie immer tiefer in

das dichte Holz, in dem damals noch viele Sümpfe waren. Auf einmal war kein Weg mehr da, sie hatten

sich verirrt. Nun liefen sie zwischen den hohen Bäumen und dunklen Büschen hin und her, und so sehr sie

auch suchten, den Ausgang fanden sie nicht.

Bald brach die Nacht an, überall knisterte und knackte es unheimlich; im Dickicht heulten die Wölfe, aus

einer hohen Eiche schrie unheimlich der Uhu. Unter einer mächtigen Fichte saßen die drei Schwestern

eng aneinandergeschmiegt die lange Nacht. In ihrer Herzensangst gelobten sie, ihren Wald dem zu

schenken, der sie aus der bösen Wildnis erretten würde. Aber kein Mensch kam, sie zu erlösen.

Als endlich der Morgen anbrach, da hörten sie in der Ferne Glockengeläut. Freudig und voll neuer

Hoffnung nahmen sie die Richtung auf aus der die Glocke rief.

Nach einiger Zeit wurde es zwischen den Stämmen licht, und dann sahen sie ein Dorf mit seiner Kirche vor

sich liegen. Es war Oesselse, wo sie wieder zu Menschen kamen; die Kirchenglocke hatte

die Schwestern gerettet. –

Die drei Jungfrauen hielten ihr Gelöbnis und schenkten "das Bockmer Holz" der Kirche zu Oesselse. Da

aber die Gemeinden Ingeln und Müllingen zur Oesselser Kirche gehörten, erhielten sie auch Rechte an

dem Walde. So kommt es, daß noch jetzt das Bockmer Holz den drei Dörfern Oesselse, Ingeln und

Müllingen gehört, es wird bis an den heutigen Tag das "Erbenholz" genannt. – Die Sage deutet die

geschichtlichen Tatsachen in ihrer Weise.

Das Dorf Bodeken, auch Bodeke geschrieben, wird in Urkunden der Jahre 1282, 1292, 1309 und 1378

genannt. Es wird als am "Nordwalde" liegend bezeichnet, das Bockmer Holz ist also ein Rest des

Nordwaldes, der den Ostfalengau im Norden begrenzte. Das Johannis- und das Kreuzstift in Hildesheim

hatten in Bodeken Besitzungen.

Das Dorf ist vor 1450 untergegangen d. h. die Einwohner gaben ihre Dorfstätte auf und siedelten sich in

der Nachbarschaft an; 3 Halbmeier und 3 Köter zogen nach Ingeln, 2 Halbmeier und 3 Köter nach

Müllingen und 3 Halbmeier und 2 Köter nach Oesselse. Von hier aus beackerten sie ihre alte Feldmark.

Nach ihrer neuen Heimat nahmen sie auch die Rechte an ihrer alten Waldmark, am Bockmer Holze, mit.

Der Name "Erbenholz" ist daraus entstanden, daß die Holzberechtigten "Holzerben" genannt wurden. Das

Erbenholz ist der südlichste Abschnitt des Bockmer Holzes.

111


D

Das Bockmer Erbenholz

as südliche Stück des "Bockmer Holzes" heißt das "Erbenholz". Obwohl es bereits nördlich der

Kreisgrenze im Regierungsbezirk Hannover liegt, ist es doch Eigentum der Gemeinden Oesselse,

Ingeln und Müllingen.

In frühgeschichtlicher Zeit breitete sich hier der große "N o r d w a l d“ aus, der den Gau As t f a l a im

Norden begrenzte und etwa von Hannover bis Braunschweig reichte. Von diesem Walde erzählte der

Volksmund, daß ein Eichhörnchen zwischen beiden Städten hin- und herreisen könnte, ohne den Boden

zu berühren.

Am Südrande dieses Nordwaldes lag einst das Dorf B o d e k e n. Von ihm erhielt das Bockmer Holz seinen

Namen. Im 13. Jahrhundert gehörte das Dorf Bodeken zur "Großen Grafschaft", die von den Hildesheimer

Bischöfen den Grafen von Lauenrode zu Lehen gegeben war. Die Burg Lauenrode lag in Hannover im

Gebiet der Neustadt.

Um die Große Grafschaft entstanden zwischen den Welfenherzögen und den Bischöfen von Hildesheim

Streitigkeiten, auf die der Zickzackverlauf der Nordgrenze unseres Landkreises zurückzuführen ist.

Das Dorf Bodeken kam damals zum Hoheitsgebiet der Welfenherzöge.

Als nun in der Zeit vor 1450 das Dorf Bodeken zur Wüstung wurde, siedelten sich drei Halbmeier und drei

Kotsassen in Ingeln, drei Halbmeier und zwei Kotsassen in Oesselse und damit im Hildesheimer Gebiet an.

Ihre Holzanteile in der Waldmark des nun wüsten Dorfes blieben ihr Eigentum, da sie "Holterben" waren,

d. h. Holzberechtigte. So ist es gekommen, daß das Erbenholz jenseits der Kreisgrenze liegt, seine Besitzer

aber in Ingeln, Oesselse und Müllingen wohnen.

Die Sage deutet die geschichtlichen Tatsachen in ihrer Weise.

112


D

Vergrabene und versunkene Glocken Delm

ie Sagen von "versunkenen Glocken" werden überwiegend von den Wüstungen unserer Heimat

berichtet. Unter ihnen kommt der Wüstung "Delm" eine besondere Bedeutung zu. Es soll darum

hier ausführlicher darüber berichtet werden.

Mitten in dem Viereck, das von den Dörfern Oesselse, Ingeln, Hotteln und Gödringen gebildet wird, liegen

die "Delmschen Eichen". Sie kennzeichnen die Stelle, wo einst das Dorf Delm lag, das urkundlich 1173 zum

ersten Mal erwähnt wird. Der Name wird in den alten Urkunden auch "Dellenem" oder "Delnem"

geschrieben. Es ist wahrscheinlich, daß das Dorf, das 1382 noch in einer Urkunde genannt wird, im 15.

Jahrhundert wüst geworden ist. Die Gründe, die zum Verlassen des Dorfes geführt haben, sind uns nicht

bekannt. Es ist möglich, daß der Ort in einer der vielen Fehden des 15. Jahrhunderts zerstört wurde. Die

Bewohner haben sich in den oben genannten Dörfern Oesselse, Ingeln, Hotteln und Gödringen

angesiedelt. Auf diese Orte wurde somit auch die Feldmark Delm aufgeteilt.

Die Nachkommen der ehemaligen Einwohner von Delm nennen sich noch heute "Delmsche Bürger". Sie

bilden die "Delmsche Gemeinde" und wählen unter sich noch immer einen eigenen Bürgermeister und

einen Rechnungsführer. Nach alter Tradition wird der Bürgermeister von der Gemeinde Ingeln, der

Rechnungsführer von Hotteln gestellt. Die Gemeinde Delm hat auch noch einen in der politischen

Gemeinde Hotteln gelegenen gemeindeeigenen Landbesitz von 12 Morgen Ackerland, Wiesen und

gemeindeeigenen Wegen, die verpachtet werden.

Alljährlich wird noch heute in Hotteln traditionsgemäß eine Generalversammlung abgehalten, in der

Rechnungslegung, Hebung der Pachten und Wahlen regelmäßig auf der Tagesordnung stehen.

In dieser Versammlung werden auch die neuen Bürger in die Gemeinde aufgenommen. Das Bürgerrecht

in der Gemeinde Delm vererbt sich vom Vater auf den Sohn, bzw. Schwiegersohn. Es liegt in der Familie

und kann nicht durch Kauf von Land oder einer Hofstelle der ehemaligen Feldmark Delm erworben

werden. Die Aufnahme wird heute noch nach altem Brauch vorgenommen. Der neue Bürger erhält einen

mit Immergrün geschmückten Teller, auf dem ein großes Glas Schnaps steht. Der Bürgermeister, vor

dessen Platz ebenfalls ein großes Glas Schnaps hingestellt worden ist, erhebt sich und nimmt mit den

Worten: "Preost, Gesundheit, der ganzen Delmschen Gemeine un iusen neien Bürger eok!" den neuen

Bürger in die Gemeinde auf. Darauf trinkt er und läßt das Glas unter den Anwesenden runden. Nun erhebt

der neue Bürger sein Glas und sagt: "Preost, Gesundheit der ganzen Delmschen Gemeine un meck as

neien Bürger eok!" Im Anschluß an die Versammlung findet ein gemütliches Beisammensein mit

gemeinsamem Essen (Vesper) statt.

In früheren Zeiten mußte bei dieser Jahresversammlung, die auch "Kirmiß" genannt wurde, ein Hof in

Hotteln ein Essen liefern, das aus dicken Erbsen und ausgebratenem Speck bestand. Es wird erzählt, daß

immer der Speck oben abgegessen wurde und der Gastgeber mehrere Male frisch überbraten lassen

mußte. Ein Hof in Gödringen hatte zu dieser Versammlung einen großen Schinken zu liefern, der über 40

Pfund wiegen mußte. Mehrere Jahre, nachdem dieses Essen abgelöst war, wurde einmal unter den

Delmschen Eichen ein Schützenfest gefeiert.

Der Platz, auf dem die Eichen stehen, ist von einer Weißdornhecke umgeben. Die Erinnerungsstätte, die

von den Bürgern der Delmschen Gemeinde vorbildlich gepflegt wird, steht unter Landschaftsschutz.

113


114


115


116


117


Hinweis:

In einer mir vom Laatzener Stadtarchivar Manuel Schwanse überlassenen Ausgabe der

Dorfchronik der Gemeinde Ingeln ist an dieser Stelle auf 39 Seiten die Hofgeschichte des

Bauernhofes Nr. 28 in Ingeln (jetzt Pfingstangerweg 11) dargestellt.

Dieses sehr ausführliche und detaillierte Kapitel über die diese Hofstelle betreffende lange

Epoche ab 1694 schildert auch die Erbfolge der Hofbesitzer Thiemann – Lien – Liehe –

Zieseniß – Szonn – Lindenberg bis in die 1990er Jahre und enthält Verträge, sehr

umfangreiche Inventarlisten im Zusammenhang mit einer Eigentumsübertragung, Bilanzen

und vieles mehr.

Weil es sich hierbei aber speziell um eine bestimmte Hofstelle handelt, der Gesamtumfang

beträchtlich ist und meines Erachtens die meisten Leser kaum interessieren dürfte, habe ich

darauf verzichtet, dieses Kapitel hier komplett mit aufzunehmen. Interessierte können

dieses sicherlich im Stadtarchiv einsehen.

Allerdings habe ich einzelne Abschnitte daraus, die ich für das allgemeine Verständnis der

früheren Ereignisse für beachtenswert hielt, herausgeschrieben. Da diese so aber nicht mehr

in Bezug zu oder im Zusammenhang mit dem Gesamt-Text gelesen werden können, habe

ich sie teilweise geringfügig umformuliert:

1886 kam ein Bäcker nach Ingeln und eröffnete eine Bäckerei. Dadurch brauchten die Höfe nicht mehr für

sich im eigenen Lehmbackofen zu backen Der Roggen wurde für Rechnung des Bäckers zur Getreidemühle

gefahren und das fertige Brot vom Bäcker geholt.

1893 waren Besprechungen zwecks Einrichtung einer Molkerei. Ein Jahr später baute ein

Molkereifachmann ein Haus zurück als Molkerei. Vom Hof wurde dann die Milch zur Molkerei geliefert

und dieser brauchte dann nicht mehr selbst zu buttern.

Um die Jahrhundertwende war der erste Grasmäher Modell „Adriance“ gekauft. Dadurch brauchten die

Wiesen nicht mehr mit der Sense gemäht zu werden. Zum Mähen von Getreide war am Grasmäher ein

Anmähblech angebracht. Das Getreide lag dann in Schwagen wie mit der Sense gemäht.

Während früher Dreschen und Häckselschneiden durch einen mit Pferden gezogenen Göpel erfolgte,

wurde ein Motor (fahrbar, mit Wagen) gekauft. Der Motor wurde zum Dreschen und Häckselschneiden

benutzt. Die alte Dreschmaschine konnte verkauft werden.

Ein gewaltiger Fortschritt war es, als im Jahre 1905 elektrische Kraft und Licht kam. Die Petroleumlampen

im Hause und die Laterne in den Ställen konnten abgeschafft werden.

1912 wurden Anteile gezeichnet zur Anschaffung eines Autobusses für 22 Personen. Es wurde die

Autobuslinie Gleidingen – Sehnde befahren mit Haltestelle in Ingeln. Bei der Mobilmachung am 2. August

1914 wurde der Bus von der Wehrmacht beschlagnahmt. Nach der Beendigung des Weltkrieges 1914/18

wurden Verhandlungen wieder aufgenommen zur Wiederinbetriebnahme der Autobuslinie. Die

Verhandlungen scheiterten, weil kein Geld da war. Nach dem Genossenschaftsgesetz (Auflösung der

Genossenschaft) mußte erst noch ½ Jahr gewartet werden, ehe das Geld zurückgezahlt werden konnte.

Inzwischen war die Inflation schnell vorwärts geschritten und die Aktionäre bekamen zwar das eingezahlte

Geld zurück. Das Geld war aber fast entwertet.

Eine schwere Grippewelle ging im Jahre 1918 durch Deutschland. Fast alle auf dem Hofe hatten Grippe.

Zeitweise war es nur möglich, wenigstens das Vieh zu füttern.

Am 10. November war Revolution in Deutschland.

Die Wasserversorgung mit Brunnen auf den Höfen reichte nicht mehr aus, da der Viehbestand immer

vergrößert wurde. Im Jahre 1925 bauten 5 Besitzer zusammen 1 Brunnen südlich vom Orte. Die Quelle

war gut. Es wurde vom Brunnen eine Wasserleitung zu den Höfen gelegt. Die Gemeinde Ingeln konnte

118


sich nicht entschließen, für den Ort eine einheitliche Wasserleitung zu bauen. Der Preis für die

Wasserleitung betrug insgesamt 5.000,- M.

In den nächsten Jahren war in Deutschland Agrarkrise. Die Schweine kosteten der Zentner Lebendgewicht

30,- M. Rindvieh war auch ganz billig. Roggen wurde mit 7,50 M der Ztr. gehandelt. Im Jahre 1932 betrug

die Arbeitslosenziffer mit Familienangehörigen in Deutschland 6 ½ Millionen. Es war schwer für einen Hof,

diese Krise zu überwinden.

Durch den II. Weltkrieg war die Zwangswirtschaft mit Ablieferungspflicht eingeführt. Die Höfe mußten ihr

Ablieferungssoll erfüllen.

Bei der Bombardierung von Hannover am 23. September 1943 durch englische Flieger waren auf dem

Liehe-Hof ein Teil Stabbrandbomben abgeworfen worden. Zum Glück hat keine Bombe gezündet und es

ist kein Feuer ausgebrochen.

Am 9. April 1945 kamen die Amerikaner und es mußten Zimmer frei gemacht werden für Ortseinwohner,

welche an der Hauptstraße wohnten. Die Zimmer dieser Einwohner wurden vom Amerikaner

beschlagnahmt zur Unterbringung ihrer Truppe.

Nachdem die Arbeiten auf dem Felde durch die Besatzungsmacht wieder freigegeben waren, wurde ein

Acker, welcher mit Rüben bestellt werden sollte, 3-fach aufgerissen mit der großen Schottegge und sofort

mit Kartoffeln bepflanzt. Es bestand die Gefahr, daß die Pflanzkartoffeln von der Besatzungsmacht

beschlagnahmt wurden.

Das Ablieferungssoll an Getreide, Kartoffeln, Vieh usw. musste weiter erfüllt werden. Erst Jahre später

wurde die Zwangswirtschaft aufgehoben.

Am 20. Juni 1948 war die Währungsreform. Jeder bekam 40,- Deutsche Mark ausgezahlt. Die Zuckerfabrik

zahlte Rübengeld aus; es kam Milchgeld zum Hofe und es konnte weiter gewirtschaftet werden.

Nachdem der Ort Ingeln 1954 sich der Sösetalsperre zur Wasserversorgung angeschlossen hatte, mußten

die Höfe auch dieses Wasser entnehmen, obwohl einige bereits seit über 30 Jahren eine eigene

Wasserleitung hatten.

Die Autobahn hatte die Feldmark durchschnitten, so daß viele kleine Parzellen entstanden. Die

Gemeinden Müllingen, Oesselse und Ingeln beschlossen, eine Flurbereinigung durchzuführen.

Es wurden die Feldwege mit Schwarzdecke und die Nebenwege mit Kies ausgebaut. Ferner wurde mit

Plastikrohren drainiert.

Am 5.11.1966 wurde der gebaute Weg von der Rethener Grenze von der Wachtel bis zur Hornbrücke dem

Verkehr übergeben.

119


Landwirt Heinecke war derzeit bekannt als ein unangenehmer Mensch, der mit Intrigen durchtrieben war.

Er wurde geboren am 12. November 1821 und starb am 12. November 1901. Er ist genau 80 Jahre alt

geworden. über seine Streiche wurde nachfolgendes Gedicht geschrieben.

1.) Herr Schnirzel in seinem Lehnstuhl saß

und zu sich selbst sprach:

"Es ist doch zu schön

Ich muß mal wieder ein Ding drehen."

2.) Aber was?

Doch halt, ich hab's.

Ich fahre die Konfirmanden nach Sarstedt hin,

ja, das hat Sinn.

3.) Ich lade die Konfirmanden in meine Stube ein.

"Kinder erzählt Euch was, das ist fein."

Schnirzel, dieses Schwein

schloß die Konfirmanden im Wohnzimmer ein.

4.) Herr Schnirzel, der saß hoch zu Roß,

Sohn Augusteken ritt den Schimmel,

querüber gings nach Sarstedt hin,

als wärs ein Ritt gen Himmel.

5.) Heissa, Ihr Jungen seid am Platz

in Sarstedt auf dem Keller.

Herr Schniszel frühstückt einen Spatz,

Sohn Augusteken leckt den Teller.

6.) Hurra, Ihr Jungen lacht doch

und stimmet mit mir ein:

Es weiß der alte Dichter noch (Aktionator Rühmkorf)

ein Lied vom Pömmel Wein.

7.) Obermüller Pömmelheim

stellt im Kirchbaum seine Mühlen ein.

Über Nacht war es geschehen,

von den Mühlen war nichts mehr zu sehen.

8.) Ingler Jungen sind nicht dumm

und kippten den vollen Mistwagen um.

Schnirzel aus dem Fenster sprang und sprach ein Donnerwort,

doch die Täter waren schon fort.

9.) Schnirzel war zu dumm.

Sie kippten den vollen Mistwagen um.

Er saß im Backhaus und guckte zu,

auf einmal war die Türe zu.

Da saß er nun bis morgen früh,

bis das der Hahn fing an zu krähen.

10.) Die Uhr und etwas kleines Geld,

das hat er sich gedacht.

Die Löppe hat er mitgezählt,

macht gleich son Taler acht.

120


11.) Er ist so furchtbar dumm gewesen, ) Hat Pastor gemeinen

brachte Leute aufs Tapes.

) Brief geschrieben.

Sie haben aus seinem Brief gelesen, schrieben: )

Rechnung von Herrn P.

) Rechnung vom Pastor.

12.) Wer das weiß, es ist kein Spott,

die Feder die schreibt wahr.

Er mußte auf zum Pott (Stadt Hildesheim)

sind gerade 40 Jahre.

13.) Der Dietrich, der weiß auch noch was:

Ich habe den Brief gelesen,

den Pömmel schickte aus der Stadt

mit lauter Band und Fräsen.

14.) Sohn Esel von der Schnirzelburg

trägt Briefe in die Welt.

Er ist ein Stoffel durch und durch,

es kostes ja ihm sein Geld.

15.) Ja, seine Schnirzelei ist lang,

besteht aus hundert Teilen.

4 Ochsen mußten mit dem Strang

sich in der Mitte teilen.

16.) Bin ich auch von Dir gewichen, )

stell ich mich doch wieder ein.

) Frau war

Hinten bin ich raus geschlichen,

) weggelaufen.

vorne komme ich wieder rein. )

17.) Wie schrecklich, ja abscheulich ist,

man muß die Ohren spitzen.

Was Du für ein Rindvieh bist,

wenn Du guckst durch die Ritzen.

18.) Er kletterte auf den Zwetschenbaum

und wollte durch das Fenster schauen.

Allein es war vergebens

und er mußte den Spaß nochmals erleben.

19.) Er sah durch die Ritze

und denkt Euch den Spaß.

er sah die kleine Friederitze

und auch den nackten Arsch.

20.) Ja, Schnitzel, dieser Mann )

setzte sich auf der Kirmes in Hotteln oben an. ) Hatte große Taschen und

Er hat gesoffen für zwei

) hat sich viel mitgenommen.

und gegessen für drei. )

21.) Es soll das Stück zu Ende gehn (gahn).

Seine Frau, die wollen wir fragen (frogen).

Wenn er ihr nicht das Fell vollgeschlagen (slan)

mußte sie auf dem Blocke sägen (sogen).

22.) Nun wollen alle Jungen singen:

Hurra es ist vollbracht

"Beelzubub" wir wollen ihm bringen,

aber Fuhrmann fahre sagt.

121


23.) Die Ingelner über Schnirzel sehr verärgert waren

und taten mit Worten nicht sparen.

"Bei Deiner Leich wird nicht gesungen."

Und in der Tat

bei seiner Beerdigung die Kapellen-Glocken

gerade abmontiert wart.

122


I n g e l n e r H e i m a t l i e d

Melodie:

Wo de Möve fleiget

hoch im Sturmgebrus

da ist mine Heimat

da bin eck te Hus.

1.) Wo die Autobahn geht durch das Ingler Land,

wo man isst die Schinkenbrote aus der Hand,

wo man trinkt die Halben in zwei Zügen aus,

da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus.

2.) Hier in Ingeln an dem schönen Höhnestrand,

Wo man hat das beste Korn- und Rübenland,

wo die Bauern klagen, immer Stein und Bein,

da ist meine Heimat, da möcht ich wohl sein.

3.) Wenn der Winter eingezogen in das Land,

sind die Fraun in Ingeln außer Rand und Band,

sind bei ihren Männern nur noch zu Besuch,

trinken Kaffee und Kuchen ja im Überfluss.

4.) Doch auch viele Ingler fahr'n per Auto aus,

fahren ins Theater und ins Kaffeehaus,

gute Freunde kommen auch noch mit uns mit,

wenn noch Platz im Wagen auf dem Hintersitz,

5.) Jeden Freitag ja da gehn die Männer aus,

singen frohe Lieder, kommen spät nach Haus,

trinken halbe Liter, pflegen auch den Bauch,

das ist alter schöner Ingler Sängerbrauch.

6.) Ist mal ein Vergnügen hier im Ingler Land,

jung und alt sich ganz fidel zusammenfand,

drehen sich im Tanze, bis das Fest ist aus,

das ist mein schönes Ingeln, da bin ich zu Haus.

123


Es war eine Sensation, als bei der Reichstagswahl in Jahre 1906 in der Wahlurne ein Zettel lag mit

folgenden in Spiegelschrift geschriebenen Worten:

Wer war der Hauptmann von Köpenick?

Ob's recht ist oder nicht,

ich wähle Eure Kandidaten nicht,

ich wähle den Hauptmann von Köpenick.

Ganz Deutschland freute sich über seinen Streich, und selbst Kaiser Wilhelm II zeigte sich amüsiert

und sagte, was so eine Uniform ausmacht. Schuster Vogt, aus dem Zuchthaus entlassen, will in

seinen Beruf zurück. Aber trotz aller Bemühungen erhält er keine Aufenthaltsgenehmigung, ohne

die er keine Arbeit bekommt. Er scheitert an einer Bürokratie, für die Papiere wichtiger sind als

Menschen. Also muß er wieder ins Ausland.

Dafür braucht er einen Paß. Und weil kein Amt für ihn zuständig ist, will sich Vogt die Papiere auf

andere Weise beschaffen.

Als Hauptmann verkleidet kommandiert Vogt einen Trupp Soldaten zum Rathaus in Köpenick. Der

Glanz der Uniform öffnet ihm Tür und Tor. Der Bürgermeister wurde verhaftet und die Stadtkasse

beschlagnahmt.

124


Die folgenden Abbildungen enthalten Dokumente aus dem Bestand des Laatzener

Stadtarchivs und sind in den vorstehenden Ausgaben der Chronik nicht enthalten.

125


126


127


128


129


130


131


132


133


Das Jahr ist nicht eindeutig zuzuordnen. Da diese Mitteilung vom damals amtierenden

stellvertretenden Gemeindeschulze Liehe unterschrieben wurde, wird es 1934 gewesen sein.

134


Die folgenden Seiten enthalten die

Chronik über die Jahre 1945 bis 1974

135


Inhaltsverzeichnis

• Kriegerdenkmal

• Kriegsende: Freitag, 6. April 1945 (Helene Ebeling)

• Ingeln zum Kriegsende: Die Zeit nach dem II. Weltkrieg

• Einmarsch der Amerikaner in Ingeln (Heinrich Bertram)

• Leben und Arbeiten in Ingeln nach dem II. Weltkrieg

• Versorgung in den Kriegs- und Nachkriegsjahren

• Entwicklung der Schule und Einwohnerzahlen in Ingeln

• Landwirtschaft

• Handwerker in Ingeln

• Ebelingsche Stiftung

• Vereine

• Sitten und Gebräuche

• Kino in Ingeln

• Martinstag am 11. November

• Patenschaft

• Ingelner Wappen, Straßenbau

• Delm, Meerberg

• Wüstung Bokum

• Kirchliche Besonderheiten in Ingeln

• Friedhof und Friedhofskapelle

• Die Dorfeiche in Ingeln

• Ingelner Originale (Heinrich Bertram)

• Gemeindevorsteher und Bürgermeister

• Gebietsreform

• Ingeln 850 Jahre

• Gedicht

Die Angabe der Seitenzahlen aus der Original-Chronik wurde hier weggelassen, weil dieses m.E.

im Zusammenhang mit den Seitenzahlen des Gesamtdokumentes zur Verwirrung führen könnte.

Verwendung dieser Chronik mit freundlicher Genehmigung von Eberhardt Ebeling.

136


N

ach Ende des Il. Weltkriegs wollte die Gemeinde ein Ehrenmal für die Gefallenen und Vermissten

errichten. Heinrich Gaste wollte dafür die Spitze seines Grundstücks (gebildet durch die Hauptstraße

und die Maine) kostenlos zur Verfügung stellen. Er ließ für den Bau schon eine Fuhre Steine vom alten

Friedhof in Oesselse anfahren. Die Steine lagerten dann jahrelang in der Nordwest-Ecke des Schulhofs und

dieser Plan wurde nicht ausgeführt.

1958 wurde das Ehrenmal durch zwei Metallgussplatten mit

den Namen der Gefallenen des ll. Weltkriegs neben dem bereits

vorhandenen Ehrenmahl des I. Weltkrieges am alten

Schulgebäude erweitert.

Diese Tafeln enthalten folgende Namen:

› 1940

Walter Plinke

Willi Plinke (RAD)

Heinrich Alpers (dieser Name

fehlt wegen Fortzugs der Familie)

› 1941

Karl Plinke

Willi Thiemann

Gustav Wehrhahn

› 1942

August Sandrock

› 1943

137


Karl-Heinz Cornelius

Friedrich Wehrhahn

Heinrich Meier

Karl Wolters

› 1944

Helmut Cornelius

August Heineke

Karl Meier

› 1945

Hermann Plinke

Außerdem sind die Namen der Gefallenen aufgeführt, deren

Angehörige durch Flucht und Vertreibung nach Ingeln

gekommen sind:

› 1943

Gerhard Schölzke

› 1944

Willi Schulz

› 1945

Erich Altmann

Erich Radke

Otto Ebeling

Rudoph Kelm

Wilhelm Karl Schütz

Max Trautmann

Willi Weiner

› 1946

Ernst Tannenberg

› 1947

Willi Dittrich

Als Kriegsversehrte kamen aus dem Krieg zurück:

Alfred Thiemann – einen Arm verloren,

Heinrich Grone – einen Arm verloren,

Heinrich Plinke – drei Finger verloren,

August Aue – ein Auge verloren.

Am Volkstrauertag wird der Toten gedacht und jedes Jahr ein Kranz niedergelegt.

138


H

Kriegsende: Freitag, 6. April 1945

Von Helene Ebeling

errliches Wetter, Kirschen und Zwetschen in voller Blüte. Am 5. April kam ein großer Trupp russischer

Gefangener in Begleitung eines Offiziers auf dem Weg nach Mecklenheide. Die Amerikaner waren

im Anmarsch von Nordstemmen. Die ganze Nacht hing der Offizier am Telefon, wir hörten natürlich mit.

Aber die Panzer rollten erst am nächsten Tag. Wir hatten die meiste Zeit im Bunker verbracht. Reps, der

Melker, wagte sich als Erster raus, die Kühe mussten gemolken werden. Auf dem Bruchkamp waren jede

Menge amerikanische Panzer aufgefahren und schossen über uns hinweg Richtung Müllingen – Wassel.

Dabei sind 29 Menschen aus dem Volkssturm gefallen, unter denen sich auch zehn Hitlerjungen befanden.

Sie versuchten die Brücke über den Kanal zu versperren. Otto Meier hatte eine weiße Fahne (Bettlaken)

gehisst.

Beim Einmarsch der Amerikaner in Ingeln geschah sonst nichts. Als Erster kam ein Ami zu uns ins Haus

und fragte nach Waffen. Nachdem er sich an Spiegeleiern satt gegessen hatte, nahm er die Jagdgewehre

mit, bis auf eines, welches ich vergraben hatte. Dann kam der Bescheid, die vorderen Zimmer im Haus zu

räumen, dort sollten Verwundete untergebracht werden. Die vergrabene Waffe war nach Jahren, als sie

ausgegraben werden konnte, natürlich nicht mehr zu gebrauchen.

