Ingeln - Die Chroniken
Eine Zusammenfassung und Ergänzung aller Chroniken für den Ortsteil Ingeln in der Stadt Laatzen.
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Das Kreuz verwandelte sich zum Schwert
Ostfalen atmete schwer – Ein trauriges Julfest vor 1200 Jahren
Sommer 772. Über den Gefilden Ostfalens, das sich weithin von der Leine bis an die Oker erstreckt, brütet stechende
Sonnenglut. Friedliche Sachsenbauern sind bei alltäglicher Arbeit, werken im Felde und ordnen im Hofe.
Und ihr Schreck ist gewaltig und ihre Augen sind staunend groß, als ein kleiner Trupp fremder Reiter auf
schweißbedeckten Rossen ins Heimatdorf jagt und böse Kunde bringt:
Unweit Kreiensen, bei dem Dorfe Greene, lagert eine fränkische Kriegsmacht mit ihrem Führer Karl. Im Diemeltale
stürmte sie die Eresburg, splitterte im Haine des Gottes Irmin die geweihte Irminsul 1 und ruht jetzt aus zum
gewaltsamen Vormarsch ins Harzvorland. Banne Ahnungen regen sich in den Herzen der aufhorchenden Männer.
Das Kreuz, das Karl ins Sachsenland trägt, verwandelt sich in seinen unbarmherzigen Händen zum Schwert.
Drei Jahre später ist auf dem Schäferberg bei Ruthe ungewohntes, reges Leben. In bewachtem Lager stärken sich
müde Krieger zu neuem Kampfe. Ihre Pferde sind an die Bäume gebunden und in weitem Kreise stehen die Proviantund
Waffenwagen um das Lager herum. Knechte bewachen eine große Herde Rinder. In die Dörfer der Goh Haßel
schickt Karl seine Kundschafter, und am späten Nachmittage eines schönen Maitags stehen vor Karls Lager die
Bauermeister von Hotteln, Gödringen, Heisede, Gleidingen, Oesselse und den anderen Dörfern und hören Karls
kurze, scharfe Warnungen: Wer meinen Kriegern bewaffnet entgegentritt, der soll des Todes sterben!
Aufbruch der Kolonnen. Voran reitet der Führer. Unter der hohen Stirn leuchten ein paar energische Augen. Ueber
die breiten Schultern fällt ein langer blauer Mantel herab. An der Seite hängt ein breites Schwert, dessen Gehenk
von Gold und Silber glänzt. Die Hauptmacht zieht durch die Leinefurt auf die Höhen nördlich des Bruchgrabens.
Kleinere Abteilungen besetzen die alte Dingstätte 2 bei Lühnde. Haßelleute geloben den Frieden und geben ihre
Frucht und ihr Vieh den unersättlichen Eindringlingen. Aber in ihren Gesichtern liegt verhaltener Zorn. Rache glimmt
in ihren Herzen.
Obrum an der Oker. Zusammengetriebene Ostfalen treten in Gruppen in das Vaddernloch. 3 Auf Geheiß eines
christlichen Priesters tauchen sie unter und erhalten als Zeichen ihrer inneren Belehrung ein Bleikreuz um den Hals.
Zwangsweise getauft! Aber die Treue zu Wodan und Donar ist stärker. Tief eingewurzelt ist der Glaube der Väter.
Als Karl seinen Rückmarsch antritt, da reißen die Männer und Frauen die Bleikreuze ab und werfen sie in die Oker.
Fäuste recken sich empor und Flüche schwirren den Franken nach wie krächzende Raben. Und wie das Heer jenseits
der Leinefurt den Heimweg zurückmarschiert, sieht ihm der Fischer von Ruthe noch lange nachdenklich nach.
Zahlreich sind die freien Männer nach der Volksversammlung auf dem Haßel gekommen. In stürmischer Aussprache
verhandelt man über Unterwerfung oder Verteidigung. Immer wieder muß der alte, weißhaarige Gohgrefe die
Erregung eindämmen, bis schließlich die Augen aller nach drei heransprengenden Reitern sehen. Der erste springt
ab und drängt sich durch die Gohgenossen an den steinernen Verhandlungstisch. Gelassen entfaltet der von König
Karl ernannte Graf eine Papierrolle und liest mit schneidender Stimme die Gesetze des neuen Herrn mit ihrem immer
wiederholten Satz: „Der soll des Todes sterben“. Ostfalen atmet schwer. Auf ihm liegt der Druck des fränkischen
Eroberers. Zorn und Verzweiflung lauern in den zagen Sachsenherzen. Widerwillig gewöhnt sich das Volk an Zins und
Fron.
Eisige Winterstürme fegen über die schneeigen Felder des Landes. In ihren Häusern hocken die Menschen und
denken vergangener Tage. Die Herzen sind finster und kalt. Wintersonnenwende wird in dieser Notzeit nicht
gefeiert, und das heilige Pferd opfern sie nicht mehr; denn gefährlich ist die Treue zu Göttern, es steht Todesstrafe
darauf. Sächsische Edle verlassen die gemeinsame Sache. Fränkische Verwaltung wird auf Ostfalen übertragen, und
herrische Grafen zerbrechen die freie Selbstbestimmung und die freie Selbstregierung eines unterworfenen Volkes.
Schwere Sterbestunde eines ganzen Volkstums! Tot sind Glaube, Freiheit und Nationalität…
Trauriges Julfest! Bei Elze ragen die Grundmauern einer christlichen Kirche aus dem alten Heimatboden.
Hein Brede.
1
Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Eresburg und
https://www.timediver.de/Nordrhein_Westfalen_Obermarsberg_Eresburg.html.
2
Erklärung: https://de.wikipedia.org/wiki/Thing
3
Sachsentaufe der "Nordleute", die am sogenannten "Vaddernloch" bei Ohrum (Oker) stattgefunden haben soll.
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