Ingeln - Die Chroniken
Eine Zusammenfassung und Ergänzung aller Chroniken für den Ortsteil Ingeln in der Stadt Laatzen.
Eine Zusammenfassung und Ergänzung aller Chroniken für den Ortsteil Ingeln in der Stadt Laatzen.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
A
Ingeln zum Kriegsende 1945, die Zeit nach dem II. Weltkrieg
Erinnerungen
nfang 1945 beginnen die Alliierten den Endkampf gegen Deutschland. Im Westen sind von Nord nach
Süd Engländer, Amerikaner und Franzosen, im Osten die Russen. Ihnen wird kein großer Widerstand
mehr entgegen gesetzt. In Deutschland ist durch die amerikanische Luftwaffe schon viel zerstört. Es fehlt
der Nachschub. Geräte (Fahrzeuge), Munition und Lebensmittel sind Mangelware. Hitlerjugend und
Volkssturm sollen die Gegner noch aufhalten. Keine Ausbildung, Uniformen und kaum Waffen sind
vorhanden.
Die im Krieg eingerichtete Scheinwerfer Station am Pfingstanger – Mühlenberg wurde während des
Krieges von der feindlichen Luftwaffe durch Abwurf einer Luftmine teilweise zerstört. Dabei wurde ein
Besatzungsmitglied getötet. Im Dorf Ingeln entstanden an einigen Gebäuden durch eine Luftmine
Schäden. Es wurden Dächer abgedeckt (Ebelings Scheune) und Fensterscheiben gingen zu Bruch.
Am 07.04.1945 (Sonnabend) erreichen die Amerikaner unser Gebiet. Die Besatzung der Scheinwerfer
Station verlässt die Stellung am Pfingstanger – Mühlenberg. Beim Verlassen der Stellung werden
Scheinwerfer und Horchgeräte von der Besatzung teilweise zerstört. Das Stromaggregat (Dieselmotor)
wird angezündet und brennt aus. Die Einrichtung der Unterkünfte wird von den Einwohnern entwendet.
Die Schuljungen spielen am Sonnabend und Sonntag mit den teilweise zerstörten Scheinwerfern und
Horchgeräten (Karusell fahren). Die Besatzung der Station setzt sich ab. Einige junge Mädchen
(dienstverpflichtete Flakhelferinnen) finden in Ingeln Unterkunft. Es gab in Ingeln auch einige SA-
Mitglieder, die zu bestimmten Anlässen in ihrer Uniform auftraten (zum Tag der Arbeit am 1. Mai, zum
Heldengedenktag, der heutige Volkstrauertag). Die Uniformen und Hakenkreuzfahnen mussten natürlich
alle schnell verschwinden, sie wurden vergraben.
In der näheren Umgebung werden am Sonnabendnachmittag Vorratslager aufgelöst, zunächst Verkauf,
später Selbstbedienung, Schuhe in der Ziegelei Sarstedt, Schnaps und Wein in Wirringen, Tabak in
Sarstedt, Hüte in Bledeln und riesige Vorräte an Getränken und Textilien im Steinzeugwerk Ummeln. An
diesem Tage werden viele Brücken über den Mittelland-Kanal bzw. Zweigkanal gesprengt. In der Nacht
von Sonntag auf Montag schießen die Amerikaner von der Ingelner Feldmark nach Müllingen und Wassel.
Es wird versucht die Kanalbrücke zwischen Müllingen und Wassel zu verteidigen. Dabei finden ca. 29
Verteidiger den Tod, u.a. Hitlerjungen im Alter von 16 Iahren. Fünf Kanalbrücken werden zwischen Wassel
und Bilm gesprengt. Bilmer Landwirte müssen nach dem Krieg die Brücke Wassel – Wehmingen benutzen,
um zu ihren Feldern zu kommen.
Am 9. April (Montag früh) rücken amerikanische Truppen mit schweren Panzern (Schermon) in Ingeln ein.
Im ersten Haus wird vorsorglich eine weiße Fahne (Betttuch) von Dr. August und Emilie Koß gehisst. Beim
Einmarsch der Amerikaner kommen viele Einwohner an die Hauptstraße, um die gewaltigen Panzer zu
bestaunen. Zum Teil beschenken die Soldaten kleine Kinder mit Schokolade – seit Jahren Mangelware in
Deutschland. Plötzlich kam es zu einem deutschen Angriff. Ein Tiefflieger beschoss die Amerikaner mit
M.G.. So schnell der Spuk gekommen war, war er auch schon wieder vorbei. Die Amerikaner erlitten
keinen Schaden. Eine Kugel schlug bei Schwarzes im Klavier ein, eine weitere in der Schule in eine
Schulbank. Das Flugzeug soll angeblich später noch abgeschossen worden sein.
In der folgenden Nacht (Montag auf Dienstag) verbrachten die nachfolgenden Truppen hier im Ort.
Großen Schaden richteten sie nicht an. Bei Hausdurchsuchungen nahmen sie Waffen (Gewehre) mit und
zerstörten sie. Ansonsten feierten sie mit gebratenen Schinken und Eiern sowie mit Marmelade und
gutem Cognac aus Ummeln, der in vielen Häusern vorhanden und noch nicht versteckt war. Viele Leute
hatten in den letzten Tagen ihre Wertgegenstände, Lebensmittel in Flaschen oder Konservendosen im
Garten eingegraben. Für die Bevölkerung wurde ein Ausgangsverbot für nachts bekannt gegeben.
Ca. eine Woche vor dem Einmarsch der Amerikaner wurden große, unter Bewachung stehende Truppen
von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern (Franzosen, Belgier, Serben, Polen und Russen) vor der
anrückenden Westfront in Richtung Osten durch unser Dorf geführt und eine Nacht in unseren Scheunen
untergebracht. Die Russen waren in einem jämmerlichen Zustand. Alle hofften, dass diese Transporte
140