Mit den Amerikanern kamen auch polnische Soldaten, die mit den Polen, die bei uns beschäftigt waren,

Siegesfeste feierten mit viel Alkohol. Obwohl wir mit unseren polnischen Arbeitern gut ausgekommen

waren, hatte wir Angst, dass es durch den Alkoholkonsum zu Übergriffen kommen konnte. Bei uns ist

nichts passiert, an anderen Stellen war es zu Ausschreitungen gekommen. Eine polnische Familie verließ

uns sehr schnell. Ebenfalls die Gefangenen (ein Pole, ein Serbe). Eine Polin blieb noch und heiratete. Die

Hochzeit haben wir mit gefeiert.

Dann kamen die Flüchtlinge. Schon während des Krieges waren Ausgebombte aus Hannover ein paar

Wochen bei uns einquartiert, blieben aber nicht, weil es nahe Hannover gefährlich war. Im März kamen

die Vertriebenen aus dem Osten, die rechtzeitig geflüchtet waren und nach Kriegsende weitere

Flüchtlinge. Jedes leere Zimmer wurde beschlagnahmt. Alte Möbel, Bettstellen, alles wurde gebraucht. In

unserem Haus Nr. 25 (ehemaliges Altersheim) wohnten wir mit 28 Personen. Im alten Haus auf unserer

Hofstelle Nr. 26 waren 23 Personen untergebracht. Anfangs mussten sechs Familien mit einem Herd

auskommen, ein unmöglicher Zustand. Ein Bekannter von uns sorgte dafür, dass alle einen kleinen Herd

ins Zimmer bekamen.

Die allgemeine Versorgung mit Lebensmitteln, vor allem in den Städten, war schlecht. Vieh musste

abgegeben werden und es wurde viel gestohlen von den Weiden und aus dem Stall. Um uns vor

Schweinediebstahl zu schützen, war eine Alarmanlage eingebaut, im Stall ringsherum Drähte mit

Bananensteckern zusammengehalten. Aber auch die Schweine lösten Alarm aus, wenn sie die Verbindung

unterbrachen. Es wurde Wache geschoben, trotzdem wurde immer wieder gestohlen. Fast täglich kamen

Leute, die bettelten oder etwas zum Tausch anboten.

Wo die russischen Gefangenen geblieben sind, weiß ich nicht. Einer ihrer Aufseher zog seine Uniform aus

(sie wurde in einem Kornhaufen versteckt) und blieb bei uns, natürlich nicht lange. Er wurde abgeholt und

kam in ein Lager im Westen. In demselben Lager (Senne) war Otto Wehner gelandet, der nach seiner

Entlassung nach Ingeln zurückkehrte.

139


A

Ingeln zum Kriegsende 1945, die Zeit nach dem II. Weltkrieg

Erinnerungen

nfang 1945 beginnen die Alliierten den Endkampf gegen Deutschland. Im Westen sind von Nord nach

Süd Engländer, Amerikaner und Franzosen, im Osten die Russen. Ihnen wird kein großer Widerstand

mehr entgegen gesetzt. In Deutschland ist durch die amerikanische Luftwaffe schon viel zerstört. Es fehlt

der Nachschub. Geräte (Fahrzeuge), Munition und Lebensmittel sind Mangelware. Hitlerjugend und

Volkssturm sollen die Gegner noch aufhalten. Keine Ausbildung, Uniformen und kaum Waffen sind

vorhanden.

Die im Krieg eingerichtete Scheinwerfer Station am Pfingstanger – Mühlenberg wurde während des

Krieges von der feindlichen Luftwaffe durch Abwurf einer Luftmine teilweise zerstört. Dabei wurde ein

Besatzungsmitglied getötet. Im Dorf Ingeln entstanden an einigen Gebäuden durch eine Luftmine

Schäden. Es wurden Dächer abgedeckt (Ebelings Scheune) und Fensterscheiben gingen zu Bruch.

Am 07.04.1945 (Sonnabend) erreichen die Amerikaner unser Gebiet. Die Besatzung der Scheinwerfer

Station verlässt die Stellung am Pfingstanger – Mühlenberg. Beim Verlassen der Stellung werden

Scheinwerfer und Horchgeräte von der Besatzung teilweise zerstört. Das Stromaggregat (Dieselmotor)

wird angezündet und brennt aus. Die Einrichtung der Unterkünfte wird von den Einwohnern entwendet.

Die Schuljungen spielen am Sonnabend und Sonntag mit den teilweise zerstörten Scheinwerfern und

Horchgeräten (Karusell fahren). Die Besatzung der Station setzt sich ab. Einige junge Mädchen

(dienstverpflichtete Flakhelferinnen) finden in Ingeln Unterkunft. Es gab in Ingeln auch einige SA-

Mitglieder, die zu bestimmten Anlässen in ihrer Uniform auftraten (zum Tag der Arbeit am 1. Mai, zum

Heldengedenktag, der heutige Volkstrauertag). Die Uniformen und Hakenkreuzfahnen mussten natürlich

alle schnell verschwinden, sie wurden vergraben.

In der näheren Umgebung werden am Sonnabendnachmittag Vorratslager aufgelöst, zunächst Verkauf,

später Selbstbedienung, Schuhe in der Ziegelei Sarstedt, Schnaps und Wein in Wirringen, Tabak in

Sarstedt, Hüte in Bledeln und riesige Vorräte an Getränken und Textilien im Steinzeugwerk Ummeln. An

diesem Tage werden viele Brücken über den Mittelland-Kanal bzw. Zweigkanal gesprengt. In der Nacht

von Sonntag auf Montag schießen die Amerikaner von der Ingelner Feldmark nach Müllingen und Wassel.

Es wird versucht die Kanalbrücke zwischen Müllingen und Wassel zu verteidigen. Dabei finden ca. 29

Verteidiger den Tod, u.a. Hitlerjungen im Alter von 16 Iahren. Fünf Kanalbrücken werden zwischen Wassel

und Bilm gesprengt. Bilmer Landwirte müssen nach dem Krieg die Brücke Wassel – Wehmingen benutzen,

um zu ihren Feldern zu kommen.

Am 9. April (Montag früh) rücken amerikanische Truppen mit schweren Panzern (Schermon) in Ingeln ein.

Im ersten Haus wird vorsorglich eine weiße Fahne (Betttuch) von Dr. August und Emilie Koß gehisst. Beim

Einmarsch der Amerikaner kommen viele Einwohner an die Hauptstraße, um die gewaltigen Panzer zu

bestaunen. Zum Teil beschenken die Soldaten kleine Kinder mit Schokolade – seit Jahren Mangelware in

Deutschland. Plötzlich kam es zu einem deutschen Angriff. Ein Tiefflieger beschoss die Amerikaner mit

M.G.. So schnell der Spuk gekommen war, war er auch schon wieder vorbei. Die Amerikaner erlitten

keinen Schaden. Eine Kugel schlug bei Schwarzes im Klavier ein, eine weitere in der Schule in eine

Schulbank. Das Flugzeug soll angeblich später noch abgeschossen worden sein.

In der folgenden Nacht (Montag auf Dienstag) verbrachten die nachfolgenden Truppen hier im Ort.

Großen Schaden richteten sie nicht an. Bei Hausdurchsuchungen nahmen sie Waffen (Gewehre) mit und

zerstörten sie. Ansonsten feierten sie mit gebratenen Schinken und Eiern sowie mit Marmelade und

gutem Cognac aus Ummeln, der in vielen Häusern vorhanden und noch nicht versteckt war. Viele Leute

hatten in den letzten Tagen ihre Wertgegenstände, Lebensmittel in Flaschen oder Konservendosen im

Garten eingegraben. Für die Bevölkerung wurde ein Ausgangsverbot für nachts bekannt gegeben.

Ca. eine Woche vor dem Einmarsch der Amerikaner wurden große, unter Bewachung stehende Truppen

von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern (Franzosen, Belgier, Serben, Polen und Russen) vor der

anrückenden Westfront in Richtung Osten durch unser Dorf geführt und eine Nacht in unseren Scheunen

untergebracht. Die Russen waren in einem jämmerlichen Zustand. Alle hofften, dass diese Transporte

140


nicht hier stecken blieben. Man befürchtete schwere Folgen, falls diese Menschen frei würden. Die

Franzosen sind nach ca. 8 - 10 Tagen zurückgekommen und haben bei uns wieder als freie Menschen

übernachtet, um zu Fuß weiter in Richtung Heimat zu ziehen. Die polnischen Zwangsarbeiter und

Kriegsgefangenen besetzten den Kindergarten in der Stiftung und genossen ihre gewonnene Freiheit.

I

Einmarsch der Amerikaner in Ingeln

Von Bäckermeister Heinrich Bertram

n Ingeln und Oesselse wurde auf der Stiftung und in der Gastwirtschaft Hennies in Oesselse (heute Alt

Oesselse) eine Gruppe serbischer und polnischer Gefangene untergebracht, die bei den Bauern arbeiten

mussten. Unter ihnen war auch ein Bäcker, der bei Bertram in der Bäckerei beschäftigt war. In der ersten

Belagerungsnacht hat er durch eine Hintertür 40 Brote á sechs Pfund gestohlen.

Auf einigen Höfen waren auch ganze polnische Familien untergebracht. Die Polen mussten als

Kennzeichen ein auf der Spitze stehendes gelbes Karo mit einem ,P' (für Pole) auf ihrer Kleidung tragen.

Eine Ausnahme war Marion (er war ein Deutsch-Pole), ein Elternteil war deutscher Abstammung und so

brauchte er das ,P' nicht tragen. Als gegen Kriegsende noch alle Reservisten eingezogen wurden, sollte

auch Marion noch Soldat werden, doch dann war er plötzlich wieder Pole. Als die Amerikaner

einmarschiert waren, wendete sich das Blatt für Marion komplett und er spielte jetzt den Oberherrn. Er

kontrollierte die Papiere von Soldaten, die auf der Durchreise waren und von Einheimischen, die schon

entlassen waren.

Als die Amerikaner einmarschierten, übernahm der Pole Marion den Empfang der Truppen. Gemeinsam

mit den Amerikanern wurde mit reichlich Alkohol gefeiert. Der Alkohol war französischer Cognac, der in

der Ummelner Tonröhrenfabrik lagerte. Die Bevölkerung wusste darum und hielt sich schadlos. Jeder

hamsterte, soviel er tragen konnte. Dieser Alkohol, mit dem die Amerikaner empfangen wurden, brachte

am ersten Abend viel Aufregung ins Dorf. Einige Einwohner mussten ihre Häuser verlassen, damit die

amerikanischen Offiziere einziehen konnten. Die meisten Einwohner verbrachten die Nacht aber eh noch

in ihren Luftschutzkellern oder versteckten sich. An diesem Abend waren die Amerikaner überall im Dorf

unterwegs. Ein angetrunkener Soldat kam in den Schulhauskeller und wollte alle Frauen und Kinder

erschießen, die Aufregung war groß. Karl Crone war der einzige Mann, der versuchte, ihn davon

abzubringen und ihn nach einigem Hin und Her mit einem Faustschlag die Treppe runterstieß. Alle Frauen

und Kinder konnten unbeschadet den Keller verlassen.

Am nächsten Tag wurde Brot für die Amerikaner gebraucht und so erschien Marion bei Bäcker Bertram

im Laden und verlangte sechs große Brote - damals sechs Pfund schwer. Großmutter Bertram, fast 80

Jahre, die Marion ja schon seit Jahren kannte, verweigerte ihm das Brot. Ohne Geld und Marken könne

sie ihm nichts geben. Als er dann drohte, sie zu erschießen, willigte sie gezwungenermaßen ein, aber am

selben Abend kam er noch vorbei und brachte das Geld für das Brot, beschimpfte sie aber als alte Hexe.

Als sich alles etwas beruhigt hatte und die Amerikaner weitermarschiert waren, fingen die Polen an, große

Feste zu feiern. So heiratete Marion seine Freundin Sophie, die beim Landwirt Otto Wehner als

Hausgehilfin beschäftigt war. Alle Bauern mussten Pferde und Kutschen bereitstellen, um alle

Hochzeitsgäste in die Kirche nach Algermissen fahren zu können. Bis zu 20 mit Blumen geschmückte

Kutschen aus Ingeln und Oesselse waren unterwegs. Die früheren polnischen Gastarbeiter saßen als

Ehrengäste in den Gespannen und wurden von ihren ehemaligen Chefs kutschiert. Nach der Kirche wurde

groß im Kindergarten gefeiert mit reichlich Essen, Musik und Tanz. Die Bauern mussten Schweine und

Kälber zum Fest liefern und Kuchen backen. Das ganze Dorf war eingeladen, Erwachsene Ingelner machten

davon wenig Gebrauch, aber die Kinder tanzten und feierten und wurden mit Süßigkeiten beschenkt.

Während dieser Zeit führte die Bäckerei Alma Bertram zusammen mit Dora Heinecke und Emmi Heise

ihren Betrieb unter schwersten Umständen bis zum Kriegsende weiter. Da der Strom oft unangemeldet

abgeschaltet wurde, mussten die Frauen oftmals einen angefangenen einige Zentner schweren Knetteig

mit den Händen zu Ende kneten. Um im Backofen Licht zu haben, war ein Fahrrad unter die Decke gehängt

141


und wir Kinder mussten dann per Hand die Pedalen drehen, damit über den Dynamo Licht in den Ofen

kam. Als die vielen Flüchtlinge aus dem Osten kamen, wurde in einem Holzschuppen auf dem Grundstück

der alten Molkerei eine Suppenküche eingerichtet. Hier konnten sich viele Flüchtlinge, die noch keine

feste Wohnung hatten, ihr Mittagessen abholen.

E

Leben und Arbeiten nach dem II. Weltkrieg

s gab in Ingeln 15 landwirtschaftliche Betriebe und einige Handwerksbetriebe.

Gearbeitet wurde von morgens 06.00 Uhr bis abends 18.00 Uhr, Sonnabend bis 13.00 Uhr. Der

Verdienst in der damaligen Zeit war minimal. Die in der Landwirtschaft tätigen Gespannführer,

Treckerfahrer und Melker bekamen neben ihrem Verdienst von 100,- bis 150,- DM monatliche

Deputatzulagen. Dies waren in der Hauptsache Milch, Getreide und Eier, sowie ein Fuder Brennholz, ca.

fünf Festmeter. Im Nebenerwerb arbeiteten viele Frauen, der Landarbeiter und Vertriebenen in der

Landwirtschaft, bei der Rübenpflege und Ernte, beim Einbringen des Getreides und beim Dreschen. Das

Roden der Kartoffeln im Herbst war für viele Frauen ein Festtag. Es gab nach getaner Arbeit für sie Kaffee

und Kuchen. Weil die Frauen bei mehreren Bauern halfen, wussten sie genau, bei wem es den besten

Kuchen gab.

Auf den Höfen gab es viele ledige Mitarbeiter, junge Mädchen im Haushalt und Garten sowie Junggesellen

auf dem Hof. Diese Mitarbeiter bekamen neben ihrem Lohn auf den Höfen freie Kost und Logie. Da die

Landwirtschaft nach der Währungsreform nach 1948 sich sehr schnell modernisierte, schieden viele

Arbeiter in der Landwirtschaft aus und gingen in die Industrie. Ein Teil der 15 landwirtschaftlichen Betriebe

wurden bis in die 1970er Jahre Nebenerwerbsbetriebe.

Im Zuge der Rationalisierung der Landwirtschaft mussten auch viele Handwerksbetriebe aufgeben. Zum

Beispiel Böttcher, Schmiede, Stellmacher und Sattler. Einige Handwerksbetriebe konnten sich auf viele

Jahre halten (teilweise durch Umstellung), z.B. Bäcker und Schlosser. Der Stundenlohn für Gesellen betrug

in den 50er und Anfang der 60er Jahre 1,50,- bis 2,00,- DM. Die Industrie hatte in den Jahren des

Wirtschaftswunders einen großen Bedarf an Arbeitskräften. Die Arbeiter konnten hier auch mehr

verdienen, der Stundenlohn lag bei ca. 4,00,- DM. Das führte dann auch dazu, dass viele Einwohner wieder

in die Stadt zogen, wo ihre Arbeitsstätten waren. Die Continental Gummiwerke holten in einem Werksbus

die Mitarbeiter ab und brachten sie auch wieder zurück. Andere große Industriearbeitgeber waren das

Eisenwerk Wülfel, die Zuckerfabrik Rethen, das Kohlensäurewerk Rethen, die Vosswerke Sarstedt und die

Kaliwerke Sehnde, Lehrte und Gießen. Später kam das VW Zweigwerk in Hannover Stöcken dazu. Die

Landflucht führte dazu, dass die Einwohnerzahl, die nach dem Krieg durch Vertriebene gestiegen war,

rapide wieder abnahm. Die Einwohnerzahl sank etwa auf das Vorkriegsniveau von 350 Einwohnern.

Aufgrund des Baubooms in den 60er Jahren durch niedrige Grundstückspreise begann die Einwohnerzahl

Ingelns wieder zu steigen. Durch das Wirtschaftswunder konnten sich viele Arbeiter nun ein Auto leisten,

mit dem sie ihren Arbeitsplatz erreichen konnten, denn die Busanbindung an den Bahnverkehr in

Gleidingen war nur zwei bis dreimal täglich möglich.

142


Versorgung der Bevölkerung in den Kriegs- und Nachkriegsjahren

Folgendes Gedicht stammt aus dieser Zeit (Autor unbekannt)

I

n den Nachkriegsjahren war die Versorgung der Bevölkerung schlechter als in den Kriegsjahren, bedingt

durch den Zuzug von Ausgebombten, Flüchtlingen und Vertriebenen. In den Städten herrschte

Hungersnot. Die Dorfbewohner hatten es wesentlich besser durch Eigenversorgung. Jeder hatte einen

eigenen oder gepachteten Garten um die Versorgung mit Obst und Gemüse zu sichern. Gleichzeitig war

Kleintierhaltung an der Tagesordnung. Als da waren Schweine, Ziegen, Kaninchen und Geflügel (Hühner,

Enten, Gänse). Schweine mussten vor der Schlachtung amtlich gewogen werden und es wurde errechnet,

für welchen Zeitraum das Fleisch reichen musste.

Wer nicht schlachtete bekam Lebensmittelmarken für Fleisch.

Amtliche Wieger waren Willi Ebeling und später Ludwig Guggemos. Die Ingelner Einwohner ohne eigenen

Garten hatten Pachtgärten des Kleingartenvereins von der Stiftung. Für Zugezogene mussten die

Landwirte im Felde Flächen für Gärten zur Verfügung stellen. Später wurde das Kleingartengelände bis

ans Ingelner Meer vergrößert, der See zwischen Ingeln und Bledeln wurde mit Erdreich vom

Autobahnneubau aufgefüllt. Landwirtschaftliche Arbeiter und Helfer bekamen von den Landwirten

Flächen zum Anbau von Kartoffeln. Üblich war auch, auf den abgeernteten Feldern Ähren zu lesen,

Kartoffeln zu stoppeln und Rüben zu suchen. Kartoffeln zum Essen, Ähren zur Herstellung von Mehl, Raps

für Öl, Rüben zum Kochen von Sirup oder zum Brennen von Rübenschnaps. Diese Erzeugnisse waren auch

gute Tauschmittel auf dem Schwarzmarkt. Zur Versorgung mit Brennstoff wurde im Walde Holz

geschlagen. Das Schlagen erfolgte in Eigenarbeit und wurde in Festmetern pro Familienmitglieder verteilt.

In den Kriegsjahren hatten nicht nur die Bauern, sondern auch der kleine Mann Schweine, Ziegen, Hühner,

Enten, Gänse und Kaninchen - nicht für Ausstellungen und für Zuchtzwecke, sondern zum eigenen

Lebensunterhalt. Das Problem war das Schlachten der Tiere. So haben diese Arbeiten verschiedene

Personen durchgeführt.

143


Frau Michelius besorgte das Schlachten von Enten, Gänsen und Puten, der alte Hermann Prellberg (Opa

von Hanna Missun und Elli Beyer) schlachtete Kaninchen und Hitschenlämmer (das waren junge

Ziegenlämmer).

Für Schweine waren unsere Hausschlachter Karl Heise und Heinrich Hattenkerl zuständig. Sie schlachteten

nicht nur weiße, sondern auch schwarze Schweine. Jeweils am 3. Dezember war Viehzählung. Zu dem

Zeitpunkt mussten alle schwarzen Schweine verschwunden sein. Ebenso ging es den Hühnern, denn pro

Huhn mussten 60 Eier pro Jahr abgegeben werden. Die Fleisch- und Wurstdosen, sowie Silberbestecke

und sonstige Wertsachen wurden oft in Blechbehältern im Garten und manches auch im Walde

vergraben. Vieles wurde erst spät, manches gar nicht wieder gefunden. Zu der Zeit wurden auch ganze

Schweine aus den Ställen der Bauern gestohlen.

Das Schlachten war schon immer ein besonderes Fest. Es wurde meistens an einem Tag geschlachtet und

am nächsten Tag die Wurst gemacht, damit das Fleisch genügend Zeit zum Auskühlen hatte. Außer dem

Schlachter mussten zusätzlich noch drei starke Männer zur Stelle sein, denn das Schwein musste zum

Abstechen auf den Brenntrog gelegt werden. Das Schwein wurde neben den Holztrog geführt und zum

rechten Zeitpunkt seitlich auf den Trog gehippt. Dass das Schwein dieses nicht von selbst machte war klar

und so kam es auf die Geschicklichkeit der Männer an. Glückte dies beim ersten Mal nicht, war der

Schlachter schon ärgerlich, denn jeder weitere Versuch, das Schwein zu hippen machte es immer

aufgeregter und es wurde immer schwieriger. Nachdem das Schwein mit einem Bolzenschuss getötet und

dann gestochen wurde, musste das warme Blut kräftig gerührt werden. Dies machten meistens die

Hausfrauen, wenn sie nicht vorher ohnmächtig wurden, wenn das warme Blut über Hände und Arme lief.

Im Anschluss wurde der Trog umgekippt und das Schwein im Trog mit heißem Wasser abgebrüht und so

die Borsten entfernt. Danach wurde das Schwein mit einer Winde oder Flaschenzug aufgehängt und noch

einmal die letzten Borsten nachgeputzt bevor es ausgenommen wurde.

Nach alter Sitte hieß es dann: „...und wenn das Schwein am Haken hängt, dann wird erst einer

eingeschenkt“. Das Schwein blieb meistens einen Tag hängen, damit es richtig auskühlen konnte. Am

nächsten Tag wurde es dann zerlegt und in Fleischstücke, Koch- und Rohwurststücke aufgeteilt. Das

Fleisch für die Kochwurst musste bis zu zwei Stunden im großen Kessel kochen, wobei eine kräftige Brühe

überblieb, die nicht komplett verarbeitet werden konnte. Diese Brühe wurde in der Nachbarschaft je nach

Haushaltsgröße verteilt. Für die kleinen Kinder gab es dann eine kleine frische Schlachtewurst. Üblich war

auch, dass am Abend, wenn alles vorbei war, zum Schlachtefest eingeladen wurde, meistens waren es die

Helfer, Nachbarn und Bekannten.

In dieser Zeit wurde auch viel gestohlen. Schweine aus dem Stall, Vieh von der Weide, Wurstdosen und

Schinken durch Einbruch, Obst und Gemüse aus den Gärten, Kartoffeln und Rüben vom Felde und Holz

aus dem Walde. Ansonsten gab es in Ingeln einen Gemeindebullen für Landwirte mit kleinem

Rinderbestand, eine Schweineversicherungskasse gemeinsam mit Oesselse und einen Ziegenzuchtverein

ebenfalls zusammen mit Oesselse.

Das Gras an den Straßen und Feldwegen wurde ebenfalls genutzt. Streckenabschnitte an den Straßen

wurden von der Straßenmeisterei verpachtet. Die Verpachtung an den Feldwegen erfolgte von der

Gemeinde während der Gemeindeversammlung am Fastnachtstag. Äpfel an den Obstbäumen wurden

von der Straßenmeisterei bzw. Gemeinde meistbietend versteigert. Dabei kam es oft zu Überbietungen.

Apfelbäume standen am Delmweg, Holzweg und Hasselweg.

144


Entwicklung der Schule und Einwohnerzahlen Ingeln

1961: gemeinsame Lösung von Schulraumproblemen nach Einführung des 9. Schuljahres

1963: Abschluß einer Schulvereinbarung für die Klassen 5 bis 8 mit der ehemaligen Gemeinde

Gleidingen

1966: Zusammenlegung der Schulen Ingeln und Oesselse für die Klasse 1 bis 4

I

m Iahr 1907 wurde die Ausbildung der Kinder vom Staat übernommen. Die meisten konfessionellen

Schulen wurden aufgelöst. Die Konfessionsschule (1585 - 1861) befand sich nördlich der Kirche zur

Grenze zum Hof Schiefer. Die gemeinsame Schule nach 1861 in Oesselse für Ingeln und Oesselse wurde

zu klein. Die Gemeinden Ingeln und Oesselse hatten die Absicht, eine 3-klassige Schule für beide Orte zu

bauen. Dieses Vorhaben klappte nicht. Die Planung scheiterte, weil der Bau der Schule einmal zu nah an

Oesselse oder zu nah an Ingeln war.

Beide Gemeinden beschlossen, eine eigene Schule zu bauen. Oesselse südlich der Kirche. Ingeln 1911 auf

dem Grundstück, wo sich der Hof Crone vorher befand, der 1864 dort abgerissen wurde. Das Grundstück

war dann im Besitz des Hofes Hinze. Für die Schule wurde ein Grundstückstausch vorgenommen. Hinze

erhielt dafür den Platz der ehemaligen Kapelle, die 1891 abgerissen worden ist und das dazu gehörige

Küsterhaus.

Der erste Lehrer war Friedrich Borchers von 1911 - 1945. Danach folgte 1945 der Lehrer Walter Lux. Die

Schülerzahl bewegte sich vor dem Krieg bei ca. 35 bis 46 Kinder. 1939 waren es 44 Kinder. Zu Anfang des

Krieges 1939 wurde der Lehrer August Lehrke (Oesselse) eingezogen. Darauf wurden die Kinder von

Oesselse in Ingeln von Lehrer Borchers mit unterrichtet.

Schulraum auf der Ebelingschen Stiftung, heute der evangelische Kindergarten.

Nach Kriegende stieg die Zahl massiv an, bedingt durch den Flüchtlingszuzug.

1947 waren es 136 Kinder und 1949 waren es 141 Kinder, die in der Grundschule von Klasse 1 bis 8 zu

unterrichten waren. Die Gemeinde war gezwungen Maßnahmen vorzunehmen. Es gab eine zweite

Lehrstelle (Lehrer Richard Hofmann) und ein weiterer Klassenraum wurde nach zweijähriger Bauzeit auf

145


der Ebelingschen Stiftung eingerichtet. Bis 1950 hielt sich die hohe Schülerzahl, danach nahm sie langsam

ab. 1954 waren es 124 Kinder. 1962 dann 115 Kinder.

1961 wurde die Schulpflicht bis zum 9. Schuljahr eingeführt. Die betroffenen sieben Kinder gingen zur

Schule nach Gleidingen, die 1961 gebaut wurde. 1963 gab es mit der Gemeinde Gleidingen einen

Beschluss, in dem festgelegt wurde, die Kinder der Klassen 5 bis 9 in Gleidingen zu unterrichten. 1966 kam

es dann zum Zusammenschluss der Schulen in Ingeln und in Oesselse, sodass fortan die Kinder der Klassen

1 bis 4 gemeinsam in den bestehenden Klassenräumen der beiden Dörfer unterrichtet wurden.

Durch die Ausweisung weiterer Bebauungsgebiete wuchsen die Gemeinden ab den 60er Jahren sehr

schnell. Die vielen Kinder mussten vernünftig unterrichtet werden. So kam es zum Neubau der

Grundschule an der Sporthalle. Die Sporthalle wurde 1973 gebaut. An dieser Sporthalle wurden die ersten

zwei Klassenräume angebaut.

Die alte Schule in Ingeln wurde 1911 errichtet.

Die Schulräume (61 qm) konnten dann 1975 eingeweiht werden. Schulleiter wurde Günter Röver. Die

Erweiterung erfolgte, sodass alle Kinder von der 1. bis 4. Klasse aus Ingeln-Oesselse dort unterrichtet

werden konnten. Mit dem Neubau der Schule in Gleidingen (1961) wurde fortan das 9. Schuljahr dort hin

ausgegliedert. Nach 1974 wurden alle Kinder ab 5. Schuljahr in Laatzen unterrichtet. Der alte Schulraum

in Ingeln wird heute von der Chorgemeinschaft Ingeln und dem Verein Heimatfreunde Ingeln genutzt.

Einwohnerzahlen in Ingeln:

1900 301 EW

1939 338 EW

1945 462 EW

1948 792 EW

1956 604 EW

1958 581 EW

1960 546 EW

1968 550 EW

1974 700 EW

146


Landwirtschaft

D

Wo heute Rüben in wenigen Stunden gerodet werden, haben die Frauen in der

Nachkriegszeit mehrere Tage gebraucht, um einen Morgen mit der Hand zu roden.

er Krieg hatte die Landwirtschaft erheblich zum Stillstand gebracht. Knapp waren Dünger und

Zugtiere. Der Handelsdünger wurde zugeteilt. Pferde und Trecker mussten zum Teil an die

Wehrmacht abgeliefert werden. Vor dem Krieg hatten die Betriebe Hinze und Ebeling einen Trecker. Im

Krieg erwarb August Thiemann einen Trecker (Marke OK. Ohrenstein + Koppel). Nach dem Krieg hatte der

Betrieb Ebeling den ersten Trecker, einen Hanomag (40 PS) mit Eisenreifen. Gummireifen gab es nur auf

dem Schwarzmarkt. Auf den meisten Betrieben gab es neben Pferde- auch Ochsengespanne. Die

Viehhaltung war insbesondere wichtig zur Ernährung der ländlichen Bevölkerung. Am Wochenende

kamen die Städter um Lebensmittel einzutauschen. Der Hunger in den Städten war erheblich.

Geschlachtete Schweine wurden amtlich gewogen und auf die Personenzahl angerechnet. Aus diesem

Grunde war „Schwarzschlachten“ zum Überleben notwendig. Kontrolleure waren Willi Ebeling und später

Ludwig Guggemos. Diebstähle nahmen erhebliche Ausmaße an. Die Schweine wurden aus den Ställen

gestohlen, Obst und Gemüse aus den Gärten. Ähren, Kartoffeln und Rüben von den Feldern und auch Holz

aus dem Walde.

