November 2022 - coolibri
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10 | Thema<br />
Joep Beving kommt am 16. Dezember nach Dortmund.<br />
Foto: Stefan Hoederath<br />
KONZERTHAUS MIT POP-APPEAL<br />
Pop-Stars auf HOCHKULTUR-BÜHNEN – das ist nichts Neues mehr.<br />
Aber Dortmund ist Vorreiter dieser Entwicklung. Max Florian Kühlem hat<br />
sich das mal näher angeschaut.<br />
Dass Popkonzerte in Konzerthäusern<br />
der „Hochkultur“ stattfinden, ist<br />
längst keine Seltenheit mehr. Das Konzerthaus<br />
Dortmund war Vorreiter dieser<br />
Entwicklung: Seit 16 Jahren gibt es<br />
dort sogar ein Pop-Abo – und auch darüber hinaus<br />
hat die Location durchaus Pop-Appeal.<br />
Christian Lenzing, der das Pop-Abo am Konzerthaus<br />
Dortmund seit 2006 kuratiert, stellt gern<br />
die Einzigartigkeit des Angebots heraus: „Wir<br />
sind immer noch das einzige Intendanz geführte<br />
Haus, das es gleichermaßen ernst meint, popmusikalisches<br />
Programm in seinem Abonnement zu<br />
präsentieren.“ Mit „gleichermaßen ernst“ meint<br />
er, dass Pop-Konzerte in der Halle mit der tollen<br />
Akustik bis ins Detail genauso behandelt werden<br />
wie die großen Orchester dieser Welt, Star-Dirigent:innen,<br />
–Pianist:innen oder –Violinist:innen.<br />
Wenn also am 16. März kommenden Jahres die<br />
isländische Popsängerin Emilíana Torrini spielt,<br />
die 2009 einen Welthit mit „Jungle Drum“ hatte,<br />
dann wird es im Konzerthaus den normalen, gut<br />
gekleideten Einlass- und Garderobendienst geben,<br />
das gastronomische Angebot, bequeme Plätze<br />
und einen pünktlichen Beginn. Menschen, die<br />
bei Popkonzerten lieber stehen und tanzen, pausenlos<br />
zum Bierstand rennen und mit den Um-<br />
stehenden quatschen, werden das hassen – doch<br />
viele vermissen bei ihren Lieblingskünstler:innen<br />
genau dieses konzentrierte Umfeld.<br />
Christian Lenzing ist sich allerdings bewusst,<br />
dass nicht jede:r Künstler:in in diesen Rahmen<br />
passt.„Am Anfang haben wir ein bisschen<br />
experimentiert, die Grenzen ausgelotet“, erinnert<br />
er sich. Das Team hat herausgefunden, dass vor<br />
allem Band und Interpreten aus dem Singer-<br />
Songwriter- oder Independent-Bereich passen, die<br />
bevorzugt akustisches Instrumentarium<br />
benutzen. Die Akustik des Saals ist für<br />
unverstärkte Musik ausgerichtet, deshalb fragt<br />
der Kurator bei der Organisation immer wieder<br />
an, ob die Bands nicht rein akustisch spielen<br />
mögen. „Die Antwort ist meistens: Ja, wir spielen<br />
gern auf akustischen Instrumenten – aber<br />
natürlich verstärkt.“ Doch auch darauf sind<br />
Anlage und Akustik des Hauses längst eingestellt.<br />
Beim Booking wird Christian Lenzing immer<br />
mutiger – weil er sich über die Jahre das<br />
Vertrauen des Publikums erspielt hat. Die<br />
Menschen kommen, auch wenn ein Name<br />
(noch) nicht so bekannt ist. So wie beim<br />
Norweger Thomas Dybdahl, der Ende Oktober<br />
gespielt hat, in Skandinavien längst ein Star ist,<br />
in Deutschland aber nur Eingeweihten bekannt.<br />
Und auch Joep Beving, der am 16. Dezember<br />
nach Dortmund kommt: Er spielt wunderschöne,<br />
instrumentale und minimale Klaviermusik wie<br />
Nils Frahm oder Ólafur Arnalds, kann seinen<br />
Bekanntheitsgrad im Gegensatz zu den<br />
Genannten hier aber noch deutlich steigern.<br />
Neben dem Pop-Abo verfolgt das Konzerthaus<br />
Dortmund mittlerweile weitere Reihen, um seine<br />
Attraktivität für ein junges Publikum zu steigern:<br />
Im Klassikbereich sind das die „Jungen<br />
Wilden“ oder „Musik für Freaks“. Aber es gibt<br />
auch Abos in anderen populären Stilen: Eins für<br />
Cabaret und Chanson, eins für Jazz und eins für<br />
den „Soundtrack Europa“, Klänge von unserem<br />
kulturell so vielfältigen Kontinent, die man früher<br />
als „Weltmusik“ gehandelt hätte. Am 10. Februar<br />
ist da etwa die leidenschaftliche portugiesische<br />
Fado-Sängerin Carminho zu Gast.<br />
Ein Tipp im Jazz-Abo ist am 17. <strong>November</strong> das<br />
Trio um den Pianisten Michael Wollny, der zu<br />
der unumstritten zu den wichtigsten Protagonisten<br />
der aktuellen deutschen Szene gehört. Und<br />
im Cabaret/Chanson-Bereich sind am 13. Januar<br />
Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys und am 17.<br />
März Max Mutzke & Das WDR Funkhausorchester<br />
zu Gast. Große Namen also, wohin man sieht<br />
– und alle natürlich auch einzeln buchbar.