Ingeln - Die Chroniken
Eine Zusammenfassung und Ergänzung aller Chroniken für den Ortsteil Ingeln in der Stadt Laatzen.
Eine Zusammenfassung und Ergänzung aller Chroniken für den Ortsteil Ingeln in der Stadt Laatzen.
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Herrschaft und Gesinde in früheren Zeiten.
errschaft und Gesinde bildeten eine grosse Familie. Es war keine Schande, wie ja Gott sei Dank heute
auch nicht mehr, Knecht oder Magd zu sein. Im Gegenteil, die zweiten Söhne der Bauern gingen als
Knechte zu den andern Bauern. Die Herrschaft arbeitete aber auch voran, was heute in dem Masse nicht
mehr geschieht. Die Tagesarbeit begann schon früh. So mußte zum Beispiel während der Frühjahrs- und
Herbstbestellung der Großknecht um 2 Uhr aufstehen, um mit der Schneidelade den Häcksel für die
Pferde mit der Hand zu schneiden. Es war Ehrensache unter den Großknechten, sauberen, kurzen Häcksel
zu schneiden. Ja, die Knechte kontrollierten sich selber, wer den besten Häcksel schneiden konnte. Der
Nachtwächter mußte jede Nacht die Großknechte wecken. Dafür durfte er sich zu Weihnachten vom
Bauer Lebensmittel holen. lm Winter wurde täglich mit dem Flegel gedroschen, was auch schon morgens
4 Uhr begann. Nach dem Abendbrot versammelte sich die ganze Familie mit Knechten und Mägden in der
Stube, um zu spinnen. Mägde und Knechte, außer dem Großknecht, mußten spinnen. Es war für jenen
einzelnen festgesetzt, wieviel er am Tage zu spinnen hatte. Eine besondere Geschicklichkeit gehörte zur
Anfertigung der „Dieße“, dem Aufbringen des Flachses auf den Wocken.
Jedes Kind mußte Spinnen lernen, gleichviel ob Mädchen oder Junge. Schon als Schulkind wurde damit
begonnen. Die Bauern spannen für ihren eigenen Bedarf. Auf den Höfen wurde viel Leinen
gebraucht. Außerdem erhielt jede Magd 2 Stiege=40 Ellen, jeder Knecht 1 Stiege=20 Ellen Leinen, die in
den Lohn mit eingerechnet waren.
Zur Ernte erhielt jeder Hofarbeiter 1 Paar Handschuhe, die aus neuem Leinen angefertigt waren. Waren
die Disteln zu arg, wurden die Handschuhe angezogen.
Es bestanden auch in unserm Dorfe sogen. Spinntrupps oder Rotts, in denen die gleichaltrigen Mädchen
und Burschen zusammenkamen. Sie wechselten ihre Spinnabende und waren heute hier und morgen
dort!
Waren die Pferde versorgt, so stellten sich auch die Knechte ein, und beim Schnurren der Räder und
Klappern des Haspels wurde manches Lied gesungen, begleitet von der Mund- oder Ziehharmonika und
mancher Scherz getrieben.
Der Großknecht, den ja nicht um Spinnen teilnahm, hatte Stricke zu drehen.
Auch in den Häusern der Tagelöhner wurde fleißig gesponnen. Jeden Sonnabend brachte dann die
Tagelöhnerfrau ihr Garn zum Krämer und kaufte dafür ein, so beim Krämer Köhler (heute Bertram]
und der alten Frau Kappenberg, die neben der Wirtschaft noch einen Kramladen führte.
Die Krämer setzten wieder bei den Leinewebern ab.
Das meiste Garn wurde von Ingeln nach Sarstedt geliefert. Doch auch in Ingeln gab es eine Anzahl
Leineweber:
Haus-Nr. 4: Grote
1 Webstuhl.
“ 40: H. Dreyer 2 Stühle.
“ 41: Steinwede 3 Stühle, Meister, Geselle, Lehrling.
“ 43: K. Heise 1 Stuhl.
“ 45: E. Hoppe 1 Stuhl.
“ 46: Hapke 1 Stuhl.
“ 48: K. Prellberg 3 Stühle.
Man fertigte Handtücher, Bettzeug, Drell für Jacken und Hosen, bunte Tischdecken an. Zum Färben
brachten die Ingelner Weber ihr Leinen in die Färberei nach Pattensen. Auch in Sarstedt bestand eine
solche.
Der Dienstantritt des Gesindes geschah immer Martini. Auch die Abrechnung mit demselben wurde
Martini vorgenommen. Zu damaliger Zeit wechselte das Gesinde nicht so oft seine Stelle wie heute.
Oftmals diente eine Magd von ihrer Konfirmation bis zu ihrer Verheiratung an einer Stelle. Die
Großknechte hatten ihre Stelle oft bis ins hohe Alter inne. Sie waren voll und ganz mit dem Hofe
verwachsen.
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