Die Not war auch deshalb so groß, weil die Einwohnerzahl durch die Vertriebenen von 330 auf über 800

Einwohner gestiegen war. Alle hatten Hunger, das Überleben hatte Vorrang. Dringend notwendige Geräte

(Ersatzteile, Haushaltswaren) waren nur im Tausch gegen Nahrungsmittel auf dem Schwarzmarkt zu

bekommen.

Milchkannenbank des Hofes Hans-Jürgen Thiemann.

147


Die Situation änderte sich schlagartig mit der Währungsreform vom 20. Juni 1948. Plötzlich, wie

hingezaubert, gab es alles zu kaufen. Die Lebensmittelkartenbewirtschaftung wurde von

Wirtschaftsminister Ludwig Erhard abgeschafft. Am 19. Juni 1948 wurde das neue Geld, die Deutsche

Mark (DM), nach Ingeln zur Gastwirtschaft Behrens gebracht und von der Feuerwehr bewacht. Jeder

bekam am 20. Juni 1948 dann 40 DM zugeteilt. Die ehemalige Reichsmark wurde im Wert 10 zu 1

umgetauscht. Die Bankguthaben wurden dementsprechend abgewertet.

In Ingeln gab es zu Beginn der Währungsreform (1948) 16 landw. Betriebe:

August Aue

Heinrich Liehe

Heinrich Ebeling

Karl Thiemann

Heinrich Grone

Heinrich Thiemann

Otto Wehner

Otto Kracke

Heinrich Behmann

Erich Strothe

Hans Thiemann

Karl Wilke

Karl Crone

Gustav Blumenthal

August Heinecke

Karl Heise

Ab ca. 1960 gab es die ersten Schlepper mit hydraulischen, angehobenen Düngerstreuern

Sofort nach der Währungsreform setzte die Motorisierung und Mechanisierung ein. Nach und nach

wurden Schlepper angeschafft und die Anzahl der Pferde reduziert. Dieser Entwicklung hat sich am

längsten Karl Wilke widersetzt. Auf seinem Acker sollte kein Trecker fahren.

Die kleinen Betriebe konnten sich die beginnende Mechanisierung nicht erlauben. Sie wurden

Nebenerwerbsbetriebe oder gaben auf. Auf jedem Hof gab es Milchkühe. Für die kleinen Betriebe gab es

auf dem Hof von Gustav Blumenthal einen Gemeindebullen. Die Milch wurde von Gustav Blumenthal zur

Molkerei nach Wirringen gefahren.

Nach und nach wurde Grünland umgebrochen und zu Ackerland umgepflügt. Der Autobahnbau und die

damit verbundene Flurbereinigung haben dazu geführt, dass das Grünland durchgängig zu Ackerland

umgewandelt wurde und somit die Milchkühe fast alle aus den landwirtschaftlichen Höfen verschwanden.

Der Getreideanbau hatte sich maschinell erst langsam entwickelt. Es wurde zum Teil mit der Sense Spur

gemäht, dann mit dem Binder das Getreide gemäht, aufgestiegt und erst wenn es trocken war,

eingefahren. Hier wurde es in den Scheunen sofort oder erst im Winter gedroschen.

Die ersten Mähdrescher haben ca. Anfang der 50er Jahre Einzug gehalten. Als der Oesselser Landwirt

Heinrich Köhler auf dem Kleikamp das erste Mal mit einem Mähdrescher (gezogener Claas) das Getreide

mähte, waren viele Ingelner auf den Beinen um sich das anzusehen. Das Getreide wurde auf dem

Mähdrescher in Säcken abgefüllt, hinter dem Mähdrescher lief noch ein Kaffwagen. Das Stroh wurde

gebunden.

148


Ein wesentlicher Fortschritt war die Bekämpfung der Unkräuter. Mit gezogenen Pferdespritzen wurde das

Unkrautmittel (U 46) ausgebracht. Im Zuckerrübenanbau setzte die Entwicklung relativ spät ein. Zunächst

mussten die Rüben noch manuell verzogen werden, es waren zwei bis drei Handhacken zur

Unkrautbekämpfung notwendig. Im Herbst wurden die Rüben per Hand gerodet, geköpft und auf den

Haufen geworfen und mit Blatt zugedeckt. Die Ernte kam dann nach Rethen bzw. Algermissen zur

Zuckerfabrik.

Durch die Veränderung der Strukturen änderten sich auch die Anbaufrüchte. Da die Pferde abgeschafft

wurden und die Kühe aus den Ställen verschwanden, wurden die Früchte wie Hafer, Kartoffeln, Klee u.

Luzerne nicht mehr angebaut.

Der größte Einschnitt für die heimische Landwirtschaft war die Flurbereinigung. Sie wurde nötig durch

den Bau der Autobahn, die die Feldmark Müllingen, Ingeln und Oesselse diagonal durchschnitt. Der

Autobahnbau konnte 1962 beendet werden.

Die Flurbereinigung wurde mit der Einweisung der Ländereien 1973 beendet.

Danach gab es in Ingeln noch folgende Höfe:

August Aue

Heinrich Liehe (später Szonn)

Heinrich Ebeling

Heinz Fabian (vorher Kracke)

Erich Strothe

Hans Thiemann

Otto Wehner

Herbert Aschemann (vorher Wilke)

Dietmar Fiedler (vorher Crone)

Walter Thiemann

149


N

Handwerker in Ingeln

ach Ende des II. Weltkrieges 1945 gab es in Ingeln verschiedene Handwerker, deren Betriebe in der

Kriegszeit von 1939 – 1945 geschlossen waren. Einige davon nahmen ihre Arbeit wieder auf und

existieren heute noch. Andere sind zwischenzeitlich erloschen, weil ihre Inhaber aufhörten oder die

Erzeugnisse nun nicht mehr gebraucht wurden, aber auch zum Teil, weil es keine Erben gab, die dieses

Handwerk weiterführen wollten.

Einer der wenigen Handwerker, die in Ingeln noch vertreten sind: Die Bertram Bäckerei Auf der Maine.

Es gab nach dem Krieg folgende Handwerker in Ingeln:

1 Schmiede Karl Tietze erloschen

1 Stellmacherei Martin Pohle erloschen

(übernommen von Heinrich Meier – im Kriege gefallen)

1 Böttcherei Heinrich Hepke (1960 verstorben) erloschen

2 Schuhmacher Otto Martinke erloschen

(Nachfolger von August Gast)

Karl Rohrwehr

erloschen

1 Maler Hans Cornelius erloschen

1 Schneider Karl Lücke erloschen

1 Friseur August Heise erloschen

2 Sattler Walter Rohde besteht noch

August Fernahl

erloschen

2 Hausschlachter August u. Karl Heise erloschen

(später Landwirte, ehemals Maurer)

Heinrich Hattenkerl (Maurer) erloschen

1 Gasthaus Behrens erloschen

1 Bäcker u. Lebensmittelladen Heinrich Bertram besteht noch

1 Lebensmittelladen Lina Aue später Henny Aue erloschen

1 Gemüsehandel Prellberg, später Blumenthal, Lyttjens erloschen

1 Gemüsehandel Alfred Thiemann erloschen

2 Reisende Textilhändler Holtmann u. Pusch erloschen

Neu gegründet:

Heinrich Häpke

Heinrich Knackstedt

Schlosserei und Tankstelle, jetzt Sanitär GmbH

Dachdecker

150


D

100 Jahre Ebelingsche Stiftung

er August Ebeling Hof Nr. 20 gehörte als Vollmeierhof zur Michaeliskirche Hildesheim. In Ingeln gab

es drei Vollmeierhöfe, die sich um die Kapelle gruppierten. Heute sind es die Betriebe (Höfe) Hintz,

Warnecke und die Ebelingsche Stiftung.

Vom Hof Nr. 21, Lüders, hat August Ebeling im Jahre 1900 66 Morgen Ackerland und 0,5 Morgen Wiese

dazu gekauft. Weitere Ländereien und die Hofstelle von Nr. 21 hat der Landwirt H. Behmann (Bledeln)

gekauft. Der landwirtschaftliche Betrieb wurde so zum größten Vollmeierhof. Bei der Erbfolge waren es

78,3 Ha (313,2 Morgen). Verwalter auf dem Betrieb (Hof) war H. Steinwede.

Die Familie August Ebeling lebte in Hannover und hatte dort drei Häuser über deren Verbleib wir leider

nichts wissen. August Ebeling wurde am 18.03.1832 geboren, er verstarb am 23.09.1908. Verheiratet war

er mit Alwine Kappenberg, geb. am 17.02.1859, verstorben am 28.01.1905. Sie stammte aus dem Haus

Nr. 30 in Ingeln. Ihr einziges Kind war der Sohn Ferdinand August, geb. 15.08.1878, verstorben 18.07.1898.

Zum Zeitpunkt des Todes war Ferdinand August landwirtschaftlicher Lehrling auf dem Gut Koldingen. Der

Ruf des Vaters im Dorf war, u.a. nachdem er die Renovierung der Kapelle (1891) nicht mitfinanzieren

wollte, nicht gerade der Beste.

Mit dem Ableben seiner Ehefrau und den Umständen des Todes seines Sohnes kam wohl der geistige

Umschwung. Sein Sohn war damals mit dem Pferd unterwegs zum Gut Koldingen, als das Pferd zwischen

Oesselse und Gleidingen plötzlich scheute. Er fiel vom Sattel und wurde von dem Pferd mitgeschleift. Zwei

Tage später verstarb er an seinen Verletzungen. August Ebeling war der Meinung, dass sein Sohn hätte

gerettet werden können, wenn er sofort ärztliche Versorgung in Ingeln bekommen hätte. Dies war

höchstwahrscheinlich der Anstoß dafür, in Ingeln aus seinem Vermögen ein Krankenhaus zu bauen. Das

Testament wurde am 10.08.1905 in Hildesheim verhandelt und unterzeichnet.

Die entscheidende Passage aus dem Testament ist der Paragraph 4:

„Mein gesamter Nachlass, welcher nach Abzug vorstehender Legate bzw. Vermächtnisse

übrig bleibt, soll unter dem Namen Ebelingsche Krankenhausstiftung durch ein Kuratorium

verwaltet werden, welches aus dem jeweiligen Landrate des Kreises Hildesheim als

Vorsitzender, dem jeweiligen Gemeindevorsteher von Ingeln und einer von der politischen

Gemeinde Ingeln zu erwählenden dritten Person besteht bzw. ist dieser Stiftung von meiner

Erbin dieser Nachlass auszuhändigen. Meiner Erbin bzw. der Ebelingschen

Krankenhausstiftung lege ich jedoch folgende Verpflichtung auf: Die zu meinem Nachlasse

gehörigen in Ingeln belegenen Hofe No. 20 und 21. nebst etwa 300 Morgen Ländereien

sollen niemals veräussert werden. Sobald die jährlichen Aufkünfte aus meinem Nachlasse,

welcher der Ebelingschen Stiftung zufällt 20.000 Mark betragen, wünsche ich, dass in dem

zu meinem Hofe No 20 in Ingeln gehörigen Garten ein Krankenhaus errichtet wird und sollen

dann alle Einkünfte aus meinem Nachlasse zu Zwecken des Krankenhauses verwandt

werden.

Ich bestimme ferner, dass Arme und Bedürftige in dem zu errichtenden Krankenhaus

unentgeltlich verpflegt, ärztlich behandelt werden und Arznei erhalten, soweit die Mittel

hierzu vorhanden sind. Es sollen hierbei solche aus dem Dorfe Ingeln den Vorzug haben,

jedoch auch solche aus der Umgegend von Ingeln und dem Landkreis Hildesheim

unentgeltlich aufgenommen werden können. Minder bemittelte Einwohner von Ingeln sollen

billigere Sätze im Krankenhaus zahlen, als auswärtige Kranke.“

151


D

Das Haupthaus der Ebelingschen Stiftung, heute vermietet

ie wirtschaftliche Situation in der Landwirtschaft war

um die Jahrhundertwende außerordentlich gut, so dass

es durchaus möglich erschien, ein Krankenhaus im Garten

nach den Wünschen August Ebelings zu realisieren. Dennoch

gab es erhebliche Diskussionen darüber, die Erbschaft unter

den genannten Bedingungen anzunehmen. Schließlich

wurde zwei Jahre nach dem Tod August Ebelings die

Erbschaft angenommen und die Ebelingsche Krankenhausstiftung

1910 gegründet. Sobald das Vermögen von 20.000

Reichsmark erwirtschaftet werden konnte, sollte mit dem

Bau des Krankenhauses begonnen werden. Arme und

Bedürftige aus Ingeln sollten unentgeltlich behandelt

werden. Die Verwaltung des Stiftungs-Kuratoriums bestand

aus drei Personen: dem Kreisdirektor des Landkreises

Hildesheim, dem Bürgermeister der Gemeinde Ingeln und

einem Bürger aus Ingeln.

Der landwirtschaftliche Betrieb wurde erst vom Landwirt Aue weitergeführt. Dessen Tochter heiratete

Erich Strothe aus Hotteln, der und später dessen Sohn Heinrich die Hofstelle und ca. 60 Morgen Ackerland

bis 1993 bewirtschaftete. Die restlichen Flächen wurden an Interessenten aus Ingeln verpachtet. Diese

erhielten ca. 1,5 - 2 Morgen Ackerland.

Die Stiftung von 1910 wurde vom Königlich-Preußischen Amt anerkannt. Es wurde aber sehr schnell klar,

dass das Stiftungsvermögen nicht ausreicht, um dem Wunsch des Erblassers nachzukommen, ein

Krankenhaus zu errichten. Hinzu kam, dass der I. Weltkrieg und die Inflation von 1923 alle Wünsche zu

Nichte machten. Nur die Substanz blieb erhalten.

Als Ersatz für das Krankenhaus wurde in den zwanziger Jahren eine Sozialstation gegründet. Für die

Einwohner Ingelns wurde ein Badehaus eingerichtet. In der Zeit von 1933-1945 geriet die Stiftung in

Gefahr. Die Nationalsozialisten wollten die Stiftung auflösen aber dies geschah nicht. Im Krieg wurde dort

für gefangene Polen im Obergeschoss des Badehauses ein Schlafraum geschaffen. Vor dem Krieg war

bereits ein Teil des Schafstalles zum Kindergarten umgebaut (drei Räume). Zwei Räume wurden für

Jungmädchen und Hitlerjugend eingerichtet.

152


Nach dem Krieg, im Februar 1946, wurde vom damaligen Bürgermeister von Ingeln, Karl Wilke, die

Stiftung wieder ins Leben gerufen. Zunächst wurden Flüchtlinge dort untergebracht. 1951 richtete man

aus den ehemaligen Räumen der Hitlerjugend einen Schulraum ein. Zudem konnten 21 bauwillige Ingelner

einen 99-jährigen Erbbauvertrag für Bauland erstehen, um ein Eigenheim darauf zu schaffen. Mit weiteren

Finanzmitteln, die zur Verfügung standen, wurde bis 1974 die Lungenklinik in Diekholzen unterstützt.

Frau Michelius, die frühere Totenfrau, betreute zwischen 1935 bis 1955 das Badehaus auf dem

Stiftungshofe, die in der früheren Waschküche untergebracht war. Im Erdgeschoss befand sich eine große,

von der Badefrau bediente Kesselanlage für Warmwasser, welche mit Kohle und Holz von der Stiftung

geheizt wurde. Dahinter standen zwei Wannen und ein großer Holztuppen. Immer sonnabends ab 15.00

Uhr stand das Baden für die Kinder auf dem Plan. Es passten drei bis vier Kinder in den großen Holztuppen.

Darin wurden sie von „Tante Mille“ gründlich gewaschen und anschließend frisch eingekleidet. Frische

Wäsche und Badezeug, Handtuch und Seife mussten von jedem selbst mitgebracht werden. Ab 18.00 Uhr

stand dann die Badeanstalt für die Erwachsenen zur Verfügung. Die beiden Wannen waren nur durch

einen Vorhang getrennt. Es kamen entweder nur zwei Frauen oder zwei Männer, Ehepaare oder

Liebespaare gemeinsam in den Baderaum. Die Badezeit war etwa auf 20 Minuten begrenzt, danach

wurden die Wannen gereinigt. Kinder zahlten 30 Pf., Erwachsene 50 Pf.. Gebadet wurde solange, bis der

letzte Gast fertig war, manchmal bis 22.00 Uhr.

Über dem Badehaus war noch ein großer Raum, der seit den 1930er Jahren vormittags für den ersten

Ingelner Kindergarten genutzt wurde, der von der NSV (Nationalsozialistischen Volksfürsorge) betrieben

wurde. Am Abend stand der Raum der NS Frauenschaft zur Verfügung. lm Krieg war er Schlafraum für

polnische Kriegsgefangene, die vorher auf dem Saale der Gastwirtschaft geschlafen hatten. Als nach dem

Krieg die vielen Flüchtlinge kamen, wohnte hier Familie Schlifkowitz, eine kinderreiche Familie.

Bereits vor dem Krieg wurde der alte Schafstall auf dem Stiftungshof zum Kindergarten ausgebaut. In dem

Gebäude gab es einen Spielraum, einen Schlafraum und eine Küche im rechten Teil. Im linken Bereich

waren zwei Räume für Jungvolk, HJ (Hitlerjugend) und BDM (Bund deutscher Mädchen) für Dienstzwecke

eingerichtet. Über dem Eingang hing ein geschnitztes Holzschild mit der Inschrift: „K.D.F. Kindergarten der

N.S.D.A.P.. Das alte Badehaus mit dem darüber liegenden Saal und das alte Stallgebäude wurde

anschließend abgerissen.

Was ist aus der Stiftung geworden?

Nachdem die Gemeinde Ingeln zum 01.04.1974 im Zuge der Gebietsreform zur Stadt Laatzen kam, wurde

das Kuratorium neu gebildet und die Satzung den Erfordernissen angepasst. Kuratoriumsmitglieder sind

der Regionspräsident, der Bürgermeister der Stadt Laatzen und ein Ingelner Bürger.

Hauptaufgabe wird es weiterhin sein, das Vermögen der Stiftung zu erhalten und die Überschüsse für

soziale Zwecke in der Stadt Laatzen- Ortsteil Ingeln einzusetzen.

153


Vereine

Feuerwehr

S

eit 1902 gibt es eine freiwillige Feuerwehr in Ingeln.

Im II. Weltkrieg musste sie mehrfach zu Bränden

nach Bombenabwürfen in der näheren Umgebung

ausrücken. Am Ende des II. Weltkrieges wurde als

Ersatz für die alte Handspritze eine Motorspritze

angeschafft. Diese Spritze war in einem

Tragkraftspritzenanhänger untergebracht, der an

einen Trecker angehängt werden musste. Später

wurde ein Mannschaftswagen angeschafft, in dem

auch die Spritze mit untergebracht werden konnte.

1970 baute die Feuerwehr Ingeln ein Unfallauto der

Bundeswehr zu einem modernen Löschfahrzeug um.

Da dieses Löschfahrzeug nicht mehr in das

Feuerwehrhaus am Notbrunnen passte, wurde auf

dem Hof Hans Thiemanns die Unterbringung

eingerichtet. Das alte Spritzenhaus wurde danach

abgerissen. Im Jahre 1986 wurden die beiden

Ortsfeuerwehren Ingeln und Oesselse

zusammengelegt und in einem Neubau an der

Bokumerstraße untergebracht.

Ehemaliges Spritzenhaus an der Hauptstraße

D

Turn- und Sportverein

er Turn- und Sportverein Ingeln-Oesselse wurde 1947 gegründet. Dieser neue Verein ging aus dem

Turnverein Frischauf Oesselse, gegründet nach dem I. Weltkrieg, und dem Fußballverein Ingeln von

1935 hervor. Geturnt wurde auf dem Saal der Gaststätte Behrens. Fußball wurde zunächst auf

verschiedenen Viehweiden nur im Herbst gespielt. Später wurde der heutige B-Platz eingerichtet. 1950

fand auf dem Sportplatz ein Sportfest statt. Der Turnbetrieb wurde Anfang der 50er Jahre eingestellt. Der

TSV Ingeln - Oesselse hat sich mit seinen Sparten zum größten Verein der umliegenden Orte entwickelt.

D

Schützenverein

er Schützenverein Ingeln wurde 1920 gegründet, hervorgegangen war dieser nach dem I. Weltkrieg

aus der Bürgerwehr, die mit scharfen Waffen ausgerüstet war. Auf Behrens Wiese am Holztor stand

ein Kleinkaliber-Schießstand, der 1965 geschlossen wurde. Danach fand nur noch ein Luftgewehr schießen

auf dem Saal der Gastwirtschaft Behrens statt.

Im Jahre 1998 wurde am Sportplatz durch Eigeninitiative der Schützen unter Vorsitz von Wolfgang Klammt

ein neues Vereinsheim mit Schießbahnen erstellt.

154


Die Ingelner Schützen 1955 auf dem Hof Ebeling

D

Der Gesangverein von 1896

er Gesangverein war zunächst ein reiner Männerchor, geleitet vom Vorsitzenden Karl Crone und

Chorleiter Lehrer Friedrich Borchers, später Walter Lux.

Allein acht Männer der Familien Blumenthal waren ein ebenso wichtiger Bestandteil. Ohne sie war der

Verein schon sehr geschwächt. Mit den Männern wurde es immer weniger, so dass die Chorgemeinschaft

mit den Frauen aus dem Kirchenchor gegründet wurde. Heute könnte man sagen, es handelt sich um

einen Frauenchor mit Männerbeteiligung.

Der Chor 1985 in der St. Nicolai Kirche

155


Im November als Sängerball und in der Karnevalszeit als Maskerade feierte der Verein ein Vergnügen auf

dem Saal der Gastwirtschaft Behrens. Die Kinder der Vereinsmitglieder durften nach der Konfirmation

auch an dem Fest teilnehmen. Ab 22.00 Uhr war Polizeistunde und wer nicht in Begleitung Erwachsener

war, musste den Saal verlassen. Es hat zu der Zeit auch Polizeikontrollen gegeben, so dass mancher Vater

oder Mutter plötzlich mit doppelt so vielen Kindern gesegnet war. Der zweite Ball war die Maskerade zur

Fastnachtszeit im Frühjahr. Der Saal war voll besetzt und die Zuschauer hatten von 20.00 Uhr bis 22.00

Uhr viel Zeit sich Gedanken zu machen, wer wohl in welchem Kostüm steckte. Um 22.00 Uhr wurden die

Masken abgenommen und manch einer musste sich seine Fehlentscheidung eingestehen. Vor allem die

älteren Frauen wollten die Maskierten am Gang und an den Händen und Füßen erkennen. Ab 22.00 Uhr

begann auch das traditionelle Kotelett essen. Die Koteletts wurden von „Tante Frieda“ (Behrens) sehr gut

und schmackhaft zubereitet. Etwa 80 - 120 Stück Kotelett wurden als Stärkung zwischen Schnaps und Bier

verzehrt. Die Bestellung wurde gleich bei Ankunft aufgegeben. In derselben Reihenfolge wurde man dann

später aufgerufen und zum Essen in die Gaststube gebeten. Die Letzten gingen mitunter auch mal leer

aus. Bei den Festen durfte natürlich die Musik nicht fehlen, dafür kam in dieser Zeit nur die Kapelle Walter

Schmidt (etwa vier bis fünf Mann aus der Bergwerks Kapelle Sehnde) in Frage. Da zu der Zeit kaum PKW

vorhanden waren, mussten die Musiker per Kutsche abgeholt werden. Diese Fahrten übernahm meistens

Friedel Howind. Er holte sie mit Karl Thiemanns Eselgespann ab.

Bei den Feiern wurden bis 22.00 Uhr nur Walzer und Märsche gespielt. Sollte doch einmal ein neuer flotter

Tanz dazwischen gespielt werden, machte Karl Crone darauf aufmerksam: „Wer die Musik bezahlt,

bestimmt auch was gespielt wird!!!!“ Der Abend wurde eröffnet mit dem Lied „Zu Rüdesheim in der

Drosselgasse“, anschließend folgte die Begrüßung durch den Vorsitzenden. Dann wurde das Lied „Beim

Kronenwirt ist heut Jubel und Tanz“ gespielt. Gegen Mitternacht ging Herr Borchers mit seiner Frau nach

Hause. Die Beiden wurden mit einer Polonese und dem Lied „Ich bin der Bub vom Wesertal“

verabschiedet. Das Ehepaar Borchers wurde bis zur Buschenbrücke in der Dorfmitte von einigen Burschen

begleitet. Dann ging es lustig weiter. Wenn gegen Morgen der Saal leer wurde und keiner mehr tanzen

wollte, kam von Hans Thiemann das Kommando „der Rest runter in die Gaststube und auf jeden Tisch ein

Musiker“. Dieses hatte auch seinen Grund, denn die Musiker mussten bis 6.00 Uhr warten, um mit dem

Milchwagen zurück zu fahren. Dieser Milchwagen der Familie Blumenthal fuhr nach Schließung der

Ingelner Molkerei die Milch der Bauern zur Wirringer Molkerei. Die Musiker saßen dann auf den Kannen

bis Müllingen. Von dort fuhr ein Bus von Bemerode nach Sehnde. Der Bus von Gleidingen fuhr Sonntags

noch nicht.

Der Gesangverein sang bei verschiedensten Anlässen, so z.B. bei Hochzeiten und ab 50. Geburtstagen der

Vereinsmitglieder. Bei Beerdigungen der Vereinsmitglieder sang der Verein im Trauerhaus und am Grabe

das Lied vom guten Kameraden.

Sitten und Gebräuche

Fastnacht

A

m Rosenmontag wurde Fastnacht gefeiert. Die Junggesellen zogen verkleidet von Haus zu Haus und

sammelten Wurst, Eier und Geld ein zum Verzehr am Abend im Gasthaus. Gleichzeitig fand dort auch

die Gemeindeversammlung statt. Es wurde über Vorhaben und Planungen für das kommende Jahr im Ort

und in der Feldmark diskutiert. Zudem wurde an diesem Abend das Gras an den Feldwegen an die

Ziegenbauern gegen Gebot verpachtet.

156


Trauerfeier / Totenfrau

Wenn ein Ingelner gestorben war, wurden die Glocken geläutet. Die Totenfrau versorgte und kleidete die

Leiche ein, den Sarg fertigte der Tischler an, aufgebahrt wurde im Hause des Verstorbenen. Die Totenfrau

ging von Haus zu Haus und informierte alle Einwohner. Die Sargträger wurden von den Vereinen oder den

Nachbarn gestellt. Die Gemeinde besaß einen Totenwagen, der von Pferden gezogen wurde. Geläutet

wurde zuerst in Ingeln und auf halber Strecke in Oesselse.

Nach dem Krieg war Frau Michelius die Totenfrau, später übernahm ihre Tochter Lene Koch dieses Amt.

Ihre Aufgabe war es die Toten zu waschen, anzuziehen und die Männer zu rasieren. Für diese Arbeiten

bekamen sie meistens außer dem üblichen Lohn noch Kleidungstücke und Wäsche des Verstorbenen. Am

Tag des Todes wurde die Glocke auf dem Schulgebäude noch mit der Hand geläutet, anfangs von Ida

Krüger, später von Werner Oertler, der zudem auch Totengräber war. Zwei Tage brauchte er, um ein Grab

mit der Schaufel auszuheben. Der Lohn dafür waren 50,- DM. Die Totenfrau ging von Haus zu Haus,

bestellte Grüße von der Trauerfamilie und teilte den Todeszeitpunkt und den Termin der Beerdigung mit.

Ihre Aufgabe war auch für sechs Sargträger zu sorgen, möglichst alle gleich groß. Am häufigsten waren zu

dieser Zeit Friedrich Hilse, Hans Thiemann, Karl Tietze und der Schneider Lücke die Sargträger. Der

Schneider wurde auf Grund seiner Größe immer an die Tragegriffe in der Mitte des Sarges eingeteilt und

diente dort meistens nur als Mitläufer. Aber auch junge neue Träger durften aus folgendem Grunde erst

in der Mitte des Sarges anfangen. Denn beim Ausladen des Sarges auf dem Friedhof musste darauf

geachtet werden, dass der Sarg so in die Gruft kam, dass die Leiche nach Osten guckt. Man sagte mit dem

Gesicht gen Schweinestall von Müller Hänjes. Wurde beim Ausladen des Sarges aus dem Totenwagen

dieser einmal falsch gedreht, wurde der Sarg falsch herum zum Grab getragen.

Der Sarg wurde mit Pferden und dem Gemeinde-eigenen Leichenwagen zum Friedhof gefahren. Der

Wagen war auf dem Stiftungshof in einer Remise untergebracht, er wurde vor jeder Beerdigung von Karl

Michelius für 4,- DM gewaschen. Diese Fahrten waren nicht einfach und waren demnach nichts für junge

Pferde und unerfahrene Kutscher. Die meisten Fahrten hatten Karl Crone und Karl Kebel vom Hof Wilke –

jetzt Aschemann – übernommen. Die Pferde mussten ziemlich langsam gehen, damit der Trauerzug folgen

konnte. Besonders im Winter war das manchmal schwierig, weil die Pferde lange im Stall standen und oft

sehr übermütig waren. Zur Sicherheit haben je ein Mann rechts und links ein Pferd am Kopf festgehalten.

Es war üblich, dass man die Toten mit einem Kranz ehrte, schnell kamen so 60-80 Kränze zusammen. Die

Kränze wurden von der alten Frau Stange (die Frau von Hermann Stange, dem Gemeindediener)

gebunden. Für Frau Stange war die Beerdigung auch immer ein Festtag, denn von dem Kranzgeld gönnte

sie sich schnell eine Flasche Schnaps aus dem Laden. Da Stanges und Frau Krüger eine günstige Wohnung

im Gemeindehaus bewohnten, mussten sie als Gegenleistung diese Arbeiten übernehmen.

Einige Ingelner Männer arbeiteten in umliegenden Bergwerken in Sehnde, Lehrte, Hohenfels und Giesen.

Bei deren Beerdigungen begleitete sie auf ihrem letzten Weg die Bergwerkskapelle. Zum Friedhof hin

wurden Trauermärsche gespielt, auf dem Rückweg Marschmusik und die Lustigen Hannoveraner. Die

sechs Träger trafen sich vor der Beerdigung meistens im Nachbarhaus des Toten. Hier wurde von der

Trauerfamilie ein anständiges Vesper und ein paar Schnäpse gereicht. Die Träger bekamen ein Zeichen

vom Pastor, kurz bevor der seine Ansprache beendet hatte und so dass sie ihres Amtes walten konnten.

Nachdem in den 70er Jahren keine Leichen mehr zu Hause aufgebahrt werden durften, geschah dies in

der Kirche. Der Trauerzug hätte nun die Straße überqueren müssen, was aus Verkehrs-Sicherheitsgründen

verboten wurde. Danach wurden die Beerdigungen von Beerdigungsunternehmen durchgeführt, bis um

1980 die neue Leichenhalle gebaut wurde. Die Verstorbenen wurden nun bis zur Beisetzung in der

Leichenhalle auf dem Friedhof in Laatzen aufgebahrt.

Damit hatten alle alten Traditionen, die bisher eine Beisetzung begleiteten, wie die Rolle der Totenfrau,

die Sargträger, der Leichenwagen und das Singen bei der Trauerfeier zu Hause ein Ende. Die letzte

Beerdigung, die per Kutsche erfolgte, fand in den 60er Jahren statt.

157


Kino in Ingeln

E

Die ehemalige Gaststätte Behrens steht heute unter Denkmalschutz

in Kino (Lichtspielhaus) hat es in Ingeln nie gegeben. Während der Kriegszeit 1939-1945 fand einmal

im Monat ein Filmabend im Saal der Gastwirtschaft Behrens statt. Von der NS-Filmstelle kam

vormittags ein Vorführer mit einem Kleintransporter. Am Nachmittag baute er im Saal der Gastwirtschaft

Leinwand und Filmgeräte auf, wobei ihm gern die größeren Schuljungen halfen. Sie stellten auch die

Stühle und Bänke auf, wofür sie bei der Nachmittagsvorstellung um 16.00 Uhr nichts zu bezahlen hatten.

Diese Vorstellung mit der Wochenschau war vor allem für Kinder und Jugendliche gedacht. Die NS-

Propaganda stand dabei im Vordergrund. Um 20.00 Uhr fand dann die Abendvorstellung statt, in den

letzten Kriegsjahren des öfteren durch den Luftalarm unterbrochen.

In den ersten Nachkriegsjahren baute der Gleidinger Gastwirt Heinrich Lambrecht vom Deutschen Haus

seinen Saal zu einem Kino aus. Gleichzeitig zeigte er die Filme jeden Sonntagabend auch in Sehnde und in

Ingeln im Saal der Gastwirtschaft Behrens. Ein Kurier mit einem Leichtmotorrad pendelte dann am

Sonntagabend mit den Filmrollen zwischen Gleidingen, Ingeln und Sehnde. In den 50er Jahren, als das

Fernsehen seinen Siegeszug antrat, wurden die Kinovorführungen eingestellt.

A

Martinstag am 11. November

m Martinstag ziehen die Kinder des Dorfes von Haus zu Haus und singen:

„Martin – Martin - Mähren, Appels und die Beeren,

lat usch nich tau lange stahn, wie mätt ja noch nach Bolzen gahn.

Bolzen is ne grote Stadt, da kríeget alle Kinder watt...“

„...nach Bolzen gahn. “ Was heißt das?

Früher war in der Landwirtschaft der große Arbeiterstellenwechsel am Martinstag. Die in der

Landwirtschaft Beschäftigten erhielten an diesem Tag ihren Jahreslohn und handelten mit ihren

bisherigen oder mit ihren neuen Arbeitgebern ihre zukünftige Vergütung aus. Mit dem ausgezahlten

Jahreslohn wurden meist die im Jahr aufgelaufenen Schulden z. B. beim Schneider, Schuster oder Gastwirt

entrichtet. Da am Martinstag in Bolzum (Bolzen) ein Markt stattfand, machten sich viele Landarbeiter auf

den Weg dorthin. Es waren Stände der Handwerker aufgebaut, bei denen Schuhe, Kleidung und

dergleichen verkauft wurden. Dieser Markt in Bolzum besteht in abgewandelter Form noch heute.

158


Patenschaft

D

STADT LAATZEN

Laatzen den 28. März 1994

E i n l a d u n g

Die 1. Kompanie des Instandsetzungsbataillons 1 in Ahrbergen ist am 24. März 1994 von ihren

Aufgaben entbunden worden und wird bis zum 30. September 1994 mit dem gesamten

Instandsetzungsbataillon aufgelöst. Damit gehen fast 24 Jahre einer vorbildlichen Patenschaft

zunächst der Gemeinde Ingeln und ab 1974 der Stadt Laatzen zur 1. Kompanie zu Ende.

Die Patenkompanie wird sich am

Mittwoch, dem 13. April 1994, 15.00 Uhr

in Ingeln-Oesselse am Pflugplatz,

Ecke Hauptstraße / Auf der Maine

mit einem Abschiedsappell von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Laatzen verabschieden. Im

Anschluß an den Abschiedsappell ist im Feuerwehrhaus in Ingeln-Oesselse, Bokumer Str. 10 ein

kleiner Umtrunk mit Imbiß geplant.

Wir möchten Sie zu dieser Abschiedsveranstaltung herzlich einladen und würden uns über Ihre

Teilnahme sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Henner Fischbach Rainer Büschking

Bürgermeister

Stadtdirektor i.V.

er Zeitsoldat Dieter Gaste hat in der Instandsetzungs-Kompanie 410 Ohnacker Kaserne in Ahrbergen

gedient. Er organisierte ein Fußballspiel zwischen den Soldaten und Einwohnern aus Ingeln. Daraus

entstand eine Patenschaft mit der Gemeinde Ingeln und der Instandsetzungs-Kompanie in Ahrbergen.

Am 30.06.1970 wurden die Verbindungen zwischen Stabsfeldwebel Wessel, Ahrbergen und der Gemeinde

Ingeln unter Führung von Alfred Thiemann besiegelt. Die Urkundenübergabe wurde auf dem ehemaligen

Hof Fabian vorgenommen. Am 30.09.1970 wurden auf dem Sportplatz 400 Rekruten feierlich vereidigt.

Die Patenschaft war in den folgenden Jahren sehr intensiv. Viele Veranstaltungen wurden gemeinsam

durchgeführt. Sie endete mit der Auflösung der Kompanie in Ahrbergen im Jahre 1994.

159


Straßenbau

A

Die Hauptstraße (früher: Dorfstraße) vor dem Ausbau

m 14.07.1852 wurde die Straße von Gleidingen nach Algermissen fertiggestellt. Dabei wurde in

Oesselse die Umgehungsstraße, heute Gleidinger Straße, gebaut.

Vorher gab es keinen direkten Weg von Ingeln-Oesselse nach Gleidingen. Zudem war geplant, eine Straße

von Wülferode direkt nach Oesselse und weiter nach Sarstedt zu bauen. Da die Verkoppelung erst 1854

abgeschlossen war, konnten die Ingelner und Oesselser Bauern die Straße vermeiden, woraufhin sie im

Wald über Müllingen nach Sarstedt entstand. Um 1900 wurde beim Bau der Straßenbahnlinie nach

Hildesheim ein Abzweig von Gleidingen nach Algermissen geplant, aber abgelehnt.

B

Ingelner Wappen

is 1930 hatte die Gemeinde Ingeln kein Ortswappen. Bisher wurde das Reichs-Wappen als offizielles

Hoheitszeichen geführt. Der Entwurf von Karl Gast (Ingeln, Hauptstr.) wurde als neues

Gemeindewappen ausgewählt. Das Wappen zeigt drei Eichen auf silbernem Untergrund und bezieht sich

auf die enge Beziehung zwischen Ingeln und dem untergegangenen Dorf Delm.

Delm

Die Geschichte von Ingeln ist bis heute noch eng mit dem

untergegangenen Dorf Delm verbunden, da bis heute

Ländereien Delms von Ingelnern Bauern bewirtschaftet

werden.

Das Wahrzeichen Delms in der Feldmark

(Foto ausgetauscht)

D

er Untergang der Gemeinde Delm ist nach wie vor zeitlich nicht genau nachzuvollziehen. Aber es gab

eine wüste Feldmark Delm. Im Anschluss an die Verkoppelung (Flurbereinigung) von 1852 wurden

die Ländereien Delm aufgeteilt auf Ingeln, Oesselse, Hotteln und Gödringen. Durch die wüste Gemeinde

Delm gab es einige bemerkenswerte Wegbezeichnungen: Der Ruther Weg, Braunschweiger Straße, der

Schieferweg, der Grafenweg und der Breite Weg.

160


Auffallend war die Zusammenführung aller Wege an der Delmer Quelle. Dort gab es auch ein Holzteil, das

Delmer Holz. Der Untergang der Wüstung Delm ist nicht genau bekannt. Viel spricht dafür, dass die

Wüstung schon um 1420/1450 verlassen wurde, denn die letzte urkundliche Erwähnung stammt schon

aus dem Iahre 1364. Eine weitere Vermutung lässt sich im Untergang der Hildesheimer Stiftsfehde (1519

-1523) einordnen. Die Gemeinde Delm (14 ehemalige Familien) ist heute eine Realgemeinde mit eigenen

Ländereien und eigenem Bürgermeister. Wahrzeichen der Gemeinde sind die 3 Eichen in der Feldmark.

Ursprünglich waren es fünf Eichen. Zwei Eichen sind bei Zielangriffen durch die deutsche Luftwaffe im

Jahre 1927 zerstört worden.

A

Meerberg

uf dem Meerberg und dem Hassel gab es mehrere Kalksteinbrüche. Der Kalkstein wurde gebraucht

als Grundstein für Häuser und zum Pflastern für Höfe und Wege. Im Zuge des Autobahnbaus (1960 -

1962) wurden alle Steinbrüche aufgefüllt und zu Ackerland umgewandelt.

N

Wüstung Bokum

ördlich von Oesselse, dort wo die Bruchriede fließt, lag einst die Siedlung Bokum. Es waren ehemals

neun Höfe, davon waren drei Halbmeierbauern sowie drei Kötner nach Ingeln umgezogen. Der Grund

für die Umsiedlung war, dass die hannoverschen Herzöge ihr Jagdgebiet aus dem Nordwald vergrößern

wollten. Der von den Müllingern gesetzte Gedenkstein am Damakerweg steht an verkehrter Stelle, denn

der Ort lag von hier in nordwestlicher Richtung an der Bruchriede, dort wo der Oesselser Holzweg die

Bruchriede überquert. Hier steht nach wie vor eine alte Eiche.

Vormals waren es zwei Eichen, die eine gemeinsame Wurzel hatten, der 2. Stamm wurde nach dem II.

Weltkrieg gefällt und zu Brennholz verarbeitet.

Die Ländereien der Gemarkung wurden schon ab 1450 von den umliegenden Ortschaften aus

bewirtschaftet. Die ehemaligen Wiesen beiderseits der Bruchriede hießen die Bokumer Wiesen. In den

60er Jahren wurden sie im Zuge der Flurbereinigung zu Ackerland bzw. für den Bau der Autobahn A7

ausgewiesen. Eine Wiese im Besitz von H. Hennies Oesselse hieß Totenwiese, weil an dieser Stelle der

Friedhof von Bokum gelegen haben soll. Diese Wiese wurde im Norden von der Bruchriede begrenzt und

im Osten vom Hönebach, der inzwischen um ca. 150 - 200 m nach Westen verlegt worden ist. Der

Hönebach floss früher vom jetzigen Rückhaltebecken erst nach Osten und dann von der Stelle, wo heute

eine Esche wächst, in nördlicher Richtung zur Bruchriede.

D

Kirchliche Besonderheiten in Ingeln-Oesselse

as Abendmahl in der Kirche wurde dreimal im Jahr gefeiert. Am Gründonnerstag und am Karfreitag

sowie am 1. Advent, als die jungen Unverheirateten zum Abendmahl gingen. Frauen und Männer

waren dunkel gekleidet, erst gingen die Männer zum Altar, dann die Frauen. Nach dem Abendmahl gingen

alle durch die Sakristei, trugen sich in ein ausgelegtes Buch ein und legten einen Obolus auf den

Gabenteller.

Bei der Taufe eines Kindes ging der Vater nicht mit in die Kirche, nur die Mutter und die Paten. Die Paten

legten ein paar Münzen ins Taufbecken für die Küsterin. Bei der Verkündung des Aufgebotes ging das

Brautpaar nicht in die Kirche.

In der Gemeinde wurden bis 1887 zwei Gottesdienste in der Ingelner Kapelle begangen, anlässlich des

Hagel Feiertages am Tag nach Pfingsten und Michaelis am 27. September. Außerdem wurde bis in den

70er Jahren in der Kirche zur Ernte geläutet, wenn der Vollmeierhof Hennies Oesselse den ersten Roggen

mähte.

1875 wurden in Deutschland die Standesämter eingeführt. Bis dahin lagen alle Aufgaben bei den Kirchen.

Ab den 60er Jahren bis zur Gebietsreform 1974 wurde das Standesamt in Ingeln von dem Landwirt Otto

Wehner verwaltet.

161


Friedhof und Friedhofskapelle

D

ie Friedhofskapelle wurde 1981 auf Eigeninitiative der Ingelner und Oesselser Bürger fertiggestellt.

Vorher gab es ein Totenhaus (ehem. Schießstand) auf dem Friedhof. Verstorbene aus Ingeln wurden

im Haus aufgebahrt, ausgesegnet und mit dem Totenwagen zum Friedhof nach Oesselse überführt. Der

Totenwagen ist leider nicht mehr vorhanden.

Emilie Michelius und später ihre Tochter Helene Koch waren Totenfrauen. Sie versorgten die

Verstorbenen und informierten die Dorfbewohner über den Tod und den Zeitpunkt der Beerdigung.

Bettzeug und Kleidung der Toten durften sie mitnehmen. Unser heutiger Friedhof ist 1909 entstanden.

Bis 1936 wurde zum Teil noch auf dem Friedhof an der Kirche bestattet. Wenn jemand in Ingeln verstorben

war, läutete die Glocke auf der alten Schule bis der Leichenzug an der „Krummen Ecke“ war, dann begann

die Glocke der Kirche zu läuten. Die Glocke in Ingeln, die vorher in der Kapelle hing, wird heute nicht mehr

geläutet.

Die Dorfeiche in Ingeln

I

Die Eiche in Ingeln ist schon 143 Jahre alt

m Unterdorf steht eine stattliche Eiche, die wahrscheinlich in den Jahren 1896/1897 gepflanzt wurde.

Man ist sich heute uneins, ob sie zum 25. Jahrestag des Deutschen Kaiserreichs (1871) oder zum

100jährigen Geburtstag von Kaiser Wilhelm I. (1797) gepflanzt wurde.

162


Ingelner Originale

Von Heinrich Bertram

Schneider Lücke

In Ingeln, in der Hauptstraße 15, wohnte das Urgestein

Schneider Karl Lücke, auch Schnüffel genannt, zusammen mit

seiner Schwester Lina und seinem Schwager Karl Dölwes.

K

arl Lücke war ein nicht sehr großer Mann, aber flink wie ein Wiesel und weit über Ingelns Grenzen

bekannt. Überall wo mehr als drei Menschen zusammenstanden, war mit Sicherheit der Schneider

Lücke dabei, denn in einem kleinen Dorf gibt es immer etwas Neues und viel zu diskutieren und wer Neues

wissen wollte, ging eben zum Schneider. Diese Tatsache wurde ihm beim Nähen oft zum Verhängnis, denn

wenn er auf seinem Schneidertisch saß, hatte er zu allen Seiten einen Ausblick zur Hauptstraße und zur

Maine und durch seine Gasse auch zum Sacke (Hoher Weg). Wo sich etwas bewegte oder klapperte, war

er sofort zur Stelle. Bei all diesen Neuigkeiten unterliefen ihm aber auch immer wieder Fehler, es gab

Hosen mit verschieden langen Beinen und Jacken, die schräg wie eine Panzerjacke geknöpft werden

mussten, weil die Knöpfe nicht in einer Linie saßen.

Zum Sportfest 1950 bekamen mein Bruder und ich eine neue Kombination (braune Hose und karierte

Jacke). Damit man die Jacken rein äußerlich unterscheiden konnte, sollten beide auf der Rückseite

verschieden abgesteppt werden. Einmal in gerader Linie und einmal im Bogen. Als wir unsere Anzüge

abholten, waren natürlich beide gleich, und nicht nur das, die Jacken passten hinten und vorne nicht. Zum

Glück gab es damals in solchen Fällen noch den Schneidermeister Vetter aus Hildesheim. Er und seine

Familie waren im Krieg ausgebombt worden und wohnten nun bei Heinrich Klaus, Hs. Nr. 38 (jetzt

Pfingstangerweg). Herr Vetter hatte kurzfristig die größten und machbaren Fehler an unseren

Kombinationen behoben, für die Schneider Lücke sich sofort bereit erklärte, aufzukommen.

Ein anderes Mal hatte ein Landwirt für eine Feier einen Anzug bei Schneider Lücke bestellt. Zu dieser

Festivität kam auch ein Bekannter aus Hannover, der zufällig Schneidermeister in einem hannoverschen

Kaufhaus war. Als dieser den Anzug des Landwirtes sah, war auch ihm nicht gut zumute. Sie gingen beide

mit dem guten Stück zum Schneider Lücke, um die Fehler zu besprechen. Schneider Lücke bat seinen

Kollegen aus Hannover ein Schnittmuster aufzuzeichnen. Nach diesem Schnittmuster wurden dann alle

zukünftigen Anzüge angefertigt. Es lief aber auch nicht alles schief.

Seine Spezialität waren Stiefelhosen, die die Bauern zur Arbeit trugen. Diese hatten enge Hosenbeine, die

in Gummistiefel passten oder in sogenannte Ledergamaschen, die um die Hosenbeine geschnallt wurden.

So eine Stiefelhose war einst für H. Ebeling zu eng geworden und sollte nun mittels eines Keils etwas

weiter gemacht werden. Der Keil sollte die Bauchweite verändern. Als er die Hose anzog, saß der Keil so

zwischen den Beinen, dass er aussah wie ein Känguru mit Beutel.

Eines Tages sollte Schneider Lücke für mich eine Hose aufbügeln. Natürlich erledigte er das mal wieder

schnell schnell, weil er, wie so oft, in Zeitnot war. Die Hose sah nach dem Bügeln nicht viel besser aus als

vorher. Ganz offenherzig gestand er mir, dass er nur die Beine gebügelt hatte, da man unter der Jacke ja

eh nicht mehr sieht.

Wenn er bei Thea Behrens in der Gastwirtschaft mal einen über den Durst getrunken hatte und Ernst

Gieseke und Wilhelm Ohlendorf noch den letzten Schnaps und Bier spendierten, nieste er zum Dank auf

163


Kommando 30 Mal. Die Jugendlichen des Dorfes haben ihn oft geärgert, indem sie z.B. einen Schneemann

an seine Haustür stellten. Sie hatten leichtes Spiel, denn mit seinen kurzen Beinen konnte er nicht

besonders schnell laufen. Wenn er mal wieder betrunken nach Hause kam, schrie er immer: Hausschlüssel

im Hühnerloch (Haunerlock!!!).

Putzer August Heise

E

in weiteres Original war der Friseur August Heise (man nannte ihn auch den lütchen Putzer). Er war

klein, etwas verwachsen und hatte wie man so sagte einen „Ast“. Er bewohnte das letzte Haus oben

rechts auf dem Sacke (Hoher Weg). Bei ihm trafen sich zweimal in der Woche abends nach Feierabend die

Männer zum Rasieren, denn einen Rasiersalon gab es nicht. Alles spielte sich in seiner Wohnstube ab. An

der Wand klebte eine Plastikfolie, an die der Kopf der Kundschaft angelegt wurde, damit die Tapete nicht

schmutzig wurde. Auf einem normalen Stubenstuhl wurde dann die Rasur vollzogen.

Wenn alle rasiert waren, wurde oft bis spät in der Nacht bei Schnaps und Bier noch Skat gespielt. Seine

Stammkunden waren unter anderem K. Thiemann und K. Kebel. An zwei anderen Abenden in der Woche

fuhr er per Fahrrad zu Hausbesuchen. In einer kleinen Ledertasche war sein Rasierzeug, ein Seifentopf mit

Pinsel, einige Rasiermesser und ein Lederriemen. Ein kariertes Küchentuch und den Lederriemen hängte

er bei den Kunden ans Fensterkreuz, um darauf seine Messer zu schärfen. Eingeseift wurden alle mit

demselben Pinsel und was bei dem einen Kunden an Seifenschaum übrig blieb, bekam der nächste gleich

wieder in Gesicht gerieben.

Er kam grundsätzlich in den Abendstunden, wenn die Männer zu Hause waren. Oftmals beim Abendessen,

sodass das gemeinsame Speisen unterbrochen werden musste, aber es waren da ja noch andere

Dorfbewohner, die auf ihn warteten. Das alles ging oft sehr schnell und manchmal floss dabei auch Blut,

aber dafür diente ja das Geschirrtuch. Wenn sich jemand über seine stumpfen Messer beschwerte, bekam

er nur zu hören, man solle sich nicht so anstellen.

Die Kinder gingen nachmittags zum Haare schneiden. Oft war er auf seinem Garten hinterm Haus und

musste erst rein gerufen werden. Nun konnte man selbst entscheiden, ob mit der Handmaschine, dem

Flieger oder mit der elektrischen Maschine geschnitten werden sollte. Vorn blieb ein Pony, alles andere

wurde kahl geschoren, man nannte das „Glatze mit Vorgarten“. Das Ganze dauerte zehn Minuten, zum

Schluss musste seine Frau Emmi kommen und sehen, ob er alles getroffen hatte. War alles in Ordnung

spuckte er in die Hand, strich über den Kopf und sagte: „So, nun bist du blank, 50Pf. und raus!“

164


Gemeindevorsteher und Bürgermeister von Ingeln

Folgende Ratsmitglieder nahmen an der letzten Ratssitzung der selbständigen Gemeinde Ingeln am

27.02.1974 teil:

Bürgermeister Alfred Thiemann

Stellv. Bürgermeister Heinrich Ebeling

Alfred Norra

Friedrich Rolf

Hans Thiemann

Robert Trautmann

Hans-Georg Meyer

Willi Lowin

Kurt Rüter

165


Gebiets- und Verwaltungsreform

I

m Niedersächsischen Landtag wurde nach vielen Beratungen das Hannover Gesetz verabschiedet. Die

bisherigen 201 Gemeinden wurden in 21 Gemeinden zusammengefasst. So entstand die Stadt Laatzen

mit ca. 28.000 Einwohnern. Kleine Gemeinden wurden von Größeren eingemeindet, hierbei wurden

ehemalige Grenzen verschoben.

Bei der Eingemeindung der Orte Gleidingen, Oesselse und Ingeln zu Laatzen wurde die Kreisgrenze

zwischen Hannover und Hildesheim nach Süden verlegt. Die Nachbargemeinden Wirringen, Wehmingen

und Bolzum wurden nach Sehnde eingemeindet, ebenfalls eine Grenzverschiebung nach Süden. Die

politischen Gemeinden Ingeln und Oesselse haben mit 30.03.1974 aufgehört zu bestehen.

I

850 Jahre Ingeln

Von 1181 bis 2011

ngeln wurde erstmalig unter der Bezeichnung „Ingenleve“ genannt. Klosterkirche Michaelis Hildesheim

übertrug „Ingenleve“ fünf Hufen Land (ca. 150 Morgen)

1181 Erste Erwähnung 10

1241 Bau der Kapelle

1309 Schlacht am Streitberg (Stift gegen den Adel Calenberg)

1346 Ingeln untersteht dem Bischof von Hildesheim

1440-1450 Untergang der Wüstungen Bokum. Die Ländereien werden u.a. von Ingeln aus

bewirtschaftet

1466 An den romanischen Oesselser Kirchturm (Bau wahrscheinlich 12. - 13. Iahrhundert)

wird ein neues Kirchenschiíf angebaut

1519-1523 Hildesheimer Stiftsfehde. Es wird vermutet, dass in diesem Krieg Delm untergegangen

sein könnte. Die Gemeinden Oesselse, Ingeln und Müllingen gehören bis 1643 zur

Superintendentur Coldingen. Müllingen scheidet aus dem Kirchspiel aus.

Reformation (Gemeinde wird evangelisch).

10

Durch neuere Erkenntnisse ist das Jahr 1162 belegt.

166


Der Bokumer Wald (Nordwald) geht am 16.03.1550 in den Besitz der Gemeinden

Oesselse, Ingeln und Müllingen über.

Ingeln und Oesselse kommen wieder zum Stift Hildesheim (Amt Ruthe bis 1813). Für das

Amt Ruthe mussten pro Woche zwei Tage Hand- und Spanndienste geleistet werden. Die

Land- und Wiesenbeschreibung des Amtes Ruthe weist für Ingeln 30 Hofstellen aus.

1758 Hildesheimer Verzeichnis: der Ort hat 22 bebaute und eine wüste Stelle (1000 Mrg.).

1825 Hüte- und Weideteilung zwischen Müllingen, Ingeln, Oesselse, Gleidingen und

Wülferode ergeben die späteren Flurgrenzen.

1843-1863 Flurbereinigung Ingeln und Oesselse, Aufteilung der Gemeinheiten.

1845 Die Häuserliste ergab 46 Wohnhäuser mit 292 Einwohnern.

1857 Aufteilung des Waldes nach Größe der Höfe.

1857 Straßenbau von Algermissen über Ingeln und Oesselse nach Gleidingen. In Oesselse als

Umgehungsstraße, eine Verbindung direkt nach Gleidingen gab es vorher nicht. Nur eine

Verbindung nach Rethen bestand.

1872 Erwähnung der 1. Feuerwehr Ingeln (Ingeln und Oesselse hatten eine gemeinsame

Handspritze).

1888 Ingelner Kapelle ist baufällig und kann nicht mehr genutzt werden.

1893 Im Zusammenhang mit dem Abriss der baufälligen Kapelle wird der Altar für 600

Goldmark an die Marienburg in Westpreußen verkauft.

1897 Die Dorfeiche am Pflugplatz wird gepflanzt.

1901 Kapelle wird abgerissen. Die Glocke kommt in einen extra erbauten Glockenturm auf dem

Gelände der Kapelle, später wird sie in den Turm der Schule integriert. Ein „Gotisches

Fenster“ wird in ein Nebengebäude der Schule 1911 eingebaut.

1902 Gründung der Freiwilligen Feuerwehr am 28.02.1902.

1904 Stromleitung nach Ingeln wird gebaut.

1911 Schulbau in Ingeln. Erster Lehrer Friedrich Borchers (V. 1911-1945).

1914-1918 I. Weltkrieg, fünf Gefallene aus Ingeln.

1921 Ehrenmal für die Gefallenen an der Schule.

1921 Erstes Schützenfest (11.09.1921).

1926 Schwesternstation und Wannen-Bad auf der Stiftung.

1932 Aushebung Feuerlösch-Teich Höhne.

1939-1945 II. Weltkrieg, 15 Gefallene aus Ingeln.

1947 2. Schulklasse auf dem Stiftungshof, Lehrer Hoffmann.

1951 Baugebiet Stiftungsstraße: die vertriebenen Familien bekamen ein neues Zuhause.

1954 Baugebiet Schillgarten.

1954 Dorfbeleuchtung.

1955 Wasserleitung (Harzwasser).

1956 Höhnebach im Dorf verrohrt.

1958 Erweiterung des Kriegerdenkmals durch zwei Metallplatten mit den Namen der

Gefallenen des II. Weltkrieges.

1960 Bau der Autobahnen A 7 / A 37.

1961 Gemeinsame Lösung von Schulraumproblemen nach Einführung des 9. Schuljahres.

1962 Aufstellung des Bebauungsplans (Unterer Holzweg) in Ingeln.

1962-1963 Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens einschließlich Ausbau der Feldwege.

1964-1966 Ausbau der Kanalisation.

1966 Zusammenlegung der Schulen Ingeln und Oesselse für die Klassen 1 bis 4.

1966 Baugebiet Kleikamp.

1969 Straßennamen 11 .

1970 Grunderwerb für die Gemeinbedarfsflächen Schule, Sporthalle, Sportfreiflächen und

Feuerwehrhaus im Mittelpunkt der Gemeinden.

11

… werden eingeführt.

167


1970 Patenkompanie mit Ahrbergen, Instandsetzungsbataillon 1. Kompanie.

1973 Flurbereinigung Ingeln, Oesselse und Müllingen abgeschlossen.

1973 Sporthalle wird erbaut.

1974 Bau der neuen Grundschule Ingeln-Oesselse, Einweihung 1975.

1974 Am 24./27.02.1974 finden die letzten Ratssitzungen der selbständigen Gemeinden Ingeln

und Oesselse statt.

1974 Verwaltungsreform, ab 01.03.1974 gehört Ingeln nicht mehr zum Landkreis Hildesheim.

Ingeln wird eingemeindet in die Stadt Laatzen, LK Hannover.

2011 Die Ortschaft Ingeln besteht 850 Jahre.

A

GEDICHT

Ingeln

s stehen Eichen in einsamer Flur

Und flüstern von uralten Tagen,

Von Bokum und Delm, die, der Fruchtbarkeit Bild,

Gen Mittag und Mitternacht lagen.

Von ihnen singt nur noch der Eichen Grün.

Du aber, lieb Ingeln, sollst wachsen und blühn!

uf silbernem Grunde drei grünende Eichbäume mit goldig glitzenden Eicheln. Wie stämmige

Grenadiere stehen sie, den Beschauer grüßend, in einer Reihe. In Ingelns Nähe lagen einst zwei

blühende Dörfer, gen Norden Bokum, auch Bodeken genannt, gen Süden Delm, öfter auch Dallum oder

Dallenem geheißen. Als sie untergingen, zog ein Teil ihrer Bewohner nach Ingeln und brachte der Feldmark

von Ingeln durch ihre Äcker nicht geringen Zuwachs. Die Dörfer verschwanden, doch ihr Andenken lebte

durch die Jahrhunderte fort. Es wurde besonders durch zwei Eichengruppen gepflegt, die sich wirksam

aus der Flur herausheben und einen Schmuck der fruchtbaren Felder bilden. Ein Eichenpaar im Norden

hütet, wackeren Knappen gleich, die Stätte des Dorfes Bokum. Die fünf „Delmer Eichen” im Süden halten

auf uraltem Delmer Grunde Wacht. War es nicht der Mühe wert, im Schilde die treuen Hüter der

Vergangenheit, die Zeugen längst entschwundener Tage, festzuhalten?

Quelle unbekannt

E

168


D

Im Jahre 2022:

1000 Jahre Oesselse – 860 Jahre Ingeln – 48 Jahre Doppeldorf

ie Bezeichnung „Doppeldorf“ hat sich eingebürgert und ist über die Ortsgrenzen hinaus ein geläufiger

Begriff für den südlichsten Ortsteil der Stadt Laatzen geworden.

Die zwei ehemals selbständigen Gemeinden Ingeln und Oesselse sind zu einem Stadtteil

zusammengewachsen und längst haben die Einwohner zu einer gemeinsamen Identität gefunden, auch

wenn man sich in beiden Ortsteilen der geschichtlichen Ursprünge durchaus noch bewusst ist.

Dabei war das keineswegs immer so. Erst mit der niedersächsischen Verwaltungs-Gebietsreform

wechselten beide Ortsteile am 1. März 1974 vom Landkreis Hildesheim-Marienburg zum damaligen

Landkreis Hannover und wurden Teil der Stadt Laatzen.

Seitdem teilen sich die Bewohner viele Einrichtungen und Vereine. Bereits lange vorher, am 11. Juli 1947,

wurde der TSV Ingeln-Oesselse gegründet. Er ist aus den Vorgängervereinen „Frisch Auf Oesselse“ und

„Fußballverein Ingeln“ hervorgegangen. Auch die Mitglieder der „Junggesellschaft Ingeln-Oesselse“

haben sich 1981 aus beiden Ortsteilen zusammengeschlossen. Die Freiwilligen Feuerwehren fusionierten

dann 1987.

Dennoch haben sich beide Ortsteile einige individuelle Traditionen bewahrt. Beispielsweise beharren die

beiden Schützenvereine im Doppeldorf nach wie vor auf Eigenständigkeit. Zwar richten diese jedes Jahr

gemeinsam ihr Schützenfest aus – doch an eine Fusion denken der SV Oesselse und der SV „Horrido“

Ingeln bislang nicht, und so existieren beide Vereine nebeneinander in freundschaftlicher Verbundenheit

und vergleichen sich regelmäßig in sportlichen Schießwettkämpfen.

Ansichts-Postkarte von 2021

169


Mit dem heutigen Doppelnamen Ingeln-Oesselse gab es zuvor bereits ab 1884 einen Kriegerverein. 12

Auszug aus dem Protokollbuch des Kriegervereins Barnten 13

Ein Kriegerverein (auch als Soldaten-, Veteranen-, Reservisten-Vereinigung oder -Kameradschaft usw.)

war eine organisierte Vereinigung. Diese widmete sich der Kriegsgräberfürsorge, der Fürsorge von Kriegs-

Hinterbliebenen und Kriegsopfern, der Errichtung und Pflege von Kriegerdenkmälern und Gedenkstätten

sowie der Reservistenbetreuung und Förderung des Kameradschaftsgedankens.

Auch im Jahre 1937 wird der Doppelname in Form der NSDAP-Ortsgruppe Ingeln-Oesselse erwähnt. Davor

gehörten Ingeln und Oesselse zur NSDAP-Ortsgruppe Gleidingen. Der Zuspruch innerhalb der

Einwohnerschaft war allerdings gering. Laut Propaganda der Ortsgruppe hatte sie 50 Mitglieder – nicht

sonderlich viel bei etwa 700 Einwohnern insgesamt in beiden Ortsteilen, und das lässt sich nicht einmal

durch eine andere Quelle belegen. Hier wurde wohl gemogelt, damit man eine eigene NSDAP-Ortsgruppe

gründen durfte. Das lässt sich durch zeitgenössische Unterlagen nachweisen. 14

12

Bild: Georg Hintz

13

Quelle: www.nordstemmen.de

14

Quelle: https://dewiki.de/Lexikon/Ingeln-Oesselse

170


Vorbemerkungen zu den nachfolgenden Beiträgen:

Friedrich Borchers, von 1911 bis 1945 der erste Lehrer in Ingeln, schrieb in der von ihm

verfassten Dorfchronik der Gemeinde Ingeln:

„Geschichte ist das Werden und Wirken eines Volkes, die Entwicklung seiner Kultur. Wollten

wir diese Entwicklung der Kultur des deutschen Volkes verstehen, sein Werden und Wirken, so

müssen wir nach dem Weg suchen, der zu der heutigen Entwicklungsstufe unseres Volkes

geführt hat. Von diesem Weg gibt uns die Geschichte unseres Volkes Aufschluss.“

Die Geschichte Ingelns ist bereits in mehreren Chroniken detailliert und ausführlich niedergeschrieben

worden, so zuletzt von Eberhardt Ebeling und Erich Heise über die Epoche von 1945

bis 1974.

Sofern die Fakten feststehen und allgemein anerkannt als authentisch gelten, kann

Geschichte ja nicht grundsätzlich neu geschrieben werden. Bestenfalls kann man sie um

zusätzlich gewonnene Informationen ergänzen oder die Auswirkungen früherer Ereignisse auf

die Folgezeit und ggf. bis in die Gegenwart unterschiedlich interpretieren.

Es macht aber aus meiner Sicht wenig Sinn, bereits hinreichend dokumentierte Ereignisse

immer wieder und in sich wiederholender Weise abermals auf- bzw. abzuschreiben.

Aus diesem Grund und – insbesondere – wegen des enormen Umfangs des insgesamt

vorliegenden Informationsmaterials habe ich mich in dieser Zusammenfassung auf eine

gewisse Auswahl beschränkt.

Deshalb handelt es sich bei diesem Beitrag nicht um eine neue Version einer Ortschronik oder

eine Zusammenfassung der bereits erstellten Chroniken, sondern dieser ist bestenfalls ein

Porträt des Ortsteils Ingeln in sehr komprimierter Form und ohne irgendeinen wissenschaftlichen

Anspruch. Fundierte und weitaus umfangreichere Informationen können u.a. in den

verschiedenen Ausgaben der Ortschronik (als Buch erhältlich bzw. im Stadtarchiv oder in der

Stadtbücherei) nachgelesen werden.

Die Ausgaben bis zum Jahre 1945 haben allerdings keinen

identischen Inhalt und enthalten teilweise nur Auszüge.

Jürgen Schmidt

171


Der Ortsteil Ingeln

Herzlich willkommen!

52°16'41.2"N 9°53'55.7"E

N 52° 16.684020 E 9° 54.149400

Dezimalgrad

Grad Minuten

172


Frühgeschichte und Ortsentwicklung

D

as Dorf Ingeln, heute Teil der Ortschaft Ingeln-Oesselse in der Stadt Laatzen, ist 1162 anlässlich einer

Besitzübertragung an das Michaeliskloster als Igginleve erstmals urkundlich nachweisbar; zwischen

1181 und 1190 konnte das Kloster seinen Landbesitz in Iggenem vergrößern. 15

Weitere Ortsnamen waren Yngenem (um 1243 bis 1257), Igkenem (um 1299), Ingnem (um 1360), Ingelem

(um 1374) und Ingelheim (um 1798).

Allgemein wird der ursprüngliche Name als „Heim des Igo (oder Iggo)“ gedeutet.

Als "Ingenem" lag das Dorf damals im Gau Ostfalen und wurde später "Ingelem" genannt. In den

folgenden Jahrhunderten glich die Entwicklung Ingelns der des benachbarten Ortsteiles Oesselse.

Dompröbste und Domdechanten der Bistumsstadt Hildesheim erwarben für das Michaeliskloster in

Hildesheim Land und traten als Grundherren auf.

Ingeln gehörte zum Amt Ruthe des Hochstifts Hildesheim, das in der Hildesheimer Stiftsfehde (1519-1523)

an die Welfen fiel. Vereinigt mit dem Amt Koldingen bildete Ruthe das Amt Lauenburg (mitunter auch

Koldingen genannt) des Fürstentums Calenberg. Seit der Restitution 16 des Großen Stifts 1643 gehörte das

Amt Ruthe mit Ingeln wieder zum Hochstift Hildesheim.

Alte Landkarten zeigen, dass es zu Beginn des 18. Jahrhunderts offenbar keine direkte Verkehrsverbindung

zwischen Ingeln und Oesselse gab. Von Ingeln (Inglem) aus kam man demnach mit Fahrzeugen,

also Pferdegespannen, auf direktem Wege lediglich nach Müllingen und in die Bokumer Feldmark.

Um nach Oesselse zu kommen, musste man also offenbar einen Umweg durch die Feldmark fahren.

Der Grund für die Wege von beiden Ortschaften in Richtung Müllingen mag die damals dort befindliche

Mühle gewesen sein.

Ausschnitt aus einer Karte der Bokumer Feldmark – vermutlich Anfang des 18. Jahrhunderts (?). 17

15

UB HS Hildesheim I, Nr. 332 und ebd. Nr. 409.

16

Wiederherstellung eines Rechts- und Eigentumsverhältnisses.

17

Mit freundlicher Genehmigung von Eberhardt Ebeling.

173


Ingeln

Müllingen

Oesselse

Ausschnitt aus einer Karte der Grenze Coldingen-Ruthe von 1750. 15

Das stellt sich allerdings bereits in einer Karte von 1798 ganz anders dar – ob der Zeichner der Bokumer

Feldmark (vorige Seite) für seinen Verwendungszweck vielleicht keinen Wert auf eine detailliertere

Darstellung der Feldmark im südlichen Bereich legte…? Zumindest ist hier Raum für Spekulationen, denn

ob es trotz der geographischen Nähe tatsächlich keinerlei Wegeverbindung zwischen den beiden

Ortschaften gab, kann man auch bezweifeln.

Ausschnitt aus der topographischen Karte des Bistums Hildesheim von 1798.

In rosa und grün ist die Grenze des Amtes Ruthe eingezeichnet. 18

18

Quelle: Heimatfreunde Ingeln

174


Das Dorf Ingeln stellte in früher Zeit siedlungsgeografisch eine

absolute Besonderheit dar. 19

Sehr verbreitet waren unsere Dörfer ursprünglich als so genannte

Haufendörfer oder Straßendörfer.

Ingeln jedoch war, wie nur sehr wenige andere auch, ein

Sackgassendorf, d.h. von einem Weg zweigten in diesem Falle

Sackgassenwege ab, die in Ingeln ihrerseits am Ende durch

Fußwege verbunden waren. An den Zuwegungen bzw. deren

Ende lagen alle alten Höfe.

A

ufgrund der Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses kam das Stiftsgebiet 1803 an

Preußen. Seit 1807 war Ingeln zunächst Teil des Kantons Groß-Algermissen im Distrikt Hildesheim des

Departements Oker im Königreich Westphalen und kam 1810 zum Kanton Sarstedt des Distrikts Hannover

im Departement Aller. Danach gehörte Ingeln, nun im Königreich Hannover, wieder zum Amt Ruthe, das

1859 in das Amt Hildesheim eingegliedert wurde.

Ingeln in der Zeit des Königreichs Hannover 20

Seit der Annexion des Königreichs Hannover im Jahr 1866 war das Dorf wieder preußisch und kam 1885

zum Landkreis Hildesheim.

19

Quelle: Wilhelm Friedrich Evers, Kulturlandforschung.

20

Mit freundlicher Genehmigung der Familie Aue. (Die Wappen bzw. Symbole sind auf der Originalkarte nicht vorhanden.)

175


Verzeichnis der Ortsnamen

Aufgeführt sind die Jahre, in denen die unten genannten Siedlungen mit dem jeweiligen Ortsnamen zum

ersten Mal in schriftlichen Quellen nachgewiesen werden konnten (siehe Anmerkungen dazu am Ende

dieses Verzeichnisses).

INGELN

1181-1190 Iggenem

1193 Iggenem

um 1205

Iggnem

1257 Yngenem

1283 Igennem

1313 Inghenum

1333 (A. 16. Jh.) Ignem

1333 (A. 16. Jh.) Ignum

1357 Inghenum

um 1380 (A. 15. Jh.) Ignum

1382 Inghelem

um 1390

Ingnem

1458 Ingelem

1593 Inglem

1593 Ingelheim

um 1616

Ingelen

1800 Ingelen

1823 Ingeln

DELM † (DELLUM)

Lage: ca. 1500 m südlich Ingeln, nördlich des Delmberges.

1174 Dellenem

Ende 12. Jh.

Dallenem

12./13. Jh. Dellenem

1232 Dellenem

um 1232

Dillenem

um 1240

Dyllenem

1247 Dillenem

1269 Delnem

1277 (A. 15. Jh.) Dellenem

1292 Dilnem

1293 Delnem

1313 Delnem

1330 (A. 16. Jh.) Dellenem

um 1382

Dellum

1470 Dellem

1555 Dellmen

1593 Delme

1593 „kommt den Delm’schen Erben zu“

1593 „den Lutken Delmberg recht hinuber“

176


BOKUM † (BODEKEN)

Lage: ca. 1600 m westlich Müllingen.

1282 (A. 15. Jh.) Bodeke

1292 (A. 15. Jh.) Bodeke

1309 (A. 16. Jh.) Bodeken

1309 (A. 18. Jh.) Bodekem

1327 Bodeken

um 1360

Bodeken

um 1360

Bodekem

1445 Bodekem

1458 Boddeken

1458 Bodekem

1470 Bodekem

1574 „ein Thomay Bodeken aus Bodeken“

1593 Bockmer Holz

1593 „des Dorfes Bokem“

1672 „Bodecken, so eine wüste Feldmarck des Ambts Coldingen“

1715 „Amt Coldingen. Dörffer so vergangen: 1. Bokum bey Müllingen“

1781 „Boockmer Feldmark“

1781 „Boockmer Holtz“

† = Ortswüstungen, die nicht wieder besiedelt wurden.

Ortsnamen sind für die Geschichte eines Landes von erheblicher Bedeutung. Das ist jedem bewusst. Daher

gibt es nahezu keine Ortsgeschichte, die nicht – und zumeist gleich am Anfang der Darstellung – auf den

Ortsnamen eingeht. Schließlich ist der Name der Siedlung das, was alle Menschen eines Ortes verbindet:

ich komme aus Laatzen, äußert nicht nur ein Einwohner, sondern sagen alle Einwohner. Was „Laatzen“

letztlich aber eigentlich bedeutet, wissen nur wenige Experten. 21

Auf die Bedeutung der ursprünglichen Form des Namens für Ingeln wird in dieser Zusammenstellung an

verschiedenen Stellen eingegangen: Heim des Igo oder Iggo.

Die oben stehende Auflistung ist nach anderen Quellen allerdings nicht ganz vollständig – siehe Kapitel

„Frühgeschichte und Ortsentwicklung“ – und bezüglich der Jahreszahlen auch nicht komplett übereinstimmend.

Quelle:

Die Ortsnamen des Landkreises und der Stadt Hannover von Uwe Ohainski und Jürgen Udolph,

Verlag für Regionalgeschichte Bielefeld 1998

(Seiten 238-239, 93-94, 52-53)

21

Laatzen < Lathusen von germanisch „lat“. Als Grundbedeutung für Laatzen ist etwa „Morast-, Sumpfsiedlung“ anzusetzen.

177


Ein besonderes Stück: Die historische Fahne aus dem Jahre 1863

Ü

ber die Ursprünge der Vivat-Fahne von 1863 und der dazu gehörenden u.U. soldatischen oder

Schützenvereinigung dieser Epoche waren trotz intensiver Nachforschungen leider keinerlei Aufzeichnungen

zu finden oder aufklärende Informationen zu erhalten.

Schützenfeste sollen in Ingeln bereits ab etwa 1840 von den jungen Leuten veranstaltet worden sein. Dazu

wählten sie aus ihrem Kreis „Schäffer“, die für die Ausrichtung verantwortlich waren. 22

1863 existierte noch das Königreich Hannover – auf der Fahne ist das Monogramm des Königs Georg V.

eingestickt. Ob es sich aber bei der Vereinigung unter dem Namen "Vivat Ingeln" um einen

vereinsähnlichen Zusammenschluss oder eher um eine Art militärisch geprägter Vereinigung handelte,

wird sich vielleicht nicht mehr aufklären lassen.

Vivat Ingeln bedeutet ja „Es lebe Ingeln“, aber daraus kann man leider

nicht auf den Charakter dieser Gruppierung schließen. Der Schriftzug

„Vivat Ingeln“ lässt deshalb auch nicht zwangsläufig den Rückschluss

zu, dass es eine Vereinigung unter diesem Namen gab, sondern

vielleicht hat man sich diesen lediglich als Motto (Parole, Kampfruf) auf

die Fahne geschrieben.

Die Fahne wurde in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens, bis

Anfang der 1960er Jahre, vom Schützenverein „Horrido“ Ingeln als

Vereinsfahne und auch für die damalige Tradition des

Fahnenschwenkens verwendet, wodurch sie über die Jahre arg gelitten

hatte.

Seit vielen Jahren hat sie nun aber einen besonderen Ehrenplatz,

geschützt in einer Vitrine im Ingelner Schützenhaus.

Ein beliebtes Schauspiel während des Schützenfestes war das Fahnenschwenken zum Klang der Musikkapelle,

hier: Karl Gast jun.

22

Quelle: Dorfchronik. Allgemein üblichere Bezeichnung bzw. Schreibweise: Schaffer.

178


Die frühere Kapelle

Ehemalige Kapelle, Ansicht von Südwesten,

vor 1901, Quelle: O. Hochecker, Hildesheim (?)

K

Ehemalige Kapelle, Ausschnitt aus einer kolorierten

Postkarte (Datum des Poststempels leider nicht lesbar).

irchlich gehörte Ingeln zum benachbarten Oesselse. Zusammen mit der Muttergemeinde wechselten

die Filialgemeinden Ingeln und Müllingen 1542 zum luth. Glauben, als Elisabeth von Calenberg-

Göttingen die Reformation im Fürstentum Calenberg einführte.

Eine eigene Kapelle besaß Ingeln allerdings bereits in vorreformatorischer Zeit. Sie ging vermutlich bereits

auf das 13. Jahrhundert zurück und ist in den Visitationsprotokollen von 1543 als Capellen zu Ingelen

erwähnt. 23 Im Mauerwerk soll das Jahr 1541 bezeichnet gewesen sein.

Zur Ingelner Kapellengemeinde gehörte auch das Dorf Müllingen. Nachdem Müllingen eine eigene Kirche

erhielt, wurde die nach Norden gelegene „Müllinger Tür“ zugemauert. 24

Bis 1887 wurde in der Ingelner Kapelle jährlich zweimal gepredigt, am Hagelfeiertage 25 (auch Erntebittag)

und Michaelis (29. September).

Wegen Baufälligkeit war die Kapelle ab 1888 geschlossen. Den Kanzelaltar, zusammengesetzt aus einem

barocken Kanzelkorb und zwei spätmittelalterlichen Altarflügeln verkaufte die Kappellengemeinde

1892/93 an die Schlossbauverwaltung Marienburg (ehemalige Deutschordensburg in Westpreußen), die

Kapelle selbst wurde 1901 „törichterweise abgerissen“. 26

Erhalten waren die zwei eichenen Seitenschreine; der Mittelschrein war ausgebrochen, um den Zugang

für die Kanzel auf der Mensa 27 zu schaffen. Jeder Flügel hatte sechs Figuren und sechs weitere waren

unter den Flügeln an ein Rückbrett geheftet. 28

Im II. Weltkrieg wurde der Altar auf der Marienburg leider größtenteils zerstört. Lediglich einige Figuren

und Reststücke blieben erhalten und sind dort ausgestellt.

23

Kayser, Kirchenvisitationen, S. 429.

24

Quelle: Dorfchronik.

25

In vielen ländlichen Gegenden wurde im Frühsommer der Hagelfeiertag begangen. In älteren Zeiten war es eine Erinnerung

an schlimme Unwetter und Überschwemmungen und die Bitte an Gott, das Land von solchen Unwettern zu verschonen.

26

LkAH, L 5h, unverz., Oesselse, Visitation 1951; Jürgens u. a., KD Lkr. Hildesheim, S. 135

27

Der Begriff Mensa (deutsch Tisch) bezeichnet in der christlichen Tradition entweder den vollständigen Altar (mensa Domini,

deutsch Tisch des Herrn) oder nur die Tischplatte eines Altares (Quelle: dewiki.de).

28

Quelle: Dorfchronik.

179


Altar in der ehemaligen Kapelle und Seitenflügel des Altars. 29

Die Marienburg (polnisch Zamek w Malborku) ist eine im 13. Jahrhundert erbaute mittelalterliche Ordensburg des

Deutschen Ordens am Fluss Nogat, einem Mündungsarm der Weichsel. Heutzutage ist sie in der polnischen Stadt

Malbork (in der Karte rechts, deutsch Marienburg) gelegen.

Von 1309 bis 1454 war die Burg Sitz der Hochmeister des Ordens im Deutschordensstaat. Danach gehörte sie mit

kurzen Unterbrechungen von 1457 bis 1772 zu Polnisch-Preußen, einer Provinz des polnischen Königreiches, und

diente als Residenzort polnischer Könige. Zeitweise befand sich die Burg in dieser Zeit auch unter schwedischer

Kontrolle. Nach der Teilung Polens kam die Burg 1772 zum Königreich Preußen und nach dem Zweiten Weltkrieg zu

Polen.

Die weiträumige Burganlage ist der größte Backsteinbau Europas. Das UNESCO-Weltkulturerbe beherbergt mehrere

Ausstellungen und kann das ganze Jahr über an schneefreien Tagen besichtigt werden.

Die Marienkirche mit der darunterliegenden Annen-Kapelle sind Bestandteil des Hochschlosses,

letztere diente als Krypta und war Begräbnisstätte mehrerer Hochmeister. 30

29

Hermann Deckert, Kunstdenkmale der Provinz Hannover, 1938

30

Quelle: Wikipedia

180


In der Schlosskapelle der Marienburg befinden sich heute in den Altarflügeln nicht die ursprünglichen Figuren.

Auch der Mittelschrein mit der Marienfigur und dem Jesus-Kind ist hier nachträglich eingefügt worden.

Diese Holzstatuen aus dem Ingelner Altar stehen heute auf der Marienburg, einzeln auf steinernen Sockeln, mit

Beschriftung der Herkunft: „Aus der Predella des Altars in Ingeln gegen 1500“.

V.l.n.r.: Apostel Matthäus, Evangelist Johann, Apostel Johann, Apostel Simon, Unbestimmter Apostel. 31

Der Kapellenvorstand Ingeln, der noch bis mindestens 1925 bestand, war in den folgenden Jahren lediglich

für Vermögensangelegenheiten der Kappellengemeinde zuständig. Alle anderen Fragen regelte der

Kirchenvorstand der Gemeinde Oesselse, der sich seinerzeit aus je zwei getrennt gewählten Mitgliedern

aus Ingeln und Oesselse zusammensetzte. 32 Im Gemeindeverzeichnis 1946 (Stand 1945) ist die

Kappellengemeinde Ingeln nicht mehr aufgeführt, im Visitationsbericht von 1951 ist ein eigener

Kapellenvorstand nicht mehr erwähnt.

Ein im Nebengebäude der früheren Schule (erbaut 1911) angebrachtes

gotisches Spitzbogenfenster sowie die Glocke über dem Klassenzimmer der

Schule erinnern noch an die verschwundene Ingelner Kapelle. 33

31

Fotos: Eberhardt Ebeling

32

Verzeichnis 1946; LkAH, L 5h, unverz., Oesselse, Visitation 1951.

33

Quelle: Ortschronik.

181


Der einstige „Kirchplatz“ in Ingeln ist manchen älteren Einwohnern vielleicht noch aus der Zeit vor der

niedersächsischen Gebietsreform als „Kapellenbrink“ 34 bekannt und bildete gemeinsam mit den

umliegenden Hofstellen Thiemann, Hinze (später Wehner u. Hintz, jetzt Skop), Wilke (jetzt Warnecke) und

Ebeling (Stiftung) einen zentralen Platz im alten Ingeln.

1920: Das Kapellenhaus (Küsterhaus) von Ingeln 35

Heute: Das frühere Kapellenhaus in der Schulstr. 4.

34

Heute ein Straßenname in Alt-Laatzen.

35 Quelle: Ortschronik.

182


Wo Delm einst verschwand – ein Ort geht in den Kriegswirren unter

Die alten Eichen zeugen von Delm: Ein ruhiger Ort mitten in der Feldmark – mit einer eigenen Atmosphäre,

die zum Verweilen einlädt.

An diesem Ort im Dreieck Sarstedt-Ingeln-Hotteln befand sich das Dorf Delm, welches im Jahre 1173

erstmalig erwähnt wird. Es ist vor vermutlich weit über 500 Jahren niedergebrannt worden. Seine

Einwohner siedelten sich in der Folge in der Umgebung, etwa im nahen Hotteln, Gödringen, Sarstedt und

auch in Ingeln an. Davon berichtet ein „Landbuch des wüsten Dorfes Delm-Länderey“ von 1671.

Der frühere Name der Siedlung Dellenem ist zurückzuführen auf ihre Lage: „Siedlung in der Delle“. 36

Nach dem Untergang der beiden Nachbardörfer Delm und Bokum kam es im 15. Jahrhundert zu einem Aufschwung

in der dörflichen Entwicklung Ingelns. Bereits im Jahre 1450 wurden die Ländereien der beiden Orte von Ingeln aus

bewirtschaftet. Dies lässt den Rückschluss zu, dass sich zumindest ein Teil der Bewohnerinnen und Bewohner aus

Delm und Bokum in Ingeln angesiedelt haben.

36

Quelle: Dorfchronik.

183


Manche Geschichtsforscher glauben, dass Delm während des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648

zerstört wurde. Andere Historiker kommen zu dem Ergebnis, dass das Dorf schon während der Stiftsfehde

37

– also Auseinandersetzungen zwischen dem Hochstift (Fürstbistum) Hildesheim und welfischen

Fürstentümern von 1519 bis 1523 – verwüstet wurde. Jüngere Erkenntnisse lassen aber auch Spekulationen

zu, dass bereits die große Pest in den Jahren 1349 und 1350 den Ort ausgelöscht hat. Fest steht

jedenfalls, dass Delm verschwand.

Bis heute geblieben sind lediglich die Bäume und eine markante Hecke, die den Ort kennzeichnen, wo

einst wohl dessen Häuser standen – die Eichen zeugen von der Geschichte des Dorfes. Auch ein

geschnitztes Holzschild und eine Hinweistafel erinnern an Delm.

Die Eichen von Delm stehen an einer auffälligen Stelle in der Feldmark, die durchaus Ähnlichkeiten mit

anderen Schauplätzen vergleichbarer geschichtlicher Ereignisse in der Region hat. Denn auch andernorts

sieht man heute nur noch Landschaft, wo einst das Dorfleben blühte. All jene erinnern an dramatische

Kapitel in der langen Geschichte des Hildesheimer und des Hannoverschen Landes – und dazu gehört auch

dieser Ort in der Feldmark bei Ingeln.

37

Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Hildesheimer_Stiftsfehde.

184


Die Delmer Eichen sind auch im Winter einen Spaziergang wert. 38

Die Delmsche Realgemeinde

D

ie Nachkommen der ehemaligen Einwohner von Delm nennen sich noch heute "Delmsche Bürger".

Sie bilden die "Delmsche Gemeinde" (14 ehemalige Delmer Familien) und wählen unter sich noch

immer einen eigenen Bürgermeister.

Die Realgemeinde Delm verwaltet noch im 21. Jahrhundert einen in der Gemarkung Hotteln gelegenen

Grundbesitz von 2,8165 ha.

Traditionell kommen der Bürgermeister der Realgemeinde aus Ingeln und der Rechnungsführer aus

Hotteln. Die Mitgliedschaft in der Gemeinde Delm kann nur ererbt oder erheiratet werden. 39

38

Fotos: Gundhild Fiedler-Dreyer

39

Realgemeinden sind Personenzusammenschlüsse, die land- oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke besitzen und bei

denen die Mitglieder zur Nutzung an diesen Grundstücken berechtigt sind.

185


Bokum

A

uch im Norden Ingelns steht ein Denkmal für ein untergegangenes Dorf namens Bokum, das in den

frühen Urkunden Bodeken, später auch Bockum genannt wird. An diesen Ort erinnert die Bokumer

Straße.

Der südliche Teil des „Bockmer Holzes“ heißt das „Erbenholz“ und war bis zur Gebietsreform 1974

Eigentum der Gemeinden Oesselse, Ingeln und Müllingen. In frühgeschichtlicher Zeit breitete sich hier der

große „Nordwald“ aus, der den Gau „Astfalia“ im Norden begrenzte und etwa von Hannover bis

Braunschweig reichte. Astfala war eine sächsische Gaugrafschaft und um das Jahr 1000 ein Teil der

sächsischen Provinz Ostfalen, später war er Teil des Hochstifts Hildesheim.

Am Südrand dieses Nordwaldes lag einst das Dorf Bodeken, von ihm erhielt das Bockmer Holz seinen

Namen. Über den Grund für die Aufgabe des Ortes in der Zeit vor 1450 gibt es unterschiedliche Aussagen

in den geschichtlichen Quellen. Nach einer alten handschriftlichen Aufzeichnung 40 aber war der Grund

für die Umsiedelung, dass die hannoverschen Fürsten ihr Wulferieder Jagdgebiet im Nordwald vergrößern

wollten. Jedenfalls siedelten sich dessen Bewohner in Ingeln und Oesselse und wohl auch in Müllingen an.

Ihre Holzanteile in dem Waldgebiet blieben ihr Eigentum, da sie „Holterben“ waren 41 . Darauf ist der Name

„Erbenholz“ zurückzuführen, auch wenn eine alte Sage über drei Schwestern eine andere Geschichte

erzählt. 42

Im Jahre 1845 gab es noch 15 Mitglieder der früheren Bokumer Gemeinde, die in den Dörfern Müllingen,

Oesselse und Ingeln ansässig waren. Diese unterhielten eine Schäferei mit rund 400 Schafen und waren

mit dieser Herde in der Bokumer Feldmark weideberechtigt. 43

Auf dem Gedenkstein für die frühere Ortschaft Bokum ist der Dreißigjährige Krieg als Ursache und damit

ein abweichender Zeitraum für die Zerstörung angegeben als in der Ingelner Chronik. Nach

geschichtlichen Dokumenten kann man allerdings davon ausgehen, dass die Ländereien bereits ab 1450

von den benachbarten Ortschaften aus bewirtschaftet worden sind und Bokum demnach schon davor

aufgegeben worden ist. Auch über den korrekten genauen Standort der ehemaligen Höfe gibt es

voneinander abweichende Ansichten.

40

„Ein tausendjähriges Bauerngeschlecht, die Bödecker Lehnsfamilie“.

41

Quelle: Ortschronik.

42

Siehe Ortschronik.

43

Quelle: Dorfchronik.

186


Bokum

Ingeln

Die Sage von den drei Schwestern (Zeitungsartikel vom 5. August 1981)

187


Das Ingelner Wappen

I

m Ingelner Wappen erinnern noch heute drei "Delmer Eichen" an die im ausgehenden Mittelalter

untergegangenen Ortschaften. Der Entwurf stammt von Karl Gast. Die Darstellung des Wappens von

Ingeln soll nach einem Entwurf von Karl Gast entstanden sein. Das Wappen hat dem Preußischen

Geheimen Staatsarchiv vorgelegen und ist in den Jahren 1930/31 genehmigt worden.

Blasonierung 44 : „Auf Silber drei grüne Eichen. In den Eichen verstreut Eicheln in Gold.“

Wappenbegründung: In Ingelns Nähe lagen einst zwei blühende Dörfer, gen Norden Bokum, auch

Bodeken genannt, gen Süden Delm, öfter auch Dallum oder Dallenem geheißen. Als sie untergingen,

zog ein Teil ihrer Bewohner nach Ingeln und brachte der Feldmark von Ingeln durch ihre Äcker nicht

geringen Zuwachs. Die Dörfer verschwanden, doch ihr Andenken lebte durch die Jahrhunderte fort. Es

wurde besonders durch zwei Eichengruppen gepflegt, die sich wirksam aus der Flur herausheben und

einen Schmuck der fruchtbaren Felder bilden. Ein Eichenpaar im Norden hütet, wackeren Knappen

gleich, die Stätte des Dorfes Bokum. Die fünf „Delmer Eichen“ im Süden halten auf uraltem Delmer

Grunde Wacht. Das war die Mühe wert, im Schilde die treuen Hüter der Vergangenheit, die Zeugen

längst entschwundener Tage, festzuhalten.

Das Wappen von Ingeln ist auch das Wappen des Schützenvereins "Horrido" Ingeln von 1920 e.V.

Es stehen Eichen in einsamer Flur

und flüstern von uralten Tagen,

von Bokum und Delm, die, der Fruchtbarkeit Bild,

gen Mittag und Mitternacht lagen.

Von ihnen singt nur noch der Eichen grün,

du aber, lieb Ingeln, sollst wachsen und blüh´n!

(Quelle: Ortschronik)

44

Fachgerechte Beschreibung eines Wappens.

Foto: Thomas Pust.

188


Die Ebelingsche Stiftung

B

esondere Erwähnung verdient, dass der gebürtige Ingelner August Ebeling sein ganzes Vermögen dem

Dorf testamentarisch vermachte.

Am 18. Juli 1898 starb der einzige Nachkomme mit 19 Jahren an den Folgen eines schweren Reitunfalls.

Das Pferd scheute, als August Ebeling junior in der Oesselser Feldmark ausritt. Der junge Mann blieb mit

dem Fuß im Steigbügel hängen und das Pferd schleifte ihn mit. Er starb einige Tage danach an seinen

schweren Kopfverletzungen.

Bauer Ebeling verpachtete den Hof bald darauf und zog mit seiner Frau nach Hannover. Dort änderte er

1905 sein Testament: der Hof und sein Barvermögen sollten in einer Stiftung aufgehen. Sobald das

Vermögen auf 20.000 Mark (Kaufkraft-äquivalenter Wert heute: etwa 120.000 €) 45 angewachsen sei,

sollte auf dem Grundstück seines Bauernhofes ein Krankenhaus errichtet werden. Dort sollten Arme und

Bedürftige unentgeltlich behandelt werden – insbesondere, wenn sie aus Ingeln kamen.

Drei Jahre darauf verstarb Ebeling. Der König von Preußen erklärte sich mit dem ungewöhnlichen

Vermächtnis einverstanden und die Stiftung wurde aus der Taufe gehoben.

Die Grabstätte befindet sich auf dem Stadtfriedhof Engesohde (Hannover).

Das Familiengrab wird auch aus den Erlösen der Stiftung in Ordnung gehalten.

Zum Stiftungsland gehören auch verpachtete Ackerflächen sowie Baugrundstücke. Weil Ebeling in seinem

Testament festgelegt hatte, dass kein Quadratmeter seines Landes verkauft werden darf, konnten 21

bauwillige Ingelner ihr Bauland der Stiftung nicht abkaufen, sondern lediglich so genannte

Erbbaurechtsverträge abschließen, d.h. auf 99 Jahre von der Stiftung pachten.

Ebelings Absicht, ein Krankenhaus zu errichten, konnte jedoch nicht verwirklicht werden. Die Inflation von

1923 machte den Finanzplanungen des Kuratoriums, das die Stiftung bis heute verwaltet, einen Strich

durch die Rechnung. Stattdessen erhielten schon in den 1920er Jahren die örtlichen

Krankenpflegestationen Zuschüsse aus dem Stiftungsvermögen. In den 1930er Jahren entstand auf dem

Hof eine Schwesternstation sowie ein Badehaus für Bedürftige. Mit Ausnahme des Zweiten Weltkrieges

finanziert die Ebelingsche Stiftung die Stelle für die Gemeindeschwester und unterstützt u.a. das

Laatzener Agnes-Karll-Klinikum regelmäßig mit größeren Beträgen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in den Ebelingschen Höfen Flüchtlinge aufgenommen und es wurde

ein Schulraum ausgebaut.

Im Jahr 2016 betrug das Stiftungsvermögen mehr als 4 Millionen Euro. Der Erlös aus den Pachtzahlungen

der Ebelingschen Ländereien liegt bei rund 100.000 Euro pro Jahr. Das dreiköpfige Kuratorium der Stiftung

besteht aus dem Regionspräsidenten, Laatzens Bürgermeister sowie einem Ingelner, der vom

Gemeinderat für jeweils fünf Jahre gewählt wird. 46

Segensreich war die gegründete Stiftung für die Ingelner allemal, denn die Mittel werden bis heute für

soziale Zwecke, die Gesundheitsfürsorge und allgemeine Wohlfahrtszwecke verwendet.

Die Stiftungsstraße und der August-Ebeling-Weg erinnern noch heute in Ingeln an das wohltätige

Vermächtnis August Ebelings.

45

Quelle: https://www.bundestag.de › wd-4-096-16-pdf-data

46

Quelle (Auszug): https://de.wikipedia.org/wiki/Ingeln-Oesselse

189


Die ehemalige Ingelner Schule

I

Heute: Kindergarten der Kirchengemeinde auf dem Ebelingschen Hof.

n den Jahren 1888/89 war die Zahl der Ingelner Schülerinnen und Schüler, die in Oesselse unterrichtet

wurden, so stark angestiegen, dass man den Bau einer eigenen Schule anstrebte.

Um den Bau einer neuen Schule bedurfte es 1889 langwieriger Verhandlungen mit Oesselse, wohin die

Kinder aus Ingeln zur Schule gingen. Da sich ihre Zahl bedeutend erhöhte, verlangte die Gemeinde Ingeln

statt der Anstellung eines zweiten Lehrers in Oesselse die Einrichtung einer eigenen Schule. Ihr zähes

Festhalten an dieser Forderung führte schließlich doch zum Ziele. Ein vorläufiges Schulzimmer wurde

daraufhin 1911 auf der Ebelingschen Stiftung eingerichtet.

Am 30. Oktober 1911 konnte das neue Schulhaus bezogen werden. Bereits zum 1. Juni 1911 war die

Anstellung des Lehrers Friedrich Borchers erfolgt, der 44 Kinder in einer einklassigen Schule unterrichtete.

Der Schulbetrieb wurde bis 1973 aufrechterhalten, seitdem wird das Gebäude als Veranstaltungsraum des Vereins

Heimatfreunde und der Chorgemeinschaft genutzt. 47

47

Quelle: Ortschronik

190


Lehrer Friedrich Borchers mit seinen Schulkindern (1930).

Die alte Schule ist auch Standort des Denkmals mit den Namen der Gefallenen beider Weltkriege:

191


Der alte Ortskern von Ingeln

Heute Wohnhäuser:

Die frühere Gaststätte

Behrens (vormals

Kappenberg).

1956: Sängerfest im Bereich

des Pflugplatzes, nahe der

Engstelle in der Hauptstraße.

Im Hintergrund: die ehemaligen

Höfe Steinwedel und

Osterwald.

192


Seit der Besiedelung nördlich der Hauptstraße (früher Dorfstraße) und

Auf der Maine gehört dieser Bereich zum alten Ortskern von Ingeln.

Symbolträchtig:

Gewissermaßen als Pendant zu den Delmer Eichen – und analog zum Wappen-Motiv – stehen seit den

1980er Jahren an der Ecke Hauptstraße/Am Holztor ebenfalls 3 markante Eichen, die allerdings im

Vorbeifahren so als Gruppe kaum wahrgenommen werden können.

193


Eindrücke aus den vorigen Jahrhunderten

Wohl eine der ältesten erhaltenen Aufnahmen aus Ingeln:

Hochzeitsgesellschaft am 1. Dezember 1898 auf dem früheren Hof Steinwedel (Pfingstangerweg).

Auguste Christine Olga Steinwehe hat August Harstick aus Bolzum geheiratet. 48

Auf der Maine 6 (1920er Jahre?) 49

48

Quelle: Hans-Jürgen Thiemann | Foto: Georg Hintz.

49

Heute: Gnisa, davor Ey, davor Wolter.

194


Hauptstraße 9 und 11 (1930er Jahre)

Früher und heute

Viele ehemalige Höfe und alte Fachwerkhäuser wurden

aufwändig und liebevoll restauriert, so wie hier in der

heutigen Hauptstraße.

Aufnahme von ca. 1972: Hof Heinrich Grone 50 …und heute. 51

50

Quelle: Bildarchiv der Region Hannover

51

Heute: Sloikowski

195


Auf der Maine 4: im Jahre 1920 und frisch saniert 2021.

Manche anderen historischen Höfe und Gebäude wurden so saniert, dass sie heute nicht mehr

wiederzuerkennen wären oder sind abgerissen worden. An verschiedenen ursprünglichen Standorten

wurden neue Gebäude errichtet.

196


Ein Blick in die frühere Dorfstraße 52 (vermutlich Mitte des vorigen Jahrhunderts) und heute:

Rechts im Bild: der frühere Hof Kappenberg (später August Thiemann),

1965 verkauft und in den Folgejahren zu einem Mehrfamilienhaus umgebaut.

Auch bei Nacht ein reizvoller Anblick: Hauptstraße 14.

52

Jetzt Hauptstraße.

197


Ein „Flugplatz“, den es gar nicht gibt

W

enn man vom „Pflugplatz“ mitten in Ingeln spricht, schaut man bei ortsunkundigen Menschen

schnell in staunende oder ungläubige Gesichter. Manchem Schelm bereitet es aber auch

Vergnügen, das Wort nicht allzu deutlich auszusprechen und dadurch eine Nachfrage geradezu zu

provozieren.

Zwischen Auf der Maine und der Hauptstraße befindet sich der Ingelner Pflugplatz

Auf einer Info-Tafel des Vereins Heimatfreunde Ingeln erfährt man mehr über diesen Platz. Der Pflug soll

an die früher den Ort prägende Landwirtschaft erinnern.

Bis zu seinem Abriss im Jahre 1974 stand hier das Feuerwehrgerätehaus – das damals so genannte

Spritzenhaus – der 1902 gegründeten Freiwilligen Feuerwehr Ingeln. Aus einem Protokoll vom 21.9.1872

geht allerdings hervor, dass es bereits vorher eine Feuerwehr in Ingeln gegeben haben muss.

Noch immer befindet sich hier zwischen den beiden Bushaltestellen der Feuerlöschbrunnen

(Notbrunnen).

Der Pflugplatz 1957: Notbrunnen (unten) und Spritzenhaus mit Schlauchturm (rechts).

198


1909 – Freiwillige Feuerwehr Ingeln

Das frühere Spritzenhaus der Ingelner Feuerwehr mit Schlauchturm

In der historischen Karte von 1855 ist zu erkennen, dass es damals einen offenen Wasserlauf entlang der

heutigen Hauptstraße und vor der ehemaligen Gaststätte Behrens weiter in Richtung Auf der Maine

verlaufend gab, der in einen Teich mündete, wo sich heute der Feuerlöschbrunnen befindet.

Der Graben wurde 1956 – ebenso wie der offene Graben, der durch die Grundstücke entlang der

Stiftungsstraße führte – durch Rohre geleitet.

199


Die an der Einmündung von Auf der Maine in die Hauptstraße stehende Eiche soll 1896 oder 1897

gepflanzt worden sein. Es steht nicht mit Sicherheit fest, ob dies zum 25. Jahrestag der Gründung des

Deutschen Kaiserreichs (1871) oder zur Erinnerung an den 100. Geburtstag von Kaiser Wilhelm I. (1797)

geschah. 53

Auf dem Pflugplatz erinnert auch ein Gedenkstein an die langjährige Patenschaft mit der 1. Kompanie des

Instandsetzungsbataillon 410 (bzw. InstBtl. 1) aus Ahrbergen, die im Jahre 1994 im Rahmen der Umstrukturierung

der Bundeswehr aufgelöst wurde.

Im jährlichen Wechsel mit dem Dorfbrunnenplatz in Oesselse findet am Pflugplatz das Dorffest statt.

53

Quelle: Heimatfreunde Ingeln

200


Ingeln früher und heute

Ingeln im Jahre 1750 im Vergleich zu heute.

201


Gut 100 Jahre später – Ingeln im Jahre 1855.

Der Ortskern hat sich insbesondere nach Süden hin vergrößert.

202


Entwicklung der Einwohnerzahlen und des Dorfes

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ist die Einwohnerentwicklung Ingelns gut dokumentiert.

D

ie Angaben über die Einwohnerzahlen unterscheiden sich in den verschiedenen Ausgaben der

Ortschroniken und anderen Dokumenten zwar teilweise geringfügig voneinander, dennoch lassen sie

die Entwicklung in den jeweiligen Epochen gut erkennen.

Auffällig ist der starke Anstieg ab 1945. Nach dem Ende des II. Weltkrieges wurden die Bewohner des

Gebiets jenseits der Oder-Neiße-Linie, wie viele andere auch, dort ausgewiesen. Die Gemeinde musste

Flüchtlinge aufnehmen und so verdoppelte sich die Zahl der Einwohner schlagartig.

Mit den 1960er Jahren setzte ein stetiger Zuzug ein, der die Sozialstruktur der lange landwirtschaftlich

geprägten Nachbardörfer Ingeln und Oesselse veränderte, denn die „Neubürger sind durchweg kleine

Arbeitnehmer“. 54 Auch wenn diese Aussage heute vielleicht so nicht mehr zutreffend ist, so ist das

Doppeldorf doch durch seine günstige Verkehrslage und die Nähe zu den Städten Hannover und

Hildesheim sowie die unmittelbare Nachbarschaft zum innerstädtischen Laatzener Bereich und zu

Sarstedt ein attraktiver Wohnort auch für viele Berufspendler. Auch unsere „Fernfahrer“ erreichen die

schnellen Verkehrswege wie die Autobahn A7 über die Auf-/Abfahrt Laatzen in kurzer Zeit und kommen

von dort aus über das Autobahnkreuz Hannover Ost in alle vier Himmelsrichtungen weiter.

1954 bekam Ingeln eine elektrische Dorfbeleuchtung und Leitungswasser aus der Sösetalsperre gab es ab

1955.

1951 entstand das Baugebiet an der Stiftungsstraße und bereits 1954 folgte die Bebauung im Bereich des

Schillgartens, woran sich dann ab 1962 der Bebauungsplan Unterer Holzweg und 1966 der Kleikamp

anschlossen.

1974 wurde Ingeln nach Laatzen eingemeindet und bildet seitdem zusammen mit Oesselse den Stadtteil

Ingeln-Oesselse. 1966 hatten Ingeln und Oesselse etwa 1.250 Einwohner, heute sind es knapp 4.000.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich Ingeln – wie auch Oesselse – von einem kleinen Bauerndorf zum

begehrten Wohnort entwickelt.

Der nach wie vor ländliche Charakter dieser Laatzener Ortschaft hat sich aber bis heute erhalten und

gewinnt in unserer Zeit gerade bei jüngeren Bürgerinnen und Bürgern wieder zunehmend an Bedeutung.

54

LkAH, L 5h, unverz., Visitation 1972

203


Ein bisschen Dorfromantik – Ein Spaziergang am Abend (Aus der HAZ vom 17. Juli 1996)

Ingeln 1979:

Die Bebauung in den Gebieten nördlich der Hauptstraße (Bildmitte) stellt sich schon nahezu so dar wie heute.

Oben links: es besteht noch eine deutliche Lücke zwischen den beiden Ortsteilen.

204


Nordöstlicher Ortsrand: Am Holztor.

Nördlich der Gleidinger Straße und Hösselgraben (rechts).

Südlich der Stiftungsstraße (links) entstand das Wohngebiet Dorfswiese.

205


Ingeln 2011:

Im Vergleich zu 1979 erkennt man hier gut die Ausweitung der Bebauung südlich der Stiftungsstraße (unten links),

und in der hier noch sichtbaren Lücke gegenüber vom Sportplatz (obere Bildhälfte links) haben sich bereits der

Lebensmittelmarkt und die ersten Wohnhäuser angesiedelt. 55

Zwar zeugen noch heute etliche alte Höfe und Wohnhäuser von der früheren Bedeutung der

Landwirtschaft im Ort. Doch mittlerweile dominieren modernere Gebäude das Ortsbild und die letzte

verbliebene deutliche Lücke zwischen den beiden Ortsteilen auf Höhe des Sportplatzes wurde durch das

Neubaugebiet Hösselgraben/Laagberg geschlossen. 56

Lückenschluss: Neubaugebiet an der Gleidinger Straße (Hösselgraben/Laagberg).

Oben im Hintergrund: das Sportgelände und das Schützenhaus.

55

Bild: mit freundlicher Genehmigung der Familie Häpke.

56

Quelle (Auszug): https://meinlaatzen.de/ingeln-oesselse/

206


Wo die Sonne aufgeht

Kartenausschnitt von 1842: Ingelns Osten

A

m unteren (= östlichen) Rand der Karte von 1842 sind zwei Wasserflächen zu sehen: das Kleine Meer

und das Große Meer, im Volksmund auch das Ingelner Meer genannt. Hierbei soll es sich um

natürliche Senken gehandelt haben, die sich durch Regen, Oberflächen- und evtl. Schichtenwasser füllten,

also keinen eigenen Zufluss hatten. Bedingt durch die starken Tonschichten und auch Kalkstein in dieser

Region wird ein Versickern des angesammelten Wassers kaum möglich gewesen sein. Diese Senken

wurden im Zuge des Ausbaus der Autobahn A 7 ab 1961 verfüllt und existieren seitdem nicht mehr.

Hotteln

Ingeln

Müllingen

Nördlich daneben, ebenfalls an der Grenze zur Bledelner Feldmark, befindet sich der Hassel, ein flacher

Hügel mit einem Wäldchen auf der Kuppe, die sich bis zu 103 m erhebt – benannt nach einem Platz, auf

dem wahrscheinlich schon seit altsächsischer Zeit jahrhundertelang das „Go“ bzw. „Goding“ abgehalten

wurde, eine Art Gerichtsverhandlung, bei der Streitigkeiten geschlichtet wurden. Dieser Gerichtsplatz

befand sich allerdings alten Aufzeichnungen zufolge tatsächlich eher bei Lühnde. 57

Geheimtip? Direkt in dem Wäldchen auf dem Hassel

finden Geländesport-Freunde einen kleinen Parcours.

Zeitzeugen berichten, dass der Hassel mit seinem Wäldchen schon immer ein beliebter „Abenteuer-

Spielplatz“ der Kinder und Jugendlichen war und im Winter auch als Rodelberg genutzt wurde.

57

Der Name „Hassel“ (Haßel) geht auf den Brauch zurück, den Gerichtsplatz mit Haselstäben abzustecken. Quelle: Dorfchronik.

Titelfoto: Martin Brütting.

207


Am südöstlichen Ortsrand von Ingeln, nahe der Straße nach Hotteln, befindet sich mit 106 Metern auch

der Meerberg als eine der höchsten Erhebungen der Landschaft in der unmittelbaren Umgebung.

Der Meerberg, Standort der Windkraft-Anlagen bei Ingeln.

Ab 1995 wurden hier in dem Gebiet zwischen der Autobahn A 7 und der Landstraße L 410 insgesamt 8

weithin sichtbare Windkraft-Anlagen erstellt. Für die Energieerzeugung zunehmend unverzichtbar, sorgen

sie aber bei den Ingelner Einwohnern im südöstlichen Teil des Dorfes auch nicht nur für Freude, denn in

den frühen Morgenstunden sollen die rotierenden Flügel der Anlagen im Gegenlicht der aufgehenden

Sonne durchaus unangenehme Schlagschatten verursachen.

Vier der Windräder stehen in unmittelbarer Nähe

der Autobahn A 7.

Etwas weiter, in nord-östlicher Richtung befinden sich in der Nähe von Müllingen weitere

Windkraftanlagen, die im Jahre 2000 gebaut wurden. Auch diese sind von Ingeln aus gut zu sehen, zumal

eine davon eine optische Besonderheit aufweist, denn von insgesamt 5 Windrädern ist eines mit bunten

Punkten versehen.

Diese „Smarties“ am Turm gehörten zu dem Projekt „Kunst & Windenergie“, welches zur Weltausstellung

EXPO 2000 in Hannover von der Windwärts Energie GmbH umgesetzt wurde 58 und haben der Anlage den

Spitznamen „Smarties-Mühle“ (oder auch „Smarties-Windrad“) verschafft.

58

Quelle: Region Hannover.

208


Die bunten Scheiben leuchten mittels eigener erzeugter Energie und sind bei Dunkelheit ein „Hingucker“.

59

Auch hinter dem etwas weiter östlich gelegenen

Wäldchen, auf dem so genannten Hassel in der

Nähe von Bledeln, befindet sich – schon knapp

hinter der Grenze zum Landkreis Hildesheim – eine

Anlage der Energiewirtschaft, die man aber erst

auf den zweiten Blick wahrnimmt, das 380 kV/110

kV-Umspannwerk Algermissen.

Dieses gehört zu dem – allerdings unübersehbaren

– Netz von Hochspannungsleitungen in der Nähe.

59

Bilder (von links): Uwe van der Horst auf MyHeimat.de | http://www.ipernity.com |

https://www.fotocommunity.de/photo/smartie-windrad-scratchyfoto/36391293

209


Die Landwirtschaft – Von der Selbstversorgung zur Agrarindustrie

I

m Gegensatz zu heute gab es früher viel mehr Landwirte. Die meisten von ihnen hatten nur drei oder

vier Hektar Land und vielleicht zwei bis drei Kühe.

Landwirtschaft nutzten damals fast alle ausschließlich zur Selbstversorgung, kaum jemand machte

Landwirtschaft im Nebenerwerb, sondern die ganze Familie arbeitete auf dem Hof.

Das Prinzip der Selbstversorgung der ländlichen Bevölkerung spiegelt sich auf der Karte von 1855

besonders deutlich in dem Bereich zwischen Auf der Maine und Am Kleikamp wider. Hier gab es keine

Bauernhöfe, aber zu nahezu jedem Wohngrundstück gehörte ein schmales und langes Stück Fläche für

den Eigenanbau von Obst und Gemüse. Diese schmalen Ackerflächen gab es auch außerhalb der

Ortschaft, wie insbesondere am Pfingstanger und am Müllinger Wege. Viele hatten zudem Kleinvieh, wie

Hühner, Enten, Gänse, Kaninchen, Schafe und Ziegen, welches für die eigene Ernährung oder für

Tauschzwecke gehalten wurde.

Größere Höfe konnten sich Knechte und Mägde leisten, die bei der Arbeit auf dem Hof und dem Feld

halfen. Mitte des 19. Jahrhunderts war etwa 60 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig –

heute undenkbar.

Frauen und Männer beim Rübenhacken. 60

Kinder auf der Fahrt zum Unkrautziehen. 59

60

Quelle: Ortschronik.

210


D

ie meisten Tätigkeiten in der Landwirtschaft mussten in früheren Zeiten von Hand und mit Pferden

gemacht werden – der wichtigste Grund, warum so viele Menschen in diesem Wirtschaftszweig

beschäftigt waren. Das Getreide wurde mit der Sichel geerntet und jeder Getreidesack musste einzeln auf

den Getreideboden getragen werden.

Heute übernehmen immer größere, effizientere und mit modernster Technik ausgestattete Maschinen

das Aussäen, das Versprühen von Pestiziden oder Dünger und schließlich auch die Ernte.

N

Getreideernte: In früheren Zeiten war die Landwirtschaft auf viele Arbeitskräfte angewiesen.

Mit dem Dreschflegel wurden die Körner aus den Ähren herausgeschlagen.

Anschließend musste die Spreu noch vom Weizen getrennt werden - durch das Worfeln. 61

och zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiteten 38 % der Erwerbstätigen Deutschlands in der Landwirtschaft.

Damit war die Landwirtschaft der größte Arbeitgeber, dicht gefolgt von der Industrie.

Heute sind nur noch zwischen 2 und 3 Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt.

Gleichzeitig hat sich die Zahl der Menschen, die von einem Landwirt mit Lebensmitteln versorgt wird,

vervielfacht.

Um 1900 erzeugte ein Bauer genügend Lebensmittel für nur vier Menschen, 1950 konnte ein Bauer bereits

10 und weitere zehn Jahre später 17 Menschen mit seiner Arbeit satt machen.

In den darauffolgenden Jahren nahm die Produktivität in der Landwirtschaft rasant zu. Heute reichen die

Agrarerzeugnisse nur eines Landwirts rein rechnerisch im Durchschnitt für 140 Mitbürger. Diese enorme

Leistungssteigerung war nur durch einen gewaltigen technologischen Fortschritt möglich – mit

bedeutsamen Folgen für unsere Gesellschaft, Landschaft und Umwelt.

Mit dem Joystick und GPS über den Acker – moderne Maschinen, Fahrer-Cockpit mit Displays:

Künftig sollen Satellitendaten ein effizienteres Bearbeiten von Ackerflächen erlauben. 62

Gegen Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte die Bezeichnung „Selbstversorger“ in Deutschland

eine spezifische Bedeutung in der Lebensmittelbewirtschaftung: Selbstversorger waren in der Regel die

Landwirte, die keinen Anspruch auf Lebensmittelkarten hatten.

Daneben gab es Teil-Selbstversorger, zum Beispiel Personen, die durch eine Landwirtschaft im

Nebenerwerb Zuteilungen nur für solche Waren bekamen, die sie nicht selbst erzeugen konnten.

Um die Teil-Selbstversorgung zu fördern, wurden viele Wohnsiedlungen in den 1940er und 1950er Jahren

mit großen Nutzgärten angelegt, die heute zum Teil als Baulandreserve für die Nachverdichtung genutzt

werden, teilweise aber auch als Kleingärten erhalten geblieben sind. 63

61

Quelle: https://www.planet-schule.de/wissenspool/was-wo-wie-waechst/inhalt/hintergrund/landwirtschaft-frueher-undheute.html.

62

Quellen: https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/landtechnik/bilder-all-landwirtschaft-erde-verbessern/ und

https://www.topagrar.com/technik/news/trends-bei-der-technik-fuer-die-zuckerruebenernte-9233211.html und

https://pxhere.com/de/photo/572424

63

Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Selbstversorgung

211


W

ie die meisten Ortschaften in den ländlichen Regionen war auch Ingeln lange in allen Bereichen

durch die Landwirtschaft geprägt – schließlich war diese ja die Lebensgrundlage schlechthin für alle

Bürger.

Im Jahre 1845 gab es in Ingeln 27 bewirtschaftete Höfe, 1894 waren es 22 und 1948 nur noch 16 landwirtschaftliche

Betriebe, von denen dann bis in die 1970er Jahre einige zu Nebenerwerbs-Betrieben wurden.

64

Jeder zweite Bauer in Deutschland arbeitet im Nebenerwerb – häufig die einzige Möglichkeit, den

Familienbetrieb weiterzuführen. In Niedersachsen liegt dieser Anteil allerdings bei weniger als 40 Prozent.

Die wenigsten Landwirte starten im Nebenerwerb. Vielmehr sind es oft Höfe, die im Vollerwerb nicht

mehr wirtschaftlich genug waren oder wo die Betriebsinhaber lieber einen anderen Hauptjob machen. 65

Nach der Flurbereinigung gab es im Jahre 1974 noch 10 bewirtschaftete Höfe.

In der umliegenden Region liegt der Schwerpunkt in der Landwirtschaft heute vorwiegend auf dem Anbau

von Getreide, Zuckerrüben und Mais. Viehwirtschaft wird in Ingeln nicht mehr betrieben.

Schild an einer Scheune in der Hauptstraße.

64

Quelle: Heimatverein

65

Quelle: https://www.agrarheute.com/land-leben/agrarheute-artikel-nebenerwerb-erregt-gemueter-572375

212


Aktuell gibt es im Ortsteil Ingeln noch

5 bewirtschaftete landwirtschaftliche Betriebe: 66

Jutta Warnecke (geb. Aschemann), Hauptstraße 28

Landwirtschaft im Vollerwerb.

Auch Gästezimmer werden angeboten.

Dank der Nähe zum hannoverschen Messegelände werden auch von vielen Haushalten Messegäste

beherbergt.

66

Fotos: Jürgen Schmidt

213


Ilka Skop (geb. Hintz), Molkereistraße 1

Die Vorfahren dieses Betriebes stammen aus der früheren Ortschaft Bokum. 67

Die Ländereien dieses Hofes werden aktuell von einem externen Landwirt bewirtschaftet.

Auf dem Grundstück in der Molkereistraße 1 steht das älteste erhaltene Wohnhaus in Ingeln,

erbaut ca. 1650. Der Bereich links vom Eingang wurde später, anfangs als Stall, angebaut.

67

Quelle: Infotafel der Heimatfreunde Ingeln.

214


Volker Ebeling, Stiftungsstraße 1

Die Familie Ebeling ist eine von 6 Familien mit Vorfahren aus der früheren Ortschaft Delm.

Landwirtschaft mit Nebenerwerb.

Das Fachwerkhaus von 1656 der Familie Ebeling ist das zweitälteste Haus in Ingeln. 68

68

Quelle: Heimatfreunde.

215


Christian Thiemann, Hauptstraße 18

Landwirtschaft mit Nebenerwerb.

1927: Familie Thiemann, Pause bei der Roggenernte an der Hottelner Straße.

216


Ulrich Aue, Pfingstangerweg 2

Landwirtschaft im Vollerwerb.

Direktvermarktung, frisch vom Hof: Eier aus Freilandhaltung, Gemüse, Obst und mehr.

Die Lage der Höfe in Ingeln

217


Die Ingelner Jägerschaft

D

as zu betreuende Revier ist ca.

570 ha groß und grenzt im

Süden an die Gemarkung Hotteln,

sowie im Norden an Wülferode. 69

Im Gegensatz zur Lizenzjagd, wie

sie in vielen Ländern üblich ist, gibt

es in Deutschland das

Revierjagdsystem.

Das bedeutet, alle Grundeigentümer

einer Gemarkung

(Felder, Wiesen, Wald, Teiche)

sind jagdberechtigt, gründen Kraft

Gesetz eine Jagdgenossenschaft

und verpachten das

Jagdausübungsrecht an berechtigte

Jäger.

Pächter sind in Ingeln Hans-Jürgen

Thiemann und Volker Ebeling. Sie

haben Unterstützung durch vier

weitere ortsansässige Jäger.

Organisiert im Hegering

Kronsberg, sind die Jäger Mitglied

in der Jägerschaft Hannover- Land

e.V., einem anerkannten

70, 71

Naturschutzverein.

Im Rahmen gesetzlicher Vorgaben erfolgt die Wildbewirtschaftung. Die Gründe liegen in der

Schadensabwehr (Krankheiten, Feldfrüchte, Autoverkehr) sowie im Naturschutz zum Erhalt und zur

Förderung der Biodiversität.

Die Vielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt ist den Jägern in unserer von vielen Seiten intensiv genutzten

Kulturlandschaft ein besonderes Anliegen und inzwischen gesellschaftlicher Konsens.

69

Karte: Niedersächsisches Landesverwaltungsamt

70

Informationen: https://jaegerschaft-hannover-land.de/naturschutz/

71

Logo: https://www.ljn.de/

218


B

ei uns gibt es, anders als in großen Naturlandschaften, Gewinner- und Verliererarten. Ein Eingreifen

durch die Bejagung von Prädatoren 72 und invasiven (gebietsfremden) Arten als Instrument des

aktiven Artenschutzes ist dadurch unerlässlich, insbesondere bei Arten wie z.B. Waschbär, Marderhund,

Nutria und Fuchs, oder auch Wildschwein und Reh zur Vermeidung von Wildschäden und damit zum

Schutz der Pflanzenvielfalt in Wald und Flur. Auch die zunehmende Population des Wolfes wird wohl in

Zukunft eine verstärkte Aufmerksamkeit erfahren.

Die Jäger nehmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Einfluss auf die Reviergestaltung, z. B. durch

Anpflanzungen oder die Anlage von Blühflächen. Sie errichten und pflegen Rückzugsmöglichkeiten, zählen

den Wildbestand und treffen Maßnahmen zur Sicherung des Straßenverkehrs. Daneben stehen auch die

Grundeigentümer der Jagdgenossenschaft selbst in der Pflicht, für eine intakte Umwelt zu sorgen.

Seit 2008 führen die Jäger aus dem Doppeldorf regelmäßig vor den Sommerferien Grundschüler auf einem

Naturerlebnistag durch die Felder und zu den so genannten Müllinger Teichen, die zu dem Revier gehören.

Die örtlichen Jäger gestalten Naturerlebnistage für Grundschüler

Wildschongebiete dienen zum Schutz und als Rückzugsmöglichkeit für das Wild oder sonstiger

wildlebender Tiere vor Beunruhigung.

In Wildschongebieten gilt nach § 33 des

Niedersächsischen Gesetzes über den

Wald und die Landschaftsordnung

(NWaldLG), dass Hunde in der freien

Landschaft, auch außerhalb der Zeit vom

1. April bis zum 15. Juli jeden Jahres

(allgemeine Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit),

an der Leine zu führen sind.

Wildschongebiete dienen darüber hinaus

dem Schutz aller Erholung suchenden vor

Belästigungen durch frei laufende Hunde

auf Grünflächen, die besonderen Formen

der Erholung dienen. 73

72

Prädator (lat. Praedatio: Beutemachen, Plündern, Rauben. Hier sind fleischfressende Beutegreifer gemeint.

73

Quelle: https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Umwelt-Nachhaltigkeit/Naturschutz/Wildschongebiete-in-

Hannover. Karte: Stadt Laatzen.

219


Traditionelles Handwerk, alteingesessene Familienbetriebe

A

uch früher gab es neben der Landwirtschaft weitere Betriebe in Ingeln, wie beispielsweise Geschäfte

mit Lebensmitteln, Colonial- und Gemischtwaren oder Handarbeitsbedarf und Geschenkartikeln

sowie Handwerker wie Schlosser, Schmied, Böttcher, Stellmacher 74 , Dachdecker, Schneider, Friseur,

Maler, Schuhmacher, Sattler und Polsterer.

74

Handwerker, der hölzerne Wagen bzw. Wagenteile anfertigt und repariert, wie auch Räder für Ackerwagen oder Kutschen.

220


Nach dem II. Weltkrieg waren noch etliche Handwerker in Ingeln ansässig.

Es gab

• 1 Schmiede

• 1 Stellmacherei

• 1 Böttcherei

• 2 Schuhmacher

• 1 Maler

• 1 Schneider

• 1 Friseur

• 2 Sattler

• 2 Hausschlachter

• 1 Bäcker

und darüber hinaus

• 1 Gasthaus

• 2 Lebensmittelgeschäfte

• 2 Gemüsehändler und

2 reisende Textilhändler. 75

Nahezu alle dieser traditionellen Betriebe sind verschwunden und stattdessen sind neue Unternehmen,

u.a. aus den Bereichen Handwerk, Handel, Versicherungen, Dienstleistung, Architektur und Bauwesen,

Innenausstattung und etliche mehr hinzugekommen.

Diese alle hier aufzuführen, würde den verfügbaren Rahmen sprengen. Drei alteingesessene

Familienbetriebe aber haben eine besonders lange Tradition und sollen hier deshalb Erwähnung finden.

Alle weiteren hier nicht genannten, aber dadurch nicht weniger bedeutsamen Unternehmen werden um

Verständnis gebeten.

75

Quelle: Heimatfreunde.

221


Bäckerei Bertram, Auf der Maine 11

Max Bertram legte 1906 Jahren den Grundstein für die

Familienbäckerei. Damals war es noch eine Dampfbäckerei, was

bedeutet, dass mit Wasserdampf in der Ofenkammer gebacken

wurde, um zu verhindern, dass die Brotkruste aufplatzt. Sohn

Heinrich übernahm nach seinem Tod 1931 den Betrieb und

begann, auch die umliegenden Dörfer mit Backwaren zu

beliefern. Heinrich Bertram II. übernahm 1961 mit Ehefrau Erna

das Zepter und eröffnete 1972 im Ort zusätzlich einen kleinen

Supermarkt, der bis 1988 Ingeln und die umliegenden

Gemeinden mit Lebensmitteln versorgte.

Seit 1989 führt Heinrich Bertram III. gemeinsam mit Ehefrau

Christine das Unternehmen und inzwischen sind auch die beiden

Söhne Bastian und Simon aktiv eingebunden. Trotz mittlerweile

moderner Maschinen legt man gemeinsam mit den Mitarbeitern

Wert darauf, das traditionelle Handwerk lebendig zu halten und

so heißt das Motto „Qualität täglich frisch“.

Statt wie vielerorts üblich, wird deshalb konsequent auf

industrielle Fertigmischungen und Backmittel verzichtet und

stattdessen der selbst gemachte Sauerteig verwendet, die älteste

natürliche Backzutat.

Bekanntlich lebt der Mensch aber nicht nur vom Brot oder den

Brötchen. Das süße Leben hat auch seinen Platz bei Bertram. Das

Konditorei-Team ist eine sehr kreative Gruppe, die mit Hingabe

und Fantasie jeden Tag herrliche Kreationen schafft, um die

Kunden zu begeistern.

Neben dem Stammsitz mit der Bäckerei in Ingeln und 2

Ladengeschäften im Ort hat die Firma Bertram noch 4 weitere

Filialen im Umland, zum Teil mit einem Café oder Bistro.

Einblicke in die Backstube – früher wie heute Handarbeit:

222


H. Knackstedt, Dachdecker- und Klempnermeister- Betrieb, Hauptstr. 20

Der in Ingeln seit 1968 ansässige Dachdeckerbetrieb Knackstedt wurde 1873 in Grasdorf gegründet und

von dort ging es über Bemerode schließlich nach Ingeln.

Der Dachdeckerbetrieb wird heute von der fünften Generation geführt. Auch die Namensführung hatte

Tradition – alle vier Vorgänger des heutigen Firmeninhabers Heiner Knackstedt trugen den Vornamen

Heinrich.

Heiner Knackstedt übernahm im Jahr 2000 den Betrieb von seinem Vater Heinrich, der diesen seit 1963

geleitet hatte. Heinrich ist aber nach wie vor im Betrieb aktiv und bringt seine langjährige Erfahrung

helfend ein.

Um den elterlichen Betrieb übernehmen zu können ist es im Dachdeckerhandwerk Voraussetzung, die

Meisterprüfung abzulegen. Dieses geschah im Jahre 1991 und Heiner Knackstedt wurde Dachdeckermeister,

1996 dann zusätzlich auch Klempnermeister.

Da das Arbeitsgebiet des Dachdeckers immer weiter wächst, ist es notwendig, sich diesen Anforderungen

der Zeit anzupassen.

Im Jahr 1873 hat noch niemand daran gedacht, dass die Dächer der Zukunft den Energieeinsparverordnungen

entsprechen müssen oder der Dachdecker die eigene Stromversorgung auf dem Dach des

Bauherrn montieren wird.

Das Aufgabengebiet des Dachdeckers ist breit gefächert. Von Steil- und Flachdachdeckungen über

Abdichtungen an Dach- und Wandflächen, Balkonen und Terrassen über Fassadenbau,

Metalldachdeckungen, Dachentwässerungen bis zum Einbau von Dachflächenfenstern oder Lichtkuppeln

samt Innenverkleidung und Sonnenschutz. Außerdem stellen Dachdecker Unterkonstruktionen für

Außenwandbekleidungen her, montieren diese und gestalten Gebäudeaußenwände mit vorgehängten

Fassadenbekleidungen.

Auch bauen sie Blitzschutzanlagen, Schneefangsysteme, Dachrinnen und Fallrohre ein, unterstützen die

Eigentümer bei der energetischen Gebäudesanierung und führen entsprechende Maßnahmen, etwa den

Einbau von Dämmschichten und Dampfsperrelementen, durch.

Mit der Solartechnik ist ein sehr interessanter Bereich zu den bisherigen Aufgabengebieten eines

Dachdeckers dazugekommen. Insgesamt ist der Umweltschutz ein zunehmend wichtiger

Tätigkeitsbereich für den Dachdecker. Es geht nicht mehr nur darum, Energie durch Wärmedämmung

einzusparen, sondern auch darum, sie mit Photovoltaik und Solarthermie zu gewinnen.

223


Für eine erfolgreiche Tätigkeit in ihrem Beruf sollten Dachdecker über gewissen Grundfähigkeiten wie

• eine gute körperliche Konstitution (z.B. beim Heben und Tragen von Baumaterial),

• handwerkliches Geschick und Auge-Hand-Koordination (z.B. beim Verarbeiten von Bedachungsmaterialien

oder beim Bedienen von Bau-Aufzügen oder -Kränen),

• Umsicht, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit (z.B. bei der Arbeit auf Leitern und Gerüsten) und

• Teamfähigkeit (z.B. beim Eindecken von Dächern)

verfügen.

Außer der Reetdach-Deckung, die sich zu einem eigenständigen Berufszweig entwickelt hat, wird den

Auszubildenden viel vermittelt, z.B. die herkömmliche Bearbeitung von Naturschiefer und Dachziegeln

über Abdichtungen mit Flüssigkunststoff bis zum Aufmauern von Schornsteinen, um nur einige Punkte zu

nennen. Es ist ein sehr vielseitiger Beruf.

Vielfältig ist der Beruf des Dachdeckers schon allein durch seine wechselhafte

Geschichte. Schon seit dem 13. Jahrhundert existieren die Dachdecker als

eingetragene Zunft. Die Embleme des Zunftzeichens, Schieferhammer und

Zirkel, sind auch heute noch fester Bestandteil des Alltags als Dachdecker.

Das Team Knackstedt besteht zurzeit aus 8 Mitarbeitern, darunter eine Büroangestellte und eine

Reinigungskraft.

Um all den Wünschen, Anfragen und Aufträgen der Kunden gerecht zu werden, muss diesen oft leider

auch etwas Geduld abverlangt werden, da die verfügbare Zahl der Fachkräfte begrenzt ist und die

Beschaffung der Materialien sich teilweise als recht schwierig erweist. Den Kundenwünschen trotzdem so

weit wie möglich nachzukommen, gehört auch zur Tradition der Firma Knackstedt.

Dachdecker/innen stellen Holzkonstruktionen für Dachstühle her und decken und bekleiden Dach- und

Wandflächen mit Dachplatten, ‐ziegeln, ‐steinen, Schindeln oder anderen Deckwerkstoffen.

224


Häpke GmbH, Heizungs- und Sanitärinstallation, Auf der Maine 1

Das Firmengelände 1957 und heute.

Das Werkstatt-Gebäude auf dem Grundstück der Firma Häpke war Standort verschiedener Betriebe.

Zunächst wurde es als Schmiede für den Schmiedemeister Prüße erbaut. Danach diente es den

Stellmachermeistern Heinrich Meyer und Martin Pohle als Werkstatt. 76

Gegründet wurde der heutige Betrieb am 1. April 1965 von Heinrich Häpke. Der Schlossermeister bot

zunächst den Bau von Treppen, Zäunen, Gartentoren und Aluminiumfenstern an. Als zweites Standbein

reparierte der versierte Handwerker Autos, während seine Frau Anita die einzige Tankstelle in Ingeln

betrieb.

Während in den 1970er Jahren viele Häuser neu gebaut wurden, waren Schlosserarbeiten nicht mehr so

stark nachgefragt – Sanitär- und Heizungsinstallationen jedoch umso mehr. Nach einem Aufbaulehrgang

für Schlossermeister und eine Weiterbildung in der Abendschule zum Gas- und Wasser-Installateurmeister

legte Heinrich Häpke den Grundstein für den heutigen Betrieb.

Da es noch keine Gasleitungen gab, installierte Heinrich Häpke in den folgenden Jahren zahlreiche

Ölheizungen in Ingeln-Oesselse. Anita Häpke betrieb weiterhin die Tankstelle, während ihr Mann an

Samstagen zusätzlich Autos reparierte. Ende der 80er Jahre wurde die Tankstelle dann stillgelegt.

1975 trat Sohn Ulrich Häpke nach seiner Ausbildung mit in den Betrieb ein, bestand 1982 die

Meisterprüfung zum Gas- und Wasserinstallateur und 1986 zusätzlich zum Heizungsbaumeister. 1989

wurde die Firma zu einer GmbH umfirmiert und 1991 übernahm Ulrich Häpke gemeinsam mit seiner Frau

Christa die Geschäftsleitung.

Deren Sohn Steffen ist 2005 nach seiner Ausbildung ebenfalls in die Firma eingetreten, absolvierte

zwischenzeitlich erfolgreich die Meisterschule und wird das Familienunternehmen in dritter Generation

fortsetzen.

Die Häpke Heizung-Sanitär GmbH ist heute ein moderner und vielseitiger Betrieb, der neueste Brennwertund

Solar-Technik sowie energiesparende Heizkessel und einen vielseitigen Service bietet – egal, ob es

um die Installation einer neuen Heizungsanlage, den Austausch von Armaturen im Badezimmer oder die

Reparatur eines tropfenden Wasserhahns geht.

Die Berufe Gas-, Wasser- und Heizungsinstallateur sind mittlerweile

unter der Bezeichnung Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung und

Klimatechnik (SHK) zusammengefasst worden.

SHK-Anlagenmechaniker bauen energieeffiziente und umweltschonende

Systeme wie z.B. Solaranlagen, und Wärmepumpen in

Gebäude ein. Sie installieren Gebäudemanagementsysteme wie z.B.

Smart-Home-Systeme und wenden gerätespezifische Software an. 77

76

Quelle: Heimatfreunde

77

Abbildung: Brötje

225


Die Chorgemeinschaft Ingeln von 1896 e.V.

Dreißig Männer gründeten am 27. Februar 1896 den

Männergesangverein Ingeln. Darüber, welches Liedgut in den

Anfangsjahren gesungen wurde, gibt es leider keine Hinweise.

Ein erstes für den 30. August 1896 geplantes Sängerfest mit Tanz

und Gesang musste ausfallen, da wegen der schlechten

Witterung die Ernte noch nicht beendet sein würde.

1899 wird die Vereinsfahne angeschafft, die heute ihren Platz im

Übungsraum in der alten Schule hat.

N

achdem sich im Frühjahr 1948 einige Sangesfreunde aus Oesselse zur Aufnahme in den Verein

gemeldet hatten, wurde im Mai ein Werbesingen in der Nachbargemeinde veranstaltet. 1951 war

der Männergesangverein Ingeln ein „volles Schock“ geworden und freute sich über die Anzahl von 60

Mitgliedern. Anfang der 1960er Jahre konnte ein guterhaltenes Klavier günstig erworben werden,

gleichzeitig aber machte man sich Gedanken darum, junge Leute zu werben, um die Qualität des Chors zu

erhalten. Nachdem sich dann der Kirchenchor aufgelöst hatte und von dort keine Unterstützung mehr zu

erwarten war, entschloss man sich, den Männergesangverein zu einem gemischten Chor umzugestalten.

Dem Aufruf folgten 14 Damen und unterstützten ab 1963 den bis dahin rein männlichen Gesang. 70 Jahre

nach seiner Gründung wurde dann beschlossen, den Verein in „Chorgemeinschaft Ingeln von 1896“

umzubenennen, zumal auch Irritierungen bei Sängerfesten diesen Schritt notwendig machten.

Durch die Umstellung des Männergesangvereins auf einen gemischten Chor hatten die Männer zunächst

ein paar Probleme, denn sie mussten sich an einen neuen Klang gewöhnen, da sie ja nun die

Melodiestimme zumeist dem Sopran überlassen mussten.

Oft ließ man sich auch etwas Neues für das Begleitprogramm einfallen, wie beispielsweise Harfenklänge,

ein Streichquartett oder Querflöte und Gitarre, aber auch ein Akkordeon- oder Zupforchester.

Seit den 1960er Jahren hat der Chor auch die Aufgaben des Kirchenchors an hohen Festtagen und

besonderen kirchlichen Anlässen übernommen und begleitet ebenso die jährlichen Gedenkveranstaltungen

am Volkstrauertag. Seit 1983 fanden darüber hinaus mehrere anspruchsvolle Konzerte

in der St. Nicolai-Kirche statt und die Chorgemeinschaft ist auch bei vielen weiteren Ereignissen präsent –

nicht zu vergessen die jährliche Teilnahme der Sängerschar beim Schützenausmarsch. 78

Der Name „Chorgemeinschaft“ hat inzwischen gewissermaßen

eine doppelte Bedeutung, denn es handelt sich

nicht nur um Frauen und Männer, sondern längst kommen

die Mitglieder nicht mehr nur aus dem Ortsteil Ingeln, auch

wenn der Name beibehalten wurde.

Das Liedgut umfasst Volkslieder, Werke alter Meister und

moderner Komponisten sowie internationale Volksmusik.

Weil aber auch die Geselligkeit gepflegt wird, gehören auch

Trinklieder und Ständchen zum Repertoire.

Festkonzert zum 123-jährigen Bestehen 79

78

Quelle: Jubiläumsschrift der Chorgemeinschaft.

79

Unterstützt v. Sarstedter Blasorchester u. d. Liedertafel Kaltenweide (in roter Kleidung). Foto: Daniel Junker

226


Der Schützenverein „Horrido“ Ingeln von 1920 e.V.

W

ahrscheinlich hat jeder schon einmal etwas vom Schützenverein Ingeln und seinen vielen Freizeit-

Aktivitäten gehört oder gelesen. Sicherlich ist auch jeder schon am Ingelner Schützenhaus vorbeigefahren,

viele kennen es aber vielleicht nur von außen.

Das Schützenhaus an der Gleidinger Straße, gegenüber von EDEKA

Erwachsene trainieren an jedem Dienstagabend ab 19:30 Uhr, Kinder ab 8 Jahren 80 und Jugendliche ab

17:30 Uhr im Schützenhaus mit Luftgewehr und -pistole und schießen um Nadeln, Orden und Pokale.

In die gesellige, lockere und humorvolle Runde aus allen Altersgruppen wird jeder Teilnehmer

unkompliziert einbezogen. Mit dem Kleinkalibergewehr wird an festgelegten Terminen in Gleidingen

geschossen.

Aber auch über das Sportschießen hinaus ist der Schützenverein Ingeln aktiv. So werden beispielsweise

Radtouren und Ausfahrten organisiert und das beliebte alljährliche Weinfest im August veranstaltet.

Neben dem Ingelner Weinfest, dem Oesselser Weihnachtsmarkt und dem gemeinsamen Schützenfest ist

das Schießen des Schützenvereins „Horrido“ Ingeln für Firmen, Vereine, Institutionen, Clubs und

Interessengruppen aus Ingeln-Oesselse ohne Zweifel eine der herausragenden und seit vielen Jahren eine

der beliebtesten Veranstaltungen im „Doppeldorf“. In den zurückliegenden Jahren haben sich regelmäßig

über 50 Mannschaften mit annähernd 300 Teilnehmern beteiligt.

Alljährlich trifft man sich im Januar und Februar an etlichen

Terminen und in fröhlicher Runde im Ingelner Schützenhaus zum

Schießwettbewerb mit dem Luftgewehr und versucht, den besten

Schuss für sein Team zu platzieren.

Schließlich geht es um immerhin zehn ansehnliche Pokale für die

besten Einzelschützen sowie drei für die besten Mannschaften. Die

Siegermannschaft darf zusätzlich noch den großen Wanderpokal

für ein Jahr mitnehmen.

Diese Veranstaltung ist längst zu einem spannenden Wettkampf quer durch Ingeln-Oesselse geworden

und viele Teilnehmer entwickeln zunehmend einen ausgeprägten Ehrgeiz, der dann bei der Bekanntgabe

der Gewinner auch entsprechend in ungebremstem Jubel zum Ausdruck kommt.

80

Kinder von 8 bis 11 Jahren trainieren mit dem Lichtpunktgewehr.

227


Eine der frühesten Aufnahmen aus den Gründerjahren: Schützenfest 1927

1955: Nach der Wiedergründung trägt man Uniform

Im Jahre 2020 sollte mit einer großen Sonderveranstaltung das 100-jährige Jubiläum des Ingelner Schützenvereins

gefeiert werden. Wegen der Corona-Pandemie musste dieses Fest – wie viele andere Veranstaltungen auch – leider

abgesagt werden.

Aufnahme anlässlich des 100-jährigen Jubiläums

Wer mehr über die Geschichte dieses Traditionsvereins wissen möchte und die umfangreiche Jubiläumsschrift

nicht über die Verteilung erhalten hat, kann sich diese an den Schießabenden im Schützenhaus oder bei dem

1. Vorsitzenden Andreas Aue 81 holen.

Der Schützenverein hat außerdem eine sehr informative und stets aktuelle Internet-Seite: www.horridoingeln.de.

81

Weidenstraße 4 (in Oesselse), Telefon 05102 – 91 55 43

228


Die Heimatfreunde Ingeln e.V.

S

eit dem Jahr 2000 erforschen die Mitglieder des Vereins die Geschichte unseres Dorfes. Historische

Fundstücke und deren Aufarbeitung sowie Erhalt für die Nachwelt sind ihre Leidenschaft.

Der Verein möchte die Geschichte des Dorfes Ingeln allen Einwohnern nahebringen, Erinnerungen

wachhalten und die Dorfgemeinschaft pflegen.

Foto: KLEEBLATT vom 06.07.2000

Viele historische Dokumente lagern in Kirchen- und Staatsarchiven, in Museen oder sind im Privatbesitz.

Wegen der wechselvollen politischen Geschichte des Ortes kommt dabei eine Vielzahl von Fundstellen in

Frage. Dabei ist es teilweise schwierig bis unmöglich, an diese heranzukommen, weil ein erheblicher Teil

in den Archiven bis heute nicht katalogisiert ist. Das bedeutet bei den Nachforschungen in der Praxis, dass

man zwar bei vielen Dokumenten von ihrer Existenz ausgehen kann, aber einfach nicht weiß, wo man sie

finden könnte.

Dabei versucht man, sich bei der Verwertung von Informationen nicht ausschließlich auf Dokumente zu

stützen, sondern wo immer möglich, bei der jüngeren Geschichte auch Erzählungen von Zeitzeugen mit

einzubeziehen. Die permanente Gefahr ist, dass Informationen aus dem zurückliegenden Jahrhundert

verloren gehen, weil die betroffene Generation verstirbt und u.U. auch deren Nachlass in Form von

Dokumenten oder Fotos – darunter u.U. auch Schätze aus früheren Epochen – wegen mangelnden

Interesses der Nachkommen entsorgt wird. Nicht zu unterschätzen sind auch die Probleme in Verbindung

mit der digitalen Bild- und Datenspeicherung. Längst wird nicht mehr alles in Papierform festgehalten und

229


archiviert, sondern befindet sich auf verschiedenen Arten von Datenträgern und ist entweder irgendwann

aus technischen Gründen nicht mehr verwendbar oder wird zusammen mit den Geräten vernichtet.

Im Ortsteil Ingeln haben die Heimatfreunde ab 2005 an etlichen geschichtsträchtigen Orten Infotafeln

aufgestellt, wo sich Einwohner und Spaziergänger bei einem Rundgang durch den Ort über deren Historie

und Bedeutung informieren können. Auch Führungen durch den Ort wurden bereits durchgeführt. In der

alten Schule teilen sich die Heimatfreunde den früheren Klassenraum mit der Chorgemeinschaft.

Erläuterung zu diesem Bericht: siehe Vorbemerkungen.

Eine Abordnung der Heimatfreunde in historischer Tracht auf dem Weg zum Dorffest.

230


Der Kleingartenverein Ebelings Roseneck e.V.

I

Am östlichen Ortsrand, an der Abzweigung nach Bledeln gelegen,

befindet sich die Kleingarten-Anlage Ebelings Roseneck. 82

n den Nachkriegsjahren war die Versorgung der Bevölkerung schlechter als in den Kriegsjahren

selbst, auch bedingt durch den starken Zuzug von Ausgebombten aus den Städten, Flüchtlingen

und Vertriebenen. Die Dorfbewohner hatten es durch die Möglichkeit zur Eigenversorgung (siehe

Kapitel Landwirtschaft) besser als die Stadtbevölkerung; auch die Nicht-Landwirte hatten einen

eigenen oder gepachteten Garten und die Kleintierhaltung gehörte ebenso dazu.

Die Ingelner Einwohner ohne eigenen Garten hatten Pachtgärten des Kleingartenvereins von der

Ebelingschen Stiftung und für Zugezogene mussten die Landwirte im Feld Flächen für Gärten zur

Verfügung stellen.

Das Kleingartengelände wurde später bis ans „Ingelner Meer“

vergrößert, während des Autobahn-Ausbaus wurde dieser See

dann mit Erdreich aufgefüllt.

Waren also die Kleingärten in früheren Zeiten vorrangig für die

Eigenversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln geschaffen

worden, so haben sie heute überwiegend eher die Funktion einer

Erholungsfläche – sozusagen eines kleinen privaten Freizeitparks,

um sich aus dem Alltag zurückziehen zu können.

Der Kleingartenverein Ebelings Roseneck e.V. wurde im März

1920 gegründet und verfügt über eine Fläche von 17.831 qm auf

33 Parzellen.

82

Quelle: Google Earth

231


Sitten, Brauchtum & Traditionen

W

enn heute vom Osterfeuer gesprochen wird, verbindet überwiegend die junge Generation damit

eine gesellige Nacht mit Jubel, Trubel, Heiterkeit. An das klassische Osterfeuer der christlichen

Kirche denken dabei nur die wenigsten. Die großen öffentlichen Osterfeuer werden in der Regel in der

Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag entzündet.

In Niedersachsen ist das Osterfeuer in vielen Städten, Gemeinden und auch kleineren Orten eine beliebte

Ostertradition, die nicht selten den Höhepunkt der verschiedenen Osterbräuche wie Anbaden,

Eiertrullern, Eier suchen usw. darstellt.

Osterfeuer erfordern eine behördliche Genehmigung. Ein Osterfeuer mit Freunden auf dem privaten

Hausgrundstück ist generell verboten. Es gibt genaue Auflagen, insbesondere, was die zu verbrennenden

Materialien betrifft und im Zusammenhang mit dem Naturschutz.

Um den reibungslosen und ungefährlichen Ablauf sowie das kontrollierte Abbrennen des Feuers zu

gewährleisten, organisiert in fast allen Gemeinden die örtliche Feuerwehr das Osterfeuer. In Ingeln-

Oesselse hatte dieses seit Anfang der 1990er Jahre die Junggesellschaft übernommen.

Einige Gemeinden verzichten inzwischen aus Gründen der Sperrmüllablagerungen und der Gefährdung

von Tieren und Insekten auf das Osterfeuer bzw. genehmigen ein solches nicht mehr. Bei öffentlichen

Osterfeuern muss zudem auf geeignete Flächen und den Brandschutz geachtet werden, was wiederum

die Unterstützung von Feuerwehr und ggf. Rettungskräften erforderlich macht. 83

Wegen der strengen Auflagen, des hohen Aufwands für die Organisatoren und der über die Jahre

gesunkenen Besucherzahlen gab es 2017 erstmals seit wohl mindestens 50 Jahren in Ingeln-Oesselse

leider kein Osterfeuer mehr.

D

as Martinisingen ist ein alter protestantischer Brauch, der insbesondere in nord- und ostdeutschen

Regionen gepflegt wird. Dabei wird am 10. November (ähnlich dem katholischen Martinssingen am

11. November), häufig mit Laternen, von Haus zu Haus gezogen und gesungen.

Ein kurzer Blick in die Geschichte: 10.11.1483 – Martin Luther wurde in Eisleben geboren. Er wurde am

Tag danach, am 11.11.1483, dem Fest des Heiligen Martin von Tours getauft und so erhielt er den

Vornamen Martin. Da Martin Luther evangelisch und St. Martin katholisch war, gehen meistens die

katholischen Kinder am 11.11. und die evangelischen Kinder am 10.11., aber inzwischen vermischen sich

vielerorts die Konfessionen und gehen gemeinsam am 10. oder am 11. November.

83

Text (Auszüge): https://www.dein-niedersachsen.de/regionen/osterfeuer-niedersachsen/

Bild: HAZ

232


Lieder werden von Kindern

gesungen, wenn sie von Tür zu

Tür ziehen und um Süßigkeiten

bitten (früher „Heischezüge“

genannt) – ähnlich wie an

Halloween in den USA.

Das Martinisingen ist auch unter dem Namen Martinssingen und unter den plattdeutschen Namen

Sünnematten bzw. Mattenherrn (heute fälschlicherweise häufig zu Matten Matten Mähren verballhornt)

bekannt.

In früheren Zeiten erklang dabei das alte plattdeutsche Lied: 84

Warum „Bolzen“?

Marten, Marten, Mären, Appel un de Beeren, Nötte mag eck gären.

Lat meck nich sau lange stan, denn eck mott noch henn na Bolzen.

Bolzen iss ne grote Stadt, krieget alle Kinder watt.

Krieget en Stücke Speck, smietet se in Dreck.

Krieget en Stück Schinken, könnt se gut na drinken.

Früher war in der Landwirtschaft der große Arbeiterstellenwechsel am Martinstag. Die in der Landwirtschaft

Beschäftigten erhielten an diesem Tag ihren Jahreslohn und handelten mit ihren bisherigen oder mit ihren neuen

Arbeitgebern ihre zukünftige Vergütung aus. Mit dem ausgezahlten Jahreslohn wurden meist die im Jahr

aufgelaufenen Schulden z. B. beim Schneider, Schuster oder Gastwirt entrichtet. Da am Martinstag in Bolzum

(Bolzen) ein Markt stattfand, machten sich viele Landarbeiter auf den Weg dorthin. Es waren Stände der Handwerker

aufgebaut, bei denen Schuhe, Kleidung und dergleichen verkauft wurden. Dieser Markt in Bolzum besteht in

abgewandelter Form noch heute. 85

Je nach Region und Überlieferung können der Text und auch die Schreibweise dabei durchaus variieren.

Dabei liegt „Marten“ oder „Matten“ eine plattdeutsche Verfälschung des Namens Martin zugrunde. Eine

der verschiedenen moderneren, hochdeutschen Versionen lautet:

Matten Matten Meeren, die Äpfel und die Beeren.

Lasst uns nicht so lange steh’n, wir wollen noch nach Bremen geh’n -

Bremen ist ne große Stadt, da geben alle Leute was.

Den Großen und den Kleinen, sonst fangen sie an zu weinen.

Matten Matten Meeren, die Äpfel und die Beeren, die essen wir so gern.

Lasst uns nicht so lange steh’n, auf den kalten Steinen,

denn wir wollen noch weiter geh’n - nach Bremen – nach Bremen.

Denn Bremen ist ne große Stadt da kriegen alle Kinder was.

Dabei gilt früher wie heute: Wer nichts schenkt, der nimmt in Kauf, dass ihm ein Streich gespielt wird;

unter Umständen muss der Verweigerer später am Abend mit einem Klingelstreich oder Ähnlichem

rechnen. Wer aber umgekehrt nicht mitsingt, bekommt auch nichts von den eingesammelten Süßigkeiten.

84

Quelle: Dorfchronik.

85

Quelle: Ingeln 1945-1974, Heimatfreunde

233


Fastnachtsumzug

I

n früheren Zeiten verkleideten sich die „jungen Burschen“ und zogen unter lautem Peitschenknallen

durchs Dorf. Auf einem Gabelstab wurden Würste und in einem Korb Eier gesammelt, aber auch für

Geld war man dankbar. Das beim Umzug gesammelte Gut wurde „im Kruge verzehrt, wo für die

Verkleideten eine Vesper gegeben wurde“. 86

Die nachfolgende neugierige Dorfjugend, aber insbesondere die kessen jungen Mädchen, mussten sich

vor den Peitschen in Acht nehmen. Später wurden statt der Peitschen Strümpfe und Socken verwendet,

die beispielsweise mit einem Tennisball oder einem anderen weichen Material gefüllt waren. Aus diesem

überlieferten Brauch machen sich die jungen Leute auch heute noch einen Spaß.

Seit Generationen ziehen die Mitglieder der Junggesellschaft Ingeln-Oesselse kostümiert von Haus zu

Haus, um die bösen Wintergeister zu vertreiben. Bereits 1902 gegründet, zogen die Mitglieder der JGS

aus den beiden Ortsteilen lange getrennt durch Ingeln und Oesselse, bis man sich 1981 dann

zusammenschloss.

Als Superhelden, Könige, Tiere und in anderen Verkleidungen ziehen die Junggesellen mit Bollerwagen

und lauter Musik durch das Doppeldorf.

Bei dem traditionellen Brauch vor

Rosenmontag sammelt die Gruppe Geld für

wohltätige Zwecke und für die Gestaltung

des Dorffestes.

Besonders appelliert die JGS an die

Neubürger: "Erschrecken Sie sich nicht,

wenn bis zur Unkenntlichkeit verkleidete

Gestalten durch die Straßen ziehen und an

Ihrer Tür klingeln. Wir sind nicht so schlimm,

wie wir aussehen. Und bitte haben Sie

Verständnis, wenn es uns auf Grund der

stetig wachsenden Größe des Ortes

eventuell nicht möglich sein sollte, alle

Straßen zu besuchen oder wir einmal ein

Haus vergessen."

Auch Autofahrer werden während des Umzugs

um eine Spende als „Wegezoll“ gebeten.

86

Aus der Dorfchronik.

234


Tradition und Brauchtum im Schützenverein „Horrido“ Ingeln

Die tanzenden Scheiben

Wenn in Ingeln die Königsscheiben ausgetragen werden, wird

altes Brauchtum zu neuem Leben erweckt: das „Tanzen“ der

Siegertrophäen. Seit wann das Scheibentanzen gepflegt wird,

lässt sich nicht aufs Jahr genau nachvollziehen, es ist aber

mindestens aus den 1950er Jahren überliefert. Ein Brauch, der in

dieser Form in der Region sonst nicht bekannt ist.

Beim Aufhängen wird die Königsscheibe an einem langen Seil

befestigt. Dieses führt durch eine Seilrolle, die hoch oben an der

Hauswand oder am Dachüberstand befestigt ist. Am Seilende

wird die dekorative Scheibe dann hochgezogen. Diese Arbeit

ließe sich in wenigen Sekunden erledigen. Das ist aber nicht Zweck

der Übung. Die Scheibe muss beim Hochziehen tanzen. Das tut

sie im Walzer- wie im Marschtakt, je nachdem, was die Kapelle

spielt.

August Behmann (1955 – bei Erwin Alscher)

Vor den angetretenen Schützen und Majestäten wird der Scheibe der richtige Schwung verliehen. Sie

pendelt nach links, dreht sich zu einem Trommelwirbel um die eigene Achse, ruckt ein Stückchen nach

oben, wenn die Flöten der Musik einsetzen, oder senkt sich mit Rechtsdrall wieder etwas herunter, wenn

aus der Tuba ein tiefer Ton kommt.

Der Spezialist für das Tanzen der Scheiben in Ingeln war seit den 1950er Jahren viele Jahrzehnte lang Karl-

Heinz Meier, der diese Aufgabe seinerzeit von Rudolf Tietze übernahm und bis zu seinem Tod im Jahr

2010 fortführte.

Anschließend fiel die Zuständigkeit in die Hände von Ralf Radkewitz, bis auch dieser im Jahre 2016 leider

verstarb.

Seitdem ist Manfred Gora für diese Aufgabe zuständig und nimmt diese bis zum heutigen Tag wahr.

Manfred Gora

Karl-Heinz Meier

Ralf Radkewitz

235


Das „Verdonnern“

Ein weiterer Brauch, das Strafgericht („Verdonnern“) nach dem Aufhängen der letzten Königsscheibe,

findet immer wieder großen Anklang bei allen Beteiligten. Nicht zu übersehen ist jedes Mal die

Schadenfreude in vielen Gesichtern – besonders bei denen, die es diesmal nicht erwischt hat.

Hierbei achtet der Vorsitzende, der auch die Strafen verhängt, zusammen mit seinem Hauptmann darauf,

dass bei offiziellen Auftritten und Umzügen im Schützenzug eine gewisse Ordnung in Aussehen und

Verhalten eingehalten wird.

Zuwiderhandlungen werden meist mit einer Runde Lüttje Lage für den gesamten Zug bestraft. Grobe

„Delikte“ gab es in den zurückliegenden Jahren zwar noch nicht, aber auch die kleineren Vergehen haben

bisher immer gereicht, um die ersten Runden Lüttje Lage schon vor dem Einmarsch ins Festzelt sicher „in

der Tasche zu haben“.

Schriftlich erwähnt wird das „Verdonnern“ zum ersten Mal 1964, soll aber seinen Ursprung schon viele

Jahre früher haben.

Verstöße werden notiert

„Vortreten zum Verdonnern!“

236


Ein Lied für Ingeln

237


Schluss

Ingeln-Oesselse

Ingeln-Oesselse wird von

einer Buslinie des

Großraum-Verkehrs

Hannover (GVH) erschlossen

und mit Nachbarorten, wie

Sehnde und Gleidingen

verbunden. Diese

gewährleistet in Gleidingen

auch einen Anschluss an das

Stadtbahnnetz der ÜSTRA

nach Hannover und

Sarstedt.

Wer eine kostenlose

Alternative für die Fahrt als

Anhalter von Ingeln und

Oesselse nach Laatzen und

zurück nicht scheut, kann

die in beiden Ortsteilen und

im Laatzener Zentrum

angebotenen Mitfahrbänke

nutzen.

Laatzen in der Region Hannover

Über die K 266 ist der Ort

mit der B 6 verbunden und

damit eine gute Erreichbarkeit

mit dem Kraftfahrzeug

sowohl des Stadtzentrums

von Laatzen als auch

von Hannover, Sarstedt und

Hildesheim sichergestellt.

Auch der Autobahnanschluss

A 7 in ca. 9 km

Entfernung sowie nach

weiteren 10 km das Autobahnkreuz

Hannover Ost

sind schnell erreichbar und

damit die schnelle Weiterfahrt

in alle vier Himmelsrichtungen

möglich.

© Karten: www.openstreetmap.de | Wikipedia

238


Schlusswort

Zu guter Letzt möchte ich mich bei allen Personen bedanken, die mich

bei der Zusammenstellung dieses Ortsteil-Porträts in verschiedener

Weise unterstützt haben, insbesondere

• Eberhardt Ebeling

• Hans-Jürgen Thiemann

• Georg Hintz

• Dr. Rolf Hüschens

• Rosemarie Stümpel †

• Manuel Schwanse, Stadtarchivar der Stadt Laatzen

und bei allen Autoren, aus deren Werken ich Auszüge verwenden durfte

sowie Besitzern von Fotos, alten Zeitungen und historischen Landkarten,

die mir dieses Material zur Verfügung gestellt haben.

Auch in unzähligen, sehr interessanten Gesprächen mit Mitbürgern

konnte ich viele wertvolle Informationen sammeln, bin bei diesen

Gelegenheiten ausschließlich auf freundliche und hilfsbereite

Menschen getroffen und konnte so auch neue Bekanntschaften

herstellen und bestehende vertiefen.

Jürgen Schmidt

Und der Vollständigkeit halber:

Sofern sich in diesem Dokument enthaltene Bezeichnungen auf Personengruppen oder Sachbegriffe beziehen und

nur die männliche Form verwendet wurde, so ist dies nicht geschlechtsspezifisch oder diskriminierend gemeint,

sondern geschah ausschließlich aus Gründen der flüssigeren Lesbarkeit; ebenso sind auch ohne Schräg- oder

Unterstrich bzw. Sternchen immer alle Menschen gemeint.

Ich habe mich bemüht, die Bestimmungen des Urheberrechts zu beachten. Sollte mir dieses in Einzelfällen nicht in

ausreichendem Maße gelungen sein, so bitte ich die Rechteinhaber um Entschuldigung und um einen

entsprechenden Hinweis. Da die Datei für dieses Buch jederzeit inhaltlich verändert werden kann und der Druck

nur nach jedem einzelnen Bestelleingang erfolgt, ist eine Korrektur bei Bedarf schon für das folgende zu druckende

Exemplar umsetzbar. Diese Möglichkeit behalte ich mir auch für ggf. weitere Änderungen vor.

Für Hinweise auf ggf. Schreib- oder sachliche Fehler wäre ich dankbar.

239


Stichwort-Verzeichnis

1000 Jahre Oesselse.................................. 3, 169

1162 ....................................... 10, 90, 93, 94, 173

860 Jahre Ingeln ........................................ 3, 169

Altar ................... 14, 15, 161, 167, 179, 180, 181

Astfala ..................................................... 90, 186

Auf der Maine . 39, 102, 159, 193, 194, 196, 198,

199, 200, 210, 222, 225

Autobahn 99, 102, 119, 123, 149, 161, 203, 207,

208, 231

Bäcker ...................... 72, 118, 141, 142, 150, 221

Bäckerei ........................... 72, 118, 141, 150, 222

Bebauungsplan ................................ 97, 103, 203

Bernward ........................................................ 17

Bledeln . 9, 10, 14, 38, 52, 58, 74, 79, 85, 99, 104,

140, 143, 151, 209, 231

Bockmer Holz . 13, 17, 83, 84, 111, 112, 177, 186

Bockumer Holz .......................................... 10, 91

Bokum..... 16, 17, 93, 94, 95, 136, 161, 166, 168,

177, 183, 186, 188, 214

Bomben ......................................... 52, 58, 62, 69

Borchers .....26, 34, 40, 41, 43, 47, 57, 59, 60, 61,

62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 95, 102, 145,

156

Brauchtum ................................... 4, 83, 232, 235

Braunschweig ........ 14, 18, 21, 24, 111, 112, 186

Bruchgraben ............................................8, 9, 13

Bürgermeister 21, 40, 47, 98, 113, 124, 136, 152,

153, 159, 161, 165, 185, 189

Chorgemeinschaft .......... 146, 155, 190, 226, 230

Delm ...... 10, 17, 18, 80, 90, 91, 93, 94, 113, 136,

160, 161, 166, 168, 176, 183, 184, 185, 188,

215

Delmberg .................................................. 8, 176

Delmer Eichen...... 18, 90, 94, 168, 185, 188, 193

Delmer Gemeinde ........................................... 18

Delmsche Bürger ............................. 17, 113, 185

Delmsche Realgemeinde .............................. 185

Denkmal ........................................... 34, 109, 186

Der schmachvolle Friede ................................. 33

Die Jahre 1945 bis 1974 ............................ 3, 135

Doppeldorf ................. 3, 169, 203, 219, 227, 234

Dorfbeleuchtung .............................. 98, 167, 203

Dorfchronik von Friedrich Borchers .................. 3

Dorfeiche ......................... 95, 103, 136, 162, 167

Dorfgeschehen nach 1933 .............................. 45

Ebeling ... 2, 18, 27, 30, 31, 48, 70, 71, 72, 73, 74,

78, 85, 92, 96, 97, 98, 104, 105, 106, 107,

108, 109, 110, 136, 138, 139, 143, 147, 148,

149, 151, 155, 163, 165, 173, 181, 182, 189,

215, 218

Ebelingsche Stiftung ..................................... 189

Ehrenmal ......................................... 46, 137, 167

Ehrentafel ....................................................... 34

Eiche .......................... 13, 22, 111, 161, 162, 200

Eichen ... 17, 18, 90, 94, 113, 160, 161, 168, 183,

184, 188, 193

Einwohnerzahl 30, 91, 92, 94, 98, 102, 104, 142,

147

Einwohnerzahlen ............. 98, 136, 145, 146, 203

Erbenholz ..................... 13, 81, 94, 111, 112, 186

Fastnacht ................................................ 84, 156

Fastnachtsumzug .......................................... 234

Feuerlöschbrunnen ............................... 198, 199

Feuerlöschteich............................................... 98

Feuerwehr38, 39, 50, 98, 99, 148, 154, 167, 198,

199, 232

Feuerwehrgerätehaus ................................... 198

Flüchtlinge ............... 99, 139, 142, 153, 189, 203

Flurbereinigung ..... 102, 119, 148, 149, 160, 161,

167, 168, 212

Flurbereinigungsverfahren ........................... 107

Frankreich . 22, 24, 25, 26, 27, 28, 50, 51, 53, 63,

64, 65

Friedhof ................. 103, 136, 137, 157, 161, 162

Friedrich Borchers ... 2, 3, 4, 16, 88, 92, 145, 155,

167, 190, 191

Frühgeschichte....................... 8, 13, 88, 173, 177

Gau .......................... 9, 13, 14, 17, 112, 173, 186

Gebiets- und Verwaltungsreform ................. 166

Gebietsreform 100, 136, 153, 161, 169, 182, 186

Gedenktafel .................................................... 98

Gemeinde Delm ..................... 113, 160, 161, 185

Gemeindereform .................................. 101, 102

Gemeindevorsteher .... 17, 18, 29, 31, 34, 43, 92,

97, 106, 109, 136, 151, 165

Gesangverein ......... 34, 40, 47, 50, 102, 155, 156

Gleidingen ... 5, 10, 12, 33, 35, 40, 45, 47, 55, 58,

75, 90, 93, 95, 99, 102, 104, 106, 118, 142,

145, 146, 151, 156, 158, 160, 166, 167, 170,

227

Glocke .. 13, 92, 95, 100, 111, 157, 162, 167, 181

Gödringen ... 12, 17, 18, 22, 76, 91, 94, 113, 160,

183

Grundschule ........................... 102, 145, 146, 168

Hagelfeiertag ................................................ 179

Handwerk .............................. 150, 220, 221, 222

Handwerker .... 31, 136, 150, 158, 220, 221, 225,

233

Handwerksbetriebe ...................................... 142

Hannover-Gesetz .......................................... 101

Haßel................................................ 8, 9, 12, 207

Hassel....13, 14, 47, 80, 90, 93, 99, 161, 207, 209

Hauptstraße .... 39, 102, 119, 137, 140, 154, 159,

160, 163, 192, 193, 195, 197, 198, 199, 200,

204, 212, 213, 216

Heimatfreunde.. 2, 146, 174, 190, 198, 200, 214,

215, 221, 225, 229, 230, 233

Heisede .......................................... 10, 12, 91, 94

240


Herrschaft und Gesinde .................................. 82

Hildesheim .11, 13, 14, 16, 17, 18, 29, 30, 32, 34,

39, 40, 41, 44, 51, 52, 54, 55, 58, 74, 76, 90,

91, 92, 94, 95, 97, 98, 99, 100, 102, 106, 108,

109, 110, 111, 112, 121, 151, 152, 160, 163,

166, 167, 168, 169, 173, 174, 175, 179, 184,

186, 203, 209

Hofstellen ............................ 70, 91, 94, 167, 182

Höhne ..................................................... 98, 167

Holterben .............................................. 112, 186

Holzberechtigung ............................................ 13

Horrido .......................... 169, 178, 188, 227, 235

Hotteln . 10, 12, 17, 22, 33, 38, 51, 52, 79, 91, 94,

99, 113, 121, 152, 160, 183, 185, 208, 218

Hufe ........................................... 9, 76, 90, 91, 94

Igo oder Iggo ................................ 10, 90, 93, 177

Ingelner Meer ................................ 143, 207, 231

Ingelner Porträt ................................................ 2

Ingeln-Oesselse .............................. 103, 169, 203

Jäger .......................................... 27, 32, 218, 219

JGS ................................................................ 234

Jungfrauen .............................................. 13, 111

Junggesellschaft ............................. 169, 232, 234

Kapelle .... 14, 15, 58, 91, 95, 145, 151, 156, 161,

162, 166, 167, 179, 180, 181, 235

Kapellenbrink ............................... 22, 41, 95, 182

Kapellengemeinde .......................................... 14

Kapellenhaus ................................................ 182

Kapellenplatz .................................................. 14

Kapellenvorstand ............................... 92, 95, 181

Karl der Große ................................................ 11

Kindergarten ..... 52, 97, 107, 141, 145, 152, 153,

190

Kino ....................................................... 136, 158

Kirche ... 11, 12, 13, 14, 17, 21, 95, 100, 111, 141,

145, 155, 157, 161, 162, 179, 226, 232

Kirchengemeinde ........................... 104, 107, 190

Kirchplatz ................................................ 95, 182

Kleingartenverein ......................................... 231

Königreich ...................................... 175, 178, 180

Krankenhaus ............ 97, 106, 109, 151, 152, 189

Krankenhausstiftung .. 92, 97, 106, 109, 151, 152

Krieg . 9, 22, 24, 25, 30, 32, 47, 50, 51, 53, 62, 65,

67, 100, 138, 140, 142, 145, 147, 150, 152,

153, 157, 163, 166, 186

Kriegerverein ..................................... 29, 46, 170

Kriegschronik .................................................. 25

Kriegsende ..................... 100, 136, 139, 140, 141

Kriegszeit ....................... 30, 32, 54, 59, 150, 158

Laatzen ..... 1, 3, 58, 88, 100, 101, 102, 103, 105,

107, 146, 153, 157, 159, 166, 168, 169, 173,

177, 182, 203, 219, 238

Landkarten .................................................... 173

Landwirtschaft .. 17, 53, 100, 136, 142, 147, 149,

152, 158, 198, 206, 210, 211, 212, 213, 215,

216, 217, 220, 231, 233

Lebensmittelmarkt ........................................ 206

Lehrer ...... 2, 4, 21, 34, 40, 41, 43, 44, 47, 50, 99,

100, 102, 145, 155, 167, 191

Leichenhalle .................................................. 157

Leitungswasser ....................................... 98, 203

Licht ........................................... 46, 60, 118, 141

Lichtmess ........................................................ 83

Liebesgaben ........................................ 29, 33, 50

Liebestätigkeit..................................... 29, 32, 50

Lühnde .... 8, 9, 10, 12, 13, 14, 17, 21, 90, 96, 207

Lüneburg ............................................. 14, 17, 18

Lüttje Lage .................................................... 236

Männergesangverein .............................. 40, 226

Marienburg ... 14, 41, 92, 95, 100, 167, 169, 179,

180, 181

Marienrode ..................................................... 17

Martinisingen ........................................ 232, 233

Martinstag ............................... 83, 136, 158, 233

Matthiastag..................................................... 84

Meerberg ................................. 99, 136, 161, 208

Michaeliskloster ........................... 17, 90, 94, 173

Mobilmachung ....................... 25, 26, 31, 44, 118

Molkerei..................... 71, 98, 118, 142, 148, 156

Motorspritze ........................................... 98, 154

Müllingen .. 10, 13, 14, 16, 17, 38, 54, 73, 74, 79,

81, 91, 94, 95, 99, 102, 111, 112, 119, 139,

140, 149, 156, 160, 166, 167, 168, 173, 177,

179, 186, 208

Neubaugebiet ....................................... 100, 206

Nordwald ................. 8, 10, 13, 17, 161, 167, 186

Notbrunnen .......................................... 154, 198

NSDAP ...................... 40, 47, 50, 57, 98, 100, 170

Oesselse . 1, 10, 12, 13, 14, 16, 17, 21, 23, 33, 34,

38, 39, 41, 43, 45, 46, 47, 50, 52, 55, 57, 58,

71, 72, 73, 74, 75, 76, 79, 80, 81, 88, 89, 94,

95, 99, 100, 102, 103, 104, 107, 109, 110,

111, 112, 113, 119, 137, 141, 144, 145, 146,

149, 151, 154, 157, 159, 160, 161, 162, 166,

167, 168, 169, 170, 173, 179, 181, 186, 189,

190, 200, 203, 225, 226, 227, 228, 232, 234,

238

Ortschronik 3, 4, 88, 89, 181, 182, 186, 188, 190,

210

Ortschronik Ingeln-Oesselse ............................. 3

Ortsentwicklung .................................... 173, 177

Ortskern .........................................192, 193, 202

Ortsnamen ............................... 10, 173, 176, 177

Ortswachen..................................................... 53

Ortswehr ......................................................... 35

Össelse ...................................................... 91, 92

Ostfala.............................................. 9, 13, 14, 17

Ostfalen ....................... 8, 9, 11, 12, 93, 173, 186

Patenschaft ............................ 100, 136, 159, 200

Pattensen ....................................... 18, 21, 23, 82

Pflug .................................................83, 103, 198

Pflugplatz ................................. 39, 159, 198, 200

241


Polen ............ 50, 51, 54, 139, 140, 141, 152, 180

Post .............................. 31, 54, 55, 60, 63, 64, 67

Posthilfsstelle ................................... 29, 100, 103

Rationierung ................................................... 50

Reformation ............................... 21, 95, 166, 179

Reichsbund ................................................... 103

Rethen .....5, 8, 10, 14, 58, 72, 95, 102, 104, 142,

149, 167

Revolution ......................................... 33, 35, 118

Ruthe10, 12, 17, 18, 21, 23, 80, 91, 94, 167, 173,

174, 175

Sachsen ..................................................8, 11, 23

Sarstedt 10, 14, 18, 21, 23, 29, 40, 72, 82, 90, 93,

120, 140, 142, 160, 175, 183, 203

Satzung ................................................. 106, 153

Schule .... 5, 14, 22, 27, 28, 29, 33, 41, 42, 43, 44,

46, 52, 58, 60, 65, 66, 91, 92, 95, 98, 99, 102,

103, 136, 140, 145, 146, 162, 167, 181, 190,

191, 226, 230

Schulgebäude .................................. 43, 137, 157

Schulhaus ............................... 41, 43, 92, 95, 190

Schützenfeste ......................................... 35, 178

Schützenverein .. 35, 50, 154, 178, 227, 228, 235

Schützenvereinigung............................... 35, 178

Schwenkfahne ................................................ 35

Schwesternstation ........... 97, 106, 107, 167, 189

Sehnde ...... 8, 10, 35, 72, 93, 118, 142, 156, 157,

158, 166

Sitten ................................... 4, 83, 136, 156, 232

Spinngeräte..................................................... 87

Spinnrad.......................................................... 87

Sporthalle ...................... 100, 102, 146, 167, 168

Sportplatz ...................... 100, 102, 154, 159, 206

Sportverein ................................................... 154

Spritzenhaus ...... 39, 96, 100, 103, 154, 198, 199

Steinzeit ............................................................ 5

Stiftsfehde.................. 17, 18, 161, 166, 173, 184

Stiftung ..54, 58, 71, 92, 95, 97, 98, 99, 104, 105,

106, 107, 109, 136, 141, 143, 145, 146, 151,

152, 153, 167, 182, 189, 190, 231

Stiftungshof ........... 105, 106, 107, 153, 157, 167

Straßenbau ....................................136, 160, 167

Straßennamen ...................................... 102, 167

Testament .......... 92, 97, 106, 108, 110, 151, 189

Totenfrau .............................................. 153, 157

Tradition ........ 113, 178, 179, 221, 223, 224, 235

Traditionen ....................................157, 169, 232

Trauerfeier .................................................... 157

TSV .................................................103, 154, 169

Verdonnern ................................................... 236

Verkoppelung .............................. 80, 83, 95, 160

Vivat-Fahne ................................................... 178

Währungsreform ................... 106, 119, 142, 148

Wappen ................... 18, 136, 160, 175, 188, 193

WAPPEN.......................................................... 90

Wasserleitung .......................... 60, 118, 119, 167

Wasserversorgung ................................ 118, 119

Wehmingen ............. 10, 14, 71, 72, 74, 140, 166

Weideberechtigung ........................................ 81

Weltkrieg .... 34, 50, 88, 100, 106, 119, 136, 140,

142, 152, 154, 161, 167, 179, 180, 189, 211,

221

Westwall ......................................................... 50

Windkraft ...................................................... 208

Windräder ..................................................... 208

Wirringen ... 10, 13, 14, 38, 74, 98, 140, 148, 166

Wirtschaftsleben ............................................. 30

Wülferode ........ 10, 13, 58, 81, 95, 160, 167, 218

zehntpflichtig .................................................. 77

Zwangsarbeiter ............................................. 141

242

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!